53
Leseprobe R.A. Salvatore Das Buch der Gefährten 1 - Die Nacht des Jägers Roman Bestellen Sie mit einem Klick für 9,99 € Seiten: 544 Erscheinungstermin: 16. April 2018 Lieferstatus: Lieferbar Mehr Informationen zum Buch gibt es auf

Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

Leseprobe RA Salvatore

Das Buch der Gefaumlhrten 1

- Die Nacht des Jaumlgers Roman

Bestellen Sie mit einem Klick fuumlr 999 euro

Seiten 544

Erscheinungstermin 16 April 2018

Lieferstatus Lieferbar

Mehr Informationen zum Buch gibt es auf

wwwpenguinrandomhousede

Inhalte

Buch lesen

Mehr zum Autor

Zum Buch Ein neues Zeitalter beginnt ndash Zeit fuumlr neue Gefaumlhrten

Von seinem eigenen Volk verstoszligen kehrt der Dunkelelf Drizzt DorsquoUrden

auf der Suche nach einem verschollenen Freund mit seinen Gefaumlhrten in

die verlassene Zwergenstadt Gauntlgrym zuruumlck Sie ahnen nicht dass die

Dunkelelfen dort inzwischen eine Siedlung gegruumlndet habem Was wie ein

Abenteuer in den leeren Zwergenhoumlhlen begann wird zu einem

verzweifelten Kampf ums Uumlberleben Denn nichts wuumlrde die grausame

Spinnengoumlttin der Dunkelelfen gluumlcklicher machen als der Tod von Drizzt

DolsquoUrden ndash und ihr Volk ist nur zu gern bereit ihren Wuumlnschen zu folgen

hellip

Autor

RA Salvatore R A Salvatore wurde 1959 in Massachusetts

geboren wo er auch heute noch lebt Bereits sein

erster Roman raquoDer gesprungene Kristalllaquo machte

ihn bekannt und legte den Grundstein zu seiner

weltweit beliebten Romanserie um den Dunkelelf

Drizzt DoacuteUrden Die Fans lieben Salvatores Buumlcher

vor allem wegen seiner plastischen Schilderungen

von Kampfhandlungen

R A SALVATORE

Die Nacht des Jaumlgers

Die Legende von Drizzt bei Blanvalet

Die Dunkelelfen (26754) middot Die Rache der Dunkelelfen (26755) middot Der Fluch der Dunkelelfen (26756) middot Der gesprungene Kristall

(24549) middot Die verschlungenen Pfade (24550) middot Die silbernen Stroumlme (24551) middot Das Tal der Dunkelheit (24552) middot Der magische

Stein (24553) middot Das Vermaumlchtnis (24663) middot Nacht ohne Sterne (24664) middot Bruumlder des Dunkels (24706) middot Kristall der Finsternis (24931) middot Schattenzeit (24973) middot Der schwarze Zauber (24168) middot

Die Ruumlckkehr der Hoffnung (24227) middot Der Hexenkoumlnig (24402) middot Die Drachen der Blutsteinlande (24458) middot Die Invasion der

Orks (24284) middot Kampf der Kreaturen (24299) middot Der Koumlnig der Orks (26580) middot Der Piratenkoumlnig (26618) middot Der Koumlnig der Geister

(26619) middot Gauntlgrym (26851) middot Niewinter (26878) middot Charons Klaue (26895) middot Die letzte Grenze (26962) middot Die Gefaumlhrten

(26988) middot Die Nacht des Jaumlgers (6108)

Erzaumlhlungen vom Dunkelelf (26915)

Auszligerdem von R A Salvatore

Star Wars Episode IndashIII Die dunkle Bedrohung ndash Angriff der Klonkrieger ndash Die Rache der Sith (37630)

Der Speer des KriegersDer Dolch des DrachenDie Ruumlckkehr des Drachenjaumlgers Drei Romane in einem Band (24314)

Weitere Titel in Vorbereitung

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel raquoCompanions Codex 1 Night of the Hunterlaquo

bei Wizards of the Coast Renton USA

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten so uumlbernehmen wir fuumlr deren Inhalte keine Haftung da wir uns diese nicht zu eigen machen sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveroumlffentlichung verweisen

Dieses Buch ist auch als E-Book erhaumlltlich

Verlagsgruppe Random House fscreg N001967

1 AuflageCopyright der Originalausgabe copy 2014

by Wizards of the Coast LLC 2014FORGOTTEN REALMS NEVERWINTER

DUNGEONS amp DRAGONS DampD WIZARDS OF THE COASTand their respective logos are trademarks of Wizardsof the Coast LLC in the USA and other countries

copy 2014 Wizards of the Coast LLC Licensed by HasbroPublished in the Federal Republic of Germany

by Blanvalet Verlag MuumlnchenNeumarkter Str 28 81673 Muumlnchen

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe copy 2018by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkterstr 28 81673 MuumlnchenRedaktion Alexander Groszlig

Umschlaggestaltung copy by Isabelle Hirtz Inkcraftnach einer Originalvorlage von Wizards of the Coast LLC

Umschlagillustration by Tyler JacobsonHK middot Herstellung sam

Satz omnisatz GmbH BerlinDruck und Bindung GGP Media GmbH Poumlszligneck

Printed in GermanyISBN 978-3-7341-6108-7

wwwblanvaletde

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 2: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

wwwpenguinrandomhousede

Inhalte

Buch lesen

Mehr zum Autor

Zum Buch Ein neues Zeitalter beginnt ndash Zeit fuumlr neue Gefaumlhrten

Von seinem eigenen Volk verstoszligen kehrt der Dunkelelf Drizzt DorsquoUrden

auf der Suche nach einem verschollenen Freund mit seinen Gefaumlhrten in

die verlassene Zwergenstadt Gauntlgrym zuruumlck Sie ahnen nicht dass die

Dunkelelfen dort inzwischen eine Siedlung gegruumlndet habem Was wie ein

Abenteuer in den leeren Zwergenhoumlhlen begann wird zu einem

verzweifelten Kampf ums Uumlberleben Denn nichts wuumlrde die grausame

Spinnengoumlttin der Dunkelelfen gluumlcklicher machen als der Tod von Drizzt

DolsquoUrden ndash und ihr Volk ist nur zu gern bereit ihren Wuumlnschen zu folgen

hellip

Autor

RA Salvatore R A Salvatore wurde 1959 in Massachusetts

geboren wo er auch heute noch lebt Bereits sein

erster Roman raquoDer gesprungene Kristalllaquo machte

ihn bekannt und legte den Grundstein zu seiner

weltweit beliebten Romanserie um den Dunkelelf

Drizzt DoacuteUrden Die Fans lieben Salvatores Buumlcher

vor allem wegen seiner plastischen Schilderungen

von Kampfhandlungen

R A SALVATORE

Die Nacht des Jaumlgers

Die Legende von Drizzt bei Blanvalet

Die Dunkelelfen (26754) middot Die Rache der Dunkelelfen (26755) middot Der Fluch der Dunkelelfen (26756) middot Der gesprungene Kristall

(24549) middot Die verschlungenen Pfade (24550) middot Die silbernen Stroumlme (24551) middot Das Tal der Dunkelheit (24552) middot Der magische

Stein (24553) middot Das Vermaumlchtnis (24663) middot Nacht ohne Sterne (24664) middot Bruumlder des Dunkels (24706) middot Kristall der Finsternis (24931) middot Schattenzeit (24973) middot Der schwarze Zauber (24168) middot

Die Ruumlckkehr der Hoffnung (24227) middot Der Hexenkoumlnig (24402) middot Die Drachen der Blutsteinlande (24458) middot Die Invasion der

Orks (24284) middot Kampf der Kreaturen (24299) middot Der Koumlnig der Orks (26580) middot Der Piratenkoumlnig (26618) middot Der Koumlnig der Geister

(26619) middot Gauntlgrym (26851) middot Niewinter (26878) middot Charons Klaue (26895) middot Die letzte Grenze (26962) middot Die Gefaumlhrten

(26988) middot Die Nacht des Jaumlgers (6108)

Erzaumlhlungen vom Dunkelelf (26915)

Auszligerdem von R A Salvatore

Star Wars Episode IndashIII Die dunkle Bedrohung ndash Angriff der Klonkrieger ndash Die Rache der Sith (37630)

Der Speer des KriegersDer Dolch des DrachenDie Ruumlckkehr des Drachenjaumlgers Drei Romane in einem Band (24314)

Weitere Titel in Vorbereitung

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel raquoCompanions Codex 1 Night of the Hunterlaquo

bei Wizards of the Coast Renton USA

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten so uumlbernehmen wir fuumlr deren Inhalte keine Haftung da wir uns diese nicht zu eigen machen sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveroumlffentlichung verweisen

Dieses Buch ist auch als E-Book erhaumlltlich

Verlagsgruppe Random House fscreg N001967

1 AuflageCopyright der Originalausgabe copy 2014

by Wizards of the Coast LLC 2014FORGOTTEN REALMS NEVERWINTER

DUNGEONS amp DRAGONS DampD WIZARDS OF THE COASTand their respective logos are trademarks of Wizardsof the Coast LLC in the USA and other countries

copy 2014 Wizards of the Coast LLC Licensed by HasbroPublished in the Federal Republic of Germany

by Blanvalet Verlag MuumlnchenNeumarkter Str 28 81673 Muumlnchen

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe copy 2018by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkterstr 28 81673 MuumlnchenRedaktion Alexander Groszlig

Umschlaggestaltung copy by Isabelle Hirtz Inkcraftnach einer Originalvorlage von Wizards of the Coast LLC

Umschlagillustration by Tyler JacobsonHK middot Herstellung sam

Satz omnisatz GmbH BerlinDruck und Bindung GGP Media GmbH Poumlszligneck

Printed in GermanyISBN 978-3-7341-6108-7

wwwblanvaletde

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 3: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

weltweit beliebten Romanserie um den Dunkelelf

Drizzt DoacuteUrden Die Fans lieben Salvatores Buumlcher

vor allem wegen seiner plastischen Schilderungen

von Kampfhandlungen

R A SALVATORE

Die Nacht des Jaumlgers

Die Legende von Drizzt bei Blanvalet

Die Dunkelelfen (26754) middot Die Rache der Dunkelelfen (26755) middot Der Fluch der Dunkelelfen (26756) middot Der gesprungene Kristall

(24549) middot Die verschlungenen Pfade (24550) middot Die silbernen Stroumlme (24551) middot Das Tal der Dunkelheit (24552) middot Der magische

Stein (24553) middot Das Vermaumlchtnis (24663) middot Nacht ohne Sterne (24664) middot Bruumlder des Dunkels (24706) middot Kristall der Finsternis (24931) middot Schattenzeit (24973) middot Der schwarze Zauber (24168) middot

Die Ruumlckkehr der Hoffnung (24227) middot Der Hexenkoumlnig (24402) middot Die Drachen der Blutsteinlande (24458) middot Die Invasion der

Orks (24284) middot Kampf der Kreaturen (24299) middot Der Koumlnig der Orks (26580) middot Der Piratenkoumlnig (26618) middot Der Koumlnig der Geister

(26619) middot Gauntlgrym (26851) middot Niewinter (26878) middot Charons Klaue (26895) middot Die letzte Grenze (26962) middot Die Gefaumlhrten

(26988) middot Die Nacht des Jaumlgers (6108)

Erzaumlhlungen vom Dunkelelf (26915)

Auszligerdem von R A Salvatore

Star Wars Episode IndashIII Die dunkle Bedrohung ndash Angriff der Klonkrieger ndash Die Rache der Sith (37630)

Der Speer des KriegersDer Dolch des DrachenDie Ruumlckkehr des Drachenjaumlgers Drei Romane in einem Band (24314)

Weitere Titel in Vorbereitung

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel raquoCompanions Codex 1 Night of the Hunterlaquo

bei Wizards of the Coast Renton USA

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten so uumlbernehmen wir fuumlr deren Inhalte keine Haftung da wir uns diese nicht zu eigen machen sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveroumlffentlichung verweisen

Dieses Buch ist auch als E-Book erhaumlltlich

Verlagsgruppe Random House fscreg N001967

1 AuflageCopyright der Originalausgabe copy 2014

by Wizards of the Coast LLC 2014FORGOTTEN REALMS NEVERWINTER

DUNGEONS amp DRAGONS DampD WIZARDS OF THE COASTand their respective logos are trademarks of Wizardsof the Coast LLC in the USA and other countries

copy 2014 Wizards of the Coast LLC Licensed by HasbroPublished in the Federal Republic of Germany

by Blanvalet Verlag MuumlnchenNeumarkter Str 28 81673 Muumlnchen

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe copy 2018by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkterstr 28 81673 MuumlnchenRedaktion Alexander Groszlig

Umschlaggestaltung copy by Isabelle Hirtz Inkcraftnach einer Originalvorlage von Wizards of the Coast LLC

Umschlagillustration by Tyler JacobsonHK middot Herstellung sam

Satz omnisatz GmbH BerlinDruck und Bindung GGP Media GmbH Poumlszligneck

Printed in GermanyISBN 978-3-7341-6108-7

wwwblanvaletde

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 4: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

R A SALVATORE

Die Nacht des Jaumlgers

Die Legende von Drizzt bei Blanvalet

Die Dunkelelfen (26754) middot Die Rache der Dunkelelfen (26755) middot Der Fluch der Dunkelelfen (26756) middot Der gesprungene Kristall

(24549) middot Die verschlungenen Pfade (24550) middot Die silbernen Stroumlme (24551) middot Das Tal der Dunkelheit (24552) middot Der magische

Stein (24553) middot Das Vermaumlchtnis (24663) middot Nacht ohne Sterne (24664) middot Bruumlder des Dunkels (24706) middot Kristall der Finsternis (24931) middot Schattenzeit (24973) middot Der schwarze Zauber (24168) middot

Die Ruumlckkehr der Hoffnung (24227) middot Der Hexenkoumlnig (24402) middot Die Drachen der Blutsteinlande (24458) middot Die Invasion der

Orks (24284) middot Kampf der Kreaturen (24299) middot Der Koumlnig der Orks (26580) middot Der Piratenkoumlnig (26618) middot Der Koumlnig der Geister

(26619) middot Gauntlgrym (26851) middot Niewinter (26878) middot Charons Klaue (26895) middot Die letzte Grenze (26962) middot Die Gefaumlhrten

