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Sebastian Schmidt
Das Online-Erfolgsmodelldigitaler ProdukteStrategische Wirkungspotenzialeund operative Handlungsoptionen
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Jörg Link
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Dissertation Universität Kassel, 2004
Die vorliegende Veröffentlichung hat den Förderpreis der Mobile Collaboration GmbH 2007 erhalten.
1. Auflage Juli 2007
Alle Rechte vorbehalten© Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007
Lektorat: Frauke Schindler / Anita Wilke
Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.www.duv.de
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzesist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe-sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und dieEinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesemWerk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solcheNamen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachtenwären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/MainGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany
ISBN 978-3-8350-6088-3
Geleitwort
Ausgangspunkt der Arbeit ist ein Zitat von Simon: „Unternehmen, die heute physische
Produkte verkaufen, die jedoch digitalisierbar sind, werden eine Revolution erleben“. Die hier
angedeuteten Veränderungen betreffen hauptsächlich Unternehmen der Medien- und Unter-
haltungsbranche, z.B. Film- und Musikproduzenten, Verlage oder Softwareanbieter;
bekanntlich haben Einnahmeausfälle in solchen Unternehmen durch illegale Downloads,
Kopier- und Tauschvorgänge eine weltweite Diskussion über die ökonomischen Grundlagen
der digitalen Ökonomie verursacht. Es erhebt sich damit die Frage nach zukünftigen, wirt-
schaftlich tragfähigen Geschäfts- bzw. Erlösmodellen in solchen Wirtschaftsbereichen. Dies
gilt erst recht, wenn man die bevorstehenden Neuerungen bzw. Umwälzungen im Zusam-
menhang mit dem Mobile Commerce mit einbezieht. Bei digitalen Produkten wird eine
elektronische, voll automatisierte Abwicklung der Stufen des Wertschöpfungsprozesses nicht
nur in der Phase der Geschäftsanbahnung, sondern auch in den Phasen der Geschäftsabwick-
lung bis hin zur Auslieferung möglich.
Die Aufgabe für die Zukunft liegt insbesondere darin, direkte Erlösmodelle („Paid Content“)
zu entwickeln, die die bislang vorherrschende „Kostenlos-Kultur“ ablösen können. Hinter-
grund ist nicht zuletzt die Tendenz, von der bekanntlich zahlreiche Branchen betroffen sind,
dass unkontrollierbarer bzw. illegaler Umgang mit digitalisierbaren Produkten zu einem
Wegbrechen von Umsätzen und Erträgen bei den bisherigen physischen Produkten führt. Die
hiervon betroffenen Produkte sind Spiele, Videos/Filme, Software und Verlagsprodukte wie
Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Schmidt weist in diesem Zusammenhang auch auf ein
Kannibalisierungsproblem zwischen direkten und indirekten Erlösen hin: Anbieter, die ihre
Geschäftsmodelle auf Bezahlinhalte umstellen und infolgedessen geringere Besucherzahlen
erwarten, werden Einbußen bei den Online-Werbeeinnahmen hinnehmen müssen.
Auf der Basis des Branchenstrukturmodells von Porter verdeutlicht der Verfasser, dass es
durch die Senkung von Markteintrittsbarrieren sowie durch die relativ einfache Imitierbarkeit
digitaler Produkte zu einer steigenden Anzahl an neuen Konkurrenten und Substitutionspro-
dukten und damit zu veränderten Bedingungen des Wettbewerbs kommen kann. Substitu-
tionsprodukte können dabei eine gesteigerte Attraktivität für die Kunden aufweisen, indem sie
nicht einfach ein digitales Pendant des physischen Produktes darstellen, sondern bspw. den
Text durch multimediale Inhalte ergänzen. Online-Systeme bieten die Möglichkeit, Produkte
und Dienstleistungen in Form von digitalen Inhalten permanent und in Echtzeit zu übermit-
teln. Dadurch können im digitalen Bereich z.B. ganz andere Grade der zeitlichen Aktualität
von Nachrichten usw. realisiert werden. Nicht zuletzt sind die günstigen Möglichkeiten einer
Reproduktion und Übertragung digitaler Produkte in ihren Auswirkungen auf Kosten und
Preise zu berücksichtigen. Besonders das Peer-to-Peer-Computing stellt die Geschäftsmodelle
zahlreicher großer Branchen wie Musikindustrie, Filmindustrie oder Buchproduktion
zunehmend in Frage.
VIII Geleitwort
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Vermarktungsprozesse zeigt der Verfasser auf,
dass virtuelle Wertschöpfungsnetzwerke digitaler Produkte entstehen können. Wie von
Rayport/Svikola 1994 vorausgesagt, wird der „Marketplace“ zunehmend vom „Marketspace“
ersetzt. Hieraus kann sich eine unmittelbare Bedrohung von Wertschöpfungsketten klassi-
scher Hersteller sowie deren Handelsstrukturen ergeben. Umgekehrt bietet sich für Anbieter
verschiedener Branchen auch die Chance, über ihre Kernkompetenzen hinaus weitere Stufen
der eigenen oder aber fremden Wertschöpfungsketten zu besetzen.
Der Verfasser arbeitet sehr zutreffend heraus, dass die Gefahr der vollständigen Eliminierung
von Zwischenhändlern bei der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte erheblich höher
ist als bei der Vermarktung physischer Produkte. Zugespitzt kann dies sogar bedeuten, dass
„die Disintermediation bis zu einem Eigenvertrieb der digitalen Produkte durch den Urheber
selbst“ führt. Es wird aber ebenso aufgezeigt, welche Argumente für eine Einschaltung
spezieller bzw. neuer Intermediäre sprechen. Es geht um die Fähigkeiten, den virtuellen
Leistungsaustauschprozess durch die Bündelung von Angeboten sowie durch die Sammlung
von Kundeninformationen und die anschließende Generierung von kundenspezifischen Ange-
boten effizienter zu gestalten und zu unterstützen. Je nach Kontextfaktoren überwiegen in den
Märkten Tendenzen einer Disintermediation oder Tendenzen einer Re- bzw. Cybermediation.
Besonders interessant sind auch einzelne Beispiele und Darlegungen zum Innovationspoten-
zial digitaler Produkte. Hier zeichnen sich möglicherweise auch Auswege für die wiederholt
als bedroht gekennzeichneten Industrien in Richtung tragfähiger neuer Geschäftsmodelle ab.
Dabei geht es aber nicht nur um Wettbewerbsvorteile im Sinne nicht-ökonomischer
Erfolgskriterien, sondern im Endeffekt um Fragen der Wirtschaftlichkeitsrechnung bzw. der
Erfolgsplanung und -kontrolle digitaler Produkte. Speziell die Kostensenkungspotenziale im
Zusammenhang mit Produktion und Vermarktung digitaler Produkte können als spektakulär
angesehen werden. Entsprechende Beispiele und Überlegungen zu der Kosten- und Auszah-
lungsseite runden das Bild ab.
Insgesamt gesehen hat sich der Verfasser ein Thema gewählt, das einerseits hoch relevant für
Wissenschaft und Praxis, andererseits aber bislang noch nicht genügend in Breite und Tiefe
erschlossen ist. Die Arbeit von Herrn Schmidt trägt in überzeugender Weise dazu bei,
vorhandene Lücken auf diesem Gebiet zu schließen, indem das Thema sowohl aus der Sicht
der Betriebswirtschaftslehre als auch aus informationstechnologischer Sicht behandelt wird;
ihr kann daher nur eine entsprechende Beachtung in Forschung und Praxis gewünscht werden.
Prof. Dr. Jörg Link
Vorwort
Die bisherigen Entwicklungen im Bereich der neuen Informations- und Kommunikations-
technologien haben gezeigt, dass die Digitalisierung von Produkten zu revolutionären
Veränderungen innerhalb der an der Herstellung und dem Austauschprozess beteiligten
Branchen geführt hat. Angebote wie beispielsweise das von Apple (iTunes) haben auf
Angebotsseite bereits wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle hervorgebracht, die von
einer steigenden Kauf- und Zahlungsbereitschaft der Konsumenten gekennzeichnet sind. Für
die betroffenen Branchen ist die Entwicklung von Geschäfts- und Erlösmodellen von höchster
Bedeutung, um vordergründig mit Einnahmen aus dem Online-Handel die mit dem kostenlo-
sen Austausch von urheberrechtlichen Inhalten einhergehenden Einnahmeausfälle zu
kompensieren.
Auf Unternehmensseite wird mit dem Aufbau von Geschäfts- und Erlösmodellen für die
Online-Vermarktung digitaler Produkte vor allem das Online Marketing revolutioniert. Der
Einsatz digitaler Produkte ermöglicht eine voll automatisierte Abwicklung der Stufen der
Wertschöpfungsprozesse. Neben der Geschäftsanbahnung können auch die Phasen der
Geschäftsabwicklung und der Auslieferung netzbasiert erfolgen.
Digitale Inhalte gewinnen darüber hinaus durch die Entwicklungen im Internet auch in
jüngster Zeit weiter an Bedeutung: Das Web 2.0 und damit die neue Welt der „Communities“,
„Weblogs“ und „Podcasts“ führen zu einer stärkeren Vernetzbarkeit und Interaktion der
Teilnehmer untereinander. Digitale Inhalte wie Texte, Bilder und Videos werden immer
häufiger vom Nutzer selbst generiert und der Allgemeinheit über das Internet zur Verfügung
gestellt.
Aufgrund der mehrjährigen Auswertung umfangreicher Literatur rund um die Themen
Electronic Business und Online Marketing ist deutlich geworden, dass eine tiefgründige
systematische Abhandlung der strategischen Wirkungspotenziale und operativen Handlungs-
optionen digitaler Produkte in der betriebswirtschaftlichen Forschung noch nicht ausreichend
erfolgt ist.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich bei der vorliegenden Thematik um ein stark
interdisziplinäres Themengebiet handelt. Beeinflusst werden die folgenden Darlegungen nicht
nur von Seiten der Betriebswirtschaft und darin von dem Instrumentarium des Online
Marketing und Marketing-Controlling, sondern die Ausführungen sind auch gekennzeichnet
von wirtschaftstheoretischen und technologischen Überlegungen.
Infolgedessen besteht das Ziel der Arbeit darin, die noch bestehende Forschungslücke durch
eine interdisziplinäre wissenschaftliche, auf einer Literaturanalyse basierenden Durchdrin-
gung der Thematik „digitaler Produkte“ zu schließen.
X
Die vorliegende Arbeit ist während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Lehrstuhl Controlling & Organisation der Universität Kassel in den Jahren zwischen 2000
und 2004 entstanden. Mein ganz besonderer Dank in diesem Zusammenhang gilt dem Lehr-
stuhlinhaber und Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Jörg Link, der mir stets genügend Freiraum für
meine Forschungsarbeit einräumte und mich zudem mit wertvollen Hinweisen bei der The-
menfindung und Ausarbeitung unterstützte.
Herrn Prof. Dr. Udo Winand von der Universität Kassel danke ich an dieser Stelle nochmals
für die Übernahme des Zweitgutachtens. Auch meinen damaligen Kolleginnen und Kollegen
am Lehrstuhl, Frau Dr. Daniela Tiedtke und Herrn Dr. Thorsten Grandjot, gilt mein
besonderer Dank für die interessanten Diskussionen und zahlreichen Anregungen. Frau
Marion Kestner danke ich für die Hilfestellung bei den Endformatierungen des Manuskriptes.
Gewidmet habe ich die Arbeit meinen Eltern sowie meiner Freundin Katarina, die mich
allesamt in dieser interessanten und abwechslungsreichen Zeit intensiv unterstützt und zur
Erstellung dieser Arbeit ermutigt haben.
Diese Arbeit hat den Förderpreis der Mobile Collaboration GmbH 2007 erhalten. Mit diesem
Preis zeichnet die Mobile Collaboration GmbH (www.mobile-collaboration.com), ein europa-
weit tätiger Anbieter von Softwarelösungen für mobile Geschäftsprozesse, wegweisende wis-
senschaftliche Arbeiten aus, die den revolutionären Charakter des Mobile Business – eben des
Weges vom "market place" zum "market space" – herausarbeiten und dessen wirtschaftliche
oder technische Bedeutung aufzeigen.
Dr. Sebastian Schmidt
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort................................................................................................................................VII
Vorwort……………….............................................................................................................IX
Inhaltsverzeichnis.....................................................................................................................XI
Abbildungsverzeichnis.........................................................................................................XVII
Tabellenverzeichnis...............................................................................................................XIX
Abkürzungsverzeichnis..........................................................................................................XXI
1 Problemstellung und Zielsetzung ................................................................... 1
1.1 Digitale Produkte: Die Revolution im Online Marketing?.......................................... 1
1.2 Zielsetzung und wissenschaftliche Einordnung der Arbeit ......................................... 2
1.3 Aufbau der Arbeit ........................................................................................................ 5
2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht ................................................................................................................ 9
2.1 Digitalisierung als elektronisches Grundprinzip ......................................................... 9
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik................................ 10
2.2.1 Digitale Produkte als immaterielle Güter......................................................... 13 2.2.2 Elektronische Dienstleistungen und digitale Produkte .................................... 14
2.2.2.1 Grundlagen: Von Dienstleistungen zu „E-Services“............................... 14 2.2.2.2 Abgrenzung zu digitalen Produkten ........................................................ 16 2.2.2.3 „E-Services“ im mobilen Internet ........................................................... 17
2.2.3 Elektronische Informationen und digitale Produkte ........................................ 19 2.2.3.1 Grundlagen: Informationen als Wirtschaftsgüter .................................... 19 2.2.3.2 Abgrenzung zu digitalen Produkten ........................................................ 19
2.2.4 Sonstige immaterielle Realgüter und digitale Produkte................................... 20
2.3 Begriffsbestimmung digitaler Produkte..................................................................... 21
2.3.1 Definitorische Ansätze in der internationalen Literatur................................... 21 2.3.2 Die Arbeitsdefinition des Begriffs ................................................................... 26
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte ........................................ 27
2.4.1 Die digitale Ökonomie ..................................................................................... 29 2.4.2 Digitale Produkte in der Medienökonomie ...................................................... 30
XII Inhaltsverzeichnis
2.4.3 Die Institutionenökonomie............................................................................... 32 2.4.4 Ökonomische Eigenschaften digitaler Produkte .............................................. 33
2.4.4.1 Digitale Produkte als Erfahrungsgüter .................................................... 34 2.4.4.2 Digitale Produkte als öffentliche Güter ................................................... 37 2.4.4.3 Skaleneffekte ........................................................................................... 38 2.4.4.4 Netzeffekte .............................................................................................. 41
3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing . 45
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung ........................ 45
3.1.1 Marketing: Die Führung des Unternehmens vom Markt her ........................... 45 3.1.2 Die zunehmende Relevanz des kundenindividuellen Marketing ..................... 48
3.1.2.1 Die Entwicklung des Individualmarketing.............................................. 48 3.1.2.2 Die zunehmende Bedeutung des Direktmarketing .................................. 51
3.1.3 Die technologische Basis der Kundenorientierung .......................................... 52 3.1.3.1 Database Marketing................................................................................. 53 3.1.3.2 Das stationäre und mobile Online Marketing.......................................... 54
3.1.3.2.1 Das stationäre Online Marketing ................................................... 56 3.1.3.2.1.1 Begriffsbestimmung ................................................. 56 3.1.3.2.1.2 Kundenbindung im stationären Online Marketing... 57
3.1.3.2.2 Das mobile Online Marketing........................................................ 59 3.1.3.2.2.1 Begriffsbestimmung ................................................. 59 3.1.3.2.2.2 Kundenbindung im mobilen Online Marketing ....... 60
3.1.3.2.3 Das quasi stationäre Online Marketing.......................................... 62 3.1.4 Geschäftsmodelle des stationären und mobilen Online Marketing.................. 64
3.1.4.1 Definitorische Grundlagen ...................................................................... 64 3.1.4.2 Die Systematik relevanter Geschäftsmodelle.......................................... 65
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix............................................... 67
3.2.1 Distribution, Distributionspolitik und Distributionsmanagement.................... 67 3.2.2 Das Distributionssystem................................................................................... 68 3.2.3 Die akquisitorische Distribution ...................................................................... 70 3.2.4 Die physische Distribution............................................................................... 73
3.2.4.1 Begriffsbestimmung ................................................................................ 73 3.2.4.2 Das physische Distributionssystem ......................................................... 75
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing .................. 77
3.3.1 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile ........................................... 77 3.3.2 Die Bedeutung der Wertekette als strategisches Analyseinstrument ............... 81 3.3.3 Die Transformation strategischer Wettbewerbsvorteile in ökonomische
Erfolgsfaktoren ................................................................................................ 83 3.3.3.1 Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsrechnung.......................................... 83 3.3.3.2 Grundlagen der Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle ............................ 87
4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing ........................................................................... 91
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis .............................................................. 92
4.1.1 Die Thematik in der deutschen und englischsprachigen Literatur................... 92 4.1.2 Paid Content als Geschäftsmodell der Zukunft................................................ 96
Inhaltsverzeichnis XIII
4.1.3 Die gesamtwirtschaftliche und wettbewerbsstrategische Bedeutung digitaler Produkte........................................................................................... 100
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte............ 107
4.2.1 Stationäre und mobile Online-Systeme als netzbasierte Logistiksysteme digitaler Produkte........................................................................................... 109
4.2.1.1 Der Entstehungsprozess interaktiver multimedialer Online-Systeme... 109 4.2.1.2 Aufgaben und Funktionen von Online-Systemen ................................. 113 4.2.1.3 Charakteristika von Online-Systemen................................................... 116
4.2.2 Arten von Online-Systemen........................................................................... 119 4.2.2.1 Das Internet ........................................................................................... 119 4.2.2.2 Peer-to-Peer-Computing........................................................................ 123
4.2.3 Stationäre und mobile Netzinfrastrukturen digitaler Produkte ...................... 124 4.2.3.1 Die zunehmende Bedeutung von Breitbandtechnologien ..................... 124 4.2.3.2 OnDemand und Streaming-Technologien............................................. 126 4.2.3.3 Das Push- und Pull-Verfahren............................................................... 1274.2.3.4 Kompressionsverfahren......................................................................... 1284.2.3.5 Digital-Rights-Management-Systeme ................................................... 130
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte auf das stationäre und mobile Online Marketing .................................................................................. 132
4.3.1 Die vollständige Digitalisierung der Vermarktungsprozesse......................... 132 4.3.1.1 Der elektronische Geschäftsverkehr digitaler Produkte ........................ 133 4.3.1.2 Das virtuelle Wertschöpfungsnetzwerk digitaler Produkte................... 135 4.3.1.3 Der vollautomatisierte Verkaufsprozess digitaler Produkte.................. 140
Exkurs: Die Vollkommenheit der Automatisierung durch CHS ................................... 143
4.3.2 Die Online-Distributionspolitik digitaler Produkte........................................ 144 4.3.2.1 Das Leistungspotenzial von Online-Distributionskanälen .................... 145 4.3.2.2 Die Besonderheiten der Online-Distribution digitaler Produkte ........... 151
4.3.2.2.1 Auswirkungen auf Handelsstrukturen ......................................... 153 4.3.2.2.2 Die Ausschaltung physischer Distributionsprozesse ................... 158
4.3.2.3 Das Online-Distributionssystem digitaler Produkte.............................. 159 4.3.2.3.1 Die Online-Distribution über stationäre und mobile Portale ....... 164 4.3.2.3.1.1 Das Wertschöpfungsnetzwerk stationärer und mobiler Portale 164 4.3.2.3.1.2 Geschäftsmodellarten stationärer und mobiler Portale ............. 167 4.3.2.3.1.3 Besonderheiten und Beispiele mobiler Online-Portale............. 171 4.3.2.3.2 Filesharing-Netzwerke als Distributionskanäle digitaler
Produkte....................................................................................... 174 4.3.2.3.2.1 Grundlagen der kommerziellen Nutzung von Filesharing-
Netzwerken .................................................................................. 174 4.3.2.3.2.2 Das Wertschöpfungsnetzwerk von Online-Tauschbörsen ........ 176
4.3.3 Die Online-Produktpolitik digitaler Produkte................................................ 179 4.3.3.1 Produktionsspezifische Merkmale digitaler Produkte........................... 180 4.3.3.2 Klassifikationsmöglichkeiten digitaler Produkte .................................. 181 4.3.3.3 Die besonderen Gestaltungsanforderungen digitaler Produkte ............. 183
4.3.3.3.1 Angebotsqualität .......................................................................... 1854.3.3.3.2 Usability....................................................................................... 185 4.3.3.3.3 Exklusivität .................................................................................. 187
XIV Inhaltsverzeichnis
4.3.3.3.4 Komplexität ................................................................................. 1874.3.3.3.5 Vermarktungsfähigkeit und Markttransparenz ............................ 189 4.3.3.3.6 Abschließende Erläuterungen ...................................................... 190
4.3.3.4 Das Innovationspotenzial digitaler Produkte......................................... 191 4.3.3.4.1 Das „Cross-Media“ Potenzial digitaler Produkte ........................ 192 4.3.3.4.2 Digitale Produkte des mobilen Internet ....................................... 194 4.3.3.4.3 Das Individualisierungspotenzial................................................. 196 4.3.3.4.4 Digitale Produkte als Produktbündel ........................................... 197 4.3.3.4.5 Weitere Entwicklungspotenziale ................................................. 198
4.3.3.5 Die Bedeutung der Markenpolitik digitaler Produkte ........................... 201 4.3.3.5.1 Aufgaben und Funktionen von Marken im Online Marketing .... 201 4.3.3.5.2 Die Markenführung digitaler Produkte........................................ 204
4.3.4 Die Online-Kommunikationspolitik digitaler Produkte................................. 205 4.3.4.1 Instrumente der Online-Werbung im stationären Internet..................... 206 4.3.4.2 Instrumente der Online-Werbung im mobilen Internet ......................... 208
4.3.5 Die Online-Preispolitik digitaler Produkte..................................................... 2094.3.5.1 Grundlagen der Online-Preispolitik digitaler Produkte......................... 210 4.3.5.2 Die Bedeutung direkter Erlösmodelle ................................................... 211 4.3.5.3 Elektronische Zahlungssysteme ............................................................ 214 4.3.5.4 Preisstrategische Ansätze ...................................................................... 217
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte ............ 220
4.4.1 Die Systematisierung ausgewählter Wettbewerbsvorteile ............................. 221 4.4.1.1 Wettbewerbsvorteile durch Schnelligkeit.............................................. 222 4.4.1.2 Wettbewerbsvorteile durch Individualisierung ..................................... 223 4.4.1.3 Wettbewerbsvorteile durch Convenience.............................................. 224 4.4.1.4 Wettbewerbsvorteile durch Multifunktionalität und Multimedialität ... 225 4.4.1.5 Wettbewerbsvorteile durch Vertrauenswürdigkeit................................ 226 4.4.1.6 Wettbewerbsvorteile durch Kostenvorteile ........................................... 228
4.4.2 Analyse der ökonomischen Erfolgsfaktoren digitaler Produkte .................... 230 4.4.2.1 Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung digitaler Produkte............. 231
4.4.2.1.1 Die Analyse der Einzahlungsseite ............................................... 232 4.4.2.1.1.1 Die Systematisierung der Einsparpotenziale ............................ 234 4.4.2.1.1.2 Einsparpotenziale am Beispiel eines Musikproduktes.............. 237 4.4.2.1.2 Die Analyse der Investitionsseite ................................................ 239 4.4.2.1.3 Die Ermittlung des Kapitalwertes................................................ 241
4.4.2.2 Verfahren der Erfolgsplanung und -kontrolle digitaler Produkte.......... 243 4.4.2.2.1 Die Erfolgsplanung und -kontrolle im stationären
Online Marketing......................................................................... 246 4.4.2.2.2 Die Erfolgsplanung und -kontrolle im mobilen
Online Marketing......................................................................... 246 4.4.2.3 Messverfahren der Online-Werbung ..................................................... 248
4.4.2.3.1 Messverfahren im stationären Internet ........................................ 248 4.4.2.3.2 Messverfahren im mobilen Internet ............................................. 249
4.4.2.4 Anwendungsmöglichkeiten des Data Mining ....................................... 249 4.4.2.5 Die Korrelation zwischen Online-Systemen digitaler Produkte und
Unternehmenserfolg.............................................................................. 250 4.4.3 Erfolgsverhindernde Wirkungen digitaler Produkte ...................................... 251
4.4.3.1 Nutzerseitige Restriktionen ................................................................... 252
Inhaltsverzeichnis XV
4.4.3.2 Anbieterseitige Restriktionen ................................................................ 254
5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit ............................................... 261
5.1 Der Online Marketingprozess digitaler Produkte .................................................... 261
5.1.1 Ökonomische und produktspezifische Ebene ................................................ 263 5.1.2 Strategische Ebene ......................................................................................... 264 5.1.3 Geschäftsmodellebene.................................................................................... 266 5.1.4 Marketing-Controlling-Ebene ........................................................................ 270
5.2 Ausblick und weiterer Forschungsbedarf ................................................................ 271
Literaturverzeichnis................................................................................................................ 273
Verzeichnis der Internetquellen ............................................................................................. 327
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das Gliederungsmodell der Untersuchung .......................................................... 5
Abbildung 2: Die erweiterte Gütersystematik nach Maleri ..................................................... 12
Abbildung 3: Abgrenzung von digitalen und physischen Gütern ............................................ 14
Abbildung 4: Die ökonomischen Bezugspunkte digitaler Produkte ........................................ 28
Abbildung 5: Fixkostendegressionseffekt digitaler Produkte .................................................. 39
Abbildung 6: Entstehungsmechanismen von Netzeffekten ..................................................... 41
Abbildung 7: Vom Massenmarketing zum Individualmarketing............................................. 49
Abbildung 8: Das interaktive Direktmarketing im Marketing-Mix ......................................... 52
Abbildung 9: Instrumente des stationären und mobilen Online Marketing ............................. 55
Abbildung 10: Elemente eines erfolgreichen eCRM ............................................................... 58
Abbildung 11: Vermarktungsrelevante Unterschiede des stationären und mobilen Internet... 60
Abbildung 12: Elemente eines erfolgreichen mCRM.............................................................. 61
Abbildung 13: Die Konvergenz des stationären und mobilen Online Marketing.................... 63
Abbildung 14: Die Geschäftsmodelltypologien nach Wirtz .................................................... 65
Abbildung 15: Die Dimensionen der Distributionsfunktion .................................................... 69
Abbildung 16: Die Abatzwege der Hersteller .......................................................................... 71
Abbildung 17: Vor- und Nachteile der Absatzwege ................................................................ 72
Abbildung 18: Das physische Distributionssystem als Subsystem der Logistik ..................... 76
Abbildung 19: Wettbewerbsvorteile des stationären und mobilen Online Marketing............. 81
Abbildung 20: Die Beeinflussung der Wertschöpfungskette durch stationäre und mobile
Online-Systeme ............................................................................................... 83
Abbildung 21: Zur Umsetzbarkeit von Wettbewerbsvorteilen in monetäre Größen ............... 89
Abbildung 22: Die Anbieterstruktur digitaler Produkte......................................................... 101
Abbildung 23: Das strategische Wirkungsmodell digitaler Produkte.................................... 103
Abbildung 24: Das netzbasierte Logistiksystem digitaler Produkte ...................................... 108
Abbildung 25: Die Medienkonvergenz digitaler Produkte .................................................... 110
Abbildung 26: Die Technologiebasis des Internet ................................................................. 121
Abbildung 27: Abgrenzung verschiedener Netzwerktypen ................................................... 122
Abbildung 28: Prozessverändernde Wirkungen digitaler Produkte im Online Marketing .... 133
Abbildung 29: Das Wertschöpfungsnetzwerk digitaler Produkte.......................................... 137
Abbildung 30: Der vollautomatisierte Verkaufsprozess digitaler Produkte .......................... 140
XVIII Abbildungsverzeichnis
Abbildung 31: Die Systematik vermarktungsrelevanter Informationsarten digitaler
Produkte......................................................................................................... 142
Abbildung 32: Die Vollautomatisierung des CHS................................................................. 144
Abbildung 33: Nutzendimensionen netzbasierter Online-Distributionssysteme ................... 151
Abbildung 34: Die Online-Distribution digitaler Produkte.................................................... 153
Abbildung 35: Beispiel einer Disintermediation im Verlagswesen ....................................... 155
Abbildung 36: Die Wertschöpfungskette stationärer und mobiler Portale ............................ 166
Abbildung 37: Geschäftsmodelle der Portalanbieter ............................................................. 169
Abbildung 38: Online Portale als Bestandteil mobiler Wertschöpfungsketten...................... 172
Abbildung 39: Die Wertschöpfungskette der Online-Tauschbörsen. .................................... 177
Abbildung 40: Anforderungen an ein kostenpflichtiges Online-Angebot ............................. 183
Abbildung 41: Das Substitutionspotenzial digitaler Produkte ............................................... 191
Abbildung 42: Aufgaben und Funktionen der immateriellen Marke..................................... 203
Abbildung 43: Die Wertschöpfung virtueller Marken im stationären und mobilen Online
Marketing....................................................................................................... 205
Abbildung 44: Die Erlösmodellsystematik digitaler Produkte .............................................. 212
Abbildung 45: Preisstrategien digitaler Produkte .................................................................. 218
Abbildung 46: Das E-Controlling digitaler Produkte ............................................................ 231
Abbildung 47: Datenerhebungsverfahren des stationären und mobilen Online Marketing... 245
Abbildung 48: Der Online-Marketingprozess digitaler Produkte .......................................... 263
Abbildung 49: Das Online-Erfolgsmodell digitaler Produkte................................................ 266
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ausgewählte Definitionen digitaler Produkte......................................................... 23
Tabelle 2: Die Stückkostendegression digitaler Produkte........................................................ 40
Tabelle 3: Ausgewählte wissenschaftliche Publikationen zur Thematik digitaler Produkte ... 95
Tabelle 4: Ausgewählte Studien und sonstige Veröffentlichungen mit Schwerpunkt Paid
Content .................................................................................................................... 98
Tabelle 5: Charakteristika stationärer und mobiler Online-Systeme digitaler Produkte ...... 119
Tabelle 6: Das Leistungspotenzial von Online-Absatzkanälen für digitale Produkte ........... 146
Tabelle 7: Bedrohungspotenziale des klassischen Handels durch Intermediationseffekte .... 158
Tabelle 8: Das Distributionssystem digitaler Produkte.......................................................... 161
Tabelle 9: Die wertstiftenden Faktoren digitaler Produkte .................................................... 184
Tabelle 10: Merkmale softwarebasierter elektronischer Zahlungssysteme ........................... 216
Tabelle 11: Kostensenkungspotenziale am Beispiel einer Musik-CD ................................... 238
Abkürzungsverzeichnis
3G Third Generation [Mobilfunkdienste der dritten Generation]
ADSL Asymmetrical Digital Subscriber Line
AOL America OnLine
ARPU Average Revenue per User
Aufl. Auflage
b2a Business to Administration
b2b Business to Business
b2c Business to Consumer
b2e Business to Employee
bearb. bearbeitete
Bit binary digit
BMG Bertelsmann Music Group
bspw. Beispielsweise
BTX Bildschirmtext
BWL Betriebswirtschaftslehre
bzw. beziehungsweise
c2c Consumer to Consumer
CAS Computer Aided Selling
CEO Chief Executive Officer
CD Compact Disc
CD-ROM Compact Disc Read Only Memory
CD-RW Compact Disc Re-Recordable
CHS Computer Handled Selling
CIB Computer Integrated Business
CRM Customer Relationship Management
DBM Database Marketing
DFÜ Datenfernübertragung
d. h. das heißt
DHWG Digital Home Working Group
DHTML Dynamic Hypertext Markup Language
doc Document
DRM Digital Rights Management
XXII Abkürzungsverzeichnis
DRMS Digital Rights Management Systeme
durchges. durchgesehene
DVD Digital Versatile Disc
DVD-R Digital Versatile Disc Recordable
EAA Electronic Aided Acting
eBooks Electronic Books
E-Business Electronic Business
EC Electronic Commerce
E-Cards Electronic Cards
E-Commerce Electronic Commerce
eCRM Electronic Customer Relationship Management
E-Economy Electronic Economy
e. g. for example
E-Government Electronic Government
ebd. Ebenda
EH Einzelhandel
EHS Electronic Home Shopping
EIPS Electronic Information Products or Services
E-Learningsysteme Electronic Learningsysteme
EDI Electronic Data Interchange (Elektronischer Datenaustausch)
EMA Elektronic Mohile assistano
E-Mail Electronic Mail
erg. ergänzte
erw. erweiterte
E-Services Electronic Services
et. al. et alia / et alii
etc. et cetera
EU Europäische Union
e. V. eingetragener Verein
evtl. eventuell
F&E Forschung und Entwicklung
FAQ Frequently Asked Questions
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff. fortfolgende
Abkürzungsverzeichnis XXIII
ffm Frankfurt am Main
f. folgende
FMC Fixed Mobile Convergence
FTP File Transfer Protocol
Gbit/s Gigabit pro Sekunde
GEMA Gesellschaft für Musikalische Aufführungs- und
Mechanische Vervielfältigungsrechte
GfK Gesellschaft für Konsumentenforschung
GPRS General Packet Radio Service
GSM Global System for Mobile Communication
HBR Harvard Business Review
Herv. d. d. V Hervorhebung durch den Verfasser
HMD Handbuch Moderne Datenverarbeitung
Hrsg. Herausgeber
HSCSD High Speed Circuit Switched Data
HTML Hyper Text Markup Language
HTTP Hyper Text Transfer Protocol
i. d. R. in der Regel
i. e. S. im engeren Sinn
i. S. v. im Sinne von
i. V. m. im Vergleich mit
i. Vgl. im Vergleich
i. w. S. im weiteren Sinne
ID Identification
insb. Insbesondere
IM Instant Messaging
IP Internet Protocol
IRC Internet Relay Chat
ISDN Integrated Service Digital Network
ISP Internet Service Provider
IT Informationstechnologie
IuK/ IukT Informations- und Kommunikationstechnologie
Jg. Jahrgang
jpg JPEG
XXIV Abkürzungsverzeichnis
JPEG Joint Photographic Experts Group
KB Kilobit
Kbit/s Kilobit pro Sekunde
kbp/s Kilobit per second
KDD Knowledge Discovery in Databases
KIS Kundenorientierte Informationssysteme
korr. korrigierte
KW Kapitalwert
LAN Local Area Network
LBS Location Based Services
LTV Lifetime Value
MAM Media Asset Management
MAN Metropolitan Area Network
MB Megabit
Mbit/s Megabit pro Sekunde
Mbp/s Megabit per second
M-Business Mobile Business
M-Commerce Mobile Commerce
mCRM mobile Customer Relationship Management
M-Economy Mobile Economy
mglw. Möglicherweise
Mio. Millionen
MIT Medienwirtschaft Informationstechnologie Telekommunikation
MMS Multi Media Messaging
MP3 MPEG 3 (Motion Picture Experts Group)
Mrd. Milliarden
Nr. Nummer
OM Online Marketing
o. S. ohne Seite
o. V. ohne Verfasser
OECD Organisation for Economic Cooperation and Development
OLAP Online Analytical Processing
P2P Peer to Peer
PC Personal Computer
Abkürzungsverzeichnis XXV
PDA Personal Digital Assistant
PDF Portable Document Format
PIN Persönliche Identifikationsnummer
POI Point Of Interest
POS Point Of Sale
RIAA Recording Industry Association of America
ROI Return on Investment
S. Seite
s. o. siehe oben
s. u. siehe unten
s. siehe
S-Commerce stationärer E-Commerce
SFAS Statement Of Financial Accounting Standards
SIM Subscriber Identification Module
SMS Short Message Service
sog. sogenannte
SSL Secure Socket Layer
TAN Transaktionsnummer
T-Business Television Business
T-Commerce Television Commerce
TCP Transmission Control Protocol
TIME-Industrien Telekommunikation, Informationstechnologie, Medien, Elektronik
TK Telekommunikation
TV Television
u. a. unter anderem/ und andere
u. U. unter Umständen
überarb. überarbeitet
UMTS Universal Mobile Telecommunication System
UrhG. Urheberrechtsgesetz
URL Uniform Resource Locator
USA United States of America
USP Unique Selling Proposition
v. a. vor allem
VDZ Verband deutscher Zeitschriftenverleger
XXVI Abkürzungsverzeichnis
vgl. Vergleiche
VHS Video Home System
VoD Video on Demand
Vol. Volumen
vollst. vollständig
vs. versus
W&V Werben und Verkaufen
WAN Wide Area Network
WAP Wireless Application Protocol
W-Lan Wireless Lan
WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium
WISU Wirtschaftsstudium
WTO World Trade Organisation
WWW World-Wide-Web
xDSL Oberbegriff für alle DSL-Systeme; das x steht zum Beispiel für A bei
ADSL
XML Extensible Markup Language
XHTML Extensible Hyper Text Markup Language
z. B. zum Beispiel
ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft
zfbf Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
zfo Zeitschrift für Führung und Organisation
z. T. zum Teil
1 Problemstellung und Zielsetzung
1.1 Digitale Produkte: Die Revolution im Online Marketing?
„Unternehmen, die heute physische Produkte verkaufen, die jedoch digitalisierbar sind,
werden eine Revolution erleben.“1
Die digitale Ökonomie ermöglicht schon heute auf der Basis der Vernetzbarkeit von Akteuren
und Infrastrukturen eine kostengünstige Erstellung, Verarbeitung und Übertragung von
digitalen Produkten. Digitale Produkte (= digitale Inhalte, digitale Leistungsangebote), wie
z.B. Software, Bücher, Filme, Zeitschriften und Musik, können mit Hilfe von innovativen
netzbasierten Logistik- und Online-Distributionssystemen (re-)produziert, verteilt, distribuiert
und multimedial dargestellt werden. Bereits in Zusammenhang mit dem Internet als
stationärem Online-System wird deutlich, dass die Verbreitung der Inhalte ohne Medienbruch
und damit in „Echtzeit“ erfolgen kann. Zu den bereits bekannten Online-Systemen des
stationären Internet kommen zunehmend Anwendungen und Technologien des mobilen
Internet hinzu, die zukünftig eine kontextbezogene, auf mobilen Endgeräten basierende
Verbreitung sowie einen Zugriff auf digitale Inhalte unabhängig von Ort und Zeit ermögli-
chen.
