13
Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Becker a * und Patrick Ulrich b a Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg, Deutschland b Bamberg, Deutschland Zusammenfassung In der jungeren Vergangenheit haben Großkonzerne Kosten- und Efzienzvorteile durch eine neue Organisationsform fur Dienstleistungen, die sogenannten Shared Service Center (SSC), realisiert. Ein formalisiertes Controlling dieser Organisationseinheiten ist jedoch bisher sowohl aus theoretisch- konzeptioneller Sicht als auch in der Unternehmenspraxis kaum zu vernehmen. Der vorliegende Beitrag skizziert Entwicklungsperspektiven des Controllings von SSC aus einer wertschöpfungsorientierten Perspektive und verbindet dies mit aktuellen Praxisbeispielen. Schlüsselwörter Shared Services; Shared Service Center; Management Accounting; Value Added; Controlling Conception 1 Einleitung Die Diskussion um die Bundelung bestimmter unternehmerischer Dienstleistungen in eigens etablierten Einheiten den SSC hat sich in Theorie und Praxis etabliert. Wenig Beachtung wird bisher jedoch der konkreten Analyse der durch SSC geschaffenen/vernichteten Wertschöpfung gewidmet und der Messung und Beeinussung dieses Werts durch ein wertschöpfungsorientiertes Controlling geschenkt. Der vor- liegende Beitrag zeigt eine derartige Sichtweise auf Basis bestehender theoretischer und empirischer Erkenntnisse. Der Theorieteil des Beitrags basiert auf Becker et al. (2013, S. 352 ff.). 2 Haupttext 2.1 Konzept und Ausprägungsformen von SSC 2.1.1 Kontextuale Verortung von SSC Der Shared-Service-Center-Gedanke hat seinen Ursprung in ökonomischen Optimierungsbestrebungen, die auf unternehmerische Dienstleistungsprozesse heruntergebrochen wurden. Dem Konzept der SSC wird sich denitorisch in der Literatur verschiedenartig genähert, worauf die Begriffsverwendungen Inhouse Outsourcingund Co-Sourcinghindeuten. Insgesamt dominiert das Verständnis von SSC als zumindest rechtlich und/oder wirtschaftlich begrenzt autonom agierende Einheiten, die unterschiedliche Unterstutzungsfunktionen wahrnehmen. Eine begrifiche Annäherung ist uber die im Rahmen des Business Process Outsourcing (BPO) ublichen Kriterien Art der Leistungs- erstellungund Kulturdistanz der Leistungserstellungmöglich (Abb. 1). *E-Mail: [email protected] Praxishandbuch Controlling DOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1 # Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014 Seite 1 von 13

Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Controlling von Shared Service Centern

Wolfgang Beckera* und Patrick UlrichbaOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg, DeutschlandbBamberg, Deutschland

Zusammenfassung

In der j€ungeren Vergangenheit haben Großkonzerne Kosten- und Effizienzvorteile durch eine neueOrganisationsform f€ur Dienstleistungen, die sogenannten Shared Service Center (SSC), realisiert. Einformalisiertes Controlling dieser Organisationseinheiten ist jedoch bisher sowohl aus theoretisch-konzeptioneller Sicht als auch in der Unternehmenspraxis kaum zu vernehmen. Der vorliegende Beitragskizziert Entwicklungsperspektiven des Controllings von SSC aus einer wertschöpfungsorientiertenPerspektive und verbindet dies mit aktuellen Praxisbeispielen.

Schlüsselwörter

Shared Services; Shared Service Center; Management Accounting; Value Added; Controlling Conception

1 Einleitung

Die Diskussion um die B€undelung bestimmter unternehmerischer Dienstleistungen in eigens etabliertenEinheiten – den SSC – hat sich in Theorie und Praxis etabliert. Wenig Beachtung wird bisher jedoch derkonkreten Analyse der durch SSC geschaffenen/vernichteten Wertschöpfung gewidmet und der Messungund Beeinflussung dieses Werts durch ein wertschöpfungsorientiertes Controlling geschenkt. Der vor-liegende Beitrag zeigt eine derartige Sichtweise auf Basis bestehender theoretischer und empirischerErkenntnisse. Der Theorieteil des Beitrags basiert auf Becker et al. (2013, S. 352 ff.).

2 Haupttext

2.1 Konzept und Ausprägungsformen von SSC

2.1.1 Kontextuale Verortung von SSCDer Shared-Service-Center-Gedanke hat seinen Ursprung in ökonomischen Optimierungsbestrebungen,die auf unternehmerische Dienstleistungsprozesse heruntergebrochen wurden.

Dem Konzept der SSC wird sich definitorisch in der Literatur verschiedenartig genähert, worauf dieBegriffsverwendungen „Inhouse Outsourcing“ und „Co-Sourcing“ hindeuten. Insgesamt dominiert dasVerständnis von SSC als zumindest rechtlich und/oder wirtschaftlich begrenzt autonom agierendeEinheiten, die unterschiedliche Unterst€utzungsfunktionen wahrnehmen. Eine begriffliche Annäherungist €uber die im Rahmen des Business Process Outsourcing (BPO) €ublichen Kriterien „Art der Leistungs-erstellung“ und „Kulturdistanz der Leistungserstellung“ möglich (Abb. 1).

*E-Mail: [email protected]

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 1 von 13

Page 2: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Das Maß an der selbständigen Leistungserstellung wird durch das erste Kriterium dargestellt, wohin-gegen das zweite Kriterium die Entfernung der Leistungserstellung aus kultureller Sicht verdeutlicht.

2.1.2 Begriff und Merkmale von SSCKagelmann (2001, S. 49) versteht das SSC-Konzept als „einen Organisationsansatz zur Bereitstellungvon internen Dienstleistungen f€ur mehrere Organisationseinheiten mittels gemeinsamer Nutzung vonRessourcen innerhalb einer Organisationseinheit“. Hinzu treten Kunden- und Wertschöpfungsorientie-rungen von SSC (vgl. Wißkirchen 1999, S. 5 f.).

