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hafte Firmen fuhren schon heute genaue Vertraglich- keitskontrollen ihrer Praparate durch, um gesundheit- liche Schaden zu vermeiden und der ihnen durch das Lebensmittelrecht auferlegten Sorgfaltspflicht zu genii- gen. Die Deutsche Gesellschaft fur Fettwissenschaft mui3 m. E. im Rahmen ihres wissenschaftlichen Auftrages empfehlen, in Korperpflegemitteln solche Stoff e zu ver- meiden, von denen gesundheitliche Schadigungen be- fiirchtet werden konnen. Praparate, in denen aus wohlerwogenen Griinden solche Stoff e doch verwendet werden sollen, miissen einer besonders sorgfaltigen und umfangreichen Vertraglichkeitspriifung unterworfen und notfalls deklariert werden. In der weiteren Gemein- schaftsarbeit wird der Ausschufi XI der DGF sich diem Problems vordringlich annehmen. Die Korperpflege steht und fallt mit dem Vertrauen der Verbraucher. Dieses ist abhangig von der zuver- lassigcn Vertraglichkeit der angebotenen Praparate und von einer der Realitat entsprechenden Werbung. Nur wenn diese beiden Voraussetzungen gewahrt sind, kann die Korperpflege den ihr in der Gesundheitserziehung zukommenden Platz bei den Verbrauchern behaupten. Das Lymphgefahystem der Haut Von Prof. Dr. Dr. E. Horstmann Aus dem Anatomischen lnstitut der Universitat Hamburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. H o r s t m a n n) Das LymphgefaDsystem der Haut dient wie das der ubrigen Organe dem Abtransport von Flussigkeit, Stoffen und Partikeln aus dem extracellularen Raum. Die Lymphkapillaren sddeusen diese Gewebsflussigkeit in die Lymphbahn ein, die Transport- gefaBe leiten die so entstandene Lymphe uber die Lymphknoten dem Blut wieder zu. Fur die Einhaltung einer optimalen Zusam- mensetzung der Gewebeflussigkeit ist der ungestorte Ablauf beider Teilfunktionen von groBer Bedeutung. Was immer an Stoffen durch die Epidermis zu dringen vermag, muR auf dem Blut- oder Lymphwege abtransportiert werden. Der Weg der griiDeren Molekiile und Partikel fiihrt uber die Lymphbahn zu dem Filter der Lymphknoten und damit zu einer sehr aktiven Kontrollstation des reticuloendothelialen Systems. Le systeme vasculaire lymphatique de la peau Le systeme vasculaire lymphatique de la peau sert comme celui des autres organes au transport de liquide. substances et particules de l'espace extracellulaire. Les capillaires lymphatiques font passer ce liquide tissulaire par la voie lymphatique, les vais- saux transporteurs dirigent vers le sang, par' l'intermediaire des ganglions, la Iymphe ainsi formee. Pour le maintien d'une com- position optimale du liquide tissulaire, il importe que les deux fonctions partielles s'exercent sans gene. Toute substance capable de penetrer a travers l'epiderme doit Btre transportee par la voie sanguine ou lymphatique. Le &emin des molecules et particules plus grosses traverse la voie lymphatique et conduit au filtre des ganglions lymphatiques, station de controle tres active du systeme reticuloendothelial. Wahrend das Blut durch die Kapillaren rinnt, tauscht es Wasser und geloste Bestandteile mit dem umgebenden Gewebe aus. Aus dem arteriellen Schenkel der Kapillaren tritt Fliissigkeit in den extracellularen Raum, und der venose Schenkel nimmt wieder Fliissigkeit auf. Filtration und Resorption fiihren zu einem standigen Strom von Gewebsflussigkeit. Das Gleichgewicht zwischen der Fil- tration im arteriellen und der Resorption im venosen Abschnitt der Kapillaren ist aber sehr labil. Minimale hamodynamische Druckvcranderungen, Anderungen des osmotischen, besonders des kolloidosmotischen Druckes im Blut oder in den Geweben und Permeabilitatsanderun- gen der Kapillarwand fuhren dam, dafi mehr Fliissigkeit in das Gewebe einstromt, als durch den venosen Schenkel resorbiert werden kann. Dieser UberschuiS wird durch die LymphgefaBe abgefuhrt. 