Die damit verbundenen Veränderungen werden hauptsächlich Unternehmen der Medien- und
Unterhaltungsbranche, z.B. Film- und Musikproduzenten, Verlage oder Softwareanbieter im
Bereich des Business-to-Consumer, betreffen, die ihre Produkte noch über klassische
Vertriebswege vermarkten.2 Besonders die zunehmende illegale Verbreitung von digitalen
Inhalten über Online-Tauschbörsen sowie das Brennen von Musik, Software und Filmen führt
innerhalb der betroffenen Branchen zu Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe.3 Für die
betroffenen Unternehmen wird deshalb der Aufbau von Online-Vermarktungskanälen sowie
die damit zusammenhängende Entwicklung von wirtschaftlich tragfähigen Geschäfts- bzw.
1 Simon, H. (2001), S. 103. 2 Vgl. ähnlich Simon (2001), S. 103. Digitale Produkte werden nicht mehr nur von der Medien- und
Unterhaltungsindustrie, sondern im Zuge der Medienkonvergenz auch von anderen Unternehmen, bspw. des Informations- und Kommunikationssektors oder der Telekommunikations- und Finanzbranche produziert und vermarktet. Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher nicht explizit nur auf die Medien- und Unterhaltungsindustrie, sondern auf alle Branchen, in denen digitalisierte Produkte als marktfähige Leistun-gen angeboten und nachgefragt werden (z.B. Telekommunikationsbranche). Im Mittelpunkt steht der private Endkundenmarkt, wobei die Marktpartner klassischerweise die Anbieter digitaler Produkte (= Inhalteanbie-ter) auf der einen und die Endabnehmer (= Nutzer, Nachfrager, Rezipienten) auf der anderen Seite sind. Dies schließt allerdings nicht aus, dass sich auch einige der angesprochenen Sachverhalte auf Geschäftsbeziehun-gen zwischen Hersteller und Handel bzw. Handel und Endabnehmer beziehen können.
3 So belaufen sich im Jahre 2002 die weltweiten Verluste durch illegale Raubkopien schätzungsweise auf 4,6 Milliarden Dollar bei Musik, 13 Milliarden Dollar bei Software und rund 4 Milliarden Dollar bei Filmen. Vgl. Balzli/Kerbusk/Rosenbach/Schulz (2003). Zudem ist auch die Spielebranche betroffen: Alleine 2002 wurden weltweit rund 54 Millionen Computer- und Konsolenspiele unentgeltlich auf CD kopiert. Vgl. Kröher (2003), S. 110.
2 1 Problemstellung und Zielsetzung
Erlösmodellen immer bedeutender, um den andauernden, bislang nie gekannten Umsatz-
einbrüchen der Branche entgegenzuwirken.
Im Zuge des Aufbaus von innovativen Geschäfts- und Erlösmodellen wird durch die
netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte vor allem das Online Marketing revolutioniert.
Dadurch wird es innerhalb des Leistungserstellungsprozesses möglich, neben der Geschäfts-
anbahnung auch die Geschäftsabwicklung und damit den gesamten Leistungs-
erstellungsprozess vollautomatisiert abzuwickeln. Die netzbasierte Vermarktung digitaler
Produkte hat damit nicht nur Auswirkungen auf die Distributions- und Logistiksysteme;
vielmehr wirkt sich diese auch auf alle anderen Instrumente des Online Marketing aus. Dies
bedeutet nicht, dass es innerhalb des herkömmlichen elektronischen Geschäftsverkehrs mit
physischer Auslieferung elektronisch bestellter Produkte nicht ähnliche Entwicklungen, zum
Beispiel hinsichtlich der Veränderungen von Wertschöpfungsketten und Distributionssys-
temen, der Intensivierung von Beziehungen zwischen Leistungsanbieter und Endabnehmer
oder der Steigerung des Kundennutzens durch Online-Systeme wie das Internet, gegeben hat.
Durch den Einsatz digitaler Produkte innerhalb von Vermarktungsprozessen werden
allerdings die bei dem Online-Vertrieb physischer Güter noch vorhandenen physischen
Warenströme vollständig durch netzbasierte Datenströme ersetzt, was wiederum revolutionäre
Auswirkungen auf das gesamte (Online-)Marketing-Mix der Unternehmen hat. Infolgedessen
werden Online-Anbieter in Zukunft zunehmend vor neue organisatorische, rechtliche und
technische Herausforderungen gestellt. Zu dieser Erkenntnis kamen auch schon Choi et al.
(1997): „The business of digital products is radically advanced from conventional electronic
commerce areas, and requires further developments in […] for example communications and
distribution infrastructure, electronic payment systems, appropriate laws regarding copyright
and so on.“4
1.2 Zielsetzung und wissenschaftliche Einordnung der Arbeit
Die netzbasierte Bereitstellung digitaler Produkte im stationären Internet wird bisher
vorwiegend über indirekte Erlösmodelle und innerhalb derer vor allem aus der Schaltung von
Online-Werbung refinanziert. Das Ziel der Anbieter besteht darin, durch die Bereitstellung
digitaler Inhalte möglichst viele Nutzer für das eigene Online-Angebot zu gewinnen. Als
Folge können zwar die Werbeeinnahmen für das jeweilige Online-Angebot erhöht werden,
gleichzeitig ergibt sich aber auch eine größere Abhängigkeit vom Online-Werbemarkt sowie
eine weitere Zunahme der vorherrschenden „Kostenlos-Kultur“ und damit von bislang
fehlenden Einnahmen aus der Vermarktung digitaler Produkte. An dieser Stelle ist zu erwäh-
nen, dass fehlende Einnahmen aus dem direkten Abverkauf digitaler Produkte vor allem im
4 Choi et al. (1997), S. 17.
1.2 Zielsetzung und wissenschaftliche Einordnung der Arbeit 3
stationären Internet entstehen. Im mobilen Internet hingegen ist zwar eine Quersubven-
tionierung durch mobile Online-Werbung möglich, die Etablierung einer „Kostenlos-Kultur“
wird allerdings durch die Basistechnologien und Abrechnungssysteme des Mobile Commerce
weitestgehend ausgeschlossen.
Trotz dieser Feststellung müssen zukünftig auch Anbieter im mobilen Internet die netzbasier-
te Vermarktung digitaler Inhalte durch entsprechende Geschäftsmodelle sicherstellen.
Anbieter digitaler Produkte versuchen deshalb in jüngster Zeit verstärkt Geschäftsmodelle zu
entwickeln, die einen nach wirtschaftlichen Kriterien sinnvollen Einsatz digitaler Produkte als
Vermarktungsobjekte sowohl im stationären als auch im mobilen Internet möglich machen.
Derartige Geschäftsmodelle, die in praxi vor allem unter dem (Mode-)Begriff des „Paid
Content“ diskutiert werden, haben das Ziel, die bisher noch weitläufig vorherrschende
„Kostenlos-Kultur“ durch einen auf direkten Erlösmodellen basierenden Online-Vertrieb zu
ersetzen.
Im Hinblick auf die wachsende Zahlungsbereitschaft der Online-Nutzer für hochwertige
exklusive Inhalte werden bisher in den meisten Fällen allerdings nur unbedeutende Umsätze
mit direkten Erlösen erzielt. Die Ursachen der noch vorherrschenden Nicht-Akzeptanz von
Paid-Content-Geschäftsmodellen liegen dagegen nicht an einem mangelnden Interesse an
digitalen Inhalten, wie bspw. die steigenden Teilnehmerzahlen in Online-Tauschbörsen
eindruckvoll demonstrieren. Vielmehr wurde es bisher von Seiten der Anbieter versäumt,
einen ganzheitlichen vermarktungs- und kundenorientierten Ansatz zu entwickeln, der sowohl
die strategischen Wirkungspotenziale als auch die operative Ausgestaltung eines Online-
Geschäftsmodells digitaler Produkte berücksichtigt. Aus der Tatsache heraus, dass derartige
Geschäftsmodelle nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben bzw. dass „Bezahlinhalte“
bisher vom Nutzer nicht ausreichend akzeptiert wurden, ergeben sich in Zusammenhang mit
dem Einsatz digitaler Produkte im stationären und mobilen Online Marketing die folgenden
zentralen Fragestellungen der Arbeit:
• Welche Branchen und Produkte sind für einen Online-Markt digitaler Produkte in Zukunft
besonders relevant und welche Wettbewerbsvorteile und wettbewerbsstrategischen Stoß-
richtungen führen zu einem Erfolg?
• Wie sollen in Zukunft Online-Distributionssysteme gestaltet werden? Welche Online-
Distributionswege sind für die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte relevant?
• Wie müssen zukünftig die netzbasierten Logistiksysteme digitaler Produkte gestaltet
werden? Welche Teilsysteme bzw. Komponenten und Eigenschaften zeichnen die neuen
stationären und mobilen Online-Systeme aus?
4 1 Problemstellung und Zielsetzung
• Welche neuen Erlösmodelle und preisstrategischen Ansätze müssen eingesetzt werden
und wie gestaltet sich die elektronische Zahlungsabwicklung?
• Wie können Instrumente der Online-Werbung sowie Ansätze einer digitalen Markenfüh-
rung auf neue innovative Geschäftsmodelle digitaler Produkte ausgerichtet werden?
• Welche neuen innovativen digitalen Leistungsangebote hinsichtlich Qualität, Exklusivität
etc. werden in Relation zu ihren physischen Pendants in Zukunft entstehen und welche
Innovationspotenziale zeichnen diese aus?
• Wie lässt sich der Erfolg im Hinblick auf den Einsatz digitaler Produkte im Online
Marketing planen und kontrollieren? Welche Instrumente des Marketing-Controlling sind
in diesem Zusammenhang relevant?
• Wie gestaltet sich ein von einzelnen digitalen Produkten unabhängiges Online-
Erfolgsmodell und welche Erfolgsfaktoren müssen berücksichtigt werden?
Aufgrund der mehrjährigen Auswertung zahlreicher nationaler und internationaler Literatur
rund um die Themen Electronic Business und Online Marketing ist deutlich geworden, dass
eine tiefgründige systematische Abhandlung der strategischen Wirkungspotenziale und
operativen Handlungsoptionen digitaler Produkte in der betriebswirtschaftlichen Forschung
noch nicht erfolgt ist. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich bei der vorliegenden
Thematik um ein stark interdisziplinäres Themengebiet handelt. Beeinflusst werden die
folgenden Darlegungen nicht nur von Seiten der Betriebswirtschaft und innerhalb derer von
dem Instrumentarium des Online Marketing und des Marketing-Controlling, sondern die
Ausführungen kennzeichnen auch wirtschaftstheoretische und technologische Überlegungen.
Infolgedessen besteht das Ziel der Arbeit darin, die noch bestehende Forschungslücke durch
eine interdisziplinäre wissenschaftliche Durchdringung der Thematik „digitaler Produkte“ zu
schließen. Neben den theoretisch-wissenschaftlichen, vorwiegend aus der Internet-,
Netzwerk- bzw. Medienökonomie sowie aus der Betriebswirtschaftslehre stammenden
Betrachtungen geht es aber auch um die Entwicklung praxisorientierter Ansätze, die als
Handlungsoptionen aufgefasst und bei Bedarf im Praxisalltag verwendet werden können.
Hinsichtlich der Arbeitsmethodik wird ein rein qualitativer Forschungsansatz verfolgt, wobei
die Erkenntnisse aus einer umfassenden Auswertung einschlägiger wissenschaftlicher und
praxisnaher Literatur sowie – soweit dies dem Erkenntnisfortschritt dienlich ist – auch aus
einer Analyse von themenrelevanten Marktstudien von Verbänden, Beratungen etc. besteht.
Diese umfassende Literaturaufbereitung dient zum einen der bereits beschriebenen Zielerrei-
chung der Arbeit. Zum anderen sollen die Ergebnisse auch als Grundlage für weitere
wissenschaftliche und empirische Arbeiten und damit als eine Art Wegbereiter für eine junge,
auf digitalen Produkten im stationären und mobilen Internet basierende Forschungsrichtung
Verwendung finden.
1.3 Aufbau der Arbeit 5
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit besteht aus 5 Hauptkapiteln, die zunächst grob in der Abbildung 1
dargestellt und anschließend näher beschrieben werden.
Die Vermarktung digitaler Produkte im stationären und mobilen online Marketing
Einleitung
Digitale Produkte
Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
• Einordnung in die Gütersystematik• Begriffsbestimmung digitaler Produkte• Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte
• Ziele und Vorgehensweise• Aufbau der Arbeit
• Grundlagen und Entwicklung des Online Marketing
• Die Distributionspolitik als Untersuchungs-objekt
• Grundlagen der Wettbewerbspotentiale im stationären und mobilen Online Marketing
• Die Thematik in der Literatur• Paid-Content als Geschäftsmodell • Die wettbewerbsstrategische Bedeutung
Analyse der Auswirkungen auf das Marketing-Mix
Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile
Zusammenfassung und Darstellung der Ergebnisse
• Die vollständige Digitalisierung der Vermarktungsprozesse
• Die Online-Distributionspolitik digitaler Produkte
• Die Online-Produktpolitik digitaler Produkte• Die Online-Kommunikationspolitik digitaler
Produkte• Die Online-Preispolitik digitaler Produkte
• Wettbewerbsvorteile digitaler Produkte• Ökonomische Erfolgsfaktoren digitaler
Produkte• Erfolgsverhindernde Restriktionen
• Der Online-Marketingprozess digitaler Produkte
1
2
3
5
4
Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis
Netzbasierte Logistiksysteme digitaler Produkte
• Stationäre und mobile Online-Systeme• Stationäre und mobile Netzinfrastrukturen• OnDemand und Streaming• Digital Rights Management etc.
4.1
4.2
4.3
4.4
Fok
ussi
erun
g
Die Vermarktung digitaler Produkte im stationären und mobilen online Marketing
Einleitung
Digitale Produkte
Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
• Einordnung in die Gütersystematik• Begriffsbestimmung digitaler Produkte• Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte
• Ziele und Vorgehensweise• Aufbau der Arbeit
• Grundlagen und Entwicklung des Online Marketing
• Die Distributionspolitik als Untersuchungs-objekt
• Grundlagen der Wettbewerbspotentiale im stationären und mobilen Online Marketing
• Die Thematik in der Literatur• Paid-Content als Geschäftsmodell • Die wettbewerbsstrategische Bedeutung
Analyse der Auswirkungen auf das Marketing-Mix
Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile
Zusammenfassung und Darstellung der Ergebnisse
• Die vollständige Digitalisierung der Vermarktungsprozesse
• Die Online-Distributionspolitik digitaler Produkte
• Die Online-Produktpolitik digitaler Produkte• Die Online-Kommunikationspolitik digitaler
Produkte• Die Online-Preispolitik digitaler Produkte
• Wettbewerbsvorteile digitaler Produkte• Ökonomische Erfolgsfaktoren digitaler
Produkte• Erfolgsverhindernde Restriktionen
• Der Online-Marketingprozess digitaler Produkte
1
2
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4
Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis
Netzbasierte Logistiksysteme digitaler Produkte
• Stationäre und mobile Online-Systeme• Stationäre und mobile Netzinfrastrukturen• OnDemand und Streaming• Digital Rights Management etc.
4.1
4.2
4.3
4.4
Fok
ussi
erun
g
Abbildung 1: Das Gliederungsmodell der Untersuchung
6 1 Problemstellung und Zielsetzung
Im Anschluss an den einleitenden Teil werden in Kapitel 2 der Begriff „digitale Produkte“
definiert sowie anschließend dessen Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht dar-
gestellt. Am Anfang stehen deshalb die Beschreibung des Grundprinzips „Digitalisierung“
(Abschnitt 2.1) sowie die Definition des Begriffs und die Einordnung in die Gütersystematik
(Abschnitt 2.2). Die definitorischen Grundlagen beinhalten auch eine Abgrenzung zu den
artverwandten Begriffen der elektronischen Dienstleistungen und denen der elektronischen
Informationsprodukte sowie eine Synopse der bisherigen in der Literatur gebräuchlichen
Begriffsvarianten.
Einen weiteren Schwerpunkt des zweiten Kapitels bilden die wirtschaftstheoretischen
Bezugspunkte (Abschnitt 2.4). Zunächst werden darin die arbeitsrelevanten wirtschafts-
theoretischen Ansätze dargestellt. Anschließend folgt eine genauere Beschreibung der aus der
digitalen und Medien-Ökonomie stammenden ökonomischen Eigenschaften, die sich als
ökonomische Gesetzmäßigkeiten mit digitalen Produkten in Verbindung bringen lassen. Die
darin enthaltenen stark theoretischen Überlegungen können als sehr bedeutend angesehen
werden und sind in diesem Zusammenhang grundlegend für die weiteren Ausführungen.
Kapitel 3 als zweiter Teil des Vorkapitels behandelt die für die vorliegende Arbeit relevanten
Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing. Abschnitt 3.1 beschreibt deshalb
zunächst in komprimierter Form das Marketing als markt- und kundenorientierte Unterneh-
mensführung. Im Vordergrund der Ausführungen stehen zunächst die zunehmende Relevanz
des Marketing als kundenorientierte Unternehmensführung (Abschnitt 3.1.2) sowie die
Beschreibung der damit zusammenhängenden kundenorientierten Informationssysteme des
Database Marketing und des Online Marketing (Abschnitt 3.1.3). Innerhalb der kundenorien-
tierten Informationssysteme liegt der Schwerpunkt zum einen auf der Begriffsbestimmung des
stationären und mobilen Online Marketing. Zum anderen wird die Bedeutung derartiger
Informationssysteme als Online-Systeme der Kundenbindung herausgestellt und beschrieben.
Abschnitt 3.1 schließt dann mit der Darstellung der in der Literatur üblichen Definition und
Systematik von Geschäftsmodellen.
Der darauf folgende Abschnitt 3.2 beschreibt eingehend die Distribution als Teilfunktion des
Marketing-Mix. Die genauere Darstellung der Distribution resultiert aus der Tatsache, dass
digitale Produkte innerhalb des stationären und mobilen Online Marketings netzbasiert
ausgeliefert werden können. Der Einsatz digitaler Produkte hat damit vor allem Auswirkun-
gen auf die klassischen Distributionssysteme der Unternehmen.
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, beinhalten die zukünftigen Auswirkungen digitaler
Produkte auf das Online Marketing auch eine strategische Betrachtungsweise. Aus diesem
Grund werden in Abschnitt 3.3 die Grundlagen der Ermittlung von Wettbewerbsvorteilen im
stationären und mobilen Online Marketing dargestellt. Anschließend werden die wettbewerbs-
relevanten Stoßrichtungen nach Porter sowie die Wertekette als strategisches Analyseinstru-
1.3 Aufbau der Arbeit 7
ment näher beschrieben. Abschließend folgt in Abschnitt 3.3.3 die Darstellung der Transfor-
mation strategischer Wettbewerbsvorteile in ökonomische Erfolgsfaktoren, was vor allem
auch die Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsrechnung sowie der Erfolgsplanung und
Erfolgskontrolle beinhaltet.
Der Hauptteil der Arbeit beginnt mit Abschnitt 4.1, der den gegenwärtigen Stand der
Thematik „digitale Produkte im Online Marketing“ in Theorie und Praxis behandelt. Neben
der bisherigen Beachtung der Thematik in der Literatur wird insbesondere auch der
Praxisbezug der Arbeit herausgestellt sowie die gesamtwirtschaftliche und wettbewerbs-
strategische Bedeutung digitaler Produkte für die Unternehmenspraxis hergeleitet.
Der daran anschließende Abschnitt 4.2 gibt einen Überblick über die technologischen
Voraussetzungen für die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte und greift neben der
Beschreibung stationärer und mobiler Online-Systeme sowie der Darstellung stationärer und
mobiler Netzinfrastrukturen vor allem auch die spezifischen vermarktungsrelevanten Techno-
logien und Systeme digitaler Produkte auf, wie z.B. On Demand und Streaming, Push und
Pull, Digital-Rights-Management-Systeme etc.
Abschnitt 4.3 behandelt die vermarktungsrelevanten Auswirkungen digitaler Produkte auf das
stationäre und mobile Online Marketing und beginnt mit einer Einleitung, welche die
vollständige Digitalisierung der Vermarktungsprozesse anhand des elektronischen Geschäfts-
verkehrs, der digitalen Wertschöpfungsnetzwerke sowie der netzbasierten Verkaufsprozesse
beschreibt.
In der anschließenden Untersuchung des Online-Marketing-Mix wird zunächst die Online-
Distributionspolitik digitaler Produkte analysiert (Abschnitt 4.3.2). Im Zuge dessen werden
neben dem Leistungspotenzial und den Arten von Online-Distributionssystemen auch diverse
Besonderheiten der Online-Distribution beschrieben. Einen Schwerpunkt dieses Abschnittes
bildet zudem die Darstellung von stationären und mobilen Online-Portalen sowie von Online-
Tauschbörsen als möglichen Online-Distributionskanälen digitaler Produkte.
Die daran anschließende Online-Produktpolitik (Abschnitt 4.3.3) beinhaltet den Schwerpunkt
der Gestaltungsanforderungen sowie der Innovationspotenziale digitaler Produkte und
beschreibt diese anhand von wertgenerierenden Faktoren. Verdeutlicht werden die produkt-
spezifischen Gestaltungsanforderungen anhand eines Beispiels digitaler Musik. Abschließend
wird die Bedeutung der Marketingpolitik und der Markenführung für das Online Marketing
digitaler Produkte herausgestellt.
In Abschnitt 4.3.4 erfolgt dann eine Integration digitaler Produkte innerhalb der Online-
Kommunikationspolitik sowie deren Abstimmung auf die Instrumente der Online-Werbung
im stationären und mobilen Internet. Der Analyseteil in Bezug auf die Online-Marketing-Mix-
Instrumente endet mit Abschnitt 4.3.5, innerhalb dessen die Online-Preispolitik digitaler
8 1 Problemstellung und Zielsetzung
Produkte dargestellt wird. Darin werden neben direkten Erlösmodellen und elektronischen
Zahlungssystemen auch preisstrategische Ansätze behandelt und beschrieben.
Einen weiteren bedeutenden Schwerpunkt bildet Abschnitt 4.4, das die Erringung strategi-
scher Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte zum Inhalt hat und mit Abschnitt 4.4.1 als
Systematisierung ausgewählter Wettbewerbsvorteile beginnt. Im Anschluss daran werden
anhand der Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung sowie anhand von Verfahren der
Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle die ökonomischen Erfolgsfaktoren digitaler Produkte
analysiert und ausführlich dargestellt. Abschließend werden in Abschnitt 4.4.3 mögliche
erfolgsverhindernde Wirkungen aufgezeigt, die derzeit die netzbasierte Vermarktung digitaler
Produkte behindern. Von besonderer Bedeutung sind hierbei sowohl die anbieter- als auch die
nachfragerseitigen Restriktionen.
In Kapitel 5 erfolgen dann eine Zusammenfassung und Darstellung der Ergebnisse anhand
eines Analyserahmens. Die Systematisierung der Ergebnisse innerhalb dieses Analyse-
rahmens wird anhand eines Online-Marketingprozesses aufgezeigt, der durch verschiedene
voneinander abhängige Ebenen gekennzeichnet ist. ……………………………………….
2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer
Sicht
Seit Erscheinen meines Buches Total Digital 1995 „...hat die Unterscheidung zwischen Bits
und Atomen als Beschreibung der digitalen Welt noch an Gültigkeit gewonnen. Die Menschen
können die Konsequenzen dieser Einsen und Nullen schneller erfassen, die sich ohne
Gewicht, Größe, Gestalt und Farbe mit Lichtgeschwindigkeit bewegen“. (N. Negroponte)
2.1 Digitalisierung als elektronisches Grundprinzip
Der Begriff „digital" beinhaltet die ziffernmäßige und in Stufen erfolgende Darstellung von
Daten, wobei Digitalisierung den Prozess beschreibt, Analogsignale elektronisch gestützt in
digitale (binäre) computerlesbare Signale zu transformieren.5
Als elektronisches Grundprinzip ist Digitalisierung damit die Voraussetzung für die
multimediale Übertragung, Speicherung, Weiterverarbeitung und Wiedergabe von digitalen
Inhalten über Online-Systeme, wie das Internet.6 Durch Digitalisierung können innerhalb von
Online-Systemen vorher weitestgehend getrennte Darstellungsformate (Text, Grafik, Bild,
Sprache, Ton) unabhängig voneinander verarbeitet und je nach Anwendungszweck flexibel
miteinander kombiniert werden.7 Digitalisierung gilt darüber hinaus auch als technologische
Basis für das Zusammenwachsen verschiedener bisher getrennter Technologiebereiche der
TIME-Industrien (Telekommunikations-, Informationstechnik-, Medien- und Entertainment-
industrie).8 Die innerhalb der einzelnen Branchen vorhandenen Fest-, Mobilfunk- und Daten-
netze sowie die bestehenden Radio- und Fernsehnetze werden in Zukunft zu digitalen vernetz-
ten interaktiven Multimedia-Systemen konvergieren, was auch als „digitale Konvergenz“9
und in Zusammenhang mit neuen Medien als „Medienkonvergenz“10 bezeichnet werden kann.
5 Vgl. o.V. (2001i), S. 146 f.; Wirtz (2001), S. 23. Zum Prozess der Digitalisierung vgl. Fluckinger (1996), S. 62 ff.; Kolb (1999), S. 78 f. Eine binäre Ziffer (Bit) ist eine Maßeinheit unter der eine Ja-Nein-Entscheidung verstanden wird, was im binären Zahlensystem den Zustand 0 oder 1 bedeutet. Vgl. Kosiol (1964), S. 165. Aus dem Transformationsprozess der Digitalisierung entstehen für den Anwender verwertbare Daten, die innerhalb der Datenkommunikation über lokale, überregionale und globale elektronische Netzwerke ausgetauscht bzw. transportiert werden können. Unter Daten wollen wir für diese Arbeit in Anlehnung anHeinrich/Roithmayr Zeichen oder kontinuierliche Funktionen verstehen, die aufgrund von bekannten, vereinbarten oder unterstellten Abmachungen sowie vorrangig zum Zwecke der Verarbeitung in Informatio-nen umgewandelt werden. Vgl. weiterführend Heinrich/Roithmayr (1998), S. 136 f. sowie Krcmar (1997), S. 19 f.; Brandtweiner (2000), S. 35 f. Eng im Zusammenhang mit dem Begriff „Digitalisierung“ steht der Begriff „Virtualisierung“, der sich in seiner Ausprägung auf virtuelle Unternehmen, virtuelle Gemeinschaften und virtuelle Marktplätze bezieht. Vgl. dazu und weiterführend Latzer/Schmitz (2002), S. 144 f. sowie die Ausführungen weiter unten.
6 Vgl. im Folgenden teilweise Schmidt (2003), S. 185 f. 7 Vgl. Pispers/Riehl (1997), S. 64; Gerth (1999), S. 34 f.; Gerpott (1998), S. 20. Die Kombination verschiedener
Medientypen wird auch als Multimedia bezeichnet (siehe weiterführend den Abschnitt 4.2.1.3). 8 Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 140; Keuper (2002a), S. 609. 9 Zur digitalen Konvergenz siehe Rockenhäuser (1999). 10 Vgl. dazu auch das Kapitel 4.2.1.
10 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Des Weiteren begünstigt die zunehmende Digitalisierung den sich abzeichnenden Trend zur
Virtualisierung von Unternehmens- und Organisationsstrukturen, Arbeitsabläufen und
Produkten.11 Die Möglichkeiten der elektronischen Produktion und netzbasierten Distribution
digitaler Produkte führen letztendlich zu einer zunehmenden Verlagerung der marktlichen
Aktivitäten in Online-Systeme wie das Internet. Eng verbunden damit ist ein weiterer Trend,
der sich durch eine zunehmende Auflösung greifbarer physischer Objekte hin zu rein
elektronischen Informationen bemerkbar macht und als „Dematerialisierung“ bezeichnet
wird.12 Picot et al. (2001) sprechen in diesem Zusammenhang von „Desintegration von
Medium und Information“, was die Trennung der Information von ihren bisher gebräuchli-
chen Trägern und ihre Speicherung und Übertragung auf elektronischen Wegen beinhaltet.
Begünstigt wird dieser Trend auch von den neuesten Entwicklungen mobiler Technologien,
die zukünftig anhand mobiler Endgeräte eine kontextbezogene oder auch ortsunabhängige
Auslieferung digitaler Produkte ermöglichen. In diesem Zusammenhang führt Digitalisierung
letztendlich auch zu einer Vollautomatisierung von Geschäftsprozessen, was bedeutet, dass
alle Phasen der Leistungserstellung, d.h. von der Geschäftsanbahnung über den Vertragsab-
schluss bis hin zur Rechnungserstellung, Zahlung und Auslieferung, über ein elektronisches
Netzwerk abgewickelt werden können.13
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik
Produkte als Vermarktungsgegenstand der Unternehmen sind Grundlage jeder qualifizierten
Handels- und Marketingaktivität zwischen Marktpartnern und werden von diesen als
Unternehmensleistung im Hinblick auf ihre Fähigkeit zur Nutzenstiftung beurteilt.14 Sie sind
demnach Objekte des wirtschaftlichen Handelns und entstehen zum einen aus produktions-
wirtschaftlicher Sicht als Ausbringungsmenge wertschöpfender Transformationen von
11 Vgl. Wirtz (2000a), S. 118 f.; Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 164 sowie die Ausführungen weiter unten. Der Begriff „virtuell“ wird fachsprachlich definiert als nicht wirklich bzw. scheinbar vorhanden. Im Zusam-menhang mit Online-Systemen kann virtuell als eine Art Computersimulation der Wirklichkeit, eine künstliche Welt („Cyberspace“) bezeichnet werden, d.h., nach außen hin sind bestimmte Eigenschaften vorhanden, denen allerdings keine entsprechenden physischen/physikalischen Gegebenheiten gegenüber stehen; vgl. dazu Stockmann (1998) und die dort angegebene Literatur. Auch wenn Virtualisierung im Gegensatz zu Digitalisierung kein elektronisches Grundprinzip, sondern ein Ausdruck für etwas „scheinbar Vorhandenes“ darstellt, wollen wir in der vorliegenden Arbeit auf eine genauere Abgrenzung beider Begriffe verzichten und diese synonym verwenden. Dieser Entscheidung liegt unsere Auffassung zugrunde, dass Produkte, wenn sie erst einmal digitalisiert sind, auch keinen physischen Gegenwert mehr besitzen; sie sind dann in einem „virtuellen“ Zustand, der physische Elemente vollständig eliminiert hat.
12 Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 188. 13 Vgl. ähnlich Brandtweiner (2000), S. 33. Der Begriff „Vollautomatisierung“ bzw. auch „Automatisierung“
bezieht sich auf die Prozessautomatisierung, d.h. auf die vollautomatische Abwicklung aller am Gesamtpro-zess beteiligten Teilprozesse. Der Bergriff Automatisierung wird im Zuge dessen in der Literatur auch mit Digitalisierung gleichgesetzt. Vgl. Reichwald/Meier/Fremuth (2002), S. 9.
14 Vgl. Tietz (1993), S. 22; Herrmann/Huber (2001), S. 1389.
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik 11
Produktionsfaktoren innerhalb des Produktionsprozesses.15 Zu den Produktionsfaktoren zählt
neben Arbeit, Boden und Kapital auch der Faktor Information, der insbesondere seit der
Diskussion um die Informationsgesellschaft an wirtschaftlicher Bedeutung bei der Ausgestal-
tung des Produktionsprozesses gewonnen hat.16
In Zusammenhang mit Marketingaktivitäten dominiert zum anderen die nachfrageorientierte
Sichtweise, die Produkte als Ausbringungsgüter zur Bedürfnisbefriedigung Dritter kennzeich-
net: Ein Produkt ist, „...was einem Markt angeboten werden kann, um es zu betrachten und zu
beachten, zu erwerben, zu gebrauchen oder zu verbrauchen und somit einen Wunsch zu
erfüllen".17 Produkte als materielle und Dienstleistungen als immaterielle Güter, die als
Absatzobjekte aus dem Produktionsprozess hervorgegangen sind, werden auch als Wirt-
schaftsgüter bezeichnet.18 Dabei besteht die Aufgabe von Unternehmen darin, Güter
(Produktoren) im Markt zu beschaffen und diese anhand von bestimmten Verfahren
(Kombinationen) wiederum in Wirtschaftsgüter (Produkte) zu transformieren und auf diese
Weise im Markt abzusetzen.19 Produkte als Ausprägung wirtschaftlicher Güter sind demnach
das Ergebnis der Wertschöpfung eines Unternehmens und lassen sich dadurch charakterisie-
ren, dass ein Bedürfnis nach dem Gut besteht, das Gut zur Bedürfnisbefriedigung geeignet ist,
die Verfügbarkeit des Gutes begrenzt gegeben ist und das Gut einen Preis hat, der größer als
Null ist.20 Produkte werden in diesem Zusammenhang nicht nur als „Einzelprodukt“ am
Markt angeboten. Vielmehr können einzelne Produkte auch als „Güterbündel“ in Form eines
kombinierten Angebotes von zwei oder mehr Produkten – auch in Kombination mit Dienst-
leistungen oder Rechten – abgesetzt werden.21 Aus der Sicht des Marketings und damit aus
Vermarktungssicht werden diese Güterbündel auch als Absatzobjekte bezeichnet, die sich
15 Vgl. auch o.V. (2000e), S. 769. 16 Vgl. Schubert (2000), S. 31. Die Erweiterung der Produktionsfaktoren um den Faktor Information hat durch
die Auswirkungen auf Produktionsprozesse Einfluss und auf die dabei entstehenden Güter. Vgl. Schubert (2000), S. 32 sowie den Abschnitt weiter unten. Die Informationsgesellschaft bezeichnet den Entwicklungs-stand einer Volkswirtschaft, in der deren Teilbereiche, d.h. Unternehmen, private Haushalte etc. Informatio-nen als vorrangigen Faktor rechnergestützt nutzen. Vgl. dazu und weiterführend Ehrenberg (2001), S. 239 f.
17 Kotler (2001), S. 716. Kotler unterscheidet bei der Planung eines Produktangebotes fünf Konzeptionsebenen, die zusammengenommen für den Kunden eine Wertsteigerungsfolge darstellen. Vgl. ausführlich Kotler (2001), S. 716 ff.
18 Vgl. Kosiol (1966), S. 101. Produkte lassen sich auch nach ihrer Dauerhaftigkeit und materiellen Beschaffen-heit unterteilen in Gebrauchsgüter (langlebige Wirtschaftsgüter), Verbrauchsgüter (kurzlebige Wirtschaftsgü-ter) und Dienstleistungen. Vgl. Kotler (2001), S. 719.
19 Vgl. Kosiol (1972), S. 109. 20 Vgl. Tietz (1993), S. 22 sowie ausführlich Kosiol (1972), S. 108 ff.; Bode (1993), S. 60 ff. Um digitale
Produkte im Sinne ökonomischer Güter als Vermarktungsgegenstand zu verwenden, müssen diese auch der genannten Charakterisierung standhalten. Dies ist allerdings nicht immer der Fall: Zum einen handelt es sich bei digitalen Produkten in der Regel um freie und öffentliche Güter, die sich durch die unbegrenzte Verfüg-barkeit der Marktfähigkeit entziehen. Darüber hinaus werden noch zahlreiche digitale Inhalte zu einem Preis von „Null“ abgegeben. Neueste Entwicklungen gehen in diesem Zusammenhang allerdings in Richtung kostenpflichtiger Inhalte. Für diese Arbeit werden unter digitalen Produkten auch Inhalte verstanden, die noch umsonst angeboten werden oder deren Erlöse durch indirekte bzw. alternative Geschäfts- und Erlösmo-delle (z.B. Abonnements oder über den Zugang zu einem Online-System) finanziert werden.
21 Vgl. Priemer (2001), S. 1390.
12 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
jeweils aus mehreren gleich- und verschiedenartigen Wirtschaftsgütern zusammensetzen.22
Das Ziel der Produktbündelung besteht zum einen darin, die aus Einzelgütern bestehenden
Produktbündel zu einem bestimmten Bündelpreis anzubieten, um damit die vorhandene
Zahlungsbereitschaft auf den Teilmärkten optimal auszunutzen.23 Auf der anderen Seite
können aus Einzelgütern individualisierte Produkte zusammengesetzt werden, die den
individuellen Bedürfnissen einzelner Nutzer entsprechen.
Um digitale Produkte von klassischen Gütern und Dienstleistungen abzugrenzen, bedarf es
der Einordnung in die Gütersystematik, wie sie bereits in der Literatur in Zusammenhang mit
der Einordnung von Dienstleistungen Anwendung gefunden hat (vgl. Abbildung 2).
A. Freie Güter
B. Wirtschaftsgüter
I. Realgüter
1. Materielle Realgüter (Sachgüter)
a. Immobile Sachgüter
b. Mobile Sachgüter
2. Immaterielle Realgüter
a. Arbeitsleistungen
b. Dienstleistungen
c. Informationen
d. Sonstige immaterielle Realgüter
(z.B. Rechte, Patente, Lizenzen, etc.)
