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DaF unterrichten Basiswissen Didaktik Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Michaela Brinitzer Hans-jurgen Hantschel Sandra Kroemer Monika Moiler-Frorath Lourdes Ros

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DaF unterrichten

Basiswissen Didaktik Deutsch als Fremd- und Zweitsprache

Michaela Brinitzer Hans-jurgen Hantschel Sandra Kroemer Monika Moiler-Frorath Lourdes Ros

Stellenwert der Phonetik Es gibt Lernende mit sehr guten Sprachkenntnissen, die vieiieicht auch schon lange im Zielsprachenland leben, deren Aussprache aber eher schlecht ist. Warum anderl sie sich nicht automatisch mit - wird sozusagen ,,eingeschliffen"?

Wie wichtig die Phonetik ist, belegen u.a. Untersuchungen, die zeigen, dass Zuwande- rer mit guter Aussprache bei der Arbeitssuche in Deutschland bei gleicher Qualifika- tion bevorzugt werden. Wer eine gute Aussprache hat, den halt man automatisch fur intelligenter und dessen Sprachkenntnisse ~ e r d ~ a u c h insgesamt besser eingeschatzt.

Welchen Stellenwerl hat die Phonetik bei lhnen im Unterricht? Wahrscheinlich klaffen Bedarf und tatsachliches Tun in den meisten Deutschkursen noch immer weit ausei- nander. Mittlerweile gibt es zwar kaum ein Lehrwerk rnehr ohne Phonetik. Trotzdem berichten viele Lehrende, dass sie sich mit der Phonetik unsicher und allein gelassen fiihlen, die ijbungen in vielen Lehrwerken nur mehr oder weniger sinnvoll finden.

Grundiagen der Artikulatiot, Die Phonetik umfasst lwei grof3e Teilbereiche: Erstens die Intonation, also alles, was !n:~;~!atit :I ,,>v:!

mit dern sprachlichen Rhythmus (auch Betonungen und Pausen), den Melodieverlau- :1:l,fi2"'A 'c'.

fen und der Klangfarbe zu tun hat. Der lweite Bereich urnfasst die Einzellaute, also z. B. den artikulatorischen Unterschied zwischen einern ,,rr' und ,,I" oder zwischen langen und kurzenvokalen.

.. .~ . , . , ( ! , Z L , 1 8 , Man sollte bereits im Anfangerunterricht (in den ersten 20-25 Unterrichtsstunden) ':'#,,-.,,I-:;, - ' ,-<

die Wurzeln fijr beide Bereiche legen. Dabei ist es wichtig, dass phonetische ijbun- '5''-$.' A!cK.2n, iL~~mi

gen immer an lnhalt angebunden sind und mit bekanntem Wortschatz bzw. anhand von bekannten Texten durchgefuhrt werden. Am besten arbeiten Sie rnit Material, das ohnehin gerade im Unterricht behandelt wird, damit die Phonetik an die anderen Unterrichtsbereiche gekoppelt ist.

Irn Bereich der Intonation kann man mit den wichtigsten Wortbetonungsmustem (Wortakzenten) beginnen. Naturlich sind letztendlich die vollstandigen lntonations- muster das Lernziel, aber urn zu wissen, wo der Satzakzent ist, muss man auch die Be- tonung des Wortes kennen, auf dem er liegt.

Es ernpfiehlt sich also, den Lernenden ein System zur Verfugungzu stellen, rnit dem sie -'L,,:I?L;!: :,;:,

die Akzente auch selbst finden konnen. ?,),. , ,. L:,.

Fur die Einzellaute ist es sinnvoll, zunachst an den artikulatorischen Grundeinstellun- gen zu arbeiten, die fur das Deutsche typisch sind. Manchmal kann man sich tatsach- lich die langwierige Arbeit an einzelnen Lauten sparen, wenn die Grundeinstellungen der Artikulation -also der Grad der Mundoffnung, die Artikulationsspannung GArbeit" der Lippen) und die Zungenposition - stirnrnen. Dafur kann es gut sein, richtige ,,Gym- nastik"fur die Artikulation zu rnachen.

