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Darstellung und Analyse der sozialen Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart mit Daten aus dem Jahr 2016 Sozialdatenatlas

Darstellung und Analyse der sozialen Situation in der … · 2020. 10. 20. · 2.1ndikatoren aus dem SGB II – ALG II-Leistungs-Berechtige inkl. Sozialgeld I 23 2.2ndikatoren aus

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  • Darstellung und Analyse der sozialen Situationin der Landeshauptstadt Stuttgartmit Daten aus dem Jahr 2016

    Sozialdatenatlas

  • SozialdatenatlasDarstellung und Analyse der sozialen Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart mit Daten aus dem Jahr 2016 Landeshauptstadt StuttgartReferat Soziales und gesellschaftliche Integration

  • ImpressumHerausgeber: Landeshauptstadt Stuttgart

    September 2018

    Kontakt: Sozialamt Abteilung Sozialplanung, Sozialberichterstattung und Förderung Eberhardstraße 33, 70173 Stuttgart Telefon: 0711 216-59061 E-Mail: [email protected]

    Autoren: Hanna Bader Catrin Hanke Sabrina Pott

    Karten: Hanna Bader

    Unterstützung: Claudia Brockhaus Heike Pedemonte Viktoriia Snida

    Daten zur Bevölkerung und zu den ALG II-Empfängern inkl. Sozialgeld (SGB II): Statistisches Amt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Redaktion: Gabriele Reichhardt

    Layout und Titelgrafik: Margit Slavik

    Druck: W. Kohlhammer Druckerei GmbH & Co. KG, Stuttgart

    © Landeshauptstadt Stuttgart Zitate aus dieser Publikation sind nur zulässig mit Angabe des Herausgebers und des Titels.

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 5

    Vorwort

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    mit dieser Veröffentlichung legen wir Ihnen zum vierten Mal den Sozialdatenatlas der Sozial-planung des Sozialamts der Landeshauptstadt Stuttgart vor. Er baut auf den Veröffentlichun-gen mit Daten aus den Jahren 2004, 2009 und 2013 auf.

    Der aktuelle Sozialdatenatlas analysiert die soziale Situation in der Landeshauptstadt Stutt-gart mit Daten zum Stichtag 31.12.2016. Ausgangspunkt sind Daten von Gruppen mit erhöh-tem Armutsrisiko.

    Alle Daten werden auf Ebene der 23 Stuttgarter Stadtbezirke und der 152 Stadtteile darge-stellt. Auf Stadtbezirksebene finden Vergleiche mit den Werten des Jahres 2013 statt. Über diesen kleinräumigen Ansatz werden Planungsgrundlagen für soziale Angebote sowie eine soziale Stadtentwicklung zur Verfügung gestellt.

    Ein neuer Ansatz in dieser Auflage ist die Darstellung von Leistungen nach dem Asylbewer-berleistungsgesetz, um die Auswirkungen der Flüchtlingskrise der Jahre 2015 / 2016 aufzu-zeigen. Dabei wird berücksichtigt, dass es sich um eine kommunal gesteuerte, dezentrale Unterbringung der geflüchteten Menschen handelt („Stuttgarter Weg“) und dass durch per-sonenbezogene Übergänge in Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II eine prozesshafte Veränderung eintreten wird.

    Für das Aufstellen von Handlungsleitlinien und konkreten Maßnahmen benötigen die kom-munale und politische Steuerung aufbereitete Daten. Diese Datenanalyse soll Grundlage für kommunale Planungsvorhaben, Ansätze der Zivilgesellschaft und Projekte der Träger der Wohlfahrtspflege sein. Das Referat Soziales und gesellschaftliche Integration wird aufbauend auf die Ergebnisse des Sozialdatenatlasses im Jahr 2019 mit vielen Kooperationspartnern eine stadtweite Armutskonferenz gestalten.

    Mit dem Sozialdatenatlas werden Grunddaten der sozialen Struktur unserer Stadtgesellschaft transparent zur Verfügung gestellt. Soziale Leistungen und Stadtentwicklung können sich so ergänzen, um soziale Teilhabe und gesellschaftliche Integration besser zu gestalten.

    Werner Wölfle

    Bürgermeister Referat Soziales und gesellschaftliche Integration

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 7

    1 Zielsetzung und Grundlagen 111.1 Zielsetzung 111.2 Vorgehensweise und Datengrundlagen 111.3 Räumliche Darstellungsebenen 121.4 Transferleistungen zur Sicherung und Unterstützung des Lebensunterhalts 2016 13

    2 Darstellung der Sozialindikatoren 232.1 Indikatoren aus dem SGB II – ALG II-Leistungs-Berechtige inkl. Sozialgeld 232.2 Indikatoren aus dem SGB XII – HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtige 292.3 Indikator aus SGB II und SGB XII – Grundsicherungsleistungs-Berechtige gesamt 312.4 Indikatoren aus dem WoGG – Wohngeld-Berechtigte 322.5 Indikatoren aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) 322.6 Bonuscard-Berechtigte – gesamt ab 6 Jahren 34

    3 Bevölkerungs- und Sozialstruktur der Stadtbezirke 35 Stadtgebiet Stuttgart 36 Stadtbezirk Mitte 37 Stadtbezirk Nord 38 Stadtbezirk Ost 39 Stadtbezirk Süd 40 Stadtbezirk West 41 Stadtbezirk Bad Cannstatt 42 Stadtbezirk Birkach 43 Stadtbezirk Botnang 44 Stadtbezirk Degerloch 45 Stadtbezirk Feuerbach 46 Stadtbezirk Hedelfingen 47 Stadtbezirk Möhringen 48 Stadtbezirk Mühlhausen 49 Stadtbezirk Münster 50 Stadtbezirk Obertürkheim 51 Stadtbezirk Plieningen 52 Stadtbezirk Sillenbuch 53 Stadtbezirk Stammheim 54 Stadtbezirk Untertürkheim 55 Stadtbezirk Vaihingen 56 Stadtbezirk Wangen 57 Stadtbezirk Weilimdorf 58 Stadtbezirk Zuffenhausen 59

    Seite

    Inhalt

  • 8 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Inhaltsverzeichnis

    4 Zielgruppenspezifische Analysen auf der Stadtteilebene 614.1 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – gesamt zum 31.12.2016 624.2 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 0 bis unter 6 Jahren zum 31.12.2016 684.3 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 6 bis unter 18 Jahren zum 31.12.2016 744.4 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 18 bis unter 35 Jahren zum 31.12.2016 804.5 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 35 bis unter 50 Jahren zum 31.12.2016 864.6 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 50 bis unter 65 Jahren zum 31.12.2016 924.7 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – nicht deutsch unter 65 Jahren zum 31.12.2016 984.8 Auswertung: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – alleinerziehende Bedarfsgemeinschaften zum 31.12.2016 1044.9 Auswertung: HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte (SGB XII) – ab 65 Jahren zum 31.12.2016 1104.10 Auswertung: HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte (SGB XII) – nicht deutsch ab 65 Jahren zum 31.12.2016 1164.11 Auswertung: HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte (SGB XII) – weiblich ab 65 Jahren zum 31.12.2016 1224.12 Auswertung: Grundsicherungsleistungs-Berechtigte (SGB II und XII) – gesamt zum 31.12.2016 1284.13 Auswertung: Wohngeld-Berechtigte (WoGG) – Haushalte gesamt zum 31.12.2016 1344.14 Auswertung: Berechtigte von Asylbewerberleistungen (AsylbLG) – gesamt zum 31.12.2016 1404.15 Auswertung: Berechtigte von Asylbewerberleistungen (AsylbLG) – unter 18 Jahren zum 31.12.2016 1464.16 Auswertung: Berechtigte von Asylbewerberleistungen (AsylbLG) – ab 18 Jahren zum 31.12.2016 1524.17 Auswertung: Bonuscard-Berechtigte – gesamt ab 6 Jahren zum 31.12.2016 1584.18 Zusammenfassende Betrachtung 163

    5 Ergebnisse der Clusteranalyse 1715.1 Darstellung der 8 Clustertypen 1715.2 Einteilung der Stadtteile in Cluster 173

    Seite

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 9

    Inhaltsverzeichnis

    6 Fazit und Ausblick 1796.1 Die soziale Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart 1796.2 Handlungsansätze der Landeshauptstadt Stuttgart 180

    Tabellen und KartenverzeichnisKarte + Tabelle 1: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – gesamt zum 31.12.2016 63Karte + Tabelle 2: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 0 bis unter 6 Jahren zum 31.12.2016 69Karte + Tabelle 3: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 6 bis unter 18 Jahren zum 31.12.2016 75Karte + Tabelle 4: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 18 bis unter 35 Jahren zum 31.12.2016 81Karte + Tabelle 5: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 35 bis unter 50 Jahren zum 31.12.2016 87Karte + Tabelle 6: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – 50 bis unter 65 Jahren zum 31.12.2016 93Karte + Tabelle 7: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – nicht deutsch unter 65 Jahren zum 31.12.2016 99Karte + Tabelle 8: ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. Sozialgeld (SGB II) – alleinerziehende Bedarfsgemeinschaften zum 31.12.2016 105Karte + Tabelle 9: HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte (SGB XII) – ab 65 Jahren zum 31.12.2016 111Karte + Tabelle 10: HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte (SGB XII) – nicht deutsch ab 65 Jahren zum 31.12.2016 117Karte + Tabelle 11: HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte (SGB XII) – weiblich ab 65 Jahren zum 31.12.2016 123Karte + Tabelle 12: Grundsicherungsleistungs-Berechtigte (SGB II und XII) – gesamt zum 31.12.2016 129Karte + Tabelle 13: Wohngeld-Berechtigte (WoGG) – Haushalte gesamt zum 31.12.2016 135Karte + Tabelle 14: Berechtigte von Asylbewerberleistungen (AsylbLG) gesamt zum 31.12.2016 141Karte + Tabelle 15: Berechtigte von Asylbewerberleistungen (AsylbLG) unter 18 Jahren zum 31.12.2016 147Karte + Tabelle 16: Berechtigte von Asylbewerberleistungen (AsylbLG) ab 18 Jahren zum 31.12.2016 153Karte + Tabelle 17: Bonuscard-Berechtigte – gesamt ab 6 Jahren zum 31.12.2016 159Karte 18: Einteilung der Stadtteile in Cluster nach Ausprägung der Sozialindikatoren zum 31.12.2016 177

    Seite

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 11

    1 Zielsetzung und Grundlagen

    1.1 Zielsetzung Hiermit liegt die vierte Veröffentlichung des Sozialdatenatlasses des Sozialamts Stuttgart – Darstellung und Analyse der sozialen Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart vor. Für diese Veröffentlichung wurden die Daten zum Stichtag 31.12.2016 ausgewertet.

    Datengrundlagen sind die Auswertungen von Daten zum SGB II (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld), zum SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung), des Wohngeldbezuges (WoGG), zu der Bonuscard-Berechtigung und erstmals zum Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

    Die Darstellung und die Analyse der sozialen Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart stellen wichtige Informationen für die Planung einer sozialen Infrastruktur für verschiedene Zielgruppen zur Verfügung. Für einige Bevölkerungsgruppen wie Alleinerziehende, Kinder, Ältere und nicht deutsche Einwohner1 liegen höhere Armutsrisiken vor. In den Kapiteln 2 und 3 werden diese Armutsrisiken in den Stadtbezirken und den Stadtteilen untersucht. Je stärker die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in einem Stadtteil von Armut betroffen sind, desto wahrscheinlicher ist eine Segregation innerhalb des Stadtgebiets.

