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The public image of surgery Summary. Surgery and surgeons have a direct relation- ship to publicity. In the media, the entertainment aspect prevails over information (infotainment), and scandal also dominates because of negative reports. The cause in many cases is a lack of information, which is always a problem when transmitting scientific information to the public. Economic pressures and diminished resourc- es as well as a simultaneous increase in the demands made on medicine make it mandatory that surgeons communicate properly. They are being degraded more and more to “delivering” medicine, and the relationship between the surgeon and his patient has been reduced to a collision of greediness on both sides. We are in con- tinuous conflict with the power of the media and are be- ing challenged to improve our public relations. The pub- lic image of surgery today is determined by surgical per- formance and competence in communication. Key words: Surgery and publicity – Public relations – Competence in communication. Zusammenfassung. Chirurgie und Öffentlichkeit stel- len, je nach Sichtweise und in unterschiedlicher Bedeu- tung, ein hochvernetztes Interaktionsgeflecht dar. In der medialen Darstellung dominiert zunehmend die Unterhaltung über die Information (Infotainment) so- wie eine Skandalisierung der Ereignisse mit überwie- gend negativer Berichterstattung. Informationsdefizite bei mangelnder Transparenz tragen dazu wesentlich bei, was auch für den Wissenschafts- und Wissenstranfer in die Bevölkerung gilt. Die Ökonomiefalle mit zuneh- mender Verknappung der Finanzen bei ständiger Aus- weitung des Angebotes erfordert ebenfalls eine ver- stärkte Artikulation der Chirurgen in der Öffentlich- keit. Ein heute festzustellender Paradigmenwechsel stuft den Arzt zum Leistungserbringer herab und redu- ziert das Arzt-Patienten-Verhältnis auf das Aufeinan- dertreffen der Begehrlichkeit von Patienten auf die der Leistungserbringer. Wir stehen somit in einer ständigen Auseinandersetzung mit der Macht der Medien und sind gefordert, Defizite in der Öffentlichkeitsarbeit ab- zubauen. Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit wird heute geprägt von Leistung und Kommunikations- kompetenz. Schlüsselwörter: Chirurgie und Öffentlichkeit – Infor- mation und Transparenz – Öffentlichkeitsarbeit – Kom- munikationskompetenz. Die Chirurgie befindet sich als Teil der Medizin und des Gesundheitswesens in einem hochvernetzten Interakti- onsgeflecht (Abb. 1), das „Öffentlichkeit“ im weitesten Sinne und je nach Sichtweise in unterschiedlicher Be- deutung darstellt. Mit dem weitgefaßten Thema „Das Bild der Chirur- gie in der Öffentlichkeit“ können deshalb nur einzelne Facetten dieses Gesamtkomplexes erfaßt werden. Wichtig erscheint eine Auseinandersetzung mit einem Klischee, das dieses Bild prägt und ungebrochen ge- pflegt wird. Der Bereich Information, Transparenz und Chirurg (1998) 69: 1292–1299 Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit H. Bauer Chirurgische Abteilung (Chefarzt: Prof. Dr. H. Bauer), Kreiskrankenhaus Alt/Neuötting, Altötting Ó Springer-Verlag 1998 Abb. 1. Die Chirurgie in einem hochvernetzten Interaktionsge- flecht

Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit

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Page 1: Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit

The public image of surgery

Summary. Surgery and surgeons have a direct relation-ship to publicity. In the media, the entertainment aspectprevails over information (infotainment), and scandalalso dominates because of negative reports. The causein many cases is a lack of information, which is alwaysa problem when transmitting scientific information tothe public. Economic pressures and diminished resourc-es as well as a simultaneous increase in the demandsmade on medicine make it mandatory that surgeonscommunicate properly. They are being degraded moreand more to ªdeliveringº medicine, and the relationshipbetween the surgeon and his patient has been reducedto a collision of greediness on both sides. We are in con-tinuous conflict with the power of the media and are be-ing challenged to improve our public relations. The pub-lic image of surgery today is determined by surgical per-formance and competence in communication.

Key words: Surgery and publicity ± Public relations ±Competence in communication.

Zusammenfassung. Chirurgie und Öffentlichkeit stel-len, je nach Sichtweise und in unterschiedlicher Bedeu-tung, ein hochvernetztes Interaktionsgeflecht dar. Inder medialen Darstellung dominiert zunehmend dieUnterhaltung über die Information (Infotainment) so-wie eine Skandalisierung der Ereignisse mit überwie-gend negativer Berichterstattung. Informationsdefizitebei mangelnder Transparenz tragen dazu wesentlichbei, was auch für den Wissenschafts- und Wissenstranferin die Bevölkerung gilt. Die Ökonomiefalle mit zuneh-mender Verknappung der Finanzen bei ständiger Aus-weitung des Angebotes erfordert ebenfalls eine ver-stärkte Artikulation der Chirurgen in der Öffentlich-keit. Ein heute festzustellender Paradigmenwechselstuft den Arzt zum Leistungserbringer herab und redu-ziert das Arzt-Patienten-Verhältnis auf das Aufeinan-dertreffen der Begehrlichkeit von Patienten auf die derLeistungserbringer. Wir stehen somit in einer ständigen

Auseinandersetzung mit der Macht der Medien undsind gefordert, Defizite in der Öffentlichkeitsarbeit ab-zubauen. Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeitwird heute geprägt von Leistung und Kommunikations-kompetenz.

