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    SChRifteNReihe zu BilduNg uNd KultuRBaNd 4

    C .R .N !Pldoyers fr ein zukunftstaugliches Urheberrecht

    hrs . v n r h nr c -B -S nin z s mm n rb m R s. n

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    h n s* hinter einigen Begri en verweist au eine Erklrung im Glossar.

    Copy.Right.Now!Pldoyers r ein zukun tstaugliches Urheberrecht

    Band 4 der Reihe Bildung und Kultur

    Hrsg. von der Heinrich-Bll-Sti tung In Zusammenarbeit mit iRights.in o

    Diese Publikation erscheint unter einer Creative-Commons-Lizenz

    Redaktion: Chris Piallat (Heinrich-Bll-Sti tung), Philipp Otto (iRights.in o), Uta Renauver Autorenphotos: Jan Zier (Jan Philipp Albrecht), Fatih Dilekci (Ilja Braun), David Ausserho er(Jeanette Ho mann), Martin Hu ner (Dr. Till Kreutzer), Peter Bellamy (Jonathan Lethem), DanielSei ert (Lawrence Lessig)Gestaltung: graphic syndicat, Michael Pickardt (nach Entwr en von blotto Design)Druck: agit-druck

    ISBN 978-3-86928-031-8Bestelladresse: Heinrich-Bll-Sti tung, Schumannstr. 8, 10117 Berlint +49 30 28534-0f +49 30 28534-109e in [email protected] www.boell.de

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    iNhalt

    Vorwort 7J n en m nn n M s S k mVom Verlust. Eine Einleitung 10J n h m nnWider die Verschwendung: Fr neue Denkfiguren in der Wissensregulierung 18l r nc l ssAus Liebe zur Kultur Google, das Urheberrecht und unsere Zukunft 23J n n l mAutoren aller Lnder, plagiiert euch! 37t Kr rDen gordischen Knoten durchschlagen Ideen fr ein neues Urheberrechtskonzept 45g r h ns nDas Urheberrecht in der Legitimationskrise Anstze fr eine rechtstheoretischeNeuorientierung 56i j Br nNennt man das Enteignung? Die Debatte zum Leistungsschutzrecht

    fr Presseverlage 62M n k erm rACTA und die mglichen Folgen Auf dem Weg zu einem Gold Standard? 68J n h n r k w m nnIm Lizenzbaumarkt Creative Commons als alternatives Modell 73R b n M r-l cJournalismus und Marktversagen Pldoyer fr einen InnovationsfondsDigitale ffentlichkeit 78i j Br nAngemessene Vergtung: Was der Gesetzgeber fr die Urheber getan hatund was er noch tun knnte 83t m R nn rZurck an den Verhandlungstisch: Worauf die Musikindustrie setzen knnte 88C rn S r nkanonymous-Warhol_flowers Urheberrecht als Material undGegenstand der Kunst 93C r s n v n B rr sDie Sicherheit der Musik im Netz wird auch am Hindukusch verteidigt 98in rv m C r d c rKopieren zu verteufeln ist Heuchelei 103

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    h trDigital Rights Fair Trade Ein Solidarvertrag 107S m n e n d r c n M SSchne neue kreative Welt: So viel Content und kaum Geld Warum die Kulturflatrate diskutiert werden muss 112g s r c m n sc n J n p a br c n J ns S nb scDie Industrie hat kein Recht, die Nachfrage zu bestimmen 117

    Glossar 124

    Autorinnen und Autoren 132

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    VoRwoRt

    Wer die Eigentums rage stellt, stellt auch die Macht rage. Entsprechend lautet dieinteressante Frage in der Wissensgesellscha t: Wem gehrt das Wissen? Sollte dierechtliche Regelung der Ver gung ber remdes Wissen in der digitalen ra derBedeutung der Ver gung ber remde Arbeit in der kapitalistischen Industriege-sellscha t entsprechen? Knnte es sein, dass das Urheberrecht den Arbeitsvertrag der Zukun t darstellt? Mit diesen au das Ganze der Gesellscha t zielenden Fragenbeteiligte sich die Heinrich-Bll-Sti tung vor ber zehn Jahren am gesellscha tli-

    chen Diskurs ber die Wissensgesellscha t. Erster Hhepunkt war der KongressGut zu wissen Links zur Wissensgesellscha t, der 2001 kurz vor dem Ende derDotcom-Euphorie mit riesiger Resonanz statt and.

    Mit der Dotcom-Blase platzte mehr als der Traum der Brsianer vonsteigenden Kursen und die Ho nung der konomen au immerwhrendes Wachstum. Schi bruch erlitt auch die Annahme eines sich vor unser aller Augenunwiderstehlich vollziehenden Fortschritts von der Industrie- zur Wissensgesell-scha t. Sie wich der ernchterten Einsicht, dass die soziale und vor allem insti-tutionelle Grundlage sowohl der Industrie- wie auch der Wissensgesellscha t

    die brgerliche Gesellscha t ist. Und die hat Bestand. In den vergangenen 50Jahren hat diese brgerliche Gesellscha t viele neue und konkurrierende Forma-tionen die industrielle, sptkapitalistische, postindustrielle, postmoderneoder nachbrgerliche Gesellscha t, die Risiko-, Erlebnis-, Medien-, Konsum-,Disziplinar-, Verantwortungs- oder Wissensgesellscha t er- und berlebt. Mit jeder neuen Formation steigerte sie zugleich ihr Re exionsniveau. Denn dieseZuschreibungen sind au merksamkeits- und ressourcensteuernde Diagnoseneiner um ihre Kontingenz wissenden brgerlichen Gesellscha t. Sie heben jeweilsnur einen Bereich gesellscha tlichen Handelns besonders hervor. Indem sie

    Akteure durch Dramatisierung alarmieren und orientieren, lsen sie kontrollie-rende, integrierende und ausgrenzende Ausgleichmanver aus, nmlich etwas zuunternehmen und Verantwortung zu bernehmen oder besondere Chancenzu nutzen. Das ist auch die diskursive Funktion des Begri s Wissensgesellscha t:Er will Akteure der brgerlichen Gesellscha t, r die die Eigentums rage zentralist, r die Nutzung von Chancen mobilisieren allen voran Chancen der reiheit-lichen Ver gung ber ihr (geistiges) Eigentum, des reien Zugangs zu Wissenals Gemeingut und der selbst gesteuerten Kollaboration reier Wissensarbeiter/innen au der Grundlage geteilten Wissens. ber wen sprechen wir dabei?

    Aus der immer strker wissensbasierten konomie olgen strategische Vorteile r die Dienstleister. Gehen sie abends nach Hause, verlsst das Kapitaldas Unternehmen, das nur ho en kann, dass sein Kapital morgens wieder zurck- V o

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    kehrt. Whrend die Subjekte die Ambivalenz ihrer neuen Freiheiten als Arbeits-kra tunternehmer oder digitale Bohme er ahren, bemhen Unternehmensich um Wissensmanagement, stellen sich der Bewertung ihrer Leistungs -higkeit durch Wissensbilanzen und orientieren zunehmend au kollaborativeFormen von Forschung und Entwicklung im Wege von Open Innovation. Woes um Innovationen geht, haben die Unternehmen schon lngst erkannt, dassallzu striktes Urheber- und Patentrecht eher hinderlich ist. Diesen Fragen ging die Heinrich-Bll-Sti tung in der Kon erenz und Publikation Die wunderbare Wissensvermehrung. Wie Open Innovation unsere Welt revolutioniert 2006 nach.

    Die Chancen der Wissensgesellscha t, das hat das Ineinander von Klima-,Finanz- und Wirtscha ts- sowie von Rohsto -/Ernhrungskrise drastisch vor Augen ge hrt, werden verspielt, wenn sie nicht in Richtung einer nachhaltigen,ressourcene ektiven und ressourcenleichten Weltgesellscha t air verteilterChancen gelenkt werden. Damit erhlt die Frage Wem gehrt das Wissen?

    eine globale Dimension, die Frage nach Wissen als Gemeingut (KnowledgeCommons) weitet sich zur Frage nach den Bedingungen der Mglichkeit derBewirtscha tung globaler Gemeingter in Prozessen von Kollaboration und Wohlstandsteilung. Diesen Fragen widmet sich die Bll-Publikation Wem gehrt die Welt? Zur Wiederentdeckung der Gemeingter von 2009.

    Schon in seinem Beitrag r den Bll-Kongress Gut zu wissen von 2001postulierte Andr Gorz, dass eine nachhaltige Wissensgesellscha t eine Kultur-gesellscha t sein msse, die den Menschen durch reien Zugang zu Wissen dieMglichkeit zur aktiven Teilhabe an und Gestaltung ihrer Kultur biete. Ausge-

    arbeitet hat Gorz dieses Konzept in seinem Buch Wissen, Wert und Kapital. Zur Kritik der Wissenskonomie von 2004. Im selben Jahr sprang ihm Lawrence Lessig mit der Streitschri t Free Culture. How Big Media Uses Technology and the Law tolock Down Culture and Control Creativity bei. Beim Streit ber die Anpassung des Urheberrechts an die Mglichkeiten des digitalen Zeitalters kann es sinnvol-lerweise nur um die Erweiterung der Mglichkeiten aktiver kultureller Teilhabegehen. Der souverne Konsument, der hier und dort ( rei) auswhlt und rseine private Nutzung mglichst nichts bezahlen will, ist nicht das Ziel. SeineHaltung ist in den Grenzen des Urheberrechts legitim, aber sie ist nicht rde-

    rungswrdig, weil sie nichts zu einer demokratischen Kultur beitrgt.Der Free-Culture-Ansatz hingegen impliziert ein weitaus breiteres (brger-liches) Verstndnis des Freiheitsbegri s, als es die o t bemhte AssoziationFreibiermentalitt zu verdeutlichen mag. Der Streit wird vielmehr ge hrt berdie technologischen und rechtlichen Mglichkeiten, ob und wie die Nutzung von in ormationellen Gtern selbst entlichen Ausdruck fnden kann. DieContent-Industrie mchte das Urheberrecht dahin erweitern, dass es ihr hil t,alle In ormationsgter so lange wie mglich (gem hchster US-Rechtsspre-chung: prinzipiell unendlich minus 1 Jahr) zu kontrollieren und den Zugang

    zu beschrnken, um sie als knappe Gter kommerziell an private Konsumentenverkau en zu knnen. Die Free-Culture-Bewegung setzt dagegen beim Recht au

    reie Nutzung der Privatkopie an, das sie weiterentwickeln mchte zum Recht

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    au nicht-kommerzielle Verarbeitung (Remix) und Produktion neuer kulturellerBeitrge.

