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DAS GOETHEANUM WOcHeNScHRIfT füR ANTHROPOSOPHIe 25. JUNI 2011 | NR. 25 | € 3.50 | cHf 4.50 GRUNDEINKOMMEN Eine Vision rückt näher

Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

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Das Bedingungslose Grundeinkommen bleibt Thema. Auch für das "Goetheanum". Ein Streifzug durch den aktuellen Stand von Ideen, Entwicklungen und Diskussionen.

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DAS GOETHEANUM wochenschrift für anthroposophie25. Juni 2011 | nr.25 | € 3.50 | chf 4.50

GRUNDEINKOMMENEine Vision rückt näher

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editorial

DAS GOETHEANUM 25 | 2011

WOLFGANG HELD

«Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen.» Dieser Ausspruch des ehemaligendeutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt kennzeichnet die Armut an Zukunft inden 80er-Jahren. Die beklemmende Losung ‹No future› stand auf den T-Shirts der Ge-neration, der eigentlich die Zukunft offenstand. Und tatsächlich, der Glaube, dass dertechnologische Fortschritt das Heil der Menschheit bedeuten könnte, begann damals,sein Fundament zu verlieren. Es ist ein Prozess, der sich nun, eine Generation später,mit der Katastrophe von Fukushima abschließt. Noch etwas anderes hat damals inden 80er-Jahren begonnen: die dramatische Verschuldung der öffentlichen Haushal-te. Die amerikanische Zeitschrift ‹The Economist› liefert auf ihrer Internetseite inEchtzeit die aktuelle weltweite Staatsverschuldung. 39 Billionen Dollar oder 27 Billio-nen Euro werden gelistet und jede Sekunde steigt die Summe um etwa 100000 Euro– unvorstellbare Zahlen. Verständlicher ist die Größe, dass viele Staaten ungefähr inder Höhe ihrer gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet sind.

Wieso leben die Staaten, leben wir in solch einem verantwortungslosen Maß überunseren Verhältnissen? Die Erklärungen der Finanzfachleute und Soziologen sindvielschichtig, aber ein Gedanke hat mich besonders ergriffen: Die öffentliche Handhat weltweit Schulden angehäuft, weil sie die Benachteiligten der Gesellschaft un-terstützt, sich aber nicht traut, die Mittel dafür von den Wohlhabenden zu holen.Wir finanzieren die Sozialsysteme über Schulden, das heißt, man holt sich die Sum-men von den Menschen, die man nicht fragen muss, die keine Wähler sind, weil sieKinder sind oder noch gar nicht geboren wurden. Der Schuldenberg oder besser das-gebirge ist der Preis für den sozialen Frieden zwischen Arm und Reich. Es ist sicherkein Zufall, dass sich in einer häufig als apokalyptisch bezeichneten Zeit, in der tat-sächlich vieles sein wahres Gesicht offenbart, dass in dieser Zeit die Scheinheilig-keit dieses sozialen Friedens sichtbar wird.

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens zielt auf die Wurzel dieser Fragedes menschlichen Miteinanders. Deshalb haben wir nach 2009 erneut dieser Soziali-dee eine Ausgabe des ‹Goetheanum› gewidmet und sind froh, mit der Fotografin Liu-ba Keuch eine Bildreihe bekommen zu haben, die von den großen Motiven erzählt,um die es beim Grundeinkommen geht: der Würde des Menschen und seiner Sehn-sucht nach selbst verantworteter Arbeit. Dass wir unsere eigene Würde selbst zu fas-sen vermögen, hängt davon ab, ob wir sie als Baby, Kind, Jugendlicher von der Ge-meinschaft bekommen haben. Dass dieses Geschenk der Gemeinschaft dreifaltigwird, das gehört zum Glanz der Idee eines Grundeinkommens. Die leibliche Fürsorge,Nahrung, ein Dach verleihen physisch die Würde. Vertrauen, Anteilnahme an unsererEntwicklung schaffen den seelischen Boden der Würde. Der Glaube, dass wir einGlied der menschlichen Gemeinschaft werden, in die wir unseren ureigenen Beitraggeben werden, dass diese Gemeinschaft erst mit unserem Sein diese Gemeinschaftwird, dieser Glaube, der im Grundeinkommen seinen Boden hat, stiftet geistige Wür-de, die wir den Heranwachsenden geben können. «Wer keine Visionen hat, sollte zumArzt gehen» wird zum Ratschlag einer Gesellschaft mit Grundeinkommen.

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meldungen

Deutschlands Atomausstieg Am 6. Juni 2011 beschlossen die Minister-präsidenten der Länder und die Bundesre-gierung in Deutschland, die Kernkraftwer-ke sukzessive bis zum Jahr 2022 abzuschal-ten. Gerald Häfner, Mitglied des Europäi-schen Parlaments und Vorstandsmitgliedvon Mehr Demokratie!, nennt den Be-schluss des vollständigen Atomausstiegeseinen gewaltigen Durchbruch: «Anlass istFukushima. Aber der Grund liegt tiefer – inder prinzipiellen Lebensfeindlichkeit undUnbeherrschbarkeit dieser Technik, die un-tersinnliche Kräfte nutzt, ohne diese vollverstehen oder gar in allen denkbaren Si-tuationen beherrschen zu können. Und erliegt in der jahrzehntelangen Aufklärungs-arbeit engagierter Menschen in Deutsch-land.» Am 7. Juli will das Kabinett über dasGesetzespaket zur Energiewende beraten.Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte,dass der Import von Atomstrom aus demAusland trotz des Ausstiegs weiter möglichbleiben soll. Dagegen forderte der saarlän-dische Landeschef Heiko Maas den Import-verbot von Atomstrom. Laut Häfner kannerst geruht werden, wenn alle Atomkraft-werke abgeschaltet sind. Und selbst dannnoch nicht. Denn nirgendwo auf der Weltist das Problem des – je nach Zusammenset-zung –über Jahrhunderttausende strahlen-den Atommülls gelöst. «Doch ein Anfangist gemacht», kommentiert Häfner die Ent-scheidung der Regierung und erwähnt,dass all den Menschen zu danken sei, diedies möglich gemacht haben, die regelmä-ßig vergessen würden und die ohne Dankblieben, wenn im Scheinwerferlicht eineBundesregierung sich einer Tat rühme, diezu verhindern noch bis vor wenigen Mona-ten eines ihrer vordringlichen Ziele war.Cornelia Friedrich

Jugendsymposion zur EnergieVom 2. bis 5. Juni fand in Kassel das 4. Ju-gendsymposion statt. 200 junge Erwachse-ne von Waldorfschulen aus ganz Deutsch-land arbeiteten mit Rednern und Seminar-leitern am Thema Energie. Neben Beiträgenzur Sicherheit der Kernenergie von Chris-toph Pistner vom Öko-Institut Darmstadt,Fragen zum Klimaschutz von BuchautorFranz Alt, Gerald Häfner und anderen ka-men auch Ökoaktivisten wie die BaumfrauJulia Butterfly Hill zu Wort. Meditation, Mu-sik und Eurythmie vervollständigten dasKursprogramm, das den Jugendlichen er-möglichte, philosophische, umweltpoliti-sche oder wirtschaftliche Aspekte des The-mas zu vertiefen. Michael Zech, neben Ste-phan Sigler und Wilfried Sommer einer derInitiatoren des Symposions, Dozent amWaldorflehrerseminar Kassel und Lehrbe-auftragter an der Alanus-Hochschule, be-merkt, dass viele Waldorfschüler neben ei-ner hohen Identifikation mit der Waldorf-schule auch gleichzeitig ein kritisches Ver-hältnis zu ihr hätten, weil sie den Schulbe-reich als eigene geschlossene Welt erlebtenund den Zugang zu den virulenten Zeit- undExistenzfragen im Unterricht vermissten.Zech: «Wir wollen eine Öffnung der schuli-schen Situation für begabte Schüler schaf-fen, die ihnen ermöglicht, mit offenen ge-sellschaftlichen, politischen, wirtschaftli-chen und philosophischen Fragen umzuge-hen, sie kontrovers zu diskutieren. Nichteine bestimmte Sicht den Schülern beizu-bringen, sondern ihnen selbst den Mei-nungsbildungsprozess anzuvertrauen, istunser Anliegen. Das ermöglichen wir durchdie Begegnung mit Menschen, die etwas zusagen haben.» Ob sich das Konzept be-währt, wird sich erst in den nächsten Jah-ren herausstellen. Cornelia Friedrich

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››› Empowering a new Spirit in Business:Unter diesem Motto trafen sich Entschei-der und Vordenker auf der 5. Karma-Kon-sum-Konferenz am 9. und 10. Juni 2011 inFrankfurt am Main zur Fachtagung undNetworking-Veranstaltung für verant-wortungsvolles Wirtschaften und nach-haltige Lebensstile. www.karmakon-sum.de ››› Assoziatives Wirtschaften:Neben dem Schweizerischen Konsumen-tenverband, dem KonsumentenvereinZürich und Basel fördert nun auch derKonsumentenverein Winterthur/Schaff-hausen das assoziative Wirtschaftsleben.www.konsumentenverband.ch ››› Wirt-schaft neu denken: Am 21./22. Mai fandein von Studenten organisiertes Sympo-sion zu Fragen zukunftsweisender Impul-se aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wis-senschaft statt. www.wind-symposi-um.de ››› Menschheit an der Schwelle:Am 24./25. Juni findet eine Tagung an derFreien Hochschule Mannheim statt zurmomentanen Situation der Menschheit,die in eine grundlegende Bewusstseins-veränderung hineinwächst. www.freie-hochschule-mannheim.de ››› Für biolo-gische Vielfalt: Die GLS-Bank spendet imRahmen einer Mitgliederaktion bis zumJahresende zugunsten eines Wald- undBienenprojektes. www.gls.de ››› Initiati-ve gegen Gentechnik: Mehr als 100000Menschen unterschrieben bereits die Pe-tition der Alnatura-Initiative ‹Vielfalt erle-ben› gegen die Zulassung des Anbausgentechnisch veränderter Pflanzen.www.vielfalterleben.info/unterschrif-tenaktion ››› Aktionstag in Köln: Am 28.und 29. Mai hatten alle auf anthroposo-phischer Grundlage arbeitenden Einrich-tungen in Köln anlässlich von Rudolf Stei-ners 150. Geburtstag zu einem Aktions-tag mit Eurythmie, Infoständen, Kurzvor-trägen, Schülerdarbietungen, Podiums-gespräch und Pantomime eingeladen.

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«Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist», sag-te Victor Hugo. Das galt für die Idee der Aufklärung, der Abschaf-fung der Sklaverei, der Demokratie, der Menschenrechte, auch fürdie Idee des bedingungslosen Grundeinkommens gilt es. Sie ist diegleiche, nur heute. «Unglück macht Menschen. Wohlstand machtUngeheuer.» Auch das ist ein Zitat von Victor Hugo.

Eine Idee wirkt. Wenn sie etwas geistig Wesentliches ist, wenn siewesenhaft ist, dann wirkt sie und kann nicht anders. Sie wirkt inden jeweiligen Verhältnissen der Zeit. Wie sie sich auswirkt undverwirklicht, hängt davon ab, was Menschen ihr entgegenschaf-fen, wie sie damit umgehen und was sie an ihrer Energie hervor-bringen, was sie ihr einverleiben. Das kann heilend sein oder zer-störerisch. Der Mensch ist da frei. Sonst niemand. Eine Idee wirktund ist nicht frei, das auch bleiben zu lassen. Es ist nicht die Frage,ob ein Grundeinkommen kommt, sondern wie. Das ist für denMenschen eine Bewusstseinsfrage. Auf die Bewusstseinsentwick-lung wirkt die Idee des Grundeinkommens ein.

Umso mehr Bewusstsein die Menschen entwickeln, umso mehrwird die Vollbeschäftigung deutlich. Oder wie Benediktus Hardorpes ausdrückt: «Es gibt so viel Arbeit, wie es Menschen gibt.» Jederbringt seine auf die Erde mit. Seine Sensibilitäten, seine Suche,sein Feuer, seine Wahrnehmung und Ziele. Entwicklung ist alle Tä-tigkeit. Umso mehr Bewusstsein in der Seele, umso mehr rücktauch als Arbeit in den Vordergrund, was vorher als bloßes Lebenverlief. Umso mehr Bewusstsein, umso offen individueller auchdie Lebenswege. Und umso brüchiger, komplexer und schwieriger,sie für sich selbst zu finden. Umso mehr braucht es Kraft aus eige-nem Willen, die Entwicklung intrinsischer Motivation, den Mutauch, selbst zu denken. Und ein Bürgerrecht, welches diese Beweg-lichkeit frei gibt. Es mag überzogen klingen, aber was da mit derIdee des Grundeinkommens und seiner Einführung auf einen zu-kommt, ist: Selbsterkenntnis – Welterkenntnis. Das kann einenauch ärgerlich stimmen.

Zwar ist das Grundeinkommen, einmal eingeführt, nur ein Grund-einkommen. Auch nicht spannender als die Demokratie, wenn sieAlltag geworden ist. Aber im Stadium der Idee, die noch keine äu-ßere Form im alltäglichen irdischen Verhältnis hat, erscheint sie

besonders deutlich, erscheint sie auch übergroß. Ein Mensch, dernoch nicht geboren ist, scheint auch zu groß für die irdischen Ver-hältnisse. Wie soll das gehen? Was ist, wenn die Verantwortungihm nicht abgenommen ist? Wenn im Rahmen eines bedingungs-losen Grundeinkommens ihm die Verantwortung für sich und seinTun und Lassen nicht gemildert und gelenkt wird durch Auftrags-bestimmung von außen, wenn seine Lebensmöglichkeit nicht festverbunden ist damit, etwas abzuliefern, was bezahlt wird? Wenn ersich durchschaffen muss zur Unternehmung seines Lebens aus ei-gener Einsicht? Keine Schonung für Doppelgänger mehr?