Schlüsselwörter: Chirurgie und Öffentlichkeit ± Infor-mation und Transparenz ± Öffentlichkeitsarbeit ± Kom-munikationskompetenz.

Die Chirurgie befindet sich als Teil der Medizin und desGesundheitswesens in einem hochvernetzten Interakti-onsgeflecht (Abb. 1), das ¹Öffentlichkeitª im weitestenSinne und je nach Sichtweise in unterschiedlicher Be-deutung darstellt.

Mit dem weitgefaûten Thema ¹Das Bild der Chirur-gie in der Öffentlichkeitª können deshalb nur einzelneFacetten dieses Gesamtkomplexes erfaût werden.Wichtig erscheint eine Auseinandersetzung mit einemKlischee, das dieses Bild prägt und ungebrochen ge-pflegt wird. Der Bereich Information, Transparenz und

Chirurg (1998) 69: 1292±1299

Das Bild der Chirurgie in der ÖffentlichkeitH. Bauer

Chirurgische Abteilung (Chefarzt: Prof. Dr. H. Bauer), Kreiskrankenhaus Alt/Neuötting, Altötting

Ó Springer-Verlag 1998

Abb. 1. Die Chirurgie in einem hochvernetzten Interaktionsge-flecht

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Bewertung unserer Leistungen zeigt einen hohen öffent-lichen Bedarf, aber auch bestehende Defizite auf. Be-züglich des Wissenschafts- und Wissenstransfers in dieÖffentlichkeit gilt es ebenfalls noch viel zu leisten. DieÖkonomiefalle setzt unser Handeln zunehmendenZwängen aus, die wiederum öffentlichkeitsverständlichartikuliert werden müssen. Auch ein gesellschaftlicherParadigmenwechsel ist ein wichtiger Einfluûfaktor aufunser Öffentlichkeitsbild, dessen Auswirkungen hinter-fragt werden müssen. Aus all dem ergibt sich der Hand-

lungsbedarf in Richtung einer uns zunehmend abgefor-derten Kommunikationskompetenz.

Das Klischee

Wir müssen uns ein realistisches Bild davon machen,wie uns die anderen sehen. Die mediale Darstellungder Chirurgie wird nämlich weniger geprägt von denWissenschaftsseiten groûer Tageszeitungen oder infor-mativen spätabendlichen Fernsehmagazinen. Eine fastinflationäre Flut von Medizinberichten und Arztserienin den Publikumsmedien, darunter viele mit offensicht-lich besonders attraktiven ¹Storiesª aus der faszinieren-den Welt der Chirurgie, dann auch mit besonders hohenEinschaltquoten (Abb. 2) prägen dieses Bild in breitenBevölkerungskreisen ganz entscheidend. Die Auswer-tung einer einzigen Woche einer Fernsehzeitschrift imFebruar 1997 [21] zeigt, daû alleine von Montag bisSamstag (der Sonntag ist offensichtlich arztfrei) mehrals 60 Fernsehstunden in über 64 Arztserien, überwie-gend mit chirurgischem Grundthema konsumiert wer-den könnten (Tabelle 1).

In den letzten Jahren ist auch eine deutliche Zunah-me äuûerst kritischer Berichterstattung in den Medienfestzustellen. Globale Aussagen auf der zweiten Seiteeiner groûen überregionalen deutschen Tageszeitung[10] wie ¹50 % aller Komplikationen und 35% der Ster-befälle als Folgen von Operationen wären vermeidbar,40% der Diagnosen bei Erstuntersuchungen sind falschund bis zu 50 % aller Röntgenuntersuchungen sindüberflüssigª erhalten dabei durch die vermeintliche Se-riosität ein besonders Gewicht. Daû diesen Feststellun-gen fehl- oder überinterpretierte Einzelaussagen sehrdifferenter Studien zugrunde liegen, kann oder willman dem Leser nicht vermitteln. Groû aufgemachte Il-lustriertenberichte (¹Vorsicht Operation ± was ¾rzte

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Abb. 2. Klischeebildende Arztserie im Fernsehen zur besten Sen-dezeit mit hohen Einschaltquoten (Gong)

Tabelle 1. Auflistung von Arztserien im Fernsehen während einer Woche im Februar 1998