II. Nominalgüter
1. Geld
2. Darlehenswerte
3. Beteiligungswerte
Digitale Produkte
A. Freie Güter
B. Wirtschaftsgüter
I. Realgüter
1. Materielle Realgüter (Sachgüter)
a. Immobile Sachgüter
b. Mobile Sachgüter
2. Immaterielle Realgüter
a. Arbeitsleistungen
b. Dienstleistungen
c. Informationen
d. Sonstige immaterielle Realgüter
(z.B. Rechte, Patente, Lizenzen, etc.)
II. Nominalgüter
1. Geld
2. Darlehenswerte
3. Beteiligungswerte
Digitale Produkte
Abbildung 2: Die erweiterte Gütersystematik nach Maleri Quelle: Erweitert nach Maleri (1994), S. 50; Kosiol (1966), S. 112
22 Vgl. Engelhardt et al. (1993), S. 407. 23 Vgl. Gehrke/Burghardt/Schumann (2002), S. 346.
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik 13
Die Realgüter gliedern sich in materielle und immaterielle Realgüter.24 Materielle Realgüter
bestehen aus mobilen und immobilen Sachgütern, sind greifbar und liegen in stofflicher Form
vor.25 Sie sind demnach physisch und lassen sich deshalb durch die rein materiellen
Bestandteile nicht mit digitalen Produkten, die stets einen immateriellen Charakter haben, in
einen Zusammenhang bringen. Immaterielle Realgüter als unstoffliche Güter beinhalten
neben Arbeitsleistungen, Informationen und sonstigen immateriellen Realgütern (z.B. Rechte,
Patente, Lizenzen) nunmehr auch Dienstleistungen (Entmaterialisierung des Gutsbegriffs).26
Unter Nominalgütern werden üblicherweise alle Güter eingeordnet, die durch einen in Geld
ausgedrückten Nennwert (Nominalwert) gekennzeichnet sind. Dazu zählen üblicherweise das
Geld selbst sowie Darlehens- und Beteiligungswerte. Wie bereits angedeutet, lassen sich
digitale Produkte durch ihren immateriellen Charakter innerhalb der Gütersystematik den
immateriellen Realgütern zuordnen, was im Folgenden ausführlich dargestellt wird.
2.2.1 Digitale Produkte als immaterielle Güter
Nach Illik (1998) haben digitale Güter weder direkt noch indirekt einen physischen Anteil und
können vollständig über digitale Datennetze distribuiert werden.27 Es ist demnach auszu-
schließen, dass es sich bei ihnen um materielle Güter handelt. Digitale Güter sind stets in
elektronischer Form vorhanden, d.h. codiert als eine Menge von Bits. Illik (1998) unterschei-
det hierbei je nach dem Digitalisierungsgrad digitale, semi-digitale, semi-physische und
physische Güter, wobei die letzten drei Klassen unter dem Terminus der non-digitalen Güter
zusammengefasst werden (siehe Abbildung 3).28
24 Vgl. zu den weiteren Ausführungen insbesondere auch Kosiol (1972), S. 119 ff.; Meier (2000), S. 319. 25 Vgl. Berekoven (1968), S. 21. 26 Vgl. Maleri (1994), S. 48. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass eine eindeutige Trennung zwischen
Dienstleistungen und Sachgütern nur schwer möglich ist: Die Schwierigkeit liegt in der engen Verzahnung, d.h., dass sowohl innerhalb von Dienstleistungen Sachleistungskomponenten als auch umgekehrt in Sachgü-tern Dienstleistungselemente berücksichtigt werden müssen. Vgl. Engelhardt/Schwab (1982), S. 503. Als Beispiel lassen sich in diesem Zusammenhang Informationen nennen, die als immaterielle Güter teilweiseauch materielle Trägersubstanzen beinhalten. Vgl. Meier (2000), S. 320.
27 Vgl. Illik (1998), S. 15 f. sowie im Folgenden teilweise auch Schmidt (2003), S. 184 f. 28 Vgl. im Folgenden Illik (1998), S. 15 f.
14 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Güter
Semi-digitale Güter
Semi-physische Güter
Physische Güter
Digitale Güter
Digitalisierungsgrad
Non-digitale Güter
Güter
Semi-digitale Güter
Semi-physische Güter
Physische Güter
Digitale Güter
Digitalisierungsgrad
Non-digitale Güter
Abbildung 3: Abgrenzung von digitalen und physischen Gütern Quelle: Luxem (2000), S. 15
Der Hauptteil bei semi-digitalen Gütern besteht aus Digitalem. Zusätzlich enthalten diese
Produkte allerdings Leistungen, die auf der physischen Anwesenheit eines Individuums
basieren (z.B. Beratung oder Schulung); was allerdings nicht ausschließt, dass diese auch
digital, zum Beispiel durch eine E-Mail oder eine Videokonferenz, abgewickelt werden
können. Semi-physische Güter hingegen enthalten als physische Güter transaktionelle Infor-
mationsflüsse, deren Übertragung digital erfolgen kann. Dies trifft vor allem auf Produkte zu,
bei denen erst eine sinnvolle Aussage hinsichtlich der Produktkategorisierung getroffen
werden kann, wenn neben dem Güterfluss auch der zugehörige Informationsfluss der
Transaktion beachtet wird. Beispiele hierfür finden sich bei einer Online-Bestellung von
Produkten, die zwar physisch vorhanden sind, deren Bestellung sowie Bestellabwicklung
(z.B. Versandanzeige, Zahlung) aber digitalisierbar ist. Physische Güter als letzte Kategorie
der non-digitalen Güter haben keinen Anteil an Digitalem. Illik (1998) betont allerdings, dass
es zwischen semi-physischen und physischen Gütern marktabhängige Überschneidungen gibt.
Dies bedeutet, dass ein rein physisches Produkt, wenn es auf dem elektronischen Markt
angeboten wird, zu einem semi-physischen Produkt wird. Hinsichtlich des Digitalisierungs-
grades lassen sich nur die Produkte als reine digitale Produkte identifizieren, die keinen
physischen Anteil haben. Dies bedeutet, dass die Klasse der semi-physischen Güter durch ihre
Gebundenheit an ein physisches Medium (siehe dazu auch den Abschnitt weiter oben) keine
digitalen Produkte darstellen. Auch semi-digitale Güter enthalten physische Anteile und
werden deshalb als Betrachtungsgegenstand für diese Arbeit ausgeschlossen.
2.2.2 Elektronische Dienstleistungen und digitale Produkte
2.2.2.1 Grundlagen: Von Dienstleistungen zu „E-Services“
Zu Charakterisierungen von Dienstleistungen lässt sich zum einen das Merkmal der
Immaterialität sowie zum anderen die Integration eines externen Faktors (Nachfrager oder
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik 15
Objekt des Nachfragers) heranziehen.29 Bode (1993) erwähnt in diesem Zusammenhang, dass
Dienstleistungen zwar stets immateriell sind, aber nicht jedes immaterielle Gut gleichzeitig
eine Dienstleistung sein muss.30 Durch das Merkmal der Immaterialität sind Dienstleistungen
weder lager- noch transportfähig, die Integration eines externen Faktors bedingt zudem eine
direkte oder indirekte Mitwirkung des Kunden im Leistungserstellungsprozess.31
In Zusammenhang mit Online-Systemen werden neben Produkten auch zunehmend
Dienstleistungen ganz oder teilweise elektronisch erstellt, was zu Veränderungen von Dienst-
leistungsangebot und -nachfrage und damit zu einer Ausdehnung des Dienstleistungsmarktes
führt.32 Derartige elektronische Dienstleistungen werden zunehmend auch als Electronic-
Services (E-Services) bezeichnet. Nach Bruhn (2002) existiert keine einheitliche Definition
für diesen Begriff; er definiert elektronische Dienstleistungen als „selbstständige, markfähige
Leistungen, die durch die Bereitstellung von elektronischen Leistungsfähigkeiten des
Anbieters (Potentialdimension) und durch die Integration eines externen Faktors mit Hilfe
eines elektronischen Datenaustausches (Prozessdimension) an den externen Faktoren auf
eine nutzenstiftende Wirkung (Ergebnisdimension) abzielen“.33 Innerhalb der neuen E-
Services können verschiedene Kategorien von elektronischen Dienstleistungen unterschieden
werden:34
E-Services als „Virtualisierungs-Dienstleistungen“: Dabei handelt es sich vor allem um
elektronische Dienstleistungen, die zum Betreiben des Internets unabdingbar oder für die
optimale Nutzung dieses Mediums sinnvoll sind (z.B. Access-Providing, Suchmaschinen
etc.).35
E-Services, die sich eng an bereits in der realen Welt vorhandene Kaufprozesse anlehnen und
diese nur auf Online-Systeme übertragen, z.B. die Bestellung von Produkten und das
Herunterladen digitaler Produkte (Software, Musik etc.).
E-Services, die auf Dienstleistungen der realen Welt basieren und die durch die Digitalisie-
rung von Prozessschritten und externen Faktoren auf Online-Systeme übertragen werden, z.B.
E-Cards an Stelle von Grußkarten.
29 Vgl. Corsten (1994), S. 45. Engelhardt et al. (1993), S. 400 f. 30 Vgl. Bode (1993), S. 63. 31 Vgl. Engelhardt et al. (1993), S. 400 ff. Auf eine Abgrenzung von Dienstleistungen und Gütern wird an dieser
Stelle aus Platzgründen verzichtet. Vgl. dazu ausführlich Maleri (1994), S. 43 ff. Zu weiteren Begriffsbe-stimmungen und Charaktereigenschaften von Dienstleistungen vgl. Meyer (2000); Meyer (2001); Meyer (1985) oder auch umfassend Corsten (1997); Meyer/Blümelhuber (1994).
32 Vgl. Hünerberg/Mann (2002), S. 47. 33 Bruhn (2002), S. 6. Bruhn erwähnt in diesem Zusammenhang, dass der Transaktionsgegenstand bei elektro-
nischen Dienstleistungen auch aus Informationen bestehen kann. Vgl. Bruhn (2002), S. 8. 34 Vgl. Fließ/Völker-Albert (2002), S. 268. Eine Zusammenstellung möglicher Anwendungsformen von E-
Services findet sich bei Bruhn (2002), S. 14. 35 Vgl. dazu ausführlich Hünerberg/Mann (2002), S. 47 ff.
16 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
2.2.2.2 Abgrenzung zu digitalen Produkten
Elektronisch erstellte Dienstleistungen werden vielfach mit digitalen Produkten gleichgesetzt.
So zum Beispiel Stelzer (2000): Digitale Güter sind „...Produkte oder Dienstleistungen, die in
Form von Binärdaten dargestellt, übertragen und verarbeitet werden können...“, „...die klare
Trennung zwischen Produkten und Dienstleistungen verschwimmt“.36 Zu digitalen Produkten
zählen hierbei sowohl die Abfrage von Datenbanken als auch das Herunterladen von digitalen
Produkten aller Art. Zwar zeichnen sich elektronisch erbrachte Dienstleistungen auch durch
die Digitalisierung der einzelnen Informationselemente und Prozessschritte aus, dennoch
benötigen sie im Gegensatz zu digitalen Produkten bei der Leistungserstellung stets die Inte-
gration eines externen Faktors: E-Services bedürfen ebenso wie nicht elektronische Dienst-
leistungen immer stets der Integration eines externen Faktors, „...der allerdings – abweichend
von realen Leistungserstellungsprozessen – nicht persönlich als Mensch-Mensch-Integration
vollzogen wird, sondern in einer Mensch-Maschine-Interaktion stattfindet“.37
Durch die genannten Merkmale von (elektronischen) Dienstleistungen, wie zum Beispiel
„mangelnde Standardisierbarkeit“, „Nicht-Lagerfähigkeit“ bzw. „Nicht-Transportfähigkeit“,
werden zudem Management und Marketing vor besondere Herausforderungen, Probleme und
Aufgaben bei der Dienstleistungsproduktion und -vermarktung gestellt.38 So gehören
Entscheidungen über die Intensität der Kundenbeteiligung innerhalb der Dienstleistungs-
produktion zu den wesentlichen marketingstrategischen Aufgaben innerhalb des Dienst-
leistungsbereiches. Hinzu kommen die besonderen Merkmale von Dienstleistungen der
Medienindustrie, die insbesondere Fragen hinsichtlich der Gestaltung des Leistungsumfeldes,
des Zusatzservices oder des Managements der Interaktivität betreffen.39
Um aus den genannten Gründen eine Gleichstellung von E-Services und digitalen Produkten
zu vermeiden, werden an dieser Stelle digitale Produkte anhand der Art der Übertragung in
gelieferte und interaktive Produkte unterschieden: „The first criterion we can use to classify
digital products is the transfer mode. Products that are downloaded at once or in piecemeal
fashion […] can be called delivered products. Interactive products, on the other hand, are
products or services, such as remote-diagnosis, interactive games, and tele-education.”40
36 Stelzer (2000), S. 836 oder auch Wirtz (2000), S. 119; Choi et al. (1997), S. 64. Vgl. auch die Synopse im Abschnitt 2.3. Des Weiteren existieren Überschneidungen und Abgrenzungsversuche zwischen Dienstleis-tungen und Informationen. Vgl. dazu unter anderem Bode (1997), S. 462 f.; Meyer/Blümelhuber (2002), S.79 ff.
37 Fließ/Völker-Albert (2002), S. 270. 38 Vgl. Meyer/Blümelhuber (2002), S. 73; Brown/Fern (1981), S 205 ff.; Enis/Roering (1981) oder auch
Langeard (1981). 39 Vgl. Blümelhuber (2002), S. 412. 40 Choi et al. (1997), S. 76.
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik 17
Eine ähnliche Formulierung findet sich bei Koppius (1999): "Delivered products are
downloaded (either push or pull) at once and after delivery there is no more need to interact,
whereas interactive products require more or less continuous interaction”.41
Bei interaktiven digitalen Produkten handelt es sich um Echtzeit-Anwendungen im Sinne der
oben genannten Kategorien von E-Services, die bei der Leistungserstellung eine fortwährende
Interaktion mit dem Nachfrager42 voraussetzen. Das bedeutet, dass in der Integration des
Nutzers in den Leistungserstellungsprozess der eigentliche Unterschied zwischen digitalen
Produkten und Dienstleistungen in der Prozessdimension zu sehen ist.43
Bei digitalen Produkten wird der Leistungserstellungsprozess durch externe Faktoren nur
angestoßen, alle weiteren Prozesse vollziehen sich automatisch und damit weitestgehend
autonom.44 Digitale Produkte werden damit als bereits produzierte Leistungen vom Nutzer
entweder einzeln oder als Produktbündel abgerufen und als Ganzes oder stückweise
transferiert. Beispielsweise ist die Speicherung einer Musik- oder Videodatei auf die Fest-
platte des Nutzers ein geliefertes digitales Produkt. Zwar wird das Herunterladen durch den
Nutzer anhand eines „Klicks“ auf ein grafisches oder textliches Element (z.B. „Button“)
angestoßen, das Produkt als solches ist aber bereits eine fertige Leistung, die weitestgehend
autonom übertragen wird.45
Eine exakte Unterscheidung zu digitalen Produkten ist allerdings nicht immer möglich:
Werden dem Nutzer fertige digitale Produkte zur Verfügung gestellt und kann er sich anhand
dieser quasi wieder ein neues digitales Produkt in Form eines Produktbündels zusammen-
stellen, ist eine eindeutige Abgrenzung durch die Mitwirkung des Nutzers im Leistungs-
erstellungsprozess nicht mehr gegeben. Gleiches gilt für digitale Produkte, die im Sinne der
Customization unter dem direkten Einfluss des Nutzers entstehen.
2.2.2.3 „E-Services“ im mobilen Internet
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei elektronischen Dienstleistungen um Leistungs-
angebote, die im Gegensatz zu digitalen Produkten durch Interaktionen und damit durch die
Integration eines externen Faktors erstellt werden. Bei Dienstleistungen im mobilen Internet
werden diese Integrationsprozesse noch verstärkt: Der Anwender wird als externer Faktor in
Abhängigkeit von Zeit und Ort vollständig in die Leistungserstellung integriert. Dadurch, dass
sämtliche Daten digital verfügbar sind, wird die Integration im Gegensatz zum stationären
41 Koppius (1999), S. 5. 42 Vgl. Fließ/Völker-Albert (2002), S. 270. 43 Vgl. auch Breithaupt (2002), S. 184. 44 Vgl. Fließ/Völker-Albert (2002), S. 270 oder auch Bieberbach/Hermann (1999), S. 73. 45 Im Gegensatz dazu handelt es sich bei interaktiven Produkten um E-Services, wie beispielsweise interaktive
Spiele, Finanzdienstleistungen, Anwendungen der Telemedizin, E-Learningsysteme oder auch um Anwen-dungen des digitalen interaktiven Fernsehens, innerhalb dessen zahlreiche Einkaufs- und Informationsservi-celeistungen angeboten werden.
18 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Internet auf den gesamten unternehmensinternen Wertschöpfungsprozess ausgedehnt.46 Die
Anwender werden mit Hilfe mobiler Multifunktionsgeräte, wie z.B. eines Electronic Mobile
Assistant (EMA)47 oder auch eines in den Raum projizierten virtuellen Mitarbeiters, mit dem
Anbieter interagieren; die Interaktion zwischen Mensch und Maschine wird damit weiter
zunehmen.48
Als mobile Dienstleistungen lassen sich Angebote identifizieren, die sich durch eine
besondere Zeit- und Ortsabhängigkeit auszeichnen.49 Als Beispiel dafür können Telematik-
dienste in Form von Ferndiagnosen am Fahrzeug genannt werden.50 Das Fahrzeug wird dabei
ständig anhand einer Maschine-Maschine-Interaktion überwacht. Treten Fehler auf, können
diese frühzeitig erkannt und gegebenenfalls gleich beseitigt werden. In Zusammenhang mit
mobilen Dienstleistungen können auch andere auf einer Lokalisierung basierende Angebote
wie bspw. Notfall- und Orientierungshilfen, genannt werden.51
Von Nutzen sind mobile Online-Systeme auch für das Hotel- und Gaststättengewerbe:
Leistungsnehmer können beim Betreten einer Lokalität automatisch anhand einer Chipkarte
identifiziert werden. Gleichzeitig werden dem Anbieter der Chipkarte alle kunden-
individuellen Daten übermittelt, die er für die anschließende Ausrichtung der Serviceleistung
benötigt. Beispielweise werden im Hotelgewerbe anhand der Chipkarte die persönlichen
Präferenzen der Zimmerzuteilung und aller anderen Serviceleistungen automatisch erkannt.52
Die Zuteilung sowie die Ausstattung des Hotelzimmers wird damit personalisiert und kann
auch während des Aufenthaltes den Bedürfnissen des Gastes ständig angepasst werden.
Neben orts- und zeitabhängigen Dienstleistungen, die vor allem durch die Integration des
externen Faktors entstehen, existieren nach Reichwald/Meier (2002) im mobilen Internet
weitere Leistungsangebote, sog. mobile Intermediärleistungen.53 Innerhalb derer fungiert der
Informationsintermediär als eine Art Händler von Informationsprodukten, „...indem er auf
bereits produzierte Informationsprodukte zugreift, dem Kunden ein möglichst passendes
Sortiment an Informationen zusammenstellt und dieses dem Kunden standortabhängig auf
sein mobiles Endgerät überträgt“.54 Hierbei wird deutlich, dass es sich im Kern um digitale
Informationsprodukte handelt, die als Transaktionsobjekte an ein mobiles Endgerät übertra-
gen werden.
46 Vgl. Meier 2001, S. 7. 47 Zu den Funktionselementen und den Einsatzmöglichkeiten eines EMA vgl. Link 2001. 48 Vgl. Fließ/Völker-Albert 2002, S. 271. 49 Vgl. auch Rawolle/Kirchfeld/Hess 2002, S. 342. 50 Vgl. Reichwald/Meier 2002, S. 25. 51 Vgl. weiterführend Link (2001), S. 26 f. 52 Vgl. ausführlich Siering (2002). 53 Vgl. Reichwald/Meier (2002), S. 23. 54 Reichwald/Meier (2002), S. 23.
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik 19
2.2.3 Elektronische Informationen und digitale Produkte
2.2.3.1 Grundlagen: Informationen als Wirtschaftsgüter
Nach Bode herrscht im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum keine Einigkeit über den
Informationsbegriff.55 Häufige Verwendung in der Betriebswirtschaftslehre findet die Defini-
tion von Wittmann, der Information als „zweckorientiertes Wissen“ definiert, wobei zweck-
orientiertes Wissen dasjenige Wissen ist, das dazu dient, Entscheidungen oder Handlungen
vorzubereiten.56 Innerhalb der zahlreichen Definitionen systematisiert Bode (1993) den Infor-
mationsbegriff anhand der Abgrenzungsmerkmale Semiotik, Träger, Neuheitsgrad, Wahr-
heitsgehalt und Zeitbezogenheit.57
Weit verbreitet ist die Auffassung, dass Informationen auch als immaterielle Wirtschaftsgüter
bezeichnet werden können, was voraussetzt, dass sie zweckgeeignet, vorhanden, verfügbar,
übertragbar und knapp sind.58 Maleri (1994) definiert in diesem Zusammenhang Informatio-
nen als immaterielle Güter, die sowohl zur Befriedigung konsumtiver Bedürfnisse als auch in
Form von Produktionsfaktoren genutzt werden.59 Auf dem im Kapitel 2.1 beschriebenen
Prinzip der Digitalisierung und auf der Grundlage von Daten können Informationen auch
elektronisch verarbeitet werden. Daraus folgt, dass Informationen als Wirtschaftsgüter in
Form von Zwischen- und Endprodukten sowie als Produktionsfaktoren innerhalb von
physischen und digitalen Produktionsprozessen eingesetzt werden können. Zudem bilden
Informationen innerhalb des Online Marketing die Basis für eine bedarfsgerechte Gestaltung
des Leistungs- und Dialogangebotes und dienen darüber hinaus zur Planung, Steuerung und
Kontrolle derartiger Aktivitäten.
2.2.3.2 Abgrenzung zu digitalen Produkten
Unter Informationsprodukten werden sowohl im deutschen als auch im englischen Sprach-
gebrauch im Allgemeinen Produkte wie Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Software und auch
Musik verstanden. So zum Beispiel Choi et al. (1997): „Information goods include a wide
range of traditionally paper-based products such as books, magazines, newspapers, journals,
photographs, maps, and other graphics...“60 oder auch Bode (1997): Informationsprodukte
55 Vgl. Bode (1993), S. 6. 56 Vgl. Wittmann (1959), S. 14. Bode kritisiert hierbei, dass Wittmann innerhalb der Begriffsdefinition sowohl
Zweckorientierung als auch Wissen unerklärt lässt und damit auch keine eindeutige Definition für den Begriff „Informationen“ liefert. Bode (1997), S. 454 f. Zu der Entstehung und Definition des Begriffs „Wissen“ vgl. insbesondere Scheuble (1998).
57 Vgl. Bode (1993), S. 6 ff. Auf die detaillierte Beschreibung der einzelnen Dimensionen soll an dieser Stelle aus Platzgründen nicht weiter eingegangen werden, siehe hierzu die Ausführungen bei Bode.
58 Vgl. Bode (1997), S. 461; Kosiol (1992), S. 108 ff. 59 Vgl. Maleri (1994), S. 48. Informationen werden unter der Bedeutung des externen Faktors auch in
Informationsprodukte und Informationsdienstleistungen unterteilt. Vgl. dazu Bode (1993); Bode (1997); Bieberbach/Hermann (1999); Meyer/Blümelhuber (2002).
60 Choi et al. (1997), S. 61.
20 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
sind beispielsweise Bücher, Software, Zeitungen, Zeitschriften und auch Wirtschafts-,
Technologie- und Politikprognosen.61 Shapiro/Varian (1998) gehen hier noch einen Schritt
weiter und stellen hinsichtlich der Definition die Digitalisierbarkeit in den Vordergrund:
„Essentially, anything that can be digitized – encoded as a stream of bits – is information.
For our purposes, baseball scores, books, databases, magazines, movies, music, stock quotes,
and Web pages are all information goods.”62
Informationsprodukte können in Bezug auf ihre Beschaffenheit grundsätzlich in physische
und immaterielle Produkte unterteilt werden. Aufgrund der möglichen Digitalisierung von
Informationsprodukten ergeben sich damit auch Überschneidungen mit digitalen Produkten.
In diesem Zusammenhang kann festgestellt werden, dass zwar jedes Informationsprodukt in
digitaler ungebundener Form ein digitales Produkt, allerdings nicht jedes digitale Produkt
automatisch ein Informationsprodukt ist. Das begründen wir damit, dass es sich bei digitalen
Produkten stets um Daten handelt, die in elektronischer Form, d.h. codiert als eine Menge von
Bits, vorliegen. Informationsprodukte hingegen enthalten Informationen in Form von zweck-
orientiertem Wissen und müssen nicht zwingend in elektronischer Form vorhanden sein.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Informationsprodukte bezogen auf die oben genannten
Dimensionen immer dann den digitalen Produkten zugeordnet werden können, wenn sie
statisch und ungebunden, d.h. nicht an ein physisches Speichermedium gebunden, sind und
wenn die Speicherung der Informationen in digitaler Form erfolgt. Unerheblich ist dabei, ob
die Informationen zweckbezogen, wahr oder neu sind.63
2.2.4 Sonstige immaterielle Realgüter und digitale Produkte
Zu den sonstigen immateriellen Gütern zählen alle Güter, wie Rechte, Patente, Lizenzen oder
auch Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeiter, bzw. des Unternehmens. Da digitale
Produkte innerhalb des kommerziellen Online-Vertriebs in Form von Rechten und Lizenzen
gehandelt werden, gehören die Verwaltung, Steuerung und Überwachung derartiger immate-
rieller Güter zu den wichtigsten Aufgaben innerhalb des stationären und mobilen Online
Marketings digitaler Produkte. So beschreibt bereits Luxem (1999) in Zusammenhang mit
Geschäftsmodellen digitaler Produkte den Handel mit stückzahlunabhängigen unbefristeten
oder befristeten und stückzahlabhängigen Nutzungsrechten in Form von Lizenzen, die
zwischen Handelsunternehmen und Abnehmern gehandelt werden.64
Die steigende Relevanz digitaler Inhalte als immaterielle Wirtschaftsgüter setzt zudem voraus,
dass diese immer mehr in Form von Rechten und Lizenzen behandelt und dementsprechend
61 Vgl. Bode (1997), S. 463. 62 Shapiro/Varian (1998), S. 3. 63 Vgl. auch Luxem (1999), S. 18. 64 Vgl. weiterführend Luxem (1999), S. 73 ff.
2.2 Digitale Produkte und ihre Einordnung in die Gütersystematik 21
auf der Aktivseite der Bilanz unter Anlagevermögen aufgeführt und bewertet werden.65 Die
Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter hat in jüngster Zeit durch die neuen ameri-
kanischen Bilanzierungs- und Rechnungslegungsregeln „Statement of Financial Accounting
Standards“ (SFAS) an Bedeutung gewonnen. In Verbindung mit der betrieblichen Bilanz- und
Steuerlehre werden immaterielle Wirtschaftsgüter als nicht zu den Sachanlagen oder Finanz-
anlagen gehörende Güter bezeichnet66 und können differenziert werden in marketingbezogene
(z.B. Warenzeichen, Markennamen, Marken- und Vertriebsrechte etc.), kundenbezogene (z.B.
Kundenlisten, Auftragsbestände, Kundenbeziehungen in Form von Kundenverträgen),
künstlerische (z.B. Bücher, Zeitschriften, Filme etc.), vertragsbezogene (Lizenzen, Urheber-
rechte, Werbung, Sende- und Nutzungsrechte) sowie in technologiebezogene (Patente, Soft-
ware, Datenbanken etc.).
In Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern lassen sich sowohl abnutzbare als
auch nicht-abnutzbare Güter unterscheiden:67 Bestimmte Güter zeichnen sich durch rechtlich
begründete, zeitlich begrenzte Nutzungsrechte aus. Beispiele dafür sind zeitlich- oder
stückzahlbegrenzte Lizenzrechte, die einen Anbieter dazu befähigen, digitale Inhalte netz-
basiert zu vertreiben. Dem entgegen steht die zeitlich unbegrenzte Nutzung von immateriellen
Wirtschaftsgütern, „deren Nutzung immer wieder neu verlängert wird, ohne neue Anschaf-
fungs-/Herstellungskosten zu verursachen“.68 Diese werden auch als immerwährende Rechte
bezeichnet und verkörpern in Verbindung mit digitalen Produkten die vom Unternehmen
selbst produzierten und urheberrechtlich geschützten Inhalte.
2.3 Begriffsbestimmung digitaler Produkte
2.3.1 Definitorische Ansätze in der internationalen Literatur
In Zusammenhang mit dem Begriff „digitale Produkte“ existieren im deutsch- und englisch-
sprachigen wissenschaftlichen Schrifttum verschiedene definitorische Ansätze.69 Darin wer-
den für digitale Produkte auch Begriffe wie „virtuelle Produkte“, „digitale Informations-
produkte“, „digitalisierte Waren und Dienstleistungen“, „elektronische Produkte“, „digitale
Inhalte“, „virtuelle Gegenstände“ „nicht-materielle Produkte“ oder auch englische Begriffe
wie „Multimedia-Products“ und „Entertainment-Products“ verwendet.
65 Latzer/Schmitz (2002) weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass es trotz der wachsenden Bedeutung von immateriellen Produkten nach wie vor in zahlreichen Ländern ein handelsbilanzrechtliches Aktivie-rungsverbot gibt, was dazu führt, dass Investitionen mit einem hohen Fixkostenanteil und sehr geringenGrenzkosten in der Produktion eine besondere Risikostruktur aufweisen. Vgl. dazu und weiterführend Latzer/Schmitz (2002), S. 76 f.
66 Vgl. Wehrheim/Renz (2003), S. 75. 67 Vgl. dazu und im Folgenden Wehrheim/Renz (2003), S. 75. 68 Wehrheim/Renz (2003), S. 75. 69 Vgl. im Folgenden Schmidt (2003), S. 185 ff.
2.3 Begriffsbestimmung digitaler Produkte
22 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Hinzu kommen die unterschiedlichen Begriffsvarianten in praxis- und anwendungsorien-
tierten Bereichen, wie z.B. „Breitband-Content“, „Multimedia-Content“, „Online-Content“,
„Paid Content“, „Live- und OnDemand-Content“ oder auch „digitaler Audio- und Video-
Content“, wobei der Begriff „Content“ auch teilweise mit „Inhalt“ übersetzt wird (z.B.
kostenpflichtige Inhalte für Paid Content).70 Auch fehlt in den meisten Fällen eine Differen-
zierung zwischen digitalen Produkten und Dienstleistungen. In der folgenden Tabelle werden
die bedeutendsten Definitionen rund um den Begriff „digitale Produkte“ dargestellt.
70 Der Begriff „Content“ umfasst die Menge aller redaktionell erzeugten bzw. ausgewählten Informationsele-mente, die gebündelt an die jeweiligen Nutzer abgegeben werden. Vgl. Rawolle/Ade/Schuhmann 2002, S. 19.
2.3 Begriffsbestimmung digitaler Produkte 23 B
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26 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
2.3.2 Die Arbeitsdefinition des Begriffs
Die Definitionen sowie die dazugehörigen Beispiele machen deutlich, dass die Verwendung
des Begriffs in Wissenschaft und Praxis weitestgehend uneinheitlich erfolgt. Trotzdem lassen
sich auch übereinstimmende Merkmale, z.B. hinsichtlich der Möglichkeit der Übertragung
digitaler Produkte über elektronische Netzwerke bzw. hinsichtlich der Immaterialität digitaler
Produkte, feststellen. Im Folgenden wollen wir deshalb auf der Grundlage der voran-
gegangenen Ausführungen eine einheitliche Definition festlegen, um damit eine eindeutige,
präzise und zweckmäßige Verwendung des Begriffs aus wissenschaftlicher und praxis-
orientierter Sicht herbeizuführen. Dazu werden allerdings noch die folgenden Überlegungen
vorangestellt:
Digitale Produkte sind keine digitalen Dienstleistungen: Bei digitalen Produkten handelt es
sich um ungebundene, digital gespeicherte Informationen, die entweder online erstellt werden
oder bereits physisch vorhanden sind und anhand technischer Verfahren digitalisiert werden.
Die Erstellung eines digitalen Produktes erfolgt im Gegensatz zu digitalen Dienstleistungen
nicht zwangsläufig auf der Basis einer Integration eines externen Faktors und damit einer
fortwährenden Interaktion mit dem Nachfrager. Bei dem bereits gespeicherten digitalen
Produkt handelt es sich demnach nicht um eine digitale Dienstleistung, die nämlich zum einen
nicht speicherfähig ist und zum anderen bei der Erstellung stets die Integration eines externen
Faktors benötigt (vgl. dazu auch den Abschnitt 2.2.2).
Der Transport digitaler Produkte ist nicht an ein physisches Speichermedium gebun-
den: Die Verteilung bzw. der Transport digitaler Inhalte kann zum einen in gebundener Form
(offline) über ein Datenträger- bzw. Speichermedium (CD-ROM, DVD) oder in ungebunde-
ner Form (online) über ein mobiles oder stationäres Online-System (z.B. Internet, Rundfunk,
TV) erfolgen. Digitale Inhalte, die sich in gebundener Form auf einem Speichermedium
befinden, müssen für eine Verteilung erst von diesem gelöst (z.B. ausgelesen) werden. Erst
nach diesem Schritt ist ein Transport und damit auch eine Distribution möglich. In diesem
Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass die Grenzen der Gebunden- und Ungebun-
denheit innerhalb des mobilen Internet verschwimmen. Durch die Eigenschaften der
„Mobilität“ und der „Omnipräsenz“ können digitale Produkte im mobilen Internet an jedem
Ort und zu jeder Zeit verteilt und damit distribuiert werden. Durch die genannten Merkmale
eignen sich mobile Online-Systeme demnach besonders gut als Distributionsplattform für den
Einsatz digitaler Produkte.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 27
Zusammenfassend lässt sich für digitale Produkte die folgende Definition verwenden:71
Wie bereits oben angedeutet, wollen wir digitale Produkte in dieser Arbeit als Wirtschaftsgü-
ter begreifen, die sich aufgrund von derzeitigen und zukünftigen Entwicklungen innerhalb des
stationären und mobilen Online Marketing anhand von Geschäfts- und Erlösmodellen als
Vermarktungsgegenstand einsetzen lassen. In diesem Zusammenhang scheint es zweckmäßig,
die oben genannte Definition um das Merkmal der netzbasierten Vermarktungsfähigkeit zu
erweitern:
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte
„Generell verlieren mit zunehmender Empirie und einer zunehmend differenzierten
ökonomischen Analyse pauschalisierende Wirkungshypothesen [...] an Bedeutung. In den
Vordergrund treten Hypothesen, in denen nach den vielfältigen Realisierungsformen des
eCommerce, nach Branchen und Charakteristika der gehandelten Güter [...] unterschieden
wird.“72
Der Einsatz digitaler Produkte als Wirtschaftsgüter im Online Marketing beinhaltet
gleichzeitig die Anwendung (neuer) ökonomischer Wirkungsmechanismen und Gesetzmäßig-
keiten, die sich anhand verschiedener wirtschaftstheoretischer Bezugspunkte darstellen lassen.
Zunächst lassen sich als Forschungsgebiet die Netzwerk- bzw. Internetökonomie und in
Verbindung mit der technologischen Innovation der Digitalisierung die digitale Ökonomie
nennen. Diese Wirtschaftsformen der neuen Ökonomie beinhalten Gesetzmäßigkeiten, z.B.
71 Wie bereits erwähnt, wollen wir für digitale Produkte auch die Begriffe digitale Inhalte und digitaleLeistungsangebote verwenden, wobei unter diesen Begriffen sowohl digitale Produkte als auch digitale Dienstleistungen verstanden werden können.
72 Latzer/Schmitz (2001), S. 179.
Bei digitalen Produkten handelt es sich um elektronisch gespeicherte
Informationen, die in ungebundener Form vorliegen und über stationäre
und mobile Online-Systeme transportiert werden können.
Bei digitalen Produkten handelt es sich um elektronisch gespeicherte
Informationen, die in ungebundener Form vorliegen und innerhalb von
stationären und mobilen Online-Systemen als Vermarktungsobjekte
eingesetzt werden können.
28 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Netzeffekte, abnehmende Grenzerträge, die sich unmittelbar auf die netzbasierte Vermarktung
digitaler Produkte auswirken und demnach von den am Online-Markt beteiligten Unterneh-
men mit berücksichtigt werden müssen.
In Zusammenhang mit dem Online Marketing digitaler Produkte lassen sich aber noch weitere
wirtschaftstheoretische Ansätze identifizieren: Zum einen bestehen digitale Produkte, wie bei
Definition und Klassifizierung deutlich wurde, größtenteils aus Medienprodukten. Dies macht
es notwendig, auch ökonomische Gesetzmäßigkeiten der Medienökonomie, z.B. „First-Copy-
Effekte“, mit in die Betrachtung einzubeziehen.
Darüber hinaus wird im Folgenden noch deutlich werden, dass die netzbasierte (Re-)
Produktion und Distribution digitaler Produkte vor allem auch die Senkung von Transakti-
onskosten beinhaltet. Wirtschaftstheoretische Ansätze digitaler Produkte betreffen deshalb
auch die in der Marketingforschung bekannten institutionenökonomischen Ansätze und darin
speziell die der Transaktionskostentheorie.