1st das nicht moglich, weil der Flussigkeitsandrang zu groB ist, oder weil das Lymph- gefafisystem versagt, so entstehen Odeme, die haufig die Haut betreffen oder an der Haut diagnostiziert werden. Da die Permeabilitat der Blutkapillarwand geringer ist als die der Lymphkapillaren, vermogen die FETTE . SEIFEN . ANSTRICHMITTEL 68. Jahrgang Nr. 5 1966 The Lymph Vessels of Skin The lymph vessels of skin serve, as those in other organs, for the transport of liquids, substances and particles from the extra- cellular space. The lymph capillaries channel these tissue fluids in the lymph tract and the transport vessels lead the resulting lymph over the lymphatic ganglions back to blood. For keeping the optimum composition of the tissue fluid constant, the unhin- dered continuence of both the part-functions is of great irnpor- tance. Whichever substances penetrate through the epidermis must be transported by the blood or lymph paths. The path of the bigger molecules and particles goes over the lymph tract to the filter of lymphatic ganglions and with that to a very active control1 station of reticuloendothelial system. CUcTeMa .mM@aTticiecmix cocyfio~ ICOHCM. Ilo~061io JqpyrMM oprailaM ckIcreivla ,xmioxi,TwIeciinx co- 13erqec~~ A ~I~CTMIJ. ~3 i 3 H e m e T o w i o r o npocTpat3cma. C 110- nioLqhK) nmi(l)nTaqecmIx mnMnnsIpoB 3~a wcaIieHasI XAA- ICOCI'I, nocrynaeT H :IMM@~ ; sepea TpaHcnopnthIe cocy,~~~ OY>(OR KOXCM CZy3fCMT CpexCTBOM Tp~LHCIIOpT~ XA~IU~CTI~, M JIMM(~X3THZleCKMC y3.?bI O6pR3OBaIlHaSI TAKUM 06pa3OM nMMCflA BO3BpaIl\aeTCS I3 KpOBh. nOfisepX8HMM OnTH- MLTIhHOrO COCTitBB TICrtt-IeBOfi X&ij~FCOCTM 6OJIbUlylo poaL mpae'r HopniaaLi3oe ripoTeIcsHAe EITMX (1)yimqMCi. Bee ue- qqec'ma, npomisamrqae yepea arra~ep~~c, AoxHbI ~ M T L WCTML~LI no sMnrc~aTMsecrioMy IIYTM nepegmraroxn I:, cti~nb'rpy JIMM(~)~TA~~CICHX ~ ~ X O B II TeM camtni IC OYCIIE, )rfia.?eHLi FCpOBLIO MXM .?MM(bOfi. BOJILLLIAe MO.?eKyJlhI U ~1KTMBFIOfi KOHTPOjIbHOfi CTiLHIJ.MM peTM~ynO3HAO'I'e.s~nrrb- HOfi CMCTeMM. Lymphgefafie Eiweii3e und Kolloide leichter abzufiihren als die Blutkapillaren. Fur das im Darm resorbierte Fett ist seit langem bekannt, dai3 es vorwiegend iiber die Lymphgefafie abtransportiert wird. Auch die EiweiB- korper des extracellularen Raumes werden mit der Lymphe abgeleitet. Die Drainage uber das LymphgefaBsystem fiihrt schliefilich die Lymphe uber den Ductus thoracicus dem Blut wieder zu. Die Lymphmenge, die iiber den Brust- lymphgang in den Blutkreislauf zuruckflieBt, wird mit 1 bis 2 1 pro Tag angegeben, was etwa des Korper- gewichtes betragt; sie kann auf 4 1 taglich ansteigen. Diese wenigen Bemerkungen mogen geniigen, um die Bedeutung des LymphgefaBsystems fur die Gewebe zu charakterisieren (ausfuhrliche Darstellung bei I. Rusznydk, M. Foldi und G. Szab6'). Der Aufbau des LymphgefaBsystems ist im ganzen Korper prinzipiell gleichartig. Das Lymphgef ai3system Physiologie und Pathologie des Lymphkreislaufes, VEB Verlag Fisher, Jena 1957. 379

