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1 Einleitung Der Einsatz von modifizierten Fetten und Ölen als Syn- theseedukt wird für die chemische Industrie wegen zuneh- mender Umweltprobleme sowie steigenden Umweltbewußt- seins der Verbraucher immer interessanter. Dabei ist zum einen die von der Pflanze erbrachte Leistung bei der Syn- these von komplexen Molekülen und deren Abbaubarkeit von Vorteil. Zum anderen entsteht bei der Nutzung nach- wachsender Rohstoffe als Endprodukt nur das von der Pflanze vorher der Atmosphäre entzogene Kohlendioxid. Eine chemisch interessante Modifizierung der Fette und Öle stellt die Epoxidation ungesättigter Bestandteile des Öls mit organischen Persäuren dar. Epoxidierten Ölen steht ein weites Feld möglicher weiterer Reaktionen offen. Für die Anwendung solcher Epoxidationen im technischen Maßstab ist die Entwicklung einer kontinuierlich betriebenen Produk- tionsanlage sinnvoll. Die Reaktion wird nahezu ausschließ- lich mit Persäuren in flüssig-dispersen Reaktionssystemen durchgeführt, wobei der Sauerstoff entweder von vorgebil- deter oder von in situ gebildeter Persäure übertragen wird [1]. Überwiegend werden aufgrund der starken Exothermie der Epoxidationsreaktion Rührkessel in Mixer-Settler-Kas- kaden als Reaktionsapparatur eingesetzt. Mit Hilfe einer detaillierten Prozeßanalyse wird ein hin- reichendes, mathematisch-mechanistisches Modell zur Be- schreibung des Reaktionsverlaufs bei der Epoxidation von Sojaöl mit vorgebildeter Peressigsäure erstellt. Besondere Berücksichtigung finden dabei die Stoff- und Wärmetrans- portprozesse sowie die temperatur- und umsatzabhängigen Verteilungskoeffizienten. Auf der Grundlage des Modells kann der Reaktor ausgelegt und das Verfahren optimiert wer- den. 2 Experimentelles Die kinetischen Untersuchungen werden in einem ther- mostatisierbaren Rührkessel mit kombiniertem MIG-Anker- rührer durchgeführt. Das Öl wird nach Begasung der Appa- ratur mit Stickstoff im Reaktor vorgelegt und temperiert, die Peressigsäurelösung rasch zugegeben. Bei der Peressigsäu- relösung handelt es sich um Proxitane 1507 ® (Solvay Interox GmbH). Die Zusammensetzung ergibt sich wie folgt: 15% Peressigsäure, 13,7% Wasserstoffperoxid, 29,4% Essigsäure und 1% 1-Hydroxyethandiphosphonsäure (HEDP) (eigene Messung). Der lipoide Phasenanteil F beträgt bei allen Ver- suchen 0,3. In bestimmten Zeitabständen werden dem Reaktionsge- misch Proben entnommen und sofort für die analytische Untersuchung aufbereitet. Von der abgetrennten, neutralge- waschenen und getrockneten Ölprobe werden die Iodzahl nach Hanus [2] und die Epoxidzahl [3] bestimmt, so daß sowohl die Abnahme der Doppelbindungskonzentration als auch die Zunahme der Epoxidringe verfolgt wird. Hierdurch können die kinetischen Parameter der Epoxidations-, Paral- lel- und Folgereaktion ermittelt werden. Da die Komponenten der lipoiden Phase in der hydrophi- len nicht löslich sind, können die Gleichgewichtsreaktion sowie die Zersetzungsreaktionen der Peroxide separat unter- sucht und deren kinetische Parameter bestimmt werden. Dabei wird die Gleichgewichtseinstellung zwischen Essig- 404 Fett/Lipid 100 (1998), Nr. 9, S. 404–411 © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1998 0931-5985/98/0909-0404$17.50+.50/0 Forschungsbeiträge/Research Papers Die Epoxidation von Sojaöl mit vorgebildeter Peressigsäure wurde un- ter besonderer Berücksichtigung der Stoff- und Wärmetransportprozes- se sowie der temperatur- und umsatzabhängigen Verteilungskoeffizien- ten untersucht und mit einem mathematisch-mechanistischen Modell auf der Basis ideal durchmischter, kontinuierlich betriebener Zweipha- senrührkesselreaktoren beschrieben. Ausschlaggebend für den Pro- zeßverlauf sind die Hydrodynamik und das Reaktionsgeschehen. Die Haupteinflußparameter, Kühlmitteleingangstemperatur, Volumenanteil der lipoiden Phase und hydrodynamische Verweilzeit, werden mit Hilfe des Modells bezüglich der Raumzeitausbeute optimiert. Die Schaltung einer zweistufigen Rührkesselkaskade in Kreuzgegenstromführung zeigt im Vergleich zum kontinuierlichen Rührkessel (CSTR) sowohl höhere Raumzeitausbeuten als auch höhere Epoxidausbeuten. Kontinuierliche Epoxidation von Sojaöl: Prozeßanalyse und Verfahrensentwicklung* Melanie Wiebe 1 , Jürgen Kümmel 1 , Jan Prüß 2 , Hans-Joachim Warnecke 1 *Herrn Prof. Dr. H. Langemann zum 70. Geburtstag Continuous epoxidation of soybean oil: operational analysis and process development. The epoxidation of refined soybean oil with peracetic acid is examined having special regard to the mass and heat transfer phenomena as well as to distribution coefficients depending on conversion and temperature. The process is described by a mathematic mechanistic model based on the cooled continuously stirred two-phase tank reactor. The process is limited by hydro- dynamics and chemical kinetics. The main operation parameters feed temperature of coolant, volumetric rate of the lipoid phase, and residence time are optimized with respect to the space-time-yield. The two-stage countercurrent cascade of tank reactors leads to higher space- time-yields as well as higher epoxide yields. 1 Universität-Gesamthochschule Paderborn, Technische Chemie und Chemische Verfahrenstechnik, Paderborn, Germany. 2 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Analysis, Halle, Germany.

