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Seite 1 von 7 EARLY BRANDS INSIGHT A u s g a b e J u l i 2 0 1 4 Strukturen, Prozesse und Stakeholder- anforderungen, vor allem die Anforderungen der Kunden, ändern sich heutzutage immer rasanter. Der Anspruch der stetigen Anpas- sung daran stellt eine große Herausforderung für Unternehmen jeder Größe und Bran- chenzugehörigkeit dar: Markt- und Kundenbedürfnisse wandeln sich permanent, Produktlebenszyklen werden kür- zer, während der Innovationsdruck und die Erfordernis von Alleinstellungsmerkmalen stei- gen. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Leistungsangebots, insbesondere zur Erfüllung der Kundenwünsche, ist erforderlich. Entsprechend müssen Geschäfts- und Kommunikationsprozesse angepasst werden, um langfristig mit der Qualität und Quantität an Angeboten und Leistungen der Wettbewerber Schritt halten, und diese wenn möglich noch übertreffen zu können. Elementar und erfolgs- entscheidend ist dabei schlussendlich die Gesamterfahrung des Kunden (Customer Experience) mit dem Unternehmen, seinen Produkten und Services. Eine Branche, die die Notwenigkeit des Wandels von der Produkt- orientierung in Richtung Kundenzentrierung momentan ganz besonders zu spüren bekommt, ist der Bankensektor. Banken müssen heutzutage einen Perspektivwechsel vornehmen: Sie brauchen ein Geschäfts- modell, welches den Kunden und seine Bedürfnisse in den Fokus der Unternehmens- aktivitäten stellt. Denn dieser ist durch die Bankenkrise stark verunsichert und sein Vertrauen in die Branche ist gesunken. Zudem ist es ihm möglich, aus einem großen Angebot an vergleichbaren Finanzprodukten und Serviceleistungen verschiedener Anbieter im Customer Centricity im Retail Banking Ausgabe Juli 2014

Customer Centricity im Retail Banking

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Der neue EARLY BRANDS Insight zum spannenden Thema "Customer Centricity im Retail Banking" - wir wünschen eine interessante Lektüre!

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EARLY BRANDS INSIGHT A u s g a b e J u l i 2 0 1 4

Strukturen, Prozesse und Stakeholder-

anforderungen, vor allem die Anforderungen

der Kunden, ändern sich heutzutage immer

rasanter. Der Anspruch der stetigen Anpas-

sung daran stellt eine große Herausforderung

für Unternehmen jeder Größe und Bran-

chenzugehörigkeit dar:

Markt- und Kundenbedürfnisse wandeln sich

permanent, Produktlebenszyklen werden kür-

zer, während der Innovationsdruck und die

Erfordernis von Alleinstellungsmerkmalen stei-

gen. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung

des Leistungsangebots, insbesondere zur

Erfüllung der Kundenwünsche, ist erforderlich.

Entsprechend müssen Geschäfts- und

Kommunikationsprozesse angepasst werden,

um langfristig mit der Qualität und Quantität an

Angeboten und Leistungen der Wettbewerber

Schritt halten, und diese wenn möglich noch

übertreffen zu können. Elementar und erfolgs-

entscheidend ist dabei schlussendlich die

Gesamterfahrung des Kunden (Customer

Experience) mit dem Unternehmen, seinen

Produkten und Services. Eine Branche, die die

Notwenigkeit des Wandels von der Produkt-

orientierung in Richtung Kundenzentrierung

momentan ganz besonders zu spüren

bekommt, ist der Bankensektor. Banken

müssen heutzutage einen Perspektivwechsel

vornehmen: Sie brauchen ein Geschäfts-

modell, welches den Kunden und seine

Bedürfnisse in den Fokus der Unternehmens-

aktivitäten stellt. Denn dieser ist durch die

Bankenkrise stark verunsichert und sein

Vertrauen in die Branche ist gesunken. Zudem

ist es ihm möglich, aus einem großen Angebot

an vergleichbaren Finanzprodukten und

Serviceleistungen verschiedener Anbieter im

Customer Centricity im Retail Banking Ausgabe Juli 2014

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Markt zu wählen. Durch eine kundenzentrierte

Ausrichtung hat eine Bank nicht nur die

Möglichkeit, die Kundenzufriedenheit zu

steigern, sondern dabei auch gleichzeitig

nachhaltiges Wachstum und eine überdurch-

schnittliche Rentabilität zu erlangen.

