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Das grosse Interview mit Produzent Roméo Michlig

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Page 1: Das grosse Interview mit Produzent Roméo Michlig

Das grosse Interview mit Produzent Roméo Michlig

Roméo, Du bist hauptberuflich Rapper, oder?

«Nein, auch ich habe diese geile Zeit wie die meisten nicht überlebt. Bereits vor mehr als einer Dekade habe ich mein rot-weisses Rapper-Megaphon an den Nagel gehängt - es war nicht mein Ding. Meinen Stoff zum Leben verdiene ich seit über 10 Jahren bei den Schweizerischen Bundesbahnen - und das ist gut so.» Wer ist der "Frontrapper" auf dem Video?

«Lukas Schmitt heisst dieser coole Typ mit einem Aggro-IQ von weit über 130. Gib ihm Futter und er rappt dich spontan in Grund und Boden. Ein typischer Battle-Typ der seine Baguettes beim selben Unternehmen wie ich verdient.» Wie kommst Du auf die verwegene Idee, so ein Video zu produzieren?

«Der Rap und das Video war eine Auftragsproduktion der SBB. Ein Produkt zielgruppengerecht in Szene zu setzen ist mir nicht fremd. In meinem Leben vor meiner ÖV-Zeit war ich als Werber, Musiker, Produzent, Radiosprecher und -Macher tätig. Also war es naheliegend, mich für eine solch' spontane Produktion ins Boot zu ziehen. Ich wollte bewusst ein Video im Mainstream-Muster, nichts Neues. Einfach etwas Authentisches mit dem die breite Masse etwas anfangen kann. Der Sprechgesang war nach nur 3 Live-Versuchen in meinem Tonstudio im Kasten - es sollte bewusst nicht perfekt klingen.» Welche Ambitionen hast Du beruflich bzw. mit Deiner Musik?

«In den heutigen Zeit ist es schwer, sich auch nur einen "Gugelhupf" mit Musikproduktionen zu verdienen. Heute finanzierst du dein Haus, dein Pferd, dein Auto und deine Frau bei Live-Gigs und nicht mehr durch Albumverkäufe oder durch Downloads. Ich bin da Realist und kenne das Business nach 100'000 verkauften Einheiten zu gut. Ich könnte dir dazu einen mitteldicken Roman schreiben. Gut, der Markt scheint sich zu drehen und Vinyl wird Gottseidank wieder langfristig Mode. Eine gute Kautschukschiebe ziehst du dier nicht innert 5 Sekunden illegal aus dem Netz. Ich bin gespannt wohin die Reise geht.» Also bist du der Vinyl-Typ?!

«Total! Seit über 4 Jahren kaufe ich mir solche Dinger für meinen Technics SL1200 und bin froh endlich wieder Musik in den Händen zu halten und nicht nur nach Luft zu greifen. Zudem springen nun endlich vermehrt Musikversandhäuser auf diesen Zug auf. Vor 2 Jahren habe ich einen der grössten Schweizer CD-Dealer auf die Reunion Vinyl hingewiesen und er lachte mich aus. Heute liefert auch er die begehrten schwarzen Soundfrispies innert 24 Stunden in jede gute Stube.» Zurück zu Eurem Video: wie muss ich mir diesen Dreh vorstellen – sicher sehr aufwändig?

«Ganz einfach. Ein iPhone, 1 Grossraumbüro, 1 Darsteller, 1 Probelauf, 3 Durchgänge - Apple Final Cut Pro - 1 Effekt - kein Schnitt - youtube.com - fertig!» Was hat das Ganze gekostet?

«Ich denke weniger als eine Homerecording-Produktion auf youtube.com eines untalentierten und krampfhaft in seine Kamera lächender gitarrrenspielender und singender Hobbymusikers, welcher in seinem ehemaligen Kinderzimmer vor einem gelb verrauchten Kurt Cobain Poster posiert.»

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Hmm, ok, das war nun fast eine Politikerantwort. Aber klar, ein Schweizer spricht nicht über Geld… Was meint eigentlich Deine Arbeitgeberin, die SBB, zu Deiner Initiative?

«Die Leitung fand die Umsetzung total cool. Doch wie gesagt die Initiative kam vom Arbeitgeber selbst, nicht von mir. Ich war nur Composer, Filmer, Regisseur, Produzent und "Youtubehineinsteller".» Warum sind immer nur die braven Selina und Hanspeter in der Öffentlichkeit zu sehen? Wann erscheint Euer Musikvideo endlich in der SBB-Werbung zur besten Sendezeit?

«Jetzt werde ich als ehemaliger Werber gefordert. Da wären wir wieder beim mitteldicken Roman :-) Gut, ich halte mich kurz: Selina und Hanspeter passt. Der Song zur Kampagne ist durchaus zielgruppengerecht produziert. Ich als Produzent und ehemaliger Werber wäre diese Geschichte anders angegangen. Jedoch hat jeder Produzent einen anderen Stil und andere Vorstellungen. Wie gesagt, es passt für mich als ÖVianer. Unser Video wäre unpassend - die Zielgruppe wäre zu jung, zu "trendig", obwohl Rap inzwischen keinen Trend mehr darstellt. Unser Song und unser Video war eine Auftragsproduktion für eine SBB Präsentation - That's it.» Und die letzte Frage: Wie viele Liebesbriefe erhältst Du pro Woche?

«Die klassischen Liebebriefe sind ja leider passé. Doch können sich durchaus "Schwärmereien" in der heutigen sozialen Netzwelt bereits hinter einem "i like" bei Facebook verstecken. Als Musiker und Produzent wirst du immer polarisieren. Einige bewundern dich und andere sehen dich als unsozial der keinen echten Beruf ausübt. Letzteres erübrigt sich bei mir zum Glück, da ich einen tollen Job bei den Schweizerischen Bundesbahnen ausübe und Musik bei mir einzig als ein zusätzlicher Bonus darstellt. Ich bin so normal wie jeder andere. Jeder hat ein Talent, bei mir ist es die Musik und ich stehe mehr in der Öffentlichkeit als andere. Doch ist dies nicht immer ein Vorteil - Neider können recht müesam und primitiv sein. Doch hast du keine Neider, bist du nicht gut genug.»