Continuous epoxidation of soybean oil: operational analysis and process development

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1 Einleitung

Der Einsatz von modifizierten Fetten und Ölen als Syn-theseedukt wird für die chemische Industrie wegen zuneh-mender Umweltprobleme sowie steigenden Umweltbewußt-seins der Verbraucher immer interessanter. Dabei ist zumeinen die von der Pflanze erbrachte Leistung bei der Syn-these von komplexen Molekülen und deren Abbaubarkeitvon Vorteil. Zum anderen entsteht bei der Nutzung nach-wachsender Rohstoffe als Endprodukt nur das von derPflanze vorher der Atmosphäre entzogene Kohlendioxid.

Eine chemisch interessante Modifizierung der Fette undÖle stellt die Epoxidation ungesättigter Bestandteile des Ölsmit organischen Persäuren dar. Epoxidierten Ölen steht einweites Feld möglicher weiterer Reaktionen offen. Für dieAnwendung solcher Epoxidationen im technischen Maßstabist die Entwicklung einer kontinuierlich betriebenen Produk-tionsanlage sinnvoll. Die Reaktion wird nahezu ausschließ-lich mit Persäuren in flüssig-dispersen Reaktionssystemendurchgeführt, wobei der Sauerstoff entweder von vorgebil-deter oder von in situ gebildeter Persäure übertragen wird[1]. Überwiegend werden aufgrund der starken Exothermieder Epoxidationsreaktion Rührkessel in Mixer-Settler-Kas-kaden als Reaktionsapparatur eingesetzt.

Mit Hilfe einer detaillierten Prozeßanalyse wird ein hin-reichendes, mathematisch-mechanistisches Modell zur Be-schreibung des Reaktionsverlaufs bei der Epoxidation vonSojaöl mit vorgebildeter Peressigsäure erstellt. Besondere

Berücksichtigung finden dabei die Stoff- und Wärmetrans-portprozesse sowie die temperatur- und umsatzabhängigenVerteilungskoeffizienten. Auf der Grundlage des Modellskann der Reaktor ausgelegt und das Verfahren optimiert wer-den.