Es reicht bei der Phonetik nicht auf kognitivem Wege Regeln zu verstehen, fur die At- mung und Artikulation mussen hunderte von kleinen Muskeln in Bewegung gesetzt werden. Das lneinandergreifen der fur die Artikulation und Atrnung verantwortlichen Muskeln verlauft in allen Sprachen anders: Abgesehen davon, dass Laute unterschied- lich ausgesprochen werden oder gar nicht existieren, der Silbenaufbau sowie die Koar- tikulation a l s o die Art und Weise, wie sich aufeinander folgende Laute beeinflussen - nicht gleich sind, geht es grundsatzlich um:

die Starke des Zwerchfelleinsatzes den Grad der Mundoffnung die Muskulatur der Lippen (ihre Starke und Beweglichkeit) die Position der Zunge die besonders genutzten Resonanzraume

Das Deutsche hat im Vergleich zu vielen anderen Sprachen eine groi3e Mundoffnung (man kann meist zwischen den Zahnreihen durchsehen) und eine relativ starke Arti- kulationsspannung bzw. ,,Arbeit" der Lippenrnuskulatur (die bei einigen TN gar nicht ausgebildet ist). Die Zunge befindet sich im vorderen Mundbereich, die Zungenspitze beruhrt fast immer die unteren Schneidezahne. Aui3erdem benotigt das Deutsche fur viele Konsonanten einen starken Zwerchfelleinsatz, den man erfuhlen kann, wenn man die Hande in Zwerchfellhoheauf den Bauch oder den Rucken legt.

Die Fahigkeit, Laute uber das Horen zu differenzieren nimmt mit zunehmendem Alter ab. Wir horen ,,kategorisch", d. h. wir fassen einzelne Laute in Lautgruppen zusammen und nennen sie 2.B. ,,a': So erkennen wir ein norddeutsches und ein suddeutsches ,,a" als den gleichen Laut ,,a". Das bedeutet, dass wir schon sehr fruh alles durch das Lautsystem der Erstsprache oder einer fruher gelernten Fremdsprache horen, und die Phonetik deshalb besonders anfillig fur lnterferenzen ist. Gerade ahnliche Laute, die aber eben doch nicht genau gleich ausgesprochen werden, sind schwierig.

Die Artikulation in der Erstsprache ist nicht anstrengend, sondern passiert automa- tisch, sobald man losspricht. In der Fremdsprache benotigt man fur die Artikulation je- doch eine sehr groi3e Bewusstheit und sehr vie1 Energie. Das ist auch ein Grund dafur, dass manche TN im Phonetiktraining so schnell errnuden.

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Fur das Phonetiktraining im Unterricht empfiehlt den Horen zur arbeiten, sondern die TN auch die I und die Artikulation der Laute (oder andere Phan~ Einsatz unterstutzender Bewegungen ist hilfreich.

Daruber hinaus kann es sehr effektiv sein, an der I Lippen und Zunge zu arbeiten. Dann klingt es plo Arbeit in einzelne Laute investiert. Eine Art von Atem- und Artikulationsgymnastik, ( korperlichen Vorgange, sondern auch zur Starkunl und die Artikulation gebrauchten Muskeln fuhrt, i Sport muss die Muskulatur fur die andere Sprach, einen Marathon braucht man ein Trainingsprograr gange automatisieren konnen.

Die Grundlagen der Artikulation im Deutschen we erklart.

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Stellen Sie sich vor, Sie haben im Lehrwerk die ersl Wortschatz und Strukturen sind bekannt. Wenn Si, S. 63) erstellt haben, konnen Sie damit ein neues 1 tieren Sie am Anfang alle Worter, die mehr als drc es um ein Grundsystem, dieses verrnitten Sie am silbigen Worter: DieTN und Sie stehen im Kreis und iedelrzieht eine ,,klatschen", ,,laut" und ,,leise" ein und zeigen Sie d Klatschen. Beginnen Sie dann mit lhrer Karte: Sie kl weder laut und leise, je nachdem, ob die Silbe bet01 holen (klatschen und sprechen) das Wort. Dann ver auf'seinerlihrer Karte zu klatschen.