Das ist risikoreich und anstrengend auch, weil es immer wieder aufdas Schwächste rekurriert, das Ich. Das ist nicht zu verwechselnmit der Stärke angeeigneter Selbstverständnisse. Diese Selbstver-ständnisse bröckeln unter der Idee des bedingungslosen Grund-einkommens. Und man muss die Welt neu denken, sich selbstauch, und zwar aus selbst erzeugtem Denken, wofür man die eige-ne Anschauung durchschauen muss, was unbequem ist, weil mansie dann auch erweitern muss. Man kann es auch nicht nur für sichdenken, so ein Grundeinkommen, sondern muss es für alle den-ken. Für andere also auch. Was ganz besonders offenlegt, in wel-cher Kulturepoche man selbst lebt. Man kann es auch nicht nur alsAuszahlung denken, sondern muss es gewissenhaft auch als Ein-zahlung denken. Man muss Steuern denken, Zusammenhängedenken, Wirtschaft denken – man muss einfach raus aus der Hän-gematte. Wenn es um Entwicklung geht, sind das einige Punktevon denen, die unvermeidbar sind. Es wäre vernünftig, ihnen For-men entgegenzubringen, die sie ermöglichen.

Dass wir im Überfluss leben, wo früher Mangel bestand, liegt heuteweniger am fleißigen Einsatz von Menschen und mehr an opti-mierten Methoden und Maschinen. Was uns abgenommen wird,nutzen wir aber nicht, um uns Wichtigerem zuzuwenden, um die-sen Wohlstand aus der alten Arbeit in neue Arbeit zu investieren,in die, wo die Rationalisierung ihre Grenze hat, in die, wo der Fort-schritt alte Sozialformen weggeräumt hat und keine neuen schafft,in die Arbeit, die im Gleichschritt mit der Technik Bewusstseins-leistung verlangt bis ins Intimste der eigenen Lebensführung undbis in das hautnah Erlebbare der globalen Geschehnisse für jeden.

enno schmidt

VOM ZEITGEISTEine Idee wirkt. Wenn sie etwas geistig Wesentliches ist, dann wirkt sie und kann nicht anders. Frei ist nur der Mensch. – Und kann nicht anders.

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Der Wohlstand schafft Ungeheuer, wenn man ihn ersäuft zuguns-ten alter Gewohnheiten. Wenn man ihn ignoriert als Freistellungfür das Notwendige. Wenn man die Freiheit ignoriert, in der dieVerantwortung wirklicher wird.

Unglück macht nicht Menschen, und Wohlstand macht nicht Un-geheuer, sondern beides stellt die Frage, was der Mensch darausmacht. Das Unglück, welches Victor Hugo in obigem Zitat meint,sind Verlust und Verhinderung, die den Menschen zu sich kom-men lassen. In diesem Sinne fördert ein bedingungsloses Grund-einkommen ‹Unglück›, weil einem damit viele Ausreden verlorengehen und es einen doch ein Stück weit auf sich selbst zurückwirft,Verhinderungen bei einem selbst sehen lässt, und weil es gewis-sermaßen verhindert, dass man selbst dafür nichts kann. Es kanneinem aber geholfen werden. Bestimmt nicht mit Sozialleistun-gen. Nicht mit Zwang, unter dem man Interessen anderer zu die-nen hat, nicht mit etwas, worin man nicht das Eigene sieht – undsei es auch noch so anders. Auch nicht einfach mit Geld.

Das Grundeinkommen ist keine Sozialleistung. Es ist auch keinneutraler Geldbetrag, sondern was das Geld ausdrückt, was es in-tendiert, das eben wird in der Auseinandersetzung um das Grund-einkommen jetzt und später aufgeladen. Nicht, wozu es verpflich-tet, sondern was es ermöglicht. Die Moral von der Geschichte. Wases ermöglicht, das ist heute dem Einzelnen schon möglich. OhneGrundeinkommen. Oder mit einem der Grundeinkommen, die esauch jetzt schon gibt. Die sind nur anders intendiert.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein demokratisch be-stimmter Einkommensbetrag, den sich alle gegenseitig zusprechenaus der gemeinsamen Wertschöpfung, mit dem sich alle die Teil-nahme an der Gesellschaft und das Recht auf Leben als wirtschaft-liches Bürgerrecht und Menschenrecht zubilligen. Wohlgemerkt:heute. Und mit Blick auf die Zukunft. Vor hundert Jahren war dasnoch keine so praktikable Idee. Aber vor hundert Jahren und davorund bisher wurde sehr viel dafür getan, dass sie jetzt dran ist.

Doch wird es mit einem bedingungslosen Grundeinkommen nochgenügend viele Menschen geben, die den alten Wohlstand produ-zieren? Die zum Beispiel für den Bedarf von Kindern arbeiten, dieBauschutt wegräumen, Elektroautos konstruieren, Ihnen Versi-cherungen andrehen? Warum sollte es die nicht geben? Wieso soll-ten Menschen sich nicht erproben wollen, nicht zusammenwir-

ken, sich gebraucht fühlen wollen, sich entwickeln wollen undsich bestätigen, indem sie etwas für andere tun und aus derenWertschätzung auch sich als sinnvoll erleben? Wie wäre das bei Ih-nen? Sie machen schon etwas, was Ihnen sinnvoller erscheint?

Bei dem Gedanken an das Grundeinkommen darf man nicht dieBodenhaftung verlieren. Es ist nur ein Grundeinkommen. Mandarf im Gedanken nicht überrennen, dass sich fast alles mit demGrundeinkommen nicht ändert. Es ist im Ganzen nicht einmalmehr Geld, denn das Grundeinkommen wird auf die bestehendenEinkommen einwirken. Im Prinzip werden sich die bestehendenEinkommen um den Betrag des Grundeinkommens verringern.Ein weiterer Punkt der Bodenhaftung ist, nicht zu meinen, es gäbeeinen Knopf, auf den gedrückt werden kann, und plötzlich ist einbedingungsloses Grundeinkommen da; für jeden in lebenstaugli-cher Höhe ein Leben lang. Da ist kein Knopf.

Was sich mit dem Grundeinkommen verändert, findet schon statt,bevor es so weit ist, dass es auch als Geld ausgezahlt wird. Es findetstatt in dem Staunen, im Erleben und wohin einen das führt, indem Angebot, sich selbst anzunehmen und vielleicht doch denkenzu dürfen, was man sich verboten hatte. Es geht nicht anders. Aberdas geht. Es führt etwas anderes ein neben der Horizontalen desTausches, der Bestimmbarkeit des anderen durch eine Gegenleis-tung, dem Mechanistischen. Es lässt eine Vertikale ein.

Die Idee des Grundeinkommens ist aus dem Gleichen, was auch dawirkt, wo sich Menschen gegen offene Entwicklungen in rückläu-fige Herrschaftssysteme verkrallen. Sei es in Diktaturen, in der Bil-dung, in Institutionen, dass man andere Menschen abtreibt, umselbst in alten Vorstellungen bleiben zu können. Maßnahmen zursogenannten Wiedereingliederung von sogenannten Arbeitslosensind Maßnahmen zur Verdrängung von Geistesgegenwart. DerZeitgeist wirkt. Wendet man sich ihm nicht zu, muss man dage-genhalten. Zukunft soll dann Erfahrung aus der Vergangenheitsein. Ein virtuoserer Umgang mit Untauglichem.

Ich möchte auf den Zusammenhang hinweisen, der mit Bewusst-sein zu tun hat. Die Formen, die umso gewalttätiger in die Wirk-lichkeit haken, je mehr die Wirklichkeit sich unter diesen altenFormen wegentwickelt, stehen in Zusammenhang mit der Be-wusstseinsentwicklung. Sie sind Auswirkungen. Auswirkungeneiner Abgewandtheit.

Die Selbstverständnisse bröckeln unter der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Man muss die Welt

neu denken, man muss sich selbst neu denken.

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Das bedingungslose Grundeinkommen widerspricht dem wich-tigsten Strukturelement unserer Gesellschaft, der Gebundenheitunserer Existenz an ein Erwerbseinkommen. Darauf hin wird zurSchule gegangen und studiert, das braucht man, wenn man sicheinbringen will, auch wenn man Kinder haben will, dafür werdenArbeitsplätze erhalten, die nicht mehr nötig sind, und dafür wer-den auch die übelsten Dinge noch lange fortgeführt, damit wird er-presst, korrumpiert, Angst und Unterwürfigkeit verbreitet, weilder kleine Gedanke nicht möglich ist: dass Arbeit und Einkommenzwei Impulse sind. Zwei Funktionen, die sich gegenseitig ermögli-chen und bedingen, aber in der Gleichsetzung und Verkettung dasBewusstsein aus- und den Trieb einschalten. Ich kann nicht arbei-ten, wenn ich das für mein Einkommen tue. Es ist keinem Men-schen bei intaktem Selbstempfinden möglich zu sagen, er oder siewürde für ein Einkommen arbeiten. In der Vorstellung sagen dasviele, in der Tatsächlichkeit nicht. Und wenn doch, ist das die Tren-nung und Isolation des Selbst von dieser wirklichen Welt. Das warzu Zeiten der Selbstversorgung anders.

Das freistellende Einkommen in der Höhe des Lebensnotwendi-gen – nicht darüber hinaus – ist kein totalitärer Handstreich zurTrennung von Arbeit und Einkommen. Keine Ideologie. Es biedertsich auch nicht als Lösung aller Probleme oder als egalitäre Gerech-tigkeit an. Aber die Trennung von Arbeit und Einkommen tritt ei-nem mit der Idee des Grundeinkommens persönlich nahe. Ein Ein-kommen wird als Lebenslegitimation verstanden. Woher kommtdie, wenn nicht durch das, was ich dafür gebe, abgebe? Durch das,dass ich bin? Was spricht das in mir an? Nicht die Funktion. Auchnicht den Egoismus. Der Egoismus ist nur eine kurze Irritation amAnfang, wenn man sich mit dem Gedanken auseinandersetzt. Dakann man kurz meinen, das Grundeinkommen sei, dass man mehr

Geld hat und für nichts. Was man übrigens den anderen dann nichtgönnt. Der Egoismus merkt gleich, dass er mit dieser Idee nichts zutun hat. Indem er dem Grundeinkommen die Förderung des Ego-ismus (bei den anderen) vorwirft, steigt der eigene Egoismus ausder Idee aus. Steigt man mit ihm mit aus, verhakt man sich in ihm,bemerkt man an sich nicht die Gegenwehr, dass man gerade denegoistischen Charakter aus dieser Idee raus haben will. Weil was?Weil sie das Ich anspricht. Und so geht es weiter an dieser Idee, dassman wieder und wieder das Dranbleiben an einer Forschungs- undEntdeckungsreise üben kann, vor der eigenen Wand steht, immerwieder auf den Rücken fällt und aufstehen lernen kann, Stufennimmt, an denen man hängen bleiben kann und die wieder undwieder Überwindung im Anschauen, Weiterschauen verlangen.Denken, das aus eigenem Willen sich der Intelligenz öffnet.

Da purzelt man über viele Leichen, Gedankenleichen, Vorstellungen,die man nur verschluckt hat, Lieblingsideen, die nicht mit einem mit-gewachsen sind, in denen man jung bleiben will. «Ein Traum ist un-erlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will.» (Victor Hugo) EinTraum kann auch mit einem bösen Erwachen enden. Die Idee des be-dingungslosen Grundeinkommens führt zu vielfachem Erwachenaus den heutigen Träumereien. Ob das ein Traum ist?

Enno Schmidt ist freischaffender Künstler, Autor und Filmema-cher, Mitinitiator der Initiative Grundeinkommen in der Schweiz.

Bild S.4 Dona Isabel ist 93 Jahre alt und bestellt ihr Stückchen Landunter den großen Werbetafeln direkt am Kreisverkehr in Buraca. |Bild S.7 Schutt und natürliches Geröll müssen aus dem Boden he-raus, damit er fruchtbar wird.

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Der Versuch, biologische Theorien auf den Menschen zu übertragen,hat im Sozialdarwinismus zur Verachtung von Recht und Würde derSchwachen geführt. Der Grund liegt im Kern dieser Theorie: Er heißt‹Kampf ums Dasein› und ‹Überleben des Stärkeren›. Wenn hier trotz-dem ein Versuch gemacht wird, Vorgänge und Interaktionen in deraußermenschlichen Natur als Bild sozialer Beziehungen zu verwen-den, dann deshalb, weil eine andere Lesart des ‹biologischen Textes›,ein Ausdruck von Hans Jonas, möglich, ja notwendig ist. Die Vielfaltund Schönheit intakter Landschaften und Lebensräume erstaunenund verzaubern, weil sie sich nicht im Kampf gegeneinander, son-dern im Miteinander entwickeln. Das Geheimnis heißt uneinge-schränkte Kooperation und bedingungsloses Verschenken vonMehrwerten, die allen zugutekommen, alle Gewinn ziehen.

Jedes Jahr mischt sich im Herbst in die Gefühle des Abschiedneh-mens und in das Erlebnis des Absterbens die Zuversicht, dass dieNatur den nahenden Winter dazu verwenden wird, die Ernte desvorangegangenen Sommers für den kommenden Frühling vorzu-bereiten. Es steht außer Zweifel, dass das Zukünftige nur werdenkann, wenn das Vergangene die Bedingungen dafür geschaffenhat. Doch alles Vergangene nützt nichts, wenn Gegenwart das Wer-den nicht ermöglicht. Wir erleben diese Tatsache in vielen TeilenEuropas heute deutlich. Der ausbleibende Regen und der niedrigeWasserstand vieler Flüssen und Seen werden dramatische Erntee-inbußen mit sich bringen, weil viele Kulturpflanzen zu wenigWasser und damit keine Nährstoffe aufnehmen können. Das Glei-che gilt, auch wenn wir selten daran denken, für Erde, Luft, Lichtund Wärme. Auch hier ist die Situation dramatisch. Der jährlicheVerlust an fruchtbarem Ackerland durch Erosion aufgrund un-sachgemäßer landwirtschaftlicher Praktiken, die Luftverschmut-zung und der Klimawandel wirken ebenso bedrohlich auf den Rei-gen von Werden und Vergehen wie der aktuelle Wassermangel.