    Diese Idee hat mittlerweile die EU-Kommission erreicht, die in ihrem GreenPaper Copyright in the Knowledge Society von 2008 danach ragt, ob nicht dieprivatwirtscha tliche Kontrolle urheberrechtlich geschtzter Gter durch eine Ausnahme r die kreative nicht-kommerzielle Nutzung beschrnkt werdensollte. Das knnte den Einstieg in eine digitale Kultur bedeuten, die es jedemNutzer erlaubte, kreativ zu sein ganz wie es Joseph Beuys ge ordert hat. Und was ist mit denen, die sich als pro essionelle Kreative sehen, verstehen sie sichheute ebenso als Urheber? Auch hier lohnt ein genauerer Blick. Es gibt bereitsKreative, die eintrgliche Gesch tsmodelle jenseits des Urheberrechts entwi-ckeln, whrend ihre Mehrzahl, in Erinnerung an Heinrich Blls Rede Vom Endeder Bescheidenheit 1969 vor dem Schri tstellerverband, die Beteiligung derUrheber an den im Internet erwirtscha teten Gewinnen verlangen und hierzu

    den Weg einer Anpassung des Urhebervertragsrechts einschlagen wollen.Die Debatte ber die Ermglichung einer reien Kultur r aktive Nutzer,verstehen sie sich nun als Kreative oder Urheber, hlt an. Einstweilen ver olgtdie Europische Kommission eher das Ziel, die privatwirtscha tliche Kontrolledurch Manahmen zum Copyright En orcement zu strken, die Freie-Kultur-Bewegung als Piraterie zu bekmp en und die Forderungen au Beteiligung derUrheber oder Kreativen an der Wertschp ung zu ignorieren. Wie die Bll-Ta-gung Enteignung oder In otopia? Google Books und die Zukun t des Wissensim Oktober 2009 unterstrich, machen etwa verwaiste Werke, r die es keinen

    Markt, unter Umstnden aber Bedar r kreative Nutzung gibt, nur allzu deutlich,dass wir rmer wrden, behielten die private Kontrolle und die kommerzielleNutzung das letzte Wort. Bleibt abzuwarten, ob sich Piraterie demgegenber alseine periphere Strategie zur Frderung einer reien Kultur erweist oder aber alsLobpreis einer Kultur der Schnppchenjger.

    Egal, ob der Anspruch au Urheberscha t erhoben wird oder nicht: Zu denFairnessregeln der kreativen Kultur gehrt der Dank an diejenigen, denen dasProdukt sein Erscheinen verdankt. Herzlichen Dank also an Chris Piallat, zurZeit Heinrich-Bll-Sti tung, und Philipp Otto von iRights.in o, die diesen Reader

    redaktionell betreut und er olgreich zur Publikation gebracht haben.

    Berlin, im April 2010

    Dr. Andreas PoltermannLeiter der Abteilung Politische Bildung Inland Heinrich-Bll-Sti tung

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    JaN eNgelMaNN uNd MatthiaS SpielKaMp

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    Das geltende Urheberrechtsregime reibt sich zunehmend an der digitalen Alltagswirklichkeit. Whrend es ursprnglich als ein au den genialenSchp er zugeschnittenes Schutzrecht gegen Missbrauch konzipiert war,verstoen wir, ob gewollt oder unbeabsichtigt, tglich gegen bestehendes Recht. Verlust reies Kopieren gilt den einen als Zugewinn an Freiheit, den

    anderen als Einschrnkung von knstlerischer Ver gungsgewalt und drohender Einnahmenverlust. Ein Ende der Copyright Wars er ordert ein politisches und rechtstheoretisches Neudenken.

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    Knapp 400 Jahre, bevor ein mexikanischer Schwanzlurch den deutschen Litera-turbetrieb in Wallung brachte, ritt ein verarmter Landadliger durch die kastili-

    sche Hochebene. Sein Schp er, der gerichtsnotorische Miguel de Cervantes,prsentiert ihn als verirrte Seele, dem die exzessive Lektre von Ritterromanenden Verstand vernebelt hat. Mit unseren heutigen Begri en wrden wir DonQuijote wohl als Op er des hohen Datenau kommens oder einen Geschdigtenvon virtuellen Rollenspielen ansehen.

    Nicht nur seine literarische Figur, auch Cervantes selbst hatte die Konse-quenzen seiner Einbildungskra t zu tragen: Kurz nach Erscheinen des erstenTeils des Romans El ingenioso hidalgo Don Quijote de la Mancha (1605) olgtenetliche Raubdrucke. Das war damals nichts Ungewhnliches, da Verlage noch

    nicht als Rechteinhaber im heutigen Sinne in die Verwertungskette eingri enund die Drucker ihr technologisches Monopol weidlich auszunutzen verstanden.Der kommerzielle Er olg des Don Quijote rie allerdings auch andere Trittbrett-

    ahrer au den Plan: Eine apokryphe Fortsetzung durch einen gewissen AlonsoFernndez de Avellaneda, die 1614 in Umlau kam, beschleunigte die Fertigstel-lung des zweiten Bandes (1615) durch Cervantes selbst. Wie der Plagiierte darinau seinen Plagiator reagiert, sagt viel darber aus, wie das System der literari-schen entlichkeit vor der Epoche des Urheberrechts unktionierte.

    In seinem Prolog an den Leser versichert Cervantes, keinerlei Scheltworte,

    Zank und Schmhen gegen den Ver asser der ungenehmigten Fortsetzung gebrauchen zu wollen. Im brigen wisse er recht gut, was die Versuchungendes Teu els sind, und dass eine der grten die ist, es einem Menschen in den

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    Kop zu setzen, er knne ein Buch schreiben und drucken lassen, mit welchemer ebensoviel Ruhm als Geld und ebensoviel Geld als Ruhm gewnne. Zugleichversieht er seinen Text mit einer Art Echtheitszertifkat und bekr tigt, dassdieser zweite Teil des Don Quixote , den ich dir jetzt bergebe, von dem nmli-chen Knstler und aus dem nmlichen Zeuge wie der erste gearbeitet sei und ichdir hiermit den Don Quixote bergebe, vermehrt und endlich tot und begraben,damit keiner es ber sich nehme, neue Zeugnisse seinetwegen herbeizu-bringen.

    Im Verlau e der Romanhandlung begegnet Don Quijote zahlreichen Figuren,die von sich behaupten, sowohl Cervantes ersten Teil als auch AvellanedasRip-o schon gelesen zu haben, und nun dem Protagonisten der legitimenFortsetzung seine Authentizitt attestieren. Nicht selten geschieht dies unterhmischen Querverweisen au das Plagiat, und Cervantes nutzt jede Gelegen-heit, dem Nachahmer dessen vermeintlich schlechtere Lsungen bei der Ent al-

    tung des Plots unter die Nase zu reiben. Dadurch verlngert sich das in derRomanhandlung angelegte Vexierspiel zwischen Wirklichkeit und Fiktion bisins Unendliche. Im 62. Kapitel wird der Ritter von der traurigen Gestalt in einerDruckerei in Barcelona sogar Zeuge, wie das Buch Avellanedas korrigiert wird.Ein in der Literaturgeschichte wohl einmaliges Hase-und-Igel-Rennen gert zumironischen Kommentar ber Autorscha t im Manuskript-Zeitalter.

    Cervantes hrt mit seinem Don Quijote vor, wie im 17. Jahrhundert daseinstmals lockere Verhltnis zu Varianten und Umarbeitungen von Sto enallmhlich einem robusteren Verstndnis von Autorscha t und damit einher-

    gehenden Ansprchen (au fnanzielles und symbolisches Kapital) zu weichenbeginnt. Und gerade weil dem Urheber Cervantes r die Absicherung seiner Werkherrscha t keine anderen Sanktionen zur Ver gung stehen, wertet er denliterarischen Diebstahl zum auktorialen Spiel mit intertextuellen Verweisen um. Aus der vermeintlichen Schwche des Systems wird so eine Strke der Kunst:Cervantes ver asst in souverner Manier eine Art literarische Unterlassungs-klage, und die selbstre erenzielle Verhandlung seines eigenen Falls macht denDon Quijote zum ersten Grndungstext der literarischen Moderne.

    l s S sDie Vorstellung von geistigem Eigentum, die untrennbar an die Geniesthetik der Goethe-Zeit geknp t ist, hat Konkurrenzen wie jene zwischen Cervantesund Avellaneda zur Regel gemacht. Heute sind Urheberrechtsverletzungenschlicht justiziabel. Literarischer Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt mehr, dasvon der literarischen entlichkeit als Gesellscha tsspiel goutiert wrde,sondern besch tigt Autoren, Erbengemeinscha ten und Anwaltskanzleien.Dabei hat die jedem Internetbenutzer gegebene Mglichkeit zum Cut & Paste

    die Hemmschwellen zum Verbreiten und Umarbeiten remder Werke enormgesenkt. Den Kulturwissenscha tler Philipp Theisohn verwundert es nicht, dassdas Netz aus Sicht der buchgesttzten Literaturproduktion vorwiegend als ein

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    plagiarischer Raum wahrgenommen wird, als eine Sphre, in welcher der Autorals die Person, zu welcher er sich seit der Er indung des Buchdrucks allmhlichentwickelt hatte, systematisch entrechtet, enteignet, au gelst wird.

    Wie Jeannette Hofmann in ihrem Beitrag hervorhebt, ist die Logik desurheberrechtlichen Weltbildes eng an einen dogmatischen Diskurs geknp t.Dies mache es schwierig, die technologischen Mglichkeiten der digitalen ramit der engen Schp er-Werk-Beziehung aus dem 18. Jahrhundert zur Deckung zu bringen. Dieser unau gelste Widerspruch von tradierten Denk- und Rechts-fguren und der x- achen Verste gegen ebendiese, er ordere die Abkehr vonklassischen Kategorien und die Hinwendung zu neuen.

    Fr die (zumeist jngeren) Protagonisten einer o enen Netzkultur hat sichmit dem Web 2.0 eine Utopie realisiert der schnelle Austausch von Daten undIn ormationen weitgehend ohne Teilnahmebarrieren und mit selbst defniertenFreiheiten. In dieser Perspektive ist das Beharren au eine singulre Urheber-

    scha t, aus der sich bestimmte Ver gungsrechte ableiten, tendenziell unzeit-gem, weil es an den Realitten sozialer Austauschprozesse im Internet vorbei-geht. Selbst ein Bestsellerautor wie Jonathan Lethem kritisiert die Haltung vielerSchri tstellerkollegen, die das Copyright als ihr Geburtsrecht und Bollwerk, alsden Nhrboden r ihre unendlich ragilen Praktiken in einer raubgierigen Weltansehen.

    Verschiedentlich ist schon als Kulturkamp bezeichnet worden, was sichgegenwrtig zwischen den Ver echtern des geltenden Urheberrechtsregimessowie den Be rwortern von dessen Abscha ung, zumindest Re ormierung,

    abspielt. Wie unsicher die Bewertungsmastbe innerhalb der medienhisto-rischen bergangsphase des 21. Jahrhunderts immer noch sind, zeigte nichtzuletzt die Meta-Debatte um Helene Hegemanns Axolotl Roadkill . Zwar konnteHegemann, zum Zeitpunkt der Ab assung bzw. Kompilation des Textes erst 17Jahre alt, einen gewissen Welpenschutz r sich beanspruchen, weil sie als digital native geistiges Eigentum im Grunde als kontra aktische Bestimmung jenseitsihrer Lebenswirklichkeit ansah. Aber die gelassene Selbstverstndlichkeit, mitder sie dem Plagiatsvorwur zunchst begegnete, wirkte wie Schmierl r dieMechanik der eingespielten Skandal-konomie.

    Als ihre nicht ausgewiesene Einlagerung von remden Textpartikeln in Axolotl Roadkill au og, kam es zu einer bemerkenswerten Arbeitsteilung zwischen Verlag und Autorin. Whrend Ullstein sich so ort um die nachtrg-liche Einholung von Abdruckgenehmigungen bemhte, beharrte Hegemann ineinem inzwischen schon legendren Statement au der Ablsung von diesemganzen Urheberrechtsexzess. Zwar gestand sie ein, sich aus remden Quellen(u. a. Blogs) bedient zu haben, recht ertigte das Text-Sampling aber als adquatesthetische Ver ahrensweise: Originalitt gibts sowieso nicht, nur Echtheit. Wo kein Original, da kein Plagiat au der Basis dieser Gleichung stritt das

    gesamte deutsche Feuilleton im Frhjahr 2010 ber die Legitimitt klassischmoderner Ver ahren (Pastiche, Collage, Montage) im Kontext digitaler Medien ohne sich au ein abschlieendes Urteil verstndigen zu knnen. Als gar eine

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    Ehrung Hegemanns mit dem Leipziger Buchpreis mglich erschien, sah sich der Verband Deutscher Schri tsteller zur Leipziger Erklrung zum Schutz geistigenEigentums gentigt, in der er unmissverstndlich klar stellte: Missachtung, Aushhlung und str iche Verletzung des Urheberrechts hrt zur Entwertung, Au gabe und schlielich zum Verlust jedweder eigenstndigen intellektuellenund knstlerischen Leistung.