2 Experimentelles

Die kinetischen Untersuchungen werden in einem ther-mostatisierbaren Rührkessel mit kombiniertem MIG-Anker-rührer durchgeführt. Das Öl wird nach Begasung der Appa-ratur mit Stickstoff im Reaktor vorgelegt und temperiert, diePeressigsäurelösung rasch zugegeben. Bei der Peressigsäu-relösung handelt es sich um Proxitane 1507® (Solvay InteroxGmbH). Die Zusammensetzung ergibt sich wie folgt: 15%Peressigsäure, 13,7% Wasserstoffperoxid, 29,4% Essigsäureund 1% 1-Hydroxyethandiphosphonsäure (HEDP) (eigeneMessung). Der lipoide Phasenanteil F beträgt bei allen Ver-suchen 0,3.

In bestimmten Zeitabständen werden dem Reaktionsge-misch Proben entnommen und sofort für die analytischeUntersuchung aufbereitet. Von der abgetrennten, neutralge-waschenen und getrockneten Ölprobe werden die Iodzahlnach Hanus [2] und die Epoxidzahl [3] bestimmt, so daßsowohl die Abnahme der Doppelbindungskonzentration alsauch die Zunahme der Epoxidringe verfolgt wird. Hierdurchkönnen die kinetischen Parameter der Epoxidations-, Paral-lel- und Folgereaktion ermittelt werden.

Da die Komponenten der lipoiden Phase in der hydrophi-len nicht löslich sind, können die Gleichgewichtsreaktionsowie die Zersetzungsreaktionen der Peroxide separat unter-sucht und deren kinetische Parameter bestimmt werden.Dabei wird die Gleichgewichtseinstellung zwischen Essig-

404 Fett/Lipid 100 (1998), Nr. 9, S. 404–411 © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1998 0931-5985/98/0909-0404$17.50+.50/0

Forschungsbeiträge/Research Papers

Die Epoxidation von Sojaöl mit vorgebildeter Peressigsäure wurde un-ter besonderer Berücksichtigung der Stoff- und Wärmetransportprozes-se sowie der temperatur- und umsatzabhängigen Verteilungskoeffizien-ten untersucht und mit einem mathematisch-mechanistischen Modellauf der Basis ideal durchmischter, kontinuierlich betriebener Zweipha-senrührkesselreaktoren beschrieben. Ausschlaggebend für den Pro-zeßverlauf sind die Hydrodynamik und das Reaktionsgeschehen. DieHaupteinflußparameter, Kühlmitteleingangstemperatur, Volumenanteilder lipoiden Phase und hydrodynamische Verweilzeit, werden mit Hilfedes Modells bezüglich der Raumzeitausbeute optimiert. Die Schaltungeiner zweistufigen Rührkesselkaskade in Kreuzgegenstromführungzeigt im Vergleich zum kontinuierlichen Rührkessel (CSTR) sowohlhöhere Raumzeitausbeuten als auch höhere Epoxidausbeuten.

Kontinuierliche Epoxidation von Sojaöl: Prozeßanalyse und Verfahrensentwicklung*

Melanie Wiebe1, Jürgen Kümmel1, Jan Prüß2, Hans-Joachim Warnecke1

*Herrn Prof. Dr. H. Langemann zum 70. Geburtstag

Continuous epoxidation of soybean oil: operational analysisand process development. The epoxidation of refined soybean oilwith peracetic acid is examined having special regard to the mass and heat transfer phenomena as well as to distribution coefficients depending on conversion and temperature. The process is described bya mathematic mechanistic model based on the cooled continuouslystirred two-phase tank reactor. The process is limited by hydro-dynamics and chemical kinetics. The main operation parameters feed temperature of coolant, volumetric rate of the lipoid phase, and residence time are optimized with respect to the space-time-yield. Thetwo-stage countercurrent cascade of tank reactors leads to higher space-time-yields as well as higher epoxide yields.