Eng damit verbunden ist auch die bereits aus dem Marketing bekannte ökonomische Theorie
der Informationsökonomik, die verschiedene Modellansätze aus dem Bereich der mikroöko-
nomischen Markt- bzw. Preistheorie unter Unsicherheit beinhaltet.73 In Zusammenhang mit
(Online-)Marketingfragestellungen sind innerhalb der Informationsökonomik vor allem
Suchkosten-, Qualitätsunsicherheits- sowie Verhaltensunsicherheitsansätze relevant.74
Zudem erfordert der Einsatz digitaler Produkte als Vermarktungsobjekte die direkte Anwen-
dung des Urheberrechts, was zu einer Berücksichtigung rechtsökonomischer Analysen führt.
Alle im stationären und mobilen Online Marketing digitaler Produkte relevanten ökono-
mischen Bezugspunkte werden in der folgenden Abbildung noch einmal zusammengefasst.
Medien-ökonomie
Digitale Produkte als Wirtschaftsgüter
digitale Ökonomie
(Internet- und Netzwerk-Ökonomie)
Institutionen-ökonomie
Informations-ökonomie
Rechtsökonomie(Urheberrecht)
Medien-ökonomie
Digitale Produkte als Wirtschaftsgüter
digitale Ökonomie
(Internet- und Netzwerk-Ökonomie)
Institutionen-ökonomie
Informations-ökonomie
Rechtsökonomie(Urheberrecht)
Abbildung 4: Die ökonomischen Bezugspunkte digitaler Produkte
73 Vgl. Hopf (1983), S. 313. 74 Vgl. dazu ausführlich Bayón (2001), S. 645 sowie weiterführend auch Hopf (1983).
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 29
Wie aus der Abbildung ersichtlich, wäre eine ausführliche Darstellung aller relevanten
ökonomischen Bezugspunkte sehr umfangreich. Im Folgenden werden deshalb nur die
theoretischen Wirkungsmechanismen und Gesetzmäßigkeiten dargestellt, die für die weitere
Untersuchung von elementarer Bedeutung sind. Dazu gehören konkret die Theorien der
digitalen Ökonomie, der Medien-Ökonomie sowie der Transaktionskostentheorie.
2.4.1 Die digitale Ökonomie
Bereits unter dem Schlagwort der „Internet- und Netzwerk-Ökonomie“ (englisch=
E-Economy, Network Economy) wurde der Wechsel von physischen Atomen zu digitalen
Bits und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft als radikal
bezeichnet.75 Dazu auch die Europäische Kommission (1998): „Wir stehen am Beginn einer
Netzwerkrevolution, einer wirtschaftlichen und sozialen Veränderung, die mit der industriel-
len Revolution vergleichbar ist. Diese Revolution spiegelt die Verlagerung wider, die bei
vielen kommerziellen und sozialen Aktivitäten stattfindet und sich von der physischen Welt hin
zu interaktiven, digitalen Netzwerken bewegt, die auf offenen Standards beruhen...“76 Im
Zentrum der Veränderungen steht die technologische Innovation der Digitalisierung von
Daten und Informationen auf der Basis von Informations- und Kommunikationstechnologien,
was auch als „digitale Ökonomie“ bezeichnet werden kann.77
Zudem wird der in jüngster Zeit einsetzende Wandel, der sich in Zusammenhang mit dem
mobilen Internet in Wirtschaft und Gesellschaft vollzieht, verstärkt unter dem als spezielle
Ausprägung der E-Economy geltenden Begriff der „mobilen Ökonomie“ (M-Economy)
diskutiert.78 Auch innerhalb der „mobilen Ökonomie“ zählen die Digitalisierung und die
damit zusammenhängende Möglichkeit der elektronischen Herstellung, Speicherung und des
Transportes digitaler Produkte zu den wesentlichen Eigenschaften, wobei im Gegensatz zum
stationären Internet die Ortsunabhängigkeit sowie die Anwendung mobiler Endgeräte als
wesentliche Unterscheidungskriterien gegenüber der E-Economy genannt werden können.
75 Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 16; Negroponte (1995), S. 11. Der Begriff Internet-Ökonomie hat seinenUrsprung in der englischsprachigen Literatur und beschreibt „...den Sachverhalt, dass Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie in zunehmendem Maße die Gesetzmäßigkeiten verändern, nach denen die postindustrielle Gesellschaft bzw. die industrielle Ökonomie funktioniert“. Vgl. dazu sowie zur Entwicklung und zu weiteren Definitionen Wirtz (2001), S. 21 ff.; Fritz (2001), S. 15.
76 Europäische Kommission (1998), S. 1-2. 77 Wirtz merkt in diesem Zusammenhang an, dass neben der Vernetzbarkeit und Globalität die Digitalisierung
als wesentliche Eigenschaft der Internet-Ökonomie gesehen werden kann, sodass es sich im Grunde bei der Internet-Ökonomie um eine digitale Ökonomie handelt. Vgl. Wirtz (2001), S. 22. Latzer/Schmitz (2002) weisen daraufhin, dass die Begriffe im Allgemeinen in der Literatur sehr uneinheitlich und zudem auch synonym verwendet werden. Vgl. Latzer/Schmitz (2002), S. 65, 67; stellvertretend auch Panucci (2001), S. 16. Wir wollen im Folgenden für die Begriffe Internet- und Netzwerk-Ökonomie den Begriff „digitale Ökonomie“ verwenden.
78 Vgl. dazu und im Folgenden ausführlich Reichwald/Meier/Fremuth (2002), S. 6 ff.
30 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Die durch eine weitreichende Diffusion der Internet-Technologien entstehenden makroökono-
mischen Veränderungen werden in der Literatur hingegen vorwiegend unter den Begriff der
„Neuen Ökonomie“ („New Economy“) diskutiert.79 Bereits Zerdick et al. (2001) betonten den
weitreichenden Einfluss des Internets in Wirtschaft und Gesellschaft und kamen zu der
Erkenntnis, dass die Prinzipien der Internet-Ökonomie auf immer mehr Bereiche der
Volkswirtschaft übergreifen werden. Die Frage dabei ist nicht mehr ob sie sich durchsetzen
werden, sondern wie schnell.80 Weiber (2002a) geht hierbei noch einen Schritt weiter und
weist nach, dass durch die zunehmende Bedeutung der Informationstechnik „...Entwicklungen
angestoßen werden, die nicht als kurzfristige Phänomene anzusehen sind, sondern empirische
Gesetzmäßigkeiten beschreiben, die die Art und Weise der Erzielung technischen Fortschritts
grundlegend verändern“.81
Wie wir im Folgenden noch sehen werden, sind von den neuen ökonomischen Gesetzmäßig-
keiten vor allem die am zukünftigen Online-Markt digitaler Produkte tätigen Unternehmen
betroffen. Die Abwicklung geschäftlicher Aktivitäten wird sich im Hinblick auf z.B.
Wertschöpfungsketten, Verkaufsprozesse, Produktgestaltung, Kundenintegration etc. radikal
verändern. Aber nicht nur die betriebswirtschaftliche Ebene ist von den weitreichenden
Veränderungen betroffen. Der noch entstehende und sich weiterentwickelnde Online-Markt
digitaler Produkte hat auch Auswirkungen auf die volkswirtschaftlichen und gesellschaftli-
chen Ebenen: Neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze unterstützt besonders die „Inhaltein-
dustrie“ gesellschaftliche Faktoren, wie die Erlangung von multimedialen Fertigkeiten oder
den gleichberechtigten Zugang zur Informationsgesellschaft.82
2.4.2 Digitale Produkte in der Medienökonomie
Ausgangspunkt der oben genannten „New Economy“ ist der seit den 60er Jahren einsetzende
und sich inzwischen erweiternde Konvergenzprozess der Sektoren Telekommunikation,
Informationstechnologie und Medienwirtschaft (MIT-Sektoren). So zeigen Zerdick et al.
(1999) in ihrem Standardwerk, dass innerhalb der digitalen Wirtschaft die MIT-Sektoren am
meisten von dem Einfluss der digitalen Ökonomie betroffen sind. Dabei kommt es zu einer
Konvergenz der technischen und inhaltlichen Ebenen, wobei den Unternehmen, die Inhalte
produzieren und distribuieren, eine immer größerer Bedeutung zukommt. Zerdick et al.
79 Vgl. Latzer/Schmitz (2002), S. 175. 80 Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 20. 81 Weiber (2002a), S. 269. Weiber beschreibt in seinem Beitrag auf der Basistechnologie „Informationstechnik“
ausführlich die empirischen Gesetze der Netzwerk-Ökonomie. Dazu gehören „Metcalf`s Law“ (Schwer-punkt: direkte und indirekte Netzeffekte, kritische Masse), „Moore`s Law“ (Schwerpunkt: Entwicklung der Chip-Leistung), „Huntley`s Law“ (Schwerpunkt: Investitionen in TK-Anlagen) sowie „Gilder`s Law“ (Schwerpunkt: Wachstum der TK-Netze). Vgl. dazu und weiterführend Weiber (2002a).
82 Vgl. weiterführend Boumans (2003). Zum Einfluss der Neuen Ökonomie vgl. weiterführend auch Wirtz (2001), S. 26 ff.; Latzer/Schmitz (2002), S. 13 ff.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 31
(1999) sprechen hierbei bereits von einer zunehmenden Dominanz des Mediensektors: „Ohne
Inhalte bleibt die Infrastruktur wertlos: der Mediensektor ist der zentrale Player“.83
In Zusammenhang mit Informationsprodukten im Allgemeinen und digitalen Produkten im
Besonderen kommt es daher zu zahlreichen Überschneidungen mit dem Mediensektor und
damit auch mit medienökonomischen Eigenschaften. Unter dem Mediensektor können grund-
sätzlich alle Unternehmen subsumiert werden, die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt auf die
Produktion und Distribution von Medienprodukten gelegt haben.84 Neben den klassischen
Medien, wie z.B. Print (Zeitschriften, Zeitungen etc.) und Rundfunk (Fernsehen, Hörfunk),
werden unter Medien mittlerweile auch digitale On- und Offline-Medien eingeordnet.85 Die
innerhalb des Mediensektors agierenden Unternehmen haben grundsätzlich die Aufgabe, dem
Endverbraucher über Medien Informations- und Unterhaltungsangebote zur Verfügung zu
stellen.86 Zudem dienen die einzelnen Medien und Medienprodukte mit unterschiedlicher
Intensität auch als Werbeträger.87
Innerhalb des Mediensektors hat die Medienökonomie die Aufgabe, betriebswirtschaftliche
und volkswirtschaftliche Aspekte der Beschaffung, Erstellung, Übertragung und Finanzierung
massenmedial verbreiteter Informationen zu analysieren.88 Die medienökonomische Analyse
bezieht sich im Zuge dessen auf den Einsatz von Ressourcen zur bereits genannten Produkti-
on und Distribution von Medienprodukten, um die Bedürfnisse der Nachfrager zu befriedi-
gen.89
Digitale Produkte lassen sich infolgedessen auch mit medienökonomischen Grundsätzen in
Verbindung bringen. Ausgangspunkt ist die bereits getroffene Feststellung, dass digitale
Produkte zum einen über neue elektronische Medien transportiert und verteilt werden und
zum anderen größtenteils selbst aus Medienprodukten bestehen. Hinsichtlich der Träger-
medien lässt sich in diesem Zusammenhang eine deutliche Verschiebung von den klassischen
hin zu elektronischen Medien erkennen.
83 Zerdick et al. (1999), S. 133. 84 Vgl. Kröger (2002), S. 504 und die dort angegebene Literatur. Mittlerweile hat das Thema (neue) Medien,
Medienunternehmen, Medienindustrie sowie Medienökonomie sowohl in der Praxis als auch in der betriebs-wirtschaftlich orientierten Wissenschaft weitreichendes Interesse erlangt, wie die zahlreichen Publikationen zu diesem Themengebiet zeigen: Siehe zu Medienökonomie insbesondere Heinrich (1999) (2001), Beck (2002); Faulstich (1998); Kiefer (2001); Ludwig (1998) oder auch Albarran (1996); Picard (1989). Zu Medienunternehmen bzw. Medienbranche siehe insbesondere Schumann/Hess (2002); Sjurts (1996) (1998) (2000) (2002); Seufert (1999), S. 111 ff.; Altmeppen (1996). Zum Thema Medien und Internet siehe Hofer(2000); Hess (1999) (2002); Kröger (2002); Eggers/Grewe (2002).
85 Vgl. Kröger (2002), S. 506 und die dort angegebene Literatur. 86 Neben der Aufgabe, die Bevölkerung mit Informations- und Unterhaltungsangeboten zu versorgen, erfüllen
Medien noch weitere Funktionen: Beispielsweise dienen sie in einer Massendemokratie der politischen Willensbildung innerhalb der Bevölkerung oder kontrollieren durch ihre staatsunabhängige Stellung und Finanzierung die staatliche Machtausübung. Vgl. weiterführend Fechner (2002), S. 10 f.
87 Vgl. Mahlert et al. (2002), S. 1265. 88 Vgl. Hermann (2002), S. 61 und die dort angegebene Literatur. 89 Vgl. ebd., S. 61.
32 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Infolgedessen kommt es innerhalb der Medienbranche zu einer umfassenden Integration neuer
elektronischer Medienproduktionsprozesse und netzbasierten Mediendistributionskanälen,
wie beispielsweise die des stationären und mobilen Internet.90 Als Ergebnis davon hat sich in
der Medienökonomie ein neuer multimedialer Online-Markt herausgebildet, der in Zukunft
immer mehr digitale Produkte als Handels- und Untersuchungsobjekte zum Inhalt haben wird.
Die Entwicklung eines virtuellen Marktes für Medienprodukte eröffnet grundsätzlich die
Möglichkeit, auch „Online“ zukünftig Vertriebs- und Werbeerlöse zu erzielen. Dies hat zur
Folge, dass „...die Medienmärkte deutlich stärker wachsen als die meisten übrigen Branchen
und damit das gesamtwirtschaftliche Wachstum stimulieren“.91
2.4.3 Die Institutionenökonomie
Durch den Einsatz digitaler Produkte im stationären und mobilen Online Marketing lassen
sich innerhalb der netzbasierten Vermarktungsprozesse durch die vollautomatisierte
Abwicklung der (Re-)Produktions- und Distributionsprozesse vor allem Transaktionskosten
senken. Ähnlich auch Durth (2000): „Die rapide Senkung von Transaktionskosten durch
technologische Fortschritte [...] gilt neben Netzeffekten als das Fundament einer ‚Neuen
Ökonomie’...“.92 Damit gewinnt die Transaktionskostentheorie als Forschungsgebiet der
institutionellen Ökonomie innerhalb des stationären und mobilen Online Marketing an beson-
derer Bedeutung. Die Institutionenökonomie als Ansatz der mikroökonomisch geprägten
BWL geht auf die Literatur von Kaas zurück und behandelt neben der Transaktionskostenthe-
orie auch die Theorie der Verfügungsrechte (Property-Rights) sowie die „Prinzipal-Agent-
Theorie“.93 Alle Ansätze gehen im Gegensatz zur neoklassischen Wirtschaftstheorie von
einem unvollkommenen Markt aus, der durch unvollkommene Informationen und Unsicher-
heiten der Marktteilnehmer gekennzeichnet ist.
Die Transaktionskostentheorie geht auf Coase zurück und wurde später von Williamson
weiterentwickelt. Nach Coase müssen Transaktionskosten und damit markteigene Ineffizien-
zen zum Preis eines Produktes oder einer Dienstleistung hinzugerechnet werden, „...um die
Leistungsfähigkeit des Marktes im Vergleich zum nicht vom Markt bestimmten Verhalten in
Unternehmen ermessen (oder um die Kosten und Vorteile staatlicher Regulierungen
abwägen) zu können“.94 Die Transaktionskosten entstehen durch die Abwicklung von
90 Vgl. ähnlich Mahlert et al. (2002), S. 1265 f. 91 Seufert (1999), S. 110. 92 Durth (2000), S. 637. 93 Eine Literaturübersicht zu Kaas findet sich bei Gerth (1999), S. 69. 94 Downes (1999), S. 49.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 33
Transaktionen bzw. durch die Übertragung von Verfügungsrechten95 und umfassen in Bezug
auf Vermarktungsprozesse Kosten der Anbahnung (z.B. Recherche, Reisen, Beratung), der
Vereinbarung (z.B. Verhandlungen, Rechtsabteilung), Abwicklung (z.B. Prozesssteuerung,
Zahlung), der Kontrolle (z.B. Qualität- und Terminüberwachung) sowie der Anpassung durch
Änderungen während der Vertragslaufzeit.96 Gerth (1999) verweist in diesem Zusammenhang
auf eine weiter Kostenaufteilung:97 Transaktionskosten vom Typ A umfassen dabei die
Koordinationskosten, d.h. alle die Kosten, die zur Koordination und Durchsetzung von
Vereinbarungen zwischen den beteiligten Parteien entstehen. Transaktionskosten von Typ B
wiederum enthalten alle diejenigen Kosten, bei denen Spezialisierungseffekte zu erwarten
sind. Dabei handelt es sich konkret um Anbahnungs-, Transport- und Lagerkosten, die zu
weitreichenden, unter den Begriffen „Economies of Scale“ und „Economies of Scope“
bekannten Rationalisierungswirkungen führen. Wie im Hauptteil der Arbeit gezeigt wird,
lassen sich diese besonders in Verbindung mit der netzbasierten Vermarktung digitaler
Produkte deutlich senken.
2.4.4 Ökonomische Eigenschaften digitaler Produkte
Im Hinblick auf die oben genannten wirtschaftstheoretischen Ansätze wurde deutlich, dass
sich digitale Produkte mit zahlreichen aus der digitalen und Medien-Ökonomie stammenden
Gesetzmäßigkeiten in Verbindung bringen lassen, wobei innerhalb der netzbasierten
Vermarktung digitaler Produkte derartige Gesetzmäßigkeiten nicht nur beachtet, sondern auch
angewendet werden müssen.
Hinsichtlich der Einflüsse und Auswirkungen der neuen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten
auf die Unternehmens- und Marktebene bietet sich nach Latzer/Schmitz (2002) das industrie-
ökonomische Konzept als Analysegrundlage an.98 Das industrieökonomische Konzept
(„Industrial Economics“) als Spezialdisziplin der Volkswirtschaftslehre wurde in den letzten
beiden Jahrzehnten verstärkt in einem betriebswirtschaftlichen Kontext diskutiert und befasst
sich mit ökonomischen Ansätzen des Wettbewerbsverhaltens zwischen Unternehmens- und
Marktebene.99 In diesem Zusammenhang stehen die Interdependenzen zwischen Markt- und
Branchenstruktur („Structure“), Wettbewerbsverhalten („Conduct“) und Unternehmenserfolg
(„Perfomance“) im Mittelpunkt der Betrachtungen, was im Allgemeinen auch als „Structure-
95 Mit der Übertragung von Verfügungsrechten im Sinne der bereits erwähnten „Property-Rights“ sind die mit materiellen und immateriellen Gütern verbundenen, institutionell legitimierten Handlungsrechte einer oder mehrerer Wirtschaftssubjekte gemeint, die zwischen einzelnen Individuen ausgetauscht werden. Diese bilden den Ausgangspunkt transaktionskostentheoretischer Überlegungen. Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 178. Im Hinblick auf die Transaktionsabwicklung digitaler Produkte besteht die Übertragung von Verfügungsrechten aus der Übergabe von den bereits oben erwähnten Nutzungsrechten in Form von Lizenzen.
96 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2001), S. 50; Gerth (1999), S. 70 und die dort angegebene Literatur. 97 Vgl. im Folgenden sowie weiterführend Gerth (1999), S. 71 f. 98 Vgl. Latzer/Schmitz (2002), S. 67. 99 Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 164.
34 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Conduct-Performance-Paradigma“ bezeichnet werden kann.100 Werden digitale Produkte im
Rahmen neuer ökonomischer Gesetzmäßigkeiten analysiert, treten in Anlehnung an das oben
beschriebene industrieökonomische Konzept als Analysegrundlage die folgenden ökonomi-
schen Eigenschaften und Effekte in Kraft:
Digitale Produkte unterliegen als Erfahrungs- und öffentliche Güter den besonderen
Eigenschaften der hohen Qualitätsunsicherheit sowie der Nicht-Rivalität und Nicht-
Ausschließbarkeit im Konsum.
Digitale Produkte unterliegen des Weiteren innerhalb von Online-Systemen direkten und
indirekten Netzeffekten, die auch eine Etablierung von Standards, den Aufbau von Wechsel-
kosten durch Lock-in-Effekte sowie positive Rückkopplungen beinhalten.
Bei der Produktion digitaler Produkte entstehen hohe Fixkosten (First Copy Costs), im
Gegensatz dazu können diese mit geringen Kosten vervielfältigt und verteilt werden
(Fixkostendegressionseffekte, wachsende Skalenerträge).
In den folgenden Abschnitten werden die genannten ökonomischen Merkmale näher erläutert,
wobei diese im Rahmen der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte auch im Sinne des
„Structure-Conduct-Performance-Pradigma“ Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg als
Ganzes haben können. Nach Latzer/Schmitz (2002) führen die ökonomischen Gesetz-
mäßigkeiten der digitalen Ökonomie zu neuen Unternehmenskooperationen und -strategien,
wie „Follow-the-free-Strategien“, „Multi-Channel-Strategien“ oder „Lock-in-Strategien“.101
Des Weiteren lassen sich auch verstärkt Marktsegmentierungsstrategien, wie „Versioning“
oder „Windowing“, einsetzen. So erwähnte bereits Piller (1998), dass in der Netzwerk-
Ökonomie aufgrund der geringen Transaktionskosten und der marginalen Produktionskosten
neue Ansätze realisiert werden können, welche die Produktion variantenreicher gestalten und
im Weiteren die Produktion kundenindividueller, digitaler Produkte zu Kosten ermöglichen,
die denen einer standardisierten Massenproduktion vergleichbar sind.102
Wie wir im Hauptteil der Arbeit noch sehen werden, lassen sich die genannten strategischen
Ansätze vor allem innerhalb der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte einsetzen und
führen dabei zu einem nachhaltigen Unternehmenserfolg.
2.4.4.1 Digitale Produkte als Erfahrungsgüter
Wie bereits erwähnt, haben digitale Produkte weder direkt noch indirekt einen physischen
Anteil und lassen sich durch den Charakter der „Unstofflichkeit“ den immateriellen
Realgütern zuordnen. Bedingt durch die Immaterialität ist das digitale Produkt für den
100 Vgl. dazu sowie weiterführend ausführlich die Abhandlung bei Homburg/Krohmer (2003), S. 165 ff. 101 Vgl. teilweise Latzer/Schmitz (2002), S. 87. 102 Piller (1998), S. 16.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 35
Nachfrager physisch nicht wahrnehmbar. Er ist dadurch nicht in der Lage, Farbe, Form,
Geschmack und Geruch des Angebotes zu beurteilen, die Qualität zu bewerten und seine
Kaufentscheidung daran auszurichten. Zusätzlich zu den bereits in einem Markt vorhandenen
unvollkommenen Informationen über Preise, Qualität etc. entstehen durch die fehlende
physische Wahrnehmbarkeit und die damit zusammenhängende erschwerte Vergleichbarkeit
unterschiedlicher am Markt befindlicher Angebote Marktunsicherheiten sowie erhöhte
Informationskosten.103 Die Unsicherheiten versucht der Nachfrager gewöhnlich über die
Bewertung der Produkte anhand der folgenden Eigenschaften zu kompensieren:104 Sucheigen-
schaften (search qualities) sind diejenigen Eigenschaften eines Gutes, die der Nachfrager vor
dem Kauf (ex ante) identifizieren und beurteilen kann (z.B. der Preis). Erfahrungseigenschaf-
ten (experience qualities) hingegen kann der Nutzer erst nach dem Kauf (ex post) bzw. durch
die Nutzung und damit nach den mit dem Produkt gemachten Erfahrungen bewerten (z.B
Geschmack). Als letzte Kategorie lassen sich die Vertrauenseigenschaften (credence qualities)
nennen, die sich auch nach der Anwendung, wenn überhaupt, nur mit erheblichen Kosten zu
einer Beurteilung eignen (z.B. medizinische Diagnosen).
Bei digitalen Produkten handelt es sich aufgrund ihrer fehlenden physischen Beschaffenheit
ähnlich wie bei Dienstleistungen um Erfahrungsgüter mit erheblicher Qualitätsunsicherheit,105
was bedeutet, dass sich diese vorwiegend durch Vertrauens- und Erfahrungseigenschaften
bewerten lassen. Trotz des Merkmals der Immaterialität bestehen in diesem Zusammenhang
Unterschiede zwischen Dienstleistungen und digitalen Produkten: Digitale Produkte können
im Gegensatz zu digitalen Dienstleistungen sowohl gespeichert als auch innerhalb von
Online-Systemen transportiert werden. In Zusammenhang mit digitalen Produkten lässt sich
deshalb die Tendenz erkennen, dass bei deren Auswahl Erfahrungseigenschaften zunehmend
in Richtung Sucheigenschaften tendieren: Beispielsweise kann ein Interessent vor dem Kauf
eines digitalen Produktes durch eine Hörprobe bei digitaler Musik oder einer Leseprobe bei
digitalen Büchern, digitalen Zeitschriftenartikeln etc. das Produkt vor dem Erwerb durch
dafür geeignete Visualisierungs- und Präsentationsanwendungen begutachten und damit auch
vor dem Kauf bewerten. Dies hat zur Folge, dass die Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaf-
ten durch Sucheigenschaften substituiert werden und das innerhalb von digitalen Produkten
Mischformen hinsichtlich der Bewertungsmöglichkeiten entstehen. Dabei ist zu erwähnen,
dass der Konsument eines digitalen Produktes (z.B. eines Musikstückes) dieses grundsätzlich
103 Vgl. dazu auch die Ausführungen bei Hildebrand (1997), S. 82 f. Zur Senkung der Informationskosten tragen vor allem elektronische Marktplätze bei, die in der Lage sind, kaufrelevante Informationen über Preis und Angebot von Produkten auf elektronischem Wege zusammenzuführen. Ein Modell zur Reduzierung derartiger Suchkosten innerhalb von elektronischen Marktplätzen findet sich bei Bakos (1997).
104 Vgl. Nelson (1970), S. 312; Zeithaml (1981), S. 186; Zeithaml (1984), S. 191 oder auch zusammenfassend Corsten (1997), S. 16; Picot/Reichwald/Wigand (2001), S. 356.
105 Vgl. auch Gerpott/Schlegel (2002), S. 137.
36 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
erst konsumieren muss, um sich abschließend ein Urteil über das Produkt insgesamt bilden zu
können. Hierbei tritt allerdings das Problem auf, dass, nachdem er das Produkt mit einem
Informations- bzw. Unterhaltungswert konsumiert hat, er dieses nicht mehr nachfragen
muss.106 Daraus folgt, dass der Anbieter dem Nutzer das Produkt vor dem Kauf nicht
vollständig zur Bewertung zur Verfügung stellen kann.
Hat der Nutzer nicht die Möglichkeit, im Vorfeld das Produkt zu testen, d.h., wird sein
Informationsbedarf, den er für eine rationale Kaufentscheidung benötigt, nicht ausreichend
gedeckt und damit die vorhandene Qualitätsunsicherheit nicht ausreichend reduziert, besteht
die Möglichkeit der Anwendung von aus der „Principal-Agent-Theorie“107 bekannten
Mechanismen des „Signalling“ und „Screening“. Durch Screening kann der Nachfrager als
schlechter informierte Seite versuchen, weitere Informationen zu dem jeweiligen digitalen
Produkt einzuholen, z.B. durch die Heranziehung von themenrelevanten Newsgroups,
Communities etc. Auf der anderen Seite können Anbieter selber aktiv werden und durch
Signalling (signalisieren) zusätzliche dem Produkt oder dem Verkaufsprozess betreffende
Informationen zur Verfügung stellen.108 Beispielsweise können neben den o.g. Hör- und
Leseproben hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit der eingesetz-
ten Online-Systeme vertrauensbildende und imageverbessernde Maßnahmen innerhalb des
Kaufprozesses integriert und möglichst nach außen hin sichtbar gemacht werden (vgl. zu
vertrauensbildenden Maßnahmen innerhalb von Kaufprozessen auch den Abschnitt
4.4.1.5).109
Eine weitere Möglichkeit, Qualitätsunsicherheiten zu reduzieren, besteht in der Verteilung
von Test- oder Freiversionen (Shareware bzw. Freeware): „...information is an „experience
good“ – customers don´t know what it´s worth until they´ve actually tried it. Free versions
provide customers with an easy and attractive way to test out a digital product.“ 110 Vor
dieser Art der Produktverteilung – überwiegend über das Internet – machen vor allem
Softwareanbieter (z.B. Standardsoftware, Online-Spiele) Gebrauch, die ihre Produkte zu
Testzwecken oder zur Weiterentwicklung des Quellecodes der Allgemeinheit zur Verfügung
stellen. Zudem kann eine vor dem Kauf bestehende Qualitätsunsicherheit durch die Ein-
schaltung von Intermediären beeinflusst werden. Intermediäre reduzieren beim Konsumenten
106 Dietl/Franck (2000), S. 594. Diese Art der Bewertungsprobleme wird auch als „Arrowsches Bewertungspara-doxon“ bezeichnet und bedeutet, dass dem Käufer der Wert einer Information erst dann bekannt ist, wenn er sie kennt. Dies hat allerdings zur Folge, dass er sich nicht mehr erwerben muss. Vgl. Picot/ Reich-wald/Wigand (2001), S. 69.
107 Wie bereits weiter oben angedeutet, beschäftigt sich der „Prinzipal-Agent-Ansatz“ als Teil der Institutio-nenökonomik mit der Übertragung von Verfügungsrechten und innerhalb derer mit ex ante Regelungen vertraglicher Vereinbarungen. Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2001), S. 56 f.; Gerth (1999), S. 76 f.
108 Vgl. ähnlich auch Barth/Kiefel/Wille (2003), S. 20. 109 Vgl. auch Engelhardt et al. (1993), S. 420 und die dort angegebene Literatur. 110 Shapiro/Varian (1999), S. 108.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 37
vorhandene Qualitätsunsicherheiten vor allem durch die Ausnutzung von Größen- und
Verbundvorteilen sowie durch die Bündelung der Nachfrage und die in diesem Zusammen-
hang entstehende Marktmacht.111 Auch der Aufbau einer starken Marke, die den Inhalt des
digitalen Produktes widerspiegelt, kann zu einer Reduktion von Unsicherheiten beitragen.112
In diesem Zusammenhang sollte der Anbieter versuchen, ein mit der Marke verbundenes
Qualitätsversprechen hinsichtlich der Qualität des digitalen Produktes sowie Vertrauen in die
Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Anbieters aufgrund des fehlenden persönlichen
Kontaktes zwischen den Transaktionspartnern zu transportieren.113
2.4.4.2 Digitale Produkte als öffentliche Güter
Durch die derzeit noch fehlenden rechtlichen Schutzmechanismen handelt es sich bei
digitalen Produkten teilweise noch um öffentliche Güter, die eine Nichtrivalität- bzw. eine
Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum aufweisen.114 Nichtrivalität im Konsum bedeutet, dass
ein Produkt, welches von einem Individuum oder einem Unternehmen konsumiert bzw.
produziert wird, im Anschluss auch von jedem anderen Nutzer weiterverwendet bzw. (re-)
produziert werden kann. Ähnlich auch Latzer (2000): „Die Nicht-Rivalität im Konsum
bedeutet, dass der Konsum durch eine Person den gleichzeitigen Konsum einer anderen
Person nicht beschränkt, sodass der Konsum durch eine andere Person das Gut nicht
reduziert.“115 Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum bedeutet dagegen, dass der Konsum bzw.
die Weiterverwendung eines digitalen Produktes von Seiten der Rechteinhaber nicht
reglementiert werden kann, d.h., der Rechteinhaber kann in der Regel nicht verhindern, dass
ein durch ein Online-System bereits in Umlauf gebrachtes Produkt von Kopisten (re-)
produziert, verteilt oder als Produktionsfaktor eingesetzt wird. Kopisten treten damit in
Konkurrenz zu den Inhalteanbietern, indem sie zu vergleichsweise geringen Kosten digitale
Produkte vervielfältigen und verteilen.116 Die sich am Online-Markt befindlichen Konsumen-
ten verzichten infolgedessen auf die von den Inhalteanbietern bereitgestellten mit Kosten
belegten Produkte und ziehen digitale Inhalte mit einem geringeren Preis vor. Im Weiteren
können die Inhalte nicht marktgerecht kommerzialisiert, d.h. mit Preisen belegt werden, was
in der Folge zu einem Marktversagen führt. Die mangelnde Durchsetzbarkeit von Eigentums-
rechten führt damit zu einer „Free-Rider-Problematik“, d.h. digitale Inhalte werden ohne
einen finanziellen Gegenwert konsumiert.117 Besonders gravierend treten diese Effekte
111 Vgl. Dietl/Franck (2000), S. 598. 112 Vgl. ähnlich Barth/Kiefel/Wille (2003), S. 20. 113 Vgl. teilweise Jenner (2002), S. 810. 114 Vgl. Latzer/Schmitz (2000), S. 50. Zu dem Begriff „öffentliches Gut“ vgl. auch die Ausführungen bei
Bechtold (2002), S. 285. 115 Latzer (2000), S. 25. 116 Vgl. Bechtold (2002), S. 286. 117 Vgl. Latzer (2000), S. 24 f.
38 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
innerhalb von Filesharing-Netzwerken auf. Digitale Produkte, wie z.B. Musik, werden darin
zu öffentlichen Gütern, deren Verbreitung von den jeweiligen Rechteinhabern nicht mehr zu
kontrollieren ist.
Den zunehmenden Verlust an der Sicherung des geistigen Eigentums versuchen Unternehmen
deshalb durch urheberrechtliche und technologische Lösungen auszugleichen. Im Mittelpunkt
der technologischen Aktivitäten steht der Aufbau von „Digital-Rights-Mangement-Systemen“
(DRMS), die neben der personalisierten Kennzeichnung digitaler Produkte auch Verschlüs-
selungstechnologien für eine zuverlässige Authentifizierung und Autorisierung sowie eine
Lizenzverwaltung beinhalten.118 Zudem versuchen Unternehmen zukünftig Geschäftsmodelle
aufzubauen, die neben den urheberrechtlichen und sicherheitstechnologischen auch
serviceorientierte Elemente beinhalten, die zukünftig Nutzer davon abhalten sollen, illegale
Angebote digitaler Produkte in Anspruch zu nehmen: „Das Erzielen direkter Einnahmen
durch [digitale Produkte] mit dem Charakter eines öffentlichen Gutes scheint nur möglich,
wenn der Nutzen nicht in den Inhalten, sondern in Dienstleistungen und Funktionalität
liegt.“119 Buhse (2001) führt dazu weiter aus: „In diesem Szenario vermindern nicht
Sicherheitstechnologien, sondern serviceorientierte Geschäftsmodelle und substanzielle
Mehrwerte illegale Kopiervorgänge.“120
2.4.4.3 Skaleneffekte
„The Internet has significantly reduced the marginal costs of producing and distributing
digital information goods.”121
Skalen- und Stückkostendegressionseffekte unterliegen innerhalb der Netzwerkökonomie
digitaler Produkte bestimmten Gesetzmäßigkeiten, die sich von den in der traditionellen
Ökonomie bekannten Annahmen unterscheiden. Zu nennen ist hierbei die bereits erwähnte
Besonderheit, dass bei der Entwicklung sowie der Erst-Produktion digitaler Produkte hohe
Fixkosten entstehen, wobei die variablen Kosten bei jeder weiteren Reproduktion (Kopie) und
damit bei der Verteilung (Distribution), bedingt durch die beliebige Reproduzierbarkeit,
gegen Null tendieren:122 „Once the first unit is produced, the additional variable costs are
118 Vgl. weiterführend den Abschnitt 4.2.6; zu urheberrechtlichen Problematik siehe den Abschnitt 4.4.3. 119 Buhse (2001), S. 388 und die dort angegebene Literatur. 120 Ebd., S. 388. 121 Bakos/Brynjolfsson (2000), S. 63. 122 Vgl. Wirtz/Lihotzky (2001), S. 289; Stelzer (2000), S. 838; Picot/Neuburger (2001), S. 33; Zerdick et al.
(2001), S. 165 ff. Gemäß der Produktions- und Kostentheorie werden unter fixen Kosten alle zeit- und bereitschaftsabhängigen Kosten verstanden, die zur Herstellung der Betriebsbereitschaft benötigt werden. Dabei handelt es sich grundsätzlich um Kosten, die unabhänig von der Ausbringungsmenge und der Produk-tion sind und demnach kaum variieren. Variable Kosten hingegen sind „ausbringungsmengenabhängige“ Kosten. Die Gesamtkosten setzen sich wiederum aus fixen und variablen Kosten zusammen. Vgl. ausführlich Wöhe (2000), S. 389.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 39
negligible regardless of the output level. Although some assume that the variable reproduc-
tion cost will be zero…”123 Mit anderen Worten: Durch die zunehmende Verbreitung eines
digitalen Produktes werden die (hohen) Kosten der Erstproduktion auf immer mehr Kopien
der Reproduktion verteilt, sodass die Durchschnittskosten pro Stück abnehmen (Fixkostende-
gression) (siehe dazu Abbildung 5).124
Ent
wic
klun
gsko
sten
und
Fir
st
copy
cost
s
Durchschnitts-kosten
Kopien Anzahl
Ent
wic
klun
gsko
sten
und
Fir
st
copy
cost
s
Durchschnitts-kosten
Kopien Anzahl
Abbildung 5: Fixkostendegressionseffekt digitaler Produkte Quelle: Corsten (2003), S. 187
Die bei der Entwicklung digitaler Produkte anfallenden hohen Fixkosten werden in der
Literatur auch als „First Copy Costs“ bzw. als “Sunk Costs” bezeichnet.125 Dabei ist zu
erwähnen, dass trotz der niedrigen Kosten auch bei der Vervielfältigung und Verteilung
(Distribution) digitaler Produkte Kosten anfallen, die aber unabhängig von der Anzahl der
übermittelten digitalen Produkte sind und damit eher einen Fixkostencharakter aufweisen.126
Diese Fixkosten entstehen vor allem durch den Aufbau, die Weiterentwicklung und die
Anpassung der für die Übertragung benötigten Online-Systeme, die bei der Speicherung des
Originals sowie bei der Abwicklung des digitalen Verkaufsprozesses als Ganzes benötigt
werden, z.B. Kosten für Soft- und Hardware. Weitere Kosten fallen für die Erstellung und
Vermarktung der Web-Seiten (Homepage, Portale) sowie für die Telekommunikations-
verbindungen vom Nutzer zum Server bzw. vom Anbieter zum Provider (Serververwalter) an.