Allein das Sonnenlicht scheint gesichert – diese geheimnisvolle‹Substanz›, das Urproduktionsmittel allen Pflanzenwachstums.Unerschöpflich soll es Mensch und Erde noch Jahrmillionen zurVerfügung stehen. Es ist richtig, dass die Sonne als Quelle und Ge-schenk bildlich gesprochen außer Raum und Zeit existiert. DochLebensspenderin kann sie nur sein, wenn sie wie alle Elemente ineinen rhythmischen Wechsel eingebettet ist. Der Rhythmus vonTag und Nacht, auf die Minute am Äquator, ins Jahr ausgedehnt anden Polen, ist die Voraussetzung, dass Leben entstehen, gedeihen,

reifen und vergehen kann. Erst in der uns so selbstverständlichenBeziehung von Sonne und Erde, Tag und Nacht und den Jahreszei-ten können Pflanzen, Tiere und Mensch gedeihen! Viele für eines,alle für alle, das ist die Botschaft, die aus der Natur zu uns klingt.Nach diesem Vorbild muss jede soziale Gemeinschaft gebaut sein,wenn sie sich lebendig und nachhaltig entwickeln soll!

BEZIEHUNGEN SIND ALLESEs ist einleuchtend, dass Raum-Zeit-Beziehungen, ob zwischen Ge-genständen oder Wesen, zu ungeahnter Zunahme von Vielfalt undKomplexität führen. Über die Kombinatorik hinaus bestehen ver-schiedene Affinitäten – der träge Luftstickstoff reagiert je nach Be-dingungen mit Wasserstoff zu Ammoniak oder mit Sauerstoff zu Ni-trat. Man kann die Zunahme an Komplexität, das heißt Beziehungenals Überschuss bezeichnen, der in der Natur allen zur Verfügungsteht. Vielfalt ist seit dem Erscheinen der ersten Lebensformen aufder Erde das leitende Prinzip der Evolution. Wir wissen heute, oderahnen es, dass unter Lebensbedingungen ohne Änderung keineneuen Lebensformen entstehen können. Wir wissen auch, dass ausden Wechselwirkungen von Pflanzen und Tieren ungeahnte Mehr-werte entstehen, die auch dem Menschen zugutekommen.

Zwei Beispiele: Rinder und Kühe sind, wenn sie art- oder wesens-gemäß gehalten werden, geniale Zauberinnen. Dank ihres Pansens(Vormagen) mit seiner reichen Mikroflora und -fauna können siedie Primärprodukte des Lichtstoffwechsels, Zellulose in Gräsernund Kräutern in wertvolle Milch und in Fleisch umwandeln. DasAbfressen durch die Kühe regt das Pflanzenwachstum an. Mit ih-rem Tritt legen die Tiere Erde frei, wo Samen von Gräsern hinfal-len und, von den Hufen der Tiere festgedrückt, keimen können.Mit ihrem Dung verbessern die Kühe die Wachstumsbedingungenund Fruchtbarkeit des Bodens. Mit einem guten Weidemanage-ment sind auf diese Weise im schweizerischen Jura blütenreicheWeiden und Wiesen entstanden, auf denen bis heute Tausendevon Schmetterlingen den aufmerksamen Beobachter beglücken.Das alles ist möglich, weil Pflanzen und Tiere sich gegenseitig op-timale Bedingungen schaffen – Magie einer Kooperation.

Ganz anders sieht es unter Bedingungen einer maximalen Produk-tion aus, die stets weit über dem Optimum der art- oder wesensge-mäßen Möglichkeiten liegen. Es entstehen die Landschaften derindustriellen Landwirtschaft: Milchseen und Butterberge. «So

Johannes wirz

FÜLLE DES LEBENSVielfalt und Beziehung sind es, was das Leben ausmacht. Was sagt das Leben zum Grundeinkommen?

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what?», werden einige sagen. Die Folgen beschränken sich nichtnur auf das Land, wo solche Überschüsse erzeugt werden, sondernerzeugen weltweit Leid. Zu Dumpingpreisen in die Länder derDritten Welt exportiert, zerstören diese Überschüsse die Existenzder einheimischen Bäuerinnen und Bauern.

Die Gier nach Maximalerträgen führt auch zu ‹Schattenlandwirt-schaften› mit verheerenden Folgen für Mensch und Natur. In Brasi-lien wächst auf einer Ackerfläche, so groß wie diejenige in derSchweiz, das Soja, das die Bauern ihren Kühen verfüttern. Die Pro-duktion der Sojabohne bedrängt die einheimische Landwirtschaft,oder ruiniert die Gesundheit der Bevölkerung, wenn das Soja in derCerrado, der brasilianischen Savanne, mit enormen Mengen anKunstdüngern und Pflanzenschutzmitteln (die eigentlich Giftstof-fe heißen müssten) produziert wird. In der Schweiz wird der Mistder vielen Tiere zu einem massiven Umweltproblem. Diskussionenüber die Wirtschaftlichkeit einer extensiven, biologischen Tierhal-tung wirken auf diesem Hintergrund weltfremd und verfehlt.

Das zweite Beispiel betrifft die generativen Seite des Pflanzenle-bens, die Blüten und die sie besuchenden Insekten: Bienen,Schmetterlinge, Käfer. Ohne Bestäubung ist der Artenreichtum be-droht. Der Blütenbesuch bedeutet Fruchtbarkeit – Samenbildungfür eine Unzahl anderer Tiere, und Obst, Beeren und Gemüse. Wiearm wären die Marktstände ohne Bienen und Co! Die meisten Pro-dukte, die einladende Farbigkeit und die enorme Vielfalt an Gerü-chen und Geschmacksrichtungen würden verschwinden.

Wie im ersten Beispiel entsteht Fülle in einem gleichzeitigen Ge-ben und Nehmen. Die Bestäuber holen Pollen und Nektar für ihrenNachwuchs. Ihr emsiges Geschäft zerstört nicht, sondern vollen-det. Die schönen Samenstände der Doldengewächse erinnernnoch in der Winterzeit daran. Auch hier hat die Maximierung vonErträgen heute für die blütenbesuchenden Insekten eine großeNot hervorgerufen. Der Bericht, den die UNEP, die Umweltorgani-sation der UNO, veröffentlicht hat, spricht Klartext. Die industria-lisierte Landwirtschaft mit ihren riesigen Monokulturen führt un-aufhaltsam zu einem Verlust der Biodiversität, Pestizide setzen al-len Insekten zu und Kunstdünger hinterlassen tote Böden, die we-gen Erosion durch Wind und Wasser zu Wüsten werden. Der Wegzum Optimum, das heißt zu einer Situation, in der Geben und Neh-men Reichtum und Fülle schaffen, kann nur durch einen biologi-schen oder biologisch-dynamischen Landbau erreicht werden!

MENSCHENWERK VOLLENDET DAS SCHAFFEN DER NATURDie beiden Beispiele belegen, dass Leben ohne Beziehung zu ande-rem Leben nicht möglich ist. Jedem Lebewesen wohnt der Dranginne, sich seinem Gesetz gemäß zu entfalten und zur Erscheinungzu bringen, ohne die Existenz der anderen zu beschneiden. Dafürschaffen Pflanzen und Tiere ein riesiges Entwicklungspotenzial –Samen und Keime, die sich nie entfalten, sondern anderen Existenzermöglichen. Diese verschwenderische Fülle bringt Vielfalt, Schön-heit und Nachhaltigkeit hervor. Im Idealfall schaffen Menschennicht nach allgemeinen Gesetzen, sondern nach ihren selbst ge-wählten Intentionen und Zielen. Pflanzen und Tiere bringen sichselbst zur vollständigen Erscheinung, die Menschen durch ihre Wer-ke. Wie alle Lebewesen schaffen auch sie im Idealfall nicht, um zuüberleben, sondern aus Liebe und mit Hingabe. Die Werke der hand-werklichen, künstlerischen oder geistigen Produktion stehen ande-ren zur Verfügung. Jeder schafft für die anderen und wird von ande-ren getragen. Eine ausreichende materielle Grundausstattung istFolge und Bedingung des schöpferischen und freien Handelns. Dasszu diesem Ideal viele Hürden zu nehmen sind, steht außer Frage.Dass ein Grundeinkommen die Entscheidung für eine Tätigkeit er-leichtert, die nicht Beruf, sondern Berufung ist, ist wahrscheinlich.

So wenig, wie das Rind sich sorgt, ob genügend Gras wächst, son-dern instinktiv darauf vertraut, wird in der Gemeinschaft freier,kreativer Menschen niemand bangen, ob seine Bedürfnisse befrie-digt werden. Auch hier wird Vertrauen zum Leitstern und Motorder Entwicklung. Das Schöne wird sein, dass die Krankenschwes-ter nicht weniger Bedeutung haben wird als der Professor, der Bä-cker nicht weniger als der Sologeiger – genauso wenig, wie die Bie-ne wichtiger ist als die Mücke oder die Maus weniger als der Fuchs.Im großen Reigen der Natur haben alle Lebewesen ihren unersetz-lichen Platz. Ohne jedes Einzelne ist das Ganze nicht möglich.

Johannes Wirz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Naturwis-senschaftlichen Sektion am Goetheanum.

Zum Bild: Endlich regnet es. Ein Segen für die Kleinbauern, dennWasseranschlüsse gibt es nicht im Niemandsland. Jeder Tropfenwird mit ausgeklügelten Systemen eingefangen und in unzähligenWasserflaschen und Kanistern gesammelt, um den Anbau über dieTrockenheiten zu retten.

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Dank Götz Werner und vielen anderen ist Grundeinkommen zu ei-nem großen Thema geworden. Eine überschaubare und doch sehrradikale Idee oder auch Praxis, anhand derer man Gesellschaft inte-ressant neu denken und wollen kann. Wären da nur nicht die Über-eifrigen, die leider zugleich auch ziemlich bequem sind. Diese sehenschon die Lösung fast aller Probleme und das Paradies gleich um dieEcke. Sie tun so, als brauchte man eigentlich nur noch fordern undinsistieren. Na ja, so bequem und nichtunternehmerisch hat sichGötz Werner das wahrscheinlich nicht gedacht.

Um mich selbst zu orientieren, habe ich die Götter gefragt, was siezum Grundeinkommen sagen – nicht alle Götter, nur die beiden,deren Meinung mir am wichtigsten ist, den Gott, den ich für denChristus halte, und jenen, der mir als sein finsterer Bruder er-scheint. Und das ist erstaunlich: Man fragt sie und vernimmt tat-sächlich so etwas wie Antworten.

Ahriman und Christus, beide sind für die Einführung des Grund-einkommens. Wenn beide dafür sind, dann bin ich überzeugt, dassdas Grundeinkommen bald zur Zivilisation gehören wird, so wiefließendes Wasser, Straßenreinigung und Abschaffung des Faust-rechts. Aber wollen sie das Gleiche? Worin unterscheiden sich Ah-riman und Christus? Der eine löst die Fragen des Lebens technisch,das heißt in der Welt außerhalb des Menschen, und der andere lässtdie ganze Welt durch das Innerste des Menschen strömen. Der einelebt in der Stimmung: Wenn ich das Problem technisch gelöst habe,ist das Problem gelöst. Natürlich kommen weitere Probleme, unddie werde ich ebenfalls durch äußerliche Maßnahme lösen.

Das ist nicht die Stimmung des anderen. Seine ist: Wenn ich ein‹Problem› technisch gelöst habe, beginnt das Problem. Denn dasProblem ist immer weitere Selbstverwandlung des Menschen. Pro-bleme außerhalb der Liebe-Intensivierung gibt es nicht; es gibt kei-ne Probleme, die wirklich gelöst werden könnten, ohne dass dieMenschen ihre Liebe intelligenter und stärker entfalten würden.Ahriman bietet den Gedanken an, dass die Probleme der Menschenletztlich auf wirtschaftlichem Wege gelöst werden können. DasGrundgehalt ist ein sachgerechtes Mittel, die Menschen wirtschaft-lich zufriedenzustellen. Darauf ist schon Milton Friedman gekom-men. Der technische Friedensfürst kann gar nicht dagegen sein.

Um nun den Christus zu vernehmen, muss ich mich von einer ah-rimanischen Suggestion lösen, die uns allen sehr lieb geworden ist.Mutig denke ich: «Die Umverteilung von materiellen Gütern alleinlöst keine Menschenprobleme.» Sozialistische Umverteilungsein-richtungen, die im christlichen Europa eine richtige und wohltäti-ge Errungenschaft darstellen, würden in anderen Gesellschaften

und Kulturen strukturell und moralisch vernichtend wirken. Sietun das, wenn sich – anders als in Europa und ähnlichen Gesell-schaften – nicht zusätzlich zur Umverteilung ein inneres Wachs-tum vollzogen hat. Beispiele findet man viele in gut gemeinter Ent-wicklungshilfe, die in den dortigen Gesellschaften die gewachse-nen sozialen Strukturen und Moralkräfte unterspült und an ihrerStelle zwei hässliche Dinge zurücklässt: eine suchtartige Abhän-gigkeit von den Gütern der Entwickler und mafiose Strukturen.