1 Universität-Gesamthochschule Paderborn, Technische Chemie undChemische Verfahrenstechnik, Paderborn, Germany.

2 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Analysis,Halle, Germany.

säure, wäßriger H2O2-Lösung und HEDP anhand der H2O2-und Peressigsäuregehalte zeitlich verfolgt. Zusätzlich wirddas thermische Verhalten der Proxitane 1507® bei Tempera-turen bis zu 363 K untersucht. Darüber hinaus werden derWärmeaustauschparameter KWaM und die Wärmekapazitätder Apparatur Capp sowie der Einfluß des lipoiden Phasenan-teils F auf KWaM bestimmt, indem eine in die Dispersioneingebrachte Heizpatrone den Reaktorinhalt erwärmt,während gleichzeitig durch das Kühlmittel von außengekühlt wird. Die sich einstellende stationäre Temperatur imInneren des Reaktors erlaubt mit Hilfe der stationärenLösung der Wärmebilanzgleichung die Berechnung vonKWaM. Die spezifische Phasengrenzfläche a wird mittelsLaserstrahlreflexion an dispers verteilten Tropfen innerhalbeines gerührten Sojaöl-Wasser-Gemischs bestimmt. Die Ver-teilungskoeffizienten von Peressigsäure HPE und EssigsäureHES werden durch Schüttelversuche bei verschiedenen Tem-peraturen und Umsätzen experimentell ermittelt.

3 Modellentwicklung und Verifikation

Das Reaktionsgeschehen während der Epoxidation mitvorgebildeter Peressigsäure ist in Abb. 1 dargestellt. Dabei

werden in der wäßrigen Phase die Bildung der Peressigsäureaus Essigsäure und Wasserstoffperoxid sowie der Zerfall der Persäure und des Wasserstoffperoxids unter Bildung von Sauerstoff berücksichtigt. In der lipoiden Phase wirdneben der eigentlichen Epoxidierungsreaktion auch dieNeben- und Folgereaktion zu einem Hydroxylester betrach-tet [1, 4–6].

Zusätzlich findet ein Stoffübergang der Essigsäure undder Peressigsäure von der hydrophilen in die lipoide Phasestatt. Als Modellreaktor dient der ideal durchmischte, konti-nuierlich betriebene Zweiphasenrührkesselreaktor. Die auf-tretenden physiko-chemischen Vorgänge sind Abb. 2 zu ent-nehmen. Das resultierende Modell enthält neben Betriebs-und Stoffparametern die kinetischen Parameter der berück-sichtigten Reaktionen. Es ergeben sich die in Kasten 1–4dargestellten Bilanzgleichungen [7].

Die in diesem System inhomogener, nichtlinearer, gekop-pelter, gewöhnlicher Differentialgleichungen 1. Ordnungenthaltenen Modellparameter sind in Tab. 1 aufgeführt.

Zur Verifikation des Modells wird der Übergangsbereichvom instationären zum stationären Zustand beim Anfahrendes Reaktors simuliert und mit dem experimentell ermittel-ten Reaktionsverlauf verglichen. Die gute Übereinstimmungder Konzentrationen der Doppelbindungen und Epoxidgrup-

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Akkumulation ES = Konvektion ES – Gleichgewicht PE + Zersetzung PE – Stoffaustausch ES

Akkumulation WP = Konvektion WP – Gleichgewicht PE – Zersetzung WP

Akkumulation PE = Konvektion PE + Gleichgewicht PE – Zersetzung PE – Stoffaustausch PE

Akkumulation WA = Konvektion WA + Gleichgewicht PE + Zersetzung WP

Kasten 1. Massenbilanzen hydrophile Phase.

Akkumulation ES = Konvektion ES + Epoxidation – Folgerk. + Stoffaustausch ES

Akkumulation PE = Konvektion PE – Epoxidation – Parallelrk. + Stoffaustausch PE

Akkumulation DB = Konvektion DB – Epoxidation – Parallelrk.

Akkumulation E = Konvektion E + Epoxidation – Folgerk.

Kasten 2. Massenbilanzen lipoide Phase.

pen zwischen Experiment und Simulation, die in Abb. 3ersichtlich wird, zeigt sich auch für die Reaktortempera-tur.

Mit Hilfe der Bilanzgleichungen erfolgt die Ermittlungder kinetischen Parameter der in der lipoiden Phase stattfin-denden Epoxidierungs-, Folge- und Nebenreaktion durchAnpassung an experimentelle Konzentrationsverläufe vonDoppelbindungen und Epoxidgruppen. Die Abb. 4 und 5 zei-gen die gute Übereinstimmung zwischen experimentellenund nach Anpassung simulierten Kurvenverläufen. In Abb. 6ist der Vergleich der experimentell ermittelten und der simu-

lierten Reaktortemperatur für unterschiedliche Kühlmittel-eingangstemperaturen wiedergegeben [7].