Phonetik irn UnterrichtZ Phonet ik ist Sport

Fur das Phonetiktraining im Unterricht ernpfiehlt es sich, nicht nur am differenzieren- den Horen zur arbeiten, sondern die TN auch die korperlichen Vorgange wahrnehrnen und die Artikulation der Laute (oder andere Phanornene) erfiihlen zu lassen. Auch der Einsatz unterstutzender Bewegungen ist hilfreich.

Daruber hinaus kann es sehr effektiv sein, an der Grundeinstellung von Mundoffnung, Lippen und Zunge zu arbeiten. Dann klingt es plotzlich ,,deutsch, ohne dass man vie1 Arbeit in einzelne Laute investiert. Eine Art von Atem- und Artikulationsgymnastik, die nicht nur zurn Wahrnehrnen der korperlichen Vorgange, sondern auch zur Starkung und Elastizitat der fur die Atmung und die Artikulation gebrauchten Muskeln fuhrt, kann auch sehr sinnvoil sein. Wie im Sport muss die Muskulatur fur die andere Sprache ,,angewarmt" werden, und wie fur einen Marathon braucht man ein Trainingsprograrnm und vie1 Zeit, damit sich die Vor- gange automatisieren konnen.

Die Grundlagen der Artikulation im Deutschen werden auch auf der beliegenden DVD erklart. ?hs;:e;it is! Sporr:

Grilndlage, Jc-- Ar t i k~~ la t i ~?

Einfuhrung der Wor tbe tonungsmuste~

Stellen Sie sich vor, Sie haben im Lehrwerk die en te Lektion inhaltlich abgeschlossen, ~:1:;~?,,~~1;5:r~e

Wortschatz und Strukturen sind bekannt. Wenn Sie Wortschatzkarten (- Wortschatz, ?Jius:c-;~!̂ lai:::',.3n

S. 63) erstellt haben, konnen Sie darnit ein neues phonetisches Thema einfuhren. Sor- '"""''ia''-'c'i't'.'

tieren Sie am Anfang alle Worter, die rnehr als drei Silben haben, aus. Zunachst geht es um ein Grundsystem, dieses verrnitteln Sie am besten anhand der zwei- und drei- silbigen Worter: Die TN und Sie stehen im Kreis und jedelr zieht eine Karte. Fuhren Sie zuerst die Worter ,,klatschen", ,.laut" und ,,leise" ein und zeigen Sie das anhand von lautern bzw. leisern Klatschen. Beginnen Sie dann m i t lhrer Karte: Sie klatschen alle Silben des Wortes, ent- weder laut und leise, je nachdern, ob die Silbe betont oder unbetont ist. Die TN wieder- holen (klatschen und sprechen) das Wort. Dann versucht deridie nachste TN, das Wort ayf'seineriihrer Karte zu klatschen.

2 Die Autorin is t Expenin fur Aussprache im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (www.aussprachetrainig.de) und erhielt 2001 den Preis fijr Innovation in der Emachsenenbildung vom Deutschen lnstitut fur Emachsenenbildung (DIE) fur ihr Projekt ,,Intonation uber Rhythmus und Klang':

Wenn es nicht stimmt, wiederholen Sie es einfach richtig. Alle TN sprechen und klatschen wieder nach, bis jedelr einmal dran war. So ergeben sich folgende Betonungsmoglichkeiten:

~ ' " v . , . ~ -n - . .~ =,>- , . .- -. . . . -. . , ,ii':~

Betonungsmuster: lau leise leise-laut leise-laut-leise

cc7e- Beispiel: * e m e Beruf besuchen -

Die TN, die das gleiche Wortbetonungsmuster haben, stellen sich als Gruppe zusam- men, meist kann man M schon die Haufigkeiten erkennen: am haufigsten ist das erste Muster (laut-leise), gefolgt vom meiten Muster (laut-leise-leise). Die beiden Muster ,,leise-laut" und ,)eise-laut-1eise"sind eher die Ausnahme - typisch fur das Deutsche ist die Anfangsbetonung. Jede Gruppe bekommt dann einen Stapel Wortschatzkarten, die sie nach den erarbei- teten Betonungsmustern sortieren soll. Zur Ergebnissicherung sollten die Gruppen je- weils ein Muster im Chor sprechen und klatschen. Anschlienend versuchen die TN in Gruppenarbeit Regeln zu finden: Welche Worter bzw. Wortarten werden nach weichem Muster betont? Im ersten Muster tindet man alle Wortarten, im zweiten die meisten dreisilbigen Verben sowie trennbare Verben und Komposita. In der Gruppe der ,,Aus- nahmemuster'; die leise beginnen, kommen sehr viele Fremdworter (Musik, Cafe, Pro- fessor), meisilbige Frageworter (woher, warum) und alle Ableitungen der nicht trenn- baren Verben vor.

Im Anfangerunterricht sollten die Regeln nach und nach erarbeitet werden und die Muster mit Beispielen visualisiert werden. Lassen Sie die TN z. B. ein Plakat erstellen, das im Kursraum hangt und sukzessive erganzt werden kann.

!I ~- .. . . .-s - 2 Bei langeren Wortern, die spater erarbeitet werden, werden die Grundmuster kombi-

'I ; ~. . =. :, . ; - , niert: in dem Wort ,,Auslanderbehorde"folgt auf das Muster ,,laut-leise-1eise"das Mus-

! 1 ter ,,leise-laut-leise":

I @ a a :i % . r

Auslanderbehorde I Hier stellt sich auch die Frage nach dem Wortakzent, da es mehr als eine laute Silbe im Wort gibt. Liegt der Wortakzent auf ,,Aus" oder ,,her"? Normalerweise liegt er auf der ersten lauten Silbe, allerdings kommt es - wenn Kontraste moglich sind - zu inhaltlich genaueren Bestimmungen durch den Akzent. Ein Beispiel ware das Wort ,,Bundesau- fienminister", hierwiirde der Wortakzent auf der zweiten lauten Silbe liegen (auf ,,au"), weil es unterschiedliche Minister gibt.

Ein weiteres Wortbetonungsrnuster gilt fur Worter rnit lateinischen, griech~schen oder franzosischen Endungen, die irn Anfangerunterricht aber selten vorkornrnen. Worter wie ,,Nationalitat" und ,,Information" haben eine fur das Deutsche untypische Endbe- tonung, es wird die ,,frernde Endung" betont.

In Lehrwerken werden oft Horubungen zurn Wortakzent vorgeschlagen, in denen alle Wortbetonungsrnuster vorkomrnen. Es kann aber sehr sinnvoll sein, das dahinterlie- gende System Stick fur Stuck zu erarbeiten, damit die TN es auch alleine kennen, horen und erklaren konnen. Aui3erdern gibt das Lehrwerk oft keinen Hinweis darauf, worauf genau gehort werden soll: Die Betonungen konnen wie hier uber die Laut- starke erarbeitet werden oder aber uber die Tonhohe - die betonten Silben sind nor- rnalerweise in der Melodie hoher als die anderen. Man kann also die Worter auch gut surnrnen und erraten lassen.

Beispiele fur die Wortbetonungsrnuster irn Deutschen finden Sie auf der DVD.

Was ist typisch fiir die Zielsprache Deutsch? Da wir zurnindest irn Inland rneistens Kurse rnit TN aus sehr vielen unterschiedlichen Landern haben, ist es unrnoglich, das Lautsystern aller Herkunftssprachen genau zu kennen und direkt kontrastiv zu arbeiten. Also warurn das Ganze nicht urngekehrt an- gehen und fragen: Was ist irn Klang und in der Artikulation typisch fur das Deutsche? Was ist so charakte- ristisch, dass es fur fast alle Deutschlernenden eine Herausforderung darstellt - wenn auch in unterschiedlichem AusrnaS? Die grundsatzlichen Einstellungen fur Atrnung und Artikulation wurden bereits be- schrieben ( . S . 84).