SSC sind wirtschaftlich selbstständige Einheiten, die administrative Prozesse und Dienstleistungengrundsätzlich b€undeln und Unterst€utzungsaktivitäten f€ur kernkompetenznahe, auf Wettbewerbsvorteileabzielende Aufgaben von vorrangig dezentral-operativen Geschäftseinheiten oder Konzernunternehmenverrichten. Dar€uber hinaus können SSC auch Leistungen weiterreichen und selbsterstellte Leistungenextern vermarkten, wobei die zweite Option in der Praxis selten verfolgt wird. Die Auslagerung vonAktivitäten kann u. a. finanz-, personal-, IT-bezogene Tätigkeiten betreffen. Empirische Erkenntnissedeuten jedoch in der Praxis auf eine Dominanz der fast vollständigen Verlagerung von Prozessen desFinanz- und Rechnungswesens hin (vgl. Deloitte 2011, S. 14; PriceWaterhouseCoopers 2008, S. 25)

2.1.3 ServiceartenIn erster Linie ist hierbei der generische Charakter der €ubernommenen Aufgaben zu nennen, der dazuf€uhrt, dass die Aufgaben weder geschäftsbereich- noch standortgebunden sind. Dar€uber hinaus sollten dieTätigkeiten zumindest teilweise standardisierbar sein.

Zunächst sind transaktionsbasierte Services zu erwähnen, die primär verwaltungs- und prozess-orientierte Unterst€utzungstätigkeiten (z. B. Reisekostenabrechnungen, Kreditoren- und Debitorenbuch-haltung) umfassen und sich regelmäßig durch hohe Volumina auszeichnen. In Verbindung mit ihremhohen Standardisierungsgrad können Skaleneffekte erzielt werden, um Kostensenkungen zu bewirken.Überdies ist diese Kategorie durch niedrige Freiheitsgrade in der Entscheidung beschreibbar.

Als nächste Servicekategorie sind expertisebasierte Services zu nennen, die sich deutlich durchgeringere Prozess-Volumina auszeichnen. Bei dieser Art von Service kommen deswegen vorrangig

Abb. 1 Formen des Business Process Outsourcing. Quelle: in Anlehnung an Schewe und Kett, 2007, S. 139

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 2 von 13

Page 3: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

wissensorientierte Prozesse (z. B. Steuern und Treasury) mit höchsten Fähigkeitsanforderungen in Frage.Vom Wesen weisen expertisebasierte Dienste somit Beratungs- und Problemlösungscharakter auf undtragen zur Zielerf€ullung von Unternehmenszielen bei, weshalb diese im Vergleich einen €ubergeordnetenUnternehmensbezug aufweisen.

2.1.4 SSC im Spannungsfeld von Zentralisation und DezentralisationUnternehmen können Funktionen grundsätzlich zwischen vollständiger Zentralisation oder Dezentrali-sation als Extremtypen verorten. Zentralisation entspricht dabei einer Zusammenfassung homogenerAufgaben in einer organisatorischen Einheit, wohingegen ihre Verteilung auf mehrere Organisations-einheiten einerDezentralisation entspricht. Es geht dabei imWesentlichen um die Art der Verteilung vonKompetenzen und Aufgaben innerhalb einer Organisation, deren jeweilige Sinnhaftigkeit situationsab-hängig abzuwägen ist.

Obgleich die Implementierung von SSC mitunter oftmals mit dem Prinzip der Zentralisation gleich-gesetzt wird, ist vielmehr zu konstatieren, dass mit SSC versucht wird, Vorteile der Dezentralisation vonden €ublichen Nachteilen zu trennen und zu realisieren (vgl. Klingebiel und Andreas, 2006, S. 38).

2.2 SSC-Controlling – Stand der LiteraturSSC-Controlling kann grundsätzlich in ein Controlling von und in ein Controlling in SSC unterschiedenwerden.

• Das Controlling von SSC wird dabei vom Konzerncontrolling wahrgenommen, dessen Aufgabe diegesamthafte Ausrichtung eines Konzerns und damit auch die Ausrichtung von etwaigen SSC anZielsetzungen des Konzerns (vgl. Schultze und Hirsch, 2005, S. 12) ist.

• Hingegen ist unter einem Controlling in SSC die Ausrichtung des SSC an eine oder mehrere Ziel-setzungen zu verstehen. Folglich kann ein Controlling von SSC nur erfolgen, wenn das Controlling inSSC die benötigen Informationen bereitstellt (vgl. Behme und Roth, 1997, S. 29).

Im Folgenden soll ein Überblick €uber die Situation Controlling-spezifischer Beiträge zu SSC gegebenwerden. Prinzipiell zählen hierzu sowohl Beiträgewissenschaftsorientierter Natur als auch praxisnaheBeiträge.

2.2.1 Bedeutung der Existenz einer Controlling-KonzeptionControlling-Konzeptionen beschreiben die Gesamtheit und das Zusammenspiel grundlegender Vor-stellungen €uber charakteristische Merkmale des Controllings, die auf unterschiedlichen Theorien beruhenkönnen. Konzeptionen basieren auf der Zusammenf€uhrung theoretischer und praktischer Erkenntnisse,weshalb ihr Vorhandensein die Beantwortung von Implementierungsfragen erleichtert.

Die Ausgestaltung einer wertschöpfungsorientierten Controlling-Konzeption (vgl. Becker 1999,S. 10 f.) soll als Basis der Analyse des Controllings von und f€ur SSC dienen. Ausgangspunkt derwertschöpfungsorientierten Controlling-Sicht ist der zur Zukunftssicherung bedeutsame €ubergeordneteWertschöpfungszweck von Unternehmen.

2.2.2 Methodik und Ergebnisse der LiteraturanalyseUm die wissenschaftsorientierten Beiträge zu erfassen, wurde eine Datenbanksuche in Verbindung miteiner entsprechenden Trefferanalyse von Aufsätzen bei der Datenbank ECONIS vorgenommen. DasResultat der Trefferanalyse Controlling-naher Beiträge nach Erscheinungsjahr zeigt Abb. 2.