Das Lymphgefäßsystem der Haut

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hafte Firmen fuhren schon heute genaue Vertraglich- keitskontrollen ihrer Praparate durch, um gesundheit- liche Schaden zu vermeiden und der ihnen durch das Lebensmittelrecht auferlegten Sorgfaltspflicht zu genii- gen. Die Deutsche Gesellschaft fur Fettwissenschaft mui3 m. E. im Rahmen ihres wissenschaftlichen Auftrages empfehlen, in Korperpflegemitteln solche Stoff e zu ver- meiden, von denen gesundheitliche Schadigungen be- fiirchtet werden konnen. Praparate, in denen aus wohlerwogenen Griinden solche Stoff e doch verwendet werden sollen, miissen einer besonders sorgfaltigen und

umfangreichen Vertraglichkeitspriifung unterworfen und notfalls deklariert werden. In der weiteren Gemein- schaftsarbeit wird der Ausschufi XI der DGF sich d i e m Problems vordringlich annehmen.

Die Korperpflege steht und fallt mit dem Vertrauen der Verbraucher. Dieses ist abhangig von der zuver- lassigcn Vertraglichkeit der angebotenen Praparate und von einer der Realitat entsprechenden Werbung. Nur wenn diese beiden Voraussetzungen gewahrt sind, kann die Korperpflege den ihr in der Gesundheitserziehung zukommenden Platz bei den Verbrauchern behaupten.

Das Lymphgefahystem der Haut Von Prof. Dr. Dr. E . H o r s t m a n n

Aus dem Anatomischen lnstitut der Universitat Hamburg (Direktor: P r o f . Dr. Dr. E. H o r s t m a n n)

Das LymphgefaDsystem der Haut dient wie das der ubrigen Organe dem Abtransport von Flussigkeit, Stoffen und Partikeln aus dem extracellularen Raum. Die Lymphkapillaren sddeusen diese Gewebsflussigkeit in die Lymphbahn ein, die Transport- gefaBe leiten die so entstandene Lymphe uber die Lymphknoten dem Blut wieder zu. Fur die Einhaltung einer optimalen Zusam- mensetzung der Gewebeflussigkeit ist der ungestorte Ablauf beider Teilfunktionen von groBer Bedeutung. Was immer an Stoffen durch die Epidermis zu dringen vermag, muR auf dem Blut- oder Lymphwege abtransportiert werden. Der Weg der griiDeren Molekiile und Partikel fiihrt uber die Lymphbahn zu dem Filter der Lymphknoten und damit zu einer sehr aktiven Kontrollstation des reticuloendothelialen Systems.

Le systeme vasculaire lymphatique d e la peau

Le systeme vasculaire lymphatique de la peau sert comme celui des autres organes au transport de liquide. substances et particules de l'espace extracellulaire. Les capillaires lymphatiques font passer ce liquide tissulaire par la voie lymphatique, les vais- saux transporteurs dirigent vers le sang, par' l'intermediaire des ganglions, la Iymphe ainsi formee. Pour le maintien d'une com- position optimale du liquide tissulaire, il importe que les deux fonctions partielles s'exercent sans gene. Toute substance capable de penetrer a travers l'epiderme doit Btre transportee par la voie sanguine ou lymphatique. Le &emin des molecules et particules plus grosses traverse la voie lymphatique et conduit au filtre des ganglions lymphatiques, station d e controle tres active du systeme reticuloendothelial.