Typisch fur das Deutsche ist die starke Trennung der Worter, in anderen Sprachen wer- den die einzelnen Worter rniteinander verbunden. Phanornene, die das begunstigen, sind der Glottisschlag und die Auslautverhartung.

Beirn Glottisschlag (auch Knacklaut, harter Vokaleinsatz oder Neueinsatz genannt) schliei3en die Stirnrnbander einen Moment und erzeugen so ein leichtes ,,Knackge- rausch". Der Glottisschlag ist sehr charakteristisch fur die deutsche Sprache, er tritt irnrner vorvokalen auf, wenn sie einzeln ausgesprochen werden oder am Silbenanfang stehen.

Bei der Auslautverhartung wird das Ende einer Silbe hart bzw. stirnrnlos -ein geschrie- benes ,,b", ,,d" oder ,,g" wird zu einern gesprochenen ,,p': .t" oder ,,k: ebenso wie am Ende einer Silbe nur das stirnrnlose ,,s"vorkornrnt.

Deutsch hat eine progressive Assimilation, das bedeutet, dass in der Koartikulation der vorangehende Laut den nachfolgenden beeinflusst: In ,,das sagt" folgt auf ein stirnrn- loses ein stirnmhaftes ,,s': gesprochen wird rneistens nur das stirnrnlose. Die rneisten Deutschlernenden rnit slawischer oder z. T. auch rornanischer Erstsprache wurden es .

aber genau andersherum realisieren, sie wiirden nur ein stimmhaftes ,,s" sprecher weil in diesen Sprachen die Assimilation regressiv ist, also der nachfolgende den VOI

hergehenden Laut beeinflusst.

Vakallsnge Auflerdem spielen im Deutschen die langen und kurzen Vokale eine wichtige Rollc auch wenn die ,,Energie"im Deutschen eher von den Konsonanten kommt.

Einzellaute Fur den Phonetikunterricht ist es sehr sinnvoll, die Laute zu systematisieren, also i r systematisieren Gruppen einzuteilen, die zusammen gelernt werden kijnnen. So sind 2.0. .pr: ,,t" unc

,,k"durch das gemeinsame Merkmal der Behauchungeine Gruppe, die gemeinsam be handelt werden kann. Sie werden von den meisten TN zu weich und ohne Luft ausge sprochen. Auch Laute wie ,,schf; ,,chl"(ich-Laut) und ,,ch2"(ach-Laut), daS .r'; manchma ,,I: ,,h ,,ngr'oder das stimmhafte ,,s" konnen TN Probleme bereiten.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig und sensibel gerade der Bereich der Tonhohen ist und wie schnell es zu Missverstandnissen kommt - interkulturell, aber auch innerhalb einer Sprache. Ein Tonhohenverlauf, der am Ende der Aussage nicht tief genug fallt,

kann dazu fuhren, dass der Sprecher nicht ernst genommen wird bzw. fur nicht kom- petent gehalten wird. Ein Fallen der Tonhahe mitten im Satz oder am Komma kann dazu flihren, dass man unterbrochen wird, weil das Fallen talschlicherweise das Ende der Aussage signalisiert.

Auch wenn die Intonation je nach Situation oder Stimrnungslage variieren kann, lohnt es sich, den Lernenden zunachst Prototypen zu zeigen, damit sie uberhaupt in der Lage sind, Abweichungen wahrzunehmen.