Insgesamt konnten 95 potentiell Controlling-relevante Beiträge identifiziert werden. Ein erstmaligesAuftreten von Publikationen ist erst ab dem Jahr 2001 zu verzeichnen, auf die vereinzelte Beiträge bis

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 3 von 13

Page 4: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

einschließlich 2006 folgen. Ab dem Jahr 2007 kann eine relativ starke Zunahme der Beiträge diagnosti-ziert werden, die ihren Höhepunkt von 25 Beiträgen im Jahr 2008 erreicht. Die Folgejahre lassen sich€uberwiegend durch eine stetige Abnahme an Beiträgen beschreiben. Es scheint, dass diese Beitragsent-wicklung sich in die Zeitspanne von der verstärkten Zunahme an Outsourcing-Aktivitäten mit gewisserzeitlicher Verzögerung von einigen Jahren einordnen lässt und somit ursächlich in eben jenem Trendbegr€undet sein d€urfte.

Mit weiterer begrifflicher Eingrenzung konnten 4 Treffer identifiziert werden, die eine Auseinan-dersetzung mit wertbezogenen Fragestellungen versprechen lassen (vgl. Abb. 3).

Insofern als Unternehmen nur dauerhaft €uberlebensfähig sind, wenn sie dauerhaft ein ausreichendesMaß an Wert schaffen können, ist eine permanente Auseinandersetzung mit Fragen der Wertschöpfungeine wesentliche Anforderung an das Controlling. Dies ist schließlich auch f€ur ein Controlling von und inSSC erforderlich, zumal SSC aus Optimierungsbestrebungen gebildet wurden, die sich auf die grund-legenden betriebswirtschaftlichen Kriterien Kosten und Nutzen bzw. Risiko und Rendite beziehen.

Eine Pr€ufung dieser Beiträge zeigte, dass sie weder eine wertschöpfungsorientierte Controlling-Konzeption, noch Anhaltspunkte f€ur die Ausgestaltung einzelner Elemente einer solchen Konzeptionliefern können. Zusätzlich konnten aus der Literatur jedoch Beiträge mit einem Wertschöpfungsbezugausgemacht werden. Es handelt sich dabei um die Beiträge von Sterzenbach (2010), Becker et al. (2009),Weiser et al. (2009) und Fischer und Sterzenbach (2007), die im Weiteren einer kriteriengeleitetenPr€ufung hinsichtlich eines potentiellen Beitrags zu einem wertschöpfungsorientierten SSC-Controllingzu unterziehen sind. Da der erste und der letzte Beitrag die gleiche Stichprobe verarbeiten, wurden die

Autor/Jahr Titel Inhaltlicher Fokus

Unrein (2010) Das Value-Adding-Controlling-Concept- derWertbeitrag der Controllingorganisation zumUnternehmenserfolg

Bündelung von Controlling- undRechnungswesen in einem CFO-SSCzur Effizienzsteigerung

Michel/Kirchberg(2008,2009)

Implementierung einer sogenannten„Reporting Factory“, die im Stile eines SSC zu gestalten sei

Brokemper(2007)

Interne Kundenorientierung desControllerbereiches

Reporting Factory : Gestaltung, Aufbau undEinordnung bin den Finanzbereich

Ansätze zur Erhöhung derKundenorientierung des Controlling

Abb. 3 Darstellung weiterer Treffer

Abb. 2 Trefferanalyse nach Erscheinungsjahr

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 4 von 13

Page 5: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Ergebnisse beider Beiträge gemeinsam erfasst. Als Kriterien werden Ziele, Funktionen und Aufgaben,Prozesse, Instrumente und Institutionalisierung herangezogen, die sowohl Erkenntnisse zu SSC imAllgemeinen und SSC-Controlling im Speziellen zusammenfassen. Allgemeine Erkenntnisse zu SSCwerden betrachtet, um gegebenenfalls besondere Anforderungen an ein SSC-Controlling ableiten zukönnen.

2.2.3 Detailanalyse wissenschaftsorientierter Beiträge

Becker et al. (2009)Dieser Buchbeitrag setzt sich ausf€uhrlich mit unterschiedlichen Facetten von SSC auseinander.

Ziele: Die Autoren konstatieren eine hohe Bedeutung von Kostenzielen, deren Erf€ullung in einer€uberlegenen Gewinnposition kulminiert. Auf Sachzielebene sind Prozess- und Potentialziele f€urSSC bedeutsam, um Voraussetzungen f€ur die Formalzielerreichung zu schaffen. Mit Hinblick auf einSSC-Controlling werden zwar keine konkreten Ziele genannt, jedoch wird sich mit Prinzipien derWertschöpfung, die einzuhalten sind, auseinandergesetzt.

Funktionen und Aufgaben: Obgleich ein gewissen Anforderungen gen€ugendes Spektrum von Un-terst€utzungsaktivitäten in SSC ausgegliedert werden kann, ist eine konkrete Entscheidung lediglichunternehmensspezifisch möglich. Potentiell kommen die Kategorien Personal, Beschaffung, Auf-tragsabwicklung, Abschlusserstellung und IT zur Auslagerung in SSC in Frage. Als Funktionen eineswertschöpfungsorientierten SSC-Controllings beschreiben und erläutern die Autoren dieLokomotions-, die Abstimmungs- und die Informationsfunktionen.

Prozesse: nicht thematisiertInstrumente: Als Instrumente eines wertschöpfungsorientierten Controlling nennen die Autoren pro-

zessorientierte Instrumente, SLAs, Kundenzufriedenheitsmessungen, wertorientierte Kennzahlensys-teme, Benchmarking und Performance Measurement.

Institutionalisierung: Aussagen zur Anzahl von SSC sind nicht identifizierbar. Als wirtschaftlicheStruktur kommen f€ur SSC die Ausprägungsformen Cost-Center, Revenue-Center, Profit-Center oderInvestment-Center in Frage, die unterschiedliche Steuerungsdimensionen bedingen. In Bezug auf dieinstitutionelle Gestaltungsform beschränken sich die Autoren dabei auf die Einordnung in das Kon-zerncontrolling.

