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Darstellung und Eigenschaften des Diphosphorsaure-tetramids Von R. KLEMENT und L. BEXEK~) Mit 2 Abbildungen Inhaltsubersicht Diphosphorsaure-tetrainid P,O,(NH,), wird aus Diphosphorsaure-tetrachlorid und Ammoniak in Chloroformlosung hergestellt. Bei der Behandlung des Reaktionsproduktes mit fliissigem Ammoniak bleibt reines P,03(NH,), zuruck. Dessen Eigenschaften werden beschrieben. Mit Wasser bildet es Diammonium-dianiido-diphosphat. - Es werden qualitative Beobachtungen iiber die Bindungsfestigkeit der Amidogruppen an den Phos- phor zusammengestellt. .- _.-.___ 0 0 Das Tetramid der Diphosphorsaure (H,N),P-0-P(NH,), ist in der uns zuganglichen Literatur bisher nicht beschrieben. Nach den Erfahrungen, die der eine von uns mit KOCII bei der Darstellung von Phosphoroxy-triamid und Phosphorthio-triamid2) gesammelt hat, mufi die Gewinnung von Diphosphorsaure-tetramid (DPTA) auf einfache Weise moglich sein, indem eine Losung von Diphosphorsaure- tetra- ehlorid P20,C1, in Chloroform in eine Losung von Ammoniak in Chloro- form unter Einleiten von gasformigem Ammoniak eingetropft wird. Die Reaktion lafit sich formulieren: P,O,Cl, -t S NH, = P,O,(NH,), + 4 NH,Cl. Schwierig ist die Entfernung des gleichzeitig gebildeten Ammo- niumchlorides. KOCH ,), der die Darstellung des DPTA zuerst versucht hat, hat in Analogie zur Isolierung des Phosphoroxy-triamides die Um- wandlung des Ammoniumchlorides in Diathylammoniumchlorid, das in Chloroform im Gegensatz zu den Phosphoramiden loslich ist, versucht. Hierbei scheint aber das DPTA in uniibersichtlicher Weise mitzu- reagieren, und es hat kein reines DPTA gewonnen werden konnen. Es konnte daran gedacht werden, das Ammoniumchlorid in Methanol zu losen, in dem DPTA praktisch unloslich ist. Wegen der geringen Los- lichkeit des Ammoniumchlorides in Methanol und wegen der Gefahr beginnender Abspaltung von Ammoniak &us dem DPTA bei der Siede- 1) Aus der Diplomarbeit L. BENEX, Universitat Munchen, Februar 1956. 2) R. KLEMENT u. 0. KOCH, Chem. Ber. 87, 333 (1954). 3) 0. KOCH, Dissertation Universitat Miinchen 1953.

Darstellung und Eigenschaften des Diphosphorsäure-tetramids

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Darstellung und Eigenschaften des Diphosphorsaure-tetramids

Von R. KLEMENT und L. B E X E K ~ )

Mit 2 Abbildungen

Inhaltsubersicht Diphosphorsaure-tetrainid P,O,(NH,), wird aus Diphosphorsaure-tetrachlorid und

Ammoniak in Chloroformlosung hergestellt. Bei der Behandlung des Reaktionsproduktes mit fliissigem Ammoniak bleibt reines P,03(NH,), zuruck. Dessen Eigenschaften werden beschrieben. Mit Wasser bildet es Diammonium-dianiido-diphosphat. - Es werden qualitative Beobachtungen iiber die Bindungsfestigkeit der Amidogruppen an den Phos- phor zusammengestellt.