Aktuelle Herausforderungen traditioneller

Bankenmodelle

In der heutigen Bankenwelt sind auf den

einzelnen Kunden speziell zugeschnittene

Produkte und Services rar gesäht. Nur die

wenigsten Institutionen haben es bislang als

ihre Hauptaufgabe gesehen, eine enge

Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen und

ein Verständnis für deren individuelle Wünsche

und Bedürfnisse zu entwickeln. Vielmehr

dominieren in den Medien Klagen über

mangelhafte Beratung, unverhältnismäßig

hohe Überziehungszinssätze oder Probleme

bei der telefonischen Erreichbarkeit des

Kundendienstes. Aspekte wie diese wurden

schon vor der Finanzkrise kritisiert, haben

jedoch seitdem an Brisanz gewonnen –

insbesondere das Vertrauen der Kunden in die

Banken ist noch stärker gesunken.

Die Kunden sind kritischer und besser

informiert. Vor allem in Internetforen oder über

andere digitale Kanäle können sie sich aus-

tauschen, und so ihre Erfahrungen mit einfa-

chen Mitteln einer breiten Masse mitteilen.

Auch Illoyalität der Kundschaft ist im Banken-

sektor nicht unbekannt. Zu lange haben

Banken unzureichendes Interesse an den

individuellen Bedürfnissen ihrer Kunden ge-

zeigt, obwohl gerade die Kundenorientierung

die entscheidende Differenzierungsmöglichkeit

in einem gesättigten Markt ist, in welchem der

Wettbewerb weiterhin stark zunimmt.

Leistungserwartungen der Kunden an ihre

Bankinstitution

Faktoren wie Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit

und Kompetenz spielen für Kunden heute eine

entscheidende Rolle bei der Wahl ihrer

Bankinstitution. Ebenso sind eine attraktive

Preisgestaltung und ein personalisierter

Kundenservice von hoher Relevanz (siehe

Abb.1). Weniger wichtig für Kunden sind

Eigenschaften wie Modernität oder Inno-

vationskraft. Trotz Globalisierung ist auch die

Internationalität einer Bank für die meisten

Kunden weniger wichtig. Die alleinige

Identifizierung sowie ein einfaches Ranking

dieser Kriterien genügt allerdings nicht. Die

subjektiven Erwartungen des Kunden an jeden

einzelnen dieser Punkte müssen stets erfüllt,

im optimalen Fall übertroffen werden.

Jedoch haben viele Banken mittlerweile

realisiert, dass sie nicht wie bislang Produkte

und Services anbieten können, ohne dabei auf

die individuellen Kundenbedürfnisse einzu-

gehen. Nur diejenigen Institutionen, die ihre

Angebote gezielt an den Kunden ausrichten,

können das Vertrauen dieser zurückgewinnen

und sogar ausbauen. Dazu ist meist ein um-

fassender Change- und Kommunikationspro-

zess im gesamten Unternehmen notwendig.

Abbildung 1: Relevanz von Bankeigenschaften für den

Kunden (in %)

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Notwendige Schritte von der Produkt- zur

Kundenorientierung

Einzelmaßnahmen, fokussierte Marketing-

kampagnen oder ausgewählte Verbesse-

rungen an einzelnen Interaktionspunkten mit

dem Kunden sind heute nicht mehr

ausreichend und zu kleinteilig, um langfristigen

Erfolg sicherstellen zu können. Banken

müssen einen Perspektivenwechsel vorneh-

men und ihr Geschäftsmodell vollständig am

Erfolgsfaktor „Kunde“ ausrichten. Wichtig ist

dabei, dass das Unternehmen „Customer

Centricity“ auf allen Ebenen der Organisation

in seine DNA integriert und sich

gegebenenfalls einem vollständigen kulturellen

Wandel unterzieht.