    Innerhalb der Stadtteile der Landeshauptstadt Stuttgart liegen deutliche Unterschiede in den Anteilen von Empfängern von Transferleistungen vor. Die Identifikation der überdurchschnitt-lich stark betroffenen Gebiete und die Kenntnis der Anteile und der Anzahl der Leistungs- empfänger sind grundlegende Informationen über die soziale Situation in der Landeshaupt-stadt Stuttgart.

    Die sozialräumliche Darstellung gibt wichtige Hinweise für Ansatzpunkte für die räumliche Planung und Durchführung von Quartiersprojekten. Das Planen und Umsetzen von Angeboten, die auf die speziellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Einwohner abgestimmt sind, werden somit erleichtert.

    Damit eröffnet dieser Sozialdatenatlas sowohl der Politik, der Stadt- und der Sozialverwaltung, als auch interessierten Akteuren von sozialen Projekten einen zielgruppenübergreifenden Blick auf die Sozialstruktur der Stadtbezirke und Stadtteile der Landeshauptstadt Stuttgart.

    1.2 Vorgehensweise und Datengrundlagen Die Datenanalyse im Sozialdatenatlas ist mehrstufig und umfasst verschiedene Auswertungs- und Darstellungsebenen. Der Stichtag der Datenerhebung ist für alle Daten der 31.12.2016.

    Im 1. Kapitel werden die Datengrundlagen vorgestellt, auf denen die verschiedenen Sozialindi-katoren basieren.

    Im 2. Kapitel wird jeder Indikator im Hinblick auf seine Aussagekraft und seine Bedeutung im Rahmen aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen beschrieben.

    Im 3. Kapitel werden die Daten auf Stadtbezirksebene zusammengefasst und im 4. Kapitel auf Stadtteilebene als zielgruppenspezifische Analysen in Text und Karten dargestellt.

    1 Aus Gründen der Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet.

  • 12 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Zielsetzung und Grundlagen

    Auf Grundlage der Auswertungen wird im 5. Kapitel eine Clusteranalyse der Stadtteile durch-geführt. Damit können Segregationstendenzen in der Landeshauptstadt Stuttgart aufgezeigt werden.

    Abschließend werden die zentralen Ergebnisse in Kapitel 6 zusammengefasst und sozialplane-rische Ansätze und Handlungsempfehlungen formuliert.

    Die Daten zu den Themengebieten Einwohnerstruktur, Transferleistungen SGB II und XII sind überwiegend aus den Tabellen des Sozialmonitorings der Landeshauptstadt Stuttgart (GRDrs 787/2013 „Umsetzung des Sozialmonitorings der Landeshauptstadt Stuttgart“) entnommen2.

    Im Bereich SGB II gibt es zwei Datensätze, die für den Sozialdatenatlas verwendet werden. Aus den Einzeldaten der „Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende – pseudoanonymi-sierter Einzeldatensatz (PEDS)“ sind die Einzelindikatoren „ALG II-Empfänger inkl. Sozialgeld (SGB II)“ mit einer Alters- oder Nationalitätenangabe entnommen.

    Aus den Arbeitsmarktdaten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit in kleinräumiger Glie-derung (AkG) sind die Daten für die Gesamtindikatoren „ALG II-Empfänger inkl. Sozialgeld – gesamt (SGB II)“ und „Grundsicherungsempfänger – gesamt (SGB II und XII)“ herausgezogen. In den zwei Datensätzen der Bundesagentur für Arbeit gibt es geringe Abweichungen der Gesamtzahlen.

    Für die Zahlen der Indikatoren aus dem Bereich SGB XII, WoGG und AsylbLG werden die Daten aus statistischen Verfahren des Sozialamts der Landeshauptstadt Stuttgart gewonnen.

    Um den Kreis derjenigen zu identifizieren, die eine Berechtigung haben, eine Bonuscard zu erhalten (Indikator Bonuscard-Berechtigte), sind die Daten aus der Statistik des Sozialamts (Bonuscardinhaber aus dem SGB XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG – und den Schwellenhaushalten) mit den Leistungs-Berechtigten aus dem SGB II (ALG II-Empfänger inkl. Sozialgeld ab 6 Jahren) zusammengefasst. Die Zahl der ausgegeben Karten unterscheidet sich geringfügig von der Zahl der Bonuscard-Berechtigten (GRDrs 670/2017 „Geschäftsbericht des Sozialamts für das Jahr 2016“)3,4.

    1.3 Räumliche Darstellungsebenen In diesem Sozialdatenatlas wird die offizielle administrative Gliederungsebene verwendet, um eine innerstädtische Vergleichbarkeit von Analysen zu gewährleisten. Das Stadtgebiet ist in 23 Stadtbezirke gegliedert und in insgesamt 152 Stadtteile untergliedert. Über die Einwohner- und Sozialstruktur in den Stadtbezirken wird im Datenteil in Kapitel 3 eine detaillierte Auskunft gegeben. Hier werden auch alle Daten gesamtstädtisch zusammengefasst.

    Um einen Vergleich der Daten aus den Jahren 2016 und 2013 zu ermöglichen, werden in den Stadtbezirkstabellen in einer zusätzlichen Spalte die Anteile aus dem Jahr 2013 (dritter Sozial-datenatlas) dargestellt.

    Die soziale Situation in den Stadtteilen wird in Kapitel 4 mittels Stadtteiltabellen, Karten und Auswertungen dargestellt.

    2 http://www.stuttgart.de/item/show/515355 (12.04.2018)3 http://www.stuttgart.de/img/mdb/publ/24518/101377.pdf (11.04.2018)4 Im Folgenden zitierte Gemeinderatsdrucksachen (GDRrs) beziehen sich immer auf den Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart.

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 13

    Zielsetzung und Grundlagen

    1.4 Transferleistungen zur Sicherung und Unterstützung des Lebensunterhalts 2016

    Arbeitslosengeld II (SGB II) Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurden im Jahr 2005 zum Arbeitslosengeld II im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zusammengeführt. Leistungsberechtigt nach dem SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – sind Personen, die

    - das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II5 noch nicht erreicht haben,

    - erwerbsfähig sind, - hilfebedürftig sind und - ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, spricht das Gesetz von erwerbsfähigen Leistungs- berechtigten6.

    Personen, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind, erhalten grundsätzlich keine Leistungen nach dem SGB II, ebenso Personen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind oder eine Altersrente beziehen (§ 7 Abs. 4 SGB II).

    Zum Zeitpunkt der Datenerhebung (31.12.2016) liegt der Regelbedarf für Alleinstehende und Alleinerziehende bei 404 EUR. Hinzu kommen die Leistungen für die Unterkunft, Heizung und Nebenkosten sowie im Einzelfall begründete abweichende Leistungen (§§ 19 ff. SGB II). Arbeitslosengeld II wird auch ergänzend gewährt, wenn das Einkommen alleine zur Deckung des sogenannten „soziokulturellen Existenzminimums“ nicht ausreicht (§ 9 SGB II).

    Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten erhalten ebenfalls Unterstützungsleistungen, wenn sie hilfebedürftig sind und gemeinsam mit dem Leistungsberechtigten in einem Haushalt leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören der Ehe-partner oder der Partner sowie die unverheirateten Kinder unter 25 Jahren (vgl. Tabelle 1: Regelbedarfe bei Arbeitslosengeld II/Sozialgeld ab 01.01.2016).

    5 Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze bis 67 Jahre gestaffelt angehoben.6 Erwerbsfähigkeit ist in § 8 SGB II, Hilfebedürftigkeit in § 9 SGB II, definiert. Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt, der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit und/oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

  • 14 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Zielsetzung und Grundlagen

    Leistungsberechtigte Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Bildungs- und Teilhabe- leistungen (§ 28 SGB II)7. Das Bildungs- und Teilhabepaket umfasst folgende Leistungen:

    - Mittagessen in Schulen und Kindertageseinrichtungen zu 1 EUR/Essen,- Ausflüge und Klassenfahrten,- Schulbedarf – insgesamt 100 EUR/Jahr,- Schülerfahrkarte – Eigenanteil 5 EUR,- Lernförderung,- bis zu 120 EUR/Jahr für z. B. Sportvereinsbeiträge oder Musikschule.

    Tabelle 1: Regelbedarfe bei Arbeitslosengeld II/Sozialgeld ab 01.01.2016

    Berechtigte • Alleinstehende • Alleinerziehende • Volljährige mit minderjährigem Partner

    • volljährige Partner

    • Volljährige bis zur Vollendung des 25. Lebens- jahres ohne eigenen Haus- halt, die nicht volljährige Partner sind • Personen unter 25 Jahren, die ohne Zusiche- rung des kommunalen Trägers umziehen

    • Kinder bzw. Jugendliche im 15. Lebensjahr (14 Jahre) bis zur Vollendung des 18. Lebens- jahres • minderjährige Partner

    • Kinder ab Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Voll- endung des 14. Lebensjahres

    • Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres

    18 bis unter 25 Jahre

    14 bis unter 18 Jahre

    6 bis unter 14 Jahre

    0 bis unter 6 Jahre

    § 20 Abs. 2 Satz 1 § 20 Abs. 4 § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 sowie § 20 Abs. 3 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2

    § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 23 Nr. 1, 3. Alternative

    § 23 Nr. 1, 2. Alternative

    § 23 Nr. 1, 1. Alternative

    404 EUR je 364 EUR 324 EUR 306 EUR 270 EUR 237 EUR

    Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2016): Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II Fachliche Hinweise § 20 SGB II, Regelbedarf zur Sicherung des Lebens-unterhalts, Anlage 1

    Ausblick 2017/2018Im Jahr 2017 wurden die Regelbedarfssätze gegenüber dem Jahr 2016 insbesondere für 6- bis 14-Jährige erhöht. Der Bedarf für Lebensmittel und Getränke gilt nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes von 2013 als erheblich höher als bisher berechnet8.

    7 Vgl. GRDrs 235/2011 „Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets in Stuttgart“8 https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/09/2016-09-21-erhoehung-regelbedarf.html (11.04.2018)

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 15

    Zielsetzung und Grundlagen

    Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung und Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt

    Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII) Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiAE) ist eine bedürftigkeitsab-hängige Leistung nach dem SGB XII zur materiellen Absicherung des Lebensunterhalts. Sie wird gewährt, wenn entweder aus Altersgründen nicht mehr erwartet werden kann, dass die materielle Notlage einer Person durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit überwunden wird, oder wenn die Überwindung der materiellen Notlage aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht möglich ist.

    Leistungsberechtigt sind Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und keine oder nur ge-ringfügige Rentenansprüche haben oder Personen, welche die genannte Altersgrenze erreicht haben (§ 41 Abs. 2 SGB XII)9.

    Dauerhaft voll erwerbsgemindert ist derjenige, der außerstande ist, täglich mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Die Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung erfolgt ausschließlich durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und bedarf einer medizinischen Begutachtung.

    Die Leistung besteht aus dem Regelbedarf, den Kosten für Unterkunft, Heizung und Warm-wasseraufbereitung sowie ggf. den Beiträgen zu einer Krankenversicherung und/oder Mehrbe-darfszuschlägen für besondere Bedarfslagen.

    Eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder Aktivierung für einen Einstieg in den Arbeits-markt gehören nicht zu den Zielen bei der Gewährung von GSiAE.

    Ziele der Grundsicherung, neben den übergeordneten Zielen des § 11 SGB XII, sind:

    - die Sicherung des Lebensunterhaltes, - die Stärkung der Selbsthilfe zur aktiven Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.Die Anzahl der Leistungsbezieher von GSiAE wird im Wesentlichen beeinflusst durch die zu-nehmende Anzahl Älterer (demografische Entwicklung) und die Höhe der Renteneinkünfte bzw. des bis zum Renteneintrittsalter erwirtschafteten Vermögens.

    Die Regelbedarfe für die Grundsicherung nach dem SGB II und SGB XII entsprechen sich in der Höhe seit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Jahr 2005.

    Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII) Die Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) ist eine bedarfsorientierte Leistung zur Sicherstellung des Existenzminimums für eine kleine Personengruppe, die von den beiden bedeutenden Leistungsarten der Grundsicherung (Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII) nicht erfasst wird.

    9 Leistungsberechtigt wegen Alters ist, wer die Altersgrenze erreicht hat. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze bis 67 Jahre gestaffelt angehoben.

  • 16 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Zielsetzung und Grundlagen

    Damit schließt sie, neben der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, das Netz der sozialen Sicherung des Lebensunterhalts.

    Da für Personen in einer Bedarfsgemeinschaft und für bedürftige erwerbsfähige Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren seit der umfassenden Sozialreform im Jahr 2005 in der Regel das SGB II maßgeblich ist, verbleibt nur ein kleiner Personenkreis, der Anspruch auf HLU hat.

    Leistungen der HLU werden folgenden Personen gewährt:

    Personen unter 65 Jahren,

    - die eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit erhalten, weil sie zeitweise nicht erwerbsfähig sind,

    - die vorübergehend (nicht dauerhaft) weniger als 3 Stunden täglich erwerbsfähig sind und keine Rente beziehen,

    - die vorgezogene Altersrente erhalten und nicht über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügen,

    - die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, jedoch einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Kindern oder Eltern haben (wegen Überschreitung der 100.000 EUR-Grenze nach § 43 Abs. 5 SGB XII), der (noch) nicht erfüllt wird.

    Kinder unter 15 Jahren,

    - die im Haushalt anderer Personen als ihren Eltern/ihrem Elternteil leben, soweit sie bedürftig sind oder

    - deren Eltern Leistungen nach dem 3. oder 4. Kapitel SGB XII erhalten. Personen ab Erreichen der Altersgrenze,

    - ohne Anspruch auf GSiAE, wegen vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführter Mittellosigkeit,

    - die einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Kindern haben (wegen Überschreitung der 100.000 EUR-Grenze nach § 43 Abs. 5 SGB XII), der (noch) nicht erfüllt wird.

    Für alle drei Personengruppen gilt, dass sie nur leistungsberechtigt sind, wenn sie nicht über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügen sowie die erforderlichen Leistungen nicht von anderen erhalten.

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 17

    Zielsetzung und Grundlagen

    Tabelle 2: Regelbedarfe bei der Hilfe zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII) ab 01.01.2016

    Berechtigte • Alleinstehende

    • Alleinerziehende

    • Volljährige mit minderjährigem Partner

    • volljährige Partner • Kinder bzw. Jugendliche im 15. Lebensjahr (14 Jahre) bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

    • minderjährige Partner

    • Kinder ab Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

    • Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres

    14 bis unter 18 Jahre 6 bis unter 14 Jahre 0 bis unter 6 Jahre§ 20 Abs. 2 Satz 1 § 20 Abs. 4 § 20 Abs. 2 Satz 2

    Nr. 1, § 23 Nr. 1, 3. Alternative

    § 23 Nr. 1, 2. Alternative

    § 23 Nr. 1, 1. Alternative

    404 EUR je 364 EUR 306 EUR 270 EUR 237 EUR

    Personen ab Erreichen der Altersgrenze haben bei Hilfebedürftigkeit in der Regel Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter. Personen dieser Altersgruppe können sich im HLU-Bezug befinden, wenn sie aufgrund einer selbstverschuldeten Notlage oder wegen Klärung von Unterhaltsansprüchen keinen Anspruch auf Leistungen der GSiAE haben.

    Wohngeld (Wohngeldgesetz) Das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) ist ein staatlicher Zuschuss zu den Kosten für selbst genutzten Wohnraum. Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung ange- messenen und familiengerechten Wohnens. Durch die Leistung von Wohngeld soll die Wohn-kostenbelastung für Haushalte mit geringem Einkommen, die ansonsten ihren Lebensunterhalt selbst decken können, zumutbar bleiben.

    Wohngeld können Mieter als Mietzuschuss und Eigentümer von selbst genutztem Wohnraum als Lastenzuschuss erhalten, wenn ihre Miete bzw. Belastung die wirtschaftliche Leistungs- fähigkeit des Haushalts übersteigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Wohnraum in einem Alt- oder Neubau liegt und ob er öffentlich gefördert, steuerbegünstigt oder frei finanziert worden ist.

    Wohngeldberechtigt ist dabei immer der Mieter bzw. Eigentümer des Wohnraums für seinen gesamten Haushalt. Ob und in welcher Höhe ein Antragsteller Wohngeld bekommt, hängt davon ab, wie viele Haushaltsmitglieder zu berücksichtigen sind, wie hoch die zuschussfähige, durch Höchstbeträge begrenzte Miete oder Belastung ist und wie hoch das Gesamteinkommen der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder ist.

    Haushalte, deren Unterkunftskosten bei anderen Sozialleistungen berücksichtigt werden, sind vom Wohngeld ausgeschlossen.

    Mit dem am 01.01.2016 in Kraft getretenen Wohngeldreformgesetz sollten die Wohngeld- leistungen an die Einkommens- und Mietenentwicklung der letzten Jahre angepasst werden. Die Reform hat die in sie gesetzten Erwartungen bei weitem nicht erfüllt. Vor allem aufgrund des außergewöhnlich starken Anstiegs der Wohnkosten liegt die Entlastungswirkung des Wohngeldes inflationsbereinigt weiterhin unter dem Stand von 2010. Die besondere Aus-gestaltung der Änderungen hatte darüber hinaus zur Folge, dass zwar Haushalte, die bereits zuvor Wohngeld bezogen haben, seit 2016 deutlich höhere Leistungen erhalten, aber die Zahl der Haushalte, die aus anderen Leistungen ins Wohngeld wechseln konnten, deutlich unter der

  • 18 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Zielsetzung und Grundlagen

    vom Bund prognostizierten Zahl blieb. Auch die Zahl der Haushalte, die bisher wegen gerin-ger Einkommensüberschreitung kein Wohngeld (mehr) erhielten und nun (wieder) Leistungen erhalten sollten, blieb in der Realität deutlich unter den Vorhersagen des Bundes.

    In diesem Sozialdatenatlas wird die absolute Anzahl und der Anteil der Wohngeld erhaltenden Haushalte und nicht die Anzahl der gestellten Anträge verwendet, da ein Teil der Anträge we-gen fehlender Leistungsberechtigung abgelehnt wird bzw. mehrmals jährlich Anträge gestellt werden. Der Aufwand der Wohngeldbehörde ist daher nicht proportional zur entsprechenden Zahl der Wohngeldempfänger, sondern orientiert sich an der Anzahl der gestellten Anträge.

    Für diese Darstellung wurde ausschließlich die kommunale Statistik verwendet. Diese weicht bezüglich der Zahl der Wohngeldempfänger auf Grund der Erfassung von nachlaufenden Be-willigungen, Rücknahmen von Wohngeldbescheiden und auf Grund des Stichtags 31.12.2016 von der amtlichen Wohngeldstatistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg ab.

    Ausblick 2017/2018Im Wohngeldreformgesetz 2016 hat der Gesetzgeber keine Dynamisierung der Wohngeld-leistungen, sondern nur eine Überprüfung alle 2 Jahre mit anschließender Berichtspflicht der Bundesregierung vorgesehen. Dadurch erfolgt keine regelmäßige Anpassung, was aufgrund der üblichen Anpassungen der Regelsätze im SGB II und SGB XII und aufgrund anderer Leistungserhöhungen (zum Beispiel durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz) einen „Dreh- türeffekt“ zwischen diesen Leistungen und Wohngeld zur Folge hat. Zu welchem Zeitpunkt Bund und Länder das Wohngeld an die Mieten- und Einkommensentwicklung anpassen, ist derzeit offen.

    Vom Bund wird derzeit die Einführung einer Klimakomponente im Wohngeld geprüft. Nach den bisherigen Planungen werden die Auswirkungen auf die Zahl der Wohngeldhaushalte sehr überschaubar bleiben.

    Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)Die Landeshauptstadt Stuttgart verzeichnete im Rahmen der Flüchtlingswelle 2015 und 2016 einen starken Zuzug von geflüchteten Personen, die Asyl beantragten. Ende 2016 lebten rund 8.000 Personen in den Stuttgarter Flüchtlingsunterkünften.

    Bei Asylbewerbern greift das Asylbewerberleistungsgesetz. Leistungsberechtigt nach dem AsylbLG sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die

    1. eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,

    2. über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise nicht oder noch nicht gestattet ist,

    3. eine Aufenthaltserlaubnis besitzen

    a) wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Absatz 1 oder § 24 des Aufenthalts- gesetzes,

    b) nach § 25 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder

    c) nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt,

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 19

    Zielsetzung und Grundlagen

    4. eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen,

    5. vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist,

    6. Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen sind, ohne dass sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, oder

    7. einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes oder einen Zweitantrag nach § 71a des Asylgesetzes stellen.

    Die Höhe der Leistungen ist abhängig von der Dauer des Aufenthalts in Deutschland. So erhal-ten geflüchtete Personen grundsätzlich zunächst bis zur Ausstellung des Ankunftsnachweises eingeschränkte Sachleistungen (§ 11 Abs. 2a AsylbLG).

    Die Leistungsberechtigten erhalten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG sowie Gesundheitsleistungen nach § 4 AsylbLG.

    Nachdem sich ein Leistungsberechtigter 15 Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat, erhält er in der Regel Leistungen entsprechend SGB XII (sogenannte Analogleistungen). Leistungen bei Krankheit werden dann wie bei SGB XII- Empfängern ohne Einschränkung gewährt.

    Nach positiver Entscheidung über den Asylantrag ändert sich die Grundlage für den Leistungs-bezug vom AsylbLG zu SGB II-Leistungen, die vom Jobcenter gewährt werden. Bis Ende 2016 war dies bei fast einem Drittel der untergebrachten geflüchteten Personen der Fall.

    Ausblick 2017/2018Der Höhepunkt der Anzahl der Personen in Flüchtlingsunterkünften ist in Stuttgart am 31.03.2016 mit 8.575 Geflüchteten erreicht. Seit April 2016 stagnieren die Zahlen der Geflüch-teten bzw. gehen schrittweise zurück. Zum 31.12.2016 leben in Stuttgart 8.055 geflüchtete Menschen. Nach und nach wird die Mehrzahl der geflüchteten Menschen vom AsylbLG ins SGB II (ALG II) wechseln.