.- _.-.___

0 0 Das Tetramid der Diphosphorsaure (H,N),P-0-P(NH,), ist

in der uns zuganglichen Literatur bisher nicht beschrieben. Nach den Erfahrungen, die der eine von uns mit KOCII bei der Darstellung von Phosphoroxy-triamid und Phosphorthio-triamid2) gesammelt hat, mufi die Gewinnung von Diphosphorsaure-tetramid (DPTA) auf einfache Weise moglich sein, indem eine Losung von Diphosphorsaure- tetra- ehlorid P20,C1, in Chloroform in eine Losung von Ammoniak in Chloro- form unter Einleiten von gasformigem Ammoniak eingetropft wird. Die Reaktion lafit sich formulieren: P,O,Cl, -t S NH, = P,O,(NH,), + 4 NH,Cl. Schwierig ist die Entfernung des gleichzeitig gebildeten Ammo- niumchlorides. KOCH ,), der die Darstellung des DPTA zuerst versucht hat, hat in Analogie zur Isolierung des Phosphoroxy- triamides die Um- wandlung des Ammoniumchlorides in Diathylammoniumchlorid, das in Chloroform im Gegensatz zu den Phosphoramiden loslich ist, versucht. Hierbei scheint aber das DPTA in uniibersichtlicher Weise mitzu- reagieren, und es hat kein reines DPTA gewonnen werden konnen. Es konnte daran gedacht werden, das Ammoniumchlorid in Methanol zu losen, in dem DPTA praktisch unloslich ist. Wegen der geringen Los- lichkeit des Ammoniumchlorides in Methanol und wegen der Gefahr beginnender Abspaltung von Ammoniak &us dem DPTA bei der Siede-

1) Aus der Diplomarbeit L. BENEX, Universitat Munchen, Februar 1956. 2) R. KLEMENT u. 0. KOCH, Chem. Ber. 87, 333 (1954). 3) 0. KOCH, Dissertation Universitat Miinchen 1953.

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temperatur des Methanols ist aber von dieser Moglichkeit abgesehen worden. Da DPTA in flussigem Ammoniak wenig loslich, Ammonium- chlorid aber gut loslich ist, kann die Isolierung des DPTA mit Hilfe von flussigem Ammoniak erfolgen. Zwar ist die Ausbeute etwas gering, aber es wird ein reines, vollig chloridfreies Produkt erhalten.

DPTA ist kristallin, farblos, geruchlos, hygroskopisch und von sufilichem Geschmack. Es ist in Wasser leicht loslich, und die Losung reagiert neutral. In organischen Losungsmitteln ist es unloslich.

Sowohl beim Liegen an feuchter Luft als auch beim Auflosen in Wasser tritt Hydratation von zwei Amidogruppen ein, und es bildet sich Diammonium-diamido-diphosphat :

NH, H,N (H,N),P-O-P(NH,)Z + 2 HZO = H,NO-P-O-PONH4.

0 0 0 0

Diammonium-diamido-diphosphat sol1 nach GLADSTONE und HOLMES~) auch aus trimereni Phosphornitrilchlorid und alkoholischer Kalilauge bzw. aus Phosphoroxychlorid und Ammoniak entstehen. Die waIjrige Losung des DPTA gibt mit Silbernitrat einen weil3en Niederschlag, der identisch ist mit dem aus der Losung des Diammonium-diamido-di- phosphates erhaltenen Silberniederschlag. In beiden Fallen handelt es sich um Disilber-diamido-diphosphat. Dieser Versuch zeigt, dafi die Hydratation von zwei Amidogruppen im DPTA sehr schnell erfolgt.

Mit zunehmender Kenntnis der Phosphoramidoverbindungen lassen sich uber das Verhalten der Amidogruppen an einem Phosphoratom qualitative Aussagen rnachen. Mit zunehmender Zahl von Amido - gruppen an einem Phosphoratom nimmt deren Bindungsfestigkeit ab. Dies lafit sich am Verhalten gegeniiber Wasser leicht und gut erkennen. Die hochste Zahl von Amidogruppen an einem Phosphoratom kann 3 betragen, es sei denn, es liefie sich - hochst unwahrscheinlich - ein Phosphorpentamid P(NH,), darstellen. Als Beispiel von Triamiden seien das wenig untersuchte Phosphorigsauretriamid P(NH2)35), das Phos- phoroxy-triamid OP(NH,), und das Phosphorthio-triamid SP(NH.J3,) genannt. Die letztgenannten Stoffe spalten mit Wasser (bzw. mit ver- diinnter Natronlauge) schnel l e ine Amidogruppe ab und gehen in die entsprechenden Diamidophosphate uber. An feuchter Luft wird Phos- phoroxy-triamid a l lma hlic h in Monoamidophosphat verwandelt , d. h. die Abspaltung der zweiten Amidogruppe erfolgt langsamer als die der ersten. DiamidophosphorsBure erleidet in wiioriger Losung in einigen Stunden Hydratation ein e r Amidogruppe in eine ONH,-Gruppe und

*) J. H. GLADSTONE u. J. D. HOLMES, J. chem. SOC. [London] 1864, 225. 5, A. JOANNIS, C. R. hebd. Seances Acad. Sci. 139, 364 (1904).