(26988) middot Die Nacht des Jaumlgers (6108)

Erzaumlhlungen vom Dunkelelf (26915)

Auszligerdem von R A Salvatore

Star Wars Episode IndashIII Die dunkle Bedrohung ndash Angriff der Klonkrieger ndash Die Rache der Sith (37630)

Der Speer des KriegersDer Dolch des DrachenDie Ruumlckkehr des Drachenjaumlgers Drei Romane in einem Band (24314)

Weitere Titel in Vorbereitung

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel raquoCompanions Codex 1 Night of the Hunterlaquo

bei Wizards of the Coast Renton USA

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten so uumlbernehmen wir fuumlr deren Inhalte keine Haftung da wir uns diese nicht zu eigen machen sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveroumlffentlichung verweisen

Dieses Buch ist auch als E-Book erhaumlltlich

Verlagsgruppe Random House fscreg N001967

1 AuflageCopyright der Originalausgabe copy 2014

by Wizards of the Coast LLC 2014FORGOTTEN REALMS NEVERWINTER

DUNGEONS amp DRAGONS DampD WIZARDS OF THE COASTand their respective logos are trademarks of Wizardsof the Coast LLC in the USA and other countries

copy 2014 Wizards of the Coast LLC Licensed by HasbroPublished in the Federal Republic of Germany

by Blanvalet Verlag MuumlnchenNeumarkter Str 28 81673 Muumlnchen

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe copy 2018by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkterstr 28 81673 MuumlnchenRedaktion Alexander Groszlig

Umschlaggestaltung copy by Isabelle Hirtz Inkcraftnach einer Originalvorlage von Wizards of the Coast LLC

Umschlagillustration by Tyler JacobsonHK middot Herstellung sam

Satz omnisatz GmbH BerlinDruck und Bindung GGP Media GmbH Poumlszligneck

Printed in GermanyISBN 978-3-7341-6108-7

wwwblanvaletde

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 5: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

Die Legende von Drizzt bei Blanvalet

Die Dunkelelfen (26754) middot Die Rache der Dunkelelfen (26755) middot Der Fluch der Dunkelelfen (26756) middot Der gesprungene Kristall

(24549) middot Die verschlungenen Pfade (24550) middot Die silbernen Stroumlme (24551) middot Das Tal der Dunkelheit (24552) middot Der magische

Stein (24553) middot Das Vermaumlchtnis (24663) middot Nacht ohne Sterne (24664) middot Bruumlder des Dunkels (24706) middot Kristall der Finsternis (24931) middot Schattenzeit (24973) middot Der schwarze Zauber (24168) middot

Die Ruumlckkehr der Hoffnung (24227) middot Der Hexenkoumlnig (24402) middot Die Drachen der Blutsteinlande (24458) middot Die Invasion der

Orks (24284) middot Kampf der Kreaturen (24299) middot Der Koumlnig der Orks (26580) middot Der Piratenkoumlnig (26618) middot Der Koumlnig der Geister

(26619) middot Gauntlgrym (26851) middot Niewinter (26878) middot Charons Klaue (26895) middot Die letzte Grenze (26962) middot Die Gefaumlhrten

(26988) middot Die Nacht des Jaumlgers (6108)

Erzaumlhlungen vom Dunkelelf (26915)

Auszligerdem von R A Salvatore

Star Wars Episode IndashIII Die dunkle Bedrohung ndash Angriff der Klonkrieger ndash Die Rache der Sith (37630)

Der Speer des KriegersDer Dolch des DrachenDie Ruumlckkehr des Drachenjaumlgers Drei Romane in einem Band (24314)

Weitere Titel in Vorbereitung

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel raquoCompanions Codex 1 Night of the Hunterlaquo

bei Wizards of the Coast Renton USA

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten so uumlbernehmen wir fuumlr deren Inhalte keine Haftung da wir uns diese nicht zu eigen machen sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveroumlffentlichung verweisen

Dieses Buch ist auch als E-Book erhaumlltlich

Verlagsgruppe Random House fscreg N001967

1 AuflageCopyright der Originalausgabe copy 2014

by Wizards of the Coast LLC 2014FORGOTTEN REALMS NEVERWINTER

DUNGEONS amp DRAGONS DampD WIZARDS OF THE COASTand their respective logos are trademarks of Wizardsof the Coast LLC in the USA and other countries

copy 2014 Wizards of the Coast LLC Licensed by HasbroPublished in the Federal Republic of Germany

by Blanvalet Verlag MuumlnchenNeumarkter Str 28 81673 Muumlnchen

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe copy 2018by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkterstr 28 81673 MuumlnchenRedaktion Alexander Groszlig

Umschlaggestaltung copy by Isabelle Hirtz Inkcraftnach einer Originalvorlage von Wizards of the Coast LLC

Umschlagillustration by Tyler JacobsonHK middot Herstellung sam

Satz omnisatz GmbH BerlinDruck und Bindung GGP Media GmbH Poumlszligneck

Printed in GermanyISBN 978-3-7341-6108-7

wwwblanvaletde

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 6: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel raquoCompanions Codex 1 Night of the Hunterlaquo

bei Wizards of the Coast Renton USA

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten so uumlbernehmen wir fuumlr deren Inhalte keine Haftung da wir uns diese nicht zu eigen machen sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveroumlffentlichung verweisen

Dieses Buch ist auch als E-Book erhaumlltlich

Verlagsgruppe Random House fscreg N001967

1 AuflageCopyright der Originalausgabe copy 2014

by Wizards of the Coast LLC 2014FORGOTTEN REALMS NEVERWINTER

DUNGEONS amp DRAGONS DampD WIZARDS OF THE COASTand their respective logos are trademarks of Wizardsof the Coast LLC in the USA and other countries

copy 2014 Wizards of the Coast LLC Licensed by HasbroPublished in the Federal Republic of Germany

by Blanvalet Verlag MuumlnchenNeumarkter Str 28 81673 Muumlnchen

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe copy 2018by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkterstr 28 81673 MuumlnchenRedaktion Alexander Groszlig

Umschlaggestaltung copy by Isabelle Hirtz Inkcraftnach einer Originalvorlage von Wizards of the Coast LLC

Umschlagillustration by Tyler JacobsonHK middot Herstellung sam

Satz omnisatz GmbH BerlinDruck und Bindung GGP Media GmbH Poumlszligneck

Printed in GermanyISBN 978-3-7341-6108-7

wwwblanvaletde

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 7: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

5

Prolog

So viel BlutUumlberall BlutEs verfolgte Doumrsquowielle wohin sie auch gingSie sah es auf ihrer silberweiszligen Haut die verriet dass

sie halb Elfe halb Drow war Nacht fuumlr Nacht verfolgte es sie in ihren Traumlumen Sie sah es in den Spuren die ihre Fuumlszlige im Schnee hinterlieszligen Sie sah es auf ihrem scharfen Schwert Ja ganz besonders dort

Unablaumlssig spiegelte es sich im roten Rand ihres intel-ligenten Schwertes Khazidrsquohea

Tausend Mal hatte sie ihrem Bruder diese Klinge ins Herz gerammt Seine Schreie hallten in jedem wachen Gedanken nach und sie erfuumlllten ihre Traumlume Fuumlr Kha-zidrsquohea waren das suumlszlige Sphaumlrenklaumlnge

Eines Tages hatte ihr Bruder Teirflin versucht sie im Schlaf mit ebendieser Waffe ndash ihrem eigenen Schwert ndash zu toumlten Doch sie war schneller gewesen

Sie war besser gewesenSie war wuumlrdiger gewesenDie scharfe Klinge war in seine Brust gefahren hatte

Haut Muskeln und Knochen durchstoszligen und das Herz gefunden sodass das koumlstliche Blut sich ergieszligen konnte

Dieses Blut wuumlrde auf ewig an ihren Haumlnden kleben Damals aber als die Waffe sie im Bann hatte und ihr die

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 8: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

6

warmen Worte ihres Vaters zufluumlsterte wollte sie das Blut gar nicht abwaschen

Vielleicht waren Teirflins Todesschreie doch Musik in ihren Ohren

Zwei Die Finger des Drow bewegten sich in den komple-xen Handzeichen die seinem Volk eine heimliche stum-me Verstaumlndigung ermoumlglichten Sie bewegen sich langsam

Tsabrak Xorlarrin der Zauberer aus dem Dritten Haus von Menzoberranzan uumlberlegte Hier drauszligen fuumlhlte er sich nicht wohl denn er war weit entfernt von Menzo-berranzan und auch von QrsquoXorlarrin der neuen Stadt der Drow die seine Familie in den Minen der sagenhaf-ten Zwergenheimstatt Gauntlgrym errichtete Er war sich ziemlich sicher weshalb Oberin Zeerith ausgerechnet ihn auf diesen Erkundungsgang geschickt hatte Zeerith woll-te ihn von ihrem Sohn Ravel fernhalten einem erbitterten Rivalen von Tsabrak

Einem Rivalen der definitiv die Oberhand gewonnen hatte wie Tsabrak sich eingestehen musste Mit seinem erfolgreichen Eindringen in das alte Zwergenreich war Ra-vel zu leuchtendem Ruhm aufgestiegen der das Ansehen von Haus Xorlarrin mehrte Dabei hatte ihn ausgerech-net ein Baenre begleitet und zwar mit dem Segen dieses maumlchtigen Clans Die Stadt QrsquoXorlarrin nahm inzwischen Formen an und an dieser Entwicklung war Ravel maszlig-geblich beteiligt gewesen

Die Finger des Zauberers bewegten sich schnell und er-teilten seinen Spaumlhern einen neuen Auftrag denn er benouml-tigte genauere Informationen Nachdem er sie losgeschickt hatte kehrte er zuruumlck zu seiner Cousine Berellip der aumll-teren Schwester von Ravel Sie wartete mit ihrem Gefolge in einer kleinen natuumlrlichen Houmlhle am Ufer des unterirdi-

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 9: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

7

schen Flusses dem sie bis hierher gefolgt waren Berel-lip Xorlarrin war unuumlbersehbar Mit ihrem lauten herri-schen Auftreten hielt sie die rangniederen Maumlnner auf Ab-stand Nur ihren zwei jungen Zofen war es gestattet sie anzusprechen

Tsabrak durchquerte den kleinen Raum und entlieszlig die Zofen mit einem Wink

raquoIhr habt sie gefundenlaquoTsabrak nickte raquoWenigstens zwei Sie sind in den unte-

ren Tunneln unterwegslaquoraquoOrkslaquoDer Zauberer zuckte mit den Schultern raquoDas wissen wir

noch nicht Verstohlener als Orks koumlnnte man sagen Viel-leicht schlaue Goblinslaquo

raquoHier stinkt es uumlberall nach Orkslaquo sagte Berellip an-geekelt

Tsabrak konnte wieder nur mit den Schultern zucken Als sie in diese Tunnel unter den noumlrdlichen Auslaumlufern der Silbermarken vorgestoszligen waren waren sie davon ausgegangen hier viele Orks vorzufinden Schlieszliglich lag uumlber ihnen das Ork-Reich von Koumlnig Obould Todespfeil

raquoEuer freches Grinsen betrachte ich als Herausforde-runglaquo warnte Berellip deren Hand bereits an den Griff ihrer Schlangenpeitsche glitt

raquoIch bitte um Vergebung Priesterinlaquo sagte Tsabrak und verbeugte sich ehrerbietig Berellip war ganz wild darauf ihre Peitsche gegen das Fleisch von Drow-Maumlnnern ein-zusetzen raquoIch hatte mich nur gefragt ob ein gefangener Goblin-Stamm bei unserer Ruumlckkehr nach QrsquoXorlarrin ausreichen maglaquo

raquoIhr glaubt immer noch dass wir hierhergeschickt wur-den um Sklaven zu nehmenlaquo

raquoZum Teillaquo antwortete der Zauberer ehrlich raquoIch wuumlss-

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 10: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

8

te auch andere Gruumlnde warum man mich vorlaumlufig aus dem Weg haben will Ich bin mir jedoch nicht sicher wa-rum man Euch in dieser ruhmreichen Umbruchzeit fuumlr das Haus fortschicktlaquo

raquoWeil Oberin Zeerith es so wuumlnschtelaquo zischte die Pries-terin

Mit einer neuerlichen Verbeugung zeigte Tsabrak ihr an dass dies selbstverstaumlndlich die einzige Antwort war die er verdient hatte Berellip behielt ihre Gedankengaumlnge meistens fuumlr sich und Tsabrak hatte das zu akzeptieren Er und Berellip hatten sich schon oft uumlber den Sinn und Zweck ihres Auftrags unterhalten und dabei war Berel-lip teilweise erheblich offener gewesen und hatte Oberin Zeerith sogar kritisiert Doch es war typisch fuumlr Berellip Xorlarrin einfach so zu tun als haumltten diese Gespraumlche niemals stattgefunden

raquoUnseren Weg und die Zusammenstellung der Truppe hat nicht nur Oberin Zeerith festgelegtlaquo sagte er kuumlhn

raquoDas weiszlig man nichtlaquoraquoIch kenne Erzmagier Gromph Baenre seit zweihundert

Jahren Er hatte seine Hand im SpiellaquoBerellips Gesicht wurde sehr hart und sie murmelte

raquoBaenre hat uumlberall die Hand im Spiellaquo Sie sprachen von Tiago Baenre dem offiziellen Vertreter des Ersten Hau-ses der Ravel bei der Eroberung von Gauntlgrym beglei-tet hatte Zu Beginn ihrer Reise nach Osten hatte Berellip Tsabrak gegenuumlber kein Geheimnis daraus gemacht wie sehr sie den dreisten jungen Adligen verabscheute

Berellips Abneigung gegenuumlber Tiago uumlberraschte Tsa-brak wenig Er kannte Tiago ziemlich gut und die gerin-geren Haumluser von Menzoberranzan hatten schon oft ge-sehen wie der junge Krieger sich uumlber seinen Status als Mann geflissentlich hinwegsetzte und das Gewicht von

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 11: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