Wahrend das Blut durch die Kapillaren rinnt, tauscht es Wasser und geloste Bestandteile mit dem umgebenden Gewebe aus. Aus dem arteriellen Schenkel der Kapillaren tritt Fliissigkeit in den extracellularen Raum, und der venose Schenkel nimmt wieder Fliissigkeit auf. Filtration und Resorption fiihren zu einem standigen Strom von Gewebsflussigkeit. Das Gleichgewicht zwischen der Fil- tration im arteriellen und der Resorption im venosen Abschnitt der Kapillaren ist aber sehr labil. Minimale hamodynamische Druckvcranderungen, Anderungen des osmotischen, besonders des kolloidosmotischen Druckes im Blut oder in den Geweben und Permeabilitatsanderun- gen der Kapillarwand fuhren dam, dafi mehr Fliissigkeit in das Gewebe einstromt, als durch den venosen Schenkel resorbiert werden kann. Dieser UberschuiS wird durch die LymphgefaBe abgefuhrt. 1st das nicht moglich, weil der Flussigkeitsandrang zu groB ist, oder weil das Lymph- gefafisystem versagt, so entstehen Odeme, die haufig die Haut betreffen oder an der Haut diagnostiziert werden. Da die Permeabilitat der Blutkapillarwand geringer ist als die der Lymphkapillaren, vermogen die

F E T T E . S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L 68. Jahrgang Nr. 5 1966

The Lymph Vessels of Skin The lymph vessels of skin serve, as those in other organs, for

the transport of liquids, substances and particles from the extra- cellular space. The lymph capillaries channel these tissue fluids in the lymph tract and the transport vessels lead the resulting lymph over the lymphatic ganglions back to blood. For keeping the optimum composition of the tissue fluid constant, the unhin- dered continuence of both the part-functions is of great irnpor- tance. Whichever substances penetrate through the epidermis must be transported by the blood or lymph paths. The path of the bigger molecules and particles goes over the lymph tract to the filter of lymphatic ganglions and with that to a very active control1 station of reticuloendothelial system.

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Lymphgefafie Eiweii3e und Kolloide leichter abzufiihren als die Blutkapillaren. Fur das im Darm resorbierte Fett ist seit langem bekannt, dai3 es vorwiegend iiber die Lymphgefafie abtransportiert wird. Auch die EiweiB- korper des extracellularen Raumes werden mit der Lymphe abgeleitet.

Die Drainage uber das LymphgefaBsystem fiihrt schliefilich die Lymphe uber den Ductus thoracicus dem Blut wieder zu. Die Lymphmenge, die iiber den Brust- lymphgang in den Blutkreislauf zuruckflieBt, wird mit 1 bis 2 1 pro Tag angegeben, was etwa des Korper- gewichtes betragt; sie kann auf 4 1 taglich ansteigen. Diese wenigen Bemerkungen mogen geniigen, um die Bedeutung des LymphgefaBsystems fur die Gewebe zu charakterisieren (ausfuhrliche Darstellung bei I . Rusznydk, M . Foldi und G. Szab6').

Der Aufbau des LymphgefaBsystems ist im ganzen Korper prinzipiell gleichartig. Das Lymphgef ai3system

Physiologie und Pathologie des Lymphkreislaufes, VEB Verlag F i s h e r , Jena 1957.

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Abb. 1 . Lymphgefai3 in der Haut des Unterschenkels einer 40jahrigen Frau

1. Epidermis; 2 . Stratum suhpapillosum; 3. LymphgefaR mit 3 Endothelkernen (H. E., Vergr. 650fach)

beginnt mit blind geschlossenen Kapillaren, die sackartig erweitert sein konnen. Die Wand der Kapillaren ist, wie die der Blutgefaae, ein Endothelschlauch. Der blinde Endothelschlauch mundet in ein Netzwerk von Kanal- chen, die untereinander vielfach kommunizieren und deren Wandbau sich nicht von dem blinden Anfangs- stuck unterscheidet.

Im Lichtmikroskop erscheint die von Endothelzellen gebildete Wand der Lymphkapillaren hauchzart, und die Kerne der Endothelzellen schmiegen sich einer nur andeutungsweise erkennbaren Basalmembran an (Abb. 1). Das elektronenoptische Bild zeigt mehr Einzelheiten ( S . L. Palay und L. /. Karlin *). Die Lymphkapillarwand besteht aus Endothelzellen, deren Kerne in die Lichtung vorspringen und deren Cytoplasma - eine dunne Schale von 0.5 bis 1 t~ Dicke - das Kapillarrohr bildet (Abb. 2 ) . Die Endothelzellen besitzen alle Zellorganellen, die man

Abb. 2 . Lymphkapillare ( I ) in der Darmzotte eines Meer- schweinchens

2. Endothelzellkern; 3. Bindegewebszelle; 4. Histlocyten; 5. extra-

(Vergr. 9000fach) cellularer Raum; 6. Fortsatz einer glatten Muskelzelle

1 An electron microscopic study of the intestinal villus. I. The fasting animal, J. Biophys. Biochem. Cytol. 5, 36.3 [1959].