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag

09.45 Bad Medicine(Pro 7)

19.25 Rettungsflieger(ZDF)

15.00 General Hospital(tm3)*

16.05 Chicago Hope(Pro 7)

11.15 Schwarzwaldklinik(ZDF)*

06.05 Geliebte Schwestern3 Folgen (SAT 1)

10.45 Dr. Quinn ¾rztinaus Leidenschaft(RTL 2)

20.15 Medicopter(RTL)Bergdoktor(SAT 1)

20.15 ¾rztin imZwielicht(SAT 1)

17.00 Notruf California(RTL 2)*

18.55 Neues vomBülowbogen(ARD)

10.50 Notruf California(RTL)*

20.15 Alarm auf Station 2(VOX)

21.00 ¾rzte (N 3) 22.15 Quincy (RTL) 20.15 Hallo Onkel Doc(SAT 1)

20.15 Dr. Stefan Frank(RTL)

11.45 General Hospital(tm 3)*

00.25 alphateam

±2.55 Für alle FälleStefanieHallo Onkel Doc(SAT 1)

00.00 Texas Klinik(B 3)

23.45 Dr. Quinn(Super RTL)

21.05 University Hospital(Super RTL)

13.00 Die fliegenden¾rzte (Kabel 1)*

21.15 Für alle FälleStefanie (SAT 1)

19.00 Geliebte Schwestern(SAT 1)*

22.15 alphateam (SAT 1) 19.25 ¹M. A. S.H.ª(Kabel 1)*

* Tägliche Serien. Pro Woche insgesamt 64 Serienfolgen mit einer Gesamtlänge von knapp 60 Std

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mit sich selbst nicht machen lassenª) scheinen durch diein Arztfamilien deutlich niedrigere Eingriffsfrequenzbei bestimmten Indikationen im Vergleich zur Normal-bevölkerung [23] zu belegen, daû operative Gewinnma-ximierung ein wesentliches Ziel chirurgischer Tätigkeitsei. Wird dann noch ein Präsident einer Landesärzte-

kammer laut einer dpa-Meldung im Umfeld um die un-selige Diskussion um den sog. Herzklappenskandal zi-tiert, daû 20 % aller ¾rzte Betrüger seien, so wird diesesNegativimage offensichtlich auch amtlicherseits abge-rundet.

Festzustellen ist heute ein allgemeiner Trend in derjournalistischen Präsentation. Die sachliche Informati-on wird zugunsten der Unterhaltung, des Infotainments,immer mehr zurückgedrängt. Schwarz-Weiû-Malerei istpublikumswirksam, differenzierte Argumente sindohne Vorbildung unverständlich, also langweilig. Undbesonders bedrückend ist eine zunehmende Skandali-sierung der Berichterstattung, die sich auf keineswegsrepräsentative Negativbeispiele focussiert und die alleBereiche unserer Gesellschaft und der Politik und damitnatürlich auch die Medizin und Chirurgie betrifft [19,21, 22].

Dennoch ist das Ansehen des einzelnen Arztes überviele Jahre hinweg konstant hoch geblieben und beträgtin einer %-Skala mehr als das Doppelte des nächstange-sehenen Berufes (Abb. 3). Dieses hohe Ansehen deseinzelnen Arztes steht allerdings heute im Widerspruchzu einem eher negativen Ansehen der ¾rzteschaft alsGanzes in der Öffentlichkeit, wobei insbesondere diegroûen ¾rzteverbände in erster Linie als Machtfakto-ren, als Vertreter materieller Interessen und als insge-samt undurchsichtiger Interessensverband betrachtetwerden.

Information, Transparenz und Bewertung

Die geschilderte umfangreiche Darstellung medizini-scher Themen in den Medien ist letztlich nur Ausdruckeines hohen Informationsbedürfnisses, das heute in derBevölkerung besteht. Dieses gilt es sehr ernst zu neh-men und es muû ihm gerade von ärztlicher Seite ausweit mehr entsprochen werden als bisher. ¹Die schwieri-ge Suche nach einem guten Arztª ± dies ist ein Thema,dem heute Publikumsmagazine besondere Aufmerk-samkeit bei gesicherter Auflagenstärke widmen [16].Was kann dieses breite Interesse auch besser belegenals die Feststellung des Magazins ¹Focusª, daû der Be-richt über die ¹besten ¾rzteª auf ein gröûeres Interessestieû als das Themenheft zu Lady Di. Die meisten vor-liegenden Informationsquellen über ¾rzte wie Haus-arzt, Selbsthilfeorganisationen, Krankenkassen, ¾rzte-kammern und Kassenärztliche Vereinigung sowie pro-fessionelle Arztsuchdienste und nicht zuletzt das Inter-net werden immer noch als zu dürftig und vor allem zuwenig informativ angesehen. So versuchen Kranken-hausreports in den verschiedenen Magazinen sich in ih-rer Bewertung auch zunehmend auf Umfrageergebnissevon einweisenden ¾rzten und insbesondere von Patien-ten zu stützen. Eine wirklich aussagekräftige Evaluationist jedoch immer noch äuûerst schwer zu erreichen,nicht zuletzt, da auch von seiten der Betroffenen, alsoder verantwortlichen ¾rzte und den Kliniken, bei derSchwierigkeit der Interpretation und unkommentiertenWeitergabe qualitätsrelevanter Daten erhebliche undauch verständliche Vorbehalte bestehen. Wie rigoros