9

Haus Baenre fuumlr seine Zwecke in die Waagschale warf Zudem fluumlsterte man sich zu dass Tiago bald Saribel Xor-larrin heiraten wuumlrde Berellips in jeglicher Hinsicht unter-legene juumlngere Schwester die er Berellip vorgezogen hatte Von Saribel hielt Berellip offenkundig aumlhnlich wenig wie von Ravel dachte Tsabrak

raquoWas haumltte der Erzmagier schon davon wenn wir bei-de hier drauszligen sindlaquo fragte Berellip hochmuumltig raquoWozu sollte er Oberin Zeerith bitten eine Hohepriesterin und einen Meister von Sorcere auf Sklavenjagd zu schickenlaquo

raquoDas ist nicht alleslaquo sagte Tsabrak uumlberzeugt Er spielte auf eine andere Unterhaltung an raquoIhr hattet mir gesagt die Spinnenkoumlnigin sei uumlber unsere Reise erfreutlaquo

Er hielt den Atem an und machte sich auf einen Peit-schenschlag gefasst erlebte jedoch eine angenehme Uumlber-raschung als sie einfach nickte und sagte raquoHier geht et-was anderes vor Wir werden es erfahren sobald Oberin Zeerith der Meinung ist dass wir es wissen solltenlaquo

raquoOder wenn Erzmagier Gromph dieser Meinung istlaquo bohrte Tsabrak weiter

Berellips Augen spruumlhten vor ZornZu seiner groszligen Erleichterung kamen ausgerechnet in

diesem Moment seine Spaumlher in die Houmlhle gelaufenraquoKeine Goblinslaquo meldete einer von ihnen sichtlich auf-

geregtraquoDrowlaquo sagte der andereraquoDrowlaquo fragte Berellip Sie wechselte einen Blick mit

Tsabrak Von einer Drow-Stadt hier drauszligen war keinem von ihnen etwas bekannt

Vielleicht kennen wir unsere Antworten bald teilten Tsa-braks Finger seiner Cousine lautlos mit wobei der Zau-berer darauf achtete dass weder die Spaumlher noch die anderen im Raum seine Signale bemerkten

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 12: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

10

Auf halber Houmlhe einer unterirdischen Felswand saszligen zwei geschmeidige Gestalten auf einem Absatz Aus einer Tunneloumlffnung uumlber ihnen ergoss sich Wasser in den un-terirdischen See am Fuszlig der Wand Trotz ihres schmalen gefaumlhrlichen Standorts der nur von vereinzelten Flechten erhellt wurde wirkten beide vollkommen entspannt

raquoWarum muumlssen wir da hinauflaquo fragte Doumrsquowielle waumlhrend sie das Seil hochzog Die Elfe war die juumlngere der beiden Sie musste die Stimme erheben um sich uumlber das Rauschen des Wasserfalls hinweg Gehoumlr zu verschaffen Unwillkuumlrlich wuumlnschte sich der Aumlltere er haumltte sie ausrei-chend in der Zeichensprache der Drow unterwiesen raquoIch dachte wir wollten ins Unterreich absteigenlaquo fuumlgte seine Tochter voller Sarkasmus hinzu

Der Drow dessen Haut dunkler war als ihre probierte einen Unterreichpilz und starrte ihn angewidert an raquoDas ist der Weg auf dem ich meine Heimat verlassen habelaquo antwortete er

Die junge Frau die halb Drow halb Mondelfe war lehn-te sich ein Stuumlckchen vor und wirbelte bereits den Seilha-ken fuumlr den naumlchsten Wurf Mitten in der Bewegung brach sie ab und starrte ihren Begleiter unglaumlubig an

raquoDas ist hundert Jahre herlaquo wandte sie ein raquoWie kannst du das so genau wissenlaquo

Er warf den Rest des Pilzes in die Tiefe und stand ge-schmeidig auf obwohl eines seiner Beine schwer verwun-det war Dann wischte er sich die Haumlnde an der Hose ab raquoIch wusste immer dass ich eines Tages wiederkommelaquo

Die Frau warf das Seil erneut aus Diesmal landete der Haken in dem dunklen Loch des Tunnels uumlber ihnen

raquoDeshalb habe ich mir den Weg sehr gut eingepraumlgtlaquo er-klaumlrte er als sie den Sitz des Hakens pruumlfte raquoDer Wasser-fall war damals aber noch nicht hierlaquo

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 13: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

11

raquoNa das ist ja vielversprechendlaquo erwiderte sie schnip-pisch und kletterte los

Ihr Vater sah ihr stolz dabei zu und registrierte das Schwert das in der Scheide an ihrer Huumlfte hing Kha-zidrsquohea der Schnitter war eine maumlchtige intelligente Waf-fe die schwaumlchere Besitzer in den Wahnsinn treiben konn-te Allmaumlhlich wusste seine Tochter die blutruumlnstige Klin-ge zu beherrschen Das war kein Kinderspiel denn er hatte es schmerzhaft am eigenen Leib erfahren

Sie hatte noch nicht einmal die Haumllfte der Strecke ge-schafft als er zu dem ebenso feinen wie starken Elfenseil sprang und mit sehnigen Armen zuumlgig zu ihr aufschloss So war er dicht unter dem Zugang als sie sich uumlber den Rand zog und ihm die Hand hinstreckte Er griff zu und hatte es geschafft

Sie sagte etwas zu ihm aber er houmlrte es nicht mehr Nicht angesichts der Feinde die sich mit erhobenen Armen nauml-herten weil sie mit ihren Handarmbruumlsten auf ihn zielten

Auf der anderen Seite des Wasserfalls stand Tsabrak Xor-larrin oben im Tunnel an derselben Bruchkante die zu-vor seine Beute gewaumlhlt hatte und beobachtete wie die zwei vom Seeufer aus in die Houmlhe kletterten Er hatte sie problemlos entdeckt und dank seines betraumlchtlichen ma-gischen Talents genau verfolgt Sein zufriedenes Laumlcheln (das unbemerkt blieb weil er sich unsichtbar gemacht hat-te) zeigte an dass er sich ziemlich sicher war um wen es sich bei diesem abtruumlnnigen Drow dort handelte

Er fragte sich was Berellip Xorlarrin wohl machen wuumlr-de sobald sie herausfand dass es sich um einen einst hoch angesehenen Sohn des Zweiten Hauses von Menzoberran-zan handelte dem groumlszligten Rivalen von Haus Xorlarrin

raquoSchoumln vorsichtig Hexelaquo fluumlsterte er doch seine Wor-

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 14: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

12

te gingen im Tosen des Wasserfalls unter Er haumltte Berel-lips Kriegern auf magischem Wege eine Warnung schicken koumlnnen Der Spruch lag ihm auf der Zunge

Dann aber aumlnderte er seine Meinung und laumlchelte noch breiter Ein Grinsen zog sich uumlber sein Gesicht als er houmlr-te wie die Frau aufschrie und es im Zugang zum Tunnel gleiszligend hell wurde

Vorsichtshalber zog sich der Drow zur Wand zuruumlck wo zwei Stalagmiten sicheren Halt versprachen und setzte zu einem Zauber an

Das Knistern und Knacken von Doumrsquowielles Blitzschirm der die Armbrustbolzen abfing uumlbertoumlnte das Rauschen des Wassers Die Bolzen klackerten zu Boden

raquoZu mirlaquo rief sie ihrem Vater zu aber das war uumlber-fluumlssig Der erfahrene Krieger schob sich bereits neben sie an die Tunnelwand Beide hatten keine Lust ihre Gegner mit dem Ruumlcken zum Abgrund zu empfangen

Er zog seine zwei Schwerter sie ihresKhazidrsquohea duldete keine zweite Waffe neben sich denn

den glorreichen Todesstoszlig wollte das Schwert mit nichts und niemandem teilen

Drei Drow-Maumlnner tauchten vor den beiden auf Sie bewegten sich perfekt koordiniert mit dem Ruumlcken zum Fluss ndash einer am Boden kriechend der zweite springend und der dritte rannte herbei um seinen Kameraden De-ckung zu geben Alle drei waren mit je zwei Schwer-tern bewaffnet Der robbende Drow sprang direkt vor Doumrsquowielles Vater hoch und trieb dessen Klingen mit ei-nem doppelten Schlag von unten in die Houmlhe

Der zweite Krieger landete mit einem Salto neben ihm Noch ehe er stand stach er mit einem Schwert nach Doumrsquowielle und mit dem anderen nach ihrem Vater Da

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 15: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

13

der dritte Krieger direkt auf sie zulief und eine doppel-te Parade erforderlich machte konnte die Elfe dem Stich nach ihrem Gesicht nur unter Muumlhen ausweichen

raquoNicht toumltenlaquo rief ihr Vater wobei ihr nicht klar war ob das ihr galt oder ihren Feinden Sie haumltte den Befehl ohnehin nicht befolgt denn ihr Schwert duumlrstete nach Blut ndash egal wessen Blut Sie zog Khazidrsquohea mit Schwung zuruumlck und schlug beide Schwerter ihres Gegners beiseite Er drehte seine vordere Klinge sie drehte Khazidrsquohea und beide stachen zu

Mit dem Fels im Ruumlcken konnte Doumrsquowielle nicht zu-ruumlckweichen Aber ihr Stich trieb ihren Gegner nach hin-ten sodass auch dessen Angriff sie nicht traf Im Zwei-kampf und mit Khazidrsquohea in der Hand wuumlrde sie diesen erfahrenen Krieger zweifellos besiegen

Aber das hier war kein Zweikampf und auch ihr Vater hatte es nicht nur mit einem Gegner zu tun Der mittlere Angreifer schlug mit seinen Schwertern mal nach links mal nach rechts und mischte sich so in das Wirbeln der Paraden und Gegenschlaumlge ein

Nein schrie Khazidrsquohea in ihrem Kopf auf als das intel-ligente Schwert ihre Absichten erkannte

Sein Einspruch verhallte ohne Wirkung weil Doumrsquowielle keine Wahl blieb Hier ging es ums nackte Uumlberleben Die Kriegszauberin und Halb-Drow stach nach vorn wehrte rasch einen Schlag des mittleren Feindes ab und stach dann noch einmal zu um den Hauptgegner zuruumlckzudraumlngen

Das Zuruumlckweichen war exakt so bemessen dass der von ihr eingesetzte Zauber ihn auf den glitschigen Steinen in den Fluss rutschen lieszlig Der Drow schlug haltsuchend um sich wurde jedoch von der Stroumlmung erfasst und an seinen Begleitern vorbei uumlber den Rand des Abgrunds ge-rissen

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 16: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

14

raquoNeinlaquo schrie ihr Vater ihr zu aber aus ganz anderen Gruumlnden als ihr Schwert Khazidrsquohea wehrte sich dagegen dass sie ihre Magie einsetzte denn das Schwert wollte den Ruhm und das Blut allein fuumlr sich Ihr Vater hingegen schien immer noch auf eine Verhandlungsloumlsung zu hof-fen ndash was Doumrsquowielle angesichts von Khazidrsquoheas spoumltti-schen Eingebungen vollkommen laumlcherlich erschien

Da sie bemerkt hatte dass sich weitere Feinde naumlher-ten wandte sich Doumrsquowielle rasch dem zweiten Drow zu den sie gegen den Hauptgegner ihres Vaters abdraumln-gen wollte

Diesmal jedoch war der Mann schneller und als sie an-griff sprang er mit einem Griff an die Brosche an seiner Mantelschlieszlige in einem hohen Satz nach hinten Die Ma-gie seines Hauswappens loumlste einen Levitationszauber aus mit dessen Hilfe der Drow uumlber den unterirdischen Fluss schwebte

Doumrsquowielle waumlre ihm gern gefolgt aber Khazidrsquohea trieb sie stattdessen nach vorn denn das Schwert witterte die Bloumlszlige des dritten Drow der mit ihrem Vater kaumlmpfte Bei ihrem Angriff fuhr er herum und konnte ihren ersten Schlag teilweise abwehren

Aber mehr auch nicht denn Khazidrsquohea konnte sich durchsetzen Muumlhelos durchdrang die Klinge das schoumlne Kettenhemd des Drow und glitt herrlich in seine Haut In heller Panik warf der Drow sich nach hinten und floh von dem Sims in die Weite der dahinter gelegenen Houmlhle

Jetzt standen Doumrsquowielle und ihr Vater wieder Seite an Seite Sie blickten in den Tunnel wo sich vier Drow-Krie-ger aufgebaut hatten ndash unter ihnen der der uumlber den Fluss geschwebt war ndash und erneut ihre Handarmbruumlste erhoben

raquoDas ist unser Todlaquo sagte ihr Vater resignierendraquoGenuglaquo Die Lautstaumlrke des Rufs hinter der feindlichen

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 17: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

15

Linie war magisch verstaumlrkt Fuumlr jeden der in Menzober-ranzan aufgewachsen war war das ein klarer Befehl kam er doch aus dem Mund einer Frau

Die Drow machten Platz fuumlr eine Frau in einer schoumlnen schwarzen Robe die kunstvoll gearbeitet und mit spin-nenfoumlrmigen Runen verziert war Selbst Doumrsquowielle der die Drow-Kultur nur aus den Erzaumlhlungen ihres Vaters be-kannt war begriff dass sie eine hochrangige Priesterin der Goumlttin Lolth vor sich hatten

Zum Zeichen ihrer Macht hielt sie die furchtbare Schlan-genpeitsche bereit aus der vier gierige lebende Schlangen hervorwuchsen die auf ihren Befehl hin nur zu gern zu-schlagen wuumlrden

raquoWer seid Ihr und warum seid Ihr hierlaquo fragte Doumrsquowielle in der Sprache der Drow die sie von ihrem Vater gelernt hatte

raquoAh ja die Vorstellunglaquo warf ihr Vater ein raquoDamit haumltte ich gern fruumlher begonnen aber Eure Krieger waren zu sehr auf meinen Tod versessenlaquo

Das Zischen der Schlangen spiegelte den Zorn der Pries-terin wider

raquoIhr schlagt gegenuumlber einer Hohepriesterin einen der-artigen Ton anlaquo

Uumlberrascht registrierte Doumrsquowielle dass ihr Vater sichtlich eingeschuumlchtert einen Schritt zuruumlckwich Er hat-te ihren Rang unterschaumltzt und wirkte nun weit weniger selbstbewusst

raquoVergebt mirlaquo sagte er mit einer Verneigung raquoIch bin helliplaquo

raquoTosrsquoun Armgo vom Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo unter-brach ihn Doumrsquowielle raquoUnd ich bin Doumrsquowielle Arm-go von ebendiesem Hauslaquo Sie trat vor und hielt dabei Khazidrsquohea bereit dessen rote Schneide hungrig funkelte

