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G. EIGLEt~:DaS Mitbelohreholestatom a]s ontogene~isehes Problem. 557 heilk, 71, 1096--1108 ( 1 9 3 7 ) . - W]sIz~, Z.: TuberkulSse Ver/inderung in einer Rachenmandel, entfern~ bei einem Erwaehsenen. KSnigl. Ges. d. Xrzte, Rhino- Laryngol. Sekt~., Budapest, Sitzg. v. 27.3. 1936. - - WE~DEROT~t,H. : Uber prim/~re Tuberkulose der Mundschleimhaut. Diss. Mfinchen 1935. - - Zo~r,LZ~, F. : Die Tuberkulose der N~se und des R~chens, in Ergebnisse der gesamten Tuberkulose- forschung, Bd. 9. Verlag Georg Thieme 1939. Am 4. 6. um 13 Uhr sehlieftt Herr v. EI(JKEN die Tagung. Herr H. MARx, Wiirzburg, dankt mit herz]iehen Worten dem Vorsitzenden f/Jr die ~bernahme des Pr/~sidiums der diesj~hrigen Tagung, eine Aufgabe, die Herr v. EICKEX, Ztrotz seiner 75 Jahre in bekannter lYberlegenheit und mit bewundernswerter Frische gel5st habe. Anhang. Aus Zeitmangel nicht mehr gehaltene u 40. Herr G. Eigler-GieBen: Das Mittelohrcholesteatom als onto- genetisches Problem. Wenn ich in diesem kurzen Vortrag auf ontogenetische Prob]eme des Mittelohrcholesteatoms eingehe, dann muI] ich vorausschicken, da/~ es mir auf Grund der beschr/inkten Zeit ganz unmSglich ist~ auf alle die Dinge einzugehen, die hiermit im Zusammenhang stehen. Zur Erg~tnzung dieser Ausfiihrungen muft ieh daher auf eine demn/ichst in den HNO er- scheinende ausfiihrliche Arbeit yon mir verweisen. Bei dem Mittelohreho]esteatom unterscheidet man bekanntlieh zwei Arten, das sekund~ire und das prim/~re. Das sekund~re entstebt auf Grund vorangegangener nekrotischer ehroniseher Mittelohreiterungen~ das pri- m/~re dagegen entsteht ohne vorangegangene Eiterung als Folge yon pathologischen Ver/inderungen im Bereich der Pars flaecida. Im einzelnen werden fiir die Entstehung der Mittelohrch o]esteatome folgende Ursachen angefiihrt : 1. Akute und chronische Entziindungen im Mitte]ohrbereich (WITT- MAACX, LANGE u. a.) ; 2. Hemmungsbildungen im Mucoendostbereieh auf konstitutioneller Basis (ALBRECHT, SCHWARZU. a.); 3. L/~nger anhaltende Unterdruckerseheinungen im Mittelohr (W]:TT- MAACK, BEZOLD U. a.); 4. Entziindungen der GehSrgangsepidermis und des Trommelfells (LANG,, MAZeASSaS u. a.); 5. Kfinstliehe ehemische Reize (Teer) im GehSrgang (BEa~3E~ICH).

Das Mittelohrcholesteatom als ontogenetisches Problem

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G. EIGLEt~: DaS Mitbelohreholestatom a]s ontogene~isehes Problem. 557

heilk, 71, 1096--1108 (1937) . - W]sIz~, Z.: TuberkulSse Ver/inderung in einer Rachenmandel, entfern~ bei einem Erwaehsenen. KSnigl. Ges. d. Xrzte, Rhino- Laryngol. Sekt~., Budapest, Sitzg. v. 27.3. 1936. - - WE~DEROT~t, H. : Uber prim/~re Tuberkulose der Mundschleimhaut. Diss. Mfinchen 1935. - - Zo~r,LZ~, F. : Die Tuberkulose der N~se und des R~chens, in Ergebnisse der gesamten Tuberkulose- forschung, Bd. 9. Verlag Georg Thieme 1939.

Am 4. 6. um 13 Uhr sehlieftt Herr v. EI(JKEN die Tagung. Herr H. MARx, Wiirzburg, dankt mit herz]iehen Worten dem Vorsitzenden f/Jr die ~bernahme des Pr/~sidiums der diesj~hrigen Tagung, eine Aufgabe, die Herr v. EICKEX, Z trotz seiner 75 Jahre in bekannter lYberlegenheit und mit bewundernswerter Frische gel5st habe.

Anhang.