Die Familie als Not- und Liebesgemeinschaft, als Gemeinschaft, de-ren Liebe in der Not trägt, das ist die Heimat der Tatmenschen, diedas Überleben sicherten. In den weiter zivilisierten Ländern ist anihre Stelle die Wohlfahrtspflege (oft immer noch staatlich) getreten.Kommt aber das Grundeinkommen, bedeutet dies das endgültigeAus für die alten Kräfte der Weltbewältigung und Weltbewährung.Dann muss der Mensch in seinen Geberkräften viel stärker werden,als er es heute ist. Sonst bekommt er das sinnvolle Arbeiten nichtmehr hin. Absehen von seinen eigenen Ideen, was gut sei, und ein-fach tun, was andere brauchen oder möchten, damit ist auch dermoderne Tatmensch noch überfordert, wenn er nicht wenigstensGeld und Status dafür bekommt. Besser ‹geben› kann er noch nicht.

Dazu muss er stärkere neue Liebeskräfte entwickeln. In der Liebefortzuschreiten von den Blutsverwandten, von denen, die die glei-che Sprache sprechen wie ich, das können wir schon. Schwierigwird es, die zu lieben, die nicht das Gleiche denken wie ich, die nichtzu meiner Denkgemeinschaft gehören. Da knirscht es bereits ge-waltig in unserer Zivilisation. Aber wir müssen nicht nur lernen, dieFremd-Denker zu lieben; noch schwieriger ist es, die Fremd-Wollerzu lieben, besonders die moralisch Fremden (die Bösen), unsereFeinde. Tja, ‹Arbeitsmotivation aus allgemeiner Menschenliebe› istkeine einfache Sache. Das geht nicht von allein oder durch Zahlungeines Grundgehalts. Viele, die einmal freigestellt waren, um zu ma-chen, was sie wirklich wollten, können ein Lied davon singen, wieschwer es ist, aus sich auszubrechen. Aus dem Scheitern daran wirdDepression noch mehr eine Volkskrankheit werden.

Der Christus hat deshalb andere Gedanken: Wenn Einzelne keinBrot haben, ist ihnen mit Brot geholfen; wenn eine Gesellschaftkein Brot hat, braucht sie – die ahrimanischen Geister in mirschreien auf! – eine neue Weltanschauung: neue Motive und neueEinsichten. Die alten Motive und die alten Einsichten brechenweg… und ohne neue bleibt nur die Verelendung. In einer gesell-schaftlichen Notlage muss im Innersten der Menschen etwas ge-schehen. Nur dort entstehen neue Liebe und neue Erkenntnis.Wenn das Überleben als Handlungsmotivation für die Menschen

martin Barkhoff

GÖTTER UND GRUNDEINKOMMENProbleme außerhalb der Liebe-Intensivierung gibt es nicht.

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wegfällt, dann müssen die Menschen entweder durch gewaltigeVerwandlungskrisen gehen, um tragfähige Quellen des Gebens,des Schenkens, der ergebenen Hingabe an die Nöte der anderen zuentwickeln – oder der technische Friedensfürst findet Wege, dieseVerwandlungskrisen ‹von außen› in den Griff zu bekommen.

Es tut weh, wenn der alte Tatmensch nicht mehr in die Welt passtund sterben muss und der neue, stärker eigenmotivierte, liebessi-chere und weltverständigere Tatmensch noch nicht herangewach-sen ist. Aus kindlicher, peinlicher Unfähigkeit muss der neue Wil-lensmensch sich erst mutvoll und schmerzbereit entwickeln. Unddas ist kein bloß persönlicher Vorgang, um den herum das Lebenweitergeht; in der Krise steckt dann eine ganze Gesellschaft. Fürdie, denen das zu hart ist, bietet sich Ahriman als Helfer an. So vielSeelentod, Leid, Scham und Angst kann der technische Friedens-fürst den Menschen ersparen. Er bringt mit dem Grundeinkommenauch genügend Beglückungsmaßnahmen, Beschäftigungen undSicherungen. Er erweckt den Eindruck, dass das Grundeinkommendas Glück bringen sollte. Ist es doch die Lösung eines Problems.

Ganz anders bei dem anderen Gott. Er verbirgt nicht, dass demMenschen nur bekömmlich ist, was Kräfte in ihm weckt. Und erweiß, dass diesen Kräften immer größere Aufgaben gestellt werdenmüssen, damit sie wachsen können. Er kann nicht das Glück derLösung bieten, sondern nur das Glück der Aufgabe, das Glück desStirb und Werde. Für ihn geht es nicht um wirtschaftlich-techni-sche Lösungen. Er sieht in den wirtschaftlichen Vorgängen die Kei-me gewaltiger Liebesströme (Brüderlichkeit), die aber in ihrer heu-tigen Rohform noch durchtobt werden vom Geistestross seinesschwarzen Bruders. Die Wirtschaft ist noch voller ‹technischer› Lö-sungen; die Liebe in ihnen ist noch Keim, noch ungeboren.

Christus kann den Menschen eine wirtschaftliche Maßnahme wiedas Grundeinkommen eben nicht als Lösung aufzeigen. Den neu-en Menschen, den man nach Einführung etwa eines Grundein-kommens notwendig, zwangsläufig entwickeln muss, den könnteder Einzelne schon jetzt noch frei, freiwillig, nicht von den Verhält-nissen getrieben, entwickeln. Das kann er nicht als das Schlechterehinstellen. Und er kann nicht verheimlichen, dass gleichgültig,wann man mit dem Opfern des alten Tatmenschen beginnt, obheute oder ‹dann› (wenn das Grundeinkommen eingeführt ist), erimmer nur das Glück der Aufgaben, der wachsenden Aufgaben be-reitstellt. Er tut das, weil wir Menschen werden wollen.

Der technische Friedensfürst findet es wichtig festzuhalten, dasssein Bruder offensichtlich nicht an durchdachten, tatkräftigen Lö-sungen, an ‹ergebnisorientiertem Handeln› interessiert ist, son-dern zu etwas auffordert, das ihm als eigentümliche, schmerzhafteinnere Verrenkungen erscheint. Dazu schweigt der andere. Undman fühlt, zu wie viel Arbeit er anleitet. Wie gesagt: Beide wollendas Grundeinkommen. Der eine als Lösung, der andere als neuesProblem. So versteht man die Götter schon; aber wie verzerrt undanfänglich, das muss sich weisen.

Moral: Das Ahrimanische möchte gefallen. – Das Christliche kannnicht gefallen. Liebe ist etwas ganz anderes als das Gefällige. Underst die ganze Liebe: «Die Liebe, die noch nicht ganz Schmerz ge-worden ist, ist noch nicht die ganze Liebe.» (Antonio Porcia)

Martin Barkhoff ist freier Publizist und hat zuletzt ein Buch zur‹Sonnensprache Rudolf Steiners› geschrieben.

Zum Bild: Joana ist Hausangestellte. Der Weg zur Arbeitsstelle istweit, deshalb hat sie nur am Wochenende Zeit für ihren Garten.

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Das bedingungslose Grundeinkommen ist kein Modell, sonderneine Idee. Dies zu erkennen, ist wichtig, wenn man sich eine Vorstel-lung macht vom Stand der Grundeinkommensbewegung. Das We-sen dieser Idee ist, alle gewohnheitsmäßigen Vorstellungen undHandlungsmuster zu hinterfragen und den Menschen als selbst-ständig denkend in den Mittelpunkt zu stellen. Eine Idee wächst, wosie hinfällt, aufgenommen und gepflegt wird. Das braucht Zeit, wiedas Leben, kann aber auch plötzlich aus allen Knospen sprießen.

Im Frühjahr 2012 wird in der Schweiz die Volksinitiative für ein bedin-gungsloses Grundeinkommen lanciert. Erhält diese Initiative mehrals einhunderttausend Unterschriften, so folgt eine Volksabstim-mung. Dabei müssen die Unterzeichner der Volksinitiative nicht un-bedingt für ein bedingungsloses Grundeinkommen sein, aber für einebreite öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Denn diesteht dann schweizweit an, wenn es zur Volksabstimmung kommt.Und dass die Bevölkerung eines ganzen Landes mit rechtlicher Kon-sequenz über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkom-mens diskutiert, das wiederum machte die Idee weltweit publik.

Die Idee ist alt. Wie jede Idee. Sie erscheint nur ganz neu in geän-derten gesellschaftlichen Umständen und anderer Form. Die zeit-gemäße Form fand der deutsche Unternehmer Götz Werner imAustausch mit dem Wirtschaftsprüfer Benediktus Hardorp. Wer-ners öffentliches Auftreten für das Grundeinkommen seit 2005gab der Bewegung einen entscheidenden Sog. Nicht nur das Ge-wicht seiner Person, sondern mehr noch die Gestalt der Idee, wieWerner sie vertritt, lässt den Impuls immer weitere Kreise ziehen.Schon vor Werners Auftreten hatte sich etwas getan. Die Gruppe‹Freiheit statt Vollbeschäftigung› war gegründet, das deutsche

‹Netzwerk Grundeinkommen› formiert, aus der Katholischen So-zialakademie in Wien kamen Aktivitäten zum Grundeinkommen,und das weltweite Basic Income Earth Network (BIEN) griff sichneu. In Brasilien stand das bedingungslose Grundeinkommenschon im Gesetz. Aber da steht viel. Und lässt auf sich warten.

Deutschland wurde zum hauptsächlichen Schauplatz der Visioneines neuen Gesellschaftsvertrages, eines wirtschaftlichen Bür-gerrechtes, des Grundeinkommens. Lokale und regionale Gruppenbildeten sich, Veranstaltungen, große und kleine, viele politischeher linke, viele, denen das Grundeinkommen vor allem Armuts-bekämpfung ist. Parteinahe Stiftungen wiesen die Finanzierbar-keit eines Grundeinkommens nach, ein CDU-Ministerpräsidentstellte ein Modell vor, das unter dem Strich noch Einsparung ver-spricht, eine Tagesmutter reichte eine Onlinepetition zum Grund-einkommen beim Bundestag ein, die binnen kurzer Frist von50000 Menschen mit unterzeichnet wurde, die FDP propagierteein Grundeinkommensmodell, das den Arbeitszwang verabsolu-tiert und die Sozialleistungen streicht. In den Medien ist dasGrundeinkommen alle paar Tage, alle paar Wochen. Und natürlichbloggt es und youtubet es ununterbrochen. Auf Facebook hat dasGrundeinkommen mehr Freunde als jede politische Partei. Diemeisten Infos gibt es auf: www.archiv-grundeinkommen.de/.

Hier und da wird es auch wieder stiller um das Grundeinkommen.Manchen verfliegt die Hochstimmung des Neuen, manchen fehltein Grundeinkommen, um sich für das Grundeinkommen einzu-setzen. In Österreich wurde es still, nachdem sich die verschiede-nen Pro-Grundeinkommensgrüppchen auf ein Modell geeinigthatten. Und noch stiller, nachdem die Mindestsicherung im Lande

enno schmidt

KEIN MODELL SONDERN EINE IDEEDas Wesen der Idee ‹Grundeinkommen› ist, alle Vorstellungen und Hand-lungsmuster zu hinterfragen. Zum Stand der Grundeinkommensbewegung.

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eingeführt war. Eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe mit schar-fen Wiedereingliederungsmaßnahmen. Modelle bröckeln, sindimmer falsch, und das schon gestern, doch die Idee schlägt Wur-zeln auch im Stillen und verbreitet sich unter den Menschen wieein Schwelbrand. In Frankreich schlug jüngst der ehemalige Pre-mierminister Dominique de Villepin ein Bürgereinkommen füralle vor. Nur dass auch er noch im Armutsmodell festhängt und imSteuermissverständnis. Modell oder Idee, das eben ist die Frage.

Zwei Leute gründeten am ersten Tag im Jahr 2006 die InitiativeGrundeinkommen in Basel. Obwohl nur zu zweit, hauchten sie demdarniederliegenden Grundeinkommensgedanken in der Schweizneues Leben ein, brachten die Idee in die Medien, Prominente aufPodien und lieferten mit ihrem hundert Minuten langen Film zumGrundeinkommen eine viel zitierte Grundlage für die Diskussionim deutschsprachigen Raum. 2009 war sich ein Zürcher sicher, dassjetzt die Zeit sei, eine Volksinitiative zu starten. Daniel Straub undChristian Müller gründeten in Zürich die Agentur (mit) Grundein-kommen, der Unternehmer Anton Gunzinger und seine Frau Serai-na waren mit von der Partie, die Unternehmerin Ursula Piffarettikam aufgrund des Filmes auf die beiden Basler zu; zu siebt bereitensie den Weg zur Volksinitiative. Auch andere helfen. Seit ihrem er-folgreichen Kongress zum Grundeinkommen im März 2011 in Zü-rich gibt es kein Zurück. Die Schweizer Sektion des Basic IncomeEarth Network blieb noch außen vor. Doch auch in der Schweizmehrt sich langsam die Zahl der Grundeinkommensaktivisten. Undauch in der Schweiz legen die Gegner zu und zeigen Zähne.

In keiner Gruppierung oder Gemeinschaft ist das Grundeinkom-men so bekannt wie unter Anthroposophen. Wie überall gehen

auch unter ihnen die Meinungen darüber weit auseinander. ImHerbst 2006 fand ein großer Grundeinkommenskongress am Goe-theanum statt. Und ein, ja, vielleicht der Initialschlüssel zumGrundeinkommen liegt – wie sollte es anders sein – bei RudolfSteiner. Wo? In seiner knappen Äußerung zur Steuer: Man müssevon der Besteuerung der Einnahmen wegkommen hin zur alleini-gen Ausgabenbesteuerung; alle anderen Steuern seien parasitär.Das ist der Knackpunkt. Der Rest ist Geschichte.

Noch eine Geschichte: In Namibia, in einem Dorf weit ab, wurde dasbedingungslose Grundeinkommen eingeführt. Alle schönsten Er-wartungen erfüllten sich, viel Unvorhergesehenes dazu, nichts vomBefürchteten stellte sich ein. – Zu gut, um wahr zu sein? Nein, aber esbricht die Monopole. Die der Weltbank, der Regierung, der Sozialhilfeund der Arbeitgeber, auch die Monopole der Meinung über andere.