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 18: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

16

raquoIhr werdet uns nach Menzoberranzan bringenlaquo befahl sie raquowo wir uns wieder unserem Haus anschlieszligen wer-denlaquo Sie konnte nicht erkennen ob die wuumlrdevolle Pries-terin beeindruckt oder belustigt war

raquoKinder vom Haus Barrison DelrsquoArmgo Menzoberran-zan hat hier keinen Einflusslaquo

Belustigt also erkannte Doumrsquowielle Das verhieszlig nichts Gutes

raquoDoch die Stadt QrsquoXorlarrin wird Euch willkommen heiszligenlaquo sagte die Priesterin

Tosrsquoun seufzte und Doumrsquowielle hoffte das waumlre ein Ausdruck tiefer Erleichterung

raquoQrsquoXorlarrinlaquo fragte er raquoHaus Xorlarrin hat eine Stadt gebautlaquo An Doumrsquowielle gewandt fluumlsterte er raquoDoe un-ser neues Leben koumlnnte interessanter werden als ich ge-plant hattelaquo

raquoJa Haus Xorlarrinlaquo antwortete die Priesterin raquoFruumlher das Dritte Haus von Menzoberranzan heute groumlszliger Grouml-szliger als das Zweite Haus moumlchte man meinenlaquo

Die Art wie sie dies sagte schien die Hoffnung aus dem Gesicht ihres Vaters zu wischen bemerkte Doumrsquowielle

raquoTosrsquoun Armgolaquo erklang eine Maumlnnerstimme von hin-ten Als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich umdrehten sahen sie hinter dem Rand des Abgrunds einen Drow in der Luft schweben Doumrsquowielle schien ihre Magie aktivieren zu wollen aber ihr Vater hielt sie am Arm fest Sein Blick ver-riet dass er die anderen fuumlr deutlich uumlberlegen hielt

raquoTsabraklaquo fragte erDer schwebende Zauberer lachte und verbeugte sich

was mitten in der Luft geradezu komisch wirkteraquoEin Freundlaquo fluumlsterte Doumrsquowielle hoffnungsvollraquoDrow haben keine Freundelaquo fluumlsterte Tosrsquoun zuruumlckraquoAllerdingslaquo pflichtete Tsabrak Xorlarrin ihm bei

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 19: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

17

raquoTrotzdem habe ich euch einen groszligen Gefallen getan und euch wahrscheinlich die Hinrichtung erspartlaquo Er zeigte nach unten und als Doumrsquowielle und Tosrsquoun sich naumlher an den Abgrund wagten sahen sie die beiden abgestuumlrzten Drow-Krieger in einem magischen Netz liegen das sich uumlber den Boden der Houmlhle spannte

raquoMeiner Cousine der aumlltesten Tochter von Oberin Zee-rith wurde vor Kurzem durch den Willen der Goumlttin eine vierte Schlange verliehen um die Gnade der Goumlttin walten zu lassen Ich denke sie wartet nur darauf diese Schlange einzusetzen Mit denen die Xorlarrins toumlten geht Berellip bekanntlich nicht zimperlich umlaquo

raquoDann sollte sie vielleicht keine Xorlarrins losschicken um die Kinder von Haus Barrison DelrsquoArmgo anzugrei-fenlaquo erwiderte Doumrsquowielle herrisch Tosrsquoun versuchte fassungslos sie zum Schweigen zu bringen worauf sie den Rest ihrer Antwort tatsaumlchlich herunterschluckte

Aber nur weil vier lebende Schlangen die Koumlpfe von Berellips grausamer Peitsche sie fuumlr ihre Unverfrorenheit in den Ruumlcken bissen

Khazidrsquohea schrie sie an sich zu wehren doch das Gift und der Schmerz zwangen Doumrsquowielle in die Knie

Ihre Lektion hatte begonnen

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 20: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

Teil 1

Gemeinsam im Dunkel

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 21: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

21

Veraumlndert man sich tatsaumlchlichUumlber diese Frage habe ich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder nachgedacht Besonders wichtig wurde sie mir als ich einmal mehr auf Artemis Entreri stieszlig der nach einhundert Jah-ren uumlberraschend lebendig war

Es ergab sich dass wir gemeinsam unterwegs waren ja dass ich ihm traute Heiszligt das dass ich dachte er haumltte sich raquoveraumlndertlaquo

Eigentlich nicht Und nun nachdem sich unsere Wege erneut getrennt haben glaube ich nicht dass ein grundlegender Unter-schied zu dem Mann besteht an dessen Seite ich in der Unter-stadt von Mithril-Halle gekaumlmpft habe als es noch in der Hand der Duergar war oder dem Mann den ich nach Calimhafen ver-folgt habe nachdem er Regis entfuumlhrt hatte Letztlich ist er der-selbe Mann so wie ich letztlich derselbe Drow bin

Man kann lernen und wachsen und dadurch in vergleich-baren Situationen anders reagieren als fruumlher ndash das ist die Hoff-nung die ich fuumlr alle hege auch fuumlr mich selbst ja fuumlr ganze Ge-sellschaften Ist das nicht der einzige Zweck von Erfahrungen dass wir sie nutzen um eine bessere Wahl zu treffen destrukti-ve Instinkte zu bezaumlhmen und kluumlgere Loumlsungen zu finden In dieser Hinsicht glaube ich tatsaumlchlich dass Artemis Entreri sich veraumlndert hat weil er nicht mehr sofort zum Dolch greift auch wenn er im Zweifelsfall ebenso toumldlich zusticht wie fruumlher Doch wenn man ihm ins Herz blickt ist er derselbe geblieben

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 22: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

22

Fuumlr mich zumindest gilt das auch wenn ich im Nachhinein besehen in den letzten paar Jahren einen ganz anderen Pfad be-schritten habe als den dem ich die meiste Zeit meines Lebens ge-folgt bin Finsternis hat sich in mein Herz geschlichen das gebe ich zu Ich hatte so viele gute Freunde verloren dass ich schlieszlig-lich auch die Hoffnung verlor und den leichteren Weg beschritt ndash obwohl ich nahezu jeden Tag geschworen haumltte dass ein Drizzt DorsquoUrden niemals so zynisch reagieren wuumlrde

Im Grunde genommen habe ich mich jedoch nicht veraumlndert und als ich vor der Wahl stand und mir die Wahrheit eingestehen musste konnte ich nicht weitergehen

Ich kann nicht behaupten dass ich Dahlia Entreri und die anderen vermisse Zumindest draumlngt mein Herz nicht darauf sie zu suchen Andererseits bin ich nicht so sicher dass meine Entscheidung mir so leichtgefallen waumlre wenn nicht die Freun-de zuruumlckgekehrt waumlren die mir am naumlchsten stehen Wie kann ich die Trennung von Dahlia bereuen wenn diese Weggabelung mich doch in die Arme von Catti-brie zuruumlckfuumlhrte

Und so weiszlig ich erneut die Gefaumlhrten der Halle an meiner Seite die zuverlaumlssigsten und teuersten Freunde die ich je hat-te und auf die ich je hoffen koumlnnte Haben sie sich veraumlndert Haben ihre Reisen in die Welt des Todes diese vier Freunde neue Maszligstaumlbe gelehrt die mich bitter enttaumluschen werden wenn wir uns wieder naumlherkommen

Das ist eine Furcht die ich in mir trage aber doch von mir weise

Denn ich glaube im Grunde genommen aumlndert man sich nicht Die Waumlrme von Catti-bries Umarmung vermittelt mir die Zuver-sicht dass ich recht habe Das freche Grinsen von Regis kenne ich von fruumlher (auch wenn er jetzt Schnauzer und Ziegenbart traumlgt) Und Bruenors Schrei in jener Nacht unter dem Sternendach auf Kelvins Steinhuumlgel und seine Reaktion auf Wulfgar hellip doch das war Bruenor dickschaumldelig und treu bis in die Knochen

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 23: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

23

Aber trotz allem habe ich in diesen ersten gemeinsamen Tagen bei Wulfgar eine Veraumlnderung bemerkt Da ist eine Leichtigkeit die ich nicht an ihm kannte und ndash was merkwuumlrdig ist nachdem ich gehoumlrt hatte wie widerstrebend er Iruladoon erneut gegen die Welt der Sterblichen eingetauscht hat ndash ein Laumlcheln das nie zu weichen scheint

Dennoch ist und bleibt er Wulfgar der stolze Sohn von Be-ornegar Er hat eine Art Erleuchtung gefunden auch wenn ich die nicht naumlher fassen kann Er ist erleuchtet und erleichtert Die Last ist verschwunden Ich sehe seine Freude sein Laumlcheln als waumlre all dies nichts als ein groszliges Abenteuer geschenkte Zeit und das ist wohl eine ausgesprochen gesunde Perspektive

Sie sind zuruumlck Wir sind zuruumlck Die Gefaumlhrten der Halle Wir sind nicht mehr dieselben wie fruumlher aber unsere Herzen sind treu uns eint das gemeinsame Ziel und das Vertrauen zu-einander ist ungeschmaumllert und somit grenzenlos

Daruumlber bin ich sehr frohUnd uumlberraschenderweise bereue ich auch nichts von den letz-

ten Jahren meiner Reise durch dieses gleichermaszligen verwirren-de erschreckende und groszligartige Leben Meine Zeit mit Dahlia und insbesondere mit Entreri hat mich vieles gelehrt wie ich meine Dass ich die Welt aus ihrer zynischen Sicht erlebt habe hat mich nicht wieder in meine Jugend in Menzoberranzan zu-ruumlckkatapultiert und mit Finsternis umfangen sondern ich ent-wickelte dadurch ein umfassenderes Verstaumlndnis fuumlr Entschei-dungen und ihre Konsequenzen Denn ich habe mich davon ge-loumlst noch ehe ich wusste welches Schicksal mich auf Bruenors Anhoumlhe erwartete

Ich bin nicht so selbstbezogen dass ich der Meinung bin die ganze Welt sei fuumlr mich geschaffen Es geraumlt wohl jeder manch-mal in solche egozentrischen Spielchen hinein In diesem Fall jedoch gestatte ich mir mich selbst fuumlr so wichtig zu halten dass ich mir eingestehe Die Ruumlckkehr der uumlbrigen Gefaumlhrten der

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 24: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

24

Halle war mein Lohn Welchen Namen man auch den Goumlttern und Goumlttinnen zuschreibt ob man ans Schicksal glaubt an Zu-fall oder an die verschlungenen Wege des Gluumlcks ndash es spielt kei-ne Rolle In diesem speziellen Fall moumlchte ich an eine besondere Form der Gerechtigkeit glauben

Das klingt dumm und selbstherrlich ich weiszligAber es fuumlhlt sich gut anDrizzt DorsquoUrden

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 25: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

25

Kapitel 1

Die Weisheit der Oberin Baenre

Als Oberinmutter Quen thel Baenre sich zu den Abend-gebeten anschickte war es noch ein normaler Tag Ihre prachtvollen schwarzen Spitzen umwogten sie wie flie-szligende Spinnennetze als sie wuumlrdevoll den Mittelgang ih-rer Hauskapelle abschritt und an den rangniederen Pries-terinnen und den vielen Seitenaltaumlren vorbeikam Der kleinste Luftzug konnte die feinen Faumlden der Robe auf-wirbeln und die Gestalt der Oberinmutter verschwimmen lassen Das verlieh ihr eine schwer fassbare Aura als kaumlme sie aus einer anderen Welt

Quen thels einzige uumlberlebende Schwester SosrsquoUmptu Erste Priesterin des Hauses und Huumlterin der Kapelle hat-te an diesem Abend zuerst gebetet und lag nun auf den Knien mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden Quen thel lieszlig dieses Bild auf sich wirken waumlhrend sie nauml-her kam SosrsquoUmptus Unterarme und Haumlnde ruhten uumlber ihrem Kopf flach auf dem Boden und wiesen in absoluter Unterwerfung zum Altar hin Das war fuumlr die taumlglichen Gebete der houmlchsten Priesterinnen keine uumlbliche Haltung Eine Priesterin von SosrsquoUmptus Rang gab sich nur selten derart demuumltig

Als Quen thel so nahe herangekommen war dass sie die Gebete ihrer Schwester vernahm houmlrte sie dass diese tat-saumlchlich flehentlich um Vergebung bat Die Oberinmutter

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 26: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

26

houmlrte noch ein wenig zu um herauszufinden wofuumlr sich SosrsquoUmptu entschuldigte verstand es jedoch nicht

raquoLiebe Schwesterlaquo sagte sie als SosrsquoUmptu schlieszliglich aus ihrem verzweifelten Gebet auftauchte

Die Erste Priesterin hob den Kopf und sah sie an raquoFlehtlaquo draumlngte SosrsquoUmptu fluumlsternd raquoSofortlaquo

Angesichts von SosrsquoUmptus respektlosem Ton und der Frechheit ihr uumlberhaupt einen Auftrag zu erteilen glitt Quen thels Hand unwillkuumlrlich zu ihrer Schlangenpeit-sche an der sich fuumlnf ewig aufmerksame Schlangen wan-den Dabei stellte sie uumlberrascht fest dass selbst KrsquoSothra die blutruumlnstigste von ihnen sie vor dieser Reaktion warn-te ndash und KrsquoSothra gab nur aumluszligerst selten einen anderen Rat als die Peitsche

Houmlr ihr zu raunte Hsiv ihre BeraterschlangeSosrsquoUmptu ist fromm stimmte Yngoth zuDer Rat der Schlangen lieszlig die Oberinmutter begrei-

fen dass nur eine uumlberaus wichtige Angelegenheit ihre Schwester zu einem derart unbotmaumlszligigen Verhalten ver-leiten wuumlrde Schlieszliglich war die zuruumlckhaltende berech-nende SosrsquoUmptu ihrer verstorbenen aumllteren Schwester Triel sehr aumlhnlich

Die Oberinmutter breitete ihre Roben hinter sich aus und legte sich neben der Ersten Priesterin mit dem Gesicht nach unten und ausgestreckten Armen nieder

Sofort houmlrte sie das Schreien ndash nein das Kreischen In die misstoumlnende Kakophonie der Daumlmonenstimmen mischte sich die tobende giftige Stimme der Herrin Lolth