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Rbb. 3 . Lymphkapi l lare ( 1 ) in der Darmzotte eines Meer- schweincheiis

2 . Bndothelzelle; 3. extracellularer Raum; 4. Fettropfhen in einer Vakuole der Endothelzelle; .f t Desmosome; .f (mit Querstricb)

Basalmembran (Vergr. 20 000fach)

auch in anderen Zellen findet: Zentriolen, Mitochondrien, Golgi-Apparat, endoplasmatisches Retikulum und Ribo- comen. Die Zellen greifen mit finger- oder bandartigen Fortsatzen in die Lichtung und sind an ihren Kanten in der Regel miteinander tief verfugt. An den Fugen sieht man Haftpunkte, sog. Desmosome, durch die die Nachbarzellen miteinander verlotet sind (Abb. 3). Aufier- dem liegt den Endothelzellen etwas Material in unregel- inai3igen Streifen auf; das ist die Basalmembran oder wenigstens eine Andeutung davon.

Abb. 4 . Blutkapillare in d e r Darmzotte eines Meerschweinchens f.f Epithelporen; f + (mit Querstrich) Basalmemhran; 1. Kern

der Endothelzelle; 2. Epithelzelle (Vergr. 17 000fa&)

Zum Vergleich sei erwahnt, dafi der Endothelbelag der Blutkapillaren meist sehr vie1 dunner, namlich 0.05 p dick ist (Abb. 4). Zudem findet man an vielen Stellen, \vie hier bei einer Blutkapillare in einer Darmzotte des Dunndarms, das Endothel von Poren durchbrochen. Der- artige Poren kommen in der Lymphkapillare nicht vor; dennoch sind sie, wie man aus vielen Experimenten weii3, leichter durchgangig fur Molekiile, Fettstoffe und Clutkorperchen.

Diese Diskrepanz lafit sich an einem einfachen Versuch demonstrieren. Man gibt einem Versuchstier, wie in dem folgenden Bild einem Meerschweinchen, mit der Sonde wenige cm3 01 in den Magen. Nach 20 bis 30 Min. wird ein Stuck Jejunum entnommen und fur die Elek-

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dahin gekommen? Die Analyse der elektronenmikrosko- pischen Bilder zeigt 2 Wege (Abb. 3 u. 5). 1. Gelangen die Chylomikronen a n den Zellkanten

zwischen den Zellen hindurch in die Lymphkapillaren. Die Fugen lockern sich dabei auf, und es entstehen weite Raume, die voll von Chylomikronen sein k6n- nen. Die Haftpunkte bleiben dabei unverandert.

2. Die Endothelzellen nehmen durch Pinocytose an ihrer Aufienseite einzelne Fettropfchen auf, fiihren sie durch die diinnen Cytoplasma-Fortsatze auf die In- nenseite und geben sie dort in die Lymphe ab. Diese Durchschleusung wird als Cytopempsis bezeichnet.

Beide Vorgange sind auch am Endothel der Blutgefafie, allerdings nur sehr selten, gesehen worden. Biochemische Untersuchungen der Fettresorption haben aufierdem ge- zeigt, daB kurze und mittellange Fettsauren (bis 12 C- Atome) iiber die Pfortader abtransportiert werden, lan- gere Ketten als Triglyceride in den Lymphgefafien. Es bleibt noch zu erforschen, warum sich die Lymphgefafie anders verhalten als die Blutgefafle.

Die Elektronenmikroskopie der Lymphgefafie hat damit eine Streitfrage entschieden, die durch viele Jahr- zehnte die Histologen bewegt hat, namlich die Frage, ob die Lymphkapillaren offen oder geschlossen sind. Wir konnen nun sagen: Sie sind geschlossen von Endothel umgeben, aber der Endothelbelag kann an den Kanten der Zellen breite Spalten freigeben, durch die die Par- tikel in die Lymphkapillaren gelangen.