Die Reaktionen in der hydrophilen Phase sind aufgrundder Unlöslichkeit der lipoiden Komponenten von der lipoi-den Phase unabhängig und können somit getrennt untersuchtwerden. Durch Anpassung der vereinfachten Bilanzglei-chungen (keine Konvektion, kein Stoffübergang) an die expe-rimentell ermittelten Konzentrationsverläufe des Wasser-stoffperoxids und der Peressigsäure werden die kinetischenParameter der Gleichgewichts- sowie der Zersetzungsreak-tionen von Wasserstoffperoxid und Peressigsäure bestimmt.

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Akkumulation T = Konvektion T + Wärmeaustausch + Reaktionswärme

Kasten 3. Wärmebilanz des Reaktors.

Akkumulation T = Konvektion T – Wärmeaustausch

Kasten 4. Wärmebilanz des Kühlmantels.

Abb. 1. Ablaufschema für die Epoxidation von Sojaöl mitPeressigsäure.

Abb. 2. Schema der physiko-chemischen Vor-gänge im CSTR mit Kühlung.

4 Prozeßoptimierung

Das Ziel der Optimierung ist neben einer hohen AusbeuteY an Epoxid auch eine möglichst geringe Menge der einzu-setzenden Peressigsäure und eine möglichst kleine Verweil-zeit. Im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse wurden mit Hilfedes Modells die Kühlmitteleingangstemperatur Tf

M, derVolumenanteil der lipoiden Phase F und die hydrodynami-sche Verweilzeit t als Haupteinflußparameter ermittelt. Dar-aus ergibt sich die Raumzeitausbeute L als Zielfunktion fürdie Optimierung wie folgt:

L (TfM, t, F) =

YF ® max .t

Aus den technischen Gegebenheiten der Reaktoranlage,Sicherheitsaspekten sowie dem Gültigkeitsbereich des Mo-dells ergeben sich für die Optimierung die in Tab. 2 aufge-führten Nebenbedingungen.

Der Verlauf der Zielfunktion L bei Variation der Kühlmit-teleingangstemperatur Tf

M, des Volumenanteils der lipoidenPhase F und der hydrodynamischen Verweilzeit t ist in denAbb. 7 und 8 dargestellt [7].

In Anlehnung an bestehende kontinuierliche Produktions-anlagen wird exemplarisch eine zweistufige Rührkesselkas-kade mit Kühlung und Kreuzgegenstromführung im statio-

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Tab. 1. Modellparameter des Differentialgleichungssystems.

Stoffparameter H1, H2, H3, rH, rL, cPH, cP

L,DHER, DHZH, DHZP

kinetische Parameter AER, AF, AN, AP, AS, AZH, AZP, EER, EF, EN,EP, ES, EZH, EZP

Betriebsparameter cDBH,f, cE

H,f, cESH,f, cPE

H,f, cWAH,f, cWP

H,f,cDB

L,f, cEL,f, cES

L,f, cPEL,f, cWA

L,f, cWPL,f,

TR,Mf, VR,M, d32, KL, KWaM, t, tM, F, CApp,M

Abb. 3. Vergleich der experimentell ermittelten und dersimulierten Doppelbindungs- und Epoxidkonzentrations-verläufe beim Anfahren des CSTR.

Abb. 4. Vergleich der experimentell ermittelten und der modellierten Doppelbindungskonzentrationsverläufe zur Be-stimmung der kinetischen Parameter der lipoiden Phase.

Tab. 2. Nebenbedingungen des Optimierungsproblems.

Temperaturbereich zur Aufrecht-erhaltung der flüssigen Kühlmittelphase 273 K ^ Tf

M ^ 373 K

Bereich der verwendeten Durchsatzmeßgeräte und Pumpen 60 min ^ t ^ 420 min

geringe Gefahr der Ausbildung einer hochreaktiven Gasphase über der Reaktionsmischung TR ^ 373 K

Existenzbereich einer Öl-in-Wasser-Dispersion,die eine hohe Wärmeübertragungsrate an das Kühlmittel ermöglicht 0 ^ F ^ 0,5

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Abb. 7. Einfluß des Volumenanteils der lipoiden Phaseund der Kühlmitteleingangstemperatur auf die Ziel-funktion.