123 Choi et al. (1997), S. 349 f. 124 Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 64. 125 Shapiro/Varian (1998), S. 20; Shapiro/Varian (1999), S. 107. 126 Vgl. im Folgenden teilweise Gerpott/Schlegel (2002), S. 135; Skiera (1999), S. 97.
40 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Durch die Degression der Fixkosten pro hergestelltes Produkt ergeben sich Skaleneffekte, die
auch als „Economies of Scale“, „Skalenerträge“ oder „Betriebsgrößenersparnisse“ beizeichnet
werden.127 Daraus folgt: Je höher die Fixkosten digitaler Produkte im Verhältnis zu den
variablen Kosten sind, „...desto stärker sinken die Stückkosten bei steigender Absatz-
menge“128 (siehe auch Tabelle 2).
(Re)ProduktionVertrieb/
Distribution100.000 1.000.000
Musik auf CD 1.000.000 3 7 20 11 45
Musik im Internet 1.000.000 0,5 0,5 11 2 82
Software auf CD 10.000.000 3 7 110 20 81
Software im Internet
10.000.000 0,5 0,5 101 11 89
Stückkostendegression (Angaben in %)
variable Kosten StückkostenDigitales Produkt
Fixkosten (Entwicklung)
Tabelle 2: Die Stückkostendegression digitaler Produkte129
Bei den sich dabei entwickelnden monopolähnlichen Marktstellungen tendieren die
Grenzkosten der Leistungserstellung, d.h. die Kosten der Produktion einer zusätzlichen
Einheit, gegen Null.130 Als Konsequenz der Stückkostendegression sinken die Stückkosten bei
steigenden Absatzahlen eines Anbieters, der einen dominierenden Marktanteil erreicht hat,
schneller als die Stückkosten der Wettbewerber. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die
Wettbewerbssituation in der Weise, dass dominantere Marktteilnehmer aufgrund der geringen
Stückkosten gegenüber ihren Wettbewerbern entweder höhere Gewinne realisieren, den
Umsatz maximieren oder aber ihre Absatzpreise schneller senken können. Senkt der Anbieter
den Absatzpreis, kann er seine Marktanteile gegenüber seinen Wettbewerbern ausbauen, was
wiederum dazu führt, dass die Stückkosten überproportional sinken (siehe dazu auch den
folgenden Abschnitt).
127 Skaleneffekte beziehen sich in „klassischen“ Märkten auf die Produktionsmenge einer Periode und entstehen beispielsweise durch eine höhere Produktionsauslastung bei gegebener Kapazität, durch Erhöhung der Kapazitätsgröße (z.B. aufgrund größerer Anlagen) oder auch durch technischen Fortschritt sowie aufgrund von Rationalisierungs- und Standardisierungsmaßnahmen. Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 96; o.V. (2001h), S. 668.
128 Vgl. dazu und im Folgenden auch Stelzer (2000), S. 838. 129 Die in der Tabelle verwendeten Kostenblöcke verstehen sich in Euro. Sie dienen lediglich der Verdeutlichung
der Stückkostendegressionseffekte, die durch den Einsatz digitaler Produkte entstehen. 130 Vgl. Clement (2001), S. 60. Zu Grenzkosten in Verbindung mit Informationen vgl. auch Beck (2002), S. 7 f.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 41
2.4.4.4 Netzeffekte
Online-Systeme im Allgemeinen und digitale Produkte im Besonderen können auch als
Systemgüter aufgefasst werden.131 Unter einem Systemgut kann eine Kombination von
komplementären und untereinander kompatiblen Komponenten verstanden werden, die nur
bei simultanem Konsum und durch Interaktionen der Komponenten mit- bzw. untereinander
nutzenstiftend wirken sowie von den Nutzern bei der Kaufentscheidung mit berücksichtigt
werden müssen.132 Systemprodukte bestehen zum einen aus Systemarchitekturen, z.B.
Betriebssysteme, Telekommunikationsnetzwerke, und zum anderen aus Systemkomponenten,
z.B. Anwendungssoftware.133 Nutzer, die in ein Systemgut investiert haben, sind aufgrund der
dabei entstandenen Wechselkosten an das jeweilige System gebunden. Derartige ökonomi-
sche Mechanismen der Netzwerkökonomie können auch als „Lock-in-Effekte“ oder als
„Netzeffekte“ bzw. „externe Effekte“ definiert werden.134 In Zusammenhang mit Merkmalen
von Online-Systemen, die als Systemgüter die Vernetzung von Anwendern ermöglichen,
entstehen derartige Netzwerkeffekte sowohl auf Nachfrager- als auch auf Anbieterseite.135
Neue Nutzer kommen hinzu
Wert des Netzwerkes
steigt
Nutzerzahl des Netzwerkes
steigt
Netzeffekte auf der Nachfrageseite
Anzahl an Systemkompo-nenten steigt
Steigende Systemattrak-tivität für den
Nutzer
Systemattraktivität für weitere
Anbieter steigt
Ausweitung der Absatzmenge
Netzeffekte auf der Anbieterseite
Neue Nutzer kommen hinzu
Wert des Netzwerkes
steigt
Nutzerzahl des Netzwerkes
steigt
Netzeffekte auf der Nachfrageseite
Anzahl an Systemkompo-nenten steigt
Steigende Systemattrak-tivität für den
Nutzer
Systemattraktivität für weitere
Anbieter steigt
Ausweitung der Absatzmenge
Netzeffekte auf der Anbieterseite
Abbildung 6: Entstehungsmechanismen von Netzeffekten Quelle: Auf der Grundlage von Zerdick et al. (2001), S. 160; Stelzer (2000), S. 839
131 Begründet kann diese Aussage dadurch, dass gerade der Gebrauch eines digitalen Produktes als „Leistungs-angebot“ nur im Verbund mit anderen Technologien (Software, Hardware) möglich ist. Es handelt sich demnach um Produkte, die einen „derivativen (abgeleiteten) Nutzen“ stiften, d.h. dass ein Nutzen für den Konsumenten erst dann zustande kommt, wenn es „...in einer Interaktionsbeziehung zu mindestens einem weiteren gleichartigen oder komplementären Gut steht, es also Teil einer Systemarchitektur ist.“ Taschner (2001), S. 85. Die Bewertung eines Produktes ist demnach abhängig von der Kompatibilität mit anderen Produkten und fällt umso höher aus, je höher der Grad der Kompatibilität ist. Vgl. auch Weiber (2002a), S. 279. Ein Beispiel für eine typische Systembranche ist die Videospielbranche. Vgl. dazu ausführlich Dietl/Royer (2003), S. 414.
132 Vgl. Taschner (2001), S. 83 f.; Stelzer (2000), S. 838. 133 Vgl. Clement (2001), S. 59. 134 Vgl. ähnlich Weiber (2002a), S. 27; Schögel/van Delden (2003), S. 10; Stelzer (2000), S. 840 f. 135 Diese Netzwerk-Externalitäten sind dadurch gekennzeichnet, dass durch die Teilnahme einer Person an einem
Netzwerk bei den übrigen Teilnehmern ohne marktwirtschaftliche Übereinkunft direkte und indirekte Netzwerkeffekte entstehen, für die der Urheber der Handlung auch auf Wunsch keine entsprechende Kompensation erhält. Vgl. Clement (2001), S. 58; Zerdick et al. (2001), S. 157.
42 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Neben den Netzeffekten auf Anbieter- und Nachfragerseite können diese auch in direkte und
indirekte Netzwerkeffekte unterschieden werden. Direkte Netzeffekte lassen sich dadurch
charakterisieren, dass der steigende Nutzen eines Netzwerkes davon abhängt, wie viele andere
Anwender (Individuen oder Organisationen) dieses auch nutzen: „...network effects arise
when the value one user places on a good depends on how many other users are using it.“136
Die Nutzungsabhängigkeit beinhaltet auch, dass der Gesamtnutzen eines Netzwerkes und
damit der Nutzen für jeden einzelnen Nutzer mit der Größe des Netzes überproportional bzw.
exponentiell steigt. Die Wertsteigerung eines Netzwerkes proportional zum Quadrat der
Teilnehmer wird auch als „Metcalfe’s Law“ bezeichnet: „If there are people in a network,
and the value of the network to each of them is proportional to the number of other users,
then the total value of the network (to all the users) is proportional to n * (n-1)= n²-n.”137 Das
Gesetz lässt sich z.B. auch auf das mobile Internet und innerhalb dessen auf die neue
Mobilfunkgeneration „UMTS“ anwenden: Das Online-System zielt darauf ab, innerhalb
kürzester Zeit einen möglichst großen Nutzerkreis (kritische Masse) aufzubauen und damit
den Wert des Netzes für die Teilnehmer zu erhöhen (siehe auch die Ausführungen im
gleichen Abschnitt weiter unten).138 Die innerhalb der Netzwerkeffekte auftretenden positiven
externen Effekte stellen einen Anreiz dar, dem jeweiligen Netzwerk beizutreten, „...der umso
größer ausfällt, je größer das Netzwerk bereits ist“.139 Dadurch ergibt sich ein Wirkungszu-
sammenhang aus Wachstum (steigende Anzahl der Nutzer) und Wertsteigerung, der auch als
positive Rückkopplung („increasing returns“) bezeichnet werden kann.140 Infolgedessen
entsteht eine Art von sich selbst verstärkenden Kreisläufen der Kundengewinnung, d.h.
dadurch, dass jeder „...Kunde dem Netzwerk mit dem größten Nutzen angehören will, wird ein
Netzwerk, das zuerst eine kritische Größe erreicht hat, in der Regel nahezu alle weiteren
Kunden an sich ziehen“.141
Im Gegensatz zu den direkten Netzeffekten lassen sich indirekte Netzeffekte so charak-
terisieren: Je verbreiteter ein System oder Standard ist, desto mehr kompatible Leistungsan-
gebote existieren (z.B. Videosystem VHS, Microsoftprodukte). Indirekte Netzeffekte lassen
136 Shapiro/Varian (1998), S. 45. 137 Ebd., S. 184. 138 Vgl. ähnlich Killermann/Vaseghi (2002), S. 43. Das Erreichen einer kritischen Masse ist in Verbindung mit
Systemgütern die Voraussetzung für den Erfolg derartiger Systeme. Erst wenn eine bestimmte Mindestanzahl von Anwendern überschritten ist, kann von einem langfristigen Markterfolg eines Netzes ausgegangen werden. Vgl. Weiber (2001), S. 841.
139 Wirtz/Lihotzky (2001), S. 289. 140 Vgl. Stelzer (2000), S. 841 Zu „increasing returns“ vgl. insbesondere Arthur (1996). Neben den positiven
entstehen auch negative Rückkopplungen. Dies wird damit begründet, dass die zunehmende Verbreitung eines Gutes zu einem sinkenden Wert des Gutes und damit zu einer Preissenkung führt. Vgl. auch Clement(2001), S. 57. Negative Rückkopplungen entstehen besonders bei der Verbreitung digitaler Produkte überelektronische Netzwerke: Je mehr elektronische Kopien von einem digitalen Produkt (umsonst) vorhanden sind, desto geringer wird die Bereitschaft der Anwender sein, für eine weitere Kopie zu zahlen.
141 Schögel/van Delden (2003), S. 11.
2.4 Wirtschaftstheoretische Bezugspunkte digitaler Produkte 43
sich besonders auch bei Produkten anwenden, die im Sinne der Definition digitaler Produkte
vollständig netzbasiert (re-)produziert, transportiert und vertrieben werden können. Ein
Beispiel dafür und damit für indirekte Netzwerkeffekte sind Komprimierungsstandards für
digitale Musik, Videos etc.142 Komprimierungsstandards bewirken eine Kompatibilität
zwischen den vorhandenen digitalen Produkten, produzieren Lerneffekte und tragen dazu bei,
dass ein Produkt auch mit zukünftigen Produktversionen kompatibel ist. Diese Faktoren
beeinflussen die Kaufentscheidungen der Nachfrager, indem sie die Erwartungen über die
zukünftige Verbreitung eines Produktes mitbestimmen. Dies trifft auch für Systemgüter im
Allgemeinen zu:143 Der Nutzer beschafft sich zuerst ein Basissystem, welches er dann in der
zweiten Phase durch Anwendungskomponenten ergänzt. Daraus folgt: Je mehr Nutzer sich für
ein Systemprodukt einer Systemarchitektur entschieden haben und damit dem Netzwerk
angeschlossen sind, desto mehr werden Anbieter von Komplementärleistungen versuchen,
systemkonforme Leistungen zu entwickeln.144
Sowohl für den indirekten als auch für den direkten Netzwerkeffekt gilt, „...dass der Wert
eines Gutes mit seiner Verbreitung steigt“.145 Die Wertegenerierung durch Netzwerkeffekte
lässt sich vor allem auch anhand der zunehmenden Verbreitung von „Filesharing-
Netzwerken“, die eine Übertragung und Verteilung digitaler Produkte ermöglichen, verdeutl-
ichen.146 Teilnehmer können anhand einer dafür geeigneten Software mehr oder weniger
dezentral Dateien aller Art direkt und multilateral mit anderen Teilnehmern austauschen. Der
Nutzen des Netzwerkes steigt mit der Anzahl der potentiellen Tauschpartner, d.h., je mehr
Teilnehmer das System nutzen, desto größer wird das potentielle Angebot an digitalen
Inhalten.147 Ein ähnlicher Effekt entsteht durch den weiteren Ausbau der UMTS-Netze.
Ausschlaggebend für die Nutzung dieses Systems ist neben der Netzabdeckung die zuneh-
mende Verteilung von UMTS-fähigen Mobilfunkgeräten: Je mehr Teilnehmer mit einem
entsprechenden Gerät ausgestattet sind, desto höher ist der Nutzen für jeden einzelnen
Teilnehmer, d.h., umso größer ist der Teilnehmerkreis des Systems. Insgesamt steigt der
Nutzen des Netzwerkes demnach mit jedem zusätzlichen Gerät. Beide Systeme sind darüber
hinaus Beispiele für die Entstehung positiver externer Effekte: Der Nutzen einer Teilnahme
an diesen Netzwerken nimmt in der direkten Abhängigkeit mit der steigenden Anzahl der
142Vgl. im Folgenden Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 362. Standardisierungsaktivitäten haben im Allge-meinen zum Ziel, „...allgemein akzeptierte und öffentlich zugängliche Regeln aufzustellen, die es ermögli-chen, verschiedenartige Systeme im Verbund einzusetzen...“ (offene Systeme). Vgl. dazu und weiterführend Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 182 ff.
143 Vgl. im Folgenden insbesondere Zerdick et al. (2001), S. 158. 144 Vgl. Clement (2001), S. 59. 145 Clement (2001), S. 59. 146Ein weiteres Beispiel für positive direkte Netzeffekte sind „Online-Communities“, innerhalb derer mit
wachsender Mitgliederzahl der Wert einer Mitgliedschaft für jeden Einzelnen steigt. Vgl. Jenner (2002), S. 813.
147 Vgl. zu Peer-to-Peer-Technologien auch den Abschnitt 4.2.1.4.4; zu Filesharing-Systemen als Distributions-kanal digitaler Produkte auch den Abschnitt 4.3.2.3.2.
44 2 Digitale Produkte und ihre Besonderheiten aus wirtschaftstheoretischer Sicht
Nutzer insgesamt zu. Es handelt sich demnach um Netzwerke, die einen positiven direkten
derivativen (abgeleiteten) Nutzen stiften.148 Als Folge werden Anbieter versuchen, sich durch
einen schnellen Markteintritt den Aufbau einer kritischen Masse nutzbar zu machen. Durch
die oben erwähnten positiven Netzwerkexternalitäten kann im Extremfall ein „winner-take-
all-market“ entstehen, „...in dem ein Anbieter seinen Vorteil bis hin zu einem Monopol
ausbauen kann, wenn er einen gewissen Marktanteil erst einmal überschritten hat“.149 So
auch Shapiro/Varian (1998): „In its most extreme form, positive feedback can lead to a
winner-take-all-market in which a single firm or technology vanquishes all others...“150
Anbieter von Online-Systemen können neben der Ausnutzung direkter und indirekter
Netzwerkeffekte auch durch den Aufbau von Wechselkosten versuchen, Werte zu generieren
um damit ihre Marktposition weiter auszubauen.
148 Vgl. auch Clement/Litfin/Peters (2001), S. 103. 149 Picot/Reichwald/Wigand (2001), S. 362. Als Beispiel nennen die Autoren Software zum Abspielen digitaler
Musik. 150 Shapiro/Varian (1998), S. 177. Wie wir im Hauptteil noch sehen werden, lassen sich diese Gesetzmäßigkeiten
aus Sicht des Online Marketing auch beeinflussen, d.h. auch bei kleineren Netzwerken lässt sich durchaus ein Wert für den Teilnehmer generieren. Vgl. auch Schögel/van Delden (2003), S. 11.
3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung
Marketing lässt sich hauptsächlich durch die Konzeption und Durchführung marktbezogener
Aktivitäten charakterisieren und hat darin die Aufgabe, durch eine systematische Informati-
onsgewinnung über Marktgegebenheiten die absatzpolitischen Instrumente des Marketing-
Mix zu gestalten bzw. zu steuern.151 Neben dieser marktorientierten Unternehmensführung
rückte seit den 90er Jahren verstärkt das kundenindividuelle Marketing und damit der
Einzelkunde in den Mittelpunkt des Interesses. In diesem Zusammenhang lässt sich zum
einen das Beziehungsmarketing („Relationship Marketing“), das die zunehmende Individua-
lisierung und Intensivierung der gesamten langfristigen Kundenbeziehung zum Inhalt hat, und
zum anderen das „Customized Marketing“ („Marketing nach Maß“), das sich auf die
zunehmende Individualisierung auf der Produkt- beziehungsweise Leistungsebene bezieht,
nennen. Eng in Verbindung mit den Individualisierungstendenzen im Marketing steht das
Direktmarketing, das sich besonders durch die zunehmende Bedeutung von IuK-
Technologien im Allgemeinen und kundenorientierten Informationssystemen im Besonderen
zu einem Instrument entwickelt hat, das die Gestaltung des gesamten Marketing-Mixes auf
individueller Basis möglich macht. Im Folgenden wird das kundenindividuelle Marketing, aus
dem sich insbesondere auch das für diese Arbeit relevante kundenorientierte Informations-
system des stationären und mobilen Online Marketing herleiten lässt, ausführlicher darge-
stellt.
3.1.1 Marketing: Die Führung des Unternehmens vom Markt her
Marketing kann als Führung des Unternehmens vom Markt152 her verstanden werden und
richtet sich im Grundsatz an den Erfordernissen, Wünschen und Bedürfnissen der Abnehmer
aus.153 Im Zentrum des unternehmerischen Handelns steht die dauerhafte Befriedigung von
151 Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 10 f. 152 Der (Absatz-)Markt im Sinne des Marketing beschreibt die Kundengesamtheit (= Nachfragegesamtheit), die
bestimmte Leistungen bzw. Leistungsbündel nachfragt bzw. an die diese Leistungen veräußert werden können. Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 206. Als Markt wird dabei „...der Ort des Zusammentreffens eines Angebotes an Produkten mit der Nachfrage nach diesen Produkten, durch das sich Preise bilden...“bezeichnet. Homburg/Krohmer (2003), S. 2. Im Zusammenhang mit dem stationären und mobilen Online Marketing kann auch von einem elektronischen Markt gesprochen werden, auf dem in Anlehnung an die bekannte Definition von Schmidt (1993) alle Phasen und Funktionen der marktmäßig organisierten Leis-tungskoordination mit Hilfe von Online-Systemen unterstützt werden können. Auf die Bedeutung und Funktionen elektronischer Märkte wollen wir nicht weiter eingehen und diese als gegeben und für die Vermarktung digitaler Produkte einsetzbar ansehen. Vgl. weiterführend Schmidt (1993); Brandtwei-ner/Greimel (1998); Peters (2000); Scheer/Erbach/Schneider (2002).
153 Marketing wird auch als Absatzpolitik bezeichnet. Der Begriff „Absatzpolitik“ greift allerdings zu kurz, da dieser lediglich die Vermarktung von Leistungen auf den Absatzmarkt beinhaltet (Distributionsorientierung) und die auch vorhandene markt- und kundenbezogenheit des Marketing ausklammert. Vgl. auch Steffenha-gen (2000), S. 55. Zu den Entwicklungsphasen des Marketing vgl. Meffert (1998), S. 4; Meffert (2001), S. 957 ff.; Homburg/Krohmer (2003), S. 8 f.; Sabel (2001).
46 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Kundenbedürfnissen durch eine konsequente Planung, Koordination und Kontrolle aller auf
die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten.154 Die
Absatzmarktaktivitäten richten sich zum einen an private Verbraucher (Konsumenten) und
zum anderen an organisationale Abnehmer (Firmenkunden, Institutionen der öffentlichen
Hand).155 Ersteres wird auch als Konsumgütermarketing bezeichnet und beinhaltet den
mittelbaren und unmittelbaren Absatz von Sachgütern, Dienstleistungen und Rechten an
private Verbraucher (Konsumenten).156 Bei letzterem spricht man im Allgemeinen vom
Industriegütermarketing, das dem Absatz von Sachgütern, Dienstleistungen und Rechten
dient, die von Organisationen (Unternehmen, Behörden etc.) beschafft werden, um andere
Leistungen zu erbringen, die über den mittelbaren und unmittelbaren Weiterverkauf an
Endverbraucher hinausgehen.
Des Weiteren lassen sich Marketingaktivitäten auch nach den Arten von Märkten unterschei-
den. Zum einen beinhaltet das die Differenzierung nach dem Beschaffungs- und Absatzmarkt,
zum anderen können die Märkte nach Gütern und dabei nach Konsumgüter-, Industriegüter-
und Dienstleistungsmärkten unterschieden werden.157 Innerhalb des kommerziellen Marketing
besteht der Kern einer erfolgreichen Marketingpolitik aus der Festlegung von Marketingzielen
und Marketingstrategien. Marketingziele lassen sich in markt- und ertragsorientierte
ökonomische Ziele (z.B. Gewinn, Deckungsbeitrag, Umsatz, Marktanteil) und in außeröko-
nomische Zielinhalte (z.B. Bekanntheit, Image, Kundenzufriedenheit etc.) differenzieren und
sollten stets inhaltlich präzise und operational formuliert werden. Das strategische Marketing
gibt den Orientierungsrahmen für das operative Marketing, d.h. für die kurzfristigen
Marketingentscheidungen vor und findet seine Fortführung im operativ-taktischen und
zieladäquaten Einsatz der Marketing- bzw. absatzpolitischen Instrumente innerhalb des
Marketing-Mixes.158 Die Kombination absatzpolitischer Instrumente erfolgt innerhalb des
Marketing-Mix in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht und dient der Erreichung
festgelegter Marketingziele. Klassischerweise lassen sich die absatzpolitischen Instrumente in
vier Instrumentalbereiche unterteilen:159
Produktpolitik (Product): Die Produkt- und Produktprogrammpolitik „...beinhaltet alle
Entscheidungstatbestände, die sich auf die marktgerechte Gestaltung aller vom Unternehmen
154 Zu weiteren Begriffsdefinitionen vgl. Meffert (1998), S. 7; Meffert (2001), S. 957 ff. sowie weiterführend Kotler (1999), S. 8 f.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1994), S. 12 ff.; Becker (1998), S. 1 ff.; Steffenhagen (2000), S. 15 ff.; Kirchgeorg (2001), S. 406 f.; Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 6; Kuß (2001).
155 Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 3. Neben den genannten kommerziellen Marketing-Aktivitäten, die sich auf den Absatzmarkt beziehen, kann sich Marketing auch auf andere Märkte (z.B. Personal- und Beschaf-fungsmärkte) sowie auf Organisation beziehen, bei denen es sich nicht um (gewinnorientierte) Unternehmen handelt. Vgl. Kuß (2001), S. 20 f.
156 Vgl. dazu und im Folgenden teilweise Kuß (2001), S. 21 f., 27. 157 Vgl. dazu ausführlich Homburg/Krohmer (2003), S. 4 f. 158 Vgl. Meffert (2001), S. 960 f.; Becker (2000), S. 9. 159 Vgl. Berndt (1993), S. 10; Kuss/Tomczak (1998), S. 13 f.; Kuß (2001), S. 166 ff.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 47
im Absatzmarkt angebotenen Leistungen beziehen“.160 Im Kern der Produktpolitik geht es um
die Gestaltung des Produktes im engeren Sinne (z.B. Produkteigenschaften, Produktqualität
etc.) sowie um die Gestaltung von den mit dem Produkt verbundenen Leistungen und
Merkmalen (z.B. Service, Garantie, Verpackung etc.).
Preis- bzw. Kontrahierungspolitik (Price): Die Preispolitik „...umfasst alle vertraglich
fixierten Vereinbarungen über das Entgeld des Leistungsangebotes (Preispolitik) sowie über
mögliche Rabatte und darüber hinausgehende Lieferungs-, Zahlungs- und Kreditierungs-
bedingungen (Konditionenpolitik)“.161 Zu den klassischen preispolitischen Instrumenten
zählen unter anderem Preisdifferenzierungen (Rabatte, Konditionen etc.), Preisvariationen
(zeitliche Preiszonen, kurzfristige Preisaktionen etc.) und Maßnahmen der Preislinienpolitik
(Preisobergrenzen, Preisbündelungen etc.).
Kommunikationspolitik (Promotion): Die Kommunikationspolitik „...umfasst die planmäßige
Gestaltung und Übermittlung aller auf den Markt gerichteten Informationen eines Unterneh-
mens zum Zweck der Beeinflussung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und
Verhaltensweisen im Sinne des Unternehmens“.162 Zu den klassischen Instrumenten der
Kommunikationspolitik zählen Werbung (auch Direktwerbung), Verkaufsförderung, Öffent-
lichkeitsarbeit (Public Relations), der persönliche Verkauf sowie seit einiger Zeit auch sog.
Below-the-Line-Aktivitäten (Events, Sponsoring, Kundenclubs etc.) und, bedingt durch die
Entwicklung des Internet, neue Kommunikationskonzepte, wie Online-Werbung.
Distributions- bzw. Vertriebspolitik (Place): Die Distributionspolitik als vierte Säule der
Absatzpolitik umfasst alle Entscheidungen und Tatbestände, die „...den Verkauf, die
Vertriebswege und die Verteilung der hergestellten Güter und Dienstleistungen an nachfol-
gende Wirtschaftsstufen betreffen“.163
160 Meffert (1998), S. 317. Zur Produktpolitik vgl. auch Kotler (2001), S. 715 ff.; Hermann (2001), S. 1412 f.; Kuß (2001), S. 166 ff.
161 Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 268; Meffert (1998), S. 467. Zur Preispolitik vgl. auch Diller (2001b), S. 1337 ff.
162 Diller (2001a), S. 791. Zur Kommunikationspolitik vgl. auch Kotler (2001), S. 881 ff.; Kuß (2001), S. 226 ff. 163 Diller (2001), S. 327. Gerth merkt in diesem Zusammenhang an, dass die Einordnung der Distributionspolitik
in den Marketing-Mix in der Literatur nicht eindeutig definiert ist. Vgl. Gerth (1999), S. 46. Zu möglichen Formen der Eingliederung der Distributionspolitik in das Instrumentarium des Marketing-Mix siehe Ahlert (1996), S. 18 f. Zum Distributions-Mix siehe auch ausführlich den Abschnitt 3.2.
48 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
3.1.2 Die zunehmende Relevanz des kundenindividuellen Marketing
3.1.2.1 Die Entwicklung des Individualmarketing
Durch die grundlegenden Veränderungen der Märkte vom Verkäufermarkt (Angebot kleiner
als Nachfrage) zum Käufermarkt (Angebot größer als Nachfrage) sind nur die Unternehmen
am Markt erfolgreich, die sich konsequent markt- und kundenorientiert verhalten.164 Der
Nachfrager hat unter Käufermarkt-Bedingungen zunehmend die Möglichkeit, bei seinen
Kaufabsichten zwischen verschiedenen Anbietern zu wählen und sich für jenes Angebot zu
entscheiden, welches seinen Wünschen am besten entspricht und darüber hinaus sein Kosten-
und Nutzenverhältnis optimiert.165 Der Kunde von morgen lässt sich nicht auf eine Marke
festlegen, er strebt innerhalb seiner Konsumbedürfnisse immer mehr nach Produkten, die ihm
ein Höchstmaß an Qualität, Funktionalität und Bequemlichkeit bieten und deren Kauf mit
einem Mindestmaß an Aufwand verbunden ist. Auf der Angebotsseite werden diese
Entwicklungen durch die Sättigung der Absatzmärkte sowie die zunehmende Homogenität
der Produkte in Qualität, Preis, Design etc. unterstützt. Als Konsequenz des veränderten
Kaufverhaltens sowie der Verschärfung der Wettbewerbssituation sind Anbieter gezwungen,
ihre Angebote in Form einer Individualisierung stärker als bisher markt- und kundenorientiert
auszurichten.
Unternehmen betrachten mittlerweile die markt- und kundenorientierte Ausrichtung als
Führungsphilosophie und stellen damit den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt
des unternehmerischen Handelns (= konsequente Führung des ganzen Unternehmens vom
Absatzmarkt und seinen Bedingungen sowie Anforderungen her).166 Benötigt werden in
diesem Zusammenhang neue Formen der Leistungs- und Dialogkommunikation, bei dem
jeder Kunde im Hinblick auf die individuelle und interaktive Kundenansprache als ein
eigenständiges Marktsegment begriffen und angesprochen wird.167 In Zusammenhang mit
dem kundenindividuellen Marketing sind grundsätzlich zwei parallele Tendenzen erkennbar:
„... Zum einen die zunehmende Individualisierung auf der Produkt- beziehungsweise
Leistungsebene hin zu einem Customized Marketing (`Marketing nach Maß`)168 und zum
anderen eine zunehmende Individualisierung und Intensivierung der gesamten langfristigen
164 Vgl. Becker (2000), S. 6. 165 Vgl. im Folgenden insbesondere Tiedtke (2001), S. 6. 166 Becker (2000), S. 6. Becker merkt hierzu an, dass markt- und kundenorientiertes Handeln auch eine
Wettbewerbs- und Absatzmittlerorientierung mit einschließt. Die Fokussierung auf den Endabnehmer im Sinne der Kundenorientierung gewinnt demnach an strategischer Relevanz. Vgl. Becker (2000), S. 6 f.
167 Vgl. auch Strauß/Schoder (2002), S. 138. 168 Der Begriff Customized Marketing stammt ursprünglich aus dem Englischen und wird synonym mit
Bezeichnungen wie (Mass)-Customization oder auch Customizing mittlerweile in der deutschen Literatur verendet. Vgl. Tietdke (2001), S. 43 und die dort angegebene Literatur.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 49
Kundenbeziehung in Richtung eines Relationship Marketing (`Beziehungsmarketing`).“169
(siehe dazu auch Abbildung 7).
CustomizedMarketing
(Marketing nach Maß)
Fokus Produkt
Massen-Marketing (Transaktions-
marketing)Fokus Abverkauf
Individual-Marketing
i.e.S.Fokus Produkt und Kunden
Relationship-Marketing(Beziehungs-marketing)Fokus Kunde
Individualisierung der Leistung
Intensität der Kundenbeziehung
Kundenorientierter Interaktionsgrad
Pro
duk
tori
enti
erte
rIn
tera
ktio
nsgr
a d
CustomizedMarketing
(Marketing nach Maß)
Fokus Produkt
Massen-Marketing (Transaktions-
marketing)Fokus Abverkauf
Individual-Marketing
i.e.S.Fokus Produkt und Kunden
Relationship-Marketing(Beziehungs-marketing)Fokus Kunde
Individualisierung der Leistung
Intensität der Kundenbeziehung
Kundenorientierter Interaktionsgrad
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Abbildung 7: Vom Massenmarketing zum Individualmarketing Quelle: Link/Hildebrand (1995a), S. 7
Das Massenmarketing (Transaktionsmarketing) als klassisches Konsumgüter-Marketing folgt
einer „Null-Segmentierung“170, d.h., im Vordergrund steht eine weitestgehend standardisierte
Produktion in hoher Stückzahl, die über Massenmedien an die jeweiligen Nachfragegruppen
abverkauft werden. Werden im Sinne des Customized Marketing die Produkte zunehmend auf
die individuellen Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet, liegt der Schwerpunkt auf der
Individualisierung der Leistungsebene (Marketing nach Maß), was die Fertigung höher-
wertiger Konsumgüter oder Dienstleistungen nach den Wünschen jedes einzelnen Kunden
beinhaltet.171 Um den Anforderungen der Einzelkundenorientierung gerecht zu werden,
entwickelte sich das Marketing seit den 80er Jahren zunehmend zu einem Beziehungs-
marketing (Relationship Marketing), bei dem der Einzelkunde im Sinne des „One-to-One-
169 Link/Hildebrand (1995a), S. 6. Die Individualisierungstendenzen lassen sich auch in ein 4-Ebenen-Konzept der Individualisierung einordnen. Neben den bereits genannten Individualisierungsebenen „Customazitiondes Angebotes“ sowie „Individualisierung der Dialogebene“ lässt sich innerhalb derer noch die „Individuali-sierung der Philosophieebene“ sowie die „Individualisierung der Analyseebene“, welche die ökonomischenBewertungsinstrumente der individuellen Kundenbeziehung (Investitionswürdigkeit des Kunden) enthält, nennen. Vgl. dazu und weiterführend Link/Schmidt (2002a) sowie die Ausführungen weiter unten.
170 Kotler (2001), S. 418. 171 Vgl. Hildebrand (1997), S. 41.
50 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Marketing“ immer stärker in den Mittelpunkt unternehmerischer Tätigkeiten rückt.172 Neueste
Entwicklungen gehen hierbei in die Richtung eines „Databased Online Marketing“, „...das
den Einsatz personalisierter Web-Sites, deren Inhalte und Darbietungsstruktur ganz auf die
spezifischen Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Kunden abgestellt sind...“, beschreibt.173
Hierbei handelt es sich im Gegensatz zu dem o.g. Customization grundsätzlich um die
Individualisierung der Kommunikationsprozesse und bezieht sich dabei auf die Personali-
sierung von Web-Inhalten sowie die darin enthaltenen Kommunikationselemente und nicht
auf Produkte und Dienstleistungen im herkömmlichen Sinne.174 Eine weitere Differenzierung
hinsichtlich Personalisierung und Customization kann auch aus eher technologischer Sicht
erfolgen:175
Customization bezeichnet den unter direktem Einfluss bzw. der Kontrolle des Nutzers
stattfindenden Prozess der bewusst selektiven Auswahl aus verschiedenen Optionen; es
handelt sich daher eher um einen benutzergesteuerten Prozess der individualisierten Produkt-
auswahl.
Personalisierung hingegen beschreibt den durch ein stationäres oder mobiles Online-Systeme
initiierten, modellgestützten Prozess der Informationsübermittlung/-bereitstellung und kann
daher eher als ein systemgesteuerter interaktiver Kommunikationsprozess gesehen werden,
bei dem fortlaufend Benutzerinformationen gesammelt, gespeichert und analysiert werden.
Durch das intensive Eingehen auf Kundenbedürfnisse im Sinne der beschriebenen Einzelkun-
denorientierung können auf Dauer langfristige profitable Geschäftsbeziehungen entstehen, die
im Hinblick auf Maßnahmen der Kundenpflege ausgebaut und intensiviert werden können.176
Maßnahmen, die zu der erfolgreichen Herstellung und Aufrechterhaltung von Beziehungen zu
einzelnen Kunden führen, werden zunehmend unter dem Begriff des Customer Relationship
172 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 7 f. Das Konzept des One-to-One-Marketing wurde von Peppers/Rogersentwickelt und sagt im Wesentlichen aus, dass der Ausbau von Marktanteilen aufwendiger ist als das Ausweiten bestehender Geschäftsbeziehungen – im Mittelpunkt des Konzeptes steht damit der Ausbau des Geschäftsvolumens pro Kunde und nicht wie üblich der Marktanteil pro Produkt: „The Basis for 1:1 („one-to-one“) marketing is share of customer, not just market share. Instead of selling as many products aspossible (…) the goal of the 1:1 marketer is to sell one customer at a time as many products as possible, over the lifetime of that customer’s patronage.” Peppers/Rogers (1997), S. 415. Zu dem Konzept des 1:1 siehe Peppers/Rogers (1993).