Aus Zeitmangel nicht mehr gehaltene u

40. Herr G. Eigler-GieBen: Das Mittelohrcholesteatom als onto- genetisches Prob lem.

Wenn ich in diesem kurzen Vortrag auf ontogenetische Prob]eme des Mittelohrcholesteatoms eingehe, dann muI] ich vorausschicken, da/~ es mir auf Grund der beschr/inkten Zeit ganz unmSglich ist~ auf alle die Dinge einzugehen, die hiermit im Zusammenhang stehen. Zur Erg~tnzung dieser Ausfiihrungen muft ieh daher auf eine demn/ichst in den HNO er- scheinende ausfiihrliche Arbeit yon mir verweisen.

Bei dem Mittelohreho]esteatom unterscheidet man bekanntlieh zwei Arten, das sekund~ire und das prim/~re. Das sekund~re entstebt auf Grund vorangegangener nekrotischer ehroniseher Mittelohreiterungen~ das pri- m/~re dagegen entsteht ohne vorangegangene Eiterung als Folge yon pathologischen Ver/inderungen im Bereich der Pars flaecida. I m einzelnen werden fiir die Entstehung der Mittelohrch o]esteatome folgende Ursachen angefiihrt :

1. Akute und chronische Entziindungen im Mitte]ohrbereich (WITT- MAACX, LANGE u. a.) ;

2. Hemmungsbildungen im Mucoendostbereieh auf konstitutioneller Basis (ALBRECHT, SCHWARZ U. a.);

3. L/~nger anhaltende Unterdruckerseheinungen im Mittelohr (W]:TT- MAACK, BEZOLD U. a.);

4. Entziindungen der GehSrgangsepidermis und des Trommelfells (LANG,, MAZeASSaS u. a.);

5. Kfinstliehe ehemische Reize (Teer) im GehSrgang (BEa~3E~ICH).

558 G. EmL~:

Alle diese erw~hnten Faktoren k6nnen aber nur als Ausl6sungs- ursaehen (t~ealisationsfaktoren) angesehen werden. Die wesentliehste Voraussetzung ftir die Cholesteatombildung muB jedoeh in der Waehs- tumspotenz der Epidermissehiehten des innersten Geh6rgangstei!s liegen. DaB in der hinteren oberen Geh6rgangswand besondere Waehstumspoten- zen und Waehstumseigenttimliehkeiten vorhanden sein miissen, ist yon vielen Autoren vermutet worden. Ieh erw~thne hier unter anderen LARGE. Diese besondere ]~edeutung der GehSrgangsepidermis f/Jr die Entstehung des Cholesteatoms ergibt sieh vor allem aus den Beobaehtungen LA~GEs, der ebenso wie I-IaBEg~A~ U. a. fand, dab die Cholesteatome nieht durch eine einfaehe ~berhiiutung des Mueoendostes der Mittelohrr~ume mit verhornendem Plattenepithel zustande kommen, sondern dab sieh hierbei zuerst ein aktives strangartiges Tiefenwaehstum der Epidermis ins Binde- gewebe naehweisen l~Bt. Erst spgter zerfallen diese soliden Zellstrange zentral, bilden Hornlamellen and breehen dureh Zerst6rung des dariiber- liegenden ~lueoendostes in die freien 3/iittelohrr~ume ein. Diese Fest- stellungen zeigen also, dab es sieh bet der Cholesteatombildung nieht um eine einfaehe Epidermisierung der Migtelohrr~ume handelt. Erwahnen m6ehte ieh noeh, dab heute eine Epithelmetap!asie in den Mittelohr- ri~umen als nieht bewiesen ganz allgemein abgelehnt wird. Vielmehr sind sieh fast alle Untersueher dartiber einig, dab die Cholesteatombildung auf eine Einwanderung der Geh6rgangsepidermis in die Mittelohrr~ume zu- riickgeftihrt werden muG.