Abb. 6. Vergleich der experimentell ermittelten undder modellierten Reaktortemperatur zur Bestimmungder kinetischen Parameter in der lipoiden Phase.

Abb. 5. Vergleich der experimentell ermittelten undder modellierten Epoxidkonzentrationsverläufe zurBestimmung der kinetischen Parameter in der lipoidenPhase.

nären Zustand betrachtet. Abb. 9 zeigt schematisch die auf-tretenden physiko-chemischen Vorgänge in dieser Kaskade.

Beide Rührkessel werden mit den oben aufgeführtenModellgleichungen beschrieben. Die Optimierung erfolgtanalog zu der des einzelnen Rührkessels.

In Tab. 3 sind die optimierten Werte der Haupteinflußpa-rameter für die maximierte Zielfunktion sowie die darausberechnete Ausbeute sowohl für den einzelnen Rührkesselals auch für die zweistufige Rührkesselkaskade angegeben[7].

5 Ergebnisse und Diskussion

Das auf der Basis der Zweifilmtheorie erstellte mathema-tisch-mechanistische Modell berücksichtigt neben den reak-tionskinetischen Vorgängen auch Stoff- und Wärmetrans-portprozesse. Die Übereinstimmungen zwischen angepaßtenund experimentellen Daten zeigen die Eignung des Modellsfür die Beschreibung des kontinuierlichen Epoxidationspro-zesses in Zweiphasenrührkesselreaktoren mit Kühlung. ZurVerifikation des vorgestellten Modells wird der aus Simula-tionsrechnungen resultierende und der experimentell ermit-telte Übergangsbereich beim Anfahren des Reaktors betrach-tet. Es zeigt sich, daß das verwendete Modell den experi-mentellen Reaktionsverlauf gut wiedergibt.

Die stationäre Epoxidausbeute wird im wesentlichendurch die Kühlmitteleingangstemperatur, den Volumenanteilder lipoiden Phase und die hydrodynamische Verweilzeitbestimmt, während die Stoff- und Wärmetransportprozessefür die Reaktorauslegung nur eine untergeordnete Rolle spie-len. Ausschlaggebend für den Prozeß sind somit hauptsäch-lich die Hydrodynamik und das Reaktionsgeschehen.

Durch Einsatz einer Rührkesselkaskade können im Ver-gleich zum CSTR höhere Raumzeitausbeuten und auchhöhere Epoxidausbeuten erreicht werden.

Symbole

a [m–1] spezifische GrenzflächeA [m2] GrenzflächeA [min–1] Frequenzfaktor einer Reaktion

1. Ordnung[m3 mol–1 min–1] Frequenzfaktor einer Reaktion

2. Ordnung[m6 mol–2 min–1] Frequenzfaktor einer Reaktion

3. Ordnungc [mol m–3] KonzentrationcP [J K–1 kg–1] spezifische WärmekapazitätC [J K–1] Wärmekapazitätd32 [m] SauterdurchmesserD [m2 min–1] DiffusionskoeffizientE [J mol–1] AktivierungsenergieH [–] VerteilungskoeffizientH1, H2 [–] AnpassungsparameterH3 [K] AnpassungsparameterJZ [–] Jodzahlk [m min–1] Stoffübergangskoeffizientk [min–1] Reaktionsgeschwindigkeits-

konstante 1. Ordnung[m3 mol–1 min–1] Reaktionsgeschwindigkeits-

konstante 2. Ordnung[m6 mol–2 min–1] Reaktionsgeschwindigkeitskon-

stante 3. OrdnungKL [m min–1] StoffdurchgangskoeffizientKW [J m–2 min–1 K–1] WärmedurchgangskoeffizientL [min–1] ZielfunktionQ· V [J m–3 min–1] volumenbezogener Wärmestrom

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Abb. 8. Einfluß der Verweilzeit und der Kühlmittel-eingangstemperatur auf die Zielfunktion.

Tab. 3. Ergebnis der Optimierung.