Weiser et al. (2009)In diesem Beitrag findet eine Betrachtung von SSC im Hinblick auf ihre unternehmenspraktischeAusgestaltung einerseits und auf Controlling-relevante Ansätze ihrer Steuerung andererseits statt. DieErkenntnisse beruhen dabei auf einer empirischen Untersuchung von den nach Markenwert 100 größtendeutschen Unternehmen, von denen 19 Teilnehmer Daten zu 35 SSC liefern konnten.

Ziele: Überwiegend gelten Kostenbudgets mit 57 % der Nennungen als häufigste Zielgröße f€ur SSC. Anzweiter Stelle folgt der Economic Value Added (EVA1) mit 22 % der Nennungen. EBIT-bezogeneZielgrößen lassen mit 13 % der Nennungen auf eine nachrangige Bedeutung schließen. Mit jeweils 4 %der Nennungen sind KPIs und SLAs eher Randerscheinungen.

Funktionen und Aufgaben: Hauptsächlich findet das SSC-Konzept im Rechnungswesen (37 %) An-wendung. Die Bereiche IT (17 %) und Personal (14 %) werden zwar ähnlich oft, aber absolut eherselten in SSC geb€undelt. An vierter und f€unfter Stelle mit 9 % bzw. 6 % der Nennungen folgen Einkaufund immobilienbezogene Funktionen. Sonstige Funktionen entsprechen 17 % der Nennungen.

Prozesse: nicht thematisiert

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 5 von 13

Page 6: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Instrumente: Lediglich finden sich hier Aussagen zu als Cost-Center-gef€uhrten SSC, bei denen sich in93 % der Fälle zur Steuerung €uberwiegend qualitäts-, service- und leistungsbezogener Kennzahlenbedient wird. Die Kosteneinhaltung wird in 7 % der Fälle als Steuerungskennzahl genutzt.

Institutionalisierung: Vorrangig adressieren SSC mit ihrer Leistungserbringung Grundeinheiten derKonzerne. 25 % der Leistungen von rund der Hälfte der SSC erbrachten Leistungen sind f€ur dieUnternehmenszentrale bestimmt. Nur ein F€unftel der SSC weist hier einen Anteil von ungefähr75 % auf.

Fischer und Sterzenbach (2007)Die Autoren präsentieren mit diesem Beitrag empirische Erkenntnisse zum Controlling von SSC. Dazuwurde ein Fragebogen an die 500 umsatzstärksten Unternehmen und an Unternehmen, die zwar im DAX,MDAX oder SDAX vertreten sind, jedoch das Umsatzkriterium nicht geschickt. Die R€ucklaufquote von9,2 % entspricht dabei 58 verwertbaren Fragebögen.

Ziele: Im Rahmen der Ziele wurde zum einen die Relevanz im Unternehmen und zum anderen dieBer€ucksichtigung im SSC-Controlling abgefragt. Hierbei zeigt sich, dass finanziellen Zielen diehöchste Bedeutsamkeit im Unternehmen hinzukommt und diese zugleich €uberproportional stark imSSC-Controlling ber€ucksichtigt werden. Kunden-, prozess- sowie mitarbeiter- und innovationsbezo-gene Ziele weisen jeweils eine z. T. deutlich höhere Relevanz im Unternehmen als im SSC-Controllingauf. Mit Hinblick auf die Zielerreichung ist festzustellen, dass insbesondere finanzielle Ziele nicht imgew€unschten Maße erreicht werden können.

Funktionen und Aufgaben: F€ur in SSC auszugliedernde Funktionen oder Aufgaben finden sich keineAnhaltspunkte. Mit Hinblick auf ein SSC-Controlling konstatieren die Autoren, dass die Ausrichtungder SSC-Ziele auf das Gesamtziel des Unternehmens und die SSC-internen Aktivitäten zur Erreichungder SSC-Ziele zu koordinieren sind.

Prozesse: nicht thematisiertInstrumente: Es zeigt sich, dass nur wenige Unternehmen insgesamt die abgefragten Instrumente nutzen,

was sich an der höchsten Nutzungsrate von 18,2 % f€ur das Instrument Budgetierung auf Unterneh-mensebene zeigt. Auf SSC-Ebene dominieren im Vergleich zur Anwendung auf Unternehmensebenedie Instrumente Kapazitätsplanung, Qualitätscontrolling, Prozesskostenrechnung, weisen dabei jedochmit Nutzungsraten zwischen rund 12 und 14 % als gering einzustufende absolute Werte auf. MitHinblick auf wertorientierte Kennzahlensysteme ist feststellbar, dass diese primär sowohl aufUnternehmens- als auch auf SSC-Ebene Anwendung finden, dies jedoch nur in 12 % der Fälle vorliegt.

Institutionalisierung: SSC werden €uberwiegend als Cost-Center (54,9 %) gef€uhrt. Das Profit-Center-Konzept belegt mit rund 30 % den zweiten Rang. Sonstige Varianten wie Revenue- und Investment-Center stellen realtypisch Ausnahmeerscheinungen dar. Überwiegend (71 %) berichten die SSCmonatlich an die Unternehmensleitung.

Die Ergebnisse der wissenschaftsorientierten Beiträge sind in nachfolgender Abb. 4 dargestellt.

2.2.4 Überblick zu Studien von Professional Service FirmsIm Folgenden soll ein ergänzender Überblick €uber praxisorientierte Studien gegeben werden.

2011 Global Shared Services Survey Results – Deloitte (2011)

Ziele: nicht thematisiert

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 6 von 13

Page 7: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Funktionen und Aufgaben: Im Rahmen der wahrgenommenen Funktionen dominieren die BereicheFinanzen (93 %) und Personal (60 %). Die Bereiche IT und Supply-Chain mit rund 50 % folgen.Funktionen aus dem Rechtsbereich bilden mit 20 % die letzte Position. SSC sind €uberwiegend (53 %)monofunktional. Mehr als drei Funktionen werden eher selten (17 %) in einem SSC geb€undelt.