Die folgende Darstellung der Lymphgefafie der Haut stutzt sich hauptsachlich auf altere Untersuchungen, - L. Teidzmann 5 , J . Neumann 6 , P. Unna 7, P. Bartelss -, auf die Arbeiten der Moskauer Schule des Anatomen D. A . Shdanowg, die in jiingerer Zeit die alten Befunde erweitert hat, wie auf eigenen Injektionspraparaten an menschlichem Material.

Die LymphgefaBe der Haut (Abb. 6) beginnen mit einem komplizierten Kapillarsystem. Es ist wie das System der BlutgefaBe j e nach Korperregion sehr ver- schieden ausgebildet. Am besten ist es in der Haut der FuB- und Handflache entwickelt, wo sich zahlreiche Bindegewebspapillen gegen das Epithel erheben. Inner- halb der Epidermis gibt es zwischen den Epithelzellen intercellulare Saftspalten, aber keine Lymphkapillaren. Im Bindegewebe der Haut liegen zwei Netze von Lymph- kapillaren iibereinander: Im subpapillaren Bindegewebe breitet sich das oberflachliche Netz dunner Kapillaren aus. Blind endende Kapillaren drainieren das Binde- gewebe der Papillen. Dieses oberflachliche Netz liegt in derselben Schicht wie das subpapillare Arteriennetz. Aus ihm fiihren viele Kapillaren die Lymphe in tiefere Schichten des Corium, wo sich das zweite Lymphkapillar- netz etwa an der Grenze zum subcutanen Fettgewebe

Abb. 5. Durchtritt der Chylomikronen durch die Wand einer Lymphkapillare

1. Lymphkapillare; 2. extracellularer Raum; 3. erweiterte Rand- fugen mit Chylomikronen; x,x Aufnahme bzw. Abgabe von Fett-

tropfchen durch Endothelzellen (Vergr. 18 000fach)

tronenmikroskopie aufgearbeitet. Jetzt sind iiberall unter den resorbierenden Zellen der Zottenoberflache feine Fettropfchen nachweisbar, die Chylomikronen. Sie durch- setzen das ganze Zottenbindegewebe und liegen aufier- dem in grofier Menge in den Lymphkapillaren, nicht aber in den Blutkapillaren (S . L. Palay und L. J . Karlin3 bei der Ratte, A . J . Ladrnan, H . A . Padykula und E. W. Strauss an menschlichem Biopsiematerial). Wie sind sie

Abb. 6. Lymphkapillare der Haut nach D. A . Shdanow 1. Epidermis; 2. Lymphkapillaren des Stratum papillare; 3. ober- flachliches Lymphkapillarnetz im Stratum subpapillare; 4. tiefes Netz; 5. BlutgefaOe der SchweiRdrusen; Schwarz = Lymphkapil- laren; gestreift = arterieller, punktiert = venoser Schenkel der

BlutgeIaRe

3 An electron microscopic study of the intestinal villus. 11. The pathway of fat absorption, J. Biophys. Biochem. Cytol. 5, 373 [1959].

4 A morphological study of fat transport in the normal human jejunum, Amer. J. Anat. 112, 389 [1963].

Das Saugadersystem vom anatomischen Standpunkt, Engel- mann, Leipzig 1861. Zur Kenntnis der Lymphgefaae der Haut des Menschen und der Saugetiere, W. Braumuller, Wien 1873. Untersuchungen iiber die Lymph- und Blutgefaae der iiufleren Haut mit besonderer Berucksichtigung der Haar- follikel, Med. Diss. Leipzig 1908. In: K . u. Bardeleben, Handbuch der Anatomie des Men- schen, Bd. IIII4, LymphgefaBsystem, Fischer, Jena 1909. Anatomische und physiologische Untersuchungen des lym- phatischen Systems, Medgis, Leningrad 1952.

F E T T E . S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L 68. Jahrgang Nr. 5 196G 381

Page 4: Das Lymphgefäßsystem der Haut

ausbreitet (Abb. 7). Die einzelnen Kapillaren sind hier dicker und die Maschen des Netzes weiter.