    Dass eine solche Bekr tigung des rechtlichen Status quo berhaupt ntigtist, verstrkt den Eindruck, dass knapp vier Jahrzehnte nach Roland Barthesphilosophischem Todessto r den Autor auch das Urheberpersnlichkeitsrecht(Droit dAuteur) nur noch eine Art untotes Dasein ristet. Zentrale urheber-rechtliche Begri e wie Schp ungshhe bedr en der stndigen juristischenNeuauslegung, Plagiatsverdachtsmomente bei besonders gut lau enden Buchti-teln sind schon ast die Regel. Doch zu sagen, dass der Kaiser nackt ist, bleibtallein einem Teenager vorbehalten, dessen mangelndes Rechtsbewusstsein mit

    zum Teil sehr originellen Metaphern kompensiert wird. So wirkt die pikareskeHelene Hegemann, die sich laut eigener Aussage als Untermieter im eigenenKop hlt, ast wie eine postheroische Wiedergngerin des Don Quijote.

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    Der Kaiser besa einstmals einen Thron. Von dort ordnete er die Verhlt-nisse, nach denen Knstler ihre Werke in die entlichkeit trugen. Ton olgen,akustisch gespeichert und au physische Trgermedien gepresst, bilden das

    jahrzehntelang gltige Gesch tsmodell der Musikindustrie. Ein eigenes Schutz-recht r Studioau nahmen verbietet deren unerlaubte Verwertung durch Dritte,er olgreiche Chartbreaker sorgen r die Quersubventionierung ho nungs-voller Nachwuchsknstler, Einnahmeaus lle durch Privatkopien werden durchzustzliche Abgaben au Leermedien und Gerte ausgeglichen.

    Heute ist es der Knig Kunde, der eine neue Sitzverteilung ordert. DasKompressions ormat MP3, in den achtziger Jahren durch das Fraunho er Institutentwickelt, hat einen Siegeszug trgerloser Musik begrndet, der das einge-spielte System von kanalisiertem Angebot und Nach rage komplett ins Wanken

    gebracht hat. Seitdem Musikdateien ber Peer-to-Peer-Filesharing (und o tohne Genehmigung der Rechteinhaber) getauscht werden knnen, verzeichnenPlattenfrmen herbe Umsatzrckgnge. Die rapide Verbreitung von Musik via Tauschbrsen und Upload-Platt ormen zeigt in aller Unerbittlichkeit au ,dass technologischer Wandel immer auch die kreative Zerstrung existenterMrkte nach sich zieht. Mit restriktiven Manahmen wie Digital Rights Manage-ment, wodurch gekau te CDs au den heimischen Computern nicht mehr lie en,verprellte die Musikindustrie noch die letzten gutwilligen Kunden. Eine ganzeBranche leidet seitdem unter Liebesentzug und wartet au den weien Ritter.

    Der Musikmanager Tim Renner vergleicht die gegenwrtige Situation mit jener zwischen den Weltkriegen, als das au kommende Radio von den groenMedienkonzernen als ge hrliche Konkurrenz angesehen wurde. Angesichts der

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    Digitalisierung musikalischer Inhalte, so Renner in seinem Beitrag, stellen sichheute eigentlich ganz hnliche Heraus orderungen: Nur ein politisch orcierterKontrahierungszwang zwischen Urheber- und Leistungsschutzrechtinhabernau der einen Seite sowie Technologieunternehmen und Anbietern von Interne-tanschlssen au der anderen knne beim Marktversagen in der Musikbranche Abhil e scha en.

    Die Zeichen der Zeit weisen gegenwrtig jedoch nicht in die Richtung einerEntwicklung innovativer Marktmodelle. Schon eher ist eine Erhhung des stra -rechtlichen Drucks gegenber illegalen Nutzungs ormen zu beobachten. Das

    ranzsische Modell der Three-Strikes-Out, das nach zweimaliger Abmahnung eine Kappung des Internetanschlusses vorsieht, wird auch anderen Lndern zurNachahmung emp ohlen. In Deutschland, wo das Bundesver assungsgericht imMrz 2010 die bisherige Praxis der Vorratsdatenspeicherung r ver assungs- widrig erklrte, zeichnet sich noch keine konsistente Linie bei der Ver olgung

    von Urheberrechtsverletzungen ab. Unklar bleibt insbesondere die europischeHaltung beim internationalen Anti-Piraterie-Abkommen ACTA (Anti-Counter ei-ting Trade Agreement), das das bereinkommen ber handelsbezogene Aspekteder Rechte am geistigen Einkommen (TRIPS) ergnzen und bis Ende des Jahresbeschluss hig sein soll. Beobachter kritisieren seit langem die Intransparenz derlau enden Verhandlungsrunden, nur wenig Konkretes sickert an die entlich-keit. Fr den vorliegenden Reader hat Monika Emert sich die Mhe gemacht,den wohl richtungweisenden Netzregulierungs-Pakt der hrenden Industriena-tionen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

    Whrend es den Content-Industrien in den letzten Jahren vor allem um die Wahrung ihrer abgeleiteten Rechte an Werken ging, taten sich viele Knstlerimmer strker durch einen experimentellen Umgang mit dem Urheberrechthervor. Angelehnt an die Zitatkultur im Hip-Hop, stellten musikalische Hybrid-bildungen von z. B. DJ Danger Mouse ( Grey Album) oder Girl Talk ( Night Ripper )sowie unzhlige illegale Mashups au den lokalen Dance oors und globalenPlatt ormen wie YouTube eindrucksvoll die Formenviel alt der Popkultur heraus.ber den sthetischen Ansatz, das musikalische Archiv r kreative Neuschp-

    ungen zu gebrauchen, wurde seitdem immer wieder, auch vor Gericht, gestritten.

    Schnell rckte die Frage, inwieweit die juristischen Copyright Wars nicht auchdie knstlerische Evolution behindern, in den Fokus der Debatten.Der Dirigent und Konzeptmusiker Christian von Borries hlt die Unterschei-

    dung zwischen Original und Bearbeitung in der Musik r obsolet. Er bedient sicheiner speziellen So tware, die remde Kompositionen in Partituren rckbersetztund als Weiterbearbeitung au hrbar macht. So wurden in der documenta-Ar-beit Au einmal & gleichzeitig. Eine Machbarkeitsstudie unter anderem Versatz-stcke von Proko jew, Schostakowitsch, Pierre Boulez, John Adams und Kanye West verwurstet. Dieses musikalische Gangstertum, so Borries, sei als legitime

    Form der Aneignung tie in der Musikgeschichte verankert. Auch die Knstlerin Cornelia Sollfrank pldiert in ihrem Beitrag r einen

    Diskurs der knstlerischen Strung von Originalitts- und Autorscha tskon-

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    zepten. Was das konkret bedeutet, stellte Soll rank in dem AusstellungsprojektLegal Perspectives unter Beweis. Dort mnzte sie den juristischen Eiertanz umeine digitale Warhol-Appropriation ein ach in einen Kommentar zur Urheber-rechtsdebatte um.

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    Je Bezos, der mit seinem Amazon-Buchladen nicht nur den klassischenBuchhandel an die Wand drckt und selbst groen Verlagen seine Bedingungendiktieren kann, gibt sich abgezockt und vorausschauend. Au lange Sicht,sagte er dem Wall Street Journal , werden Bcher au elektronischen Gertengelesen werden. Physische Bcher verschwnden nicht, so wie P erde nichtverschwunden seien nach der Er indung des Automobils. Aber es gebe keinenBestandsschutz r Technologien. Au den Einwand, dass viele Leser aber doch

    an den taktilen, den assbaren Eigenscha ten ihrer Bcher hingen, entgegneteBezos: Ich bin mir sicher, Menschen lieben auch ihre P erde. Aber sie werdennicht au ihrem P erd zur Arbeit reiten, nur weil sie ihr P erd lieben. Es ist unsere Au gabe, etwas Besseres zu entwickeln als ein physisches Buch.

    Doch ber eine Eigenscha t dieses Besseren spricht Bezos ungern, und mitihm viele Unternehmer, die mit digitalen Inhalten Geld verdienen: den Wandelvom Eigentum zur Lizenzierung. Wer sich ein elektronisches Buch au den Kindleldt, der kau t nur noch in An hrungszeichen. Denn an einem unkrperli-chen Werkstck, wie so ein E-Book, ein MP3, ein Film aus der Online-Videothek

    in schillernder Juristenprosa heit, erwirbt der Nutzer kein Eigentum. Sondern ererwirbt den Zugang zu einem Werkstck durch eine Lizenz, die ihm die Nutzung des Werks ermglicht. Das mussten einige Besitzer des Kindle-Lesegerts im Juli2009 schmerzlich er ahren, als von einer Sekunde zur nchsten ausgerechnetGeorge Orwells 1984 von ihren Kindles verschwand. Amazon hatte sie gelscht, wozu die Firma in der Lage war, weil sie niemals die Kontrolle ber die Gerteau gibt, r die Kunden 250 Euro und mehr au den Tisch legen.

    Amazon ist kein Einzel all, worau auchCory Doctorow , er olgreicherScience-Fiction-Autor und Kmp er gegen jede Art von Nutzer-Knebelung, in

    diesem Reader hinweist. Apples iTunes Music Store, inzwischen nicht mehrnur von der Musikbranche, sondern auch von der Filmwirtscha t und nunsogar von den Presseverlagen geradezu als Heilsbringer verehrte Online-One-Stop-Shop, in dem alles gekau t werden kann, was sich nicht an assen lsst, istvom gleichen Schlag. Dass seine Gesch tsbedingungen gegen deutsches Rechtverstoen, ist so gut wie sicher, doch der Prozess, den die Verbraucherzentralenin Deutschland gegen Apple hren, dauert Jahre, kostet einen Hau en Geld undRessourcen. Wenn er abgeschlossen sein wird, warten die Bedingungen einigerTausend anderer Angebote, von Social Networks bis zu E-Mail-Providern. Den

    Augiasstall auszumisten, muss im Vergleich dazu ein Traumjob sein.

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    Die Politik hlt mit diesen Vernderungen des Marktes und der Gesch tsmo-delle nicht Schritt. Doch ist der Grund da r nicht die natrliche Verlangsamung im demokratischen Prozedere, bei der der Gesetzgeber der technischen Entwick-lung hinterherhinkt. Die sogenannte kooperative Gesetzgebung, mit der dasBundesjustizministerium versprochen hatte, die Interessenvertreter der Urheber,der Verbraucher und der Wirtscha t direkt in den Gesetzesvorbereitungsprozesseinzubinden, stellt sich nach beinahe zehn Jahren dar als die Mglichkeit, den Wnschen der Verwertungsindustrie noch mehr Gewicht zu geben. Die Inter-essen der entlichkeit, der Wissenscha t und der Urheber selbst wurden diesen wiederholt untergeordnet.