Prozesse: nicht thematisiertInstrumente: nicht thematisiertInstitutionalisierung: Die Mehrzahl der Unternehmen (55 %) haben höchstens zwei SSC. Mehr als

5 SSC (14 %) sind eher selten gegeben. Hierbei ist es nicht verwunderlich, dass umsatzstärkereUnternehmen die Tendenz nach mehr SSC aufweisen. Insgesamt sind bei 40 % der UnternehmenSSC seit mindestens f€unf Jahren in Betrieb. F€ur SSC ist bei jedem zweiten Unternehmen mindestensein Vice President in der F€uhrungsverantwortung, der in rund 50 % der Fälle an den CFO oder CEOberichtet. 58 % der Unternehmen geben an, dass min. 75 % ihrer Business Unit durch SSC bedientwerden. 15 % der Unternehmen haben SSC, die externe Aufträge annehmen.

Shared Service Center – The 2nd Generation – PWC (2008)Diese Studie thematisiert die Entwicklung und Ausgestaltung von SSC in deutschen und österreichischenUnternehmen. Dazu wurde ein strukturierter Fragebogen an 44 Großunternehmen, die entweder imDAX30 oder im MDAX gelistet sind, verschickt. Mit den insgesamt von 24 Unternehmen (13 DAX30)r€uckläufigen Fragebögen repräsentiert die Stichprobe insgesamt mehr als 100 SSC.

Ziele: Diese Studie untersuchte sowohl die Zielbedeutung vor als auch nach der Implementierung vonSSC. Bei allen Zielen kann im Vergleich zum Zustand vor einer Implementierung entweder keineÄnderung in der Bedeutung oder sogar eine Bedeutungszunahme erkannt werden. F€ur besonders

Abb. 4 Übersicht der theoretischen Beiträge und ihre Erkenntnisse

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 7 von 13

Page 8: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

bedeutsam werden Erhöhungen in der Prozessqualität, gesteigerte Transparenz und Senkung vonSt€uckkosten durch Effizienzgewinne befunden. Nachrangige Bedeutung kommt einer Kostensenkungdurch Leistungsverzicht und die Generierung von Neugeschäft mittels des SSC hinzu.

Funktionen/Aufgaben: Bei der Hälfte der Unternehmen sind circa 80 % der Funktionen des Finanz-u. Rechnungswesens in SSC verlagert.

Prozesse: 92 % sehen deutliche Optimierungspotenziale in Bezug auf die Prozessstandardisierung. Ineiner Prozessautomatisierung sehen sogar 96 % aller Unternehmen ein hohes Optimierungspotential.

Instrumente: Umfangreiche interne Kontrollsysteme (IKS) weisen lediglich 42 % der SSC auf, obwohldie Unternehmen mit einem IKS höhere Kosteneinsparungen realisieren konnten. Weiterhin werdensehr häufig (65 %) Benchmarking, Balanced Scorecard (38 %) und Management-Informations-Systeme (MIS) mit 45 % genutzt. SSC mit Benchmarking verf€ugen €uber eine höhere Kundenzufrie-denheit.

Institutionalisierung: Die Mehrheit der SSC wird als Cost-Center (71 %) gef€uhrt, obgleich die als Profit-Center gef€uhrten SSC einen größeren Wertbeitrag f€ur das Unternehmen bedeuten, indem Sie höhereKosteneinsparungen und höhere Produktivität aufweisen.

Shared Service Center Controlling – KPMG (2007)Die SSC-Betrachtung wird um eine Controlling-Perspektive erweitert. Zur Zielerreichung wurde einstrukturierter Fragebogen an die 500 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland versandt, von denen46 schlussendlich verwertet werden konnten, was einer R€ucklaufquote von 9,2 % entspricht.

Ziele: In dieser Studie wurden lediglich controllingbezogene Ziele erhoben. Bei der Zielbedeutung isteine Dominanz finanzieller Ziele, bei denen primär Kostensenkungsziele im Vordergrund stehen, zukonstatieren, die unmittelbar von Prozesszielen gefolgt werden.

Funktionen/Aufgaben: Die Ergebnisse zeigen, dass vorrangig Funktionen aus den Bereichen Personal,Rechnungswesen, Finanzen und interne Beschaffung in SSC transferiert worden sind. Hingegenwerden die Bereiche Steuern, IT, Recht und Kundenservice selten in SSC abgewickelt.

Prozesse: Im Kontext von Prozessen finden sich Erkenntnisse zur zeitlichen Dauer von Einf€uhrungsproz-essen der SSC. Rund 70 % der befragten Unternehmen sind in der Lage, die Einf€uhrung von SSCinnerhalb von einem Jahr abzuschließen. Insgesamt ist die Einf€uhrung von SSC an sich jedochr€uckläufig, da Betriebszeiten von weniger als einem Jahr nur von knapp 8 % der Unternehmenangegeben wurden.

Instrumente: Zunächst gebraucht die große Mehrheit der Unternehmen (90 %) Service-Level-Agreements (SLA). Weiterhin kommen zur Steuerung vorrangig finanzielle und prozessuale Kenn-zahlen zur Anwendung, wobei die finanzbezogene Kennzahlen €uberwiegend (61,8 %) nicht wert-orientiert sind. Die genutzten Instrumente des SSC-Controllings variieren in Abhängigkeit der orga-nisatorischen Verankerung. Bei einem auf Unternehmensebene angesiedelten Controlling werdenmehrheitlich die Instrumente Produktergebnisrechnung, Kunden-Controlling, Deckungsbeitragsrech-nung und wertorientierte Kennzahlensysteme angewendet. Sofern das Controlling nur im SSC ange-siedelt ist, werden vorrangig die Instrumente Kapazitätsplanung, Qualitätscontrolling und Prozess-kostenrechnung genutzt. Im Falle eines Controllings sowohl auf Unternehmens- als auch aufSSC-Ebene dominieren die Instrumente Budgetierung, Benchmarking, Ergebnisrechnung und wert-orientierte Kennzahlensysteme mit Angaben im Spektrum zwischen rund 12 % und 18 %.