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Abb. 3. Umfrageergebnis zum Ansehen des Arztes in der Öffent-lichkeit

Abb. 4. Titelblatt eines französischen Magazins vom Oktober 1997mit Ankündigung eines umfangreichen Beitrages über die Abtei-lungen mit der höchsten Letalität und den meisten Komplikatio-nen in der Chirurgie, der Anaesthesie und der Geburtshilfe

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Publikationsorgane heute dem Informationsbedürfnispotentieller Patienten durch vermeintlich objektive Be-wertungskriterien von Kliniken und Fachabteilungenentsprechen und wie weit sie gehen können, zeigen In-formationsserien aus Nachbarländern, die ± bereitsgroû auf der Titelseite angekündigt (Abb. 4) ± unkom-mentiert Letalitätsstatistiken oder Eingriffsfrequenzenbzw. deren wechselseitige Beziehungen für ein Rankingvon Kliniken heranziehen.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daû wir unse-rerseits mehr an Transparenz bieten müssen, um diesenInformationswünschen in der Bevölkerung gerecht wer-

den zu können. So ist es auch das Ziel einer gemeinsa-men Arbeitsgruppe ¹Zertifizierung von Krankenhäu-sernª zwischen der Bundesärztekammer und Spitzen-verbänden der Krankenversicherung, einen Kriterien-katalog zu erarbeiten, in dem die qualitätsrelevantenBereiche des Krankenhauses, die Verhaltensweise inder Krankenhausbehandlung und deren Ergebnisse ge-nannt sind. Dieser Kriterienkatalog soll Richtschnurund Maûstab für eine freiwillige Beurteilung der Kran-kenhäuser durch autorisierte externe Prüfer werden.Auf diese Weise soll eine objektive Information der Öf-fentlichkeit in diesem hochsensiblen Bereich versuchtwerden. Daû es äuûerst schwierig sein wird, hier valideund vor allem krankenhausspezifische Kriterien zu ent-wickeln, die sich deutlich von den in der Industrie ange-wandten Zertifizierungsnormen unterscheiden, muûnicht betont werden.

Vermehrte Transparenz und damit auch Informationund Bewertungsmöglichkeit für die Öffentlichkeit wirdder verstärkte Einsatz der Telematik (Telekommunika-tion und Informatik) bringen. Mit der Telemedizin las-sen sich Lösungswege für zwei Kernprobleme aufzeigen(Abb. 5). Eine optimale Versorgung kann nur gewähr-leistet werden, wenn bei der Behandlung alle relevantenPatientendaten verfügbar sind und individuell auchneueste fallbezogene Informationen aus wissensbasier-ten Systemen oder Behandlungsleitlinien zur Anwen-dung kommen können. Besondere Bedeutung hat aberauch der zweite Aspekt, daû nämlich durch die anony-misierte Zusammenführung krankheitsbezogener undgesundheitssystembezogener Informationen im Sinneeines effizienten Gesundheitsmanagements Planungenund Entscheidungen im Gesundheitssystem auf eine ak-tuelle und auch reale Informationsbasis gestellt werdenkönnen [11]. Wie sehr sich die allen zugänglichen Dia-gnose- und Behandlungsleitlinien der medizinisch-wis-senschaftlichen Fachgesellschaften ± und auch dies be-deutet in den Fachgesellschaften nicht unwidersproche-ne Transparenz und Öffentlichkeit ± als breite Informa-tionsquelle zunehmender Beliebtheit erfreuen, zeigendie fast exponentiell ansteigenden Zugriffszahlen im In-ternet (Abb. 6). Der vielfältige Nutzen der Telematikfür unsere chirurgische Klinik und Praxis mit engem Be-zug zur Öffentlichkeit läût sich in der Vernetzung derunterschiedlichen stationären Einrichtungen unterein-ander sowie mit Praxen und auch Rehabilitationszen-tren, der damit ermöglichten Online-Verfügung vonKompetenzzentren und den vielfältigen Möglichkeitender Telekonsultation (Einholen von Zweitmeinungen,Diagnosesicherheit, Therapieplanung) definieren. DieRahmenbedingungen für die Telekonsultation in derChirurgie, insbesondere in praktikabler Form, sinddazu allerdings z. T. noch zu definieren [7].

Wissenschafts- und Wissenstransfer

Der Wissenschafts- und Wissenstransfer in die Bevölke-rung muû sicher intensiviert werden. Dies erfordertauch eine verstärkte Nutzung der Medien. Der Präsi-dent der Deutschen Forschungsgemeinschaft, E.-L.