173 Tiedtke (2001), S. 56. 174 Vgl. ebd., S. 73. 175 Vgl. ebd., S. 74; van Hoof/Ritz (2002) sowie jeweils die dort angegebene Literatur. In der wissenschaftlichen
Literatur ist die Abgrenzung zwischen Personalisierung und Custumization allerdings nicht eindeutig. Tiedtke (2001) differenziert hinsichtlich des Databased Online Marketing deshalb eine Ergebnis- und eine Prozesspersonalisierung, wobei erstere sowohl individuelle Informationen als auch Produkte beinhalten kann. Vgl. Tiedtke (2001), S. 76 f. sowie ausführlich und weiterführend Hildebrand (1997), S. 67 ff. Zur Vereinfa-chung wollen wir im Folgenden von einem individualisierten Leistungsangebot sprechen, das sowohl das Konzept der Personalisierung als auch Formen des Customization beinhalten kann.
176 Vgl. dazu und im Folgenden teilweise Schmidt (2001).
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 51
Management (CRM) zusammengefasst.177 CRM kann als eine Kundenbindungsstrategie
verstanden werden, deren Ziel es ist, mit Hilfe von auf einen einzelnen Kunden oder auf eine
Kundengruppe gerichteten Maßnahmen langfristige, profitable und individuelle Beziehungen
herzustellen sowie nachhaltig zu pflegen.178 Die Beziehungen zwischen Anbieter und Kunden
werden dahingehend charakterisiert, „...inwieweit in der Vergangenheit zwischen ihnen eine
vom Marktdurchschnitt abweichende Zahl von Folgetransaktionen realisiert wurde bzw.
inwieweit dies für die Zukunft zu erwarten ist“.179 Von großer Bedeutung für die Einzelkun-
den- bzw. Beziehungsorientierung ist die bereits erwähnte Analyseebene des CRM, die eine
umfassende Analyse, Planung und Steuerung von Kundenbeziehungen durch umfangreiche
Informations- und Kommunikationssysteme voraussetzt.
3.1.2.2 Die zunehmende Bedeutung des Direktmarketing
In Zusammenhang mit der zunehmenden Relevanz der Einzelkundenorientierung steht der
Marketinggedanke des Direktmarketing, das als die „...Herstellung unmittelbarer Kundenbe-
ziehungen auf informationeller (Direktwerbung) und ggf. auch leistungsmäßiger (Direktver-
trieb) definiert werden kann“.180 Von Direktwerbung wird gesprochen, wenn die direkten
Beziehungen zum Kunden auf informationeller Ebene bestehen, Direktvertrieb setzt hingegen
voraus, dass eine direkte leistungsmäßige (liefermäßige) Beziehung von Sach- und Dienstleis-
tungen zwischen Anbieter und Kunde besteht.181
Die Stärke des Direktmarketing liegt im Gegensatz zu Formen des Massenmarketings in den
Möglichkeiten, auf die besonderen Bedürfnisse, Probleme und Anforderungen der einzelnen
Kunden besser und intensiver einzugehen.182 Im Vordergrund stehen Individualbeziehungen
zwischen Anbieter und Endabnehmer, die eine individuelle Gestaltung des gesamten
Leistungsbündels durch den Anbieter beinhalten. Betroffen von den Möglichkeiten der
Individualisierung im Sinne des interaktiven Direktmarketing sind daher alle vier Sub-Mixe
der Absatzpolitik (vgl. dazu Abbildung 8).
177 Vgl. Link/Tiedtke (2001a), S. 13. 178 Vgl. Homburg/Bruhn (2000), S. 8; Link/Tiedtke (2001a), S. 13; Frielitz/Hippner/Martin/Wilde (2000), S. 10. 179 Link/Schleuning (1999), S. 134. 180 Link (2000), S. 4. 181 Vgl. Link (1999), S. 77. 182 Vgl. im Folgenden Link (1999), S. 106.
52 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
eingegrenzte Streuung(ohne OM)
breite Streuung
höhere Kontakt-kosten (ohne OM)
niedrigere Kontakt-kosten
rationale Ansprache(ohne OM)
emotionale Ansprache
NutzungMarke
AufbauMarke
Individualansprache Massenansprache
Direktwerbung Massenwerbung
dialogorientiert monologorientiert
Follow Up(ohne OM)
Response-Erzielung
geringe Streu-verluste
hohe Streuverluste
Distribution
niedriger Distributionsgrad
hoher Distributionsgrad
Direktvertrieb indirekter Vertrieb
Individual-vertrieb
Massen-vertrieb
Kommunikation
geringe Handels-abhängigkeit
hohe Handels-abhängigkeit
Bereitschaft zuDistanzkauf
Präsenzkauf
Direktmarketing Massenmarketing Direktmarketing Massenmarketing
starke added value-Orientierung
starke Orientierungunique selling
proposition
Individualprodukt Massenprodukt
hohes cross-sellingPotential
niedriges cross-selling Potential
hohe BedeutungBonusprogramme
keine BedeutungBonusprogramme
Individualpreis Massenpreis
EndpreisautonomieHersteller
(bei Direktvertrieb)
EndpreisautonomieHandel (bei
indirektem Vertrieb)
Preis
Produkt
eingegrenzte Streuung(ohne OM)
breite Streuung
höhere Kontakt-kosten (ohne OM)
niedrigere Kontakt-kosten
rationale Ansprache(ohne OM)
emotionale Ansprache
NutzungMarke
AufbauMarke
Individualansprache Massenansprache
Direktwerbung Massenwerbung
dialogorientiert monologorientiert
Follow Up(ohne OM)
Response-Erzielung
geringe Streu-verluste
hohe Streuverluste
Distribution
niedriger Distributionsgrad
hoher Distributionsgrad
Direktvertrieb indirekter Vertrieb
Individual-vertrieb
Massen-vertrieb
Kommunikation
geringe Handels-abhängigkeit
hohe Handels-abhängigkeit
Bereitschaft zuDistanzkauf
Präsenzkauf
Direktmarketing Massenmarketing Direktmarketing Massenmarketing
starke added value-Orientierung
starke Orientierungunique selling
proposition
Individualprodukt Massenprodukt
hohes cross-sellingPotential
niedriges cross-selling Potential
hohe BedeutungBonusprogramme
keine BedeutungBonusprogramme
Individualpreis Massenpreis
EndpreisautonomieHersteller
(bei Direktvertrieb)
EndpreisautonomieHandel (bei
indirektem Vertrieb)
Preis
Produkt
Abbildung 8: Das interaktive Direktmarketing im Marketing-Mix Quelle: Link (1999), S. 108 f.
3.1.3 Die technologische Basis der Kundenorientierung
Die Individualisierungstendenzen des Direktmarketing werden zunehmend durch neue
Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt und finden so eine Fortsetzung
und Weiterentwicklung.183 In diesem Zusammenhang rücken im elektronischen Direkt-
marketing neue Arten von Informationssystemen in den Mittelpunkt des Interesses. Dabei
handelt es sich konkret um kundenorientierte Informationssysteme (KIS), die in der Lage
sind, Kundenwünsche individueller, wirkungsvoller, schneller und kostengünstiger zu
erfassen und zu bearbeiten.184 Sie dienen der netzbasierten Interaktion mit dem Einzelkunden
und bieten die Möglichkeit, Kommunikationsbeziehungen auf elektronische Art und Weise zu
individualisieren.
Zu den Elementen der kundenorientierten Informationssysteme zählen zum einen Systeme des
Computer Aided Selling (CAS), die als informationstechnologische Unterstützung von
Verkaufsprozessen für die Herstellung eines direkten persönlichen Kundenkontaktes
183 Vgl. Gerth (1999), S. 111. 184 Vgl. Link (1999), S. 76.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 53
eingesetzt werden.185 Zum Zweiten lassen sich unter KIS auch Systeme des Database
Marketing (DBM), das sich als ein Marketing auf der Basis individueller Kundendaten
beschreiben lässt und für die Herstellung einer unmittelbaren nicht persönlichen Kommunika-
tion eingesetzt wird, einordnen. DBM „...unterstützt die gesamte Marketingplanung von der
Produktpolitik über Werbung bis hin zur Vertriebspolitik...“186 Als drittes Element der KIS
lässt sich das Online Marketing nennen, das als ein interaktives Marketing über elektronische
Netzwerke definiert wird und die Herstellung eines medialen auf Interaktion angelegten
Kundenkontaktes innerhalb von Online-Systemen ermöglicht. Online Marketing unterstützt
zum einen Formen der elektronischen Direktwerbung und kann darüber hinaus auch die
Verkaufstätigkeit als Ganzes automatisieren.187
Im Zusammenhang mit der Verwendung von kundenindividuellen Daten im Online
Marketing wird auch von einem Databased Online Marketing, das bereits weiter oben
erwähnt wurde, gesprochen. Das Databased Online Marketing kann als eine Art Verknüpfung
zwischen dem Database Marketing und dem Online Marketing gesehen werden.188 Es bezieht
sich innerhalb dessen auf die Dialogkommunikation, d.h. „...ein Databased Online Marketing
übernimmt in erster Linie die Funktion des automatisierten Dialogkanals zwischen Anbieter
und Nachfrager“.189 Darin werden Informationen ausgetauscht, die „...in erster Linie
sämtliche digitalen Informationsdienstleistungen, die über physische Produkte und nicht-
digitalisierbare Dienstleistungen der realen Welt über elektronische Netzwerke verfügbar
sind...“,190 enthalten. Es handelt sich demnach nicht um den eigentlichen Austausch einer
digitalen Leistung bzw. eines digitalen Produktes, sondern primär um den Austausch von
Informationen über Leistungsangebote der realen Welt.
3.1.3.1 Database Marketing
Database Marketing lässt sich, wie bereits erwähnt, als ein Marketing auf der Basis kundenin-
dividueller, in einer Datenbank gespeicherter Informationen charakterisieren und ermöglicht
eine individuelle, auf den einzelnen Konsumenten zugeschnittene dialogorientierte Kommu-
nikation sowie eine Individualisierung des Leistungsangebotes.191
185 Vgl. zur Konzeption des CAS ausführlich Link/Hildebrand (1993), S. 93; Link/Hildebrand (1994b), S. 11 ff. Durch das Merkmal des persönlichen Kundenkontaktes und damit durch die physische Anwesenheit eines Individuums im Beratungs- bzw. Verkaufsprozess soll das CAS in der o.g. Definition in dieser Arbeit nicht weiter behandelt werden.
186 Link (2003), S. 3. Vgl. zur Konzeption des DBM ausführlich Link/Hildebrand (1993), S. 29; Link/Hildebrand (1994b), S. 4 ff.
187 Vgl. Link (2003), S. 3. Wie wir im Abschnitt 4.3.1 der Arbeit noch sehen werden, lassen sich Verkaufspro-zesse im Online Marketing vor allem anhand digitaler Produkte automatisieren, d.h. durch die netzbasierte Auslieferung digitaler Inhalte in der Abwicklungsphase entsteht ein vollautomatischer Verkaufsprozess.
188 Vgl. Tietdke (2001), S. 57. 189 Tiedtke (2003), S. 224. 190 Tietdke (2001), S. 73. 191 Vgl. dazu und im Folgenden Link/Schmidt (2002), S. 145; Link/Hildebrand (1993).
54 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Das Kernstück des Database Marketing bildet eine Marketing-Datenbank aus Grund-,
Potenzial-, Aktions- und Reaktionsdaten, in der kundenindividuelle Informationen aus ver-
schiedenen Unternehmensbereichen gespeichert sind. Durch die gesammelten Daten entsteht
im Laufe der Zeit ein Merkmalsprofil jedes einzelnen Kunden. Dieses ist dann die Basis für
kundenspezifische Aktionen, die wiederum zu entsprechenden Reaktionsdaten führen. Es
entsteht somit ein Regelkreis von Aktionen und Reaktionen, der als Grundgedanke des
Database Marketing angesehen werden kann. Innerhalb des stationären und mobilen Online
Marketing lässt sich das Database Marketing mit der dazugehörigen Marketing-Datenbank
vor allem auch für den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen sowie für die
Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle von Online-Marketing-Aktivitäten im Allgemeinen
einsetzen.
3.1.3.2 Das stationäre und mobile Online Marketing
Online Marketing ist mittlerweile in der Marketingforschung ein gebräuchlicher Terminus192
und wird im Allgemeinen als ein interaktives Marketing über elektronische Netzwerke
definiert193. Im Vordergrund steht die Interaktion mit dem Einzelkunden auf der Basis von
global vernetzten Online-Systemen, wie dem Internet sowie deren Verwendung für Marke-
tingzwecke. In enger Beziehung zum Online Marketing steht das Electronic Marketing, das
als „...innovative Nutzung der neuen, interaktiven digitalen Informations- und Kommunikati-
onsmedien im Marketing ...“194 bezeichnet werden kann. Innerhalb dessen umfasst das
Electronic Marketing als Sammelbegriff alle marketingrelevanten Bereiche, „...in denen
elektronische Komponenten und Systeme der Informations- und Kommunikationstechnologie
zur Anwendung gelangen“.195 Gerth (1999) merkt in diesem Zusammenhang an, dass es sich
bei Electronic Marketing im Prinzip um eine erweiterte Form des Online Marketing
handelt,196 das die digitalen interaktiven neuen Medien im Marketing integriert.
Das stationäre und mobile Online Marketing kann, ausgehend von der klassischen marktori-
entierten Sichtweise, grundsätzlich in verschiedene Mix-Bereiche unterteilt werden (siehe
dazu Abbildung 9):197
192 Vgl. Gerth (1999), S. 108. 193 Link (2000), S. 7. Zu weiteren Begriffsdefinitionen siehe Hünerberg (2000), S. 123; Oenicke (1996), S. 13;
Hünerberg/Heise (1995), S. 8 f.; Hünerberg/Kulla (1995), S. 374 ff.; Fink (1997), S. 17; Gräf (1999), S. 41 f. Der Begriff „Online“ wird laut Duden als „in direkter Verbindung mit der Datenverarbeitungsanlage arbeitend“ definiert und wird in jüngster Zeit speziell in der Bedeutung „an das Internet angeschlossen“ verwendet. Vgl. o.V. (2001g).
194 Fink (1997), S. 17. 195 Hermanns/Flegel (1992), S. 3. 196 Vgl. Gerth (1999), S. 111. 197 Vgl. Gerth (1999), S. 108.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 55
Stationäres und mobiles Online Marketing
Online-Kommunikations-
politik
Online-Distributions-
politik
Online-Preispolitik
Online-Produktpolitik
Stationäres und mobiles Online Marketing
Online-Kommunikations-
politik
Online-Distributions-
politik
Online-Preispolitik
Online-Produktpolitik
Abbildung 9: Instrumente des stationären und mobilen Online Marketing Quelle: In Anlehnung an Gerth (1999), S. 108
Wie in der Abbildung ersichtlich, entstehen durch die Nutzung vernetzter und moderner
Informations- und Kommunikationssysteme im Marketing neue Formen von Online-
Marketinginstrumenten, die eine Integration immaterieller digitaler Produkte als Vermarkt-
ungsobjekte ermöglichen. Dabei unterstützt das Online Marketing alle vier Phasen der
Vermarktungsprozesse, d.h., sowohl die Anbahnungs- bzw. Informations- als auch die
Vereinbarung-, Abwicklungs- und After-Sales-Phase eines netzbasierten Verkaufsprozesses
wird durch die neuen Online-Marketing-Instrumente in effizienter Art und Weise unter-
stützt.198 Das Online Marketing erfüllt in Zusammenhang mit der netzbasierten Vermarktung
digitaler Produkte die wichtige Transaktionsfunktion, indem es die Übertragung, Speicherung
und Vervielfältigung von netzbasierten Informationen sowie die Distribution an eine beliebige
Zielgruppe199 ermöglicht.
Innerhalb des Online Marketing lässt sich eine Differenzierung zwischen „stationär“ und
„mobil“ anhand der Begriffe „Electronic Commerce“ (E-Commerce) und „Mobile Commer-
ce“ (M-Commerce) vornehmen. Die Unterscheidung hierin betrifft wiederum die Verbin-
dungsart (siehe die folgenden Kapitel). Als Oberbegriff des E- und M-Commerce steht
grundsätzlich das E-Business, innerhalb dessen auch das M-Business einzuordnen ist. Beide
Formen des E-Business können in Abhängigkeit von der Verbindungsart durch den Einsatz
von IuK-Technologien in Planungs-, Abwicklungs- und Interaktionsprozessen und damit in
Geschäftsprozessen charakterisiert werden.200
198 Wie wir im Folgenden noch sehen werden, führt der Einsatz von digitalen Produkten im Online Marketing zu automatisierten Vermarktungsprozessen. Vgl. weiterführend den Abschnitt 4.3.1.3.
199 Vgl. auch Hermanns/Flegel (1992), S. 10. 200 Vgl. ähnlich Link (2003), S. 1.
56 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
3.1.3.2.1 Das stationäre Online Marketing
3.1.3.2.1.1 Begriffsbestimmung
Der Begriff E-Commerce wird bekanntlich sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis
uneinheitlich verwendet und bezeichnet traditionell den elektronischen Datenaustausch (EDI)
in der Business-to-Business (b2b) Kommunikation.201 Inzwischen wurde der Begriff auf
weitere Akteure ausgeweitet, sodass sich E-Commerce mittlerweile auch auf die Anbahnung,
Aushandlung und die Abwicklung von Transaktionen zwischen Unternehmen und Endkunden
(b2c) sowie Unternehmen und öffentlichen Institutionen (b2a) bezieht.202 E-Commerce
unterstützt innerhalb dessen auf elektronische Art und Weise sowohl den Einkauf von
Unternehmensleistungen auf dem Beschaffungsmarkt (Electronic Procurement) als auch den
Verkauf von Leistungsangeboten auf dem Absatzmarkt (Online Marketing/Electronic
Marketing).203 In enger Abgrenzung beinhaltet das E-Commerce im Rahmen des Online
Marketing alle Formen der elektronisch realisierten Abwicklung von Verkaufsprozessen204
über Online-Systeme, wobei der Fokus auf der Ortsgebundenheit, d.h. auf dem stationären E-
Commerce (S-Commerce) liegt.205
Im Hinblick auf die Verbindungsart wird für die kabelgebundenen Telekommunikations-
verbindungen auch der Begriff „stationäres Internet“ verwendet.206 Dabei wird deutlich, dass
es sich hierbei um ein absatzseitiges Begriffsverständnis handelt, das sich im Gegensatz zu
dem Beschaffungsmarkt auf die Vermarktung von Leistungsangeboten auf dem Absatzmarkt
bezieht.207 Absatzseitige Handelsobjekte können dabei sowohl aus digitalen als auch nicht-
digitalen Produkten bestehen.
201 Vgl. Link (2000), S. 6 nach Frauenhofer Emnid (1997), S. 16. Inzwischen haben sich zahlreiche Autoren in der Theorie und Praxis verdienstvoll mit der Definition des E-Commerce auseinandergesetzt. Wir wollen deshalb auf weitere Definitionen und Abgrenzungen verzichten und verweisen auf die folgenden Quellen. Hermanns/Sauter (1999), S. 14 f.; Wirtz (2001), S. 32 ff.; Kröger (2002), S. 34; Link (2003), S. 2 ff.
202 Vgl. Hermanns/Sauter (1999), S. 22. Zu den Akteuren des E-Commerce gehören alle diejenigen, die „...Anbieter oder Empfänger von elektronisch basierten bzw. induzierten Leistungsaustauschprozessen sein können“. Wirtz (2002c), S. 55. Werden die Akteure nach den Kriterien Anbieter und Nachfrager der Leistung in Beziehung gesetzt, entsteht eine Matrix mit neun Markt- und Transaktionsbereichen; vgl. dazu ausführlich Hermanns/Sauter (1999), S. 22 ff. bzw. derselbe (2001), S. 25 ff.; Becker (2000a), S. 80 ff. Wie bereits erwähnt, haben wir den Schwerpunkt der Arbeit auf den Bereich des Business-to-Consumer (b2c) bzw. im Zusammenhang mit Peer-to-Peer-Computing (P2P) oder Auktionshäusern (z.B. eBay) auch auf den Bereich des Consumer-to-Consumer (c2c) gelegt. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass sich hin und wieder Ausführungen auch auf den b2b-Bereich beziehen.
203 Vgl. Hermanns/Sauter (2001), S. 16 f.; Wamser (2001), S. 11 ff. 204 Wie wollen für die folgende Arbeit in Anlehnung an Link (2003), S. 5 für den Begriff „Vermarktungspro-
zess“ sowohl die Anbahnung als auch die Aushandlung und Abwicklung von Geschäftsprozessen verstehen. 205 Vgl. Link (2000), S. 7; Link (2001), S. 24. 206 Vgl. Wirtz (2002), S. 677. Link (2003) spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Desktop E- Commerce; vgl. Link (2003), S. 2 f. 207Vgl. zum beschaffungs- und absatzseitigem E-Commerce die bereits weiter oben genannten Quellen
Hermanns/Sauter (2001), S. 16 f.; Wamser (2001), S. 11 ff.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 57
Im Zusammenhang mit dem absatzseitigen E-Commerce lässt sich ein weiterer elektronischer
Transaktionskanal nennen, der für die automatisierte Abwicklung von Verkaufsprozessen
verwendet werden kann. Es handelt sich hierbei um das sog. T-/Broadband Business208, das
bisher unter „Direct Response TV“, „Home order Shopping“ oder auch unter „Teleshopping“
bekannt war.209 Innerhalb des stationären Online Marketing wird unter T-Business ebenfalls
die automatisierte Abwicklung von Verkaufsprozessen verstanden, wobei sich die dafür
verwendeten Online-Systeme aus der Konvergenz des Internet mit dem interaktiven
Fernsehen zusammensetzt. Ermöglicht wird der Datenaustausch durch einen leistungsstarken
Rückkanal, der sowohl das Senden als auch das Empfangen von digitalen Daten und
Informationen beinhaltet (siehe weiterführend den Abschnitt 4.2.1.4.3).210
3.1.3.2.1.2 Kundenbindung im stationären Online Marketing
„In der Internet-Ökonomie werden dauerhaft nur die Unternehmen erfolgreich sein, denen es
gelingt, eine überlegene Form der Kundenbeziehung und Kundenbindung aufzubauen.“211
Hinsichtlich der im Abschnitt 3.1.2 genannten Kundenbindungsstrategie des CRM werden
Aktivitäten zunehmend durch den Aufbau sowie die unternehmensweite strategische und
organisatorische Implementierung von modernen stationären und mobilen Online-Systemen,
die es ermöglichen, Kundenbeziehungen auf elektronischer Art und Weise zu managen,
unterstützt (eCRM).212 Online-Systeme mit ihren Eigenschaften der Interaktivität und
Multimedialität können Informationen über Bedürfnisse, Wünsche, Meinungen und
Anregungen von einzelnen Kunden sammeln und dabei den Grad der Individualisierung im
Kundenbeziehungsprozess noch deutlich steigern.213
Um innerhalb von eCRM-Aktivitäten dauerhafte und auf die Bedürfnisse der einzelnen
Kunden ausgerichtete Angebote zu entwickeln, werden kundenbezogene Informationen
benötigt, aus denen das Nutzungs- und Kaufverhalten einzelner Kunden bzw. Kundengruppen
hervorgeht. Durch den Prozess der Datengenerierung anhand von Interaktionen und durch die
anschließende Selektion der Kunden im Hinblick auf die Attraktivität einer Kundenbeziehung
entstehen im Laufe der Zeit Benutzerprofile, die eine Gestaltung erfolgreicher Kundenbezie-
hungen ermöglichen.
208 Vgl. Wirtz (2001), S. 75 ff.; Wirtz (2002b). 209 Vgl. dazu weiterführend Gerth (1999), S. 117 und die dort angegebene Literatur; zum interaktiven Fernsehen
und Home-Shopping siehe auch Geppert/Greipl/Müller (1996). 210 Vgl. ähnlich Wirtz (2001), S. 75. Natürlich lassen sich innerhalb des Online Marketing auch andere Online-
Distributionskanäle einordnen (z.B. das digitale Radio bzw. Peer-to-Peer-Technologien). Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei der Technologie um eine Online-System mit einem leistungsstarken Rückkanalhandelt.
211 Wirtz (2001a), S. 51. 212 Vgl. zu eCRM auch Link/Gerth (2001). Zu den folgenden Ausführungen siehe teilweise Schmidt (2001). 213 Vgl. ähnlich Hildebrand (2000a), S. 82. Zu Online-Systemen siehe auch das Kapitel 4.2.
58 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Innerhalb des Kundenbindungsmanagements übernimmt die Speicherung und Weiterverwen-
dung von Nutzer- und Nutzungsdaten folgende Aufgaben (siehe Abbildung 10):
Intensivierung der Kundenbeziehung
Individualisierung-Leistungsebene
- Dialogebene
Differenzierung- Benutzerprofile
Identifizierung-Teilnehmer
Intensivierung der Kundenbeziehung
Individualisierung-Leistungsebene
- Dialogebene
Differenzierung- Benutzerprofile
Identifizierung-Teilnehmer
Abbildung 10: Elemente eines erfolgreichen eCRM
Wie in der Abbildung ersichtlich, erfolgt eine Identifizierung der Teilnehmer anhand der
durch Interaktionen mit dem Kunden und Interessenten gesammelten Daten.214 Die Differen-
zierung im Hinblick auf die attraktivsten bzw. profitabelsten Kunden basiert auf der
Grundlage von Nutzer- und Nutzungsprofilen, wobei die Individualisierung des Kunden-
kontaktes auf der Leistungs- und Dialogebene mit Hilfe des Wissens über den Kunden erfolgt.
Am Ende steht dann der Aufbau und die Intensivierung der Kundenbeziehung durch gezielte
marketingspezifische Aktivitäten. Die Grundlage eines erfolgreichen eCRM besteht in dem
Aufbau und der Pflege einer Marketing-Datenbank, in der im Sinne des oben beschriebenen
Database Marketing kundenindividuelle Daten gespeichert werden können.
214 Vgl. dazu und im Folgenden ähnlich auch Fassott (2001).
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 59
3.1.3.2.2 Das mobile Online Marketing
3.1.3.2.2.1 Begriffsbestimmung
Auch innerhalb des M-Commerce lässt sich bisher keine Vereinheitlichung hinsichtlich
begrifflicher Definition in Wissenschaft und Praxis erkennen. Bei M-Commerce handelt es
sich vereinfacht „... um eine elektronisch gestützte Abwicklung geschäftlicher Kommunika-
tions- und Transaktionsprozesse mittels mobiler Endgeräte“.215 In enger Abgrenzung
beinhaltet das M-Commerce im Rahmen des mobilen Online Marketing alle Formen der
elektronischen Abwicklung von Verkaufsprozessen mittels drahtloser Endgeräte, wobei der
Fokus in Anlehnung an die Definition des E-Commerce auf dem absatzseitigen M-Commerce
und damit auf der Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung von Vermarktungsprozessen
auf dem Absatzmarkt liegt.216 Durch den Einsatz mobiler drahtloser Endgeräte kann in diesem
Zusammenhang auch von einem „mobilen Internet“ gesprochen werden.217
Auch Angebote des M-Commerce können in Anlehnung an das E-Commerce auf weitere
Akteure des b2b und b2a ausgeweitet werden. Zudem unterstützen mobile Anwendungen
sowohl den Einkauf von Unternehmensleistungen auf dem Beschaffungsmarkt (Electronic
Procurement) als auch den Verkauf von Leistungsangeboten auf dem Absatzmarkt (Online
Marketing/Electronic Marketing).218 Unter Handelsobjekten des M-Commerce wollen wir in
Anlehnung an die vorliegende Arbeit vor allem digitale Produkte verstehen, die innerhalb
mobiler Technologien und mittels mobiler Endgeräte vermarktet und ohne Medienbruch an
den Nutzer ausgeliefert werden können.219 In diesem Zusammenhang lassen sich vermarkt-
ungsrelevante Unterschiede zwischen dem stationären und mobilen Internet identifizieren, die
in Abbildung 11 zusammengefasst werden.
215 Vgl. Link/Schmidt (2002), S. 132. Zu weiteren Begriffsdefinitionen siehe insbesondere Reichwald/Meier/Fre-muth (2002), S. 8; Böcker/Quabeck (2002), S. 208; Nicolai/Petersmann (2001), S. 4 f.; Geer (2001), S. 72 f.
216 Vgl. zum absatzseitigen M-Commerce auch Wamser (2003), S. 68. Der Autor verwendet dafür auch den Begriff des „Mobile Marketing“.
217 Eine Abgrenzung zwischen dem mobilen und dem stationären Internet anhand der Endgeräte ist trotz des oben gezeigten Versuches nicht als eindeutig anzusehen. Das begründen wir damit, dass insbesondere dieGrenzen zwischen stationären und mobilen Endgeräten zunehmend fließend sind. Als Beispiel lässt sich die neue, für mobile Zwecke verwendete Technologie des W-LAN nennen. Innerhalb derer werden private PCs des stationären Internet zu sog. „Hot-Spots“ umfunktioniert und fungieren danach als für mobile Zweckeverwertbare Endgeräte.
218 Vgl. Schmitzer/Butterwegge (2000), S. 357; Link (2003), S. 6 ff. 219 Vgl. ähnlich Geisselbrecht/Fotschki (2002), S. 236.
60 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Internetzugang
Mobil PC
Gezielter Zugriff
Unmittelbar „One touch“
Nischenzeit ≤ 5 Minuten
Einfach
Mehrwerthaltig (Unterhaltung, Zeit sparen)
Echtzeit Spezialisiert
Unmittelbare Wertschaffung oder Belohnung
Langwierig Einwahl nötig
Gezielt ≥ 1 Stunde
Browsen
Divers Reichhaltig
Tief und reichhaltig
Über längere Sitzungsdauer
Zugriff
Nutzung
Navigation
Angebote
Content
Nutzwert
„Always on“„Ortsunabhängig““
LokalisiertPersonalisiert
Internetzugang
Mobil PC
Gezielter Zugriff
Unmittelbar „One touch“
Nischenzeit ≤ 5 Minuten
Einfach
Mehrwerthaltig (Unterhaltung, Zeit sparen)
Echtzeit Spezialisiert
Unmittelbare Wertschaffung oder Belohnung
Langwierig Einwahl nötig
Gezielt ≥ 1 Stunde
Browsen
Divers Reichhaltig
Tief und reichhaltig
Über längere Sitzungsdauer
Zugriff
Nutzung
Navigation
Angebote
Content
Nutzwert
„Always on“„Ortsunabhängig““
LokalisiertPersonalisiert
Abbildung 11: Vermarktungsrelevante Unterschiede des stationären und mobilen Internet Quelle: In enger Anlehnung an Zobel (2001), S. 116220
3.1.3.2.2.2 Kundenbindung im mobilen Online Marketing
Auch innerhalb des M-Commerce ist der Aspekt der Kundenbindung mittlerweile von großer
Bedeutung: Nach einer Studie von Arthur D. Little werden neben dem Erfolgsfaktor
„Schnelligkeit“ (Aktualität des Inhaltes, schnelle Angebotserstellung und Reaktionsgeschwin-
digkeit) dem Aspekt der Kundenbindung sowohl aus Sicht der Unternehmen als auch nach
Meinung der Nutzer und Verbraucher die höchste Bedeutung unter den Zielen im M-
Commerce beigemessen.221 Bezogen auf Maßnahmen der Kundenbindung über Online-
Systeme entstehen durch M-Commerce völlig neue Möglichkeiten, anhand von geeigneten
Technologien Nutzer zu identifizieren, zu lokalisieren sowie darauf personalisierte Anwen-
dungen und Dienste aufzubauen.222
220 An dieser Stelle wollen wir kurz auf die gängigsten, mit dem mobilen Internet in Verbindung stehendenBegriffe eingehen: Drahtlos (englisch= wireless) bezeichnet die Kommunikationsart der Endgeräte und innerhalb derer den Austausch von Daten ohne Kabel mittels Funk oder Infrarot. Mobil hingegen lässt sich in „persönliche Mobilität“ i.S.v. Beweglichkeit der Person und in „Endgeräte-Mobilität“ i.S.v. Portabilität unterteilen. Vgl. dazu Lehner (2003), S. 9.
221 Vgl. Arthur D.Little (2000). Vgl. zu den folgenden Ausführungen teilweise auch Schmidt (2001). 222 Vgl. Silberer/Wohlfahrt/Wilhelm (2001), S. 216.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 61
Für den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen werden auch im mobilen Online
Marketing aussagefähige Nutzer- und Nutzungsdaten benötigt. Diese können unter Beachtung
der Datenschutzbestimmungen im direkten Zusammenhang mit der Nutzung der jeweiligen
Angebote erhoben werden und dienen neben dem Aufbau von aus dem stationären Online
Marketing bekannten Nutzer- und Nutzungsprofilen der Generierung von Bewegungsprofilen.
Bewegungsprofile entstehen innerhalb des mobilen Online Marketing durch den Einsatz von
Lokalisierungstechnologien sowie durch die Auswertung von Positionsdaten, durch die alle
Daten gespeichert werden, die es ermöglichen, den jeweiligen Standort eines mobilen
Endgerätes zu bestimmen.223 Bezogen auf die Speicherung und Weiterverwendung personen-
bezogener Daten innerhalb des CRM hat dies zur Folge, dass die Identifizierung der Nutzer
nicht mehr nur über die Teilnehmer, sondern auch über den Standort erfolgt. Eine Differenzie-
rung im Hinblick auf die profitabelsten Kunden sowie die dafür benötigte Profilerstellung
erfolgen zum einen über die Nutzer- und Nutzungsdaten und zum anderen über Positionsdaten
(vgl. Abbildung 12).
Intensivierung der Kundenbeziehung
Individualisierung-Leistungsebene
- Dialogebene
Differenzierung- Benutzerprofile
- Bewegungsprofile
Identifizierung-Teilnehmer- Standort
Intensivierung der Kundenbeziehung
Individualisierung-Leistungsebene
- Dialogebene
Differenzierung- Benutzerprofile
- Bewegungsprofile
Identifizierung-Teilnehmer- Standort
Abbildung 12: Elemente eines erfolgreichen mCRM
Durch die Möglichkeit der Lokalisierung und der Erstellung von Bewegungsprofilen anhand
von Positionsdaten entstehen, wie bereits erwähnt, völlig neue Möglichkeiten, Interessenten
bzw. Kunden anzusprechen und diese mit entsprechenden Maßnahmen an das Unternehmen
223 Vgl. auch Link/Schmidt 2002.
62 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
zu binden. Es scheint deshalb angebracht, der Gewichtung bzw. Relevanz der Lokalisierungs-
möglichkeit innerhalb des eCRM durch eine Begriffserweiterung Rechnung zu tragen.
Werden mobile Online-Systeme dazu verwendet, anhand von Benutzer- und Bewegungsprofi-
len langfristig profitable Beziehungen aufzubauen und diese nachhaltig zu pflegen, wollen wir
in Zukunft von „mobile Customer Relationship Management“ (mCRM) sprechen. Erste
Anwendungen und Angebote, die sich als Maßnahmen zur Kundenbindung über Online-
Systeme eignen, existieren bereits. Werden Nutzerprofile mit standortbezogenen Daten in
Verbindung gebracht, können neben lokalen Angeboten, Orientierungshilfen sowie
Unterhaltungs- und Informationsangeboten auch Online-Marketing-Instrumente, wie Bonus-
Systeme, SMS- und MMS- Nachrichten, mobile Promotions- und Sponsoringaktivitäten oder
sonstige Werbemaßnahmen, stärker individualisiert und damit auf den einzelnen Kunden
ausgerichtet werden.
3.1.3.2.3 Das quasi stationäre Online Marketing
Wie bereits angedeutet, ist eine Abgrenzung zwischen dem mobilen und stationären Internet
anhand der Technologien und Endgeräte nicht immer exakt möglich. Hierbei lässt sich
innerhalb des Telekommunikationsmarktes ein Trend erkennen, der unter dem Begriff „Fixed
Mobile Convergence“ (FMC) die Entwicklung von Netz- und Dienstfähigkeiten unabhängig
von der Zugangstechnik und vom Endgerät beinhaltet.224
Im Zusammenhang mit dem mobilen Internet integrieren Mobilfunkunternehmen beispiels-
weise zunehmend die für eine breitbandige Datenübertragung verwertbare lokale Funknetz-
technik „W-LAN“ mit Mobilfunknetzen der dritten Generation (z.B. UMTS). Da es sich bei
W-LAN um eine quasi-stationäre Mobilfunktechnik handelt, ist auch hier eine eindeutige
Abgrenzung zwischen stationär und mobil nicht mehr eindeutig gegeben. Übertragen auf das
Online Marketing beinhaltet dies, dass die Grenzen zwischen stationären und mobilen
Vermarktungsprozessen in Zukunft immer mehr ineinander übergehen, was bedeutet, dass
beide Bereiche zunehmend zu einem stationär mobilen Online Marketing konvergieren
werden (siehe Abbildung 13).
224 Vgl. Keuper/Hans (2003), S. 45. Die Autoren nennen als Beispiel das bereits am Markt etablierte Produkt „Genion“ des Mobilfunkanbieters O2, innerhalb dessen das Handy sowohl als Haustelefon („Home Zone“) als auch auswärts als normales Mobiltelefon verwendet werden kann.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 63
mobiles Online
Marketing
stationäres Online
Marketing
quasi stationäres
Online Marketing
mobiles Online
Marketing
stationäres Online
Marketing
quasi stationäres
Online Marketing
Abbildung 13: Die Konvergenz des stationären und mobilen Online Marketing
Durch die Konvergenz des stationären und mobilen Online Marketing entstehen in Zukunft
neue Vermarktungs- und Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Leistungsangeboten:
Zukünftig wird es nicht nur möglich sein, diese kontextbezogen oder unabhängig von Ort und
Zeit an die jeweiligen Zielgruppen zu verteilen, sondern der Nutzer kann diese auch
unabhängig vom vorhandenen Endgerät nutzen bzw. weiterverwenden.225 Um die gezeigten
Entwicklungen innerhalb des stationären und mobilen Online Marketing ausreichend zu
berücksichtigen, sehen wir es als zweckmäßig an, für das quasi stationäre Online Marketing
die folgende Definition festzulegen: Unter einem quasi stationären Online Marketing wollen
wir ebenfalls eine Form der elektronischen und im Zusammenhang mit digitalen Produkten
vollautomatisierten Abwicklung von Verkaufsprozessen über Online-Systeme verstehen, die
allerdings im Hinblick auf die konvergierenden Entwicklungen sowohl Vermarktungs-
prozesse des stationären E-Commerce als auch Vermarktungsprozesse mittels mobiler
Endgeräte mit einbezieht.