Enno Schmidt ist freischaffender Künstler und Aktivist für dasGrundeinkommen.

Zum Bild: Julio ist Teil einer siebenköpfigen Familie. Da beinahealle arbeitslos sind, verbringen sie viel Zeit gemeinsam auf den Fel-dern gegenüber ihres Wohnblocks. Im Februar rodeten sie ein wei-teres Stück Land. Die nächsten Monate versprechen Regen undWärme; im Mai hält Julio die ersten Säcke voll Bohnen im Arm.

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Als vielleicht größte Veränderung der Menschheit im Verlaufe des20. Jahrhunderts kann der Wechsel von der Außensteuerung aufdie Innensteuerung des sozialen Verhaltens gelten. Soziologen undSozialpsychologen sprechen von der Subjektivierung oder Interna-lisierung von Motiven und Handlungsorientierungen. Die Psycho-analyse Sigmund Freuds spricht vom ‹Über-Ich›, in dem sich heutedie Gesellschaft versammelt. Die Gesellschaft ist also in uns.

Eine neuere soziologische Schule, der sogenannte Neoinstitutiona-lismus, verallgemeinert diesen Prozess, indem sie auf die ‹Skripte›aufmerksam macht, die in allen Institutionen und Organisationendas Handeln steuern. Soziale Veränderung erfordert dann vor allemeine Veränderung dieser Skripte. Auch die Akteure – die Individuenwie die Kollektive – haben solche Skripte, sie sind also keineswegsbeliebig frei in ihren Entscheidungen, sondern immer schon ‹ge-skriptet›, also beschrieben. Das Über-Ich ist beim einzelnen Men-schen wohl das wichtigste Skript. Schwierig ist dabei, dass uns nurein kleiner Teil davon bewusst ist. Ein großer Teil der uns individu-ell wie kollektiv leitenden Skripte ist vor- und sogar unbewusst. Dasbedeutet, dass wir uns nicht leicht Rechenschaft darüber ablegenkönnen, was die Gesellschaft in uns mit uns macht.

Wenn wir über die Idee des Grundeinkommens sprechen, solltendiese Zusammenhänge berücksichtigt werden: dass die Gesell-schaft in uns lebt und dass uns das Ausmaß leider nur zum Teil be-wusst ist. Ein Grundeinkommen als Bürgerrecht jedes Einzelnenauf Existenzsicherung unabhängig von seiner Vorleistung bedeu-tet eine neue wirtschaftliche Grundgleichheit, die erst die Freiheitdes Einzelnen sichert, so die Befürworter dieser Reformidee. Beider Idee des Grundeinkommens handelt es sich also um eine Idee,die das Verhältnis von Person und Gesellschaft, damit auch vonFreiheit und Gleichheit neu fasst.

Alain Ehrenberg, ein französischer Soziologe, hat in seinen Bü-chern ‹Das erschöpfte Selbst› und zuletzt ‹Das Unbehagen in derGesellschaft› diesen Zusammenhang subtil untersucht und kultu-relle Differenzen beobachtet: «Der amerikanische und der franzö-sische Individualismus weisen in ihren Konzeptionen von Gleich-heit und Freiheit starke Kontraste auf. […] Der Begriff der Autono-mie spaltet die Franzosen, während er die Amerikaner vereint. […]In Amerika ist der Begriff der Persönlichkeit eine Institution, wäh-rend in Frankreich die Berufung auf die Persönlichkeit als Entinsti-tutionalisierung erscheint.» Die deutschsprachigen Länder sind indieser Hinsicht unentschieden, die Balance zwischen Persönlich-keit und Gesellschaft, zwischen Freiheit und Gleichheit ist stetsprekär. Wir wollen einmal mehr Frager sein als Antworter und an-

gesichts der durchaus hitzigen Diskussion pro und contra Grund-einkommen einen geisteswissenschaftlichen Blick befürworten.

Was sollte die sozialen Verhältnisse leiten? Platon sprach von vierspäter als ‹Kardinaltugenden› bezeichneten Werten: Tapferkeit, Be-sonnenheit, Weisheit und Gerechtigkeit, wobei ihm Gerechtigkeitals der wichtigste galt. Im Christentum finden wir bei Paulus einenauf den ersten Blick anderen Tugendkatalog: Glaube, Hoffnung undLiebe, «die Liebe aber ist die größte unter ihnen» (1. Korinther 13,13).Wie können Gerechtigkeit und Liebe zusammen gedacht werden?Eine Spur findet sich in Rudolf Steiners Vortrag ‹Pfingsten, das Festder freien Individualität›, den er an Pfingsten 1910 in Hamburg hielt(GA 118). Es ist der Gedanke der ‹allgemeinen Menschheit›, jenes«Zusammengehörigkeitsgefühl, das immer mehr und mehr seit derchristlichen Verkündigung in dem Menschenherzen gegenwärtigist, und das uns sagt: Du bist Mensch mit allen Menschen der Erde!»Was aber bedeutet das in der sozialen Gegenwart? In einem in derZeitschrift ‹Lucifer-Gnosis› 1906 veröffentlichten Aufsatz mit demTitel ‹Geisteswissenschaft und soziale Frage› formulierte Steinerdas «Soziale Hauptgesetz, welches durch den Okkultismus aufge-wiesen wird» –und damit ein moralisches Naturgesetz, das sich dergeisteswissenschaftlichen Beobachtung übersinnlicher Wirklich-keit enthüllt. Das ‹Soziale Hauptgesetz› lautet: «Das Heil einer Ge-samtheit von zusammenarbeitenden Menschen ist umso größer, jeweniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich be-ansprucht, das heißt, je mehr er von diesen Erträgnissen an seineMitarbeiter abgibt, und je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht ausseinen Leistungen, sondern aus den Leistungen der anderen befrie-digt werden.» Steiner markierte eine Synthese von Gerechtigkeitund Liebe als Leitlinie sozialer Evolution.

Das ist natürlich umstritten. Die Mehrheit der heute führenden po-litischen und wirtschaftlichen Eliten hält die Idee des Grundein-kommens für falsch. Zum Teil liegt dies daran, dass die Idee desGrundeinkommens nicht verstanden wird. Viele glauben, einGrundeinkommen würde das Leistungsprinzip außer Kraft set-zen. Das ist nicht der Fall. Ein Grundeinkommen würde je nach Ni-veau etwa 50 bis 60 Prozent des Volkseinkommens vorab und da-mit primär auf alle Bürger umverteilen, darüber hinaus zählendann Leistung, Macht oder Solidarität. Manche glauben, einGrundeinkommen würde solidarische Gemeinschaftsbildung er-schweren. Das ist insoweit richtig, als mit einem Grundeinkom-men keine Gemeinschaften (Familien, Kommunen, Genossen-schaften) zur Sicherung des nackten Überlebens nötig sind. Aberliegt nicht darin eine ungemeine Chance: dass Gemeinschaft ganzaus Freiheit und nicht vor allem aus Not gebildet werden kann?

michael opielka

POSTFAMILIÄRE GEMEINSCHAFTRudolf Steiners soziales Hauptgesetz und die soziale Evolution.

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Das Grundeinkommen ist eine Wohlfahrtsstaatsidee. Für vielemacht dies sie anrüchig. Sie halten den Staat für grundsätzlich pro-blematisch, Umverteilung für gefährlich und den Markt für diebeste Einrichtung sozialer Koordination. Diese grundlegende Kon-troverse wird leider so lange nicht beendet, wie Ideologie die Wahr-nehmung der Wirklichkeit verzerrt. Die Wirklichkeit ist eine der‹organischen Solidarität›. Ein anderer französischer Soziologe,Émile Durkheim, hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts in seinemWerk ‹Über soziale Arbeitsteilung› auf einen bemerkenswertenProzess hingewiesen, der die eingangs diskutierte Subjektivierungder Gesellschaft äußerlich vorbereitete: Während in vormodernenGesellschaften die sozialen Strukturen leicht durch ‹mechanischeSolidarität› in Form von gemeinsamen Traditionen und Wertenaufrechterhalten werden konnten, bedarf es in neuerer Zeit einerdifferenzierteren Form des Zusammenhalts. Diese neue Form istnach Durkheim die organische Solidarität. Sie ersetzt den in Zeitendes Wettbewerbs und steigender Bevölkerungsdichte schwieriggewordenen traditionellen Zusammenhalt durch neue, vertragli-che Strukturen einer zunehmend globalen Arbeitsteilung, in de-nen der Einzelne in verschiedener Weise eingebunden ist. Die Ar-beitsteilung in einem Weltmarkt ist hoch effektiv, führt aber zudramatischer Ungleichheit und damit zu Unfreiheit der Schwäche-ren. Sozialpolitik und Wohlfahrtsstaat haben seitdem neue Wertegesetzt, neue Traditionen geschaffen, die Arbeitsteilung und indi-viduelle Freiheit miteinander verbinden sollen.

Rudolf Steiners ‹Soziales Hauptgesetz› bildet ein Angebot, um die-sen Prozess der Verwohlfahrtsstaatlichung nicht als Bürokratisie-rung und Freiheitsverlust zu konzipieren und zu verstehen, son-dern als Beitrag zu menschlicher Verbundenheit und Freiheit. Erspricht von ‹Heil› und behauptet damit, dass soziale Heilung mög-lich ist. Die Pointe liegt darin, dass das Verhältnis von Gesellschaft

und Einzelnem nicht mehr als Gegensatz gedacht wird. Das istkein Harmonismus. Konflikte wird es stets geben. Doch ein Grund-einkommen bildet eine Grundlage, auf der soziale Konflikte an-ders, womöglich reifer ausgetragen werden.

Vieles muss bei dieser Idee noch geklärt werden. Wie lässt sich einGrundeinkommen in die bestehenden Sozialsysteme integrieren?Was ist die klügste Finanzierung? Soll ein Grundeinkommen pau-schal gezahlt werden oder sollen beispielsweise Wohnkosten be-sonders behandelt werden? Sollten die Bürger in einem Referen-dum über ein Grundeinkommen befinden? Je nach wohlfahrts-staatlicher Besonderheit kommen unterschiedliche Antwortenzustande. Wollen wir ein Grundeinkommen, dann werden dieSkripte vieler Institutionen anders lauten. Schulen und Universi-täten werden beispielsweise weit stärker als heute jeden Einzelnenmit der Frage konfrontieren, was er für die Gesellschaft aus Frei-heit geben kann, damit sie seine Freiheit garantiert. Heute wirddieses Verhältnis mechanisch interpretiert, entsprechend demRhythmus von Kapitalismus und Industriesystem. In einer sozia-len Zukunft mit Grundeinkommen sind diese einfachen Antwor-ten schwerer zu geben. Freiheit, Gleichheit und Solidarität müssenimmer wieder neu balanciert werden. Das Grundeinkommenkann aber helfen, die Balance für alle zu erleichtern.

Michael Opielka ist Professor für Sozialpolitik an der Fachhoch-schule und Privatdozent für Soziologie an der Universität Hamburg.

Zm Bild: Zwischen den Straßen eine kleine Pause; die Säcke mit fri-scher Ernte sind schwer. Viele selbstangebaute Produkte werdeninnerhalb von Familie und Freundeskreis weitergegeben oder ge-tauscht- auch ein Brot beim Bäcker oder ein Stück Fleisch kannman manchmal gegen ein Kilo Bohnen erwerben.

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Ich bin für das bedingungslose Grundeinkommen. Seit heute. Weilmein Zeigefinger blutet. Das ist zwar kein moralisch hochstehen-der Grund, aber das letzte Glied in einer Entscheidungskette, diemich dahin geführt hat, für das Grundeinkommen zu sein. Wennes nämlich das Grundeinkommen gäbe, dann wäre der freundlichejunge Mann mit Übergewicht, der sich heute Nachmittag bei mirzu Hause eine Dreiviertelstunde mit meiner Spülmaschine be-schäftigt hat, nicht Kundendienstmitarbeiter einer renommiertenHaushaltsgerätefirma geworden, sondern – naja, was ganz ande-res bestimmt. Vielleicht Koch. Er sieht so aus, als würde er gerneessen. Oder Fluglotse. Da müsste er sich nicht so viel bewegen.Oder vielleicht Schreiner?

Nachdem er nämlich an meiner Spülmaschine, die nicht sauberwäscht, kein Problem feststellen konnte, obwohl er intensiv be-stimmt 15 Sekunden in ihr Spülmaul geschaut, alle Knöpfe gedrücktund den Kopf gewiegt hatte («Nichts gegen Sie, vielleicht müssen Siemal so einen Maschinenreiniger nehmen!» «Äh, das habe ich schonprobiert»), fand er plötzlich seine Berufung: die Spülmaschine stehtschief! Und zwar in zwei Dimensionen, nach rechts und nach hin-ten! Da muss etwas unternommen werden! Und in einem unbeob-achteten Moment schraubt der gute Mann die Maschine frei, ent-fernt die Leiste, die oben – nicht ganz fachmännisch, gebe ich zu –angebracht war, zieht einmal kräftig, schraubt ein paarmal heftig anden Füßen und überreicht mir stolz zwei Metallplättchen, die Holz-leiste und sieben Schrauben: «Das habe ich entfernt, wenns Ihnennichts ausmacht!» Strahlen über das ganze runde Gesicht.

Vielleicht wäre Zahnarzt auch ein guter Beruf für ihn, er will ja hel-fen: was den anderen quält, herausrupfen und es ihm in einem wei-ßen Plastikbecherchen mitgeben, als Andenken an die überwunde-nen Schmerzen. Ich bin etwas verdutzt, bedanke mich und unter-schreibe alles, was er will. Mit einem jovialen «Auf Wiedersehen!»mit Betonung auf dem «Wieder» verabschiedet sich der Handwerker.