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Abb. 5. Die Telemedizin mit ihrem möglichen Bezug zur individu-ellen Patientenversorgung und als Planungs- und Entscheidungs-basis im Gesundheitssystem [11]

Abb. 6. Kontinuierlicher Anstieg der Dateizugriffe im Internet-Informationssystem der AWM (Arbeitsgemeinschaft wissenschaft-lich-medizinischer Fachgesellschaften) unter besonderer Berück-sichtigung der Abfragung von Leitlinien

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Winnacker, formuliert dies in seinem Plädoyer für eineneue Wissenschaftskultur [25] folgendermaûen: ¹DieForderung nach mehr Öffentlichkeit und Transparenzder Wissenschaft ist wahrscheinlich so alt wie dieseselbst. Vermutlich war auch die Gelegenheit noch nieso günstig wie heute, diese Forderung in die Tat umzu-setzen. Dennoch sind wir über Lippenbekenntnissenicht hinausgekommen. Ich werde amüsiert und mitlei-dig angeschaut, wenn ich fordere, daû Nachrichten ausder Wissenschaft täglich auf die erste Seite der Zeitun-gen gehören, daû Samstag abends zur besten Sendezeitneben 90 min Sport mit demselben Recht auch einmal3 min Wissenschaft angeboten werden müssen. Was derKirche und was dem Sport recht ist, müûte einer Kultur,in der Wissenschaft unsere Existenz sichert, allemal bil-lig sein. Dabei können Durchbrüche in der Forschunggenau so spannend sein wie Fuûballtoreª. Daû Chirur-gie wirklichkeitsnah und informativ und dabei mit ho-her Sensibilität und Einfühlungsvermögen zur bestenSendezeit einer breiten Öffentlichkeit mit äuûerst posi-tiver Resonanz vermittelt werden kann, zeigt eine neueSendereihe der ARD (Abb.7) oder auch die ¹Herz-nachtª im ZDF vom 12. 4. 1998 in Würdigung des Pio-niers der coronaren Bypasschirurgie.

Wir benötigen auûerdem eine Öffentlichkeitsoffensi-ve in Fragen der Fortschrittsbewertung, was vor allemder Sachverständigenrat der Konzertierten Aktion imGesundheitswesen gefordert hat [20]. Die Beurteilungs-kriterien (Tabelle 2) werden heute gerade in der Chirur-gie breit diskutiert. Besondere Bedeutung erhalten die-se Fragen des Wissenschaftstransfers in die Öffentlich-keit mit dem Ziel, verbesserte Akzeptanz zu erreichen

auch vor dem Hintergrund der Tatsache, daû in den Me-dien wie in Gesellschaft und Politik nie geprüfte und un-plausible Behandlungsverfahren mit immer gröûeremInteresse aufgenommen und auch anerkannt werden.Was Öffentlichkeitsarbeit anbelangt, könnte die wissen-schaftliche Medizin sehr viel von diesen sog. besonde-ren Therapierichtungen lernen (Tabelle 3), die sehr sub-tile und dabei sehr erfolgreiche Methoden in der Durch-setzung ihrer Interessen einsetzen [5]. Das offensicht-lich sehr verbreitete Miûtrauen gegenüber Wissen-schaftlern [17] hat allerdings nicht nur seine Ursachenin Defiziten eines allgemein verständlichen Wissen-schaftstransfers in die Öffentlichkeit, sondern auch inzunehmend publizierten Vorwürfen von Interessens-konflikten zwischen medizinischen Experten und derGesundheitsindustrie im weitesten Sinne.

Die Ökonomiefalle

Aufgrund immer knapper werdender Finanzen und ei-ner ständigen Ausweitung des Angebotes bei immermehr verbesserten medizinischen Möglichkeiten ist er-hebliches Konflikpotential für unser Handeln vorgege-ben (Abb. 8). Wir sind gewissermaûen in eine Ökono-miefalle geraten (Tabelle 4), die uns auch als Chirurgenzwingt, uns öffentlich zu artikulieren. Eine gesellschaft-liche Konsensfindung insbesondere bzgl. dessen, was

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Abb. 7. Programmankündigung (Zeitschrift Gong) einer informa-tiven seriösen Fernsehserie aus der Heidelberger Universitätskli-nik im April 1998

Tabelle 2. Beurteilungskriterien einer Öffentlichkeitsoffensive inFragen der Fortschrittsbewertung auf Vorschlag des Sachverstän-digenrates [20]

Dazu gehört die Beurteilung± der Effektivität von Verfahren und Technologien im Sinne eines

Health Technology Assessment (HTA), dessen wissenschaft-licher Einsatz in Deutschland besser verbreitet werden muû

± der Zugänglichkeit und Kontinuität der Versorgung± der Qualifikation der Anwender von neuen Verfahren und

Technologien sowie der Einbeziehung der Patientenperspektive± der wissenschaftlich ermittelten Effizienz in der Versorgung

Tabelle 3. Methoden der Durchsetzung nichtwissenschaftlicherVerfahren in der Medizin über Politik und Gerichte [5]