    Ein Leistungsschutzrecht r Presseverlage, das nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition in dieser Legislaturperiode kommen soll, ohne dass vorher auch

    nur evaluiert worden wre, (a) welches Problem es lsen soll, (b) ob es diesesProblem lsen kann und (c) zu welchen Kosten r die Allgemeinheit es das tun wrde, ist nur das jngste in einer Reihe von Beispielen. Ilja Braun wundert sichin seinem Beitrag zum Leistungsschutzrecht ber die Chuzpe, mit welcher derContent-Klau von Web-Portalen und News-Aggregatoren angeprangert wird.

    Robin Meyer-Lucht verortet die Diskussion um das Leistungsschutzrechtim Kontext einer Rollenkrise des klassischen Journalismus. Dieser habe denParadigmenwechsel durch die neuen Player im Web 2.0 im Grunde immer nochnicht richtig verstanden.

    Wenn die gemeinsame Wertschp ung im Internet (etwa au Wikipedia, inSocial Networks oder au Blogs) ein wichtiger Indikator da r ist, dass wir unsmit Hil e der Technik dem Ideal einer o eneren Kultur anzunhern beginnen,dann ist es zwei elsohne notwendig, r die Zukun t rechtliche Vereinbarungenund zentrale Regularien zu entwickeln. Die Lsung, da ist sich der amerikanische Ver assungsrechtler und Harvard-Pro essor Lawrence Lessig in seinem Beitrag sicher, knne jedoch nicht darin bestehen, die juristische Komplexitt bei dengeistigen Eigentumsrechten zu erhhen. Anhand der Lizenzierungsproblematik bei Dokumentarflmen und der Google-Buchsuche zeigt er anschaulich, wie

    etwa die Verlngerung von Schutz risten und die Erschwernis von entlicherNutzung in letzter Konsequenz zu einer Verarmung unseres kulturellen Erbeshren knnen. Zumindest eine Antwort au die verwerterzentrierte Haltung der

    Politik kann sein, das He t selbst in die Hand zu nehmen, wie es beispielsweiseUrheber mit den von Lessig mitentwickelten Creative-Commons-Lizenzen tunknnen. Die attraktiven Wahlmglichkeiten r die Urheber im Umgang mitihren eigenen Werken durch den Lizenzbaukasten Creative Commons beschreibtJohn Hendrik Weitzmann .

    Doch so wichtig diese Anstze einer Selbstorganisation sind, so wenig werden

    sie tie er liegende Probleme lsen, wie die undamentalen Vernderungen im Verhltnis von Verwertern au der einen, Urhebern und Verbrauchern au deranderen Seite. Dass man darum beim Urheberrecht einen viel strkeren Fokus

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    au den Nutzerschutz legen msste, begrndet der Rechtswissenscha tler GerdHansen in seinem Beitrag.

    Und Till Kreutzer , Mitbegrnder von iRights.in o, schlgt weitreichendeRegelungsalternativen vor, mit denen sich der gordische Knoten durchschlagenliee, in dem vor allem die gegenstzlichen Interessen der Urheber und Verwerterverwickelt sind.

    Ilja Braun blickt demgegenber au die Empirie der bisherigen Re ormbe-mhungen und problematisiert angesichts der herrschenden Vergtungsregelndie mangelnde Verhandlungsmacht der Urheber.

    Nicht zuletzt wird die Idee einer Kultur atrate eine Pauschalvergtung digitaler Nutzungs ormen derzeit intensiv wie nie diskutiert. Wie die grneEuropaabgeordnete Helga Trpel und (gemeinsam mit Simon Edwin Dittrich )Malte Spitz , Mitglied im grnen Bundesvorstand, in ihren jeweiligen Beitrgendarlegen, wre ihr womglich zuzutrauen, einen Ausweg aus dem Dilemma zu

    bieten, das unweigerlich entsteht, wenn knstlerische Werke und kulturindust-rielle Produkte verlust- und nahezu kosten rei verviel ltigt werden knnen. Beiallen noch o enen Fragen der Ausgestaltung einer solchen Kultur atrate: Einezustzliche Abgabe au Breitbandabschlsse htte zumindest den Charme, Inter-netnutzer zu entkriminalisieren, die Justiz von Tausenden Bagatelldelikten zuentlasten sowie eine kompensatorische Vergtung der Urheber zu ermglichen.

    Wem diese Vorschlge zu radikal erscheinen, sei daran erinnert, dass eineRechtsordnung immer au der Anerkennung durch jene beruhen muss, derenLeben sie regulieren will. Schon jetzt verweigern Millionen von Menschen

    Tauschbrsennutzer, So tware-Kopierer, Mashup-Artisten der geltendenRechtsordnung ihre Zustimmung. Zehntausende haben das bei der letzten Wahlzum Ausdruck gebracht, indem sie ihr Kreuz bei einer Partei machten, die au dasOrange des revolutionren Au bruchs setzte. Ob die Lsungen, die die Piraten-partei vorschlgt, den Interessen der beteiligten Stakeholder gerecht werden, istmindestens umstritten. Der Pirat Jens Seipenbusch und der grne Netzpoli-tiker Jan Philipp Albrecht errtern in diesem Band ihre Gemeinsamkeiten undDi erenzen.

    Alles au An ang: Der mexikanische Schwanzlurch Axolotl ver gt, so erklrt

    es die Online-Enzyklopdie Wikipedia, ber eine erstaunliche Fhigkeit: Erkann Gliedmaen, Organe und sogar Teile des Gehirns und Herzens vollstndig regenerieren. Vielleicht sollten sich die Theoretiker und Praktiker des Urheber-rechts gerade an ihm ein Beispiel nehmen.

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    Das Urheberrecht regelt nicht nur die Nutzung von In ormationen und

    Kreationen, es prgt auch den Diskurs ber diese Regeln. Verknappungendurch Ausschlussrechte hren zu einer ehlgeleiteten kologie des Wissens.

    Das Recht spielt eine doppelte Rolle in der Regulierung von In ormation und Wissen. Es stellt nicht nur die Regeln r die Nutzung bzw. den Zugang zu Wissenbereit, sondern auch das Vokabular, das bis heute den entlichen Diskursber diese Regeln bestimmt. Das Urheberrecht, selbst Spiegel eines jahrhun-

    dertealten Gerangels um die soziale und inanzielle Anerkennung der verschie-denen Leistungen, die in die Entstehung eines Kulturguts eingehen, versorgt unszugleich mit einem Reservoir an Denk iguren und Metaphern, die den norma-tiven Rahmen abstecken, innerhalb dessen die Normen der Wissensregulierung debattiert werden. Grundlegend r das urheberrechtliche Narrativ (Mayer-Schnberger 2005) sind die Vorstellungen, dass sich kulturelle Werke einzelnenProduzent/innen zuordnen lassen und dass diese Schp er-Werk-Beziehung eigentumshnliche Ver gungsrechte begrndet. Dem wiederum liegt die Annahme zugrunde, dass In ormationsgter in hnlicher Weise eigentums hig

    sind wie materielle Dinge auch. Anwr e wie Piraterie, Diebstahl oder Textraubaktualisieren diese Eigentumsvorstellungen und laden sie moralisch au . Das widerrechtliche Kopieren einer DVD unterscheidet sich demnach in seinerTragweite nicht mehr von ihrer Entwendung.

    Selbst r Kritiker ist es mhsam bis unmglich, sich der Logik des urheber-rechtlichen Weltbildes zu entziehen. Der moralische Diskurs, der das beste-hende Urheberrecht wie einen Kokon umschliet, macht es auerordentlichschwer, gesellscha tliche Sympathien r Re ormberlegungen zu wecken, selbst wenn die Grnde r eine Neukonzipierung der Wissensregulierung au der

    Hand liegen. Das zentrale urheberrechtliche Privileg, au das sich wirtscha tliche Verwertungsmodelle blicherweise sttzen, besteht im Verviel ltigungsmonopoleines Werks (Litman 1996). Angesichts der Digitalisierung, die selbst das ch-

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    tige Anschauen eines Werks als Kopiervorgang organisiert, hat diese Regelung eine unerwartete Bedeutung gewonnen. Einerseits dehnt sich die Reichweite desUrheberrechts nun au alle Alltagshandlungen im Umgang mit digitalen In or-mationen aus, ironischerweise wird diese expandierende Regelungsreichweiteaber andererseits immer weniger respektiert. Die verbreitete Praxis des Filesha-ring* im Internet, der Total Buy-out-Vertrge* zwischen Verlagen und ihren Autorinnen oder das digitale Bibliotheksprojekt Google Books* sind aktuelleBeispiele da r, dass das Urheberrecht in seiner heutigen Form ins Abseits gertund Nutzerinnen wie auch Verwerter lngst alternative Lsungen entwickeln.

    Nicht einmal die nachlassende Regulierungswirkung des Urheberrechts hat jedoch seine Deutungshegemonie wirklich geschwcht. Entsprechend befndensich Re orminitiativen, so ern sie nicht au eine Strkung von Eigentumsrechtenabzielen, berwiegend in der moralischen De ensive. Im Raum steht jeweilsder Verdacht der Herzlosigkeit gegenber Kulturscha enden oder der Vorwur

    eines Angri s au den modernen Eigentumsbegri . Angesichts dieser Situationbesteht mein Pldoyer darin, nach alternativen Deutungsrahmen und Begri enzu suchen. Diese sollten in der Lage sein, dem in der Romantik des rhen 19.Jahrhunderts verwurzelten Weltbild des Urheberrechts die Stirn zu bieten undden intellektuellen Horizont r eine pragmatische Diskussion ber Regulie-rungsan orderungen in der In ormationsgesellscha t zu nen.

    Ein denkbarer Kandidat da r ist die konomische Theorie entlicher Gter.Obwohl sich die Wirtscha tswissenscha ten mit entlichen Gtern und spezielldem Problem der Bereitstellung von kulturellen Werken schon lange be assen,

    spielen diese berlegungen in der politischen Diskussion allen alls eine margi-nale Rolle. Ein Gewinn dieser Theorie liegt meiner Meinung nach darin, dass siedie gesellscha tlichen Kosten des Urheberrechts in schnster Klarheit au denBegri bringt: In dem Mae, in dem Eigentumsrechte er olgreich sind, hrensie zur Unternutzung von In ormation (Arrow 1962: 617). Aus wohl ahrtsko-nomischer Sicht ist die Beschrnkung des reien Zugangs zu entlichen Gterngleichbedeutend mit Verschwendung! In dieser Beobachtung liegt das unausge-schp te kritische Potenzial dieser Theorie.

    in rm n s n c s gDer Begri der entlichen Gter geht ursprnglich au eine Diskussion berdie Steuer inanzierung bestimmter Typen von Gtern zurck. Die Frage war, obGter intrinsische Eigenscha ten au weisen, die sie entweder r eine entlicheoder private Bereitstellung prdestinieren. entlich wren demnach solcheGter, die der Markt nicht oder nur in unzureichendem Um ang hervorbringt. Als klassische Beispiele r entliche Gter gelten saubere Lu t, Schulbildung,nationale Verteidigung oder auch der Leuchtturm.

    entliche Gter werden in der Regel durch zwei Eigenscha ten defniert.Das zentrale Merkmal besteht in der sogenannten Nichtrivalitt. Im Gegen-satz zur Mhre knnen Kulturwerke wie das Gedicht, die mathematische Formel

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    oder die Melodie von beliebig vielen Menschen genossen werden, ohne sichabzunutzen oder Substanz zu verlieren. konomen drcken diesen Sachverhaltin Form von Grenzkosten aus. Unabhngig davon, wie zeitau wendig und teueres sein mag, einen Leuchtturm zu bauen, einen Roman zu schreiben oder einemathematische Formel zu entwickeln, die Kosten r die anschlieende Verbrei-tung eines entlichen Guts tendieren gegen Null. Ein politisch relevantesBeispiel r dieses Ge lle Herstellungs- und Grenzkosten bilden Medikamente.Der Au wand r die Entwicklung, Pr ung und Lizenzierung pharmazeutischerProdukte ist zunehmend kapitalintensiv und erreicht durchschnittlich dreistel-lige Millionenbetrge. Die Reproduktionskosten eines einmal zugelassenenMedikaments sind im Vergleich dazu verschwindend gering.