Irgendetwas lief hier voumlllig falschQuen thel dachte angestrengt nach Wie ganz Toril war

auch Menzoberranzan noch auf der Hut denn fuumlnf Jahre nach der Zauberpest war die Welt noch immer nicht wie-der genauso wie zuvor Der Drow-Stadt war es in Quen-

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 27: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

27

thels Augen seitdem jedoch gut ergangen Haus Xorlarrin das mit Haus Baenre verbuumlndete Dritte Haus von Menzo-berranzan hatte sich in der alten Zwergenfestung Gauntl-grym festgesetzt die bald unter dem Namen QrsquoXorlarrin bekannt sein wuumlrde Die gewaltige alte Schmiede die von nichts weniger als einem Urelementar befeuert wurde war wieder zum Leben erweckt worden und inzwischen flossen ausgezeichnete Waffen mit maumlchtigen Zauberkraumlf-ten nach Menzoberranzan Die neue Drow-Stadt wirkte so sicher dass Oberin Zeerith Xorlarrin inzwischen ihre Ab-reise vorbereitete und den Rat von Menzoberranzan er-sucht hatte der neuen Stadt den Namen QrsquoXorlarrin zu genehmigen und sie ihrem maumlchtigen Haus dauerhaft als Wohnsitz zuzusprechen

Es wuumlrde gar nicht so einfach werden dieses Haus im Achterrat zu ersetzen denn wenn eines der nachrangigen Haumluser eine Aufstiegschance witterte begann es stets zu brodeln Aber Quen thel ging nach wie vor davon aus dass sie diese Probleme im Griff hatte

Bregan Drsquoaerthe florierte und der Handel von und nach Menzoberranzan verlief stoumlrungsfrei Unter der Fuumlhrung von Kimmuriel und Jarlaxle hatten die Soumlldner klamm-heimlich die Oberflaumlchenstadt Luskan uumlbernommen ohne die Neugier oder den Zorn der Herren der umliegenden Reiche zu erregen Selbst die maumlchtige Stadt Tiefwasser hielt still

Kaum merklich schuumlttelte die Oberinmutter den Kopf Seit sie Menzoberranzan regierte lief doch alles glatt Viel-leicht wurden die Schreie von etwas anderem verursacht Sie gab sich Muumlhe uumlber die Grenzen von Menzoberran-zans Tentakeln hinauszublicken

Aber das Aufheulen in ihrem Kopf lieszlig keinen Zweifel zu Heute Nacht hatte Lolths Zorn ein klares Ziel ndash und

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 28: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

28

er richtete sich gegen Haus Baenre oder zumindest gegen Menzoberranzan Nachdem das telepathische Unwetter laumlngere Zeit auf Quen thel eingeprasselt war richtete sie sich schlieszliglich auf und bedeutete SosrsquoUmptu mit einer Geste ihrem Beispiel zu folgen

Ihre Schwester gehorchte kopfschuumlttelnd Sie war eben-so durcheinander wie Quen thel

Der Grund fuumlr den Zorn der Spinnenkoumlnigin Quen thel stellte ihre Frage in der komplexen Zeichensprache der Drow

SosrsquoUmptu schuumlttelte ratlos den KopfOberinmutter Quen thel betrachtete den groszligen Altar

dessen Hintergrund ein aufgerichteter Riesendrider bilde-te Der Drider hockte auf seinen acht eingezogenen Spin-nenbeinen und stand mit Kopf und Oberkoumlrper einer Drow-Frau fuumlr die herrliche Gestalt der Goumlttin Lolth persoumlnlich Quen thel schloss die Augen und horchte erneut hin Dann nahm sie abermals die Unterwerfungshaltung ein

Die Schreie blieben unklarImmer noch verwirrt und besorgt ging sie langsam wie-

der ins Knien uumlber Sie verschraumlnkte die Arme wiegte sich hin und her und suchte nach einer Eingebung Als sie eine Hand an die Peitsche legte blieben selbst die Schlangen untypisch stumm

Schlieszliglich hob sie den Kopf und signalisierte ihrer Schwester Geht nach Arach-Tinilith und holt Myrineyl

raquoSchwesterlaquo wagte SosrsquoUmptu offen zu erwidern Arach-Tinilith war als Ausbildungsstaumltte der Priesterin-nen die wichtigste Akademie der Drow und lag auf dem Tier-Breche oberhalb von Melee-Magthere der Schule der Krieger und Sorcere der Schule fuumlr vielversprechende junge Zauberer

Ich sollte mich in den Quarvelsharess zuruumlckziehen zeigten

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 29: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

29

SosrsquoUmptus Finger an Dieser groumlszligte oumlffentliche Tempel von Menzoberranzan wo SosrsquoUmptu als Hohepriesterin ihren Dienst versah war ihr Lebenswerk Ich habe nur in der Kapelle Baenre haltgemacht damit ich die Abendgebete nicht versaumlume

Ihr Widerspruch gab der Oberinmutter zu verstehen dass SosrsquoUmptu davon ausging dass diese Angelegenheit nicht nur Haus Baenre sondern ganz Menzoberranzan be-traf Das mochte stimmten aber Quen thel wollte kein Risi-ko eingehen und ihrem Haus keinesfalls eine Bloumlszlige geben

Nein Ihr Signal war eindeutig Sie sah die Enttaumluschung auf SosrsquoUmptus Gesicht und wusste dass es mehr um den Grund ging weshalb SosrsquoUmptu nach Arach-Tinilith ge-schickt wurde als um die verzoumlgerte Ruumlckkehr in ihren geliebten Tempel SosrsquoUmptu und Myrineyl Quen thels aumllteste Tochter waren schlieszliglich keine Freundinnen Je naumlher Myrineyls Abschlusspruumlfungen in Arach-Tinilith ruumlckten desto mehr wuchs das Raunen uumlber das bevor-stehende Ringen der beiden um den Titel der Ersten Pries-terin von Haus Baenre eine der begehrtesten Positionen der Drow-Stadt

Ihr werdet mit Myrineyl zusammenarbeiten wies Quen thel sie mit Handzeichen an Laut sagte sie raquoRuft in diesem Tempel eine Yochlol Wir werden den Ruf der Herrin Lolth vernehmen und ihren Wuumlnschen Folge leistenlaquo

Bei den Worten der Oberinmutter hoben sich in der gan-zen Kapelle die Koumlpfe und manche Priesterinnen standen sogar auf Eine Yochlol zu beschwoumlren war keine Kleinig-keit und die meisten Anwesenden hatten diese Zofen der Herrin Lolth noch nie zu Gesicht bekommen

Die Oberinmutter bemerkte die Blickwechsel ihrer Un-tergebenen die groszligen Augen die Scheu und die Auf-regung

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 30: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

30

raquoDie Haumllfte der Priesterinnen von Haus Baenre darf der Beschwoumlrung beiwohnenlaquo erklaumlrte die Oberinmutter als sie sich erhob raquoWaumlhlt die aus die ihren Platz gebuumlhrend verdienenlaquo Sie warf die Spinnwebschleppe hinter sich und stolzierte gemessen davon als waumlre sie der Fels der Zuversicht

Im Kopf der Oberinmutter uumlberschlugen sich jedoch die Gedanken denn dort hallte das Kreischen der Lolth nach Irgendwer hatte einen schlimmen Fehler begangen und Lolths Strafen fielen niemals gnaumldig aus

Vielleicht sollte sie selbst an der Zeremonie teilnehmen uumlberlegte sie ehe sie diesen Gedanken rasch wieder ver-warf Immerhin war sie die Oberinmutter von Haus Baenre die unangefochtene Herrscherin uumlber Menzoberranzan die Stadt der Lolth Sie wuumlrde keine Yochlol um eine Audienz ersuchen allenfalls deren Einladung annehmen sollte es dazu kommen Auszligerdem sollten Hohepriesterinnen die Zofen der Lolth nur im absoluten Notfall herbeirufen und Quen thel war sich keineswegs sicher dass ein solcher Not-fall vorlag Wenn nicht wuumlrde die Beschwoumlrung Lolth wo-moumlglich noch mehr verstimmen und dann waumlre es besser wenn sie bei dem Ruf nicht anwesend war

Fuumlrs Erste wuumlrde sie das Letzte unter ihren noch leben-den Geschwistern aufsuchen ihren Bruder Gromph den Erzmagier von Menzoberranzan Vielleicht wusste er mehr

Gromph Baenre der Erstgeborene der groszligen Yvonnel von Haus Baenre zaumlhlte zu den aumlltesten Drow in Menzober-ranzan Seit langem trug er auch den Titel des am laumlngs-ten amtierenden Erzmagiers der Stadt Er war bereits vor der Zauberpest und sogar Jahrhunderte vor der Zeit der Unruhen berufen worden Angeblich hielt er sich indem

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 31: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman

31

er sich eben hielt und seinen Platz kannte denn obwohl sein Status ihm innerhalb von Menzoberranzan groszligen Einfluss verschaffte und ihn zweifellos zum maumlchtigsten maumlnnlichen Drow der Stadt machte war und blieb er letzt-lich doch ndash ein maumlnnlicher Drow

Rein theoretisch standen somit jede Oberinmutter und jede Hohepriesterin im Rang uumlber ihm Sie waren Lolth naumlher als er und hier herrschte die Spinnenkoumlnigin

Schon viele niederrangige Priesterinnen hatten diese Theorie Gromph gegenuumlber umsetzen wollen

Sie waren alle totSelbst Quen thel ndash die Oberinmutter Quen thel ndash klopf-

te an der Tuumlr zum Privatgemach des Erzmagiers in Haus Baenre erst einmal houmlflich an In der Akademie Sorcere waumlre sie wohl hochtrabender aufgetreten aber hier in Haus Baenre brauchte sie nicht den Schein zu wahren Quen thel und Gromph kannten einander zu lange und zu gut Auch wenn sie sich nicht besonders mochten brauch-ten sie sich doch gegenseitig

Der alte Zauberer stand rasch auf und neigte respektvoll den Kopf als Quen thel ins Zimmer rauschte

raquoUnerwartetlaquo bemerkte er denn die beiden verbrach-ten tatsaumlchlich wenig Zeit miteinander Fuumlr gewoumlhnlich lieszlig Quen thel ihren Bruder zudem zu ihrem Thron rufen

Quen thel schloss die Tuumlr und wies Gromph an sich zu setzen Er bemerkte ihre Nervositaumlt und sah sie forschend an raquoWas gibt eslaquo

Die Oberinmutter nahm ihm gegenuumlber an dem groszligen Schreibtisch Platz der mit Pergament bedeckt war teils eingerollt teils ausgebreitet dazwischen ungefaumlhr hun-dert Tintenfaumlsschen

raquoErzaumlhlt mir von der Zauberpestlaquo gebot Quen thelraquoDie ist zum Gluumlck vorbeilaquo erwiderte er achselzuckend

32

raquoDie Magie ist so wie fruumlher das Gewebe erneuert in ruhmreicher Weiselaquo

Quen thel musterte ihn fragend raquoRuhmreichlaquo wie-derholte sie Das war eine merkwuumlrdige Wortwahl umso merkwuumlrdiger wenn man bedachte wie Gromph sich nor-malerweise verhielt

Gromph zuckte wieder nachlaumlssig mit den Schultern um seine neugierige Schwester abzuwehren Angesichts der Unruhe um die Spinnenkoumlnigin reagierte sie aus-nahmsweise einmal nicht auf sein Verhalten Ausnahms-weise hatte sich die Spinnenkoumlnigin diesmal zuerst an die maumlnnlichen Zauberer von Menzoberranzan gewandt und erst hinterher an die houmlherstehenden Zauberinnen aus Arach-Tinilith Gromph wusste dass er in Lolths Augen nur kurze Zeit uumlber Quen thel stehen wuumlrde aber diese Spanne wollte er so lange wie moumlglich auskosten

Quen thel kniff die Augen zusammen Gromph unter-druumlckte sein Laumlcheln weil er wusste dass seine zur Schau gestellte Gleichguumlltigkeit gegenuumlber solchen Spielchen der Goumlttin sie gewaltig wurmte

raquoDie Spinnenkoumlnigin ist aufgebrachtlaquo sagte Quen thelraquoDas ist sie immerlaquo erwiderte Gromph Er konnte sich

das Lachen kaum verkneifen Schon bald wuumlrde einer von ihnen dem anderen eine ganze Menge uumlber die Spinnenkouml-nigin erzaumlhlen doch zu Quen thels Uumlberraschung wuumlrde das dieses Mal nicht sie sein raquoIhr glaubt ihr jetziger Zorn hat mit dem Gewebe zu tun Mit dem Ende der Zauber-pestlaquo fragte er denn er konnte einfach nicht widerste-hen Er malte sich bereits Quen thels Gesichtsausdruck aus wenn sie die Wahrheit erfahren wuumlrde und musste sich sehr zusammenreiszligen um sie nicht lauthals auszulachen raquoDas ist fuumlnf Jahre her In den Augen einer Goumlttin natuumlrlich nur ein Wimpernschlag aber dennoch helliplaquo

33

raquoVerspottet sie nichtlaquo warnte Quen thelraquoNiemals Ich moumlchte nur begreifen helliplaquoraquoSie ist aufgebrachtlaquo unterbrach ihn Quen thel raquoEs

wirkt ungezielt ein disharmonischer Aufschrei wie von groszliger Enttaumluschunglaquo

raquoSie hat verlorenlaquo stellte Gromph fest und lachte uumlber Quen thels drohenden Blick

raquoDarum geht es nichtlaquo widersprach die Oberinmutter uumlberzeugt

raquoLiebe Schwester helliplaquoraquoOberinmutterlaquo wies Quen thel ihn scharf zurechtraquoFuumlrchtet Ihr dass die Spinnenkoumlnigin Euch zuumlrntlaquo

fuhr Gromph fortQuen thel lehnte sich zuruumlck und starrte ins Leere Sie

dachte deutlich laumlnger uumlber diese Frage nach als Gromph erwartet hatte ndash so lange dass der Erzmagier sich schlieszlig-lich wieder seinem Pergament zuwandte und weiter-schrieb

raquoUnslaquo befand Quen thel schlieszliglich Gromph sah sie fra-gend an

raquoUns Haus BaenrelaquoraquoVielleicht Menzoberranzanlaquo Quen thel wedelte ab-

faumlllig mit der Hand Sie war sichtlich irritiert raquoIch habe SosrsquoUmptu und meiner Tochter aufgetragen eine Yochlol zu rufen damit wir Genaueres erfahren koumlnnenlaquo

raquoDann sagt mir bitte liebe Schwesterlaquo Gromph faltete auf dem Tisch die Haumlnde und starrte Quen thel herausfor-dernd an als er erneut ihren Titel auslieszlig raquowarum habt Ihr beschlossen mich bei der Arbeit zu stoumlrenlaquo

raquoDie Zauberpest das Gewebelaquo Wieder fuchtelte die Oberinmutter herum

raquoNein das ist nicht der Grundlaquo sagte der alte Erzma-gier raquoMeine liebe Quen thel mir scheint Ihr habt Angstlaquo