± Besetzen und Erfinden von Begriffen± Gezielte Meinungsumfragen± Gründung von Patienteninitiativen± Gründung von Vereinigungen und Dachverbänden für

Interessensgruppen± Vergabe von Rechtsgutachten± Marsch durch die Institutionen± Gezielte (Des-) Informationen

Tabelle 4. Ursachen der Ökonomiefalle

· Das Phänomen der angebotsinduzierten Nachfrage(¹¾rzteschwemmeª)

· Der medizinisch-technische Fortschritt· Der demographische Wandel· Das Sisyphus-Syndrom· Das Moral-Hazard-Phänomen

Page 6: Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit

aus sozialer Verantwortung wirtschaftlich machbarbleibt und wie bei einem die Ressourcen überschreiten-den Bedarf mit konsekutiver Knappheit der Mittel Prio-ritäten zu setzen sind, darf nicht ausschlieûlich politi-scher Meinungsbildung überlassen bleiben.

Es steht dabei auûer Zweifel, daû bei ausuferndenArztzahlen eine angebotsinduzierte Nachfragesteige-rung besteht. Die Betrachtungen dürfen aber nicht aus-schlieûlich auf die sog. ¹¾rzteschwemmeª focussiertwerden. Wir sehen uns einem weiteren Steuerungspro-blem vermehrt ausgesetzt. Lag bisher das leistungsbe-gründende Definitionsmonopol von Krankheit aus-schlieûlich bei den ¾rzten und war die Sozialverwaltungbzgl. der Leistungsgewährung an medizinische Feststel-lungen gebunden (Ausbrüche aus diesem System warenbisher nicht erfolgreich), wird in Zukunft vermehrtdurch ¹Managed-care-Programmeª versucht, eine strik-te Kontrolle des Leistungsgeschehens zu erreichen. Da-mit sollen vordergründig Kosten im Gesundheitswesengesenkt und die Effizienz erhöht werden. Die Öffent-lichkeit muû über die systemimmanenten, andernortsbereits manifesten und heftig kritisierten Risiken dieserSysteme (Standardisierung der Versorgungsprozesse,Gewinnmaximierung durch Leistungssteuerung, Gefahrvon Leistungsverweigerungen) informiert werden [9].Die Entschlieûung der Gesundheitsministerkonferenzaus dem letzten Jahr fordert auch bei uns einerseits ver-stärkte Wettbewerbselemente, andererseits aber auchzunehmend leitlinienorientierte und qualitätskontrol-

lierte Vergütungssysteme, auch verbunden mit der For-derung nach Regreû bei Nichterfüllung dieser Voraus-setzungen.

Während der medizinisch-technische Fortschritt undder demographische Wandel ± letzterer allerdings inüberschätzter Bedeutung [20] ± als kostensteigerndeFaktoren allgemein akzeptiert sind, ist die Bedeutungdes Sisyphus-Synroms der Öffentlichkeit zu wenig be-wuût. Es beschreibt die Tatsache, daû je besser die Me-dizin wird, wir um so mehr Kranke haben werden.Denn beim medizinischen Fortschritt handelt es sichganz wesentlich um die Entwicklung von Zusatztechno-logien, die bisher Unmögliches machen. Verbesserun-gen der Transplantationsmedizin, Entwicklung künstli-cher Organe und Hochtechnologie in der Diagnostikmit konsekutiv möglichen bild- und robotergesteuertenBehandlungsverfahren sind Beispiele für eine solche¹add-on technologyª. Dies bedeutet, daû neue Diagno-se- und Therapieverfahren entwickelt werden, ohnedaû es zu Substitutionsprozessen und zum Ersatz bisherangewandter Methoden kommt. Der medizinische Fort-schritt führt im Sinne dieses Sisyphus-Syndroms somitzu Zusatzkosten, die sich dadurch verstärken, daû durchneue Techniken und Medikamente auch eine Verlänge-rung der behandlungs- und kostenintensiven Zeitspan-ne zwischen Erkrankung und Tod erreicht wird [2]. DasMoral-Hazard-Phänom beschreibt schlieûlich die Tatsa-che, daû auch die Bevölkerung nicht bereit ist, in An-sprüchen bzw. im Ausschöpfen des Topfes der Solidar-gemeinschaft zurückzustehen. In der öffentlichen politi-schen Diskussion wird dies ± je nach Blickwinkel ± auchintensiv ausgenutzt.