Um die eigenartige Waehstumsneigung der GehSrgangsepidermis zu verstehen, ist es unumg/~nglieh, etwas n~her auf die Entwieklungsge- sehichte des i;ul3eren Geh6rgangs einzugehen. Bekanntlieh entwiekelt sieh der ~uBere Geh6rgang naeh relativ friiher Bildung der flaehen Ohr- grube aus dem mittleren Absehnitt der ersten Kiemen%rche dutch trieh- terf6rmiges Tiefenwaehstum. Von der Tiefe dieses Trichters wuehert dann im dritten Embryonalmonat das ektodermale Epithel als solider Zell- strang bis zur unteren Wand der primgren PaukenhShle. Dieser Epithel- strang wird prim~re Geh6rgangsplatte genannt. Erst im 7. Fgtalmonat zerfkllen die zentra]en Epithelzellen dieses Zellstranges und bilden einen Hohlraum, den sekund~ren Geh6rgang. Die prim/~re Ohrgrube entsprieht dem knorpeligen und die Geh6rgangsplatte dem knSehernen Geh6rgangs- teil. Aus dieser Entwieklung ist ersiehtlieh, dab der Ohrbereieh die einzige K6rperregion darstellt, in der das ektodermale Epithel formative Poten- zen zu ether blindsaekartigen Pneumatisation besitzt. Diese Pneumati- sationspotenzen treten relativ spiit kurz vor der Geburt in Erseheinung. Daher finder man aueh noeh regelm~tl3ig im Geh6rgang des Neugeborenen die zerfallenen Epidermismassen. Beim Sehwein liegen die VerhEltnisse zeitlieh ghnlieh, wS~hrend sieh bet Batte und Kaninchen der Epidermis- propf des GehSrgangs erst naeh der Geburt ausst613t.

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Die Neigung zur Strang- und Hohlraumbildung ist auch spgter noeh naeh Abschlug der Entwicklung in der normalen GehSrgangs- epidermis vorhanden.

Es ist nun ganz offensiehtlich, dag die genetischen Vorg/~nge bei der Cholesteatombildung der Entstebung des sekund/~ren Geh6rgangs w/~hrend des FStallebens weitgehend/~hneln. Hier wie dort treten zun~ehst solide in die Tiefe gewucherte Epidermiszellstrgnge auf, die dann spg~ter dureh Zer- fall der innersten Zellpartien Hohlr~ume bilden. Ebenso wie im Mittelohr- bereieh finden wir also aueh am gul3eren Ohr ein Pneumatisationsprinzip. Es gibt somit ein entodermales und ein ektodermales Pneumatisationszentrum.

Die Gef/ihrliehkeit des Cholesteatoms ist also genetiseh betraehtet etwas ganz Nebensgehliehes und beruht auf den engen anatomisehen Ver- h~ltnissen, die ein AusstoBen der zerfMlenen und verhornten Epidermis, massen verhindern.

Vortragender nimmt also an, daft es sich bei der Cholesteatombildung um eine uriedererwaehte Pneumatisationsfg~higkeit der Geh6rgangsepider- mis handelt. Weiter mug man annehmen, dag die Pneumatisationspotenz in den GehSrgangszellen determiniert ist. Nur als I~ealisationsfaktoren, a,ls Ausl6sungsbedingungen, kSnnen daher die zu Anfang erwahnten 5 Ursaehen angesehen werden. Das primate ist die latente formative Potenz der Zellen, die nut aus der Ontogenese verst~ndlieh wird.

Um Mil3verst~ndnissen vorzubeugen, sei aber ausdriieklieh betont, daft nieht nut die Epidermis oder das Mueoendost allein gemeint sind, wenn yon ihrer pneumatisationsbildenden Kraft gesproehen wird. Es werden darunter Indifferenzzonen, Pneumatisationsfelder, verstanden, die sowohl das Epithel Ms aueh das Bindegewebe und den Knoehen um- fassen. Aus den neueren entwieklungsgesehiehtliehen Arbeiten (S~'E- ~AN~ und seine Sehule) sind ja besonders die in den einzelnen formativen Kraftfeldern vorhandenen Weehselbeziehungen bekanntgeworden. Auf die n~heren Verhfi.ltnisse kann hier nieht weiter eingegangen werden.

Macht man sieh nun die obigen Ausfiihrungen zu eigen, dann ergeben sieh zwangsl~ufig reeht interessante und neue Fragestellungen in [Bezug auf die Cholesteatomentstehung. Zun/~ehst w~re zu kl~ren, warum eine Pneumatisationshemmung im Mittelohrbereich fast stets eine Voraus- setzung ftir das Weiterwaehsen der Geh6rgangsepidermis darstellt. Es seheint fast so, als ob bei St6rnngen der entodermalen Pneumatisation die bereits abgesehlossene ektodermMe Pneumatisationst/itigkeit unter bestimmten Voraussetzungen erneut ausgel6st wird. Weiter w~ren die einzelnen Realisationsfaktoren im Mittelohr und GehSrgangsbereieh ge- nauer zu kl~ren. Da die Epidermiswueherung in die Mittelohrr~ume au[~er- dem ein Regeneration sproblem darstellt, sind die Vorg'Xnge bei den Zell- teihmgen (mitotisehe und amitotisehe Zel]teilungen) welter zu untersuehen.