CSTR Zweistufige Rührkesselkaskade (RKK) mit Kreuzgegenstrom

Reaktor 1 Reaktor 2

TfM [K] 354,3 368,7 341,1

F [–] 0,46 0,5

t [min] 60 30 30

L [min–1] 4,89E-3 6,51E-3

U [–] 0,76 0,89

Y [–] 0,64 0,78

r [mol m–3 min–1] Reaktionsgeschwindigkeitt [min] ZeitT [K] TemperaturU [–] UmsatzV [m3] VolumenV· [m3 min–1] VolumenstromY [–] Ausbeuteg [–] Anteil der GegenstromführungDH [J mol–1] Reaktionsenthalpier [kg m–3] Dichtet [min] hydrodynamische VerweilzeitF [–] Volumenanteil der lipoiden Phase

Indizes, hochgestellt

f FeedH hydrophile PhaseL lipoide Phaser chemische Reaktion1 Reaktor 1 der Rührkesselkaskade2 Reaktor 2 der Rührkesselkaskade

Indizes, tiefgestellt

App ApparaturDB DoppelbindungE EpoxidER Epoxidationsreaktion

ES EssigsäureF Folgereaktionges gesamti, j LaufzahlM KühlmantelN ParallelreaktionP Rückreaktion PeressigsäurebildungPE PeressigsäureR ReaktionsmasseS Hinreaktion PeressigsäurebildungWA WasserWP WasserstoffperoxidZH Zersetzungsreaktion WasserstoffperoxidZP Zersetzungsreaktion Peressigsäure

Definition der Abkürzungen

CSTR = continuous stirred tank reactorMIG = Mehrstufen-Impuls-GegenstromrührerRKK = Rührkesselkaskade

Literatur

[1] Lutz, T. J.: Epoxidation, in: Encyclopedia of Chemical Technology,Vol. 9, 251, John Wiley & Sons, New York, Chichester, Bishane,Toronto 1978.

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Abb. 9. Schema der physiko-chemischen Vorgänge in einer zwei-stufigen Rührkesselkaskade mit Kühlung und Kreuzgegenstromfüh-rung.

1 Einleitung

In gefüllten Schokoladen oder schokoladenüberzogenenBackwaren kommt es während der Lagerung zum wechsel-seitigen Austausch von Lipiden zwischen Füllung und Über-zug. Unerwünschte Folgen dieser Migration sind die Erwei-chung des Schokoladenüberzugs und Verfestigung der Fül-lung, eine allgemeine Geschmacksnivellierung und oft dieEntwicklung von Fettreif auf der Oberfläche. Fettreif, beson-ders häufig bei Schokoladen mit Füllungen oder Einlagenaus Nüssen, Nougat, Marzipan, Kokos, Cremes, Waffelnoder Gebäck, bedeutet für die hochwertigen Produkte einengravierenden Qualitätsverlust.

Offensichtlich besteht ein ursächlicher Zusammenhangzwischen Fettmigration und der Entwicklung von Fettreif.Nachdem in den Teilen I und II unserer Arbeit der Einflußder Lagertemperaturen auf die Geschwindigkeit der Fett-migration in nougatgefüllten Milchschokoladen untersuchtwurde [1, 2], wird nun ihr Einfluß auf die Fettreifbildungnachgewiesen.

Fettreif stellt das Hauptproblem bei der Lagerung vonSchokoladenprodukten dar. Die glänzende Oberfläche kannzunächst matt werden und später einen grauen bis weißkri-stallinen Belag entwickeln. Auch wenn das Produkt nur imAussehen verändert ist, hat es doch jeglichen Genußwertverloren.

Aufgrund ihrer komplexen Mechanismen ist die Fettreif-bildung erst teilweise erforscht. Einen wesentlichen Fort-schritt brachte der Nachweis, daß Fettreifkristalle auf ver-schiedenen Produkten unterschiedliche chemische Zusam-mensetzung zeigen [3]. So scheint erwiesen, daß Fettreif aufmassiven Bitterschokoladen durch Rekristallisation und par-tielle Selbstfraktionierung in der Kakaobutter entsteht [4].Im wesentlichen formen sich Kakaobutterkristalle der Modi-fikation b(V) während der Lagerung in b(VI)-Kristalle um,die eine starke Wachstumstendenz aufweisen [5] und dieSchokoladenoberfläche durchstoßen [6–8]. In reinen Milch-schokoladen bzw. durch Milchfettanteile in Bitterschokola-den wird dieser Typ von Fettreif vermieden, da Milchfett dieUmlagerung in die b(VI)-Form entscheidend verzögert [8,9]. In gefüllten Produkten stellt jedoch Fettmigration diewesentliche Triebkraft für Fettreifbildung dar. Man nimmtan, daß Füllungsöle in der Schokoladenschicht überschüs-sige Lipide an die Oberfläche verdrängen, dabei als Schlepp-