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14 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 287. 1956

bildet also Monoamidophosphat. Monoamidophosphorsaure geht in wa Briger Losung aber erst nach einigen Tagen in Ammoniumdihydrogen- monophosphat uber6). Es la& sich also - zunachst yualitativ - die verschiedene Bindungsfestigkeit mehrerer Amidogru ppen an einem Phosphoratom dahingehend erkennen, daB eine Amidogruppe verhaltnis- nial3ig fest, eine zweite weniger fest und eine dritte recht locker gebunden ist. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn DPTA mit je zwei Amido- gruppen an einem Phosphoratom beim Auflosen in Wasser schnell in das Diammoniumsalz der Diamido-diphosphorsaure ubergeht. - Die Kennt- nis dieses Verhaltens der Phosphoramidoverbindungen kann fur praG parative Arbeiten nutzlich sein.

Besehreibung der Versuche Darstellung von Diphosphorsaure-tetramid

In einem Dreihalskolben von 1 Liter Inhalt werden innerhalb von etwa 2 Stundeli etwa 20 g trockenes Ammoniakgas bei 0" C in 750 g trockenem Chloroform geIost. Unter Ruhren und Kuhlen auf 0' wird eine Losung von 8 g Diphosphorsaure-tetrachlorid7)

F 3

Abb. 1. Vorrichtung zum Ab- Abb. 2. Extraktionsgefiifi saugen des Reaktionsge- zur Trennung des Diphos- misches aus Diphosphorsaure- phorsaure-tetramids von tetramid und Ammonium- Ammoniumchlorid

chlorid

in 20 ml trockenem Chloroform innerhalb einer Stunde zugetropft. Wahrend des Zu- troplens wird ein schwacher Ammoniakstrom durch die Mischung geleitet. Nach dem Zusatz dbs Diphosphorsaure-tetrachlorides wird noch eine halbe Stunde lang geruhrt.

6 ) V. HILLE, Diplomarbeit Universitat Munchen 1956, nicht veroffentlicht. 7) R. KLEMENT u. K. H. WOLF, Z. anorg. allg. Chem. 282, 149 (1955).

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Der gebildete Niederschlag von DPTA und Ammoniumchlorid wird mit Hilfe der in Abb. 1 gezeigten Anordnung abgesaugt. Durch den Tropftrichter wird trockenes Chloroform in den Dreihalskolben zum Ausspiilen und zum Auswaschen des Niederschlages ge- geben. Der ausgewaschene Niederschlag wird in der Glasfilternutsche im Vakuum getrocknet.

Zur Befreiung von Ammonium chlorid bringt man das getrocknete Reak- tionsprodukt in das ExtraktionsgefaBs) (siehe Abb. 2) und extrahiert das Ammoniumchlorid durch fliissiges Am- moniak. Hierbei kann man mit einer bestimmten Menge Ammoniak auskom- men, wenn man im Kreislauf arbeitet. Zu diesem Zweck bringt man an der etwas verlangerten Schliffkappe des GefaBes A einen Kiihlmantel an, den man mit festem Kohlendioxyd gefiillt halt. Bei geoffneten Hahnen 1 und 4 und geschlossenen Hahnen 2 und 3 tropft die Losung des Ammoniumchlorides in flus- sigem Ammoniak bei geniigend hohem Niveau in GefaB A laufend in GefaB B. Hier verdampft das Ammoniak unter Hinterlassung festen Ammoniumchlorides (und kleiner Anteile an gelostem DPTA) und gelangt iiber Hahn 1 wieder nach A, wo es durch den Kiihlmantel wieder kon- densiert wird und auf die zu extrahierende Substanz lauft. Es entweicht kein Ammoniak nach auben. Nach beendeter Extraktion wird das fliissige Ammoniak vollstandig nach B gedriickt. Nachdem alles Ammoniak aus B verdampft ist, wird nach Losen der Schliffe fiber das Gefab A ein passendes Schliffkolbchen gestiilpt und das DPTA hineingeschiittet. Im Vakuum wird es von anhaftendem Ammoniak befreit. Man erhalt etwa 4 g (74% der Theorie) rein weifies, chloridfreies DPTA.