    Bonuscard + Kultur

    Die Stuttgarter Bonuscard + Kultur 2016Mit der Bonuscard + Kultur gewährt die Landeshauptstadt Stuttgart seit dem Jahr 2001 (GRDrs 346/2000 „Weiterentwicklung des Familien- und Sozialpasses“) eine freiwillige soziale Leistung. Der Berechtigtenkreis erhält mit dieser Karte Ermäßigungen und Zu- schüsse für vielfältige Angebote, wodurch trotz finanzieller Einschränkungen die Teilnahme am kulturellen, sportlichen und sozialen Leben in der Stadt ermöglicht wird.

    BerechtigtenkreisAnspruchsberechtigt für den Erhalt der Bonuscard + Kultur sind 2016 ausschließlich Personen, die mit ihrem Hauptwohnsitz in Stuttgart gemeldet sind und

    - Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II),- Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII),- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG),

  • 20 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Zielsetzung und Grundlagen

    - Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG),- Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKKG) (nicht Kindergeld),- Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe beziehen.Anspruchsberechtigt sind 2016 auch Personen mit geringem Einkommen, die keinerlei soziale Transferleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes beziehen.

    Voraussetzung ist, dass deren Einkommen nur geringfügig über dem Regelbedarf nach dem SGB II oder SGB XII liegt. Die Gesamteinkünfte aller im Haushalt lebenden Familienange- hörigen dürfen die jeweilig zutreffende Einkommensgrenze nicht übersteigen.

    Die Einkommensgrenzen wurden durch den Gemeinderat (GRDrs 746/2008 „Stuttgarter Netze für alle Kinder“) zum 01.01.2009 wie folgt festgesetzt:

    Tabelle 3: Einkommensgrenzen der Bonuscard-Berechtigung für Haushalte mit Erwerbstätigen

    Einkommensgrenzen der Bonuscard-Berechtigung für Haushalte mit ErwerbstätigenAnzahl der Kinder Singles/Alleinerziehende Paare

    0 1.050 EUR 1.480 EUR1 1.620 EUR 1.830 EUR2 1.960 EUR 2.150 EUR3 2.300 EUR 2.470 EUR4 2.640 EUR 2.790 EUR

    Tabelle 4: Einkommensgrenzen der Bonuscard-Berechtigung für Haushalte ohne Erwerbstätige

    Einkommensgrenzen der Bonuscard-Berechtigung für Haushalte ohne ErwerbstätigeAnzahl der Kinder Singles/Alleinerziehende Paare

    0 780 EUR 1.180 EUR1 1.350 EUR 1.530 EUR2 1.690 EUR 1.850 EUR3 2.030 EUR 2.170 EUR4 2.370 EUR 2.490 EUR

    Für Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent wird die Einkom-mensgrenze um 60 EUR erhöht.

    Bei Familien mit 5 oder mehr Kindern sind 2016 für den Erhalt der Bonuscard + Kultur keine Einkommensnachweise vorzulegen. Es ist lediglich ein Nachweis über den Kindergeldbezug für mindestens 5 Kinder vorzuweisen. Die Kinder müssen mit dem Hauptwohnsitz bei den Eltern in Stuttgart gemeldet sein.

    Kinder unter 6 Jahren erhalten keine eigene Bonuscard + Kultur. Bei der Inanspruchnahme von Vergünstigungen kann die Bonuscard + Kultur der Eltern vorgelegt werden.

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 21

    Zielsetzung und Grundlagen

    Vergünstigungen durch die Bonuscard + KulturSeit 2009 wurden, insbesondere für Kinder und Jugendliche, mit der Bonuscard + Kultur eine Vielzahl neuer Vergünstigungen eingeführt, wie:

    - Gebührenbefreiung in Kindertageseinrichtungen, Horten und im Rahmen der verlässlichen Grundschule.

    - Ein auf 1 Euro vergünstigtes Mittagessen an allgemeinbildenden Schulen, Sonderschulen und Sonderschulkindergärten der Landeshauptstadt Stuttgart.

    - Gewährung eines frei verfügbaren Budgets für die städtischen, allgemeinbildenden Schulen und Sonderschulen in Höhe von 50 EUR pro Schüler und Schuljahr. Dieses wird von den Schulen eigenverantwortlich zur Förderung von finanzschwachen Kindern in den Bereichen Gesundheit, Bewegung, Musik und Kultur eingesetzt.

    - Gewährung eines Sachmittelbudgets in Tageseinrichtungen für Kinder von 0 bis 6 Jahren in Höhe von 100 EUR pro Kind.

    Für Kinder entstehen bei Aufenthalten im Waldheim mit der Bonuscard + Kultur keinerlei Kosten. Bei Kursen der Musikschule Stuttgart erhalten Teilnehmer mit der Bonuscard + Kultur einen Rabatt in Höhe von 90 Prozent. Diese Vergünstigungen wurden im Jahr 2008 mit dem Projekt „Stuttgarter Netze für alle Kinder“ (GRDrs 700/2009 „Stuttgarter Netze für alle Kinder“) eingeführt.

    Im Rahmen der für das Jahr 2010 vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart be- schlossenen Neuerungen (GRDrs 207/2010 „Städtische Vergünstigungssysteme FamilienCard, Bonuscard“) wird Kindern und Jugendlichen an allgemeinbildenden Schulen der Klassen- stufen 1 bis 13 eine sogenannte Schulbeihilfe in Höhe von 50 EUR als Freiwilligkeitsleistung ab dem Schuljahr 2011/2012 für die Beschaffung von Schulmaterial gewährt10.

    Im Jahr 2016 wurde die freiwillige Schulbeihilfe in Höhe von 75.000 EUR für 1.500 Kinder bewilligt.

    SozialticketInhaber einer Bonuscard + Kultur erhalten einen 50 %-igen Zuschuss für die Innenstadtzonen. Dieser Zuschuss gilt für folgende Monat-Tickets:

    - JedermannTicket,- 9-Uhr-UmweltTicket,- SeniorenTicket,- 14-Uhr-JuniorTicket.

    10 Für die Gewährung der Schulbeihilfe für das Schuljahr 2016/2017 mussten folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der Schüler besucht im September 2016 eine allgemeinbildende Schule in Stuttgart, der Schüler ist im Besitz einer gültigen Bonuscard + Kultur 2016, der Schüler und die Eltern erhalten zum Stichtag 01.08.2016 keine laufenden Leistungen vom Jobcenter (ALG II inkl. Sozialgeld) oder vom Sozialamt (HLU oder GSiAE) und haben im August 2016 weder Kinderzuschlag noch Wohngeld erhalten. Sofern eine der genannten Leistungen bezo-gen wird, besteht stattdessen Anspruch auf die Bildungs- und Teilhabeleistungen, insbesondere für die Ausstattung mit Schulmaterial von 100 EUR (davon 70 EUR zum 1. August und 30 EUR zum 1. Februar).

  • 22 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Zielsetzung und Grundlagen

    Weitere Bonuscard-PartnerIm Jahr 2016 haben mehr als 80 Bonuscard + Kultur-Partner Vergünstigungen und Dienst-leistungen für Bonuscard + Kultur-Inhaber angeboten (von ermäßigten Eintrittsgeldern für Schwimmbäder und der Wilhelma bis hin zu einem Stromsparcheck)11.

    Darüber hinaus berechtigt die Bonuscard + Kultur zum Einkauf in allen Stuttgarter Tafelläden und zur Nutzung der Angebote in den verschiedenen Stuttgarter Sozialkaufhäusern.

    KULTUR FÜR ALLE Stuttgart e. V. KULTUR FÜR ALLE Stuttgart e. V. ermöglicht seit dem Jahr 2010 den Inhabern der Bonuscard + Kultur die kostenlose Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen. Eine Vielzahl von Kultur- institutionen sind der neuen Stuttgarter Initiative angeschlossen und stellen für ihre Veranstal-tungen jeweils ein gewisses Kontingent an kostenfreien Tickets zur Verfügung.

    Die Eintrittskarten sind:

    - kostenlos,- aus einem festen Kontingent,- aus allen Preiskategorien,- analog zu anderen ermäßigten Karten direkt bei den Einrichtungen zu reservieren und vorzubestellen,

    - direkt von den beteiligten Kultureinrichtungen zu erhalten.Entstanden ist die Initiative KULTUR FÜR ALLE Stuttgart e. V. an einem Runden Tisch der Bürgerstiftung Stuttgart in Kooperation mit dem Stuttgarter Sozialamt und örtlichen Kultur- einrichtungen. Zurzeit beteiligen sich an dieser Stuttgarter Initiative (Stand 2018) über 90 Kooperationspartner12.

    Ausblick 2017/2018Zum 1. Januar 2017 haben sich die Zugangsvoraussetzungen für die Bonuscard + Kultur auf-grund der Entscheidung des Gemeinderates verändert (GRDrs 1390/2015 „Einkommensgrenze Bonuscard“). Der Erhalt der Bonuscard + Kultur ist im Interesse der besseren Einzelfallgerech-tigkeit ausschließlich an den tatsächlichen Bezug von Sozialleistungen gekoppelt.

    11 Die Angebote können unter https://www.stuttgart.de/bonuscard (12.04.2018) eingesehen werden.12 http://www.kultur-fuer-alle.net/alle.html (23.03.2018)

  • Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 23

    2 Darstellung der Sozialindikatoren

    2 Darstellung der SozialindikatorenDie Auswertungen der Sozialindikatoren bilden die soziale Situation in der Landeshaupt-stadt Stuttgart zum Stichtag 31.12.2016 ab. Datengrundlagen sind quantitative Auswertungen von Daten des SGB II (ALG II inkl. Sozialgeld), des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) und des Wohngeldbezugs.

    Ergänzend werden wie beim 3. Sozialdatenatlas (2013) auch die Daten zur Bonuscard-Berech-tigung erfasst. Anspruchsberechtigt sind im Jahr 2016 neben Beziehern von Transferleistun-gen, Wohngeld und Kinderzuschlag1 auch Personen mit vergleichbar geringem Einkommen (Schwellenhaushalte).

    Erstmalig werden in diesem Sozialdatenatlas die Zahl der Personen erfasst, die Leistungen nach dem AsylbLG beziehen. Durch die Flüchtlingsmigration in den Jahren 2015 und 2016 sind mehr als 8.000 Menschen nach Stuttgart gezogen, die Leistungen nach dem AsylbLG oder nach dem SGB II erhalten2. Der Zuzug zeigt sich auch in den Sozialdaten.

    Folgende Arbeitsthesen zur sozialen Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart liegen dieser Untersuchung zugrunde:

    Hinsichtlich des Anteils der Empfänger von Transferleistungen und Bonuscard-Berechtigten liegen in den Stuttgarter Stadtbezirken und Stadtteilen deutliche Unterschiede vor.

    Für verschiedene Bevölkerungsgruppen (z. B. Kinder, Alleinerziehende, nicht deutsche Ein-wohner) liegen höhere Armutsrisiken vor.

    Materielle Unterversorgung steht auch im Zusammenhang mit geringen Ressourcen in anderen Lebensbereichen. Die Situation der stärker armutsgefährdeten Bevölkerungsgruppen gilt es besonders zu beobachten.