34

Sie sprang so abrupt auf dass der Stuhl mit Schwung nach hinten glitt Ihre Augen spruumlhten vor Zorn als sie ihn erneut zurechtwies und dabei jede Silbe einzeln ausspie raquoO-be-rin-mut-terlaquo

raquoJalaquo sagte Gromph raquoOberinmutter von Menzoberran-zanlaquo Er stand auf und sah sie auf Augenhoumlhe an raquoVer-gesst das nielaquo

raquoIhr scheint derjenige zu sein der helliplaquoGromph houmlrte ihr gar nicht zu raquoUnd verhaltet Euch ent-

sprechendlaquo fuhr er fortWieder blitzten Quen thels Augen auf Ihre Haumlnde ball-

ten sich zusammen und schienen sich fuumlr einen Zauber oumlff-nen zu wollen doch dann bezaumlhmte sie sich rasch wieder

Gromph nickte und lachte leise raquoWenn die Spinnenkouml-nigin Euch zuumlrnt und Ihr die geringste Schwaumlche zeigt ist Euer Schicksal besiegeltlaquo warnte er raquoOb oben oder unten die Welt ist im Fluss Die Plaumlne unserer Herrin Lolth haben gerade erst begonnen Sie duldet jetzt keine Schwaumlchelaquo

raquoUnter meiner Fuumlhrung geht es Menzoberranzan bes-tenslaquo

raquoIst das solaquoraquoHaus Xorlarrin hat Gauntlgrym besiedelt Die alte

Schmiede ist wieder aktiv ndash zum Nutzen von Menzober-ranzanlaquo

raquoUnd Haus Barrison DelrsquoArmgolaquo bohrte Gromph wei-ter raquoSieht man den Umzug von Xorlarrin dort als etwas das Oberinmutter Quen thel in die Haumlnde spielt oder als eine eigene Chance hier in der Spinnenstadt Ihr habt ihnen einen Gegner vom Hals geschafft nicht wahrlaquo

raquoIhre Feinde von Haus Xorlarrin sind nicht weit Oberin Zeerith ist noch in der Stadtlaquo protestierte Quen thel

raquoUnd wenn sie geht und ihr Anwesen hier leer steht Was bald der Fall sein wird helliplaquo

35

raquoDann sind sie nicht weitlaquoraquoUnd wenn Oberin MezrsquoBarris Armgo nun Zeerith ein

besseres Geschaumlft zu bieten haumlttelaquoQuen thel setzte sich wieder um uumlber diese gefaumlhrliche

Vorstellung nachzudenken Erst nach einer ganzen Weile sah sie abermals zu Gromph hinuumlber der immer noch hin-ter seinem Tisch stand

raquoNur Mut liebe Schwesterlaquo sagte Gromph leichthin raquoWir kennen nicht einmal den Grund fuumlr den hellip Auf-schrei hellip der Herrin Lolth Vielleicht erregt sie sich nur uumlber etwas aus dem Reich der Goumltter das mit uns uumlber-haupt nichts zu tun hat Vielleicht geht es uumlberhaupt nicht um Euch um das Haus Baenre oder um Menzoberranzan Wer kann das bei den Goumlttern schon sagenlaquo

Dazu nickte Quen thel hoffnungsvoll raquoInzwischen duumlrf-ten sie die Yochlol gerufen habenlaquo bemerkte sie stand er-neut auf und ging zur Tuumlr raquoHolen wir uns unsere Ant-wortenlaquo

raquoHolt Ihr sie Euchlaquo forderte Gromph sie auf Er kann-te seine Antworten ja bereits raquoIch habe hier noch zu tun Heute und morgen bleibe ich in Haus Baenre nur fuumlr alle Faumlllelaquo

Das schien die Oberinmutter zufriedenzustellen und sie machte sich auf den Weg Gromph blieb stehen bis sie die Tuumlr geschlossen hatte Dann setzte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder hin

Er brauchte keine Erklaumlrungen von einer Zofe der Yoch-lol Eine noch aumlltere Quelle hatte ihm bereits von der Un-ruhe der Spinnenkoumlnigin und ihrer wachsenden Wut auf Menzoberranzan berichtet

Quen thel wuumlrde bald zuruumlckkommen und sie wuumlrde der Reise auf die er sie schicken wollte wenig abgewin-nen koumlnnen

36

Die blubbernde kratzige Stimme der Yochlol passte zu ihrem Erscheinungsbild ndash einem halb geschmolzenen schmutzigen Wachshaufen mit zahlreichen Tentakeln die den Albtraum vervollstaumlndigten

raquoIhr erweitert aber ihr seid nicht starklaquo sagte die Yoch-lol sichtlich veraumlrgert

SosrsquoUmptu und Myrineyl wechselten einen nervoumlsen Blick

raquoWir moumlchten nur die Spinnenkoumlnigin erfreuenlaquo er-widerte SosrsquoUmptu mit angemessener Ehrerbietung

raquoSie erfreut sich an Staumlrkelaquo sagte die YochlolDas war eine uumlberraschende Antwort fuumlr beide Prieste-

rinnen weil kein Hinweis auf das Wort raquoChaoslaquo darin ent-halten war welches doch die erklaumlrte Maxime der Spin-nengoumlttin war

Die klebrige Masse veraumlnderte sich sie wurde laumlnger und duumlnner Die Tentakel schrumpften und wurden zu Ar-men Drow-Armen und Drow-Beinen waumlhrend das We-sen die Gestalt einer Drow-Frau annahm nackt und wun-derschoumln Mit einem luumlsternen Laumlcheln ging die Zofe auf Myrineyl zu und hob die Hand Sie strich der Drow sanft uumlber Kinn und Wangen

raquoHast du Angst Tochter von Oberinmutter Quen thellaquo fragte die Yochlol in Drow-Gestalt

Myrineyl die jetzt sichtlich zitterte schluckteraquoWir haben das Gefuumlhl dass die Goumlttin Schmerzen lei-

det oder aufgebracht istlaquo warf SosrsquoUmptu ein aber die Yochlol hob die Hand um die aumlltere Drow-Frau zum Schweigen zu bringen Sie wandte ihren bohrenden Blick nicht von Myrineyl ab Die Hand der Zofe wanderte an Myrineyls feinem Kiefer entlang und langsam ihren Hals hinunter

Aus SosrsquoUmptus Sicht stand die junge Baenre kurz

37

vor der Panik Trotz ihrer Vorbehalte in Bezug auf Myri-neyl hob SosrsquoUmptu die Hand sodass Myrineyl sie sehen konnte und signalisierte mit den Fingern das Wort Staumlrke

Sogleich riss Myrineyl sich zusammen und schuumlttelte den Kopf raquoWir sind Haus Baenrelaquo erklaumlrte sie raquoWenn die Herrin Lolth uns braucht dienen wir ihr Das ist alleslaquo

raquoUnd doch zitterst du bei der Beruumlhrung einer Zofelaquo sagte die Yochlol raquoHast du Angst Oder findest du mich so widerlichlaquo

SosrsquoUmptu hielt die Luft an Wenn Myrineyl jetzt das Falsche sagte wuumlrde die Yochlol sie in die Daumlmonennetz-houmlllen mitnehmen und ewigen Qualen aussetzen

Aber Myrineyl laumlchelte umarmte die Zofe und kuumlsste sie voller Leidenschaft

SosrsquoUmptu nickte bewundernd Im Stillen gratulierte sie der jungen Priesterin zu diesem Schachzug

Eine ganze Weile spaumlter schritten SosrsquoUmptu und My-rineyl nebeneinander durch die Gaumlnge des Baenre-Hauses um der Oberinmutter Bericht zu erstatten Sie hatten von der Zofe wenig direkt erfahren was fuumlr solche Begegnun-gen jedoch sehr typisch war

raquoWarumlaquo fragte Myrineyl leiseSie musste nicht konkreter fragen SosrsquoUmptu haumlt-

te zulassen koumlnnen dass sie bei der Pruumlfung versagte Dann waumlre sie die Konkurrentin ein fuumlr alle Mal los ge-wesen und jeder Drow in Menzoberranzan wusste dass SosrsquoUmptu Baenre nichts lieber waumlre als Quen thels laumlsti-ge ehrgeizige Tochter los zu sein

raquoIhr dachtet das sei eine Pruumlfunglaquo erwiderte SosrsquoUmp-tu

Myrineyl blieb stehen und sah die aumlltere Priesterin anraquoIhr glaubt die Mahnung der Zofe zu mehr Staumlrke haumlt-

te Euch gegoltenlaquo hakte SosrsquoUmptu veraumlchtlich nach

38

raquoIst das Eurer Unerfahrenheit oder Eurer Dummheit zu-zuschreiben Oder vielleicht Eurer Arroganz Ja das waumlre eine klassische Schwaumlche fuumlr ein Kind von Quen thellaquo

Viele Herzschlaumlge lang blieb Myrineyl jede Antwort schuldig Sie zuckte nicht mit der Wimper und SosrsquoUmp-tu sah dass sie die Beleidigung gruumlndlich uumlberdachte um zu einem wohluumlberlegten Gegenangriff anzusetzen

raquoWie koumlnnt Ihr es wagen so respektlos von der Obe-rinmutter zu sprechenlaquo Diese Antwort war absehbar ge-wesen

raquoDie Pruumlfung galt mirlaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu und ging so zuumlgig weiter dass Myrineyl ihr nachhasten musste raquoUnd damit dem ganzen Haus Baenrelaquo

Myrineyl die sich immerhin gerade mit einem halb-geschmolzenen schmutzigen Wachsklumpen ausgetobt hatte wirkte hinreiszligend verwirrt

raquoWenn eine Zofe die Gestalt einer Drow annimmt ndash sieht sie dann durch die Augen der Drowlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoWas wollt Ihr damit sagenlaquoraquoDie Yochlol hat mich beobachtet waumlhrend sie Euch an-

sah kleine Naumlrrinlaquo erlaumluterte SosrsquoUmptu raquoSie hat mein Staumlrke-Zeichen genauso deutlich gesehen wie Ihr Nur da-rum ging es Etwas laumluft grundfalsch Die Spinnenkoumlnigin ist houmlchst verstimmt und sie fordert Staumlrkelaquo

raquoEinigkeitlaquo fluumlsterte MyrineylraquoEinigkeit unter den zwei Adligen von Haus Baenre bei

denen sie am wenigsten zu erwarten istlaquoMyrineyls Augen weiteten sichraquoGlaubt Ihr die Rivalitaumlt zwischen der Hoheprieste-

rin von Haus Baenre und der Tochter von Oberinmutter Quen thel bliebe unbemerktlaquo fragte SosrsquoUmptu

raquoIch bleibe in Arach-Tinilith und diene der Herrin Mino-lin Feylaquo sagte Myrineyl mit gespielter Unschuld

39

raquoAber Ihr werdet Minolin niemals ersetzenlaquo warnte SosrsquoUmptu raquoebenso wenig wie Ardulrae von Haus Me-larn als Oberin der Schriften Mit diesen Titeln stellt die Oberinmutter ndash Eure Mutter ndash zwei rivalisierende Haumluser zufrieden potenzielle Feinde mit denen sich Haus Baenre in den Zeiten des Abzugs von Haus Xorlarrin nicht anle-gen moumlchte Aber das wisst Ihr jalaquo

Myrineyls Unschuldsmiene war verflogen was SosrsquoUmp-tu genau registrierte Die junge Priesterin nahm eine selbst-bewusste Haltung ein

raquoEinigkeit ndash jetztlaquo mahnte SosrsquoUmptu raquoWie es die Spin-nenkoumlnigin verlangtlaquo Diese Worte klangen selbst in ihren Ohren seltsam und Myrineyl schien das ebenso zu emp-finden

Prompt fragte die junge Priesterin erneut raquoWarumlaquoDiese uumlberaus wichtige Frage konnte SosrsquoUmptu ledig-

lich mit einem Seufzen beantworten Die Zofe hatte we-nig preisgegeben Ihr wichtigster Hinweis war der obs-kure Satz gewesen raquoDie Ewige wuumlrde es verstehenlaquo

An diesem Punkt erreichten sie Quen thels Tuumlr Myrineyl wollte anklopfen doch ein warnender Blick von SosrsquoUmp-tu hielt sie zuruumlck raquoEinigkeit bedeutet seine Stellung zu beachten Kleinelaquo erklaumlrte SosrsquoUmptu Daher war sie es die klopfte und sie antwortete auf den Ruf der Obe-rinmutter und betrat auch zuerst die privaten Gemaumlcher von Quen thel

Gromph laumlchelte als seine Tuumlr aufschwang und wie er-wartet Oberinmutter Quen thel hereinfegte

raquoSie verspottet michlaquo rief Quen thel Sie lief zu dem Stuhl auf dem sie zuvor gesessen hatte und wollte sich setzen Dann aber trat sie ihn weg raquoDie Ewige wuumlrde es verstehen hat die Zofe SosrsquoUmptu und Myrineyl zuge-

40

raunt Die Ewige Unsere Mutter wuumlrde es wissen aber die liebe Quen thel kann es leider nichtlaquo

Gromph war bewusst dass sein Grinsen im Moment nicht gut ankommen wuumlrde aber er konnte sich nicht beherrschen Der Hinweis auf raquodie Ewigelaquo war deut-lich genug Es ging um ihre Mutter Yvonnel bekannt als raquoYvonnel die Ewigelaquo die groumlszligte Oberinmutter die es in Menzoberranzan je gegeben hatte Sie hatte die Stadt Jahr-tausende regiert

raquoUnd jetzt wagt Ihr es mich zu verspottenlaquo schaumlumte Quen thel raquoHaumlttet Ihr das Yvonnel gegenuumlber auch gewagtlaquo

raquoNatuumlrlich nichtlaquo antwortete der alte Erzmagier raquoYvonnel haumltte mich umgebrachtlaquo

raquoAber die liebe Quen thel kann das nicht jalaquo Die Obe-rinmutter runzelte wuumltend die Stirn