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[2] Deutsche Einheitsmethoden zur Untersuchung von Fetten, Fettpro-dukten, Tensiden und verwandten Stoffen, C V IIa bearbeitet undherausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Fettwissen-schaft e. V. Müster, Loseblattsammlung. Wissenschaftliche Verlags-gesellschaft mbH Stuttgart 1983.

[3] Jay R. R., Direct Titration of Epoxy-Compounds and Aziridines,Anal. Chem. 36 (1964), 667.

[4] Dryuk, V. G., The Mechanism of Epoxidation of Olefins by Per-acids, Tetrahedron 32 (1976), 2855.

[5] Schneider, W., Beitrag zur Kinetik der Epoxidation I: Allgemeinesund Kinetik der Primärreaktion, Fette, Seifen, Anstrichmittel 69(1967), 421.

[6] Schneider, W., Beitrag zur Kinetik der Epoxidation II: Kinetik der Sekundärreaktion und Selektivbetrachtungen, Fette, Seifen, An-strichmittel 69 (1967), 573.

[7] Kümmel, J., Kontinuierliche Epoxidation von Sojaöl: Prozeßanaly-se und Verfahrensentwicklung, Dissertation Universität-Gesamt-hochschule Paderborn 1997.

Anschrift der Autoren: Dipl. Chem. Melanie Wiebe, Dr. rer. nat. Jür-gen Kümmel, Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Warnecke, Universität-Gesamthochschule Paderborn, Technische Chemie und Chemische Ver-fahrenstechnik, Warburgerstr. 100, 33098 Paderborn, Germany. Prof.Dr. rer. nat. Jan Prüß, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,Institut für Analysis, Theodor-Lieser-Str. 5, 06099 Halle, Germany.

[Eingang: 8. April 1998; akzeptiert am: 2. Juni 1998].

Nougatgefüllte Milchschokoladen wurden bei verschiedenen Tempera-turen gelagert, um die Qualitätsveränderungen zu verfolgen. Als Folgeder wechselseitigen Fettmigration veränderten sich in Füllung undSchokoladenüberzug die Zusammensetzung der Triglyceride, dasSchmelzverhalten und die Festfettgehalte. Nach längeren Lagerzeitentrat an der Oberfläche der Schokoladen weißer Fettreif auf. Nachdem inden Teilen I und II der Veröffentlichung der Einfluß der Lagertempera-tur auf die Migrationsgeschwindigkeit untersucht wurde, wird im vor-liegenden dritten Teil ihr Einfluß auf die Fettreifbildung nachgewiesen.Wie sich zeigte, wird Fettreif in gefüllten Schokoladen durch Fett-migration ausgelöst und durch die Kristallisationsgeschwindigkeit inder Schokoladenschicht beeinflußt. Die Ergebnisse lassen sich zumbesseren Qualitätserhalt gefüllter Schokoladen und schokoladenüber-zogener Backwaren nutzen.

Kinetik der Fettmigration in Schokoladenprodukten.Teil III: Fettreif

Gottfried Ziegleder* und Ingrid Schwingshandl*

Kinetics of fat migration within chocolate products. Part III: fatbloom. Nougat filled milk chocolates were stored at different tempera-tures to registrate the changes of their qualities. As a consequence of fatmigration, triglyceride composition, melting properties, and solid fatcontents of coating and filling were changed. After long-term storagefat bloom was developed on the chocolate surfaces. In parts I and II ofthe publication the influences of storage temperature on kinetics of lipidmigration have been reported. Now, part III demonstrates the influenceof storage temperature on bloom formation. Fat bloom on filled choco-lates is started by fat migration and influenced by the crystallizationtendency within the chocolate coating. The results are useful to improveshelf-life of filled chocolates and chocolate-coated bakery.

* Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung, Freising,Deutschland.