Damit Customer Centricity im ganzen Unter-

nehmen verinnerlicht wird, ist ein Change- und

Kommunikationsprozess notwendig, der in

mehreren Schritten erfolgt, welche vonein-

ander abzugrenzen sind (siehe auch Abb.2):

1. Analyse der aktuellen Unternehmens-

kultur, der Organisationsstruktur sowie

der gegenwärtigen Abläufe

2. Etablierung der Customer Centricity im

Unternehmenskern - in Leitbild,

Strategie und Governance

3. Durchführung eines Soll-Ist-Vergleichs

zur Ermittlung von Anpassungsbedarf

und Ableitung von Maßnahmen, mit

aktiver Kundeneinbindung

Zunächst gilt es, die bestehende Unterneh-

menskultur zu analysieren, sowie das

bestehende Leitbild kritisch zu beurteilen. Die

organisatorischen Strukturen (Aufbauorganisa-

tion) werden ergründet und die Geschäfts-

prozesse (Ablauforganisation) untersucht. In

die Erhebung fließen außerdem Informationen

zu den organisatorischen Rahmenbedin-

gungen (interne und externe Beziehungen,

Schnittstellen, Kommunikationswege) sowie

Rollen und Verantwortlichkeiten mit ein.

Im zweiten Schritt wird die Customer Centricity

im Kern des Unternehmens verankert. Leitbild,

Strategie, Führungs- und Mitarbeitergrund-

sätze werden gezielt darauf ausgerichtet. Für

die Formulierung einer kundenzentrierten

Vision und des Leitbilds ist insbesondere die

Einbeziehung der Kundenwünsche und –be-

dürnisse elementar. Auch Informationen und

Bedürfnisse seitens der Mitarbeiter sind von

großer Bedeutung.

Anschließend erfolgt ein Soll-Ist-Vergleich, bei

dem Optimierungspotenziale zur Erreichung

der definierten Ziele identifiziert werden. Die

daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen

werden in konkrete operative Maßnahmen

übersetzt. Möglich sind zentrale Initiativen, wie

etwa die Anpassung von Strukturen,

Prozessen und Systemen, mit Fokus auf den

wettbewerbsrelevanten Kundenanforderungen.

Die Umsetzung des Kulturwandels wird maß-

geblich durch Markenführung, Leadership und

Personalarbeit impliziert. Je konsequenter der

Change- und Kommunikationsprozess verfolgt

wird, desto überzeugender sind die Resultate.

Abbildung 2:: Integration von Customer Centricity auf

allen Geschäftsebenen

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Barrieren bei der Erzielung von Customer

Centricity

Veränderungen stoßen jedoch nicht immer auf

Verständnis bei den beteiligten Menschen. So

existieren oftmals interne Barrieren, die eine

Umsetzung von Customer Centricity erschwe-

ren können. Diese Barrieren können

charakteristisch unterschieden werden in:

Organisatorisch-strukturell

Kulturell

Subjektiv

Organisatorisch-strukturelle Barrieren sind bei-

spielsweise Mängel in der IT-Infrastruktur.

Diese können sich auf die Ver- und Auf-

bereitung von Kunden- und Mitarbeiterdaten

oder die Nutzung horizontaler und vertikaler

Kommunikationswege im Unternehmen aus-

wirken. Innerhalb der bestehenden Aufbau-

und Ablauforganisation sind eine fehlende

Prozessorganisation, mangelhaft gepflegte

Datenbanken oder unzureichende Controlling-

systeme mögliche Probleme.

Im kulturellen Bereich führen mangelnde

Akzeptanz der Mitarbeiter oder nicht vorhan-

dene Überzeugungsarbeit der Führungskräfte

zu Komplikationen. Auch unklar definierte

Zuständigkeiten, persönliche Vorbehalte oder

fehlende Kontinuität bei der Umsetzung kön-

nen auftreten. Es ist daher besonders wichtig,

die Mitarbeiter sowohl intrinsisch als auch

extrinsisch zu kundenorientiertem Verhalten zu

motivieren, da ihr Verhalten einen entschei-

denden Einfluss auf die Kundenzufriedenheit

hat.