Gromph stand gemessen auf raquoIhr werdet es nicht tunlaquo sagte er raquoauch wenn Ihr es koumlnntetlaquo

raquoSeid Ihr da so sicherlaquoraquoNur weil ich weiszlig dass meine Schwester eine kluge

Frau istlaquo erwiderte er waumlhrend er zur linken Wand ging wo er einen groszligen Schrank oumlffnete der mehrere Ebenen mit allen moumlglichen Dingen enthielt Spruchrollen ndash un-glaublich viele ndash Kaumlstchen Saumlckchen und eine groszlige Ei-senkiste Mit einer Handbewegung und einem schnellen Spruch webte Gromph einen einfachen Zauber Neben ihm erschien eine glaumlnzende schwebende Scheibe Er hob die Eisenkiste heraus und stellte sie auf die Zauberscheibe

raquoNatuumlrlich necke ich Euch nur weil ich die Antwort auf Euer Raumltsel habelaquo erklaumlrte er waumlhrend er sich zu Quen-thel zuruumlckdrehte

raquoDa drinlaquo fragte sie und zeigte auf die KisteGromph laumlchelte noch breiter raquoAuf diesen Tag warte ich

schon sehr lange liebe Schwesterlaquo sagte der Erzmagier

41

raquoOberinmutterlaquo stellte sie richtigraquoGenau Es wird dringend Zeit dass Euch niemand

mehr anders nenntlaquoQuen thel wich einen Schritt zuruumlck Dann setzte sie

sich und starrte den Erzmagier an raquoWas wisst Ihr Wa-rum zuumlrnt die Spinnenkoumlniginlaquo

raquoDas wiederum weiszlig ich nichtlaquo antwortete er raquoZu-mindest nicht genau Aber dass die Zofe unsere liebe ver-storbene Mutter erwaumlhnte ist fuumlr mich das Zeichen dass ich ndash nein dass wir es wohl herausfinden koumlnnenlaquo Erneut lachte er leise raquoZumindest weiszlig ich wie Ihr es herausfin-den koumlnnt Oh ich weiszlig wie Ihr vieles in Erfahrung brin-gen koumlnnt In den Gaumlngen des Unterreichs auszligerhalb von Menzoberranzan wartet das Gluumlck Groszliges Gluumlck und ein Verstand der aumllter ist als Yvonnellaquo

Quen thel starrte ihn durchdringend an raquoWollt Ihr ewig in Raumltseln sprechenlaquo

Gromph ging hinter ihr zu einem anderen Schrank neben einer Vitrine Als er die Tuumlr oumlffnete kam ein gro-szliger bodentiefer Spiegel zum Vorschein Der Erzmagier schloss die Augen und webte einen neuen Zauber dies-mal deutlich laumlnger und weitaus komplizierter Das Bild von Gromph und dem Raum im Spiegel wurde dunkler bis es schlieszliglich ganz verschwand

raquoKommtlaquo lud Gromph seine Schwester ein sah sich um und streckte die Hand aus Die Scheibe mit der Eisenkiste schwebte zu ihm heruumlber

raquoDa hineinlaquoraquoNatuumlrlichlaquoraquoWohinlaquo wollte Quen thel wissen waumlhrend sie nach

Gromphs Hand griffraquoDas habe ich gerade gesagtlaquo antwortete er machte ei-

nen Schritt in das Portal und zog Quen thel mit sich Die

42

schwebende Scheibe kam ebenfalls mit ihnen Auf ein Wort von Gromph begann sie zu leuchten und erhellte den Weg Vor ihnen lag ein Tunnel des Unterreichs

raquoWir sind auszligerhalb der Stadtlaquo fragte Quen thel etwas verunsichert Als wichtigster Stimme der Herrin Lolth in Menzoberranzan waren der Oberinmutter solche Reisen nur in Begleitung eines groszligen Trosses an Soldaten und Wachen gestattet

raquoIhr seid durchaus sicher Oberinmutterlaquo Dass Gromph den korrekten Titel benutzte hatte den erwuumlnschten Ef-fekt denn Quen thel nickte unwillkuumlrlich

raquoIch habe hier drauszligen einen alten Freund entdeckt ndash besser gesagt einen Bekannten Eigentlich eher zufaumllliglaquo erklaumlrte Gromph raquoWobei ich inzwischen davon ausgehe dass es wohl doch kein Zufall war sondern eher eine goumltt-lich inspirierte Entdeckunglaquo

raquoNoch mehr RaumltsellaquoraquoEs ist alles ein Raumltsel auch fuumlr michlaquo log er Er wusste

genau dass Lolth ihm all dies gezeigt hatte und dass sie damit ein klares Ziel verfolgte raquoDoch ich bin schlieszliglich nicht die Oberinmutter und darum verraumlt unser Bekann-ter mir nicht alleslaquo

Quen thel wollte etwas entgegnen brach aber ab als Gromph mit einem Stab in die Finsternis eines Seitengangs zeigte und mit seiner Macht ein kleines Licht in der Ferne erzeugte Das Licht beschien den Zugang zu einer Houmlhle die durch einen Perlenvorhang abgeschirmt war

Der Erzmagier ging los die Oberinmutter marschierte rechts neben ihm und die Scheibe mit der Kiste schwebte ebenfalls mit Als die Perlen von einer Hand mit drei Fin-gern geteilt wurden blieb Quen thel etwas zuruumlck Aus der Houmlhle trat ein haumlsslicher Zweibeiner auf dessen wuls-tigem Kopf aufgeregte Tentakel zuckten

43

raquoEin Illithidelaquo sagte Quen thel verbluumlfftraquoEin alter Freundlaquo erklaumlrte GromphQuen thel staumlhlte sich fuumlr die Begegnung und starrte der

Kreatur entgegen die sich nun naumlherte Gromph genoss ihren offenkundigen Abscheu Gedankenschinder waren in der Tat entsetzliche Wesen aber dieser war noch haumlss-licher als andere seiner Art denn er hatte schlimme Ver-letzungen erlitten Seitdem hing ein Teil seines gewoumllbten Kopfes schlaff uumlber seiner linken Schulter

raquoMethillaquo fluumlsterte Quen thel um dann lauter zu wieder-holen raquoMethil El-Viddenvelplaquo

raquoIhr erinnert Euchlaquo gratulierte GromphNatuumlrlich erinnerte sie sich Wie koumlnnte irgendjemand

der in den letzten Jahrzehnten von Oberinmutter Yvonnels Regentschaft im Haus Baenre gedient hatte diese Kreatur vergessen Methil war Oberinmutter Yvonnels Geheimrat gewesen ihr Duvall wie die Drow diese Position bezeich-neten Er konnte Gedanken lesen was nur wenige Drow mit Psi-Kraumlften vermochten nachdem Oberinmutter Yvonnel das Haus Oblodra ausgeloumlscht hatte indem sie den Ort waumlh-rend der Zeit der Unruhen komplett im Klauenspalt ver-senkte Methil El-Viddenvelp hatte Oberinmutter Yvonnel Einblick in die Wuumlnsche die Intrigen und die Befuumlrchtun-gen von Freund und Feind gleichermaszligen verschafft

raquoAber er ist doch beim Angriff auf Mithril-Halle umge-kommenlaquo fluumlsterte Quen thel

raquoGenau wie Ihrlaquo sagte Gromph raquoBeides war nicht wahr Unser Freund hier hat uumlberlebt dank unseres Bru hellip dank der Bemuumlhungen von Bregan Drsquoaerthelaquo

raquoKimmuriellaquo sagte Quen thel und nickteGromph war froh dass er sich so schnell korrigiert hatte

und dass sie deshalb auf Kimmuriel Oblodra gekommen war einen der wenigen Uumlberlebenden des vernichteten

44

Hauses Kimmuriel war ein ausgezeichneter Psioniker der sich gern mit Illithiden umgab und rein zufaumlllig momen-tan zur Fuumlhrungsriege der Soumlldnerbande zaumlhlte

An den Bemuumlhungen ihres Bruders Jarlaxle zur Rettung des schwer verwundeten Illithiden hatte Kimmuriel kei-nerlei Anteil gehabt aber das brauchte Quen thel nicht zu wissen Ebenso wenig wie sie von ihrer Verwandtschaft mit Jarlaxle wissen sollte

raquoWie lange wisst Ihr schon von dem Gedankenschin-derlaquo fragte Quen thel argwoumlhnisch

Gromph machte ein verstaumlndnisloses Gesicht raquoGenauso lange wie Ihr helliplaquo begann er

raquoSeit wann wisst Ihr dass er hier drauszligen istlaquo stellte die Oberinmutter klar

raquoEin paar Monatelaquo erwiderte Gromph auch wenn es genau genommen eher viele Jahre waren

raquoUnd Ihr seid nicht auf die Idee gekommen mich zu informierenlaquo

Wieder gab sich Gromph voumlllig verstaumlndnislos raquoIhr wollt Methil so benutzen wie es Yvonnel einst getan hatlaquo Noch ehe Quen thel reagieren konnte fuhr er fort raquoDas koumlnnt Ihr nicht Der Illithide ist stark geschaumldigt das ver-sichere ich und er wuumlrde Euch in dieser Rolle lediglich sehr viel Kummer bereitenlaquo

Quen thel hob abwehrend die Hand weil ihr der Illithi-de fuumlr ihren Geschmack bereits zu nahe gekommen war und setzte einen Befehlszauber ein raquoHaltlaquo

Auf ein derart intelligentes Wesen haumltte ein solcher Zau-ber normalerweise keinerlei Wirkung haben duumlrfen doch aus dem Mund von Oberinmutter Quen thel hatte er deut-lich mehr Gewicht In Kombination mit Methil El-Vidden-velps sichtlich verringerter Gehirnkapazitaumlt brachte dies den Gedankenschinder abrupt zum Stehen

45

raquoUnd warum sind wir dann hierlaquo fragte Quen thel ih-ren Bruder spitz

raquoWeil Yvonnel es wissen wuumlrdelaquo antwortete er und wandte sich der eisernen Kiste auf der Scheibe zu Auf sei-nen Wink hin klappte der Deckel auf raquoAchtunglaquo sagte er

Als Quen thel vorsichtig in die Kiste spaumlhte verschlug es ihr den Atem denn sie sah einen runzligen Kopf der in der Mitte gespalten und irgendwie wieder zusammen-genaumlht worden war und den sie gut kannte Das war der Kopf ihrer vor langer Zeit verstorbenen Mutter

raquoWas ist daslaquo Entsetzt wich sie zuruumlck raquoDas ist Blas-phemielaquo

raquoKonservierunglaquo stellte Gromph klarraquoWoher habt Ihr das hellip nein sie Wer war daslaquoraquoBregan Drsquoaerthe natuumlrlich Dieselben die Methil geret-

tet habenlaquoraquoDas ist ein Sakrileg Ihr wollt Yvonnel wiederauferste-

hen lassenlaquo Gromph houmlrte das berechtigte Zittern in ihrer Stimme denn eine solche Tat wuumlrde die gegenwaumlrtige Oberinmutter teuer zu stehen kommen

Er schuumlttelte den Kopf raquoUnsere liebe verstorbene Mut-ter laumlsst sich nicht mehr auferwecken Die Magie die sie viel zu lange am Leben erhielt ist laumlngst verflogen Wenn man sie jetzt zuruumlckholen wuumlrde wuumlrde sie lediglich ver-schrumpeln und erneut sterbenlaquo

raquoWozu habt Ihr dann das dalaquo wollte Quen thel wissen Sie zeigte auf die Kiste und wagte sich etwas naumlher heran um den schauerlichen Kopf genauer zu betrachten

raquoErst war es nur eine Kuriositaumltlaquo sagte Gromph raquoHat-tet Ihr Euch nicht immer wieder uumlber meine Sammlungen beschwertlaquo

raquoDas hier uumlbersteigt selbst Eure morbiden Vorliebenlaquo erwiderte Quen thel trocken

46

Der Erzmagier zuckte laumlchelnd mit den Schultern raquoDa moumlgt Ihr recht haben aber helliplaquo Er nickte vielsagend an sei-ner Schwester vorbei Quen thel drehte sich um und sah dass der Illithide hochgradig erregt war Er huumlpfte zitternd herum und besabberte dabei seine weiszlige Robe

Wuumltend funkelte Quen thel ihren Bruder an raquoIch ver-lange eine Erklaumlrunglaquo herrschte sie ihn an raquoWie schaumlnd-lich helliplaquo

raquoEs sieht so aus als haumltte ich mehr als den rein koumlrper-lichen Kopf unserer toten Mutter konserviertlaquo erwiderte Gromph gelassen raquoDenn wie ich von Kimmuriel Oblodra von Bregan Drsquoaerthe erfuhr ndash und er von den Illithiden ndash ist das Gehirn wohlgeordnet Es setzt sich aus kleinen Verbindungen zusammen die Erinnerungen speichernlaquo Waumlhrend er dies sagte schwebte die Scheibe auf seinen Wink hin an Quen thel vorbei und auf Methil zu dessen Tentakel schon gierig waberten

raquoDas wagt Ihr nichtlaquo sagte die Oberinmutter zu beidenraquoDas habe ich bereits viele Male gewagtlaquo antwortete