Durch diese primär technologiegetriebene Konvergenz des stationären und mobilen Online
Marketing werden sich weitere Anwendungen und damit Online-Vertriebskanäle heraus-
bilden, was letztendlich zu einem erweiterten Abstimmungsaufwand zwischen den verschie-
denen Absatz- und Vertriebskanälen im Sinne des „Multi-Channel-Management“ führt.
Beispielsweise werden Inhalte des interaktiven Fernsehen in absehbarer Zeit auch auf mobile
Endgeräte übertragbar sein, sodass neben dem stationären T-Commerce auch ein mobiles T-
Commerce entstehen wird. Die dabei anfallenden zusätzlichen Kontakt- und Transaktions-
daten sollten zwischen den Kanälen abgeglichen werden, d.h., es muss sichergestellt sein,
225 Das setzt ebenfalls eine Konvergenz auf Seiten der Endgeräte voraus, die sich zunehmend multifunktional und multimedial entwickeln werden (siehe Abschnitt 4.2.7).
64 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
„...dass alle Informationen für die Mitglieder des hybriden Kanalsystems zur rechten Zeit am
rechten Platz zur Verfügung stehen (Cross-Channel-Knowledge-Management)“.226 Dieser
Abstimmungsbedarf wird sich in Zukunft zu einer komplexen Aufgabe sowohl innerhalb des
Informationsmanagements als auch innerhalb des Marketing-Controlling entwickeln und führt
letztendlich zu einer Integration und Vernetzung aller Kundenkontaktpunkte des Frontoffice-
Bereiches mit den entsprechenden Prozessen und Systemen des Backoffice-Bereiches.227
3.1.4 Geschäftsmodelle des stationären und mobilen Online Marketing
3.1.4.1 Definitorische Grundlagen
Im Folgenden wollen wir kurz auf die in der Literatur üblicherweise mit dem stationären und
mobilen Internet zusammenhängenden Geschäfts- und Erlösmodelle eingehen. Der Begriff
Geschäftsmodell (= Business Model) steht in einer engen Beziehung zur Kommerzialisierung
von Internet-Aktivitäten und hat seinen Ursprung im Informationsmanagement.228 Ein heute
übliches und bekanntes Begriffsverständnis zielt dagegen auf die Geschäftstätigkeit eines
Unternehmens ab und bezieht sich auf die Abbildung der unternehmerischen Aktivitäten
sowie deren Erlösgenerierung.
Der Erfolg eines wirtschaftlich tragfähigen Geschäftsmodells besteht grundsätzlich in der
erfolgreichen Kombination von Produktionsfaktoren sowie deren Transformation in
vermarktungsfähige Produkte und Dienstleistungen.229 Link (2003) führt dazu aus, dass der
Erfolg und die Existenz eines Geschäftsmodells im Prinzip an der Wirtschaftlichkeit
gemessen werden können, was in der Folge bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen den
Einsatz von typischen Instrumenten des Marketing-Controlling erforderlich macht.230 Nach
Wirtz (2001) umfasst ein integriertes Geschäftsmodell neben dem Markt-, Beschaffungs- und
Leistungserstellungsmodell auch die Darstellung und Konzeption eines Leistungsangebots-,
Distributions- und Kapitalmodells.231 Von besonderer Bedeutung in Theorie und Praxis ist in
diesem Zusammenhang die Erlösgenerierung, die sich grundsätzlich aus direkten und
indirekten transaktionsabhängigen und transaktionsunabhängigen Erlösen zusammensetzt und
der Finanzierung des netzbasierten Leistungsangebotes dient.232
226 Gerth (2001), S. 107. 227 Vgl. ähnlich Gerth (2001), S. 107. Die Kundenkontaktpunkte werden auch als „touchpoints“ bezeichnet. Vgl.
Link (2001), S. 15. 228 Vgl. Stähler (2001), S. 38. 229 Vgl. dazu und weiterführend Wirtz (2001), S. 210 f. 230 Vgl. Link (2003), S. 6 f. 231 Vgl. Wirtz (2001), S. 211 ff. 232 Wie wir im Folgenden noch verdeutlichen werden, sind gerade die transaktionsabhängigen direkten Erlöse
ein wesentlicher Bestandteil von Geschäftsmodellen digitaler Produkte. Vgl. dazu und zu Erlösmodellen im Allgemeinen weiterführend den Abschnitt 4.3.5.
3.1 Marketing als markt- und kundenorientierte Unternehmensführung 65
3.1.4.2 Die Systematik relevanter Geschäftsmodelle
An dieser Stelle wollen wir auch auf die in der Literatur weitläufig verwendeten Geschäfts-
modelltypologien eingehen, die sich typischerweise in Anlehnung an die Literatur von Wirtz
in die Bereiche Content, Commerce, Context und Connection aufteilen lassen.233
Abbildung 14: Die Geschäftsmodelltypologien nach Wirtz Quelle: Auf der Grundlage von Wirtz/Kleineicken (2000), S. 629; Wirtz (2001), S. 217 ff.
Für die Vermarktung digitaler Produkte im stationären und mobilen Online Marketing sind
vor allem die in der Abbildung genannten Basisgeschäftsmodelle „Content“ und „Commerce“
relevant.
Digitale Produkte werden innerhalb des Geschäftsmodells Content gesammelt, selektiert,
systematisiert und in nutzer- bzw. zielgruppengerechter Art und Weise den jeweiligen
Abnehmergruppen zur Verfügung gestellt. Innerhalb des Geschäftmodells Content können
nach Wirtz (2001) weitere Geschäftsmodellvarianten unterschieden werden, die sich auf die
Art der angebotenen Inhalte beziehen.234
Ein weiteres für die erfolgreiche Vermarktung digitaler Produkte einsetzbares Geschäfts-
modell ist das Basisgeschäftsmodell „Commerce“, welches die in Anlehnung an die
Definition des stationären und mobilen Online Marketing erfolgreiche Anbahnung, Aushand-
lung und Abwicklung von netzbasierten Geschäftstransaktionen235 zum Inhalt hat. Das Ziel
eines derartigen Geschäftsmodells besteht darin, „die traditionellen Phasen einer Transaktion
durch die Fähigkeiten des Internets zu unterstützen beziehungsweise zu ergänzen oder gar zu
233 Vgl. dazu Wirtz/Kleineicken (2000); Wirtz (2001); Wirtz/Becker (2000); Wirtz/Becker (2002a); Wirtz (2002d) sowie Rentmeister/Klein (2001).
234 Wirtz unterteilt dabei digitale Inhalte in informierende, unterhaltende und bildende Angebote. Vgl. ausführlich Wirtz (2001), S. 219 ff.
235 Vgl. auch Witz (2001), S. 230.
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Geschäftsmodelle im Online Marketing
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Geschäftsmodelle im Online Marketing
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Geschäftsmodelle im Online Marketing
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Geschäftsmodelle im Online Marketing
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packagingund• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
66 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
substituieren“.236 Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Abwicklungsphase zu, die bei
digitalen Produkten durch eine vollständige netzbasierte Distribution der Inhalte gekenn-
zeichnet ist, was wir im Hauptkapitel der Arbeit noch ausführlich darstellen werden.
Wie bereits Wirtz (2001) erwähnte, ist eine eindeutige Abgrenzung der genannten Basis-
geschäftsmodelle und der Geschäftsmodellvarianten nicht immer möglich.237 Auch innerhalb
der zunehmenden Bedeutung der kommerziellen netzbasierten Vermarktung digitaler
Produkte kommt es zu Überschneidungen von Leistungsangeboten sowie der dafür benötigten
Wertschöpfungsketten. Anbieter digitaler Produkte lassen sich zwar nach ihrer ursprünglichen
Geschäftstätigkeit klassifizieren bzw. systematisieren, alle weiteren Abgrenzungsversuche
scheitern allerdings an der heute bereits üblichen Vermischung von Geschäftsmodellen. Als
Folge dessen kommt es zu Anbieterstrukturen, die als Wertschöpfungsnetzwerke den
kompletten netzbasierten Leistungserstellungsprozess digitaler Produkte integrieren.
Wie wir im Folgenden noch sehen werden, werden derartige integrierte Geschäftsmodelle
zukünftig vor allem von Anbietern stationärer und mobiler Online-Portale übernommen, die
auf ihren Plattformen nutz- bzw. zielgruppengerechte netzbasierte Leistungsangebote zur
Verfügung stellen.
Die Integrationstendenzen beschränken sich dabei nicht nur auf die beschriebenen Basisge-
schäftsmodelle „Content“ und „Commerce“, sondern auch auf den Zugang („Connection“) zu
digitalen Inhalten sowie auf die Unterstützung in Bezug auf deren Auffindbarkeit („Context“).
236 Wirtz/Kleineicken (2000), S. 631. 237 Vgl. Wirtz (2001), S. 217. Die damit verbundene Ergänzung der bestehenden Geschäftsmodelle führt im
Weiteren zu der Bildung von hybriden und multifunktionalen Geschäftsmodellen. Vgl. weiterführend Wirtz(2001), S. 276 ff.
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix 67
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix
Wie bereits erwähnt, kommt der Abwicklungsphase netzbasierter Vermarktungsprozesse
durch die netzbasierte Bereitstellung und Auslieferung digitaler Produkte eine besondere
Bedeutung zu. Veränderungen werden sich durch die Möglichkeiten der netzbasierten
Auslieferung vor allem für die bestehenden traditionellen Distributionssysteme der Unter-
nehmen ergeben: „Denn erstmals ist es, jenseits des persönlichen Verkaufsgespräches, in
einer technisch vermittelten Absatzsituation möglich, einen bruchlosen Prozess der
Produktpräsentation, Transaktion und Distribution über die ein und dieselbe Plattform
herzustellen.“238 Hinsichtlich der distributionspolitischen Bedeutung digitaler Produkte
innerhalb des stationären und mobilen Online Marketing ist es daher notwendig, zunächst
einzelne Entscheidungs- und Aktionsbereiche der akquisitorischen und physischen Distri-
bution aufzuzeigen.
3.2.1 Distribution, Distributionspolitik und Distributionsmanagement
Ausgehend von den Bereichen wirtschaftlicher Tätigkeit, liegt die Distribution (Güterübertra-
gung) aus makroökonomischer Sicht zwischen der Produktion (Gütererstellung) und dem
Güterverzehr der Letztverbraucher (Konsumtion).239 Dies umfasst die Gesamtheit wirtschaft-
licher Aktivitäten240, "...die die körperliche und/oder wirtschaftliche Verfügungsmacht über
materielle oder immaterielle Güter von einem Wirtschaftssubjekt auf ein anderes übergehen
lassen".241 Gegenstand der Distributionstätigkeit sind Distributionsobjekte, die aus materiel-
len Realgütern (z.B. Waren), immateriellen Leistungen (z.B. Dienstleistungen, Informationen,
Nutzungsrechte, Arbeitskraft) sowie aus Kombinationsprodukten (materielle Güter und
Dienstleistungen) bestehen können.242 Die an der Distribution beteiligten Distributionssubjek-
te hingegen sind obligatorisch die Hersteller, die Verbraucher und wahlweise Distributionsbe-
triebe (Handelsbetriebe, Absatzmittler) sowie Distributionshilfsbetriebe (Transport, Lager-
und Umschlagsbetriebe).243
Distribution aus mikroökonomischer (einzel- und betriebswirtschaftlicher) Sicht erstreckt sich
auf alle Entscheidungstatbestände, "...die darauf ausgerichtet sind, wirtschaftliche, logisti-
sche, juristische und insbesondere auch kommunikative Probleme zu lösen, die im Zusam-
menhang mit der Übertragung von Gütern und Serviceleistungen stehen".244 Die Distribution
entspricht als Teilfunktion des Marketing-Mix dem Begriff der betrieblichen Distributionspo-
238 Gräf (1999), S. 60. 239 Vgl. Specht (1998), S. 3; Gerth (1999), S. 48. 240 Vgl. Thies (1978), S. 32. 241 Specht (1998), S. 3. Zu weiteren definitorischen Ansätzen zur Distribution vgl. Ahlert (1996), S. 10. 242 Vgl. Ahlert (1996), S. 9; Klein-Blenkers (1974), S. 475. 243 Vgl. Ahlert (1996), S. 11; Ihde (1974), S. 1618; Marr/Picot (1991), S. 692. 244 Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 293.
68 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
litik und des Distributionsmanagement.245 Das Distributionsmanagement hat im Unternehmen
die Aufgabe, Distributionsziele und Distributionsstrategien festzulegen, die darauf ausgerich-
tet sind, Produkte und Leistungen so bereitzustellen, „...dass diese den Bedürfnissen der
Nachfrager in räumlicher, zeitlicher, quantitativer und qualitativer Hinsicht gerecht
werden“.246 Die Distributionspolitik hingegen bezieht sich auf Entscheidungen und
Handlungen eines einzelnen Wirtschaftssubjektes, das die Übermittlung einer Leistung im
Sinne von materiellen und/oder immateriellen Gütern vom Hersteller bzw. Produzenten an
den Konsumenten bzw. Endkäufer ermöglicht.247 Das vordergründige Ziel der Distributions-
politik einer Unternehmung besteht darin, ihren Absatzgütern physische und kommunikative
Präsenz im Absatzmarkt zu verschaffen.248 Distributionspolitische Entscheidungen lassen sich
grob in Warenverkaufsprozesse (akquisitorische Distribution) und in Entscheidungen bezüg-
lich der Warenverteilungsprozesse (physische bzw. logistische Distribution) unterteilen (siehe
dazu auch die folgenden Abschnitte).249
3.2.2 Das Distributionssystem
Hinsichtlich des Distributionsweges, der „... die Gesamtheit aller das Distributionsobjekt
betreffenden in der Regel mehrstufigen Prozessbeziehungen zwischen Produktion und
Verbrauch...“250 umfasst, entstehen zwischen den teilnehmenden Wirtschaftseinheiten
Prozessbeziehungen, die nach der Systematik der Distributionsfunktion aus den Dimensionen
Realgüter-, Nominalgüter- und Informationsströmen bestehen (siehe Abbildung 15).251
245 Vgl. Specht, S. 4. 246 Wirtz (2001), S. 376. 247 Vgl. Ahlert (1996), S. 15; Delfmann (1997), S. 180; Meffert (1998), S. 582 und die dort angegebene
Literatur. 248 Vgl. Ahlert (1996), S. 21. 249 Vgl. Ahlert (1996), S. 21 f.; Scheuch (1993), S. 358; Marr/Picot (1991), S. 692; Link/Gerth/Voßbeck (2000),
S. 293; Backhaus (1997), S. 344; Becker (1998), S. 556; Nieschlag/Dichtl/Höschgen (1997), S. 429, Gerth (1999), S. 60; Ergenzinger/Thommen (2001), S. 161. Anzumerken ist, dass es zwischen den Bereichen auchÜberschneidungen gibt, vgl. dazu insbesondere Bloech/Ihde (1997); Pfohl (2000), S. 222; Specht 1998, S. 14; Liebmann (1995); Meffert (1974); Gerth (1999), S. 90.
250 Ahlert (1996), S. 11. 251 Vgl. Thies (1978), S. 68; Ahlert (1995), S. 502; Ahlert (1996), S. 11 f. Im Gegensatz zu Ahlert spricht Thies
im Rahmen der dritten Dimension von einem „Kommunikationsbereich“, in dem die Informationsfunktion integriert ist. Vgl. Thies (1978), S. 68 ff. Die Distributionsfunktion hat die Aufgabe, die zur Überbrückung zwischen Produktion und Verbrauch bestehenden räumlichen, zeitlichen, quantitativen und qualitativen Diskrepanzen auszugleichen. Ein Überblick der bestehenden Diskrepanzen findet sich bei Gerth (1999), S. 56. Zu der Entwicklung und Bedeutung der Distributionsfunktion siehe ausführlich Paschelke/Roselieb (2002), S. 13.
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix 69
Realgüterstrom Nominalgüterstrom Informationsstrom
Typen der Prozeßbeziehungen (erste Dimension)
Zweite Gliederungsdimension (Diskrepanzen)
Raum QualitätQuantitätZeit Physische Kapital
Realgüterstrom Nominalgüterstrom Informationsstrom
Typen der Prozeßbeziehungen (erste Dimension)
Zweite Gliederungsdimension (Diskrepanzen)
Raum QualitätQuantitätZeit Physische Kapital
Abbildung 15: Die Dimensionen der Distributionsfunktion
Neben den Informationsgüterströmen, die vor allem auf das Zustandekommen vertraglicher Vereinbarungen über Gütertransaktionen abzielen, und den Nominalgüterströmen (Transfor-mation von Zahlungsmitteln) steht der Realgüterstrom als physisches Distributionssystem bzw., in Anlehnung an das anglo-amerikanische Schrifttum, als das logistische252 System der Einzelwirtschaft.253
Wie in der Abbildung ersichtlich, wird innerhalb der drei Teilprozesse eine zweite Dimension nach den Gliederungsmerkmalen „Raum“, „Zeit“, „Quantität“ und „Qualität“ zusammen-gefasst.254 Die Aufhebung und Überbrückung, d.h. die Überwindung der Diskrepanzen zwischen Produktion und Verbraucher, gilt als die zentrale Aufgabe der Distribution.255 Die an den Realgüter-, Nominalgüter- und Informationsgüterströmen beteiligten Wirtschafts-einheiten sind Elemente eines umfassenden Distributionssystems, das „...als Gesamtheit aller
absatzwirtschaftlichen Institutionen (Hersteller, Absatzmittler, Distributionshelfer) defi-
niert...“ werden kann, „...die den gemeinsamen Zweck verfolgen, die potentiellen Verbrau-
cher zum Kauf der in Frage stehenden Distributionsobjekte zu veranlassen“.256
252 Der Begriff „Logistik“ ist ursprünglich ein militärisch sprachlicher Fachausdruck und beschreibt den Nachschub bzw. das Versorgungs- und Transportwesen der Streitkräfte. Vgl. Ihde (1974), S. 1618.
253 Vgl. Ihde (1974), S. 1618. In der anglo-amerikanischen Literatur besteht zu dem Begriff „physische Distribution“ und ihren Tätigkeiten keine einheitliche Terminologie. Es werden unter anderem folgende Begriffe verwendet: „Physical Distribution“, „Distribution Management“, „Physical Supply“, „Business Logistics“, „Logistic of Distribution“, „Marketing Logistics“ etc. Vgl. Krulis-Randa (1977), S. 64.
254 Vgl. Thies (1978), S. 68; Ahlert (1995), S. 502. Zu den verschiedenen Arten von Diskrepanzen vgl. insbesondere Gerth (1999), S. 56 f. und die dort angegebene Literatur
255 Vgl. Gerth (1999), S. 57. 256 Ahlert (1996), S. 65.
70 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Das Distributionssystem lässt sich nach der bisherigen ganzheitlichen komplexen Betrach-
tungsweise wiederum in einzelne Subsysteme unterteilen:257 Zum einen besteht das
Distributionssystem aus einem Absatzkanalsystem, welches sich auf die Institutionen bezieht,
die primär in akquisitorische bzw. informatorische Prozesse eingebunden sind (akquisi-
torische Distribution). Auf der anderen Seiten steht das Logistiksystem, das die Kette von
Betrieben beschreibt, die sich innerhalb des Distributionssystems mit der Warenverteilung an
die Endkunden befassen (physische Distribution) (siehe dazu auch die Ausführungen weiter
unten).
3.2.3 Die akquisitorische Distribution
Die akquisitorische Distribution als Teil distributionspolitischer Maßnahmen umfasst im
Kernbereich absatzpolitische Entscheidungen über die Gestaltung und das Management der
Absatz- bzw. Vertriebswege (Art/Anzahl der verkäuferisch tätigen Institutionen) hinsichtlich
der Selektion von Absatzmittlern (Wahl der Absatzkanalstruktur), der Akquisition der
ausgewählten Absatzmittler sowie bezüglich der Koordinations- und Führungsmaßnahmen
der einzuschaltenden verkaufsaktiven Institutionen.258 Gemeint sind hiermit vordergründig
die Vertriebswegentscheidungen, bei denen betriebseigene Verkaufsorgane sowie Absatz-
mittler und alle sonstigen zur Absatzkette gehörenden Mitglieder, die an dem Weg des
Produktes vom Hersteller zum Endkäufer beteiligt sind, beeinflusst werden.
Unter „Absatzweg“ (auch Distributions- bzw. Vertriebsweg) wird im Allgemeinen die Art
und Anzahl von Institutionen, die ein Erzeugnis vom Hersteller bis zum Verwender oder
Verbraucher durchläuft, verstanden.259 Die Absatzkanäle (auch Distributionskanal, Marketing
Channel, Marktkanal, Vertriebskanal) wiederum bestehen aus der „...Gesamtheit aller
miteinander verbundenen Organisationen, die am Distributionsprozess von Gütern beteiligt
sind“.260 Absatzkanäle sind Ketten aus Absatz- bzw. Verkaufsorganen des Herstellers
(Verkaufsabteilungen, Verkaufsniederlassungen, Filialen, Reisende, Vertriebsgesellschaften
etc.) oder bestehen aus fremden weisungsgebundenen Absatzmittlern und Absatzhelfern (z.B.
257 Vgl. Gerth (1999), S. 87 und die dort angegebene Literatur. Gerth betont in seiner Arbeit, dass das dominierendere Subsystem das Absatzwege- bzw. Absatzkanalsystem ist. Innerhalb seiner Arbeit legt er deshalb den Schwerpunkt auf die Analyse des Absatzkanals bzw. des Absatzweges und lässt dabei logisti-sche Aspekte in den Hintergrund treten, indem er eine Synonymität zwischen Distributionssystem und Absatzkanal(-system) herstellt. Vgl. dazu Gerth (1999), S. 89.
258 Vgl. Ahlert (1996), S. 31. Zur akquisitorischen Distribution siehe auch Ahlert (1996), S. 11 und 22 ff.; Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 294; Becker (1998), S. 527 ff.; Ergenzinger/Thommen (2001), S. 161; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1994), S. 425 ff.
259 Der Begriff „Absatzweg“ gehört zu den umstrittensten Disziplinen innerhalb der Distribution und wird in der Literatur auch mit Begriffen wie „Vertriebsweg“, „Warenweg“, „Absatzkanal“ etc. gleichgesetzt. Die Begriffe beschreiben im Wesentlichen eine bestimmte Folge von Distributionssubjekten, die am Absatz eines Gutes hin zum Endkunden beteiligt sind. Vgl. Gerth (1999), S. 89; zu einzelnen Begriffsanalysen vgl. unter anderem Saval (1972); Maas (1980); Gutenberg (1984) sowie Ahlert (1996).
260 Olbrich et al. (2001), S. 8.
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix 71
Kommissionäre oder auch Groß- und Einzelhandel), die rechtlich und wirtschaftlich
selbstständig sind. Innerhalb der Absatzkanäle kann hinsichtlich der Absatzwege von
Produkten zwischen direktem und indirektem Absatz unterschieden werden.261 Der direkte
Absatz- bzw. Vertriebsweg (Direktvertrieb) ist dadurch gekennzeichnet, dass der Hersteller
beim Absatz an den Konsumenten „...auf die Einschaltung wirtschaftlich selbständiger
Absatzmittler verzichtet und die Gütertransaktion mit den Endabnehmern ausschließlich mit
eigenen weisungsgebundenen Organen durchführt“.262 Im Gegensatz dazu ist der indirekte
Absatzweg dadurch charakterisiert, dass in den Warenabsatz bewusst unternehmensfremde
selbständige Absatzorgane eingeschaltet sind. Je nachdem, wie viele Absatzorgane und Stufen
sich in der Vermarktungskette zwischen Hersteller und Kunde befinden, lässt sich die „Länge
des Absatzkanals“ als einstufiger oder mehrstufiger Absatzkanal darstellen (vgl. Abbildung
16).
Direkter Absatzweg
Hersteller Hersteller
Indirekter Absatzweg
einstufig mehrstufig
Mittler
Mittler 1
Hersteller
Mittler 2
Mittler n
Konsument/Unternehmen Konsument/UnternehmenKonsument/Unternehmen
Direkter Absatzweg
Hersteller Hersteller
Indirekter Absatzweg
einstufig mehrstufig
Mittler
Mittler 1
Hersteller
Mittler 2
Mittler n
Konsument/Unternehmen Konsument/UnternehmenKonsument/Unternehmen
Abbildung 16: Die Abatzwege der Hersteller Quelle: Becker (1998), S. 528; Gerth (1999), S. 93
261 Vgl. Becker (1998), S. 528; Nieschlag/Dicht/Hörschgen (1997), S. 466 f.; Gerth (1999), S. 91. Innerhalb von Absatzkanälen wird als Strukturierungsmerkmal auch zwischen der vertikalen und horizontalen Absatzkanal-struktur unterschieden. Dabei betrifft die vertikale Absatzkanalstruktur die Auswahl zwischen den Absatzstu-fen (Länge des Absatzkanals). Die horizontale Struktur hingegen bezieht sich auf die Breite (Zahl der Absatzmittler je Stufe) und beinhaltet Formen der intensiven, selektiven und exklusiven Distribution sowie auf die Tiefe (Art der Absatzmittler je Stufe) der Absatzkanäle. Vgl. ausführlich Ahlert (1996), S. 153 ff.; Meffert (1998), S. 596 ff.
262 Vgl. Gerth (1999), S. 91; ähnlich auch Engelhardt/Kleinaltenkamp/Rieger (1984), S. 25.
72 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Der einstufige indirekte Absatzweg wird auch als „verkürzter indirekter Vertrieb“ 263
bezeichnet und beinhaltet die Einschaltung von sogenannten Absatzmittlern als Mittlerstufe.
Innerhalb des mehrstufigen Absatzweges sind zwischen Hersteller und Endabnehmer
(Konsument oder Unternehmen) zwei oder mehr Zwischenstufen eingeschaltet (z.B.
Hersteller - Großhandel - Einzelhandel - Konsument). Entscheidungen hinsichtlich der Wahl
eines direkten oder indirekten Abatzweges sollten primär unter Beachtung von verschiedenen
Einflussfaktoren (z.B. Art der Produkte, Käufereigenschaften, Stellung der Wettbewerber
etc.) sowie unter Kostenaspekten getroffen werden.264
Für den direkten Vertrieb eignen sich insbesondere erklärungsbedürftige Produkte, deren
Lagerung aus wirtschaftlichen Gründen nicht geeignet ist. Auch eine stark regionale
Konzentration von Abnehmern oder hohe Bedarfspotenziale in bestimmten Gebieten
begünstigen eine direkte Belieferung der Abnehmer. Ein wichtiges Auswahlkriterium
hinsichtlich der Absatzwege bilden auch die Vertriebskosten, für die allgemein gilt, dass für
den Anbieter der Absatzweg umso kostspieliger ist, „...je direkter Verbindungen zwischen
dem Produzenten und dem Endverkäufer bestehen“.265 Im Folgenden werden noch einmal die
wesentlichen Vor- und Nachteile des direkten und indirekten Absatzes zusammengefasst.
Absatzweg
Indirekter Absatzweg
Direkter Absatzweg
Vorteile Nachteile
•Durchsetzung der eigenen Marketingpolitik
•unmittelbare Kontrolle des Absatzgeschehens
• unmittelbare Kommunikation mitEndabnehmer
• Massendistribution und damit breitere Marktabdeckung möglich
• Abwälzung der Absatzfunktion aufHandel/Absatzmittler
• hoher eigener absatzorga-nisatorischer Aufwand in Formvon Kapital- und Ressourcenbindung
• keine Massendistribution möglich
• kein unmittelbarer Zugriff auf dasAbsatzgeschehen und damitgeringere Kontrollmöglichkeit
• erschwerte Kommunikation(Informationsaustausch) mitEndabnehmer
Absatzweg
Indirekter Absatzweg
Direkter Absatzweg
Vorteile Nachteile
•Durchsetzung der eigenen Marketingpolitik
•unmittelbare Kontrolle des Absatzgeschehens
• unmittelbare Kommunikation mitEndabnehmer
• Massendistribution und damit breitere Marktabdeckung möglich
• Abwälzung der Absatzfunktion aufHandel/Absatzmittler
• hoher eigener absatzorga-nisatorischer Aufwand in Formvon Kapital- und Ressourcenbindung
• keine Massendistribution möglich
• kein unmittelbarer Zugriff auf dasAbsatzgeschehen und damitgeringere Kontrollmöglichkeit
• erschwerte Kommunikation(Informationsaustausch) mitEndabnehmer
Abbildung 17: Vor- und Nachteile der Absatzwege Quelle: In Anlehnung an Becker (1998), S. 529; Gerth (1999), S. 91 f.
263 Vgl. Gerth (1999), S. 92. 264 Vgl. Becker (1998), S. 529 f. und die dort angegebene Literatur. 265 Meffert (1991), S. 426. Bei digitalen Produkten rücken die Vertriebskosten bei Absatzwegeentscheidungen,
wie die Ausführungen im Hauptteil der Arbeit noch zeigen werden, zunehmend in den Hintergrund.
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix 73
Weitere Bereiche der akquisitorischen Distribution beziehen sich auf die Verkaufs- und
Außendienstpolitik sowie auf die (mittelgerichtete) Verkaufsförderung.266
Mit der Verkaufs- und Außendienstpolitik hat das Unternehmen bezüglich der Kaufhandlung
die Möglichkeit zur direkten Beeinflussung des unmittelbaren Abnehmers, der je nach
Absatzwegestruktur aus Großhändler, Einzelhändler und/oder Verbraucher bestehen kann.267
Dabei nimmt der Hersteller Einfluss auf die räumliche (Verkaufsort), zeitliche (Verkaufszeit)
sowie auf die personelle und sachliche Ausgestaltung der Kaufhandlung. Die Beeinflussung
nachgelagerter, mehr oder weniger eigenständiger, am Verkaufsprozess beteiligter Distributi-
onssubjekte kann nur indirekt erfolgen. Der dazu verwendete absatzpolitische Maßnahmenbe-
reich wird als Verkaufsförderung bezeichnet und beinhaltet z.B. die Unterstützung von Groß-
und Einzelhändlern durch Schulung, Beratung, Waren- und Regalpflege etc.
3.2.4 Die physische Distribution
3.2.4.1 Begriffsbestimmung
Die physische Distribution umfasst die optimale Bereitstellung der Waren beim Abnehmer
und beinhaltet die Lagerung, Kommissionierung und den Transport von Fertigwaren hin zum
Übernahmeort des Kunden. Betrachtet wird in diesem Zusammenhang der Realgüterstrom
(physischer Warenweg), der alle Leistungsfaktoren beinhaltet, die dem physischen Vollzug
distributiver Aufgaben dienen. Physische Distributionsprozesse zielen damit auf die Art und
Weise der Arbeitsteilung in Distributionssystemen bezüglich der Überbrückung der räum-
lichen und zeitlichen Diskrepanzen ab. Nach Tempelmeier umfasst der Aufgabenbereich der
physischen Distribution "...jene betrieblichen (logistischen) Aktivitäten, Entscheidungen und
Maßnahmen, die sich auf den räumlichen, zeitlichen und mengenmäßigen Transfer der
Unternehmensprodukte von ihrer Fertigstellung (Abschluss des Produktionsprozesses) bis zu
den unmittelbaren Abnehmern beziehen".268
Die Gestaltung der logistischen Funktionen im Rahmen der physischen Distribution hat das
Ziel, die Waren in der richtigen Menge, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und in der
richtigen Qualität sowie (möglichst) kostengünstig dem Abnehmer zur Verfügung zu stellen.
Zu den Aufgaben der physischen Distribution gehören im Einzelnen strukturprägende
Entscheidungen (Art, Standort und Träger der Lagerhaltung), die Wahl der Träger und Mittel
des Transportes sowie die inhaltliche Fixierung und Konkretisierung der Logistikprozesse
(Lagerbestandsplanung, Vereinbarung der Lieferkonditionen und Tourenplanung).269 Die
266 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 294. 267 Vgl. dazu und im Folgenden Ahlert (1996), S. 28 f.268 Tempelmeier (1983), S. 1; vgl. auch Scheuch (1993), S. 368; Delfmann/Darr/Simon (1992), S. 673; Ahlert
(1996), S. 24. 269 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 294.
74 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
physische Distribution ist demnach aus einzelwirtschaftlicher Sicht ein Teilbereich logisti-
scher Leistungen und wird daher auch als Absatz-, Marketing- bzw. Distributionslogistik
bezeichnet.270
Marketing-Logistik als Bestandteil der Distributionspolitik wird in der Literatur unterschied-
lich weit interpretiert und beinhaltet ebenfalls die Transformation von betrieblichen
Leistungen vom Ort ihrer Entstehung bis hin zur Ablieferung beim Kunden. Es stehen auch
hier Aktivitäten der Raum- und Zeitüberbrückung durch Transport, Lagerung sowie
Auftragsabwicklung und Auslieferung von Stoffen (Materie, Produkte) im Vordergrund; dies
kann aber sowohl beschaffungs- als auch absatzmarktorientiert sein.271 Marketing-Logistik ist
sowohl ein wichtiger Bestandteil des logistischen Gesamtsystems der Unternehmung als auch
ein wichtiges Instrument im Rahmen der Marketingpolitik.272 Sie beinhaltet damit zwei
wesentliche Führungskonzepte: Auf der einen Seite steht das Marketing als Konzept einer
marktorientierten Unternehmensführung und auf der anderen Seite die Logistik als flussorien-
tiertes Führungskonzept.273 Da sich innerhalb der Marketing-Logistik der Begriff „Marketing“
auch auf den Beschaffungsmarkt beziehen kann, wird in Verbindung mit absatzseitigen
Warenverteilungsprozessen zur Abgrenzung der Begriff „Distributionslogistik“ verwendet
(siehe dazu die Ausführungen weiter unten). Wird der Begriff „Marketing-Logistik“ in
Zusammenhang mit absatzseitigen Warenverteilungsprozessen benutzt, können sich die
Tätigkeitsbereiche mit denen der physischen Distribution decken. Der wesentliche Unter-
schied bezüglich der beiden Termini liegt darin, dass die physische Distribution den gesamten
körperlichen Weg des fertigen Absatzgutes vom Hersteller bis zum letztabnehmenden
Verbraucher umfasst. Marketing-Logistik hingegen betrifft nur die absatzseitigen logistischen
Aktivitäten, die der Hersteller unmittelbar unter Kontrolle hat (kontrollierter Warenweg).274
Abnehmer in diesem kontrollierten Warenweg können sowohl selbstständige Absatzmittler
(indirekter Vertrieb) als auch Endabnehmer (direkter Vertrieb) sein.275
Die Distributionslogistik als Bindeglied zwischen Produktion und Absatzseite des Unterneh-
mens bezieht sich hingegen auf die Überbrückung räumlicher und zeitlicher Differenzen
zwischen der Güterproduktion und -konsumtion.276 Auch im Rahmen der Distributionslogistik
beziehen sich die logistischen Aktivitäten immer auf den Warenfluss zum Abnehmer, „...bei
270 Die genannten Begriffe werden nicht immer synonym verwendet. Vgl. dazu die folgenden Ausführungen sowie zu unterschiedlichen Begriffsdefinitionen insbesondere Liebmann (1995), S. 1586; Krulis-Randa (1977), S. 65; Ahlert (1996); Backhaus (1997), S. 344; Delfmann/Darr/Simon (1992), S. 673; Tempelmeier(1983); Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 293; Becker (1998), S. 556; Pfohl (2000), S. 212; Tietz (1993), S. 483.
271 Vgl. Liebmann (1995), S. 1586; Delfmann/Darr/ Simon (1992), S. 673; Ahlert (1996), S. 22. 272 Vgl. ebd., S. 1587 f. 273 Vgl. Delfmann/Darr/Simon (1992), S. 673. 274 Vgl. Ahlert (1996), S. 22. 275 Vgl. Delfmann/Darr/ Simon (1992), S. 674. 276 Vgl. Schulte (1997), S. 176.
3.2 Die Distribution als Teilfunktion des Marketing-Mix 75
dem die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort in der richtigen Qualität und
Menge bereitzustellen ist“.277 Der Terminus „Distributionslogistik“ ist demnach gleichzuset-
zen mit dem Begriff der physischen Distribution, wobei Pfohl (2000) anmerkt, dass in der
heutigen Literatur für die absatzseitigen logistischen Leistungen eher der Begriff „Distributi-
onslogistik“ Anwendung findet.278
3.2.4.2 Das physische Distributionssystem
Gesamtwirtschaftlich betrachtet besteht das physische Distributionssystem aus allen
Elementen, die aktiv oder passiv am Vollzug physischer Güterverteilungs- und Güterzustel-
lungsprozesse beteiligt sind.279 Um die einzelnen Distributionsvorgänge zu analysieren, kann
für ein Branchen- oder Betriebssortiment, für eine Waren- oder Artikelgruppe oder für ein
einzelnes Gut ein physisches Distributionssystem konzipiert werden.280
Werden diese Überlegungen nun auf die Einzelwirtschaft übertragen, so setzt sich das
physische Distributionssystem aus allen an der physischen Distribution beteiligten Wirt-
schaftssubjekten zusammen. Gegenstand des physischen Distributionssystems können auch
hier Branchen- oder Betriebssortimente, Waren- oder Artikelgruppen oder auch einzelne
Güter sein. Das physische Distributionssystem als Subsystem des betrieblichen logistischen
Systems kann nach den zu verrichtenden Funktionen in ein Lagersystem, ein Transport-
system, ein Auftragsbearbeitungssystem usw. unterteilt werden.281 Zur Verdeutlichung dieser
Aufteilung siehe Abbildung 18 auf der nächsten Seite.