Desweiteren birgt die Durchführung der

Implementierung von Customer Centricity

subjektive Gefahren: eine fehlerhafte Ein-

schätzung der Implementierungsdauer, ein

falsches Inhaltsverständnis oder zu früh

einsetzende Zufriedenheit mit Teilergebnissen

sind typische Problemfelder.

Nur wenn die Strategie zur Steigerung der

Kundenorientierung und die dazu notwendigen

Prozesse und Systeme optimal mit der

Unternehmenskultur verzahnt sind, kann ein

langfristiger Erfolg erreicht werden.

Multi-Channel-Service als Schlüsselelement

erfolgreicher Customer Centricity

Wichtigstes Element, um Customer Centricity

zu ermöglichen und von ihrer Einführung

letztendlich zu profitieren, ist auch im Retail

Banking der Multi-Kanal-Service: Dem Kunden

wird die Möglichkeit geboten, seine

Bankgeschäfte vollständig zeit- und orts-

unabhängig in einem Kanal seiner Wahl zu

tätigen. Die Bandbreite verfügbarer Kanäle ist

bereits groß: Von traditioneller Bankfiliale über

SB-Banking-Terminal, eBanking oder Live-

Chat bis zur mobilen App, um nur einige Bei-

spiele zu nennen. Der Umfang des jeweiligen

Kanalangebots variiert selbstverständlich von

Bank zu Bank. Mittlerweile hat sich aber in den

meisten Unternehmen ein komplexes Vetriebs-

netzwerk entwickelt, das durch technologische

Fortschritte und sich stetig ändernde

Kundenanforderungen permanent weiter

wächst. Durch einen Wandel der

Nutzungsgewohnheiten, werden insbesondere

Komfort und Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit

verstärkt von den Kunden nachgefragt.

Es ist jedoch nicht das breite Angebot

verschiedenster Vertriebs- und Kommunika-

tionskanäle allein, das eine optimale Kunden-

erfahrung ermöglicht. Es ist vielmehr die

kundenrelevante Kombination der Kanäle –

eine nahtlose Verbindung aller Interaktions-

punkte entlang der Customer Journey. Der

Kunde muss die Möglichkeit haben, über den

Kanal seiner Wahl mit seiner Bank zu

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kommunizieren und vom gewählten Kanal

stets zu einem anderen wechseln zu können,

und dies ohne Komplikationen in der Service-

leistung und immer mit einem widerspruchs-

freien Angebot. Die Kontaktpunkte der Bank

zum Kunden müssen nicht nur in sich tadellos

gepflegt sein – die Gesamtheit aller Punkte,

von der Informationsbeschaffung über die

Beratung, den Vertragsabschluss bis zur

Nutzung sollten optimal aufeinander abge-

stimmt und miteinander verknüpft sein.

Die Wahl eines Kanals hängt in den meisten

Fällen vom jeweiligen Bankgeschäft ab, wel-

ches getätigt werden soll. Um beispielsweise

einen Geldtransfer vorzunehmen, mag der

eine Kunde den persönlichen Kontakt zum

Mitarbeiter in der Bankfiliale bevorzugen, wäh-

rend es ein anderer vorzieht, einen Bank-

automaten aufzusuchen oder Online Banking

zu betreiben. Grob lassen sich die verschie-

denen Kanäle in folgende Kategorien unter-

teilen:

Persönliche Transaktionen, bei denen

ein Kontakt zu mindestens einem Mitar-

beiter besteht, wie am Schalter in der

Bankfiliale oder dem Kundenservice

durch Telefon-, Live-Chat-, E-Mail-,

oder Briefkontakt

Transaktionen, in die in der Regel kein

Bankmitarbeiter involviert ist (Self-Ser-

vice), wie beispielsweise die Nutzung

von Bankautomat oder SB-Terminal,

Online und Mobile Banking oder auto-

matisierte Bandansagen am Telefon

Die Unterstützung einer Kategorie birgt für

jede Bank Kosten in unterschiedlicher Höhe –

während die Anfangsinvestition der Einführung

digitaler Angebote hoch sein kann, ist sie auf

lange Sicht oftmals kosteneffizienter im

Vergleich zu Offline-Prozessen in der Filiale

oder dem Callcenter. Diese Aspekte sollte eine

Bankistitution bei der Planung ihres Kanal-

portfolios berücksichtigen.