Als ich am Abend die fertig gelaufene Spülmaschine öffne und denunteren Geschirrkorb zum Ausräumen herausziehe, da kippt dieganze Maschine nach vorn. Ich verhindere einen Scherbenhaufen,aber ein langer Fluch zerreißt den abendlichen Frieden. Meine Be-schwerde muss ich am Montag noch mal vortragen, sagt die Dameam Telefon, dann liegt sicher der Rapport des Handwerkers vor.

Wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, dann bre-chen ja neue Zeiten an. Eigentlich bin ich mit dem, was ich arbeite,sehr zufrieden, aber Haushaltsgerätetechniker wäre noch eineganz neue Nuance in meinem Leben...

Als alles ruhig war heute Abend, habe ich mich vor meine Spülma-schine gesetzt und mir die Sache noch mal betrachtet. Dass sie um-fällt, wenn sie geöffnet wird, das lasse ich erst mal, das soll meineFreundin reparieren. Aber ich will, dass das Geschirr sauber wird!Ich habe auch das Rätsel tatsächlich gelöst und mich somit als Spül-maschinenwart qualifiziert. Aber Lehrgeld gezahlt: Als ich zur nähe-ren Untersuchung auf de n Boden des Siebes fasse, sticht mich wasin den Finger. Ich fische es raus – es ist die achte Schraube! MeinTechniker hat sie wohl in die geöffnete Maschine fallen lassen. Undnebenbei kommt ein aufgelöstes Stück Papier raus, das zu einer ArtZelluloseschleim aufgeweicht ist und den seltsamen Film auf Ge-schirr und Maschine verursacht hat ... Jetzt gehe ich hin und schreibemir eine Rechnung. Ob ich da Schmerzensgeld draufsetzen darf?

Franziska Schmidt-von Nell engagiert sich für Fragen der Familien-kultur in der Sektion für Sozialwissenschaften. Sie hat drei Söhne.

franziska schmidt-von nell

WENN DER INSTALLATEURFLUGLOTSE WIRD

Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen gibt es keine Überschwemmung mehr in der Küche. Eine Glosse.

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Page 17: Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

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In Zukunft wird alles anders sein. Wer große Veränderungen nichtmag, sollte sich mindestens der Frage stellen, was die Zukunftbringt, wenn alles gleich bleiben sollte. Ich stelle mir die Zukunftmit baldiger Einführung des Grundeinkommens vor.

Manchmal frage ich mich, was ich als alter Mann in vielleicht fünf-zig Jahren meinen Enkeln von früher erzählen werde. Wenn ichmir überlege, was mir meine Großeltern aus den Vorkriegsjahrengeschildert haben und wie dort alles war, so wird die Welt mit im-mer höherem Veränderungstempo in einigen Jahrzehnten erstrecht anders aussehen.

Vielleicht werden in den Feuilletons dereinst zeitgeschichtlicheAusstellungen besprochen, die sich mit den vergangenen Jahr-zehnten auseinandersetzen. Und die Journalisten werden die ver-zweifelte Mühe der Menschen von damals beschreiben, die nichtwussten, wie ihnen geschah, als plötzlich alles möglich wurde.Historiker werden die Epoche Anfang des neuen Jahrtausends auf-arbeiten, in der die postindustrielle Gesellschaft zwar alles hatte,aber nicht wusste, wie umzugehen mit dem riesigen Potenzial au-tomatisierter Güterfabrikation.

Wenn ich im Jahr 2061 vielleicht als Großvater zusammen mit denKindern meiner Kinder auf dem Sofa sitze, werde ich von der gewal-tigen Gesellschaftserneuerung in den Zwanzigern erzählen. Unddavon, dass es davor in der Schweiz tatsächlich Menschen gegebenhat, die in einem unsäglichen Kampf jeden Tag einer aufgezwunge-nen Tätigkeit nachgehen mussten. Die Enkel werden verwundertfragen, wer denn damals über die Arbeitsprogramme für sogenann-te Arbeitslose bestimmte. Ungläubig werden die Kleinen nachboh-ren und wissen wollen, weshalb es damals Menschen gegebenhabe, die nicht arbeiten durften, was sie wollten und was sie am bes-ten konnten. Oder warum es Menschen gab, denen jegliche Tätig-keit untersagt wurde, weil sie in einem Integrationsprogramm derArbeitslosenversicherung waren. Und dies, obwohl es doch schon

damals Unmengen unverrichteter Arbeit gegeben haben musste.Und ich werde den Knirpsen erklären, dass in jener Zeit das Ein-kommen noch direkt an die Arbeit gekoppelt war. Ich werde etwasweiter ausholen und aufzeigen, dass damals der Begriff Arbeit nocheine Tätigkeit bedeutete, die vor allem nicht erneuerbare Ressour-cen verschliss und sich an quantitativen Merkmalen maß.

Ob es denn am Anfang des Jahrhunderts nicht genug Arbeit gege-ben habe für alle, werden mich diese jungen Menschen fragen. Undich werde ihnen die paradoxe Situation erklären, dass es in meinereigenen Jugend zum Beispiel im Schulwesen an Lehr- und Betreu-ungspersonal fehlte, dass die Spitäler und Altersheime zuweilennicht genügend Personal fanden und dass die Landwirtschaft we-gen des Preisdrucks mit immer größeren Maschinen produzierenmusste. Dass es also in den wichtigsten Bereichen des Lebens an Ar-beitskräften fehlte, jedoch niemand bereit war, dafür zu bezahlen.

Im Zeitalter, in dem alle ein bedingungsloses Grundeinkommenausbezahlt bekommen, wird man sich nicht mehr vorstellen kön-nen, wie diese zwanghafte und süchtige Gesellschaft von damalsüberhaupt funktionieren konnte. In fünfzig Jahren wird es selbst-verständlich sein, dass jeder unabhängig davon, was er tut, monat-lich 2500 Franken zum Leben bekommt. Das Grundeinkommenwird den Enkelkindern dereinst die volle Verantwortung in dieHand geben für das, was sie tun. Vielleicht führt das zu einer indi-rekten Verpflichtung für jeden einzelnen, nur noch das zu machen,was wirklich gut ist.

Christian Müller ist 30 Jahre alt und führt mit Daniel Straub die‹Agentur[zum]Grundeinkommen›. Zusammen mit der ‹InitiativeGrundeinkommen›, der ‹Stiftung Kulturimpuls Schweiz› und wei-teren Partnern werden sie im Frühling 2012 eine eidgenössischeVolksinitiative zum Grundeinkommen lancieren. Kontakt:[email protected]

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christian müller

EINE WELT OHNE GRUNDEINKOMMENDer Blick aus der Zukunft zurück zeigt, wie

merkwürdig die heutige Gemeinschaftsbildung ist.

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Eine alte Idee lebt neu. Alle Mitglieder einer Gemeinschaft erhal-ten ein bedingungsloses Grundeinkommen, das die Grundbe-dürfnisse befriedigen und die gesellschaftliche Teilhabe fördernsoll. Das Grundeinkommen ist als individueller Rechtsanspruchkonzipiert, ohne Arbeitszwang und Nachweis einer Bedürftig-keit. Ich skizziere hier einen Vorschlag, der auch schweizerischeSpezifika berücksichtigt.

In der Schweiz haben wir ein relativ gut ausgebautes System dersozialen Sicherheit, das allerdings mit dem Wandel der Lebensfor-men nicht Schritt hält. Obwohl Alleinlebende, Alleinerziehendeund Patchwork-Haushalte zunehmen, richtet sich die soziale Si-cherung auf klassische Familien und ‹Normalbiografien› aus. Wirhaben zwar eine hohe Erwerbsintegration, aber keine Vollbeschäf-tigung. Ausgesteuerte Arbeitslose sind auf Sozialhilfe angewiesen,die immer mehr auffangen muss, was wirtschaftliche Unterneh-men und soziale Versicherungen vernachlässigen. Ein System-wechsel drängt sich auf.

Zwiespältige Konzepte Stellen Sie sich vor, Sie erhalten einGrundeinkommen. Was würden Sie damit tun: weniger arbeiten,das Geld auf die hohe Kante legen oder in Lotto investieren? DieseQual der Wahl nehmen wir gerne auf uns. Egal, ob wir lieber Mün-zen sammeln, antiquarisch Bücher erwerben oder Ausstellungenbesuchen. Eine erste Variante des Grundeinkommens will nun al-len Erwachsenen monatlich 1500 Franken bezahlen. Die Reichenbenötigen allerdings kein solches Grundeinkommen und den Ar-men reicht es nicht aus. Menschen mit Behinderungen bräuchtenweitere Transferleistungen. Die zusätzlichen Kosten würden dieGefahr erhöhen, soziale Ausgaben auf private Träger abzuwälzen.

Ein zweiter Vorschlag kam schon während den 1960er-Jahren inden USA auf. Er postuliert, monetaristisch motiviert, eine negativeEinkommenssteuer. Das Prinzip ist einfach: Der Staat garantiert al-len Haushalten ein Grundgehalt von 3000 Franken. Hat ein Haus-halt kein Einkommen, bekommt er diesen Betrag direkt ausbe-zahlt. Hat er ein eigenes Einkommen von 2000 Franken, erhält er,je nach Lebenslage, etwa 2000 Franken dazu, damit er über 3000Franken kommt und ein Anreiz zur Arbeit besteht. Wer mehr als

6000 Franken verdient, muss hingegen einen Betrag für die nega-tive Einkommenssteuer abgeben, die alle bestehenden Wohl-fahrtsleistungen ersetzt. Etliche private Unternehmen befürwor-ten diese Variante. Zum einen aus Kostengründen; zum andern,weil sie so einfacher Arbeitskräfte entlassen können. Das ver-schärft jedoch die Spaltung der Gesellschaft. Zudem liegt das vor-gesehene Grundeinkommen unter dem Existenzminimum. Damiterfordert diese zweite Variante ebenfalls zusätzliche Mittel, vondenen unklar ist, ob und wie sie sich auftreiben lassen.

Alternative Damit die soziale Sicherheit wirklich gewährleistetist, schlage ich als dritte Variante ein Grundeinkommen vor, das andie vorhandene soziale Sicherung anknüpft und die Ergänzungs-leistungen (EL) ausweitet. Wer bei uns pensioniert ist, bekommteine Altersrente (AHV). Und wer eine Behinderung hat, erhält eineInvalidenrente (IV). Wenn diese Renten nicht ausreichen, kom-men die Ergänzungsleistungen zum Tragen. Sie garantieren, dasseine Einzelperson nach Abzug der Ausgaben für das Wohnen undfür die Gesundheit monatlich noch mindestens 1500 Franken zurfreien Verfügung hat. Leben mehrere Personen zusammen, dannerhöht sich der Betrag nach den gesamten Lebenskosten. Ichschlage vor, allen Haushalten die Existenzsicherung über diesenAnspruch auf Ergänzungsleistungen zu garantieren. Der Ansatzliegt mindestens 500 Franken über der Sozialhilfe. Die zusätzli-chen Kosten kämen für alle Familien mit Kindern auf keine vierMilliarden Franken zu stehen. Dieser Betrag entspricht einem Pro-mille der Vermögen, die Schweizer Banken verwalten. Geld ist alsogenug vorhanden; wobei der Ausbau der Ergänzungsleistungenauch die Sozialhilfe (SH) entlasten würde. Zudem gäbe das Rechtauf Ergänzungsleistungen vielen Menschen mehr Unabhängig-keit und Rückhalt, um Neues auszuprobieren und sich sozial, öko-logisch oder kulturell zu engagieren.

Ueli Mäder ist Professor für Soziologie an der Universität Basel undder Hochschule für Soziale Arbeit. Er leitet das Institut für Soziolo-gie und das Nachdiplomstudium in Konfliktanalysen. Sein letztesBuch heisst: ‹Wie Reiche denken und lenken›, Zürich 2010.

ueli mäder

SOZIAL STATT MARKTLIBERALEin Vorschlag, wie ein Grundeinkommen die soziale Sicherheit

gewährleisten könnte: über die Ausweitung der Ergänzungsleistungen

DAS GOETHEANUM 25 | 2011

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19DAS GOETHEANUM 25 | 2011

konstanze Brefin alt

WAS MACHT ATTRAKTIV?Interview mit Daniel Häni, Aktivist in der Verbreitung der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens

Anfang April traf ich Daniel Häni im ‹unternehmen mitte› in Basel,um von ihm zu erfahren, woran es liegt, dass viele Menschen emo-tional positiv auf das bedingungslose Grundeinkommen reagieren.

Als Wichtigstes beim bedingungslosen Grundeinkommen bezeich-net Daniel Häni das Nachvollziehen der gesellschaftlichen Entwick-lungsschritte: «Früher galt: Ich arbeite, um mich und die Meinen zuversorgen mit den Dingen, die wir zum Leben brauchen. Ich arbeitefür das, was ich brauche. Für mich und die Meinen. Selbstversor-gung. Heute gilt: Ich arbeite, um andere zu versorgen. Dass die etwaszum Leben haben. Dafür bekomme ich ein Einkommen, um anderezu versorgen und um mich von anderen versorgen lassen zu können.Ich habe ein Einkommen, um arbeiten zu können. Einkommenschafft Arbeit. Früher war das Einkommen Ziel meiner Arbeit. Ar-beit schafft Einkommen. Heute ist das Einkommen Voraussetzungdafür, dass ich arbeiten kann. Aber durch die Art, wie wir Einkom-menszahlungen verstehen, insbesondere bei der Lohnzahlung, tunwir so, als ob wir immer noch für uns selbst arbeiten würden. Undwir meinen beispielsweise auch, wir bekämen die Rentenzahlun-gen, weil wir dafür gearbeitet hätten. Dieser Irrtum führt uns in dieabsurde Situation, dass wir trotz materiellem Überflues und beinicht einmal voll ausgelasteten Produktionskapazitäten mental imMangel leben. Da steht ein grundlegender Bewusstseinsschritt vorder Türe, und das spüren immer mehr Menschen. Diese Türe öffnetdas bedingungslose Grundeinkommen.»