Tatsache ist, daû die Chirurgie öffentlichkeitswirksa-men Reformansätzen insbesondere im Vergütungssy-stem besonders ausgesetzt ist. Operative Eingriffe undauch der Gesamtkomplex chirurgischer Erkrankungenlassen sich leichter definieren und in kodierungsfähigeZahlensysteme überführen als konservative Behand-lungmaûnahmen [6]. Aus diesem Grund wurden in derChirurgie auch als erster Disziplin sog. leistungsbezoge-ne Entgeltformen im Krankenhaus mit besonderenPauschalierungssystemen eingeführt und aus dem glei-chen Grund haben hier auch externe Qualitätssiche-rungsmaûnahmen frühzeitig einen besonderen Stand er-reicht. Die Chirurgie wird auch in Zukunft wegen dervermeintlich besseren Überschau- und damit auch Kon-trollierbarkeit erstes Experimentierfeld für ökonomi-sche Innovationen vor allem im Krankenhauswesenbleiben. Wir Chirurgen verspüren auch besonders deut-lich den sich zusätzlich verstärkenden Konflikt zwischendem Sozial- und dem Haftungsrecht. Kann, darf odermuû das, was medizinisch machbar ist, im Einzelfallauch durchgeführt werden? Und ist nicht die ständig zu-nehmende Risikominimierung unseres chirurgischenHandelns auch ein entscheidender Kostenfaktor, wennzur Vermeidung haftungsrechtlicher Konsequenzenvielfach die Flucht in Überdiagnostik und Übertherapieoder der Rückzug auf die Defensivmedizin angetretenwird?

H. Bauer: Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit 1297

Tabelle 5. Publizistische Grundsätze des Deutschen Presserateszur Berichterstattung über medizinische Themen

Pressekodex Ziffer 8 schützt das Privatleben und die Intim-sphäre des Menschen

Pressekodex Ziffer 15 schränkt eine unangemessene sensatio-nelle Darstellung ein, die unbegründeteBefürchtungen oder Hoffnungen weckenkönnte

Abb. 8. Das Konfliktpotential innerhalb des magischen Dreieckszwischen medizinischen Möglichkeiten, sozialer Verantwortungund wirtschaftlicher Machbarkeit

Page 7: Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit

Gesellschaftlicher Paradigmenwechsel

Wir befinden uns heute in einer wert- und sozialgewan-delten Gesellschaft [1]. Dabei erlebten wir einen zuneh-menden Widerspruch: Einerseits gewinnt eine genuû-freudige Selbstverwirklichung in allen Lebensbereichenzunehmend an Bedeutung, andererseits flüchtet mansich in eine risikoängstliche Sozialsicherheit, die diesemfreiheitlichen Genuûprinzip diametral entgegensteht.Der Paternalismus für unsere Patienten, den wir immerals positives Element angesehen haben, wird heute inFrage gestellt, häufig mit der Killerphrase ¹Monetikvor Ethikª und ist letztlich durch den Rechtsgrundsatzdes Voluntas aegroti vor dem Salus aegroti juristischfestgeschrieben. Unter dem Diktat des Marktes unddes Wettbewerbes wird der Kranke zum Kunden. Es istdann nur konsequent, auf eine bereits geschilderte er-gebnisorientierte Vergütung zu drängen und schlieûlichauch eine Erfolgshaftung vorzusehen. Das Tor dazuwurde durch das Urteil des Ersten Senats des Bundes-verfassungsgerichtes zum Thema ¹Kind als Schadenªaufgestoûen [3]. In der Konsequenz bedeutet dies fürden Behandlungsvertrag mit unseren Patienten denÜbergang vom Dienstvertrag zum Werkvertrag. In er-sterem schuldet der Chirurg dem Patienten eine sorgfäl-tig erbrachte Leistung, in letzerem einen bestimmtenErfolg.

In der Öffentlichkeit ist dieser Paradigmenwechsel,der mit der kontinuierlichen und sicher auch notwendi-gen Entmythologisierung des Arzt- und damit auchChirurgenbildes einherging, in seiner Konsequenz undBedeutung kaum wahrgenommen worden. Das Resul-tat läût sich sehr knapp auf die Formel bringen, daûder Arzt heute zum Leistungserbringer mutiert ist unddaû das Arzt-Patienten-Verhältnis auf die Formel redu-ziert wird, daû lediglich die Begehrlichkeit der Patien-ten auf die Begehrlichkeit der Leistungserbringer treffe.Eines muû uns allerdings klar sein: Der erste Satz in un-serer ärztlichen Berufsordnung, daû der Arzt nämlichder Gesundheit des einzelnen Menschen und des ge-samten Volkes zu dienen habe, ist bei den geändertenökonomischen und vor allem soziologischen Rahmen-bedingungen kritisch zu interpretieren. Zu unserer in-dividuell-patientenbezogenen Blickweise, die durchnichts ersetzt werden darf, muû auch eine mehr holisti-sche Betrachtungsweise ± bezogen nicht nur auf denBenefit für den einzelnen Patienten, sondern auch fürdie Gesellschaft als ganzes ± ergänzend hinzutreten.