Bei den Bankgeschäften, die allgemein am

häufigsten vollzogen werden, lassen sich,

Internetbanken ausgenommen, Trends der

Kanalwahl erkennen (siehe Abb.3). Ein Konto

wird meistens in der Filiale eröffnet, Rech-

nungen hingegen werden vorwiegend online

beglichen. Andere Bankaktivitäten sind Geld-

einzahlungen, die Informationsbeschaffung zu

Produkten und Angeboten oder der Bezug von

Kontoauszügen.

Abbildung 3: Von Bankkunden bevorzuter Kanal je Aktivität

Eine konsequente, einzigartige und differen-

zierende Kundenerfahrung ist heute für

Banken der Schlüssel für zukünftiges Wachs-

tum und Rentabilität.

Best Practice Cases

Noch immer tut sich eine Vielzahl von Bank-

unternehmen schwer, den Kunden die

angemessene zentrale Geschäftsbedeutung

zukommen zu lassen. Gleichzeitig gibt es

mehrere Erfolgsbeispiele:

Die dänische Danske Bank demonstriert ihren

Einsatz für mehr Transparenz und Enga-

gement, indem sie Crowdsourcing im Bereich

Social Media einsetzt. Auf der Onlineplattform

Facebook wurden die Kunden zum Thema

„Mobile Banking“ befragt und gebeten, Verbes-

serungsvorschläge für die bereits existierende

mobile App einzureichen. Die Aktion war sehr

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erfolgreich, und wurde später auf weitere

Themenfelder wie z.B. den Bereich Hypo-

theken übertragen.

In den Niederlanden hat die SNS Bank ihr

Filialkonzept modernisiert, das in ein Netzwerk

aus beratungsfokussierten und bargeldlosen

Banking Shops transformiert wurde. Das

besondere an diesem Konzept ist das kunden-

orientierte Interior Design der Filialen: In groß-

zügigen Räumlichkeiten sind sie mit

unterschiedlichen technischen Geräten

ausgestattet, die es den Kunden ermöglichen,

verschiedenste Bankgeschäfte selbstständig

und komfortabel auszuführen. Mit einem

zusätzlich im Vergleich zu Wettbewerbern

größeren Angebot an Bankberatern hat sich

die Bank merklich und erfolgreich vom

traditionellen Filialgeschäft differenziert.

Darüberhinaus spielt auch das Werte-

versprechen bei vielen Banken heute eine

zunehmend wichtigere Rolle. Die US-

amerikanische TD Bank hat ihren Fokus auf

die Schaffung einer überdurchschnittlichen

Kundenerfahrung gelegt. Sie vermittelt den

Kunden das permanente Versprechen,

„America’s most convenient bank“, also

Amerikas komfortabelste Bank zu sein. Filialen

an hoch frequentierten Punkten haben täglich

geöffnet, oft bis Mitternacht. Die Bank nutzt

„Mystery Shopping“, um Filialen und Mitar-

beiterverhalten regelmäßig zu kontrollieren.

Überragende Leistungen in der Beziehung

zum Kunden und hohe Ergebnisqualität von

Mitarbeitern werden honoriert, was deren

Motivation und Arbeitsleistung zusätzlich

steigert.