    Eine zweite, weniger leicht ding est zu machende Eigenscha t entlicherGter besteht in der Nichtausschliebarkeit. Niemand kann vom Nutzeneines Feuerwerks, der Ozonschicht oder eben des besagten Leuchtturms ausge-

    schlossen werden, gleichgltig ob man sich an den an allenden Kosten da rbeteiligt oder nicht. entliche Gter stehen daher in dem Verdacht, Trittbrett-ahrere ekte zu erzeugen. Warum r etwas zahlen, dass auch umsonst zu haben

    ist?Der ursprnglichen Theorie zu olge sollte sich also aus den Eigenscha ten

    eines Gutes ableiten, ob eine staatliche oder eine privatwirtscha tliche Bereitstel-lung die berlegene Lsung darstellt. Leider erwies sich die Realitt als kompli-zierter. Eine Vielzahl von Artikeln zum exemplarischen Fall des Leuchtturmsergab erstens, dass die Eigenscha ten von entlichen Gtern nicht statisch

    sind, sondern sich durch rechtliche und technische Rahmenbedingungen vern-dern, und zweitens, dass die Unterscheidung zwischen entlichen und privatenGtern eher graduell als kategorial zu verstehen ist. Die Ersetzung des Leucht-

    euers durch ein elektronisches Signal ermglicht es etwa, die entsprechendeIn ormation zu verschlsseln und somit Schi e von der Nutzung auszuschlieen.Das einstmals klassische entliche Gut ist au grund des technischen Wandelszum unreinen entlichen Gut geworden und ein kommerzieller Betrieb vonLeuchttrmen ist nun machbar.

    Die meisten Gter sind olglich nicht entlich oder privat, sie bewegen

    sich vielmehr au einem Spektrum zwischen zwei Polen. Dies ist vor allem au die zweite Eigenscha t, die Nichtausschliebarkeit, zurckzu hren. Die Recht-setzung beein usst die Position eines Guts au diesem Spektrum zwar, aber siebestimmt diese nicht vollstndig. So bleibt es leichter, Dritte an der Nutzung eines Fahrrads zu hindern, als sie von der nationalen Verteidigung auszu-schlieen, wie Drahos (2004: 324) eststellt. Wie privat oder entlich ein Gut istund olglich, ob Aussichten darau bestehen, dass es in hinreichendem Um ang durch den Markt angeboten wird, hngt also nicht allein von der Bescha enheitdes Gegenstandes ab, sondern auch von den politisch-rechtlichen Rahmenbe-

    dingungen. Das aber heit: Wie privat oder entlich In ormationsgter sind, isteine politische Entscheidung.

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    In ormation und Wissen gelten als Inbegri des entlichen Guts. Wissen nimmtdurch Nutzung nicht ab, und es ist aktisch unmglich, die Ausbreitung voneinmal in Umlau gebrachten In ormationen zu verhindern. Im Prinzip solltesich also mit In ormationen kein Geld verdienen lassen. Zur Vermeidung einesMarktversagen bieten sich David (2003) zu olge drei idealtypische Lsungen an:1. Der Staat produziert selbst und stellt die Resultate kostenlos zur Ver gung (Beispiel Statistisches Bundesamt); 2. der Staat erwirbt In ormationsgter vermit-tels entlicher Bescha ung (Beispiel Imp sto e oder Au trags orschung); 3. derStaat scha t rechtliche Rahmenbedingungen, die das entliche Gut In orma-tion ein wenig privater werden lassen und eine kommerzielle Verwertung pro i-tabel machen. In dieser dritten Lsung besteht die Leistung des Urheberrechts.Es versieht entliche Gter mit eigentums rmigen Ausschlussrechten, in dem

    es ein (temporres) Verwertungsmonopol errichtet.Dieses Verwertungsmonopol wendet sich gegen eine reie Nutzung und Verviel ltigung, aber es errichtet zugleich Marktmacht zugunsten der Rechts-inhaber, indem es ihnen ermglicht, In ormationsgter ber ihren Reproduk-tionskosten anzubieten zum Nachteil der Konsumenten (Fink 2009: 5). DerMonopolist, so auch David und Foray (2003: 39), legt den Preis oberhalb dervernachlssigbaren Verviel ltigungskosten est mit der Konsequenz, dass dieZahl der potenziellen Nutzer eines In ormationsguts begrenzt wird. Das Resultatbesteht in der systematischen Unternutzung von In ormationsgtern: Menschen

    werden vom Zugang ausgeschlossen, obwohl diese Nutzung keine hherenKosten verursachen wrde. So lange es nichts kostet, zustzliche Menschen zuversorgen, ist es ine fzient, irgendjemanden auszuschlieen, so assen Malkinund Wildavsky (1991: 365) die wohl ahrtskonomische Au assung zusammen.

    Unter dem Gesichtspunkt einer mglichst e fzienten Ressourcenverteilung besehen, handelt es sich beim In ormationsgtermarkt in der Tat um einenFall eklatanter Verschwendung. Es werden weniger Menschen mit einem Gutversorgt, als unter gegebenen Kosten mglich wre. Ein Beispiel r die gesell-scha tlichen Folgen dieser Ine fzienz besteht in der medizinischen Unterversor-

    gung in armen Lndern und in Zukun t mglicherweise auch einkommens-schwacher Bevlkerungsgruppen in den Industriestaaten. Aus gesamtgesell-scha tlicher Perspektive bestnde die e fzienteste Lsung demgegenber darin,wenn diejenigen, die In ormation besitzen, diese umsonst weitergeben wrden oder zumindest zu dem Preis, den es kostet, diese zu kommunizieren (Benkler2006: 37).

    Die durch das Urheberrecht verursachte Verschwendung von Ressourcen wird zustzlich verstrkt durch den Umstand, dass In ormationsgter ebennicht nur Konsumobjekte sind, sondern zugleich Produktions aktoren, also die

    Grundlage r neues Wissen bilden. Wissen ist kumulativ, und Eigentumsrechtebehindern die kollektive Wissenserzeugung, weil das zirkulierende Wissen von

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    Dritten nicht beliebig erweitert, kommentiert und rekombiniert werden kann(David und Foray 2003: 19).

    Fazit: Die Theorie der entlichen Gter rckt die wohl ahrtsstaatlichenImplikationen des Urheberrechts in den Mittelpunkt. Den Ausgangspunkt bildetdabei die Annahme, dass Ausschlussrechte, wie sie das Urheberrecht verleiht,nicht alternativlos sind. Die Herstellung von In ormationsgtern muss nichtzwangslufg durch Mrkte er olgen, und sie muss auch nicht automatisch Eigen-tumsrechte nach sich ziehen. Andere Kompensations ormen sind denkbar. Indiesem Sinne emanzipiert sich die Theorie entlicher Gter von der geistigenund moralischen Eng hrung des urheberechtlichen Diskurses. Wichtiger noch,es gelingt ihr, den Preis, den wir r die eigentums rmige Regulierung von Wissen zahlen, au den Begri zu bringen: ortlau ende Verschwendung.

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    Arrow, K. J. (1962): Economic Wel are and the Allocation o Resources or Invention,The Rate and Direction o Inventive Activity: Economic and Social Factors , National Bureau o Economic Research, S. 609-626.

    Benkler, Yochai (2006):The Wealth o Networks: How Social Production Trans orms Markets and Freedom, New Haven, Yale University Press.

    David, P. A. (2003):Koyaanisquatsi in Cyberspace , Stan ord, Stan ord Institute For EconomicPolicy Research.

    David, Paul A. and Dominique Foray (2003): Economic Fundamentals o the KnowledgeSociety,Policy Futures in Education 1(1), S. 20-49.

    David, Paul A. and Dominique Foray (2002): An introduction to the economy o the knowledge

    society, International Social Science Journal (NWISSJ) 54(171), S. 9-23.Drahos, Peter (2004): The Regulation o Public Goods, Journal o International Economic Law 7(2), S 321-339.

    Fink, C. (2009): En orcing Intellectual Property Rights: An Economic Perspective Advisory Committee on En orcement , Fith Session, Geneva, WIPO.

    Litman, Jessica (1996), Revising Copyright or the In ormation Age,Oregan Law Review 19.Malkin, Jesse and Aaron Wildavsky (1991): Why the Traditional Distinction between Public

    and Private Goods Should be Abandoned, Journal o Theoretical Politics 3(4), S. 355-378.Mayer-Schnberger, Viktor (2005): In Search o the Story: Narratives o Intellectual Property,

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    Wir sind gerade dabei, jeden Zugri au unsere Kultur zu einem Fall

    rechtlicher Reglementierung zu machen zugunsten von Anwlten und Lizenzen, aber mit Sicherheit zu Lasten auch ziemlich populrer Werke. Mit anderen Worten: Wir sind dabei, einen katastrophalen kulturellenFehler zu begehen.

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    Zu Beginn des Jahres 2002 beschloss die Filmemacherin Grace Guggenheim

    Tochter des verstorbenen Charles Guggenheim, eines der bedeutendstenDokumentaristen der Vereinigten Staaten, und Schwester des FilmemachersDavis Guggenheim, der An Inconvenient Truth gedreht hatte etwas zu tun, dasden meisten von uns als vllig selbstverstndlich erscheinen wrde. Mehr als100 Dokumentar ilme hatte ihr Vater als Produzent bzw. Regisseur hinterlassen.Einige davon waren ziemlich berhmt ( Nine rom Little Rock ), andere kannteman, ohne zu wissen, dass sie von ihm waren ( Monument to a Dream etwa, dervon der Entstehung der St. Louis Arch handelt). Wieder andere waren in Verges-senheit geraten, obwohl sie r das Verstndnis der Geschichte der Vereinigten

    Staaten im 20. Jahrhundert auerordentlich bedeutsam sind ( A Time or Justice ).Und weitere sind ganz ein ach groartig ( D-Day Remembered ). Als Kuratorinseines Werkes hatte Grace Guggenheim beschlossen, die Sammlung zu restau-rieren und komplett au DVD ver gbar zu machen der sich damals etablie-renden neuen Platt orm r Filme.

    Ihrem Vorhaben standen zwei Schwierigkeiten im Wege, eine naheliegendeund eine ungeahnte. Die naheliegende Schwierigkeit war technischer Art undbestand darin, Filme aus einem Zeitraum von 50 Jahren zusammenzubringenund zu digitalisieren. Die ungeahnte Schwierigkeit war juristischer Natur: Rechts-

    ragen mussten geklrt werden, um das Scha en ihres Vaters au der neuenPlatt orm vertreiben zu knnen. Viele werden sich verwundert ragen, welcheRechts ragen es denn au wir t, wenn ein Kind das Lebenswerk des eigenen

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    Vaters wiederherstellt. Wenn wir beschlieen, dem alten Schreibtisch unseresGrovaters einen neuen Anstrich zu geben, ihn einem Nachbarn zu verkau en,als Werkbank zu nutzen oder als Kchentisch zu verwenden, wrde letztlichauch niemand au die Idee kommen, erst einmal einen Anwalt zu konsultieren.Das Eigentum allerdings, das Grace Guggenheim kuratiert, ist von besonderer Art es ist urheberrechtlich geschtzt.