Der Handlungsbedarf

Wir stehen heute somit als Chirurgen in der öffentlichenDiskussion in einer ständigen und verstärkten Ausein-andersetzung mit der Macht der Industrie, der offenenund versteckten Werbung, des geltenden Rechtssystemsund insbesondere der Medien. Eine häufig geäuûerteMedienkritik, daû nämlich Fakten kaum interessierenund das nicht entscheidend sei, was wahr ist, sondernwas wahrgenommen wird (¹Bloû nicht recherchieren,sonst stirbt das Themaª), gilt nicht nur für die Medizin

und die Chirurgie. Wir müssen uns darauf einstellen.Dabei gibt es über den Deutschen Presserat durchausMöglichkeiten auf eklatante Fehldarstellungen zu rea-gieren [13, 24]. In einem Pressekodex sind publizistischeGrundsätze zur Berichterstattung über medizinischeThemen festgelegt (Tabelle 5).

Wichtiger aber ist es, daû wir lernen müssen, uns inder Öffentlichkeit verständlicher auszudrücken, wozuauch gehört, plakativer und eindringlicher zu reden.Verstärkt wird auch eine offensivere Informationstätig-keit unsererseits gegenüber der Presse und allgemeingegenüber den Medien eingefordert [8] und nicht einReagieren erst dann, wenn aufgrund von unliebsamenVorfällen oder schiefer Berichterstattung Verteidi-gungspositionen eingenommen oder klärende Stellung-nahmen abgegeben werden müssen. Die Öffentlich-keitsarbeit der Chirurgen in der wissenschaftlichenFachgesellschaft, aber auch in der berufsständischenVereinigung ist zu verstärken und zu verbessern. Dazugehört ± und hier können wir sicher von der Industrielernen ± eine verstärkte Präsenz nach auûen (¹Ständigerzählen, was geleistet wirdª) sowie das Hereinholenvon Wünschen und Trends aus der Öffentlichkeit. Dar-stellungen zum Berufsbild und zu beruflichen Leistun-gen, vor allem gegenüber politischen und gesellschaftli-chen Macht- und Meinungsträgern, müssen ständig undkontinuierlich erfolgen, um das Image des Chirurgenund auch der Klinik zu sichern oder zu stabilisieren, eslangfristig auszubauen oder es im kurzfristigen Krisen-management zu verteidigen. Nicht zuletzt muû aberauch dann den Mitgliedern klar gemacht werden, wiegut sie vertreten sind [12, 15].

Viele Defizite entstehen dadurch, daû wir im ehrli-chen Bemühen um Wissens- und Informationstransferuns ganz auf den Inhalt unserer Botschaft konzentrie-ren. Es gibt Analysen, die zeigen, daû die Wirkung einesRedners in den Medien zu 7 % durch den Inhalt, zu38% durch die Rhetorik und zu 55% durch das äuûereErscheinungsbild beeinfluût wird, was bedeutet, daûinsgesamt 93% äuûere Wirkung erforderlich sind, um7 % Inhalt zu vermitteln [4]. Diese Tatsache erklärtauch, warum prominente und hochkompetente Vertre-ter unseres Faches gerade in Fernsehdiskussionsrundenund in Talkshows häufig nicht die gewünschte Wirkunghaben. Natürlich gibt es auch unter Chirurgen Naturta-lente, die eine angemessen plakative und dabei auch in-formative Sprache beherrschen. Für alle, die öffentlichunsere Sache wirksam zu vertreten haben, ist ein ¹Me-dientrainingª vielleicht heute noch ungewohnt, wirdaber auf Dauer unverzichtbar bleiben.

Das Bewuûtsein für die Notwendigkeit professionel-ler Öffentlichkeitsarbeit muû unter den ¾rzten undauch Chirurgen sicher noch wachsen. Nur ein einzigesMal hat sich ein Deutscher ¾rztetag in den letzten50 Jahren (1978 in Mannheim) mit der Öffentlichkeits-arbeit beschäftigt. Dies ist um so erstaunlicher, als sich¹die ¾rzteª und ihre ¹Standespolitikerª immer wiederum ihr Bild in der Öffentlichkeit sorgen, sich oft von¹der Presseª miûverstanden fühlen, irreführende odergar böswillige Darstellungen ihrer Absichten und Tatenbeklagen und sich oft als Opfer von Kampagnen sehen.

H. Bauer: Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit1298

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Immer erst dann, wenn kaum noch beeinfluûbare Ent-wicklungen eingetreten sind, ertönt der Ruf nach einemMehr an Öffentlichkeitsarbeit [14]. Es muû die Empfin-dung für die Verpflichtung der ärztlichen Argumentati-on auch in der Öffentlichkeit neben der Weitergabe un-serer tradierten Werte wachsen [18]. Das Bild der Chir-urgie wird in der Öffentlichkeit heute geprägt von Lei-stung und Kommunikationskompetenz.

Literatur

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Prof. Dr. H. BauerChirurgische AbteilungKreiskrankenhaus Alt/NeuöttingVinzenz-von-Paul-Straûe 10D-84503 Altötting

H. Bauer: Das Bild der Chirurgie in der Öffentlichkeit 1299