    Diese Arbeitsthesen werden mit folgenden Sozialindikatoren untersucht:

    2.1 Indikatoren aus dem SGB II – ALG II-Leistungs-Berechtigte inkl. SozialgeldErwerbsfähige Leistungs-Berechtigte und Personen, die nicht erwerbsfähig sind, aber mit diesen eine Bedarfsgemeinschaft (einen gemeinsamem Haushalt) bilden3, erhalten Leistungen nach dem SGB II (§ 7 SGB II) bzw. Arbeitslosengeld II (ALG II).

    Arbeitslosigkeit ist der zentrale Grund, weshalb Menschen Transferleistungen nach dem SGB II beziehen. Hilfebedürftig und anspruchsberechtigt können allerdings auch Erwerbstätige sein, die aufgrund ihres geringen Erwerbseinkommens auf ALG II als zusätzliche Sozialleis tung angewiesen sind oder Arbeitslosengeldempfänger mit geringem Arbeitslosengeld, bei beiden Fallkonstellationen sogenannte „Aufstocker“.

    1 Vgl. Kapitel 1 Bonuscard + Kultur2 Vgl. Kapitel 1.4, 2.1 und 2.53 Dazu gehören z. B. Kinder.

  • 24 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Darstellung der Sozialindikatoren

    Hilfebedürftig ist nach § 9 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleis-tungen (zum Beispiel Wohngeld oder Kinderzuschlag), erhält.

    Die Transferleistungsquote des ALG II ist immer an die Entwicklung des Arbeitsmarktes und dadurch entstehende Veränderungen von Beschäftigungsverhältnissen geknüpft.

    Je nach Fokus dieser Berichterstattung werden bei einer Bewertung der Lage am Arbeitsmarkt unterschiedliche Punkte betont. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland für das Jahr 2016 auf 43,8 Millionen4. Die Ergebnisse zeigen eine insgesamt positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt mit der höchsten Beschäfti-gungszahl und niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung5.

    Die Konjunktur erklärt den kräftigen Beschäftigungsanstieg nur zum Teil. Auch andere Fak-toren wie der sektorale Wandel hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft, eine hohe Arbeits-marktanspannung (als günstige Relation von offenen Stellen gegenüber der Zahl der Bewer-ber) und Zuwanderung werden als Begründung für einen stabilen Aufwärtstrend angeführt6.

    Bemerkenswert ist der Befund, dass Deutschland im europäischen Ländervergleich den höchs-ten Zuwachs an Erwerbsarbeit aufweist7.

    Die positive Arbeitsmarktentwicklung beruht jedoch auch zum Teil auf der Zunahme von atypischer Beschäftigung, vor allem im Bereich der Teilzeitbeschäftigung, häufig im Dienstleis-tungsbereich und im Niedriglohnsektor. Trotz der positiven Arbeitsmarktentwicklung bestehen die tiefgreifenden strukturellen Probleme fort8. Die schwache Einkommensentwicklung führt zu einer weiteren Polarisierung von reichen und armen Haushalten. Deswegen wird die schwieri-ge soziale Situation der Menschen in prekären, atypischen Arbeitsverhältnissen thematisiert9.

    Unter atypischen Beschäftigungsverhältnissen werden die Beschäftigungsverhältnisse gefasst, die in mindestens einem Punkt von dem sogenannten Normalarbeitsverhältnis (sozialversiche-rungspflichtige Beschäftigung mit unbefristeter Vollzeiterwerbstätigkeit für einen festen Arbeit-geber und einem gesicherten Einkommen, das den Lebensunterhalt abdeckt) abweichen.

    Die hohen Anteile an atypischen Beschäftigungsverhältnissen und gering entlohnten Tätigkei-ten führen zu einer heterogenen Beschäftigungsstruktur. Mehr als 5 Millionen Beschäftigte in Deutschland waren im Jahr 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt. Damit stellt die ge-ringfügige Beschäftigung (als ausschließlich ausgeübte Erwerbstätigkeit) einen Anteil von fast

    4 Vgl. Statistisches Bundesamt: 44,4 Millionen Erwerbstätige 2018, Pressemitteilung Nr. 151, 27.04.2018, https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2018/04/PD18_151_132.html (08.05.2018) 5 Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (Hrsg.): Armut nicht vererben – Bildungschancen verwirklichen – soziale Ungleichheit abbauen. Berlin, 2017. S. 36 Vgl. Bundesagentur für Arbeit: Der Arbeitsmarkt im Jahr 2016, Presseinfo Nr. 2, 03.01.2017, https://www.arbeitsagentur.de/presse/ 2017-02-der-arbeitsmarkt-im-jahr-2016 (07.05.2018) 7 Vgl. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung: Aktivierungspolitik und Erwerbsarmut, Report Nr. 36, 07/2017, https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_36_2017.pdf), S. 9ff (08.05.2018)8 Vgl. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung: Aktivierungspolitik und Erwerbsarmut, Report Nr. 36, 07/2017, https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_36_2017.pdf (07.05.2018)9 Vgl. DGB Bundesvorstand, Abteilung Arbeitsmarktpolitik: Arbeitsmarkt aktuell, Nr. 2, 02/2012, http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Dokumente/Licht%20und%20Schatten.pdf (07.05.2018)

  • Darstellung der Sozialindikatoren

    Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 25

    14 % an den abhängig Beschäftigten dar. Im Jahresdurchschnitt 2016 hatte jeder zehnte Mann und fast jede sechste Frau unter den abhängig Beschäftigten nur einen Minijob10.

    In der Diskussion um die atypische Beschäftigung in Deutschland werden besonders die damit verbundenen sozialen Risiken kritisiert: Geringfügig Beschäftigte erhalten in der Regel nur ge-ringe Stundenlöhne, sind beim Zugang zu betrieblich-beruflichen Weiterbildungen benachtei-ligt, müssen häufig aufstockende Leistungen in Anspruch nehmen und können dadurch keine existenzsichernde Rente erlangen.

    Im Folgenden wird eine Analyse der verschiedenen Altersgruppen durchgeführt. Neben den Kindern im Alter unter 6 Jahren und den Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis un-ter 18 Jahren werden bei den Erwachsenen die Gruppen der 18- bis unter 35-Jährigen, der 35- bis unter 50-Jährigen sowie der 50- bis unter 65-Jährigen betrachtet. Zudem werden die Transferleistungsquote der nicht deutschen Einwohner der Landeshauptstadt Stuttgart und die Zahl und der Anteil der Haushalte von Alleinerziehenden untersucht.

    Sozialgeld-Leistungs-Berechtigte – Kinder von 0 bis unter 6 JahrenKinderarmut gilt als ernstzunehmendes Problem. Im Armuts- und Reichtumsbericht für Baden-Württemberg aus dem Jahr 2015 wird darauf hingewiesen, dass Kinder und Jugendliche mit 34 % ein mehr als doppelt so hohes Risiko aufweisen, wiederholt oder dauerhaft von Armut betroffen zu sein wie der Durchschnitt der Gesellschaft11.

    Trotz wachsender Wirtschaft und sinkender Arbeitslosigkeit wächst in Deutschland jedes vierte Kind in Armut auf oder ist von Armut gefährdet. Das bedeutet, seine Familie lebt von einem Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle, also weniger als 60 % des mittleren Einkommens, und/oder bezieht SGB II-Leistungen. Armut ist dabei für die meisten betroffenen Kinder und Jugendlichen ein Dauerzustand12. Das Armutsrisiko von Menschen in Haushalten mit Kindern ist dabei ungleich verteilt - das größte Risiko tragen Alleinerziehende, Haushalte mit Migrationshintergrund oder in denen Personen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind und Haushalte mit mehr als drei Kindern13.

    Phasen von materieller Armut können weitreichende Folgen haben. Diese Folgen sind abhän-gig davon, wie lange oder wie oft Kinder Einschränkungen in ihren Möglichkeiten erfahren. Auswirkungen zeigen sich auch in verschiedenen, nicht materiellen Bereichen. Die Bildungs-biografien sind z. B. durch häufigere Klassenwiederholungen, schlechtere Noten und niedri-gere Schulabschlüsse geprägt. Zudem leiden die Kinder häufiger an gesundheitlichen Beein-trächtigungen und weisen ein geringeres Wohlergehen auf14.

    10 Minijobs können auch als Nebentätigkeit zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt werden. Im Jahr 2016 betraf dies 2,6 Mio. abhängig Beschäftigte in Deutschland. Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Horvath, Sandra (2018): Minijobs als Nebentätigkeit 2004-2016, https://www.boeckler.de/wsi_52587.htm (03.05.2018)11 Vgl. Heizmann, H.: Kinder und Jugendarmut in Baden-Württemberg. Rottenburg-Stuttgart, 2017, S. 312Vgl. Bertelsmann Stiftung: Armutsmuster in Kindheit und Jugend – Längsschnittbetrachtungen von Kinderarmut. Gütersloh, 2017, S. 6 Die Autoren haben repräsentative Daten zu Kinderarmut in Deutschland im Längsschnitt betrachtet, d. h. sie haben für einzelne Kinder nachvoll-zogen, wie sich das Einkommen ihrer Familie über fünf Jahre hinweg entwickelt hat. Das Ergebnis: Rund 30 % dieser Kinder machen innerhalb dieses Zeitraums Armutserfahrungen. Innerhalb von fünf Jahren gibt es also durchaus Veränderungen der Einkommenssituation, nicht jedes Jahr leben dieselben Kinder in Armut. Ein Drittel der betroffenen Kinder erfährt Armut als einmalige und damit kurzzeitige Episode. Zwei Drittel von ihnen - und somit die große Mehrheit - wachsen dauerhaft in Armut auf oder rutschen nach kurzen Phasen, in denen das Haushaltsein-kommen (meist nur knapp) über der Armutsgefährdungsschwelle liegt und keine SGB II-Leistungen bezogen werden, immer wieder ab.13 Vgl. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste: Kinderarmut in Deutschland – Überblick über aktuelle Zahlen und Studien, WD9-300-017/17, 16.05.2017, https://www.bundestag.de/blob/514144/9806e9989a225bde4d71460aac021a6a/wd-9-017-17-pdf-data.pdf (03.05.2018)14 Vgl. Bertelsmann Stiftung: Armutsmuster in Kindheit und Jugend – Längsschnittbetrachtungen von Kinderarmut. Gütersloh, 2017, S. 9f

  • 26 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Darstellung der Sozialindikatoren

    Auch die soziale und kulturelle Teilhabe von Kindern steht in einem deutlichen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation der Familien. Kinder unter sechs Jahren, deren Familien

    Leistungen nach dem SGB II erhalten, nehmen deutlich seltener an Sportangeboten, Angebo-ten frühkindlicher Musikerziehung oder künstlerischen Aktivitäten teil, die positive Effekte auf die Entwicklung und das Wohlergehen von Kindern haben15. Auch werden Beratungsangebote oder Kindertageseinrichtungen von Kindern aus Haushalten mit relativ geringem Einkommen und formaler Bildung unterdurchschnittlich häufig besucht16.

    Der sozioökonomische Status von Eltern hat immer noch entscheidende Auswirkungen auf Bildungswege und Schulerfolg. Vor allem beim Übergang von Grundschule in weiterführende Schulen spielt der Bildungshintergrund der Eltern eine wesentliche Rolle. Die Unterschiede bei der Schulwahl im Vergleich zu nicht-armutsgefährdeten Kindern sind signifikant17.

    Armut ist ein Risiko für eine gelingende gesundheitliche und soziale Entwicklung. Eine wichti-ge Voraussetzung für eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ist eine entsprechende Kinderta-gesbetreuung.