Die beschriebene Ausbildung zweier untereinander liegender Kapillarnetze ist aber nur da regelmafiig auf - zufinden, wo die Haut dick und straff ist. An Stellen rnit dunner Haut ist der Aufbau unregelmagiger, und die Lymphkapillaren sind weniger zahlreich. An solchen Stellen scheinen auch die blinden Anfangskapillaren zu fehlen.

Aus dem gleichformigen tiefen kapillaren Netz fuhren Abflusse in ein zweites Netzwerk grofierer LymphgefaBe, deren Lichtung durch zahlreiche Klappen unterbrochen ist (Abb. 7). Das ist der Plexus lymphaticus cutaneus. Er lafit sich durch Injektionen verhaltnismafiig leicht darstellen und wurde im vorigen Jahrhundert vielfach abgebildet. Der Obergang aus den Lymphkapillaren in die LymphgefaBe entspricht dem Obergang der Blut-

Abb. 7. Lymphgefafl eines Fingers. Das Kapillarnetz und die Klappen

tragenden Transportgefafle (aus Ph. C. Suppey) 10

kapillaren in die Venen. In den Kapillaren steht funk- tionell die Aufnahme der Gewebsflussigkeit in das LymphgefaBsystem im Vordergrund. Die Klappen tra- genden LymphgefaBe dienen dagegen vorwiegend, wenn nicht ausschlieiSlich, dem gerichteten Transport der Lymphe. Im folgenden werden sie Transportgefafle ge- nannt.

Die Maschen des Netzes der Transportgefafie sind weiter als die des Kapillarnetzes, und ihre Wand ist komplizierter gebaut (Abb. 8). Man kann 3 Schichten erkennen, eine Tunica intima, Tunica media und Tunica adventitia. Die Intima besteht aus der Endotheltapete und einer sehr zarten Bindegewebslage. In der Media treten Muskelfasern auf, die zwischen den Klappen zu kraftigen Muskelmanschetten ausgebildet sein konnen. Die Adventitia setzt sich aus einem lockeren Binde- gewebe mit kollagenen und elastischen Fasern zusammen. Durdi das Faserwerk ist das TransportgefaB in dem umgebenden Bindegewebe verschieblich eingebaut. Als Obergange von den Lymphkapillaren zu den Transport- gefafien kommen sehr diinnwandige klappenfiihrende LymphgefaBe vor, die sich von den Kapillaren nur durch die Klappen und einen zarten Bindegewebsmantel unter- scheiden.

Abb. 8. Schragsclinitt durch ein Transportgefafl aus dem Mesenterium eines 28jahrigen Menschen

1. Klappe in der Lichtung des GefaRes; 2. Endothelzellkerne; 3. Muskulatur der Media: 4. Adventitia (Aus E. Horstmannl')

(Vergr. 320fach)

Das Netz der Transportgefaae setzt sich uber den Organbereich ohne scharfe Grenzen in ableitende Trans- portgefai3e fort, die die Lymphe in zentraler Richtung weitertransportieren. Im Gegensatz zu den BlutgefaBen

Abb. 9. Oberflachliche Lymph- gefafle des Armes

7, 8, 11 und 13 Lymphknoten; beadte die groBe Zahl paralleler TransportgefaBe, die zu dick ge- zeichnet sind (aus Ph. C. Sappey'O)

. __ ~. ..

lo Trait6 d'Anatomie dcscriptive. Tome 11. V. A. Delahaye 11 Uber die funktionelle Struktur der mesenterialen Lymph- et Cie.. Paris 1876. gefafle, Morph. Jb. 91, 483 [1951].

382 F E T T E . S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L G8. Jahrgang Nr. 5 1966

Page 5: Das Lymphgefäßsystem der Haut

vereinigen sich die Transportgefafie nicht zu dickeren Rohren, sondern behalten einen verhaltnismafiig kleinen Querschnitt (Abb. 9). So ziehen an der Grenze von Cutis und Subcutis viele Transportgefafie nebeneinander her. Dabei bilden sie zahlreiche Anastomosen, wodurch lang- gestreckte Netze entstehen.