Das lntonationssystem im Deutschen hat u.a. folgende Aufgaben: Der Satzakzent, also das inhaltlich wichtigste Wort im Satz, wird von den Sprechenden Wzdk~ei.:.

in erster Linie durch die Tonhohe klar rnarkiert und hervorgehoben, damit erreicht es auch die Zuhorenden. Es geht also um nicht weniger als das Transportieren wichtiger Botschaften, deshalb ist das Erkennen des Satzakzents auch so entscheidend fur das Horverstehen. Ebenso werden die verschiedenen Satztypen durch Tonhohen markiert: Aussagesatze, Zb,.?.?=~:y

Entscheidungsfragen und W-Fragen (Fragen mit einem Fragewort am Anfang) sowie die so genannte Progredienz (also Weiterfuhrung) am Komma. Die intonatorischen Muster, also in erster Linie derTonhohenverlauf, spielen auch eine S L I ' ~ : + - ? I . - ? C ~ ~ ~ '

wichtige Rolle beim Sprecherwechsel. AulSerdem konnen sie die Emotion des Sprechenden zeigen bzw. transportieren.

Die meisten Lehrenden wissen, dass am Ende des Satresewas mit derTonhohe pas- i s ; -+ . - ; . . j ;8sae siert, oft wird z. B. erklart, dass bei einem Punktdie Stimmefallt, wahrend sie bei einem ~ . : 2 ~ : ~ ~ ~ ~ ' ~ z ~ ~ 7 ~ ~ ~ : ~ :

Fragezeichen nach oben geht. Wenn Sie das uberprufen, werden Sie schnell feststel- len, dass es so nicht stimmt, sondern dass z. B. be1 der Frage: ,,Wie geht es dir?" norma- lenveise die Stimme am Ende fallt.

Fiir den Tonhohenverlauf ist nicht nur das Ende des Satzes (bm. das Satzzeichen) aus- schlaggebend, sondern auch der Satrakrent. Dieser steht irn Deutschen meistens am Ende des Satzes bzw. der Sinneinheit. Im Aussagesatz steigt die Tonhohe normaler- weise am Akzent und fallt am Ende, ebenso beim Ausrufesatz und meist bei den W- Fragen. Bei den Entscheidungsfragen wird das Muster umgedreht: Die Tonhohe fallt am Satzakzent und steigt dann bis zum Satzende. Dieses Muster wird als besonders freundlich und hoflich empfunden.

Das sind die haufigsten Muster, grundsatzlich kann aber statt des Hochtonakzents auch ein Tieftonakent gesetzt werden. Wichtig ist, dass ein Tonhohensprung nach oben oder unten den Satzakzent rnarkiert. Auch bei einern Komma kann die Betonung des Satzakzentes nach unten oder oben gehen, direkt am Komma wird durch eine ganz leicht steigendeTonhohe gezeigt, dass der Satz nocj) weiter geht, so dass man das Rederecht behalt.

Wie es weiter geht: Intonation Auch im fortgeschrittenen Unterricht kann Klatschen zur Betonung des Wortakzents untersti:rende

eingesetzt werden, fur den Satzakzent kann man mit dern FuD starnpfen. Bewegungen

Fur die Tonhohen kann man die Melodiebewegung parallel zurn Sprechen rnit dern i ; Arm in die Luft rnalen.

Es bietet sich immer an, die Aussprache durch Bewegungen und Visualisierungen zu untentutzen. In (bekannten) Texten konnen z. B. der Silbenrhythrnus, die Satzakzente und Tonhohen rnarkiert werden. Oder auch alle ,,p: .t'; ,,k: die aspiriert werden (Ach- tung: Auslautverhartung!), oder alle langen und kurzen Vokale - je nachdern, was ge- rade im Fokus steht. Diese Visualisierungen sind sehr wichtig, weil die TN sonst beirn Lesen bzw. Sprechen vieles ubersehen. Das fokussierte Phanornen sollte irnmer zuerst irn Text rnarkiert wer- den, bevor dieser rnit der fur das Phanornen festgelegten Bewegung gesprochen wird.

Die Bewegungen sollten auch regelrnaflig das freie Sprechen begleiten (irnrner nur :re.es Sprecheiq

ein fokussiertes Phanornen). Dadurch wird m a r eventuell das Sprechternpo der TN verlangsarnt, aber ansonsten is t die Gefahr zu groD, dass die Aussprache beirn Lesen von Texten zwar sehr gut ist, den TN jedoch die Ubertragung auf das freie Sprechen nicht gelingt.