Institutionalisierung: Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen verf€ugt €uber 2–5 SSC. Mehr als10 SSC stellen eher Randerscheinungen (3,2 %) dar. Rund 55 % der SSC werden in Form von Cost-Centern gef€uhrt und rund 30 % als Profit Center. Überwiegend werden SSC onshore, also in derUnternehmenszentrale (33,9 %) oder in der Geschäftsbereichszentrale (11,9 %) errichtet. Standorte im

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 8 von 13

Page 9: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

fernen Ausland (offshore) sind in rund 20 % der Fälle beobachtbar und damit etwas unbeliebter alsStandorte im näheren Ausland.

Success through Shared Services – AT Kearney (2004)Grundlage stellen 140 Interviews mit Direktoren oder höherrangigen Angestellten von Großunterneh-men, mit einem Dollarumsatz von mehr als einer Milliarde aus den USA, Großbritannien, Deutschlandund Frankreich dar.

Ziele: In dieser Studie wurden keine Ziele, sondern Erwartungen durch SSC abgefragt. Vorrangig wurdenhier Kostenreduktionen, Performanceverbesserungen und Produktivitätssteigerungen genannt.So erwarteten 85 % der Unternehmen eine Erfolgssteigerung.

Funktionen/Aufgaben: Auch diese Studie spricht daf€ur, dass die Bereiche HR, IT und das Rechnungs-/Finanzwesen die beliebtesten Funktionen f€ur SSC darstellen. Am Ende des Funktionsspektrums liegendie Bereiche Beschaffung und Recht.

Prozesse: Im Vergleich zeigt sich, dass die Mehrzahl der europäischen Unternehmen (36 %) dieImplementierung in weniger als einem Jahr abschließt, wohingegen dies nur 25 % derUS-amerikanischen Unternehmen gelingt.

Instrumente: nicht thematisiertInstitutionalisierung: In den USA sind €uberwiegend C-Level-Manager (davon in der Hälfte der Fälle der

CEO) f€ur die SSC verantwortlich. In Europa ist dies die deutliche Minderheit. Hier dominierenDirektoren oder Manager.

Zentrale Ergebnisse der untersuchten Studien sind in nachfolgender Abbildung stichpunktartig zuÜberblickszwecken zusammengefasst (Abb. 5).

Weiterhin soll eine Übersicht €uber den jeweiligen Controlling- und Wertschöpfungsbezug der einzel-nen Beiträge in Bezug auf die Untersuchungskriterien gegeben werden (vgl. Abb. 6).

Ergebnisse/Studie Ziele Funktionen/Auf-gaben Prozesse Instrumente Institutionalisierung

Deloitte (2011) - - meist monofunktional-Finanzen und Personaldominant

- - - Mehrzahl der UNmit max. 2 SSC-regelmäßig VP oderhöherrangigem Managerunterstellt

PWC (2008) - Qualitäts-undKostensenkungsziele dominant

- Finanz- u.Rechnungswesen häufigin SSC verlagert

- deutliche Optimierungs-potentiale bei Prozess-standardisierung und-automatisierung

- SSC mit IKS realisierenhöhereKosteneinsparungen-häufige Nutzung vonBenchmarking, BSC undMIS

- überwiegend als Cost-Center geführt-Profit-Center-geführte SSCjedoch mit höheremWertbeitrag

KPMG (2007) - Kostensenkungs-undProzessziele dominant

- vorrangig Personal, Rechnungswesen,Finanzen und interneBeschaffung in SSC

- Implementierungvon SSCmeistensinnerhalb einesJahresabgeschlossen

- primär Finanz- undProzesskennzahlen zurSteuerung-finanzielle Kennzahlenselten wertorientiert-geringeAnwendungsquotenvon Instrumenten wieErgebnis- u. Prozess-kostenrechnung

-Mehrzahl der UN zwischen2-5 SSC-SSC überwiegend onshoreangesiedelt-Cost-Center-Prinzipdominiert

AT Kearney(2004) -Kostensenkungs - und Performance-ziele überwiegen

- Personal, IT sowie Finanz- u.Rechnungswesen beliebt-Personal in den USAbeliebter als in Europa

- US-amerikanische UN benötigen für die Implementierung rund die doppelte Zeit

- - SSC-Zuständigkeit in denUSA sehr häufig bei der C-Level-Ebene-Verantwortung in Europaüberwiegend bei Direktorenoder Managern

Abb. 5 Zusammenfassende Darstellung zentraler Ergebnisse

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 9 von 13

Page 10: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass von den wissenschaftsorientierten Beiträgen Beckeret al. (2009) die stärkste Wertschöpfungsorientierung aufweist. Auffällig bedeckt zeigen sich dieBeiträge mit Hinblick auf prozessuale und institutionale Aspekte des Controllings, wohingegen instru-mentelle Sachverhalte des Controlling €uberwiegend wertorientiert gesehen werden.

2.3 SSC-Controlling – SchlussfolgerungenIn mehreren Bereichen der „modernen“ Unternehmensf€uhrung hat sich die Orientierung anwert(schöpfungs)orientierten Maßgrößen und somit auch an einer entsprechenden F€uhrungs-philosophie etabliert. In der Folge ergibt sich auch f€ur SSC die Anforderung, f€ur sich genommen einenBeitrag zur Wertschöpfung zu leisten. Daraus lässt sich die Notwendigkeit eines wertschöpfungsorien-tierten Controlling von SSC in multinationalen Konzernen ableiten. Jedoch wurde diesbez€uglich bereitsfestgestellt, dass zwischen einem Controlling von und einem Controlling in SSC differenziert werdenmuss (vgl. hierzu und im Folgenden Becker et al. 2009, S. 124 f.).