    Sozialgeld-Leistungs-Berechtigte – Kinder und Jugendliche von 6 bis unter 18 JahrenMit zunehmendem Alter der Kinder steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern wieder eine Erwerbsarbeit aufnehmen, durch die der eigene Lebensunterhalt bestritten werden kann. So steigt mit dem Alter des jüngsten Kindes auch die Erwerbstätigenquote der Mütter deutlich an. Dies könnte ein Grund für den geringeren Bezug von SGB II-Leistungen der älteren Kinder sein.

    ALG II-Leistungs-Berechtigte – junge Erwachsene von 18 bis unter 35 JahrenIm Alter zwischen 18 und 35 Jahren werden unabhängig vom individuellen Ausbildungsverlauf die ersten festen Arbeitsverhältnisse eingegangen. Hier ist zu erwarten, dass die Personen-gruppe arbeitsmarktnah qualifiziert ist. Eine hohe Quote des ALG II-Bezugs in diesem Alters-bereich ist als kritisch einzustufen, weil sie Hinweise auf ein Missverhältnis im Bereich Qualifi-zierung und passende Arbeitsangebote geben würde.

    ALG II-Leistungs-Berechtigte – nicht deutsch unter 65 JahrenDer ALG II-Bezug ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Diese Entwicklung betrifft die Gruppe der Migranten18 jedoch nicht in entsprechendem Maße. Einwanderer und ihre Kinder tragen weiterhin ein höheres Armutsrisiko19. Die Muster der Armutsgefährdung sind bei Men-schen mit und ohne Migrationshintergrund ähnlich: Arbeitslose, Nicht-Erwerbstätige, Personen in Ausbildung oder Personen, die unter ihrer Qualifikation beschäftigt werden oder keine

    15 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienreport 2017 – Leistungen, Wirkungen, Trends. Berlin 2017, S. 5516 Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (Hrsg.): Armut nicht vererben – Bildungschancen verwirklichen – soziale Ungleichheit abbauen. Berlin, 2017, S. 617 Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (Hrsg.): Armut nicht vererben – Bildungschancen verwirklichen – soziale Ungleichheit abbauen. Berlin, 2017, S. 718 In den vom Jobcenter zur Verfügung stehen Daten ist der Migrationshintergrund nicht erfasst, deshalb wird der Indikator nicht deutsche Staatsangehörigkeit verwendet. Die damit verbundene, auf Grund zunehmender Einbürgerungen langfristig schwindende Aussagkraft ist bekannt.19 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.), WSI: Armut und Einwanderung, Policy Brief Nr. 12, 08/2017, https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_pb_12_2017.pdf (07.05.2018), S. 4

  • Darstellung der Sozialindikatoren

    Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 27

    formale Qualifikation aufweisen können, sind besonders häufig von Armut gefährdet. Während die Struktur der Armutsgefährdung vergleichbar ist, liegt das Armutsrisiko von Menschen mit Migrationshintergrund in den meisten Fällen deutlich über dem Niveau der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund20.

    Der hohe Anteil der Armutsgefährdung bei Migranten rührt zum großen Teil aus einer erhöhten Arbeitslosenquote, diese beträgt hierbei mehr als 15 % im Gegensatz zu knapp 6 % in der Gesamtbevölkerung21. Migranten haben besondere Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche und sind eher in niedrig entlohnten Arbeitsbereichen beschäftigt22. Die Faktoren sind vielfältig: Fehlende oder ausländische Berufsausbildungen oder Hochschulabschlüsse und auch Sprach-barrieren. Je höher der Bildungsabschluss, desto geringer die Armutsgefährdung. Dieses Muster lässt sich sowohl bei Personen mit als auch ohne Migrationshintergrund beobachten. Nicht deutsche Einwohner gehören zu den Gruppen mit erhöhtem Armutsrisiko. Daher wird die Transferleistungsquote der nicht Deutschen in die Analyse miteinbezogen.

    Diese überdurchschnittliche Betroffenheit von Armut bei Migranten lässt sich jedoch nur teilweise durch messbare, strukturelle Faktoren erklären. Auch wenn Menschen mit Migrati-onshintergrund - statistisch gesehen - die gleiche Betroffenheit hinsichtlich armutsrelevanter Faktoren wie Alter, Haushaltskomposition, Gesundheit, Region sowie Bildung und Erwerbstä-tigkeit aufweisen würden, wären sie immer noch von einer höheren Armutsgefährdungsquote betroffen als Menschen ohne Migrationshintergrund23. Die Ergebnisse zeigen, dass alleine die Herkunft immer noch zur Barriere für Teilhabe werden kann24.

    Die Differenzierung nach dem Migrationsstatus zeigt zudem unterschiedliche Entwicklungen bei einzelnen Gruppen. In Detailanalysen wird zwischen Personen mit Migrationshintergrund25 unterschieden, die selbst eingewandert sind und solchen, die als Kinder von Eingewanderten in Deutschland geboren wurden. Eingewanderte Personen sind demnach auch nach längerem Aufenthalt in Deutschland stärker armutsgefährdet.

    Für gut ausgebildete, in Deutschland geborene Personen mit Migrationshintergrund mit Berufs-ausbildung oder Hochschulabschluss gilt dies jedoch nicht mehr in dem Maße: Sie sind nicht wesentlich stärker von Armutsgefährdung betroffen als vergleichbar qualifizierte Personen ohne Migrationshintergrund26.

    20 Vgl. Giesecke, Kroh, Baumann, El-Kayed: Armutsgefährdung bei Personen mit Migrationshintergrund - Vertiefende Analysen auf Basis von SOEP und Mikrozensus. SOEP Papers on Multidisciplinary Panel Data Research, 907/2017, 2017, S. 2621 Vgl. Röhl, K. Schröder, C.: Armut in regionaler Sicht – Befunde und Handlungsempfehlungen. ifo Schnelldienst 14/2017, 2017, S. 622 Vgl. Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung: Armutsgefährdung bei Personen mit Migrationshintergrund. 2017, S. 1423 Vgl. Giesecke, Kroh, Baumann, El-Kayed: Armutsgefährdung bei Personen mit Migrationshintergrund - Vertiefende Analysen auf Basis von SOEP und Mikrozensus, SOEP Papers on Multidisciplinary Panel Data Research, 907/2017, 2017, S. 524 Vgl. Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) GmbH (Hrsg.): Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her?, Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland, Policy Brief des SVR-Forschungsbereichs 2018-1, Berlin, 2018, S. 825 Die Bestimmung des Migrationshintergrundes einer Person erfolgt nach der Definition des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2005: Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Im Einzelnen umfasst diese Definition zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte, (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler sowie die als Deutsche geborenen Nachkommen die-ser Gruppen. Die Vertriebenen des Zweiten Weltkrieges und ihre Nachkommen gehören nicht zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund, da sie selbst und ihre Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren sind.26 Vgl. Giesecke, Kroh, Baumann, El-Kayed: Armutsgefährdung bei Personen mit Migrationshintergrund - Vertiefende Analysen auf Basis von SOEP und Mikrozensus, in: SOEP Papers on Multidisciplinary Panel Data Research. 907/2017, 2017, S. 5

  • 28 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Darstellung der Sozialindikatoren

    ALG II-Leistungs-Berechtigte – AlleinerziehendeDas Armutsrisiko von Alleinerziehenden hat sich über Jahre auf einem hohen Niveau verste-tigt und ist mehr als viermal so hoch wie bei Paarfamilien mit einem oder zwei Kindern27. In Deutschland sind 44 % der Haushalte von Alleinerziehenden armutsgefährdet. In der Landes-hauptstadt Stuttgart wachsen in jeder fünften Familie Kinder bei einem Elternteil auf28.

    Kinder erhöhen grundsätzlich das Armutsrisiko eines Haushalts, da Kinder einerseits den Bedarf eines Haushalts unmittelbar steigern, andererseits die Betreuungsaufgaben einen Aus-gleich durch Mehrarbeit erschweren oder sogar verhindern. Sowohl der Bedarf des Haushalts als auch die Betreuungsaufgaben nehmen mit steigender Kinderzahl zu.

    Alleinerziehende Mütter und Väter stehen vor besonderen Herausforderungen. In den meisten Fällen sind es die Mütter, die die Verantwortung für die Erziehung der Kinder, für die Erwerbs-arbeit und den Haushalt allein tragen.

    Alleinerziehende sind bundesweit mittlerweile häufiger erwerbstätig als Mütter in Paarfamilien und arbeiten im Schnitt rund fünf Stunden mehr pro Woche29. Alleinerziehende Mütter sind im Vergleich zu allen Müttern seltener erwerbstätig, wenn die Kinder jünger sind. Von den erwerbstätigen alleinerziehenden Müttern arbeiten allerdings mehr als die Hälfte (58 %) in Teilzeit30. Dadurch gelingt es ihnen häufig nicht, den eigenen Unterhalt sowie den Unterhalt für die Kinder allein durch ihre Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften. Dementsprechend hoch ist die Notwendigkeit, Sozialleistungen zu beziehen. Die Quote liegt bundesweit bei 38 %31. Aufgrund belasteter und unterbrochener Erwerbsbiographien haben alleinerziehende Frauen verstärkt Probleme bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz und sind demnach häufiger von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Mit zunehmendem Alter der Kinder wird die Ausübung einer Vollzeittätigkeit von Alleinerziehenden wahrscheinlicher32. Die höchste Erwerbstätigenquote findet sich unter alleinerziehenden Müttern, deren jüngstes Kind zwischen 15 und 17 Jahre alt ist. Diese Quote ist mit über 80 % sogar höher als die von Müttern in Paarfamilien mit Kindern in der gleichen Altersgruppe33.

    Die Erwerbsbeteiligung der alleinerziehenden Mütter mit hohem Bildungsstand liegt höher als die der Mütter in Paarfamilien. Die besonderen Probleme zeigen sich bei der Gruppe der Müt-ter mit eher niedrigem Bildungsstand.

    27 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienreport 2017 – Leistungen, Wirkungen, Trends. Berlin, 2017, S. 7 28 Vgl. Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt: Stuttgarter Familiendaten, https://servicex.stuttgart.de/lhs-services/komunis/documents/8692_1_Faltblatt_Stuttgarter_Familiendaten_Ausgabe_2016.PDF (03.05.2018)29 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienreport 2017 – Leistungen, Wirkungen, Trends. Berlin, 2017, S. 49 30 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Alleinerziehende unter Druck – Rechtliche Rahmenbedingungen, finanzielle Lage und Reformbedarf. Gütersloh, 2016, S. 16f31 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienreport 2017 – Leistungen, Wirkungen, Trends. Berlin, 2017, S. 4932 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Alleinerziehende unter Druck – Rechtliche Rahmenbedingungen, finanzielle Lage und Reformbedarf. Gütersloh, 2016, S. 1133 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienreport 2017 – Leistungen, Wirkungen, Trends. Berlin, 2017, S. 68

  • Darstellung der Sozialindikatoren

    Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 29

    Mehr als 70 % der arbeitssuchenden alleinerziehenden Frauen in der Landeshauptstadt Stuttgart fehlt eine abgeschlossene Berufsausbildung34. Für Alleinerziehende sind die fehlen-de oder geringe Qualifikation und die fehlenden Möglichkeiten von Teilzeitausbildungen und Qualifizierungen ein grundlegendes Problem.