Daniel Häni bezeichnet das Grundeinkommen als Kulturimpuls.Das Grundeinkommen sei attraktiv, weil es Fragen stellt. Zum Bei-spiel: «Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgtwäre?» «Wer sich diese Frage einmal gestellt hat», sagt Häni, «kannnicht mehr hinter die Frage zurück. Von dem Moment an ist dasLeben nicht mehr wie vorher, lebenslänglich ...»

Das Grundeinkommen löst auch die Frage aus: «Wie hoch ist dennnun wirklich der Betrag in unserer Gesellschaft, von dem manmenschenwürdig leben kann? Der Steuerfreibetrag ist ja der Be-trag, den man als Voraussetzung für die eigene Existenz braucht,von dem man nichts abgeben kann und der deshalb von der Steuerfrei sein muss. Das bedingungslose Grundeinkommen ist der aus-

gezahlte Steuerfreibetrag. Ausgezahlt in gleicher Höhe an alle. Dasmonatliche Startgeld zur emanzipierten Teilnahme in einer demo-kratischen Gesellschaft im Zeitalter der globalen Arbeitsteilung,Fremdversorgung und Initiativwirtschaft.»

Wie ist das mit dem Konsumsteuermodell, das Götz Werner undBenediktus Hardorp vertreten? Ist das das Gleiche? «Ja, aber Wer-ner und Hardorp vertreten in meinen Augen kein Modell. Sie be-schreiben, wie wir auch, den Kulturimpuls, wie er sich in die For-men der Steuern inkarnieren will. Besonders interessant dabei ist,dass der Körper schon da ist, aber noch kein Bewusstsein hat. MitKörper meine ich die Fremdversorgung und dass wir die daraus fol-gende Konsumbesteuerung faktisch bereits haben: Alle Steuernwerden heute schon im Konsum getragen, egal, wo sie erhobenund einbezahlt werden. Nur sehen wir es nicht. Um es zu sehen,muss man unterscheiden können zwischen Steuern einzahlenund Steuern tragen. Wer Einkommenssteuern einzahlt, kann sienur einzahlen, weil sie vom Kunden in den Preisen getragen wer-den. Sie sind in die Preise eingerechnet. Eine Bewusstseinsfrage.»

Zum Schluss fügt Daniel Häni an «Du willst von mir wissen, wasam Grundeinkommen attraktiv ist: Menschen, die Selbstbe-wusstsein haben, sind attraktiv. Es ist die Selbstermächtigung.Dass es darum geht beim Grundeinkommen, ich glaube, das spü-ren die Menschen…»

Konstanze Brefin Alt ist Redakteurin der ‹Mitteilungen aus der an-throposophischen Arbeit in der Schweiz›, Präsidentin des VereinsMedienarbeit Anthroposophie Schweiz und Mitinhaberin derTextmanufaktur Basel.

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20 DAS GOETHEANUM 25 | 2011

Ursula Piffaretti, ehemaliges Vorstandsmit-glied der Anthroposophischen Gesellschaftin der Schweiz, ist über die DVD ‹Bedin-gungsloses Grundeinkommen› auf die Initia-tive ‹Grundeinkommen für alle› von DanielHäni und Enno Schmidt gestoßen. Sie warvon diesem Ansatz Arbeit und Einkommenzu trennen überzeugt. Wenige Monate spätergehörte Sie zur Kerngruppe, die im Frühling2012 die Unterschriftensammlung zu einerVolksinitiative für ein bedingungslosesGrundeinkommen in der Schweiz startenwill. Sie ist Stiftungsrätin der Stiftung Kul-turimpuls Schweiz, die sich als erstes Projektdem Grundeinkommen angenommen hat.

Zum Thema hat Ursula Piffaretti die Bücher-liste zusammengestellt. Begeistert ist sievom Buch ‹Die Arbeit des Einzelnen und derGeist der Gemeinschaft›. «Umwerfend,denn Peter Selg zeigt auf, wie Rudolf Steinerimmer wieder versuchte, im Sozialen Neuesanzuregen, und wie das oft zunächst garnicht gehört und dann manchmal neun,zehn, zwölf Jahre später wieder aufgegriffenwurde. Selg verbindet diese Impulse.»

Kaum hat sie angefangen sich für dasGrundeinkommen zu engagieren, wurdeheftig Kritik an sie herangetragen, weil mitdem Grundeinkommen kaum jemandmehr arbeiten wolle. «Ich wollte wissen, obdas stimmt, obwohl der Film zum Grund-einkommen aufzeigt, dass die meisten den-ken: ‹Ich würde schon weiter arbeiten –aber der Nachbar nicht.› Nun erinnerte ichmich, an das Buch von Peter Selg. Alleinschon seine vielen Anmerkungen und Stei-ner-Zitate sprachen mich an, und tatsäch-lich stieß ich auf Seite 110 gerade auf dieAussage von Steiner, ‹dass der Mensch sein

physisches Leben nicht bloß als Vorberei-tung für das Leben nach dem Tode anzuse-hen hat, sondern … auch als Fortsetzung ei-nes geistigen Lebens vor der Geburt. Dannwird aus einem faulen Menschen, dernichts tun will, ein Mensch, der sich be-wusst ist, dass er auf der Erde etwas auszu-führen hat, dass er eine Mission hat. Ehenicht dieser Gedanke die Menschen durch-dringen kann, kann es nicht anders wer-den, als dass die Menschen in den Materia-lismus hineinversinken.›»

Essenziell ist für Ursula Piffaretti «wie Selgbelegt, dass die soziale Dreigliederung par-ziell verwirklicht ist, auch wenn das Geis-tesleben zumeist vergangenheitsorientiertist und die Wirtschaft versucht, alles zu do-minieren, denn sie lebt nach der egoisti-schen Maxime: Wenn jeder für sich schaut,gehts allen gut.»

Für Ursula Piffaretti beschränkt sich Wirt-schaft nicht darauf, Arbeitsplätze zu schaf-fen, denn der äußere Fortschritt in der Be-rufsentwicklung führe zur Auflösung dermenschlichen Bande. «Die Menschen wür-den mit ihrer Arbeit ihre Vorteile zu sichernversuchen, und damit bliebe zwischen ih-nen nur die Konkurrenz als Beziehung. Mitdieser ‹Konkurrenzerwerbssucht› – sonennt es Steiner – hätten wir die Hölle. Undda sind wir auf dem besten Wege dazu.» Undweil echte Impulse für eine positive Zu-kunftsentwicklung nicht eher möglich sei-en, «als dass jeder Einzelne aus sich selbstheraus, aus Liebe für seine Mitmenschen ar-beitet, macht es auch wenig Sinn, sie überden Lohn zur Arbeit zu zwingen, damit sieihr Karma nicht verpassen. ErzwungeneLiebesmüh bringt uns nicht weiter.»

Götz W. Werner ‹Ein Grund für die Zukunft:das Grundeinkommen›, Stuttgart 2006. Ge-spräche, Interviews und Texte mit Götz Wer-ner, Benediktus Hardorp und anderen. Einegut lesbare, aus der Praxis beschriebene, viel-seitig informative Darstellung von den Fra-gen, Antworten, Einwänden zur Idee desGrundeinkommens. | ‹Einkommen für alle –der dm-Chef über die Machbarkeit des bedin-gungslosen Grundeinkommens›, Köln 2007.Das Grundeinkommen als Kulturimpuls undwarum es heute aktuell ist; wie Götz Wernerdazu kam, sein Unternehmen ganz auf die Ei-geninitiative der Mitarbeiter zu stellen, undwelche Erfahrungen er daraus gewinnenkonnte. Über Geld, Gerechtigkeit, Konsum-steuer. Das fundierte Sachbuch.

Paul Mackay, Ulrich Rösch (Hrsg.) ‹Grund-einkommen für jeden Menschen. Eine He-rausforderung für Europa?›, Dornach 2007.Vorträge, welche am gleichnamigen Kon-gress im Herbst 2006 am Goetheanum inDornach gehalten wurden. Von UlrichRösch, Götz Werner, Matthias Spielkamp, Be-nediktus Hardorp und Götz E. Rehn und Be-antwortung der Fragen der Kongressteilneh-mer. Die wichtigsten Anliegen zur Idee desbedingungslosen Grundeinkommens wer-den in aller Kürze dargestellt.

Götz Werner, Adrienne Goehler ‹1000 Eurofür jeden. Freiheit – Gleichheit – Grundein-kommen›, Berlin 2010. Dieses Buch regtzum Umdenken an: «Ein bedingungslosesGrundeinkommen belohnt keine Leistun-gen, sondern ermöglicht sie erst.» Es befreitvon wirtschaftlicher Existenzangst, esschafft Freiraum für Kreativität und Eigen-initiative, gibt der Arbeit ihren Sinn undden Menschen ihre Würde zurück.

konstanze Brefin alt

LIEBESMÜHEUrsula Piffaretti ist Mitglied der Kerngruppe, die eine Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz starten will

buchhinweiseAuswahl verschiedener Bücher zum Thema Grundeinkommen von Ursula Piffaretti

Page 21: Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

Eric Patry ‹Das bedingungslose Grundein-kommen in der Schweiz. Eine republikani-sche Perspektive›, Dissertation der Universi-tät St. Gallen, Bern 2010. Ein politisch-philo-sophischer Beitrag zur wissenschaftlichenDiskussion um die Idee eines bedingungslo-sen Grundeinkommens in der Schweiz.

Bien-Schweiz (Hrsg.) ‹Die Finanzierung ei-nes bedingungslosen Grundeinkommens›,zwölf Autoren, Zürich 2010. Wie steht es mitden Kosten? Finanzierungsvarianten wer-den von verschiedenen Autoren – darunterDaniel Häni und Enno Schmidt – entwickelt.Ergänzend dokumentieren fünf Beiträge ausDeutschland, Frankreich, Großbritannienund Südafrika Aspekte der Finanzierungs-diskussion im internationalen Rahmen.

Kai Ehlers ‹Grundeinkommen für alle.Sprungbrett in eine integrierte Gesell-schaft›, Dornach 2006. Wie kann durch eineneue Nutzung des Kapitals die Entwicklungzu einer zukunftsfähigen Gesellschaft statt-finden? Anhand bestehender Projekte undhistorischer Erfahrungen werden Ideen wieGrund versorgung, Eigenarbeit, Verbraucher-gemeinschaft, Armutsbekämpfung, Selbst-verantwortung entwickelt, verstanden alsReifungsprozess des einzelnen Menschenund der menschlichen Gemeinschaft.

Bernhard Steiner ‹Geld und Karma. Von derKrise zur Neuordnung des Geldwesens›, Dor-nach, 2010. Eine Betrachtung des Geldes ausanthroposophischer Sicht: vom Utilitarismusim Geldwesen zu Elementen sozialer Heilung(von Mars zu Merkur) und die Kräfte der Mit-te. Im Epilog: Betrachtung zur okkulten Di-mension von ‹Die Verwandlung von Steinenin Brot› auf Grundlage eines Vortrages vonRudolf Steiner. Vorwort von Götz Werner.

Rudolf Steiner ‹Wirtschaft – Ideen zurNeugestaltung›, Themen aus dem Gesamt-werk, herausgegeben von Götz E. Rehn,Stuttgart 2011. Acht Aufsätze, vier Vorträgeund Seminarbesprechungen Rudolf Stei-ners, darunter seine Vorrede und Einleitungzu ‹Kernpunkte der sozialen Frage›, 1920 so-wie Rudolf Steiners Fragebeantwortungenzum Thema. | ‹Barometer des Fortschritts.Gesetze des sozialen Lebens›, Dornach2006. Sammlung wichtigster früher Aufsät-ze und sein Vortrag ‹Die Kardinalfrage desWirtschaftslebens› von 1921.

Peter Selg ‹Die Arbeit des Einzelnen undder Geist der Gemeinschaft›, Dornach2007. Eine souveräne Führung durch Ru-dolf Steiners soziale Erneuerungsvorschlä-ge vom modernen Begriff der Arbeit überdas soziale Hauptgesetz und Gedanken zursozialen Dreigliederung bis zum Verhältnisvon Ich und Gemeinschaft. Mit zahlrei-chen Zitaten aus 55 Vorträgen und Schrif-ten Rudolf Steiners.

Daniel Häni, Enno Schmidt ‹Grundeinkom-men – ein Kulturimpuls›, Film 2008. DerFilm wurde 500000-mal gesehen und istdas erste filmische Grundlagenwerk zumGrundeinkommen. Der Film kann in derdeutschen Originalfassung sowie in einerfranzösisch synchronisierten Version kos-tenlos heruntergeladen werden unter:www.kultkino.ch/kultkino/besonderes.Alle aktuellen Filmbeiträge zum Grundein-kommen wie ein Film bei 3Sat, die Beiträgedes SF ECO und Interviews mit Götz Wer-ner, Klaus Wellershoff, Roger Köppel, AnnaRossinelli, Judith Giovanelli-Blocher undEnno Schmidt findet man auf www.grund-einkommen.tv.

In Dankbarkeit haben wir von

Götz Deimann22. November 1926 (Berlin) – 7. Juni 2011 (Dornach)

Abschied genommen

Neben seiner führenden Tätigkeit in der Bauwirt-schaft regte er seit Mitte der 1980er Jahre mitChristoph Lindenberg und Karl-Martin Dietz an-throposophische Forschungszusammenhänge zubewusstseinsgeschichtlichen Entwicklungsfragenan und errichtete Stiftungen, die anthroposophi-sche Forschung fördern. Die Förderung konzen-trierte sich auf die Forschungsstelle Kulturimpuls,damals in Heidelberg, heute am Goetheanum.

Die Mitwirkenden und Kuratoren der StiftungKulturimpuls: Michael Blanc, Gerald Häfner, EddaNehmiz, Johannes Nilo, Bodo v. Plato, Jan Pohl, Urs

Pohlman, Robin Schmidt und Uwe Werner.