    Ich be rchte, nahezu kein Filmemacher hat auch nur eine Sekunde darbernachgedacht, wie seltsam diese Zitiererlaubnis ist. Bentigt denn ein Autorgrnes Licht seitens der New York Times , wenn er in einem Buch ber die Weltwirtscha tskrise aus einem Zeitungsartikel zitiert? Ja, bedar jemand derZustimmung eines anderen, wenn er entliche Verlautbarungen zitiert, vor allenDingen wenn es sich dabei um eine Arbeit handelt, die diese Verlautbarungenthematisiert? blicherweise wrde man denken, diese Verwendungsweise wre air use (angemessene Vergtung, hnlich der deutschen Schrankenbestim-

    mung*), zumindest den Regeln des Copyrights* nach. Die meisten Dokumen-tarflmer aber in Wirklichkeit die meisten Filmemacher haben nicht die Absicht, sich durch das Dickicht und die Unwgbarkeiten einer Doktrin wie dem air use durchzuarbeiten. Stattdessen erklren sie sich mit Lizenzen einver-standen, welche die Nutzungsrechte exklusiv, wie typischerweise behauptet wird der Zitate im Film regeln. Somit wrde die Lizenz den Lizenznehmer z. B.darau verp ichten, die Lizenz als alleinige Rechtsquelle der Nutzung des Filmsanzusehen (was kein air use wre). Zugleich wrde sie Um ang und Bedin-gungen des Rechts estschreiben: Nutzungsrecht r die Dauer von n Jahren,

    Vertrieb in Nordamerika, r Bildungszwecke.Diese Vereinbarung bedeutet, dass sich der Filmemacher erneut an denursprnglichen Rechteinhaber mit der Bitte um Erneuerung des Nutzungs-rechts zu wenden htte, alls er den Film auch nach der Frist von n Jahren zuvertreiben wnschte. Wenn man dabei an einen Ausschnitt pro Dokumentarflmdenkt, mag das nicht besonders dramatisch klingen. Was aber ist, wenn es um20, 30 oder mehr Ausschnitte geht?

    Aus dem Center or Social Media der American University verlautet: DerPreis r den Erwerb von Nutzungsrechten ist hoch und in den letzten beiden

    Jahrzehnten dramatisch angestiegen, wodurch der entliche Zugang zuDokumentarflmen beschrnkt werde. Somit steht Kreativitt aktisch unterRahmenbedingungen, die bewirken, dass die meisten Dokumentarflme aus dem20. Jahrhundert legal weder restauriert noch erneut vertrieben werden knnen.Sie lagern beiseitegelegt in Filmbibliotheken, viele von ihnen im Zustand desZer alls, weil es sich um Zelluloidflme handelt. Viele von ihnen geraten in Vergessenheit, weil weder ein Inhaltelie erant noch sonst jemand etwas mitihnen an angen kann. So gesehen sind diese Werke verwaist wegen einer Reihevon Vereinbarungen, die zum Zeitpunkt ihrer Geburt getro en und wie bleihal-

    tiges Benzin in Verkehr gebracht worden sind, ohne dass ihrer unvermeidli-chen Toxizitt entliche Au merksamkeit geschenkt worden wre.

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    Das gilt natrlich nicht r jene Werke, r die es eine hingebungsvolle Erbin wie Grace Guggenheim gibt. Sie war nicht bereit, die Niederlage hinzunehmen,sondern widmete sich der auergewhnlichen Au gabe, alle r die Au hrung der Werke ihres Vaters notwendigen Rechte einzuholen. Acht Jahre spter hatsie ihr Ziel nun nahezu erreicht. Etwa zehn der greren Arbeiten sind noch zubewltigen. Erst letztes Jahr ist der berhmteste Dokumentarflm ihres Vatersdurch das Robert F. Kennedy Memorial Center r die DVD-Distribution reige-geben worden: Robert Kennedy Remembered, der im Jahre 1968 in den beidenMonaten zwischen Kennedys Ermordung und dem Nominierungsparteitag derDemokraten gedreht und nur ein einziges Mal ausgestrahlt worden war.

    Letzten Herbst habe ich zum ersten Mal den Raum r seltene Bcher derHarvard Law Library betreten. Im hinteren Teil des Elihu-Root-Saals, des Haupt-lesesaals, befnden sich Bcherschrnke voller alter Bcher, manche lter alsdie Vereinigten Staaten. Ich wollte ein ach sehen, was er orderlich ist, um die

    ltesten verlegten Werke in Augenschein zu nehmen, die in dieser Bibliothek,einer der hrenden des Landes, zur Ver gung stehen. Nichts Besonderes, wie sich herausstellte. Die Bibliothekare hrten mich zu einem Tisch, unddort konnte ich nach Belieben in dem uralten Text blttern, was ich mit allergebotenen Sorg alt tat.

    Bcher physische Bcher sowie das urheberrechtlich geschtzte Werk, dassie enthalten sind auergewhnlich robuste Kulturgegenstnde. Wir habenZugang zu praktisch jedem irgendwo ver entlichten Buch. Man muss keinHarvard-Pro essor sein, um den Lesesaal r seltene Bcher der Law Library

    betreten zu dr en. Man muss seltene Bcher auch nicht berhren, um das Werk, das sie enthalten, zu lesen. ltere Werke, d. h. in den Vereinigten Staatenvor 1923 publizierte, gehren zur Public Domain, womit gemeint ist, dass jeder, auch jeder Verleger, das Werk reproduzieren und wiederau egen kann,ohne Dritte um Erlaubnis zu ragen. Shakespeares Werk bildet keine Vermgens-masse, somit gibt es auch keine Verwalter, die ber Antrge au Neueditionenvon Hamlet befnden wrden. Gleiches gilt r jeden US-amerikanischen Autordes 19. Jahrhunderts. All ihre Werke sind rei und weithin zugnglich, denn keinGesetz beschrnkt den Zugri au sie.

    Etwa das Gleiche gilt letztlich r jedes Buch, das noch urheberrecht-lich geschtzt ist. Zwei ellos ist es Verlegern untersagt, den neuesten Romanvon Grisham eigenmchtig zu publizieren. Vermge der auerordentlichen,zwei elsohne bermenschlichen Bemhungen der Bibliotheken sowie mit Hil eder Antiquariate hat man Zugang zu letztlich allem, r praktisch umsonst. DieBibliothek kann das ragliche Buch erwerben und einem nahezu gratis vermit-teln. Oder das Antiquariat recherchiert und verkau t einem das gesuchte Buchdann r weniger als den Preis eines Kinoabends.

    Man bemerke, welcher Unterschied besteht zwischen dem Zugri au

    Bcher und demjenigen au Dokumentarflme. Nach einer begrenzten Zeitknnen beinahe alle publizierten Bcher wieder verlegt und erneut vertrieben werden (dies gilt nicht r Bilderbcher, Dichtungen und, aus noch ersichtlich

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    werdenden Grnden, auch nicht r eine wachsende Anzahl relativ moderner Werke). Kein Erbe von lngst verstorbenen Autoren wird uns den Zugang zudessen publizierten Schri ten verwehren (oder zumindest zum Kernbestanddessen einige werden befnden, dass au den Einband, das Vorwort und denIndex verzichtet werden mge). Der Groteil der Dokumentarflme des 20.Jahrhunderts hingegen ist r immer im anwaltscha tlichen Wirrwarr verloren rechtlich unzugnglich au grund einer Reihe von Bewilligungen, welche diesenFilmen bereits in die Wiege gelegt worden waren.

    Das htte durchaus anders sein knnen. Es wre mglich gewesen, Dokumen-tarflme in einer Weise zu scha en, wie Bcher publiziert werden, indem nmlich Autoren Ausschnitte so nutzen wie Historiker Zitate (d. h. ohne jede Erlaubnis).Gleichermaen htten Bcher au andere Weise verlegt werden knnen, indemnmlich jedes Zitat durch den Erstver asser lizensiert und mit der Zusage seitensdes Nutzers verbunden worden wre, das Zitat den Lizenzbedingungen entspre-

    chend zu verwenden. Damit wren heute alle Bcher wie Dokumentarflme nicht zugnglich. Oder aller Dokumentarflme wren heute in dem Zustand, indem sich gegenwrtig ast alle Bcher befnden zugnglich.

    Aber es ist das Unglck unserer Kulturgeschichte, dass wir jederzeit berech-tigt sind zu lesen, aber nicht gleichermaen berechtigt sind zu sehen. Verur-sacht haben dies Anwlte, die wie James Boyle, Rechtswissenscha tler an derDuke University, sagt, nicht ber die Auswirkungen au die kulturelle Umweltnachdenken, die ihre Vertrge zeitigen. Dieser Gegensatz zwischen Bchernund Dokumentarflmen ist ein Warnsignal r zukn tige Entwicklungen.

    Welchen Regeln wird die Kultur in den kommenden 100 Jahren olgen? Werdendie Rahmenbedingungen r den Zugang zu ihr bei jeder neu au geschlagenenBuchseite einen Anwalt verlangen? Oder werden wir aus dem Schlamasselunseres Umgangs mit den Dokumentarflmen gelernt haben und Zugangsbedin-gungen scha en, die Inhabern von Urheberrechten die Anreize garantieren, diesie brauchen, aber auch der Kultur eine Zukun t sichern?

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    Enorme Beachtung and der krzlich noch einmal berarbeitete Vergleich, au den sich alle Parteien nach einer Klage der Authors Guild o America und der Association o American Publishers (AAP) gegen Google geeinigt haben (GoogleBook Settlement*). Im Jahre 2004 hatte Google ein Unter angen gestartet, dasnur Internetidealisten vorschweben konnte nmlich 18 Millionen Bcher zudigitalisieren und diese ber das Internet zugnglich zu machen. In welchemUm ang zugnglich, hing von der Art des Buches ab. War das Buch in der PublicDomain (als Gemeingut), dann ermglichte Google den unbeschrnkten Zugang einschlielich der Mglichkeit, eine digitale Kopie des Buches kostenlos herun-

    terzuladen. War das Buch aber vermutlich urheberrechtlich geschtzt, gewhrteGoogle zumindest snippet access, einen Zugang zu Textschnipseln. Mankonnte in diesem Falle also einige Zeilen im Um eld der Suchwrter sehen,

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    verbunden mit In ormationen, wo das Buch gekau t oder ausgeliehen werdenkann. War das Werk aber noch lie erbar, so konnte der Verleger Google anweisen,so viel von dem Buch (zuzglich zu den Schnipseln) zugnglich zu machen, wieer wnschte.

    Die Authors Guild und AAP behaupteten, dieses Vorhaben verletze dasUrheberrecht. Ihr Argument war schlicht und einleuchtend zumindest in derautistischen Weise, in der das Urheberrecht die Digitaltechnik sieht: Als Googledie 18 Millionen Bcher scannte, um seinen Index au zubauen, habe es von jedem Buch ein Exemplar erzeugt. Fr noch urheberrechtlich geschtzte Werke htte Google, so die Klger, vor der Digitalisierung die Genehmigung desUrheberrechteinhabers einholen mssen. Dabei war es nebenschlich, dassGoogle die Werke scannte, um sie zu verschlagworten; nebenschlich war auch,dass Google niemals ohne Genehmigung ganze und nicht einmal verwertbareKopien urheberrechtlich geschtzter Werke vertreiben wrde (ausgenommen

    der Vertrieb an die ursprnglichen Bibliotheken als Ersatz r verlustig gegan-gene physische Exemplare). Fr die Klger war die Genehmigung rechtlichgesehen unverzichtbar. Ohne diese war Google in ihren Augen ein Pirat.