    Alleinerziehende gelten in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik als Bevölkerungsgruppe mit be-sonderem sozialpolitischen Unterstützungsbedarf, da sie die Sicherung des Familienunterhalts und die Versorgung der Kinder nicht mit einem Partner im Haushalt teilen können35.

    ALG II-Leistungs-Berechtigte – Erwachsene von 50 bis unter 65 JahrenÄltere Arbeitnehmer haben grundsätzlich ein niedrigeres Risiko, aus einer Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt heraus arbeitslos zu werden. Sie haben jedoch auch geringere Chancen, ihre Arbeitslosigkeit durch Wiederaufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu beenden.

    Die Zahl älterer Arbeitsloser ab 55 Jahren in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr bundesweit gesunken, nachdem sie die Jahre zuvor kontinuierlich gestiegen ist. Auch bezogen auf alle in Deutschland lebenden älteren Menschen ist der Anteil der Menschen, die auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende angewiesen sind, leicht rückläufig36.

    Arbeitslose im Alter von 55 bis unter 65 Jahren sind durchschnittlich deutlich häufiger langzeit-arbeitslos als in anderen Altersklassen. Bei längerer Arbeitslosigkeit entstehen Lücken in der Altersvorsorge und damit liegt ein erhöhtes Risiko der Armut im Alter vor.

    Deshalb zählt diese Altersgruppe immer noch zu den arbeitsmarktpolitischen Problemgrup-pen. Die Betrachtung dieser Bevölkerungsgruppe ist für die Sozialverwaltung hinsichtlich des vorhergesagten Anstiegs der Altersarmut in Deutschland besonders relevant.

    2.2 Indikatoren aus dem SGB XII – HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte In die Datenanalyse sind die Personengruppen eingegangen, die entweder nach dem 3. Kapi-tel des Sozialgesetzbuches XII Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) oder nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches XII Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung (GSiAE) erhal-ten37. Für den Sozialdatenatlas werden die Zahlen der Berechtigten von Hilfe zum Lebensun-terhalt (HLU) aufgrund der sehr geringeren Fallzahlen und der ähnlichen Lebenssituation mit den Zahlen der Berechtigten von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiAE) zusammengefasst38.

    34 Nach Angaben des Jobcenters der LHS Stuttgart vom 13.04.2018 zum Stand Dezember 2017.35 Vgl. Achatz, Hirseland, Lietzmann und Zabel: Alleinerziehende Mütter im Bereich des SGB II, Eine Synopse empirischer Befunde aus der IAB-Forschung, Aktuelle Ergebnisse aus der Projektarbeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2013. S. 436 Vgl. Bundesagentur für Arbeit: Jahresbericht 2016: Zahlen. Daten. Fakten. Nürnberg, 2017. S. 2037 Außerhalb von Einrichtungen.38 Im Folgenden werden die entsprechenden Transferleistungs-Berechtigten in den Tabellen HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte genannt.

  • 30 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Darstellung der Sozialindikatoren

    HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte – ab 65 JahrenAm Jahresende 2016 bezogen in Deutschland rund 1.025.903 Personen ab 65 Jahren Leistun-gen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII39. Bezüglich der Quote der Berech-tigten von Grundsicherung im Alter zeigen sich in Deutschland regionale Unterschiede. In Baden-Württemberg wird die Armutsgefährdung von Älteren in diesem Zusammenhang im Ver-gleich zur Gesamtbevölkerung von der Landesregierung nur als leicht erhöht eingeschätzt40.

    Einerseits wird ein drohender Anstieg der Altersarmut prognostiziert, andererseits verfügen ältere Menschen im Durchschnitt über einen höheren materiellen Wohlstand als je zuvor41.

    Viele Faktoren sprechen für einen künftigen Anstieg der Armut im Alter. Die stetige Zunah-me atypischer Beschäftigungsverhältnisse, prekäre Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnsektor und unterbrochene Erwerbsbiographien haben langfristig Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen im Alter. Während der privaten Vorsorge eine zunehmend höhere Bedeutung zukommt, sinkt das Rentenniveau42 kontinuierlich. Bei genauer Betrachtung wird deutlich, dass u. a. Geringqualifizierte, Menschen mit Migrationshintergrund und alleinstehende Frauen besonders gefährdet sind, von Armut im Alter betroffen zu sein43.

    Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung (2017) ist in Deutschland das Risiko für Armut im Alter eher geringer als das Armutsrisiko von jüngeren Menschen. Jedoch zeigt sich in den letzten Jahren ein Anstieg der absoluten Zahl der Personen, die im Alter Grundsiche-rungsleistungen beziehen. Damit erhöht sich langfristig das Risiko für Altersarmut.

    Armut im Alter geht für die Betroffenen mit Einschränkungen in nahezu allen Lebensbereichen einher44. Vor dem Hintergrund einer Zunahme von Altersarmut ist es notwendig, diese Tendenz zu beobachten.

    HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte – nicht deutsch ab 65 JahrenSeit einigen Jahren wird deutlich, dass sich der Anstieg der Altersarmut auf ältere Deutsche ebenso wie auf die nicht Deutschen erstreckt. Ihr Armutsrisiko liegt allerdings deutlich über demjenigen der deutschen Einwohner45.

    39 Vgl. Statista GmbH: Anzahl der Empfänger/-innen von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Alter in Deutschland von 2003 bis 2017, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/165570/umfrage/empfaenger-von-grundsicherung-in-deutschland/ (10.04.2018)40 Vgl. Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen, Senioren (Hrsg.): Einkommenslage älterer Menschen. Sozioökonomische Lebenslagen in Baden-Württemberg, Stuttgart, 2014, S. 541 Vgl. Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen, Senioren (Hrsg.): Einkommenslage älterer Menschen. Sozioökonomische Lebenslagen in Baden-Württemberg. Report. 2014, S. 6, zitiert auf der Basis von Vogel und Motel-Klingebiel (Hrsg.) (2013): Altern im sozialen Wandel, Die Rückkehr der Altersarmut42 Im Ergebnis verliert die Gesetzliche Rentenversicherung dadurch ihre Funktion einer Lebensstandardsicherung. Der im Arbeitsleben erreichte Lebensstandard kann nur dann einigermaßen beibehalten werden, wenn zusätzlich Rentenansprüche durch die freiwillige betriebli-che oder private Altersvorsorge erworben werden. http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Alter-Rente/Datensammlung/PDF-Dateien/abbVIII37.pdf (09.05.2018)43 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Entwicklung der Altersarmut bis 2036. Trends, Risikogruppen und Politikszenarien. Gütersloh, 2017. S. 1444 Zu diesem Thema fand am 23.07.2013 eine Fachtagung „Arm und Alt“ im Stuttgarter Rathaus statt, basierend auf den Ergebnissen der Publikation des Stuttgarter Alterssurveys 2012. Ergebnisse. Älter werden in Stuttgart. Generation 50plus. Landeshauptstadt Stuttgart. Sozialamt. Stabsstelle Sozialplanung, Sozialberichterstattung und Förderung der freien Wohlfahrtspflege. Dokumentation unter https://www.stuttgart.de/item/show/476098.45 Vgl. Berliner Institut für empirische Integration- und Migrationsforschung (Hrsg.): Armutsgefährdung bei Menschen mit Migrationshintergrund, Berlin, 2017. S. 14

  • Darstellung der Sozialindikatoren

    Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 31

    Verschiede Faktoren können das höhere Armutsrisiko im Alter von nicht deutschen Einwohnern begünstigen. Darunter fallen die im Durchschnitt geringere schulische und berufliche Qualifika-tion, die häufig eingeschränkte Anerkennung von Abschlüssen, Sprachbarrieren sowie der zum Teil eingeschränkte Zugang zum Arbeitsmarkt und zu speziellen Hilfen zur beruflichen Einglie-derung. Damit ist diese Gruppe überdurchschnittlich häufig von unterbrochenen Erwerbsbio-graphien, atypischen Beschäftigungsverhältnissen und niedrigen Löhnen sowie oftmals von einer zeitlich begrenzten Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet betroffen46. Alle diese Faktoren führen zu niedrigeren Rentenanwartschaften und einer höheren Wahrscheinlichkeit des Be-zugs von Leistungen der Grundsicherung im Alter. Vor diesem Hintergrund gilt es, bei dieser Gruppe die Gefahr von Altersarmut besonders zu verfolgen.

    HLU- und GSiAE-Leistungs-Berechtigte – weiblich ab 65 JahrenFrauen sind im Rentenalter deutlich häufiger auf Transferleistungen angewiesen. Im Juni 2016 waren in Deutschland rund 59 % der Personen, die Grundsicherung im Alter erhielten, Frau-en47. Wie im ganzen Bundesgebiet sind ältere Frauen in Baden-Württemberg häufiger armuts-gefährdet insbesondere, wenn sie alleine leben. Sie erhalten auch in Baden-Württemberg häufiger Leistungen der Grundsicherung im Alter48.

    Für Frauen ist das Rentenalter mit einem höheren Armutsrisiko verbunden als für Männer. Ein zentraler Grund sind die Unterschiede in der Rentenvorsorge. Bedingt durch Schwangerschaft und Kinderbetreuung setzen Frauen häufiger im Beruf aus und arbeiten häufiger in Teilzeit. Durch den Anstieg der Scheidungsraten und die Zahl der Alleinerziehenden wird sich dieses Problem eher noch verschärfen. Mit der alleinigen Versorgung der Kinder geht oft ein langer Transferleistungsbezug einher. So erhöhen sich die Wahrscheinlichkeiten einer niedrigen Ren-te und mangelnden privaten Vorsorge. Damit ist die finanzielle Sicherheit der Frauen im Alter auch heute noch oft vom Einkommen der Männer oder einer weiteren Rente, wie der Hinter-bliebenenrente, abhängig.

    Damit gehören ältere Frauen zu den Armutsrisikogruppen und es gilt zu überprüfen, ob Frauen im Alter ab 65 Jahren in der Landeshauptstadt Stuttgart stärker von GSiAE-Bezug betroffen sind als die Gesamtbevölkerung ab 65 Jahren.

    2.3 Indikator aus SGB II und SGB XII – Grundsicherungsleistungs-Berechtigte gesamtMit den Indikatoren aus dem SGB II (ALG II inklusive Sozialgeld) und dem SGB XII (Bezug von Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung) werden zwei Gruppen unter-sucht: Einwohner unter 65 Jahren in Zuständigkeit des SGB II und Einwohner ab 65 Jahren in der Zuständigkeit des SGB XII. Diese beiden Indikatoren werden zu einer Quote der Transfer-leistungs-Berechtigten an allen Einwohnern zusammengefasst. Durch die Zusammenfassung der beiden Transferleistungen, die hier als „Grundsicherung gesamt“ bezeichnet wird, lässt sich die Transferleistungsbetroffenheit aller Einwohner eines Stadtbezirks bzw. eines Stadtteils abbilden. So lassen sich die einzelnen Stadtteile und Stadtbezirke leichter vergleichen.