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nicht möglich sind. Den dabei gezeichneten großen Linien wohnt der kraftvolle Schwung eines völlig eigenständigen Denkstils inne, der in unserer ideenarmen Gegenwart noch mitreiß-ender wirkt, als zu Lauensteins Lebzeiten.

Page 22: Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

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VERANSTALTUNGENveranstaltungs-ankündigungen sind einheitlich gestaltetund kosten chf 2.– pro mm höhe. annahmeschluss ist mitt-woch der vorwoche. es wird keine korrespondenz geführt.

Philipp Otto Runge: Visionär einer neuen ZeitTagung vom 7. bis 9. Juli 2011

in�den�Räumen�der�Anthroposophischen�Gesellschaft�Mün-chen,�Leopoldstraße�46�a

«Ein� Individuum,� wie� sie� selten� geboren� werden.»� So� hatGoethe�Runge�genannt.�

Runge�befreite�sich�in�seiner�Arbeit�schnell�aus�den�Fesselnder�klassizistischen,�rückwärts�gewandten�Kunstauffassungseiner�Zeit.�Als�Richtschnur�seines�Schaffens�anerkannte�ernur� seine� eigenen� Gedanken,� die� im� Künstlerischen� ohneVorbild�waren.�So�wurde�er�zum�Neuerer�der�Kunst.

Die�Tagung�möchte�den�geistesgeschichtlichen�Zusammen-hang,�in�dem�Runge�in�seiner�Zeit�stand,�aufzeigen�und�zu-gleich� die� spirituelle� Bedeutung� seines� Schaffens� deutlichmachen.� Hierfür� konnten� namhafte� Kulturwissenschaftlergewonnen�werden.�

Anlass� für� diese� Veranstaltung� ist� die� Ausstellung� in� derKunsthalle�der�Hypo-Kulturstiftung�München,�die�in�der�Zeitvon�Mai�bis�September�erstmalig�im�süddeutschen�Raum�ei-ne�umfassende�Sammlung�der�Werke�Runges�präsentiert.Ergänzend�dazu�werden�in�der�Anthroposophischen�Gesell-schaft�15�Bilder�verschollener�oder�verbrannter�Werke�Run-ges�und�Faksimiles�von�nicht�mehr�transportfähigen�Bildernausgestellt.�

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Page 23: Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

IMPRESSUM das Goetheanum, wochenschrift für anthroposophie, wurde 1921 von rudolf steiner mit albert steffen begründet. für mitglieder der allgemeinen anthroposophischen Gesell-schaft erscheint ‹das Goetheanum› einmal im monat mit einer Beilage. Herausgeber allgemeine anthroposophische Gesellschaft, vertreten durch Bodo von plato Redaktion wolfgang held,sebastian Jüngel, axel mannigel, ursula remund fink, [email protected] Mitarbeit an dieser Ausgabe: konstanze Brefin alt Korrespondenten János darvas, cornelia friedrich,christine Gruwez, achim hellmich, matthias mochner, Bernhard steiner Herstellung axel mannigel Geschäftsführung christian peter Abonnement Jahresabo: chf 130 (ca. € 98), schweiz:chf 160, (in der schweiz inkl. schweizer mitteilungen). das abonnement verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht vor ablauf der rechnungsperiode schriftlich gekündigt wird. stu-dentenermäßigung 50% (nur bei nachweis einer ganz tägigen Berufsausbildung). ein kostenloses probeabo umfasst vier ausgaben. maya meier [email protected] Einzelheft chf4.50/€ 3.50 Anzeigen/Beilagen verena sutter [email protected] anzeigenschluss: mittwoch der vorwoche 12 uhr. aufträge bitte nur schriftlich (fax/e-mail). es gilt die anzei-genpreisliste 2011/1 Telefon-Service mo-fr 9-12 uhr (ausser mi 10-12 uhr) Rechtliches für unverlangt eingesandte manuskripte wird keine haftung übernommen. mit der einsendung vonmanuskripten stimmt der autor und inhaber des urheberrechts der vollständigen oder teilweisen veröffentlichung in der zeitschrift ‹das Goethe anum› zu. für die korrekte Bezeichnung ge-schützter namen wird keine haftung übernommen. nicht bezeichnete abbildungen sind zur verfügung gestellt. nachdruck und übersetzung bedürfen der erlaubnis von autor und redaktionDruck Birkhäuser+GBc aG, ch–4153 reinach Gestaltungsansatz philipp tok Titelzeichnung rudolf steiner Adresse wochenschrift ‹das Goetheanum› | postfach, ch–4143 dornach 1 tel. +41 61 706 44 64 | fax +41 61 706 44 65 |[email protected] | www.dasgoetheanum.ch © 2011 allgemeine anthroposophische Gesellschaft, dorn ach, schweiz. ISSN 1422-7622

VERANSTALTUNGEN AM GOETHEANUM25. JUNI BIS 4. JULI 2011

Ticket-Schalter: Di–So, 8–18.30 Uhr; Fr–Sa, 8–20 Uhr | Telefonisch: Di–Sa, 14–18 Uhr | Tel. +41 61 706 44 44 | Fax +41 61 706 44 46 | [email protected] | Änderungen vorbehalten

SAMSTAG, 25.6.

14 uhr Goetheanum Führungkartenverkauf am empfangempfang und veranstaltungskoordination

14 uhr Guided tour in englishticket sale at the receptionempfang und veranstaltungskoordination

20 uhr eurythmieaufführungDiplomabschluss. 4. Ausbildungsjahreurythmeum zuccoli

SONNTAG, 26.6.

20 uhr mysteriendramen hautnah im unternehmen mitte, Basel 2. drama: Die Prüfung der Seeletreffpunkt in der schalterhallemysteriendramen hautnah

MONTAG, 27.6.

14:30 uhr Vertiefendes Erleben der Johanni-Zeitmit cornelia friedrich, esther Gerster, agnes und hans-christian zehnter. allgemeine anthroposophische sektion

17 uhr aufführungen der eurythmie-abschluss-klassen der School of Eurythmy Spring Valley(usa), von Peredur Eurythmy East Grinstead(england) sowie vom Institut für Waldorfpä-dagogik Witten-Annen (deutschland) mit einer Begrüssung durch margrethe solstadsektion für redende und musizierende künste

27.06.-30.06. 17 uhr internationales abschluss-treffen der eurythmie-ausbildungen sektion für redende und musizierende künste

18:30 uhr Jahreszeiten-Sprechchormit Beate Blumesektion für redende und musizierende künste

20 uhr aufführung der eurythmie-abschlussklas-sen des Eurythmeum Zuccoli Dornach (schweiz), derEurythmieschule Rom (italien) sowie der Akademiefür Eurythmische Kunst Baselland (schweiz)sektion für redende und musizierende künste

DIENSTAG, 28.6.

17 uhr eurythmie-aufführung Wochensprüchesektion für redende und musizierende künste

20 uhr aufführung der eurythmie-abschlussklas-sen von Im-pulse-Eurythmy Austin (australien),von der 4.D-Eurythmie-Ausbildung Hamburg(deutschland) sowie von der Academie für Eurythmie Budapest (ungarn)sektion für redende und musizierende künste

20 uhr mysteriendramen hautnah im unternehmen mitte, Basel. 3. drama: Der Hüter der Schwelletreffpunkt in der schalterhalle

20 uhr eurythmische arbeit für laien mit Barbara mraz an der Michael-Imagination Rudolf Steinersallgemeine anthroposophische sektion

MITTWOCH, 29.6.

17 uhr aufführung der Eurythmie-Abschlussklas-sen Nürnberg (deutschland), vom Eurythmée Lau-sanne (schweiz) und von der Alanus Hochschule(deutschland).

20 uhr aufführung der eurythmie-abschlussklas-sen von Eurythmy West Midlands (england), vonder Bildungsstätte für Eurythmie Wien (Österreich)und vom Eurythmeum Stuttgart (deutschland)sektion für redende und musizierende künste

20 uhr zweig am GoetheanumErlebnisse in der Sonnen- und Saturnsphäre ausdem Mysteriendrama «Der Seelen Erwachen»Gespräch, ausblick und abschluss zweig am Goetheanum

DONNERSTAG, 30.6.

16:15 uhr vortrag von Johannes wirzSchädel-Spaziergänge - von der dreigliederung dersäugetiere zu den höheren erkenntnisstufen ima-gination, inspiration, intuition. naturwissenschaftliche sektion

17 uhr aufführung der eurythmie-abschlussklas-sen vom Kairos Eurythmy Training Kapstadt (süd-afrika), der Estnisch-Finischen Ausbildung und derOrpheus-Eurythmy School Jerusalem (israel). sektion für redende und musizierende künste

20 uhr aufführung der dozenten der eurythmieausbildungensektion für redende und musizierende künste

20 uhr mysteriendramen hautnah im unternehmen mitte, Basel4. drama: Der Seelen Erwachentreffpunkt in der schalterhallemysteriendramen hautnah

FREITAG, 1.7.

19 uhr eurythmie soloperformance«Sol°edad» idee/eurythmie/Bewegung: anna demillas, sprache/schauspiel: matthias hink,cello/Gesang: elisa siber, endregie: melainemacdonald und hans fors, licht: thomas sutterund peter Jackson, kostüm: katja nestle

21 uhr eurythmie soloperformance von Gia vanden akker «Tracce» vibraphon: michael kiedaisch,cello: mario de secondi, licht: peter Jackson, kos-tüm: hélène schaap, coach: hans fors

SAMSTAG, 2.7.

14 uhr Goetheanum Führungkartenverkauf am empfangempfang und veranstaltungskoordination

14 uhr Guided tour in englishticket sale at the receptionempfang und veranstaltungskoordination

20 uhr eurythmie soloperformance von vera kop-pehel «25.920 ? ICH» komposition und violinod’amore: paul Giger. metallräume: maler olaf auer.lichtspiel: marc Bott. kostümbild: katja nestle.texte: vera koppehel. sprache: paulina sich.

MONTAG, 4.7.18:30 uhr Jahreszeiten-Sprechchormit Beate Blumesektion für redende und musizierende künste

Page 24: Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

fotoGrafien von lioBa keuck

URBANE LANDWIRTSCHAFT

Die Bilder in dieser Ausgabe des ‹Goetheanums› hatLioba Keuck (1983) aufgenommen. Sie erzählen Ge-schichten der Kleinbauern inmitten der GroßstadtLissabon. Nicht anders als in ihren Heimatländernmachen die aus aller Welt Angekommenen dasBrachland zwischen zwei Schnellstraßen zu etwasEigenem, stiften mit einfachen Mitteln Kultur. Dasbedingungslose Grundeinkommen wirft viele Fragennach Sinn und Würde des Lebens auf und mancheAntworten dazu scheinen in diesen Bildern zu liegen.

Es sei das Licht der Stadt, die Genügsamkeit derMenschen, was Lissabon (= Stadt des Lichts) zu ihrerzweiten Heimat hat werden lassen, sagt die junge Fo-tografin. «Zu jedem Bild gehört dabei der innere Kon-flikt: Was gebe ich den Menschen, wenn ich das Bildmitnehme?» Und was sind die Bilder? «Eintrittskartenin eine fremde Welt», beantwortet sie selbst die Frage.

Und doch nicht fremd, weil die Bilder von Würde derArbeit, von Stolz, von Selbstständigkeit und Gemein-schaft handeln, wie sie jeden Menschen angehen.Dona Isabel haben wir eine ganze Seite gewidmet.Sie ist 93 Jahre alt und kämpft sich dennoch oft zuihrem kleinen Stückchen Land unter den großenWerbetafeln direkt am Kreisverkehr in Buraca. DieErnten und Wasserflaschen zum Gießen transpor-tiert sie mit einem hölzernen Wägelchen, neben dendahinbrausenden Lastwagen. «Es ist besser alsnichts zu tun», sagt sie und lacht.

Zum Bild auf dem Titel: Kulturen treffen aufeinander:Während die Portugiesen Kohl, Kartoffeln und Zwie-beln anbauen, sind für die Kapverdier traditionell Boh-nen Teil der Ernährung. Die Beförderung der schwe-ren Ernte nach Hause gehört zum kulturellen Erbe.

DAS GOETHEANUM NR. 25 | 2011

Enno SchmidtVOM ZEITGEIST

Eine Idee, die etwas geistig Wesentliches ist, wirkt und kann nicht anders 5

Johannes WirzFÜLLE DES LEBENS

Vielfalt und Beziehung machen das Leben aus 8

Martin BarkhoffGÖTTER UND GRUNDEINKOMMEN

Probleme jenseits der Liebe-Intensivierung gibt es nicht 10

Enno SchmidtKEIN MODELL, SONDERN EINE IDEE

Die Idee Grundeinkommen hinterfragt alle Vorstellungen und Handlungsmuster 12

Michael OpielkaPOSTFAMILIÄRE GEMEINSCHAFT

Rudolf Steiners Soziales Hauptgesetz und die soziale Evolution 14

Franziska Schmidt von NellWENN DER INSTALLATEUR FLUGLOTSE WIRD

Mit dem Grundeinkommen gibt es keine Überschwemmungen mehr in der Küche 16

Christian MüllerEINE WELT OHNE GRUNDEINKOMMEN

Ein Blick aus der Zukunft zeigt, wie merkwürdigdie heutige Gemeinschaftsbildung ist 17

Ueli MäderSOZIAL STATT MARKTLIBERAL

Ein Vorschlag, wie das Grundeinkommen sozialeSicherheit gewährleisten könnte 18

Konstanze Brefin AltWAS MACHT ATTRAKTIV?

Interview mit Daniel Häni, Aktivist für dieVerbreitung der Idee des Grundeinkommens 19

Konstanze Brefin AltLIEBESMÜHE

Gespräch mit Ursula Piffaretti über die Volksinitiative für das Grundeinkommen 20

EIN EDITORIAL 2NEUN MELDUNGEN 3

ZEHN BUCHHINWEISE 20