In die Lymphbahnen sind Lymphknoten eingeschaltet, durch die die Lymphfliissigkeit hindurchsickert und fil- triert wird. Die Lymphe der unteren Korperhalfte wird schliefilich im Ductus thoracicus gesammelt, der links in den Winkel zwischen Vena jugularis und Vena sub- clavia endet. Kurz vor der Miindung erhalt er einen Zuflufi aus der linken oberen Korperhalfte. Die Lymphe aus der rechten oberen KGrperhalfte wird durch den kurzen Ductus lymphaticus dexter dem rechten Venen- winkel zugefuhrt. Auch die ableitenden Lymphbahnen stehen durch Anastomosen vielfach miteinander in Ver- bindung.

Wie bereits eingangs erwahnt wurde, werden taglich wenigstens 1 bis 2 1 Lymphe durch die Lymphgange uber den Ductus thoracicus dem Blut wieder zugefiihrt. Dieser Rucktransport geschieht passiv und aktiv. Durch den Ein- bau der Lymphgefafie in das Bindegewebe der Haut und der Muskulatur werden die Gefafie mit den Korper- bewegungen passiv ausgepregt, wobei die Klappen dafur sorgen, daB die Lymphe nur in zentraler Richtung ab- fliei3t. Die Kontraktion der Muskelmanschetten der Lymphgefafie fordert die Lymphe aktiv.

Die Phasen der Motilitat der Transportgefafie ersieht man aus Abb. 10. Die Lymphgefafie lassen sich in Seg- mente unterteilen. Zu jedem Segment gehort ein Rohr- stuck mit der Muskelmanschette und der peripheren Klappe. Wir bezeichnen diese funktionelle Einheit als Klappensegment (E . Ho~stmann ll). Kontrahiert sich ein Klappensegment, so schlagt die periphere Taschenklappe zu, und die Lymphe wird in zentraler Richtung in das nachste Segment gedriickt. Das durch die Fiillung ge- dehnte Segment kontrahiert sich anschliefiend, und die Lymphe stromt weiter (E . H ~ r s t m a n n ' ~ ) . Etwa 10 bis 12 Kontraktionswellen pro Minute konnen uber ein Klappen- segment hinweglaufen. Die Kontraktionen der Lymph- gefafie sind von HeZZer (1869) am Mesenterium von

-@

.....

. ...... a Abb. 11. Verschiedene Kontraktionszustande derselben mesen.

terialen LymphgefaiSe eines Meerschweinchens Aus dem Film .LymphgefaBbewegungen" (E. Horstmann Is)

.. . . . . . .. NaEetieren zuerst beschrieben worden. Wir haben sie b e A Meerschweinchen in einem Film festgehalten (Abb. 1 l), und neuerdings hat /. NickoZ14, HNO-Klinik der Universitat Hamburg, sie auch an den Lymph- gefafien des Menschen in der Halsregion nachgewiesen

.. . . . .-. und in Filmaufnahmen festhalten konnen. Damit ist erwiesen, dai3 auch beim Menschen die TransportgefaBe zu selbstandigen rhythmischen Kontraktionen befahigt sind, wie aus histolonischen Beobachtunnen an den Lymph- gefafien plotzlich verstorbener schon fruher gesclhosien worden ist ( E . H~~~~~~~~ 11).

Abb. 10. Schematische Darstellung der Form- und Struktur- anderungen im Langsquerschnitt hintereinander gelegener

Beobachtungen zur Motorik der Lymphgefaiie, Pfliigers Arch. Klappensegmente beim aktiven Lymphtransport

Die Segmente 1, 6, 7 sind kontrahiert, das Segment 3 ist voll 269, 511 [1959]. gefiillt, 4 und 5 schon teilweise entleert, 2 bei beginnender Ful- '3Lymphgef~i3bewegungen, Film C 800 (1959), Inst. f . d. lung; Verlauf und Anschnitte der glatten Muskelfasern sind ein- wiss. Film, Gottingen.

gezeimnet (E. Horstmann 11) l4 Habilitationsschrift Med. Fak. Hamburg, 1965 (im Druck).

F E T T E . S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L 68. Jahrgang Nr. 5 1966 383