    46 Vgl. Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.): Altersarmut in Deutschland – regionale Verteilung und Erklärungsansätze. Gütersloh, 201547 Vgl. Statistisches Bundesamt: Altersarmut – Frauen besonders von Grundsicherung im Alter betroffen, Im Fokus, 29.11.2016, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ImFokus/Soziales/GrundsicherungAlter.html (11.04.2018)48 Vgl. Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen, Senioren (Hrsg.): Einkommenslage älterer Menschen. Sozioökonomische Lebenslagen in Baden-Württemberg, Stuttgart, 2014. S. 5, S. 30ff

  • 32 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Darstellung der Sozialindikatoren

    2.4 Indikatoren aus dem WoGG – Wohngeld-Berechtigte Wohngeld ist ein Zuschuss des Staates zu den Wohnkosten. Nach dem gesellschafts- und wohnungspolitischen Grundgedanken soll es jedem Haushalt ein angemessenes und famili-engerechtes Wohnen wirtschaftlich sichern. Wohngeld wird deshalb Mietern und Eigentümern gezahlt, wenn die Höhe ihrer Miete oder Belastung für angemessen großen Wohnraum die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihres Haushalts überfordert. Wohngeldbezug ist eher eine ergänzende Unterstützungsleistung als eine Transferleistung

    Wohngeld-Berechtigte – Haushalte gesamtDie Bezugsquote des Wohngeldes spiegelt den Anteil der Haushalte wider, die auf diese Unterstützungsleistung angewiesen sind. Da Wohngeld haushaltsbezogen und nicht perso-nenbezogen gewährt wird, ist die Bezugsgröße die Zahl der entsprechenden Haushalte in der jeweiligen räumlichen Gliederung.

    Wenige Kenntnisse liegen darüber vor, wie die kleinräumige Verteilung der Wohngeldhaus-halte, die eher als Schwellenhaushalte der Armutsgefährdung bezeichnet werden können, auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart aussieht. Hier soll geprüft werden, ob einzelne Stadtteile stärker betroffen sind als andere. Zudem wird analysiert, ob dies die gleichen Stadt-teile mit einem hohen Transferleistungsbezug im Bereich des SGB II sind.

    2.5 Indikatoren aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

    Berechtigte von Asylbewerberleistungen gesamtMit dem „Stuttgarter Weg“ wird in der Landeshauptstadt Stuttgart u. a. das Ziel verfolgt, ge-flüchtete Menschen in verschiedenen Stadtbezirken unterzubringen.

    In den Jahren 2015 und 2016 stand die grundlegende Versorgung und Unterbringung der geflohenen Menschen im Vordergrund. Dazu wurden in allen Bezirken Flüchtlingsunterkünfte errichtet. Auf Grund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt ist davon auszuge-hen, dass die Mehrheit der geflüchteten Menschen auch im Rahmen der Anschlussunterbrin-gung weiterhin in den Unterkünften leben wird49. Mittlerweile stehen der berufsqualifizierende Spracherwerb, die Nachqualifikation im Schul- und Arbeitsbereich sowie die Weiterbildung im Fokus. Häufig ist der Einstieg in den Arbeitsmarkt erst gewährleistet durch den Beginn einer qualifizierenden Ausbildung. Dadurch kann die dauerhafte Eingliederung in sozialversiche-rungspflichtige und ausreichend entlohnte Arbeit eher gesichert werden.

    Die geflüchteten Menschen im erwerbsfähigen Alter bilden grundsätzlich ein wichtiges Potential für den Arbeitsmarkt, der auch durch den demografischen Alterungsprozess der Gesellschaft schon heute in vielen Fällen einen Mangel an Auszubildenden und Fachkräften aufweist. Ob es den geflüchteten Menschen mittelfristig gelingt, unabhängig von Transfer- leistungen zu leben, hängt maßgeblich von der Integration in den Arbeitsmarkt ab.

    Welche Zugangsmöglichkeiten und -bedingungen zum Arbeitsmarkt für geflüchtete Menschen bestehen, hängt von ihrem aktuellen Aufenthaltsstatus ab.

    49 Vgl. Auswertung und Karte 14 in Kapitel 4

  • Darstellung der Sozialindikatoren

    Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart 33

    Je nach Status gibt es unterschiedliche Integrations- und Sprachkursangebote sowie Möglich-keiten und Maßnahmen der Berufsqualifizierung und Berufsorientierung.50

    Die Bildungs- und Ausbildungssysteme aus einem Großteil der Herkunftsländer geflüchteter Menschen unterscheiden sich deutlich vom deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem. Entsprechend lange Zeit nehmen daher die berufliche Qualifizierung und der entsprechende Spracherwerb in Anspruch.

    Insbesondere die Integration in den Arbeitsmarkt wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Wäh-renddessen stellen Sozialleistungen die Haupteinkunftsquelle für geflüchtete Menschen dar.

    In der Regel erhalten geflüchtete Menschen zuerst Leistungen aus dem Asylbewerberleis-tungsgesetz, dann SGB II-Leistungen51. Durch den vollen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Qualifizierungsmöglichkeiten nach dem SGB II steigen erwartungsgemäß auch die Zahlen der Empfänger von Leistungen nach dem SGB II an. Dies gilt es bei der Beobachtung und Inter-pretation der Zahl der nicht deutschen SGB II-Leistungs-Berechtigten zu beachten.

    Berechtigte von Asylbewerberleistungen unter 18 JahrenKinder und Jugendliche, die in geflüchteten Familien aufwachsen, haben viele Schwierigkei-ten zu bewältigen. Zum einen haben die Familien in der Regel ein niedriges Einkommen, was ihnen, wie anderen Familien im Leistungsbezug auch, den Zugang zu vielen Angeboten er-schwert. Zum anderen müssen geflüchtete Kinder und Jugendliche große Veränderungen, wie den Verlust der Heimat und den Verlust von Teilen der Familie und Freunde verarbeiten und sich gleichzeitig in neuen Schul- und Ausbildungssystemen zurechtfinden. Nicht wenige dieser Kinder und Jugendlichen sind traumatisiert. Berechtigte von Asylbewerberleistungen unter 18 Jahren haben ein erhöhtes Armutsrisiko, die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe sind erheblich beeinträchtigt.

    Berechtigte von Asylbewerberleistungen ab 18 JahrenGeflüchtete, erwachsene Menschen52 treffen aktuell auf einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt: Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nehmen zu, die Wachstums- prognosen werden mittelfristig als stabil angesehen53. Trotzdem ist der Einstieg in den Arbeits-markt auf Grund der genannten Schwierigkeiten problematisch.

    50 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Zugang zum Arbeitsmarkt für geflüchtete Menschen, http://www.bamf.de/DE/Infothek/FragenAntworten/ZugangArbeitFluechtlinge/zugang-arbeit-fluechtlinge-node.htm (17.04.2018): Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entscheidet im Asylverfahren über vier Schutzarten: Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz und Abschiebungsverbot. Je nach Schutzart erhalten diese Personen eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Dauer von einem bis drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung bzw. dem Übergang in einen Daueraufenthalt. Anerkannte Asylbewerberinnen und -bewerber, die vom Bundesamt einen positiven Bescheid erhalten haben, dürfen grundsätzlich uneingeschränkt als Beschäftigte arbeiten und auch einer selbst-ständigen Tätigkeit nachgehen. Ist nur ein Abschiebungsverbot festgestellt worden, entscheidet die Ausländerbehörde im jeweiligen Einzelfall, ob eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt wird. Das Bundesamt erteilt Asylbewerberinnen und Asyl-bewerbern, die sich noch im Asylverfahren befinden, eine Aufenthaltsgestattung. Diese berechtigt sie bis zum Abschluss des Asyl-verfahrens, das heißt bis zur Entscheidung über den Asylantrag, in Deutschland zu leben und unter bestimmten Bedingungen zu arbeiten. Personen, die sich nicht (mehr) im Asylverfahren befinden bzw. einen negativen Bescheid erhalten haben, aber bei denen die Abschiebung ausgesetzt wurde, erhalten von der Ausländerbehörde eine „Bescheinigung für die Aussetzung einer Abschiebung“, die Duldung genannt wird. Personen, die eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung besitzen, haben eingeschränkte Zugangsbedingungen zum Arbeitsmarkt.51 Vgl. Kapitel 1 und Kapitel 2.152 Im Dezember 2016 waren unter den ca. 8.000 Geflüchteten etwa 50 Personen im Alter über 65 Jahren. 53 Vgl. Bundesagentur für Arbeit: Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung. Berichte: Arbeitsmarkt kompakt – Fluchtmigration, Nürnberg, 2018. S. 4

  • 34 Sozialdatenatlas 2016, Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart

    Darstellung der Sozialindikatoren

    2.6 Bonuscard-Berechtigte – gesamt ab 6 JahrenMit der Bonuscard + Kultur gewährt die Landeshauptstadt Stuttgart in Form einer freiwilligen Leistung nach einem differenzierten System Vergünstigungen für Personen, die Leistungen nach SGB II (ALG II inkl. Sozialgeld) oder SGB XII (HLU- und GSiAE) oder nach dem AsylbLG erhalten. Anspruchsberechtigt sind im Jahr 2016 auch Personen mit geringem Einkommen, die keinerlei soziale Transferleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes beziehen. Voraus-setzung ist, dass deren Einkommen nur geringfügig über dem Regelbedarf nach dem SGB II oder SGB XII liegt.

    Dem Berechtigtenkreis soll durch die Stuttgarter Bonuscard + Kultur ermöglicht werden, trotz finanzieller Einschränkungen am kulturellen, sportlichen und sozialen Leben in der Stadt teilzunehmen. Mit der Auswertung der Bonuscard-Berechtigten wird ein Personenkreis erfasst, der mit deutlichen finanziellen Einschränkungen seinen Lebensunterhalt bestreitet. Für die Auswertung werden die Daten der Personen genutzt, die aufgrund ihrer Einkommenssituation eine Berechtigung zum Erhalt der Bonuscard + Kultur aufweisen.

    Darstellung der Indikatoren

    Sozialindikator Bezugsgröße

    SGB II ALG II-L eistungs- Berechtigte inkl. Sozialgeld

    gesamt an Einwohnern im Alter von 0 bis unter 65 Jahren

    0 bis unter 6 Jahren an Kindern im Alter von 0 bis unter 6 Jahren

    6 bis unter 18 Jahren an Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis unter 18 Jahren18 bis unter 35 Jahren an Einwohnern im Alter von 18 bis unter 35 Jahren

    35 bis unter 50 Jahren an Einwohnern im Alter von 35 bis unter 50 Jahren

    50 bis unter 65 Jahren an Einwohnern im Alter von 50 bis unter 65 Jahren

    nicht deutsch unter 65 Jahren an Einwohnern mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit unter 65 JahrenHaushalte mit Alleinerziehenden

    SGB XII HLU- und GSiAE- Leistungs-Berechtigte

    ab 65 Jahren an Einwohnern ab 65 Jahren

    nicht deutsch ab 65 Jahren an nicht deutschen Einwohnern ab 65 Jahren

    weiblich ab 65 Jahren an weiblichen Einwohnern ab 65 JahrenSGB II und XII Grundsicherungsleistungs-Berechtigte

    gesamt an allen Einwohnern

    WoGG Wohngeld-Berechtigte Haushalte gesamt an allen Einwohnern

    AsylbLG Berechtigte von Asylbewerberleistungen

    gesamt an allen Einwohnern

    unter 18 Jahren an allen Einwohnern unter 18 Jahren

    ab 18 Jahren an allen Einwohnern ab 18 Jahren

    Bonuscard-Berechtigte gesamt ab 6 Jahren an allen Einwohnern ab 6 Jah