Tabelle 1

R o n t g e n - I n t e r f e r e n z e n von DPTA u n d von Di a m m o ni u m - di a mi do - d i p hosp hat. Kupfer-K,-Strahlung, Kameradurchmesser

57,3 mm, Werte unkorr.

I

DPTA

sst

s t sst

s t

sst

S

s-m

S

ss

ss

ss

ss

8

10,s (br

13,O 15,O

17,s

23,s (br

26,3 28,O

31,5 33,4

*35,5

37,4

42,5

Analyse : 30,7 mg : 760,l mg Ammoniummolybdophosphat. 30,O mg: 8,38 ml N, (15OC, 724 Torr). .

P,O,(NH,), Formelgewicht 174,05.

Diammonium-di- amido-d

I

S

s t

S

S

S

m

S

S

ss

m ss ss ss ss ss

Nhosphat 8

11,4

16,O

20,o 23,6

25,9

29,O

34,l

36,5

39,O

47,4 57,3 62,O 66,2 68,s 76,5

8 ) Handb. d. praparativen anorganischen Chemie, herausg. von G. BRAUER, Stutt- gart 1952, S. 356.

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Berechnet 35,63y0 P 32,24Y0 N

Gefunden 35,51% P 31,53% N (nach VAN SLYKE)

P:N = 2 : 4 2 : 3,92.

Die Interferenzen einer rontgenographischen Pulveraufnahme sind in Tab. I angegeben.

Bildung von Diammonium-diamido-diphosphat Man lost 2 g DPTA in 5 ml Wasser und versetzt die Losung nach einigen Minuten

mit Aceton bis zur Abscheidung eines Oles. Nach dem Dekantieren der Flussigkeit lost man das 01 in wenig Wasser und fallt es wieder mit Aceton aus. Dieses Verfahren wird noch einmal wiederholt. Beim Trocknen im Vakuum iiber P,O, kristallisiert das 01 im Laufe yon 1 bis 2 Stunden, und in etwa 3 Tagen sind die Kristalle trocken.

Analyse I : 56,5 mg : 1054,7 mg Ammoniummolybdophosphat. 61,3 mg: 10,7 ml 0 , l N Saure. 76,4 mg: 11,58 ml N, (17" C, 723 Torr).

LaiBt man DPTA auf einem Uhrglase offen an der Luft 48 Stunden stehen, so erhalt man ebenfalls Diammonium-diamido-diphosphat.

Analyse I1 : 53,5 mg : 988,6 mg Ammoniummolybdophosphat. 55,8 mg: 9,8 ml 0 , l N Saure. 69,5 mg: 7,2 ml N, (17OC, 722,5 Torr).

(NH,),P,O,(NH,), Formelgewicht 228,l.

Berechnet 27,17y0 P Gefunden I: 26,75y0 P 11: 26,50o/b P l2,28% Amido-N 11,58% Amido-N 11,62%Amido-N 24,56% Gesamt-N 24,43% Gesamt-N 24,50% Gesamt-N

P:Amido-N: Gesamt-N = 2 : 2 : 4 2 : 1,96: 4,06 2 : 1,94:4,12.

Die Rontgenaufnahmen nach dem Pulververfahren von den Stoffen I und I1 sind identisch, die Interferenzen sind in Tab. 1 angegeben.

Die Arbeit ist im Institut fur anorganische und analytische Chemie der PhiLTheol. Hochschule Regensburg ausgefiihrt worden.

Miinchon, Institut f u r Anorganische Chemie der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 22. April 1956.