Das laute Lesen einesTextes ist nicht autornatisch eine phonetische Ubung. Wenn man Iautes iesec

das laute Lesen eines bekanntenTextes als solche einsetzen rnochte, ist es sinnvoll, ein bestirnrntes phonetisches Phanornen (2.0. die Melodie) fur die Ubung zu fokussieren und dieses zuerst irn Text zu rnarkieren bzw. rnarkieren zu lassen und dann wahrend des Lesens rnit der festgelegten Bewegung zu verbinden.

Wie es weiter geht: Einzellaute Urn Laute artikulatorisch zu finden, bietet es sich an, sie durch Bewegungen oder un- Be~wegangi-n niy:-l

terschiedliche Hilfsrnittel zu unterstutzen. Das ist zurn einen sehr hilfreich, wenn die mehrfaci. be1e.e~

Ohren die Differenzierung eben nicht alleine schaffen. Auflerdern haben die unterstut- zenden Bewegungen gleichzeitig die Funktion, das Gehirn irnrner wieder daran zu er- innern, dass es jetzt genau urn diesen Laut geht, so dass sich Autornatisrnen bilden konnen. Eine Bewegung bzw. ein bestirnrntes Hilfsrnittel darf also auch nur fur einen Laut oder eine Lautgruppe eingesetzt werden.

Die Vorschlage fur die Bewegungen haben norrnaleweise etwas rnit dern Artikulati- onsort und der Artikulationsart zu tun.

Konsonanten

Laute haben Bewegungsrichtungen: beirn ,,sch" 2.0. kornrnt man schon beirn Blick auf die Lippen und uber die Wahrnehrnung des starken Zwerchfellirnpulses auf eine Bewegung nach vorne. Wie diese dann genau aussieht, ob man vielleicht beide Arrne nach vorne streckt und etwas schiebt oder ob man eine Bewegung rnacht, als wurde man Huhner ,,scheuchen" (beide ldeen starnrnen aus der Atern; Sprech- und

.,, , .

I i i ; I 1 ! 1 , s , I

j , : I " 1 ! 1 1 ; : I i ;

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Stirnmlehrerschule Schlaffhorst-Andersen), spielt keine Rolle, wichtig ist, dass man fijr den Kurs bzw. die TN einrnal eine bestirnrnte Bewegung festlegt und diese dann fur einen langeren Zeitraum Gultigkeit hat. Diese Bewegung begleitet dann das Lesen von Wortschatzkarten, Dialogen und Texten oder das freie Sprechen - naturlich nicht irnmer, sondern fur eine gezielte Aufgabe.

. - .,:, :.: .- : . .. - . . . Bei den Bewegungen ist es wichtig, dass sie ganz sauber nur den jeweiligen Laut be- - ' j gleiten (nicht das ganze Wort), auch wenn dadurch der Laut ubertrieben bzw. langer

ausgesprochen wird. Dieses Vorgehen bewirkt, dass die Bewegung fur das Gehirn zur festen Erinnerungsrnoglichkeit wird - viele TN sagen, dass sie die B'ewegungen beim Sprechen jetzt imrner rnitdenken, die Erinnerungfunktioniert also.

~ ~ . . . ... Unterschiedliche Bewegungen bzw. Hilfsrnittel eignen sich auch gut, urn zwei Laute zu , . .. .~ .. =:.,:: kontrastieren, die Probleme bereiten bzw. in der Erstsprache der TN nicht existieren

oder nicht kontrastiert werden. Manchrnal werden diese dann wie Allophone - also wie Varianten desselben Lautes - wahrgenornrnen. Ein Beispiel ist das .,b und ,,w"fur TN mit der Herkunftssprache Spanisch.Zunachst rnussen die TN die verschiedenen Ar- tikulationen uber die Wahrnehrnung und Bewegungen tinden, dann kann man beide Laute kontrastieren: Wahrend des Sprechens kann man fur das ,,b" einem Ball aufprel- len und fur das ,,w"ein schweres Sandsackchen rnit der Hand nach vorn fuhren. Nach- dern die beiden Laute in Satzen und Texten unterschiedlich rnarkiert wurden, werden sie gesprochen und die beiden Bewegungen koordiniert und kontrastiert.