    Fr 16 Prozent der 18 Millionen Bcher waren die Vorwr e der Klger gegen-standslos hierbei handelte es sich um gemein reie Werke. Das Gesetz sicherteGoogle das uneingeschrnkte Recht zu, diese zu kopieren. Probleme machtenauch nicht die 9 Prozent der noch lie erbaren Bcher: Denn in diesen Fllen war die Identifkation jener relativ ein ach, bei denen vor der Digitalisierung die Genehmigung da r htte eingeholt werden mssen. Die Verleger waren

    hocher reut, diese ein ache und kostengnstige Vermarktungstrategie der vonihnen publizierten Werke zu ergrei en (praktisch alle hatten diese Dienstleis-tung beantragt, ehe Google Book Search angekndigt worden war). Aber r 75Prozent der 18 Millionen in unseren Bibliotheken befndlichen Bcher wre dieGrundsatzregelung der Klger das digitale Todesurteil gewesen. Fr diese Werke die vermutlich dem Urheberrecht unterliegen, aber nicht mehr lie erbar sind eine Genehmigung zu ordern, hiee, ihre Unsichtbarkeit zu garantieren. Weilsie praktisch gesehen verwaist sind, ist es im Grunde unmglich zumindest au Grohandelsebene , die Erlaubnis r jede Art urheberrechtsrelevanter Nutzung

    sicherzustellen.Google behauptete zu Recht, wie ich glaube , seine Verwendung dieserurheberrechtlich geschtzten Werke (diese zu digitalisieren, um sie zu verschlag- worten, so dass schlielich jeder in diesem Index suchen kann) entspreche den air use-Bedingungen. Fr die Digitalisierung msse somit keinerlei Geneh-migung eingeholt werden, vorausgesetzt, die Nutzung er olge in einem ormalanderen Kontext. Im Falle des Verlusts dieses Rechtsstreits, und Gerichte sindda r bekannt, in Fragen des Urheberrechts zu alschen Schlssen gekommen zusein, htten die daran geknp ten Verbindlichkeiten Google schwer getro en.

    So berraschte es nicht, dass Google die Chance zum Vergleich ergri (Google-Insider behaupten allerdings, die Angst vor Verbindlichkeiten sei keinBeweggrund da r gewesen). Dem Unternehmen gebhrt die groe Ehre, von

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    seinem Anspruch nicht abgerckt zu sein, die Verwendungsweise htte den air use-Bedingungen entsprochen. Es kommt aber noch besser: Google hatzugunsten der entlichkeit mit den Klgern eine Einigung erzielt, die weitbesser ist als das, was air use dem Unternehmen und der entlichkeit httebringen knnen. Der Vereinbarung olgend zahlt Google r die Genehmigung,der entlichkeit bis zu 20 Prozent der urheberrechtlich geschtzten Bcher,deren Rechteinhaber nicht zu ermitteln sind, kostenlos zur Ver gung zu stellen;ber die 20 Prozent hinaus hat die entlichkeit die Mglichkeit, gegen Bezah-lung au das ganze Buch zuzugrei en, wobei die Geldmittel in einen gemeinnt-zigen Fonds ieen, aus dem Rechteinhabern, sollten sie dies wnschen, Tanti-emen gezahlt werden. Wir erhalten somit ein Fn tel aller verwaisten Bcher(bzw. ein Fn tel jedes verwaisten Buches) gratis. Google wiederum erhieltdie Mglichkeit, eine 18 Millionen Bcher um assende digitale Bibliothek zuerrichten.

    Vieles an dieser Einigung ist lobenswert. Gerichtsver ahren sind teuer, ihr Ausgang ist ungewiss und bis zum rechtsgltigen Urteil knnen Jahre vergehen.Die von Google ausgehandelte Vereinbarung bietet der entlichkeit eineno eneren Zugang zu reien Inhalten, als air use es mglich gemacht htte. 20Prozent sind besser als Textschnipsel. Ferner wird ein System, das den Rechtein-habern Gelder zukommen lsst, eher akzeptiert werden als eines, das dies nichttut. (Ganz davon abgesehen, dass die Abmachung so elegant und intelligent ist,dass ein Pro essor r Vertragsrecht vor Neid erblasst.)

    Dennoch haben sich mittlerweile eine Vielzahl von Unternehmen und eine

    Schar guter Menschen zusammengetan, um gemeinsam den Vergleich mitGoogle anzugrei en. Einige sprechen von Verletzung des Kartellrechts. Anderebe rchten, Google werde aussphen, wer was liest, und damit die Privatsphreder Leser verletzen. Und es gibt jene, die darber roh sind, gegen den Digitalgi-ganten dieses Jahrzehnts kmp en zu knnen (wie auch gegen jenen des vergan-genen Jahrzehnts, Microso t). Die Hauptstorichtung nahezu all dieser Attackenverkennt jedoch den wahren Grund r die Furcht vor der Zukun t, welche dieser Vergleich uns bescheren wird. Denn das Problem ist nicht eigentlich kartellrecht-licher Natur, es geht nicht nur um die Privatsphre und auch nicht einmal um

    die Macht, welche diese (sehr gewichtige) reie Bibliothek dem ohnehin bereitsmarktbeherrschenden Internetunternehmen verscha en wird. Das Problem mitGoogle Book Settlement* ist in der Tat nicht die Vereinbarung selbst. Problema-tisch sind die kulturellen Rahmenbedingungen, welche durch sie zementiert werden. Der Vergleich garantiert praktisch, dass wir die Fehler wiederholen, dieunserem kulturellen Leben schon geschadet haben. Wir machen jetzt Bcher zuDokumentarflmen.

    Wie immer man auch darber denkt, man sollte erst einmal zur Kenntnisnehmen, wie anders die Zukun t zu werden verspricht. In realen Bibliotheken,

    in realen Rumen wird Zugang nicht per Seite gemessen (oder per Darstellung au der Seite). Zugang wird per Buch gemessen (oder per Magazin oder CDoder DVD). Man durchstbert kostenlos die gesamte Bibliothek. Man entleiht

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    kostenlos die Bcher, die man lesen mchte. Die in realen Rumen befndlicheBibliothek ist ein Re ugium jenseits der Be- und Vermessungsabsichten desMarktes. Natrlich steht sie innerhalb eines Marktes. Aber wie Kinder in einemSpielzimmer ignorieren wir in der Bibliothek den Markt drauen.

    Diese Freiheit schenkte uns etwas Reales nmlich die Freiheit unabhngig von der eigenen Vermgenslage zu orschen und im weiten Um ang oder

    achspezifsch zu lesen. Au diese Weise war unsere gesamte Kultur ver gbar undgrei bar nicht nur jener Teil, der zu lligerweise r das Aktienkapital gewinn-bringend ist. Dies sicherte uns die Mglichkeit, aus unserer Vergangenheit zulernen, auch wenn uns der Wille ehlte, dies zu tun. Die Struktur des Zugangszu realen Rumen hat ein bedeutsames und wertvolles Gleichgewicht zwischendem Teil der Kultur erzeugt, der praktischer- und sinnvollerweise vom Urheber-recht reguliert wird, und jenem Teil, r den dies nicht gilt. Unsere rhere Weltder realen Rume war eine Welt, in die das Urheberrecht nur selten eindrang,

    und wenn dies geschah, so war ihr Verhltnis zu den Zielen des Urheberrechtsziemlich klar und verstndlich.Heutzutage ist das alles vergessen. Mit der au s Urheberrecht gebannten

    Au merksamkeit gert uns aus dem Sinn, dass es eine Zeit gab, in der diesesbei weitem nicht so wichtig da r war, wie gewhnliche Menschen sich Kulturerschlossen und diese nutzten. Damit meine ich nicht, das Urheberrecht sei r Autoren und Verleger belanglos gewesen. Natrlich war es das nicht. Ich meinenur, dass es r die Art, wie die meisten Menschen Kultur nutzten, sich an ihrer reuten, au sie bauten und sie kritisierten, keine Rolle spielte. Jessica Litman,

    Rechtswissenscha tlerin an der Wayne State University, hat es olgendermaenausgedrckt:Um die Jahrhundertwende war das Urheberrecht der Vereinigten Staaten

    abstrakt, inkonsistent und schwer verstndlich. Es hatte r sehr viele Menschenund Dinge aber auch keine Relevanz. Fr Autoren oder Verleger von Bchern,Karten, Schaubildern, Partituren, r Maler, Bildhauer, Fotogra en, Kompo-nisten und Kunsthndler, r Dramatiker, Dramaturgen und Buchdrucker wardas Urheberrecht allerdings relevant. Buchhndler und Vertreiber von mecha-nischen Notenrollen und Grammophonplatten, Filmproduzenten, Musiker,

    Lehrer, Kongressabgeordnete und gewhnliche Konsumenten konnten hingegenihren Gesch ten nachgehen, ohne jemals mit einem Urheberrechtsproblemkon rontiert zu werden.

    90 Jahre spter ist das Urheberrecht der Vereinigten Staaten noch abstrakter,noch inkonsistenter und noch schwerer verstndlich wichtiger jedoch: Esergrei t nunmehr alles und jeden. In der Zwischenzeit hat sich das Urheberrechtimmer weiter vorgearbeitet und reguliert nun einen Groteil der alltglichenDinge der modernen Gesellscha t. Das gegenwrtige Copyright Act um asst 142Seiten. Die technologische Entwicklung, dem Gesetz gegenber eher unachtsam,

    hat Gebrauchsweisen hervorgebracht, die multiple Reproduktions- und bertra-gungstechniken potenziell urheberrechtlich justiziable Dinge also in alltg-

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    liche Gesch tsvorgnge einbringen. Den meisten von uns ist keine Stundevergnnt, in der sie nicht mit dem Urheberrecht in Kon ikt geraten.

    Selbst r Autoren war das Urheberrecht, als eine praktische Angelegenheit,nicht besonders wichtig. Die Bcher eines er olgreichen Autors haben zwei ereig-nisreiche Leben. In ihrem ersten Leben ist das exklusive Recht des Urhebers vonBedeutung, im zweiten Leben nicht. Im ersten Leben ist es von Bedeutung, weilder Verleger, um das Buch vorrtig zu halten, das ausschlieliche Recht habenmuss (das jeden alls glaubt er), das Buch zu publizieren. Ist das Buch aber ersteinmal vergri en, ist es, zumindest aus dem Blickwinkel des Autors gesehen, imGrunde rei ver gbar. Sicherlich verdienen Antiquariate an dem Buch, wenn siees verkau en (eher wenig). Bibliotheken wiederum erheben Gebhren r den Verleih in andere Teile des Landes. Wird ein gebrauchtes Buch verkau t, erhltder Autor jedoch nichts, wie er auch nichts bekommt, wenn ein Nutzer einer(amerikanischen) Bibliothek ein Buch ausleiht. Die Gesch tsaktivitten von

    Antiquariaten und die nicht-gesch tlichen der Bibliotheken er olgen ohne dieErlaubnis eines Autors (oder dessen Anwalts) wie auch ohne jede Vergtung des Autors. Denn keine der mit dem Verkau eines gebrauchten Buches oder dem Verleih eines Bibliotheksbuches verbundenen Ttigkeiten sind urheberrechts-relevant. Kein neues Exemplar wird erzeugt, kein neues Werk gescha en. Auchfndet keine entliche Au hrung statt. Keines der exklusiven Urheberrechtetangiert diese gesch tlichen und nicht-gesch tlichen Praktiken. Die Inhaberdieser Exklusivrechte manche von ihnen Autoren erhalten also nichts.