Einerseits bildet dasControlling von SSC den Anstoß f€ur dasControlling in SSC. Andererseits ist einControlling von SSC nur möglich, wenn das Controlling in SSC die entsprechende F€uhrungsstrukturbereitstellt. Im Rahmen der Abstimmungsfunktion hat das wertschöpfungsorientierte Controlling dieAbstimmung der Strategie, des Entscheidungsverhaltens, der Instrumente sowie des Kontrollsystems imSSC sowie mit dem Gesamtkonzern zu gewährleisten. Die Informationsfunktion beinhaltet insbeson-dere die Bereitstellung von steuerungsrelevanten Informationen f€ur die Center- und Konzernleitung. DieLokomotionsfunktion umfasst schließlich das Ausrichten des SSC auf die Wertschöpfung durch dieFormulierung und Umsetzung entsprechender Strategien. Um die wertorientierte Steuerung von SSCzu gewährleisten, ist die Einbettung der entsprechenden Steuerungsinstrumente in eine ganzheitliche,wertschöpfungsorientierte Controlling-Konzeption notwendig. Die Auswahl eines geeigneten Control-linginstrumentariums wird dar€uber hinaus von der Organisation des Controllings und der konkretenAusgestaltung der bereits genannten Funktionen direkt beeinflusst.

Ergebnisse/Beitrag

Sterzenbach (2010)

Becker/Kunz/Mayer(2009)

Weiser/Balser/Wappler(2009)

Fischer/Sterzenbach(2007)

Deloitte (2011)

PWC (2008)

KPMG (2007)

AT kearney (2003)

= Controlling- und Wertschöpfungsbezug = Controlling-bezogen, jedoch ohne Wertschöpfungsbezug

= keine Aussagen= weder Controlling-noch Wertschöpfungsbezug

Ziele Funktionen/Aufgaben

Prozesse Instrumente Institutionalisierung

Abb. 6 Bewertung der vorhandenen Studien zum Controlling von/in SSC

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 10 von 13

Page 11: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Die Literaturanalyse von wissenschaftlichen Beiträgen und Praxisstudien hat zwei Dinge deutlichgezeigt: Zum einen erreichen viele SSC nicht die mit ihnen meist verbundenen, hoch gestecktenKosten-und Rentabilitätsziele. Zum anderen fehlt den Unternehmen jedoch gerade jenes Instrumentarium, dasim Sinne eines ganzheitlichen Performance Measurement and Management zur Etablierung einer wert-schöpfungsorientierten Controlling-Konzeption von und f€ur SSC notwendig ist.

2.4 Beispiele und HandlungsempfehlungenIn der Unternehmenspraxis werden im aktuellen Umfeld die Bem€uhungen um die Einrichtung, Verbes-serung und Neuerfindung von SSC weiter intensiviert, die Erkenntnisse zum Controlling von SSCkommen also zum richtigen Zeitpunkt. Ein Trend liegt sicherlich in der Implementierung multidimen-sionaler und stärker automatisierter SSC (vgl. den Beitrag zur Reporting Factory von Schmitz/Lawrenz/Drerup et al. im vorliegenden Handbuch).

Aktuell sind Beispiele der Großkonzerne Daimler, Bayer, Deutsche Bahn, Thyssen-Krupp und E.ONzu nennen. Daimler wird sein Verwaltungs-SSC in Berlin weiter ausbauen, um Kosten zu senken undadministrative Prozesse weiter zu optimieren (vgl. Handelsblatt 2014). Bayer konzentriert die konzern-weiten Bem€uhungen vornehmlich im Bereich Accounting und plant zwei weitere Accounting-SSC inPolen und auf den Philippinen (vgl. Bayer 2014). Die Deutsche Bahn AG befindet sich mit ihrenBem€uhungen hingegen noch in einem recht fr€uhen Entwicklungsstadium und hat mit dem sogenannten„Projekt Shared Service Center“ zunächst die europaweite Konzentration der Buchhaltung fokussiert(vgl. Deutsche Bahn 2014). Thyssen Krupp hingegen befindet sich wohl bereits in einem fortgeschritte-nen Stadium der konzernweiten Vereinheitlichung und Standardisierung der vorhandenen SSC. GemäßExperteneinschätzung kann eine solche Standardisierung jedoch bis zur vollen Funktionsfähigkeit bis zu10 Jahre in Anspruch nehmen (vgl. Kögler und Paulus 2014). Auch im E.ON-Konzern werden bereits seitlängerem SSC-Anstrengungen unternommen, dort unter dem Stichwort „Business Service Centers(BSCs)“. Schon 2012 begann die Konzernf€uhrung, administrative Prozesse wie HR und Accounting imRahmen des Projekts E.ON 2.0 zusammenzulegen (vgl. E.ON 2012). SSC sind im Übrigen nicht nur einThema f€ur (börsennotierte) Großkonzerne: Auch wenn die Diskussion von Skalen- und Synergieeffekteneine gewisse Betriebsgröße voraussetzt, hat sich in den letzten Jahren vermehrt auch der sogenannte großeoder gehobene Mittelstand zunehmend mit SSC auseinandergesetzt (vgl. Kapp 2014).

Im Rahmen der Unterscheidung der Wertsteigerungspotenziale von SSC ist zwischen eher kosten-orientierten Effekten (z. B. Skaleneffekte) und eher leistungs- und somit erlössteigernden Effekten(z. B. Verbundeffekte) zu unterscheiden. In diesem Kontext ist schlank nicht immer gleich besser, sodass Unternehmen langfristig planen sollten, ob und inwieweit f€ur bestimmte Services a) ein Mindest-Serviceniveau erhalten bleiben muss und b) welche Folgen aus der Schaffung eines SSC resultieren. Miteinem umfassenden SSC-Controlling sollten derartige Vorab-Einschätzungen dann auch simultan€uberwacht und entsprechende Schl€usse aus etwaigen Abweichungen gezogen werden.