'.L .. -.r. Konkrete Beispiele fur die Kornbination von Bewegungen und Konsonanten finden Sie

. . . ~ . . . . .. . ~~. ..

auf der DVD. . . ~ . ~ . . . , .

Probieren Sie ruhig auch selbst ein wenig und tinden Sie lhre personlichen Bewegun- gen, denn je ilberzeugender man die Bewegungen prasentiert, desto leichter lassen sich auch dieTN darauf ein. Naturlich sollten die Bewegungen irnmer konkret zur Arti- kulation der Laute passen.

. ~. .- ~. . . ' : Fur die Unterscheidung von langen und kurzen Vokale kann man zwei Bewegungen kornbinieren: ein Arm macht eine Bewegung zur Seite fur die Lange. Diese Bewegung zeigt die Zeit und die Spannung (lange Vokale heii3en auch gespannte Vokale), der Arm fallt bei den kurzen Vokalen (ungespanntevokale). Dieser zeitliche Unterschied al- lein liefert jedoch den Klangunterschied zwischen einem langen und kurzen ,,o"wie in ,,Ofen" und ,,offen"nicht. Zusatzlich muss der Mund sich bei kurzen Vokalen ein wenig offnen bzw. der Unterkiefer ein wenig fallen. Deshalb wird die andere Hand unter das Kinn gelegt, urn die Mundoffnungfuhlen zu konnen.

Zurn Einijben kann man spater auch Hilfsrnittel wie Einrnachgurnrnis verwenden: Zwei Personen greifen jeweils rnit einer Hand in das Gumrni und stehen so weit auseinan- der, dass das Gumrni zwischen ihnen eine Grundspannung hat. Sie sprechen einen Text und ziehen bei den langen Vokalen das Gurnrni rnit dern ganzen Korper seitwarts ge- richtet auseinander und nahern sich danach wieder an.

Man kann auch einen springenden Ball fur die kurzen Vokale nehrnen und ein Tuch, das langsam zu Boden fallt, fur die langen Vokale - die Vokale spricht man so lange aus, bis das Tuch am Boden liegt.

Konkrete Beispiele fur die Arbeit an der Vokallange in Kornbination mit Hilfsmitteln und Bewegungen finden Sie auf der DVD.

Fehlerkorrektur Wie bei anderen Phanornenen irn Unterricht auch ist fur die Phonetik eine Korrektur nur dann sinnvoll, wenn derldie TN in der Lage ist, die Korrektur zu verstehen und um- zusetzen. Sie sollten irnrner dann auf Korrekturen verzichten, wenn dieTN stark rnit der eigenen Sprachproduktion beschaftigt sind oder das phonetische Phanomen noch gar nicht bekannt ist.

Fehler sollten Sie nur dann korrigieren, wenn sie das gerade fokussierte Therna betref- fen. Wenn es 2.6. urn .p", ,,t", ,,k geht, die rnit Vokalen zu ,,pa", ,,pe", ,,pi", ,,PO", ,,pu"etc. verbunden und gesprochen werden, dann werden Fehler bei den Vokalen nicht korri- giert, sondern nur .p", .t", ,,k.

Eine gute Moglichkeit fur eine individuelle Korrektur von einzelnen TN bieten Wirnrnel- ilbungen ( - Wortschatz. S. 69): Alle TN haben 2.6. eine Wortschatzkarte und sollen den Silbenrhythmus und Wortakzent klatschen oder summen. AnschlieBend tauschen die Partner die Karten und suchen sich ieweils neue Partner. Wenn Sie als KL ..mitwim-