Messung von Customer Centricity

Um Customer Centricity messen zu können,

muss zunächst individuell ermittelt werden,

was überhaupt gemessen werden soll, welche

Informationen und Daten dazu notwendig sind

und woher diese bezogen werden können. So

sollten zunächst Kennzahlen und Richtwerte

definiert werden, anhand welcher die Kunden-

zentrierung einer Bank gemessen werden

kann und die einen kontinuierlichen Abgleich

mit dem Wettbewerb ermöglichen. Dies kann

zum Beispiel die Kundenzufriedenheit

allgemein, die Dauer eines Kontoeröffnungs-

prozesses oder die durchschnittliche Frequenz

von Filialbesuchen je Kunde sein. Vielfach

liefern die bereits vorhandenen Kundendaten

aussagekräftige Informationen zu Kunden-

struktur, -bedürfnissen und -anforderungen.

Darüber hinaus können Kundenmeinungen

durch Befragungen, die Auswertung von

Internetforen oder anderen sozialen Medien,

sowie den Kundenservice eingeholt werden.

Insbesondere ethnografische Marktfor-

schungstechniken eignen sich dazu zu

erfassen, wie der Kunde seine Bank und ihre

Produkte und Services aktuell wahrnimmt.

Dabei wird der Kunde, sein Verhalten und sein

Umfeld beobachtet. Daneben sind Mitarbeiter-

interviews oder die Einsicht interner Kommuni-

kationsplattformen und des Intranets hilfreich,

um die Wahrnehmung und Umsetzung von

Customer Centricity innerhalb des Unter-

nehmens realistisch einschätzen zu können.

Zudem kann kann die Erstellung und Nutzung

einer Customer Centricity Scorecard helfen,

die Unternehmensstrategie in konkrete opera-

tive Maßnahmen zu übersetzen. Die tradi-

tionellen finanziellen Kennzahlen werden dabei

durch weitere Perspektiven ergänzt. Die

Kunden-perspektive etwa drückt aus, wie das

Unternehmen operieren sollte, um seine

strate-gischen Ziele in Bezug auf die

identifizierten Kunden- und Marktsegmente zu

erreichen. Hierzu werden individuelle

Kennzahlen, Zielvorgaben und Maßnahmen

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entwickelt. Daneben wird die komplette

Wertschöpfungskette aus Prozessperspektive

beleuchtet und erarbeitet, welche Maßnahmen

notwendig sind, um die definierten Ziele aus

finanzieller und Kundensicht zu erreichen.

Fazit

Der Wandel von der Produkt- zur Kunden-

orientierung ist heute ein wichtiger Schritt für

alle Banken, die auch weiterhin wettbewerbs-

fähig am Markt bestehen möchten - denn

richtig verstanden und implementiert bringt

Customer Centricity jedem Unternehmen einen

beachtlichen Mehrwert. Der kundenzentrierte

Blick einer Bank führt zu größerer Loyalität und

Zufriedenheit von Bestandskunden, Weiter-

empfehlungen durch diese, stärkerer

Neukundengewinnung und letztendlich zu

höheren Erlös- und Gewinnmargen. Sie hilft

besonders auf lange Sicht, nachhaltiges

Wachstum und überdurchschnittliche Rentabi-

lität zu sichern.

Finanzinstitutionen bekommen die Möglichkeit,

mit ihren Kunden eine auf Vertrauen basie-

rende Verbindung einzugehen. Häufig muss

eine Bank jedoch den großen Schritt wagen

und nicht nur einzelne punktuelle

Veränderungen vornehmen.

EARLY BRANDS verfügt über eine um-

fassende Expertise und Erfahrung in der

Konzeption und Umsetzung von Strategien

der Kundenzentrierung für führende

Unternehmen in unterschiedlichsten Branchen

– von der individuellen Strategieentwicklung

bis zur Implementierung und Erfolgsmessung.

Autoren:

Alexander Witte

Managing Director

[email protected]

Theresa Roling

Research

[email protected]

Herausgeber:

EARLY BRANDS Management Consultants

EARLY BRANDS ist Ihr Partner für marktorien-

tierte Unternehmensführung.

Bereits seit 2006 arbeiten wir erfolgreich mit

führenden Unternehmen und Konzernen zu-

sammen, national und international.

Wir unterstützen unsere Klienten dabei Wachs-

tum und Wertschöpfungskraft durch ein markt-

und kundenorientiertes Vorgehen nachhaltig zu

steigern.

www.earlybrands.de