Gromph raquoZu Eurem Nutzen denke ichlaquoQuen thel bedachte ihn mit einem zornigen BlickraquoDie Spinnenkoumlnigin weiszlig davonlaquo erklaumlrte er raquoDas je-

denfalls sagte die Meisterin von Arach-Tinilith mit der ich gesprochen habelaquo

Quen thels Augen blitzten vor Wut und ihre Hand glitt zur Peitsche doch alle fuumlnf Schlangen kreischten in ihrem Kopf auf sie solle sich beherrschen Zutiefst ergrimmt weil sie die Vertraute ihres raumlnkeschmiedenden Bruders nur zu gut kannte biss die Oberinmutter die Zaumlhne zusammen und zischte raquoIhr habt Minolin Fey eingeweiht ndash vor mirlaquo

raquoAuf Befehl von Lolthlaquo sagte er mit groumlszligtem Selbstver-trauen

Quen thel schrie auf und fuhr gequaumllt herum Dann wich

47

sie einen Schritt zuruumlck weil sie sah wie Methil uumlber der offenen Eisenkiste hing seine sich windenden Tentakel hineinstreckte und sie in den Schaumldel von Oberinmutter Yvonnel Baenre schob

raquoNatuumlrlich habe ich gegenuumlber der guten Minolin keine Einzelheiten erwaumlhntlaquo fuhr Gromph in aller Ruhe fort raquoNur gewisse allgemeine Andeutungenlaquo

raquoIhr zieht das Haus Fey-Branche dem Haus Baenre vorlaquo

raquoIch habe eine maumlchtige Meisterin aus Arach-Tinilith zurate gezogen in einer Angelegenheit die fuumlr die Spin-nenkoumlnigin von houmlchster Wichtigkeit ist Minolin Fey ist bewusst dass jeglicher Verrat ihrerseits sich nicht gegen Haus Baenre richten wuumlrde sondern gegen Lolth Ihr muumlsst verstehen Oberinmutter dass der Zorn der Spin-nenkoumlnigin nicht mir gilt Angesichts der heutigen Reak-tion der Zofe gegenuumlber SosrsquoUmptu und Myrineyl gehe ich vielmehr davon aus dass die Herrin Lolth diesen Schritt laumlngst erwartet hat ihn gutheiszligt und moumlglicher-weise sogar selbst in die Wege geleitet hat Und letzten Endes ist es Eure eigene Schuld liebe Schwesterlaquo

Quen thels Augen glitzerten wuumltend raquoMinolin Fey ist ein Schwaumlchlinglaquo sagte sie raquoEine Naumlrrin houmlchster Guumlte zu dumm um ihre eigene Dummheit zu begreifenlaquo

raquoJa akzeptiert die Wahrheit in meiner Beleidigunglaquo entgegnete Gromph furchtlos raquoWie beurteilt Ihr Eure Re-gentschaft als Oberinmutter von Menzoberranzanlaquo

raquoWer seid Ihr dass Ihr mir eine solche Frage zu stellen wagtlaquo

raquoIch bin der Erzmagier Ich bin Euer Bruder und Ver-buumlndeterlaquo

raquoDie Stadt floriertlaquo betonte Quen thel raquoAuf mein Be-treiben hin expandieren wir nach Gauntlgrymlaquo

48

raquoWollt Ihr mich uumlberzeugen oder Euchlaquo fragte Gromph listig denn sie kannten beide die Wahrheit Seit dem Ende der Zauberpest fanden rundherum gewaltige Umwaumllzun-gen statt und im Reich der arkanen Magie war die Herrin Lolth persoumlnlich involviert All das wusste Gromph und doch hatten die Bewohner von Menzoberranzan die ganze Zeit nur einen Zuschauerplatz eingenommen

Und waumlhrend Haus Baenre die Stadt oberflaumlchlich be-trachtet fest im Griff zu haben schien kannten die Ange-houmlrigen dieses Hauses die Wahrheit Der Abzug von Haus Xorlarrin dem Dritten Haus der Stadt und dem mit der maumlchtigsten Magie war ein enormes Risiko das ganz Menzoberranzan in Aufruhr versetzen koumlnnte Baenres staumlrkste Rivalin Oberin MezrsquoBarris Armgo vom Haus Bar-rison DelrsquoArmgo konnte das als willkommene Gelegen-heit betrachten endlich den Titel zu erobern den Yvonnel und jetzt Quen thel so lange innegehabt hatten

Insgeheim wusste Quen thel es ebenso gut wie Gromph Menzoberranzan stand kurz vor dem Buumlrgerkrieg

raquoUnser Freund ist bereit fuumlr Euchlaquo sagte GromphQuen thel blickte ihn fragend an Als sie begriff was er

damit meinte riss sie die Augen auf fuhr herum und sah den Illithiden der jetzt direkt hinter ihr stand Sie woll-te zuruumlckspringen aber Gromph war schneller und hielt sie mit einem einfachen Zaubertrick fest Auf die Obe-rinmutter von Menzoberranzan haumltte dieser Zauber kei-nerlei Wirkung haben duumlrfen

Wenn die Herrin Lolth es nicht zugelassen haumltte wie Quen thel entsetzt begriff als sie erstarrte

Mit aller Kraft kaumlmpfte sie gegen die Magie an waumlh-rend Methil El-Viddenvelp bereits mit seinen widerwaumlrti-gen Tentakeln ihre zarte Haut abtastete ihren Hals und ihr Gesicht beruumlhrte und sich in ihre Nasenoumlffnungen schob

49

Ihr Gesicht spiegelte Empoumlrung Zorn und schlieszliglich die blankeste Wut die Gromph je gesehen hatte Wenn sie in diesem Augenblick in der Lage gewesen waumlre sich loszureiszligen haumltte sie sich koumlrperlich und mit ihrer Magie auf ihn gestuumlrzt um ihn zur Strafe zu zerfetzen Ihre fuumlnf-koumlpfige Schlangenpeitsche haumltte kurzen Prozess mit ihm gemacht haumltte zugebissen ihn qualvoll vergiftet sich in seinen Bauch gegraben und sich an seinen Eingeweiden gelabt

Wenn sie sich nur haumltte losreiszligen koumlnnenDoch das konnte sie nicht denn diese furchtbar schmerz-

hafte und durchgreifende Lektion war von der Herrin Lolth selbst verhaumlngt worden und Gromph ging davon aus dass Quen thel ihm in dem Moment wo sie freikaumlme eher danken wuumlrde als ihn zu bestrafen

Vorlaumlufig jedoch war es eine unvorstellbare Vergewalti-gung eine Schaumlndung bis in die tiefsten Winkel ihres We-sens die mit grausamsten Schmerzen einherging

Wie sie schrie vor Angst und vor koumlstlichem reinem Schmerz waumlhrend der Illithide sein Werk vollbrachte Quen thels qualvolle Schreie hallten durch die Tunnel des Unterreichs

50

Kapitel 2

Von Maumlnnern und Monstern

raquoIhre Entscheidung interessiert dich nichtlaquo sagte Wulf-gar zu Regis Die beiden saszligen auf der Veranda von Regisrsquo Haumluschen Es war am spaumlten Nachmittag nach ihrer Ruumlck-kehr von Kelvins Steinhuumlgel und ein wahrlich herrlicher Fruumlhlingstag Sie starrten uumlber das Wasser des Maer Dual-don wo die untergehende Sonne eine glitzernde Bahn uumlber den groszligen See malte Jeder hielt eine Pfeife mit gu-ten Blaumlttern in der Hand die Regis bei seiner letzten Reise uumlber die Boareskyr-Bruumlcke besorgt hatte

Regis zuckte mit den Schultern blies einen Rauchring und sah zu wie der Suumldwind ihn traumlge davontrug Fuumlr ihn war jeder Weg in Ordnung auf den Drizzt Bruenor und Catti-brie sich einigten denn was vor ihm lag war ihm herzlich gleichguumlltig Seine Gedanken verharrten bei dem was hinter ihm lag ndash seiner Zeit bei den Grinsenden Ponys und insbesondere den bemerkenswerten Tagen mit Donnola und den anderen von Morada Topolino

raquoWarum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er und schnitt damit Wulfgars naumlchste Bemerkung ab Als er zu seinem groszligen starken Freund aufblickte merkte er dass er ein heikles Thema angesprochen hatte und bohrte nicht weiter nach

raquoWieso magst du daslaquo fragte Wulfgar der jetzt unglaumlu-big in seinen rauchenden Pfeifenkopf starrte

51

Der Halbling lachte sog an seiner Pfeife und blies einen neuen Ring um dann einen zweiten kleineren hinterher und durch den groszligen hindurch zu senden raquoMan kann dabei so schoumln vor sich hin denken Es hilft mir zur Ruhe zu kommen bis ich mich an alles erinnern kann was war ndash oder an gar nichts wenn mir das lieber ist und ich einfach nur die Gegenwart genieszligen willlaquo Er wies auf die schmale Wolkendecke die jenseits des Sees am Westhimmel stand und von der untergehenden Sonne gerade in strahlendes Orange getaucht wurde raquoEinfach hierlaquo erklaumlrte Regis raquoEinfach jetztlaquo

Wulfgar nickte und betrachtete noch einmal misstrau-isch seine Pfeife schob das Ende zwischen die Lippen und inhalierte zoumlgerlich erneut ein klein wenig Rauch

raquoDu koumlnntest das Kraut in deinem schoumlnen Silberhorn aufbewahrenlaquo schlug der Halbling vor raquoIch mache dir gern einen Pfropfen und einen Deckel fuumlr die Oumlffnungenlaquo

Wulfgar grinste nur und hob das Horn an raquoNeinlaquo sagte er ernst raquoDas bleibt so wie es istlaquo

raquoDu magst es gern lautlaquo meinte RegisraquoDas ist nicht bloszlig ein HornlaquoraquoErzaumlhllaquoraquoVor drei Jahren bin ich noch einmal in den Hort von

Eistod zuruumlckgekehrtlaquo sagte Wulfgar worauf Regis so heftig die Luft einsog dass er an dem Rauch halb erstickte

raquoDort warten noch viele Schaumltzelaquo fuhr Wulfgar fort raquound viele Feinde wie ich feststellen musstelaquo

raquoZu dem Drachenlaquo hustete Regis raquoDu bist in die Dra-chenhoumlhle zuruumlckgekehrtlaquo

raquoDer Drache ist schon lange tot Aber ndash jalaquoraquoUnd da hast du das gefundenlaquoWulfgar hielt das Horn hoch und drehte es leicht Erst

da wurde Regis bewusst wie schoumln es war Es war ein

52

schlichtes Horn und aumlhnelte dem eines normalen Bullen aber es war aus Silber glaumlnzte hell im Sonnenlicht und war bis auf halbe Houmlhe von einem duumlnnen graubraunen Band umwickelt Dieses Band ndash echtes Horn dachte Re-gis ndash blinkte noch intensiver als das strahlende Silber denn es war mit weiszligen Diamanten besetzt Das Horn war be-stimmt nicht nur durch Handwerkskunst geschaffen und ganz sicher nicht von den Barbaren der Tundra Elfen viel-leicht dachte Regis oder Zwerge Oder beide

raquoEs hat mich gefundenlaquo stellte Wulfgar richtig raquoIn groumlszligter Not als von uumlberall Eistrolle heranstuumlrmtenlaquo

raquoUnd du hast damit deine Verbuumlndeten gerufenlaquoraquoIch habe in das Horn geblasen weil ich dachte meine

Feinde wuumlrden vielleicht kurz stehen bleiben hellip oder viel-leicht auch nur weil es lauter war als ich schreien konn-te Ich war so enttaumluscht denn ich dachte wirklich jetzt sei alles vorbei und ich wuumlrde meine Freunde nun doch nicht auf Kelvins Steinhuumlgel wiedersehen Aber dann ka-men tatsaumlchlich Verbuumlndete aus Kriegersruhlaquo

Regis starrte ihn unglaumlubig an So etwas hatte er noch nie gehoumlrt raquoGeisterlaquo

raquoKriegerlaquo sagte Wulfgar raquoWild und furchtlos Sie ka-men aus dem Nebel und wenn sie erschlagen wurden verschwanden sie wieder im Nichts Nur einer uumlberleb-te den Kampf Er sprach nicht mit mir keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort und dann verschwand auch erlaquo

raquoHast du seitdem noch mal hineingeblasenlaquo fragte Re-gis fasziniert

raquoDie Magie ist begrenzt Es ist nichts als ein Horn ndash au-szliger alle sieben Tage einmal glaube ichlaquo

raquoUnd dann ruft es deine VerbuumlndetenlaquoWulfgar nickte Wieder sog er vorsichtig an der PfeiferaquoWie vielelaquo

53

Der Barbar zuckte mit den Schultern raquoManchmal nur ein paar Einmal kamen zehn Vielleicht rufe ich eines Ta-ges eine ganze Armee aber auch die koumlnnte ich nur eine Stunde einsetzenlaquo

Regisrsquo Hand glitt zu seinem Dolch dem mit den leben-den Schlangen Er hatte verstanden

raquoUnd warum hast du dich umentschiedenlaquo fragte er nun doch noch einmal raquoAls ich dich das letzte Mal sah wolltest du in den Teich von Iruladoon tauchen anstatt noch einmal ein sterbliches Leben zu fuumlhrenlaquo

raquoWeiszligt du noch wie ich damals zu Bruenor kamlaquo frag-te Wulfgar etwas stockend weil er alle ein bis zwei Worte husten musste

Regis nickte Wie koumlnnte er die Schlacht an Kelvins Steinhuumlgel je vergessen

raquoIch war noch gar nicht richtig erwachsenlaquo erklaumlrte Wulfgar raquoEigentlich noch ein Junge Mein Volk hatte die Staumldte und die Zwerge angegriffen Bruenor und sein Volk hatten diesen Krieg nicht provoziert aber sie mussten ihn trotzdem ausfechten Da stand ich also ein stolzer Krie-ger mit der Schlachtstandarte meines Stammes und als ich diesen rotbaumlrtigen Zwerg vor mir sah tat ich was jeder Krieger des Elchstamms und jeder wahre Anhaumlnger von Tempus getan haumlttenlaquo

raquoDu hast ihn angegriffenlaquo kicherte Regis um dann in breitestem Zwergisch hinzuzufuumlgen raquoAye hast ihm eins uumlbergezogen du dummer Junge Hat dir denn keiner bei-gebracht dass man einem Zwerg nicht auf den Kopf hautlaquo

raquoEine harte Lektionlaquo gab Wulfgar zu raquoMit einer nassen Decke haumltte ich gegen den Dickschaumldel von Bruenor Hel-denhammer auch nicht mehr ausrichten koumlnnen Im Nu lag ich am Boden Er hat mir einfach die Fuumlszlige weggerissen Und das waumlre eigentlich das Ende von Wulfgar gewesenlaquo

Page 32: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 33: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 34: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 35: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 36: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 37: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 38: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 39: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 40: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 41: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 42: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 43: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 44: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 45: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 46: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 47: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 48: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 49: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 50: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 51: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 52: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman
Page 53: Das Buch der Gefährten 1 Die Nacht des Jägers Roman