    Autoren mgen darber nicht besonders glcklich sein. Ich habe gehrt,

    wie Schri tsteller aus anderen Lndern sich der 2,50 $ brsten, die sie jhrlichvon der Steuer erhalten, welche Bibliotheken zu entrichten haben, wenn sie dieBcher ihren Leser gebhren rei zur Ver gung stellen. Ob Autoren nun glck-lich sind oder nicht, entscheidend ist die Erkenntnis, dass der reie Zugang, derdiese Welt gescha en hat, ein wesentlicher Aspekt dessen war, wie wir unsereKultur weitergaben. Wer die eigenen Kinder r eine Hausarbeit in die Bibliothek schickt, mchte nicht, dass sie nur zu 20 Prozent jedes Buches Zugang haben, dassie lesen mssen. Er mchte, dass sie die Mglichkeit haben, das ganze Buch zulesen. Sie sollten nicht nur die Bcher lesen, r deren Zugang sie zu zahlen bereit

    wren. Sie sollten stbern knnen, recherchieren, neugierig sein und Fragenstellen genauso wie jene, die Google oder Wikipedia nutzen, recherchieren,ihrer Neugierde olgen und Fragen stellen. Ein enormer Teil unseres kulturellenLebens wurde vermehrt und geteilt und kaum jemand schaltete einen Anwalt

    r Urheberrecht ein. Ob dies nun Autoren (oder, mit grerer Wahrscheinlich-keit, Verleger) mgen oder nicht: Dies war unsere glckliche Vergangenheit.

    Wir sind gerade dabei, uns von dieser Vergangenheit radikal abzuwenden.Die Prmisse dieser Abkehr ist ein zu lliges Merkmal der Struktur des Urheber-rechtsgesetzes: dass es die Herstellung von Exemplaren (Abzgen) regelt. In

    der physischen Welt bedeutet dies die Reglementierung einer geringen Zahlmglicher Gebrauchsweisen eines urheberrechtlich geschtzten Werks. In derdigitalen Welt bedeutet dies die Reglementierung von allem. Denn mit jeder

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    Einzelnutzung eines Produkts kreativer Arbeit in der digitalen Welt wird ein Abzug, eine Kopie, erstellt. Folglich sei, so behauptet der Anwalt, jede Einzelnut-zung in einer bestimmten Weise zu lizenzieren. Selbst die Digitalisierung einesBuches zwecks Verschlagwortung also das, was den juristischen Fall von GoogleBook im Wesentlichen ausgemacht hat sei urheberrechtsrelevant. Denn Digita-lisierung bedeute ja die Erstellung einer digitalen Kopie.

    Das lu t, wie ich be rchte, darau hinaus, dass wir Bcher wie Dokumen-tarflme behandeln. Der rechtliche Rahmen, den wir uns r den Zugang zuBchern vorstellen, ist noch verwickelter als jener, der den Zugang zu Filmenbereits regelt. Oder noch ein acher gesagt: Wir sind gerade damit besch tigt, jeden Zugri au unsere Kultur zu einem Fall rechtlicher Reglementierung zumachen zugunsten von Anwlten und Lizenzen, aber mit Sicherheit zu Lastenauch ziemlich populrer Werke. Um es nochmals zu sagen: Wir sind dabei, einenkatastrophalen kulturellen Fehler zu begehen.

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    Wie liee sich die Lage ndern? Wie knnte eine Lsung dieses vertracktenProblems aussehen, eine Lsung, die unsere Kultur nicht in einem Sump juris-tischer und technischer Kodi izierungen versenkte? Das Kernproblem hat nichtGoogle gescha en, und wir knnen dessen Lsung auch nicht von Google oderirgendeinem anderen Privatunternehmen erwarten. Google ist in dem besagten Vergleich ziemlich weit gegangen, um das Problem zu entschr en, welches das

    Gesetz (unter den Bedingungen der Digitaltechnologie) oktroyiert: Die Verein-barung beinhaltet eine Sonderregelung r Bibliotheken und r Universitten,sie enthlt darber hinaus die Mglichkeit einer Sonderregelung r Wissen-scha tler. Google und die Klger haben zwei ellos versucht, durch Vergabebestimmter Zugangsvergnstigungen die Besorgnis zu entkr ten, die ich hierartikuliere. Ferner ist der Vergleich sicherlich eine Art Experiment, das uns eineMenge darber lehrt, wie Kultur nachge ragt wird und welche Zugangsweisen zusichern sind.

    Aber wir knnen uns nicht au spezielle Vergnstigungen verlassen, die

    Privatunternehmen (und quasi monopolistische Registriergesellscha ten)gewhren, um unseren Zugang zur Kultur zu bestimmen auch wenn, zumindestan angs, diese Vergnstigungen geners sein sollten. Wir sollten uns stattdessendem zugrundeliegenden Dilemma zuwenden, das allererst den Anlass gegebenhat, dieses ausgeklgelte Regulierungsschema r den Zugang zur Kultur zuscha en. Wie schlau die Vereinbarung, wie elegant die Ver ahrensweise auchimmer ist, wir sollten an Peter Druckers Worte denken: Nichts ist so unntz, wieetwas e fzient zu tun, das man berhaupt nicht tun sollte.

    Das Problem, das sich uns stellt, ist einem Gesetz geschuldet, das durch neue

    Technologien ho nungslos anachronistisch geworden ist. Die Lsung bestehtin der Umarbeitung dieses Gesetzes, um das schtzenswerte Ziel den Autoren Anreize zu verscha en so zu realisieren, dass der Kultur keine sie zerstrende

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    Brde entsteht. Die Einzelheiten dieser Umarbeitung lassen sich noch nichtabsehen. Wir alle haben zu viel Zeit mit Copyright Wars verschwendet, um zu wissen, wie ein vernn tiger Frieden aussehen knnte. Und dennoch zeichnensich die ersten in diese Richtung hrenden Schritte deutlich ab. Es gibt zweio ensichtliche nderungen, die an dem bestehenden Gesetz vorgenommen werden sollten. Und es gibt eine dritte, der sich das Gesetz entgegenstellen wirdund die eine di fzile Werteabwgung verlangt.

    Die erste nderung msste darin bestehen, das Eigentumssystem e fzi-enter zu gestalten. Eigentumssysteme werden von Regierungen eingerichtet. DieMinimalverp ichtung einer Regierung besteht darin, ihrem jeweiligen SystemE fzienz zu verleihen. Das Copyright* ist ein von der amerikanischen Bundes-regierung eingerichtetes Eigentumssystem. Allerdings hat die Bundesregierung ihre Minimalverp ichtung hinsichtlich dieses Eigentumssystems verletzt. DasCopyright ist eines der am wenigsten e fzienten Eigentumssysteme berhaupt.

    Fr die groe Mehrzahl der durch unser Urheberrechtssystem regulierten Arbeitist es praktisch unmglich zu bestimmen, wer was besitzt wenn man Kostenvermeiden will, die das System selber zum Einsturz bringen wrden.

    Teilweise sucht die mit Google getro ene Vereinbarung dieses Problem zulsen. Das zu errichtende System ordert die Scha ung eines Urheberscha ts-registers au Basis der Freiwilligkeit. Ist aber niemand dazu verp ichtet, sich indieses Register einzuschreiben, kann nicht mit Sicherheit estgestellt werden, wem was gehrt. Eine bessere Lsung wrde darin bestehen, die Copyright-Inhaber selber einen Teil der Brde tragen zu lassen, um das Urheberrechts-

    system au den neuesten Stand zu bringen. Sie wren in diesem Falle, zumindestnach einer bestimmten Frist, strikt verp ichtet, ihr Werk registrieren zu lassen.So knnte beispielsweise von einem einheimischen Rechteinhaber zwecks Au rechterhaltung des Urheberrechts verlangt werden, sein Werk n Jahrenach der Ver entlichung registrieren zu lassen. Wird dieser Verp ichtung nichtnachgekommen, gelangt das betre ende Werk in die Public Domain. Au demein achen Weg der er olgreichen Registrierung knnte man eststellen, wem wasgehrt. Aus komplexen, mit internationalen Verbindlichkeiten verbundenenGrnden ist dieses Er ordernis nur au einheimische Rechteinhaber anwendbar.

    Dem gleichen Grundsatz knnte aber innerhalb dieses internationalen Systems jeder Staat olgen.Diese Register sollten nicht von der Regierung betrieben werden. Das sind

    Dinge, die in die Hnde der Googles und Microso ts dieser Welt gehren. DieRegierung htte stattdessen die Au gabe, Grundregeln r diese Register zuentwer en, und msste Registraren erlauben, um deren Betrieb zu konkurrieren. Analog zum System der Internet-Domains wrden diese untereinander im Wettbewerb stehenden Registrare die Kosten niedrig halten. Ferner htten sie,um in der Wertsteigerung die Konkurrenz zu bertre en, einen permanenten

    Anreiz zur Innovation. An angs htte dieses Verwaltungssystem nur r Bcher zu gelten. Denn es

    gibt verschiedene und sehr komplizierte Probleme mit anderen Arten schp-

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    erischer Arbeit, speziell mit Fotografen insbesondere nachdem die rhereRechtsprechung den Schp ern bedeutet hatte, dass sie r den Rundumschutzihrer Arbeit nichts zu tun bruchten. Ziel sollte es aber sein, diese anderen Werkesobald als machbar zu integrieren. Damit wre dem ersten und undamentalen Anspruch an ein Eigentumssystem entsprochen: dass es nmlich allen mitteilt, wem was gehrt.

    Die zweite naheliegende nderung bestnde darin, eine Art Rasenmher zukonstruieren, um dem Wildwuchs von Gesetzen zu begegnen. Der Groteil derProbleme, denen wir gegenwrtig beim Versuch der Wahrung und Sicherung des Zugangs zur Geschichte unserer Kultur gegenberstehen, sind dem Unver-mgen geschuldet, dass man in der Vergangenheit nicht das enorme Potenzialantizipieren konnte, das die Technologie zukn tig besitzen wrde. Der Vergan-genheit kann man dies verzeihen. Auch die Pioniere des Internets waren nichtin der Lage, dessen Ausma oder Bedeutung vorherzusehen. Unsere Reaktion

    au diese Unbersichtlichkeit sollte jedoch nicht darin bestehen, sie zu erdulden.Das Dickicht juristischer Verbindlichkeiten, in dem Filme, Musikwerke und allebrigen Erzeugnisse kreativer Arbeit (ausgenommen Bcher) verschwinden,sollte durch die Implementierung einer Vorschri t gelichtet werden, die gegen- wrtigen Rechteinhabern Rechtssicherheit ermglicht. Diese Au gabe sollte eineClearingstelle bernehmen, die uns den Zwang endlosen Aushandelns nhme,uns stattdessen in eine Situation versetzte, in welcher ein ache Eigentumsregelnein ach unktionieren.

    Die Einzelheiten einer solchen Regelung wrden den Rahmen dieses Essays

    sprengen. Die Grundidee ist jedoch leicht zu umreien: Fr ein kompiliertes Werk (einen Film oder einen Mitschnitt z. B.), das lter als 14 Jahre ist (womitich der Schutz ristentscheidung unserer Ver assungsvter zustimme), sollte dasabsolute Recht gesetzlich gesichert sein, dieses zu erhalten, ohne den gegenwr-tigen Eigentmer dadurch zu belasten. Grace Guggenheim und anderen wieauch Filmarchiven und Filmstudios stnde es also rei, Filme zu restaurieren,ohne sich um die Klrung von Rechten welcher Art auch immer kmmern zumssen. Ob nun Kopien hergestellt werden oder nicht der Erhalt eines Werkessollte rei von juristischer Restriktion sein.

    Jenseits der Frage des Erhalts wird die Vorschri t jedoch komplexer sein. DasGesetz sollte ei