3 Zusammenfassung und Ausblick

Im vorliegenden Beitrag wurden Stand und Entwicklungsperspektiven zum Controlling von SSC zusam-mengefasst. Wie die formalisierte Analyse von wissenschaftlicher Literatur und Praxispublikationengezeigt hat, haben die bisherigen Veröffentlichungen kaum bis keinen Controlling-Gehalt. Insofern istdavon auszugehen, dass die Implementierung von SSC in der Unternehmenspraxis zwar bereits einenrelativ hohen Reifegrad erreicht hat, dass andererseits jedoch bisher spezifische Controlling-Methoden,-Instrumente und –Werkzeuge f€ur SSC fehlen.

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 11 von 13

Page 12: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

In vielen Publikationen und Praxisbeiträgen wird von Notwendigkeit von Ist-Analysen und Soll-Ist-Vergleichen zu Kostenhöhe und Serviceniveau in SSC gesprochen, ohne konkrete Handlungsempfehlun-gen abzuleiten oder die Controlling-Spezifika weiter auszuf€uhren. Eine sinnvolle Steuerung von SSC-Ak-tivitäten könnte bspw. €uber (wertorientierte) Spitzenkennzahlen wie den EVATM erfolgen; im Optimalfallsollten derartige Wertkennzahlen dann in ein unternehmensweites Steuerungssystem auf Basis vonBalanced Scorecards (BSC) oder ähnlichen Instrumenten eingebettet sein, um eine konzerninterneVergleichbarkeit des durch SSC geschaffenen Mehrwerts zu ermöglichen.

Literatur

Bayer Business Services. 2014. EuroServices – Accounting Center f€ur den Bayer-Konzern. https://business-services.bayer.de/de/unternehmen/tochtergesellschaften/euroservices/index.php. Zugegriffenam 22.04.2015.

Becker, W., C. Kunz, und B. Mayer. 2010. Shared Service Center, Konzeption und Implementierung ininternationalen Unternehmen. Stuttgart: Kohlhammer.

Becker,W., P. Ulrich, und H. Eggeling. 2013.Wertschöpfungsorientiertes Controlling von Shared ServiceCentern - Status Quo und Empfehlungen.Controlling- Zeitschrift f€ur erfolgsorientierte Unternehmens-steuerung 25. 2013, Nr. 7, 352–359.

Becker, W. 1999. Begriff und Funktionen des Controlling. Bamberger Betriebswirtschaftliche Beiträge,Nr.106, Überarbeiteter Nachdruck. Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Behme, W., und A. Roth. 1997. Organisation und Steuerung von dezentralen Einheiten. In Organisationund Steuerung von dezentralen Einheiten: Konzepte – Instrumente – Erfahrungsberichte, Hrsg.A. Roth und W. Behme, 17–39. Wiesbaden: Gabler.

Deloitte. 2011. Global shared services survey results.Deutsche Bahn AG. 2014. Großer Erfolg des Europäischen Betriebsrats. http://www1.deutschebahn.com/

ewc-de/start/allgm_informationen/aktuelles/7262434/ebr_sitzung_20052014.html?start=0. Zugegriffenam 22.04.2015.

E.ON. 2012. E.ON to bundle support functions into new units. http://www.eon.com/en/media/news/press-releases/2012/5/24/e-on-to-bundle-support-functions-into-new-units.html. Zugegriffen am 22.04.2015.

Fischer, T. M., und S. Sterzenbach. 2007. Shared Service Center-Controlling – Ergebnisse einer empiri-schen Studie in deutschen Unternehmen. Controlling, 19: 463–472.

Handelsblatt. 2014. Daimler verlagert Jobs nach Berlin. Zugegriffen am 10.08.2014.Kagelmann, U. 2001. Shared Services als alternative Organisationsform. Am Beispiel der Finanzfunktion

im multinationalen Konzern. Wiesbaden: Gabler.Kapp, S. 2014. Shared Service Center erreichen großen Mittelstand. http://www.finance-magazin.de/

strategie-effizienz/kosteneffizienz/shared-service-center-erreichen-grossen-mittelstand/. Zugegriffenam 17.04.2014.

Kearney, A. T. 2004. Success through shared services. Chicago, Illinois.Klingebiel, N., und J. Andreas. 2006. Outsourcingvarianten im Rechnungswesen. Zeitschrift f€ur Cont-

rolling & Management 50(1): 36–42.Kögler, A., und S. Paulus. 2014. Shared Service Center werden multifunktional. http://www.finance-

magazin.de/strategie-effizienz/kosteneffizienz/shared-service-center-werden-multifunktional/. Zuge-griffen am 14.07.2014.

KPMG. Shared Service Center Controlling – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. http://www.kpmg.de/docs/Shared_Service_Center_Controlling.pdf. Zugegriffen am 22.04.2015.

PriceWaterhouseCoopers. 2008. Shared service center – The 2nd generation. Stuttgart.

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 12 von 13

Page 13: Controlling von Shared Service Centern · 2017-08-28 · Controlling von Shared Service Centern Wolfgang Beckera* und Patrick Ulrichb aOtto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg,

Schewe, G., und I. Kett. 2007. Maßgeschneidert - Die unternehmensspezifische Situation und ihr Einflussauf die „richtige“ Form des Outsourcing. Zeitschrift F€uhrung & Organisation 76:138–145.

Schultze, W., und C. Hirsch. 2015. Unternehmenswertsteigerung durch wertorientiertes Controlling.M€unchen: Vahlen.

Sterzenbach, S. 2010. Shared Service Center-Controlling: Theoretische Ausgestaltung und empirischeBefunde in deutschen Unternehmen. Aachen: Lang.

Weiser, C., L. Balser, und M. Wappler. 2009. Controlling von Shared Services Centern. Zeitschrift f€urControlling und Management 53(3): 187–192.

Wißkirchen, F. 1999. Outsourcing – Projekte erfolgreich realisieren. Stuttgart: Schäffer Pöschel.

Praxishandbuch ControllingDOI 10.1007/978-3-658-04795-5_42-1# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2014

Seite 13 von 13