Wie in der Abbildung ersichtlich, beinhaltet das logistische System einer Unternehmung unter
funktionalen Gesichtspunkten die Teilbereiche Beschaffungs-, und innerbetriebliche Logistik
sowie physische Distribution (Distributionslogistik). Kennzeichnend für den Begriff
„Logistik“ ist die ganzheitliche Betrachtungsweise, „...der zufolge die Logistik ein integrier-
tes Führungskonzept ist, das den gesamten Prozess der Planung, Realisierung, Steuerung und
Kontrolle aller Waren-, Güter- und Informationsflüsse eines Unternehmens von seinen
Beschaffungsmärkten durch die Produktionsstufen bis zu den Absatzmärkten umfasst".282
Dabei bezieht sich auch hier die physische Distribution im Sinne des physischen Distributi-
onssystems auf die absatzseitige Warenverteilungsprozesse, d.h. auf die Realgüterströme, die
sich zwischen dem Ende des Produktionsprozesses und den Abnehmern bewegen.
277 Vgl. Reichmann (1997), S. 178. 278 Vgl. Pfohl (2000), S. 17. 279 Vgl. Bloech/Ihde (1992), S. 14. 280 Vgl. Thies (1978), S. 120. 281 Vgl. Ahlert (1996), S. 22; Tempelmeier (1983), S. 9. 282 Delfmann/Darr/ Simon (1992), S. 674.
76 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Das physische Distributionssystem beinhaltet demnach nur die Elemente, die den räumlichen,
zeitlichen und mengenmäßigen Transfer der Unternehmensprodukte vom Ende des Produkti-
onsprozesses zu den Abnehmern ermöglicht.
Logistik-System
Distributionslogistik (physische Distribution)
ProduktionslogistikBeschaffungslogistik
Physisches DistributionsystemInnerbetriebliches Logistiksystem
Betriebliches Beschaffungssystem
Informationssystem (Querschnittssystem)
Depotsystem
Verpackungs- und Materialhand-habungssystem
Lagerhaltungssystem
Tra
nspo
rtsy
stem
Auftragsbearbeitungssystem
Realgüterstrom
Abnehm
er
Logistik-System
Distributionslogistik (physische Distribution)
ProduktionslogistikBeschaffungslogistik
Physisches DistributionsystemInnerbetriebliches Logistiksystem
Betriebliches Beschaffungssystem
Informationssystem (Querschnittssystem)
Depotsystem
Verpackungs- und Materialhand-habungssystem
Lagerhaltungssystem
Tra
nspo
rtsy
stem
Auftragsbearbeitungssystem
Realgüterstrom
Abnehm
er
Abbildung 18: Das physische Distributionssystem als Subsystem der Logistik Quelle: In Anlehnung an Tempelmeier (1983), S .9; Ahlert (1986), S. 22; Becker (1998), S. 558; Delfmann/Darr/ Simon (1992), S. 675
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 77
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing
In Zusammenhang mit einem zunehmend erschwerten Marktumfeld und verschärften Wett-
bewerbsbedingungen, in denen sich Marktteilnehmer in der heutigen Zeit unter Käufer-
marktbedingungen befinden, versuchen Unternehmen verstärkt, sich durch Ansätze des
strategischen Marketings zukünftige Erfolgspotenziale zu erschließen und zu sichern.283
Strategien werden stets unter Beachtung der Unternehmensumwelt und der im Unternehmen
vorhandenen Ressourcen festgelegt, wobei sich Strategien generell in Unternehmens-,
Geschäftsfeld- und Funktionsbereichsstrategien unterscheiden lassen.284
Von Interesse für die weiteren Ausführungen ist vor allem die Ebene der Geschäftsfeld-
strategie. Bei Geschäftsfeldstrategien geht es grundsätzlich um die Festlegung einer
unabhängigen und klar abgrenzbaren Produkt-Markt-Kombination sowie um die Erreichung
einer zum Wettbewerb vorteilhaften Wettbewerbsposition und damit um die Sicherung des
Unternehmenserfolges.285 Eng verbunden damit ist das Streben nach der Erringung und
Verbesserung von Wettbewerbsvorteilen, die in Anlehnung an Porter aus der Sicht des
Kunden nur durch ein überlegenes Preis-/Leistungsverhältnis zustande kommen können.
Aus wettbewerbsstrategischer Sicht führt vor allem der zunehmende Einsatz von neuen
Informations- und Kommunikationstechnologien aus den folgenden Gründen zu veränderten
Markt- und Wettbewerbsbedingungen (siehe weiterführend auch die folgenden Abschnitte):286
• Durch neue IuK-Technologien werden die Markteintrittsbarrieren gesenkt, neue
branchenfremde Konkurrenten treten hinzu.
• Die in der physischen Welt vorhandenen Leistungsobjekte werden zunehmend durch
differenzierte netzbasierte Leistungsbündel ersetzt.
• Anbieter stehen zunehmend einem demografisch und soziodemografisch veränderten
Nachfrageverhalten gegenüber.
3.3.1 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile
Bereits frühzeitig wurde erkannt, dass der Einsatz von Informations- und Kommunikations-
technik den Wettbewerb in dreierlei Hinsicht beeinflusst: „...The information revolution is
changing the rules of competition in three ways: First, advances in information technology
are changing the industry structure. Second, information technology is an increasingly
important lever that companies can use to create competitive advantage. (...) Finally, the
information revolution is spawning completely new businesses.”287 So auch Altobel-
li/Grosskopf (2000) im Bezug auf Wettbewerbsvorteile: „Aufgrund der Nutzung von Online-
283 Vgl. dazu und im Folgenden Link/Hildebrand (1993), S. 10 f. 284 Vgl. Corsten (2003), S. 166 und die dort angegebene Literatur. 285 Vgl. Corsten (2003), S. 166 f. 286 Vgl. teilweise Corsten (2003), S. 167. 287 Porter/Millar (1985), S. 150, 155.
78 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Medien können durch effektivere und effizientere Handhabung von Informationen Werte
erzeugt werden, die sich in Wettbewerbsvorteile umsetzen lassen.“288 Dabei können neue
Technologien aus wettbewerbsstrategischer Sicht vor allem auch die Struktur einer Branche
nachhaltig beeinflussen. Eine Branche wird nach Porter grundsätzlich durch fünf Wettbe-
werbskräfte bestimmt.289 Zu diesen Wettbewerbskräften gehören nach Porter die Marktmacht
der Lieferanten und Abnehmer, die Bedrohungspotenziale durch neue Konkurrenten, die
Möglichkeit der Substituierbarkeit von Produkten sowie die Rivalität unter den bestehenden
Konkurrenten.290
Die Bedeutung dieser technologiegetriebenen Branchenstrukturveränderungen wurde bereits
in Zusammenhang mit der Internet-Technologie deutlich: Tendenziell verändert das Internet
„...Branchenstrukturen so, dass die Gewinne insgesamt schrumpfen und Geschäftspraktiken
einander angeglichen werden, was die Fähigkeit jedes Unternehmens vermindert, sich einen
nachhaltigen operativen Wettbewerbsvorteil zu sichern“.291 Porter (2001) führt weiter aus,
dass es nicht mehr um die Frage geht, ob die Internet-Technik zum Einsatz kommen soll,
sondern auf welche Weise. Des Weiteren stellt er in diesem Zusammenhang fest, dass die
Erzielung von Wettbewerbsvorteilen keine radikal andere Geschäftsmethode erfordert,
sondern lediglich eine Konzentration auf erprobte Prinzipien einer effektiven Strategie.
Wettbewerbsstrategische Entwicklungen lassen sich mittlerweile auch innerhalb der
Mobilkommunikation erkennen. Besonders die schnelle Ausbreitung der multimedialen
Mobilkommunikation sowie deren Wettbewerbspotenzial hat nach Wamser (2003) dazu
geführt, dass auch die Technologien des M-Commerce dem im Sinne von Porter dargelegten
Brancheneinfluss und damit den veränderten Wettbewerbsbedingungen unterliegen.292 Die
Ausführungen machen deutlich, dass die Sicherung der eigenen Wettbewerbsposition in
Verbindung mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eine Orientierung an
Wettbewerbsvorteilen und damit an wettbewerbsstrategischen Handlungsoptionen notwenig
macht. Link/Gerth (2001) merken hierzu an, dass nur eine klare wettbewerbsstrategische
Ausrichtung der Unternehmung den größtmöglichen Nutzen derartiger Systeme sichert.293
288 Altobelli/Grosskopf (2000), S. 90. 289 Vgl. Porter (1999), S. 33. Für Unternehmen innerhalb einer Branche liegt nach Porter der Zweck einer
Wettbewerbsstrategie darin, eine Position zu finden, in der er sich am besten gegen diese Wettbewerbskräfte schützen oder sie zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Porter (1999), S. 34. Als Grundlage einer wettbe-werbsstrategischen branchenspezifischen Ausrichtung dient die Branchenstrukturanalyse. Vgl. weiterführend Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 112 f.
290 Vgl. Porter (1996), S. 22 ff. 291 Porter (2001), S. 65. 292 Vgl. Wamser (2003), S. 74. 293 Vgl. Link/Gerth (2001), S. 306.
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 79
Im Zuge der Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile haben sich nach Porter bereits drei
wesentliche Stoßrichtungen bzw. Strategietypen herausgebildet.294 Zum einen kann ein
Unternehmen versuchen, sich über einen niedrigen Preis Wettbewerbsvorteile gegenüber der
Konkurrenz zu verschaffen (Kostenführerschaft). Zum anderen kann aber auch eine
Überlegenheit in der Leistung zu Wettbewerbsvorteilen führen (Differenzierung). Die dritte
Strategie beinhaltet die gleichzeitige Realisierung von Kosten- und Differenzierungsvorteilen
und wird auch als Simultan-, Doppel-, Konzentrations- oder Hybridstrategie bezeichnet.295
Die Hybridstrategie gewinnt besonders durch die zunehmende Bedeutung der Informations-
und Kommunikationstechnologien an Relevanz. Wettbewerbsvorteile lassen sich aus
Vermarktungssicht „...dann erzielen, wenn das eigene Leistungsangebot dem Zielsystem des
Nachfragers (Kundenorientierung) entspricht und aus der subjektiven Nachfragersicht im
Vergleich zur Konkurrenz besser beurteilt wird“.296 Damit wird deutlich, dass Wettbewerbs-
vorteile grundsätzlich darauf abzielen, dem Kunden mit dem eigenen Angebot ein gegenüber
Konkurrenten langfristig überlegenes Preis-/Leistungs- bzw. Kosten-/Nutzenverhältnis zu
bieten.297 Wer sich anhand der genannten Strategieansätze dauerhaft einen Wettbewerbsvor-
teil gegenüber der Konkurrenz verschaffen will, sollte seine wettbewerbsstrategischen
Überlegungen deshalb auf die folgenden Kriterien ausrichten:298
Die Leistungsdifferenzierung sollte auf der Schaffung eines hervorstechenden Produktvorteils
für das eigene Angebot durch die Verknüpfung mit bestimmten einzigartigen Eigenschaften
basieren. Dabei handelt es sich um die Schaffung einer „Unique Selling Proposition“ (USP),
die am Produkt selbst, bei den Zusatzleistungen oder auf der Ebene des Markenbildes
ansetzen kann und längerfristig zu einem dauerhaften Vorsprung gegenüber der Konkurrenz
führt.299 Diese Einzigartigkeit kann auch durch ein auf Dauerhaftigkeit angelegtes Wertever-
sprechen („Value Proposition“) erfolgen.
Der Preis-/Leistungsvorsprung gegenüber der Konkurrenz und damit die Rentabilität sollte
eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen, d.h., der ökonomische und außerökonomische Erfolg
sollte langfristig durch z.B. strategische Planungsinstrumente gesichert werden.
Um Wettbewerbsvorteile zu erzielen, müssen zudem unternehmensspezifische unverwechsel-
bare Wertschöpfungsketten aufgebaut werden, die sich dauerhaft von Wertschöpfungspro-
zessen der Konkurrenz unterscheiden.
294Vgl. im Folgenden Porter (1996), S. 31. Der von Porter entwickelte Strategieansatz basiert auf dem marktorientierten Ansatz und versucht, „Beziehungen zwischen der Marktstruktur und der durchschnittlichen Branchenattraktivität herzustellen...“. Corsten (2003), S. 168. Hinsichtlich der Entstehung von Wettbe-werbsvorteilen existiert neben dem marktorientierten auch der ressourcenorientierte Ansatz, der an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden soll. Vgl. weiterführend Corsten (2003), S. 173 ff.
295 Vgl. Wamser (2003), S. 33. 296 Weiber/Kollmann (2000), S. 51. 297 Vgl. auch Link (2000), S. 2; Wamser (2003), S. 73.298 Vgl. im Folgenden teilweise Porter (2001), S. 70; Link (1996), S. 39. 299 Vgl. Link/Hildebrand (1993), S. 11.
80 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Zuletzt muss sichergestellt sein, dass das wettbewerbsrelevante Leistungsniveau auch vom
Unternehmen internalisiert und entsprechend gegenüber den Kunden vorgelebt wird. Nur
diese Vorgehensweise garantiert, dass die Vorteile vom Kunden bewusst wahrgenommen
werden.
Auch das Online Marketing als interaktives Marketing über elektronische Netzwerke wirkt
sich, bedingt durch die anhaltenden technologischen Entwicklungen im Marketing, auf die
wettbewerbsstrategische Situation der Unternehmen aus. In Zusammenhang mit einer
Angebotsüberlegenheit im Online Marketing ist das Leistungsangebot allerdings nicht die
einzige Ebene, auf der eine Überlegenheit im Absatzmarkt angestrebt werden kann.300
Vielmehr interessiert hierbei auch das in Verbindung mit dem Individualmarketing stehende
Dialogangebot, das genauso wie die Ausgestaltung des Leistungsangebotes zu einer
Angebotsüberlegenheit und damit zur Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile führt.
Um die Wettbewerbsvorteile zu bestimmen, die für Unternehmen der entsprechenden Branche
von Bedeutung sind, bedarf es einer genaueren Analyse der Umsysteme und damit der
Kontextbedingungen. Erst durch die Analyse der unternehmensspezifischen Kontext-
bedingungen wird eine exakte Ermittlung der Wettbewerbsvorteile möglich. Im Folgenden
wollen wir anhand einer Abbildung von Link die im Zusammenhang mit dem stationären und
mobilen Online Marketing vorhandenen wesentlichen Kontextbedingungen und Wettbe-
werbsvorteile darstellen (siehe Abbildung 19).301
300 Vgl. dazu und im Folgenden Link (2000), S. 2 f. 301 Auf weitere Beschreibung wollen wir an dieser Stelle verzichten; vgl. dazu ausführlich Link/Hildebrand
(1993), S. 12 ff.; Link/Schleuning (1999), S. 138 ff.; zu Wettbewerbsvorteilen im M-Commerce siehe auch Link (2001), S. 23 ff.
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 81
Kontextfaktor Wettbewerbsvorteil
Globalisierungzunehmend weltweite Geschäftsbeziehungen
Globalisierungzunehmend weltweite Geschäftsbeziehungen
PreisbewußtseinBedeutung des Preises innerhalb
aller Kaufkriterien
PreisbewusstseinBedeutung des Preises innerhalb
aller Kaufkriterien
KomplexitätVielschichtigkeit, Beherrschbarkeit; z.B.Verlängerung der Entwicklungszyklen
KomplexitätVielschichtigkeit, Beherrschbarkeit; z.B.Verlängerung der Entwicklungszyklen
VariabilitätÄnderungsgeschwindigkeit;
z.B. Verkürzung der Marktzyklen
VariabilitätÄnderungsgeschwindigkeit;
z.B. Verkürzung der Marktzyklen
Unsicherheitbezüglich Leistung und Verhaltendes Unternehmens in der Zukunft
Unsicherheitbezüglich Leistung und Verhaltendes Unternehmens in der Zukunft
ÜbertragungsratenTrend zu Breitbandnetzen
ÜbertragungsratenTrend zu Breitbandnetzen
Mobilitäthäufige Ortswechsel, längere Reisezeiten
Mobilitäthäufige Ortswechsel, längere Reisezeiten
Miniaturisierungständige Verkleinerung der Bauelemente
Miniaturisierungständige Verkleinerung der Bauelemente
DiversitätUnterschiedlichkeit der Kundenanforderungen
DiversitätUnterschiedlichkeit der Kundenanforderungen
ZeitökonomieZeit/Muße als knappes Gut
ZeitökonomieZeit/Muße als knappes Gut
KonkurrenzintensitätZahl und Stärke der Wettbewerber
KonkurrenzintensitätZahl und Stärke der Wettbewerber InnovationsfähigkeitInnovationsfähigkeit
Multimedialität(Endgeräte)
Multimedialität(Endgeräte)
VertrauenswürdigkeitVertrauenswürdigkeit
SchnelligkeitSchnelligkeit
Universalität(Endgeräte)
Universalität(Endgeräte)
Omnipräsenz(mobil)
Omnipräsenz(mobil)
ConvenienceConvenience
IndividualisierungIndividualisierung
Omnipräsenz(global)
Omnipräsenz(global)
LernfähigkeitLernfähigkeit
KostenvorteileKostenvorteile
Kontextfaktor Wettbewerbsvorteil
Globalisierungzunehmend weltweite Geschäftsbeziehungen
Globalisierungzunehmend weltweite Geschäftsbeziehungen
PreisbewußtseinBedeutung des Preises innerhalb
aller Kaufkriterien
PreisbewusstseinBedeutung des Preises innerhalb
aller Kaufkriterien
KomplexitätVielschichtigkeit, Beherrschbarkeit; z.B.Verlängerung der Entwicklungszyklen
KomplexitätVielschichtigkeit, Beherrschbarkeit; z.B.Verlängerung der Entwicklungszyklen
VariabilitätÄnderungsgeschwindigkeit;
z.B. Verkürzung der Marktzyklen
VariabilitätÄnderungsgeschwindigkeit;
z.B. Verkürzung der Marktzyklen
Unsicherheitbezüglich Leistung und Verhaltendes Unternehmens in der Zukunft
Unsicherheitbezüglich Leistung und Verhaltendes Unternehmens in der Zukunft
ÜbertragungsratenTrend zu Breitbandnetzen
ÜbertragungsratenTrend zu Breitbandnetzen
Mobilitäthäufige Ortswechsel, längere Reisezeiten
Mobilitäthäufige Ortswechsel, längere Reisezeiten
Miniaturisierungständige Verkleinerung der Bauelemente
Miniaturisierungständige Verkleinerung der Bauelemente
DiversitätUnterschiedlichkeit der Kundenanforderungen
DiversitätUnterschiedlichkeit der Kundenanforderungen
ZeitökonomieZeit/Muße als knappes Gut
ZeitökonomieZeit/Muße als knappes Gut
KonkurrenzintensitätZahl und Stärke der Wettbewerber
KonkurrenzintensitätZahl und Stärke der Wettbewerber InnovationsfähigkeitInnovationsfähigkeit
Multimedialität(Endgeräte)
Multimedialität(Endgeräte)
VertrauenswürdigkeitVertrauenswürdigkeit
SchnelligkeitSchnelligkeit
Universalität(Endgeräte)
Universalität(Endgeräte)
Omnipräsenz(mobil)
Omnipräsenz(mobil)
ConvenienceConvenience
IndividualisierungIndividualisierung
Omnipräsenz(global)
Omnipräsenz(global)
LernfähigkeitLernfähigkeit
KostenvorteileKostenvorteile
Kontextfaktor Wettbewerbsvorteil
Globalisierungzunehmend weltweite Geschäftsbeziehungen
Globalisierungzunehmend weltweite Geschäftsbeziehungen
PreisbewußtseinBedeutung des Preises innerhalb
aller Kaufkriterien
PreisbewusstseinBedeutung des Preises innerhalb
aller Kaufkriterien
KomplexitätVielschichtigkeit, Beherrschbarkeit; z.B.Verlängerung der Entwicklungszyklen
KomplexitätVielschichtigkeit, Beherrschbarkeit; z.B.Verlängerung der Entwicklungszyklen
VariabilitätÄnderungsgeschwindigkeit;
z.B. Verkürzung der Marktzyklen
VariabilitätÄnderungsgeschwindigkeit;
z.B. Verkürzung der Marktzyklen
Unsicherheitbezüglich Leistung und Verhaltendes Unternehmens in der Zukunft
Unsicherheitbezüglich Leistung und Verhaltendes Unternehmens in der Zukunft
ÜbertragungsratenTrend zu Breitbandnetzen
ÜbertragungsratenTrend zu Breitbandnetzen
Mobilitäthäufige Ortswechsel, längere Reisezeiten
Mobilitäthäufige Ortswechsel, längere Reisezeiten
Miniaturisierungständige Verkleinerung der Bauelemente
Miniaturisierungständige Verkleinerung der Bauelemente
DiversitätUnterschiedlichkeit der Kundenanforderungen
DiversitätUnterschiedlichkeit der Kundenanforderungen
ZeitökonomieZeit/Muße als knappes Gut
ZeitökonomieZeit/Muße als knappes Gut
KonkurrenzintensitätZahl und Stärke der Wettbewerber
KonkurrenzintensitätZahl und Stärke der Wettbewerber InnovationsfähigkeitInnovationsfähigkeit
Multimedialität(Endgeräte)
Multimedialität(Endgeräte)
VertrauenswürdigkeitVertrauenswürdigkeit
SchnelligkeitSchnelligkeit
Universalität(Endgeräte)
Universalität(Endgeräte)
Omnipräsenz(mobil)
Omnipräsenz(mobil)
ConvenienceConvenience
IndividualisierungIndividualisierung
Omnipräsenz(global)
Omnipräsenz(global)
LernfähigkeitLernfähigkeit
KostenvorteileKostenvorteile
Abbildung 19: Wettbewerbsvorteile des stationären und mobilen Online Marketing Quelle: Link (2001), S. 6
3.3.2 Die Bedeutung der Wertekette als strategisches Analyseinstrument
Ein wichtiges Analyseinstrument zur Erfassung der zunehmenden Bedeutung der neuen
Informations- und Kommunikationstechnologien im Wettbewerb ist die von Porter ent-
wickelte Wertschöpfungskette (kurz: Wertekette).302 Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass
„…Wettbewerbsvorteile nicht nur aus dem Endprodukt erwachsen, sondern aus allen im
Zusammenhang mit der Erstellung und Vermarktung des Endproduktes erforderlichen
Aktivitäten“.303 Die Wertschöpfungskette als Darstellungsform der betrieblichen Leistungser-
stellung gliedert ein Unternehmen in ein interdependentes System von technischen und
ökonomischen Aktivitäten, wobei diese nach Funktionen in primäre und sekundäre/
302 Vgl. Porter (1996), S. 221. 303 Altobelli/Bouncken (1998), S. 283.
82 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
unterstützende Wertaktivitäten unterteilt werden.304 Dabei beschreibt eine Wertekette die
ganzheitliche und prozessorientierte Abfolge von wettbewerbsrelevanten Wertschöpfungs-
bzw. Leistungserstellungsaktivitäten in einer bestimmten Branche, anhand derer ein aus
Kundensicht wertvolles Leistungsbündel geschaffen und am Markt abgesetzt wird.305 Die
innerhalb einer Wertekettengliederung existierenden Wertaktivitäten haben Prozesscharakter,
d.h., eine Wertekette ist ein integraler Bestandteil eines Wertesystems, das sich aus internen
und externen Wertschöpfungsketten zusammensetzt. Innerhalb einer Wertekettenanalyse, die
grundsätzlich eine Analyse der relativen Kostenpositionen und der Differenzierungsvorteile
beinhaltet, werden deshalb nicht nur die Interdependenzen innerhalb der eigenen Wertekette,
sondern auch vertikale Verflechtungen mit den Werteketten anderer Wirtschaftssubjekte
untersucht.306
Für eine Identifizierung möglicher Wettbewerbsvorteile in Zusammenhang mit dem
stationären und mobilen Online Marketing lassen sich vor allem absatzseitige Werteketten
verwenden. Absatzwerteketten beschreiben „...in allgemeiner Form diejenigen wertschöpfen-
den Phasen, die zur erfolgreichen Anbahnung, Durchführung und Abwicklung von Transakti-
onen notwendig sind und die letztendlich die oben beschriebene Markt- und Konsumreife im
Sinne einer Überbrückung von Diskrepanzen der Absatzgüter aus Sicht des Kunden
gewährleisten“.307 Um die Werteaktivitäten im Unternehmen zu ermitteln, werden die
Leistungserstellungsaktivitäten aus kunden- und marktorientierter Sicht so weit aufgegliedert,
bis „...Aktivitäten mit einem hohen Differenzierungspotential und/oder einem erheblichen
Kostenanteil ermittelt werden können“.308 Letztendlich führen dann die Wertschöpfungsakti-
vitäten, die im Hinblick auf Wettbewerber entweder zu geringeren Kosten durchgeführt
werden können oder die zu einem größeren Kundennutzen führen, zu einem Wettbewerbsvor-
teil.309 Dass Informations- und Kommunikationstechnologien bestehende Wertschöpfungsket-
ten durchdringen und verändern, wurde bereits von Porter/Millar (1985) unterstellt:
„Information technology is permeating the value chain at every point, transforming the way
value activities are performed and the nature of the linkages among them.“310 Die Autoren
304 Vgl. Hopfenbeck (2000), S. 711; Zerfaß/Haasis, S. 11 und die Abbildung 20. Der Wert ist hierbei der Preis, den Abnehmer bereit sind, für das angebotene Produkt zu zahlen. Dieser ergibt sich aus den Wertaktivitäten (primäre und sekundäre Aktivitäten, kundennutzenstiftende Prozesse) sowie aus der Gewinnspanne. Vgl. weiterführend Porter (1996), S. 63 ff.
305 Vgl. ähnlich Gerth (1999); Hopfenbeck (2000), S. 712. 306 Vgl. Altobelli/Bouncken (1998), S. 284 f. 307 Gerth (1999), S. 61. Zu Werteketten im Absatzbereich vgl. auch Gerth (1998); Tomczak/Schögel/Birkhofer
(2000). Bezogen auf die Vermarktung von Produkten im Online Marketing können die in den jeweiligen Phasen enthaltenen Transaktionen auch zu einem Verkaufsprozess zusammengeführt werden, der aus interdependenten Einzelaktivitäten besteht. Vgl. zu den einzelnen Kaufprozessphasen Hünerberg (2000), S. 123 sowie im Zusammenhang mit digitalen Produkten den Abschnitt 4.3.1.3.
308 Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 99. 309 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 99. 310 Porter/Millar (1985), S. 151.
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 83
führen weiter aus, dass im Prinzip alle wertschöpfenden Aktivitäten Informationen schaffen,
verarbeiten und kommunizieren. Verstärkt wurden diese Effekte durch die zunehmende
Bedeutung des Internet: „Was das Internet besonders auszeichnet, ist seine Fähigkeit,
Tätigkeiten miteinander zu verknüpfen und Daten, die bei einer Aktion anfallen, in Echtzeit
verfügbar zu machen – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch für Lieferanten,
Händler und Kunden.“311
Anbahnung VereinbarungStationäres und mobiles Projekt-und KonferenzmanagementOnline-Stellenausschreibungen, mobile MitarbeiterportaleVirtuelle Entwicklungsteams, mobiler Zugriff auf WissensdatenbankenInternetgestützte Bedarfsplanungen, Stationäre und mobile Beschaffungs-systeme
Online Lieferstatus-und Lagerbestands-abfragen
Workflow-anwendungen Stationäres und
mobiles Online Marketing, netz-basierte Vermark-tung
Mobiles Flotten-management
Stationäre und mobile Unterstützung für Kundendienstaktivitäten (z.B. E-Mail, SMS zentrale Rechnungser-stellung etc.)
Anbahnung VereinbarungStationäres und mobiles Projekt-und KonferenzmanagementOnline-Stellenausschreibungen, mobile MitarbeiterportaleVirtuelle Entwicklungsteams, mobiler Zugriff auf WissensdatenbankenInternetgestützte Bedarfsplanungen, Stationäre und mobile Beschaffungs-systeme
Online Lieferstatus-und Lagerbestands-abfragen
Workflow-anwendungen Stationäres und
mobiles Online Marketing, netz-basierte Vermark-tung
Mobiles Flotten-management
Stationäre und mobile Unterstützung für Kundendienstaktivitäten (z.B. E-Mail, SMS zentrale Rechnungser-stellung etc.)
Abbildung 20: Die Beeinflussung der Wertschöpfungskette durch stationäre und mobile Online-Systeme Quelle: In Anlehnung an Porter (1985); derselbe (2001a), S. 75; Wamser 2001, S. 13 ff.; Petersmann/Nicolai (2001), S. 18
Auf die genauere Beschreibung der revolutionären Veränderungen, die sich durch die
Entwicklungen des Internet sowie des elektronischen Handels für die traditionellen Wert-
schöpfungsketten ergeben, wollen wir an dieser Stelle verzichten312 und auf den Hauptteil der
Arbeit verweisen, der sich in Zusammenhang mit digitalen Produkten auf Ausführungen
virtueller Wertschöpfungsprozesse bezieht. Diese bestehen aus den wertschöpfenden Aktivi-
täten des Leistungserstellungsprozesses, die sowohl absatzseitige virtuelle Wertschöpfungs-
prozesse als auch vollautomatisierte Verkaufsprozesse beinhalten.
3.3.3 Die Transformation strategischer Wettbewerbsvorteile in ökonomische Erfolgsfaktoren
3.3.3.1 Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsrechnung
Gerade die jüngsten Diskussionen über die wirtschaftlichen Entwicklungen innerhalb der auf
neue Informations- und Kommunikationstechnologien spezialisierten Branchen zeigen, dass
den hohen Investitionen in neue IuK-Technologien wie dem Internet auch ein direkter
311 Porter (2001), S. 74. 312 Vgl. zu dieser Thematik besonders Albers/Peters (1997); Rayport/Sviokla (1995); Benjamin/Wigand (1995);
Booz Allen & Hamilton (1997); Zerdick et al. (2000).
84 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
„Return on Investment“ (ROI) und damit ein direkt messbarer wirtschaftlicher Erfolg
gegenüberstehen muss.313 Dies gilt neben dem stationären auch für das mobile Internet, wo
ein berechtigter Zweifel daran besteht, ob die hohen Ausgaben für die UMTS-Lizenzen in
absehbarer Zeit amortisiert werden können.314 Zwar werden innerhalb des mobilen Internet
zunehmend digitale Leistungs- und Serviceangebote entwickelt; ob damit aber Einnahmen
erzielt werden können, welche die bisherigen und zukünftigen Investitionen decken, bleibt
zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.
Grundsätzlich ist die Entwicklung und spätere Vermarktung von neuen IuK-Technologien mit
hohen Investitionskosten sowie mit Investitionsrisiken verbunden, die vor allem auch durch
einen Mangel an verfügbarer Zurechenbarkeit und Messbarkeit der Erfolge eines derartigen
Engagements und durch das Fehlen von dafür benötigten Verfahren verursacht werden.315
Zudem ersetzte in der Boomphase des Internet ein meist künstlich erzeugter Fortschritts- und
Erfolgsglaube die Erfolgskontrolle.316 Nicht zuletzt aufgrund dieser Mängel sowie aufgrund
von strategischen und konzeptionellen Schwächen hinsichtlich der Planung sind bisherige
Prognosen und Erfolge von E-Business-Vorhaben – bis auf wenige Ausnahmen – stark hinter
den Erwartungen zurück geblieben.317 Porter (2001) spricht in diesem Zusammenhang auch
von verzerrten Marktsignalen, die im Zuge des Internet-Booms zu schwer vorhersehbaren
Umsatzentwicklungen geführt haben.318
In Bezug auf E-Business-Aktivitäten im Allgemeinen und Aktivitäten hinsichtlich stationärer
und mobiler Online-Systeme im Besonderen gewinnt deshalb zunehmend die Auffassung an
Bedeutung, dass Investitionen anhand von ökonomischen und außerökonomischen Nutzen-
313 Der ROI ist ein Indikator für die Ertragskraft eines Unternehmens und gibt an, wie viel Eigenkapitalzuwachs aus betriebsbedingter Tätigkeit durch das überlassene Vermögen insgesamt erwirtschaftet wurde. Vgl. Reichmann (2001), S. 36. Der wirtschaftliche Erfolg von auf IuK-Technologien basierenden stationären und mobilen Online-Systemen bzw. E-Business Systemen wird im Allgemeinen am Kosten-/Nutzenverhältnis derartiger Systeme gemessen.
314 Insgesamt belaufen sich die UMTS-Investitionskosten für jedes an dem UMTS-Lizenzerwerb beteiligte Unternehmen auf ca. 13 Mrd. Euro. Diese setzen sich zum einen aus den Lizenzkosten (ca. 8 Mrd. Euro) und aus den zum Teil noch zu tätigenden Investitionen für den Aufbau der Netzinfrastrukturen (ca. 5 Mrd. Euro) zusammen. Vgl. Schweizer et al. 2002, S. 90. Zu UMTS-Lizenzen in Verbindung mit Verfahren der Investitionsrechnung siehe Link (2003a), S. 57 f.
315 Derartige gegensätzliche Entwicklungen im Hinblick auf den erwarteten und tatsächlich eintretenden Erfolg einer Investitionstätigkeit im E-Business werden auch als Paradoxien des Electronic Business bezeichnet. Vgl. Weiber/Krämer (2001), Strauß/Schoder (2002), S. 19 f. sowie ausführlich Weiber/Krämer (2002).
316 Vgl. Link (2003a), S. 54. 317 Vgl. ähnlich auch Strauß/Schoder (2002), S. 20. Trotz der eher ernüchternden Bilanz hat sich das Internet zu
einer reifen Industrie entwickelt, die aus der Unternehmenslandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Im Zuge dessen gibt es auch schon Unternehmen, die nach rund 10 Jahren Investitionstätigkeit Gewinne verbuchenkönnen. Dazu gehören insbesondere das Online-Auktionshaus „Ebay“, das Portal „Yahoo“ und die Suchma-schine „Google“. Bei Internetzugangsdiensten sind es Unternehmen wie T-Online, United Internet oder auch Freenet, die bereits schwarze Zahlen schreiben. Vgl. ausführlich o.V. (2002d), S. 21.
318 Vgl. Porter (2001), S. 65.
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 85
und Erfolgskriterien auf ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft und bewertet werden müssen.319
Dabei treten hinsichtlich der Bewertung des Nutzens vor allem Probleme bei der Quantifizie-
rung und Prognostizierung der Einzahlungsseite auf.320 Die Kosten- bzw. Ausgabenseite lässt
sich hingegen durch die Hinzunahme der relevanten Zahlungsvorgänge relativ gut quantifizie-
ren und innerhalb von Investitionsvorhaben prognostizieren. Sofern es sich nicht um Produkte
oder um eine entgeltliche Nutzung eines sonstigen Leistungsangebotes handelt, deren
Gegenwert über den Preis, der am Markt erzielt wird, klar zurechenbar ist, werden die
genannten Probleme noch verschärft: „Die einfache Zurechenbarkeit von Einzahlungen
entfällt, sofern Kunden in der Kommunikation bestimmte...“ Multi-Channel-Kanäle – wie das
stationäre und mobile Internet – unentgeltlich nutzen können und die Einnahmen aus diesen
Kundenaktivitäten gleichzeitig „...zu höheren Zahlungsbereitschaften und damit Einzahlungs-
strömen bei den Produkten der Unternehmung führen (`Channel-Modell`)“.321
Probleme bezüglich einer Wirtschaftlichkeitsrechnung entstehen aber nicht nur innerhalb der
Quantifizierung möglicher Einzahlungsströme. Vielmehr liegen diese auch in der Beurteilung
der Wirtschaftlichkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien im Allgemeinen
und stationären und mobilen Online-Systemen im Besonderen begründet. In der Theorie und
Praxis sind derartige Probleme schon seit langem bekannt und manifestieren sich nach Picot
et al. (2001) im Wesentlichen in sechs Problemkategorien:322
Maßgrößenproblem: Hierbei geht es um die Frage, welche quantitativen und qualitativen
Maßgrößen bzw. Indikatoren die Aufwands- und Nutzeffekte genau widerspiegeln. Des
Weiteren entsteht das Problem, dass viele Aufwands- und Nutzeneffekte qualitativer Natur
sind und daher nur schwer quantitativ-monetär erfasst werden können.
Situationsproblem: Inwieweit handelt es sich um Wirtschaftlichkeitseffekte, die aufgrund
der neuen Technik entstehen und nicht durch die jeweils vorliegenden spezifischen Situati-
onsbedingungen beeinflusst werden?
Verbundproblem: Hierbei geht es um die Frage, in welchen angrenzenden Bereichen des
arbeitsteiligen Leistungsverbundes der Unternehmung treten die für die Wirtschaftlichkeits-
beurteilung relevanten Effekte auf.
319 Vgl. Schmidt (2001), S. 241. 320 Vgl. dazu und im Folgenden Link (2003a), S. 43. 321 Link (2003a), S. 43. 322 Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 199 sowie auch Gerth (1999), S. 286 f. und jeweils die dort
angegebene Literatur. Hierbei ist anzumerken, dass derartige Bewertungsprobleme bereits in Verbindung mit der Effizienzmessung von Führungssystemen in Erscheinung treten. Vgl. dazu ausführlich Link (1996), S. 37 ff. und die dort angegebene Literatur. In Bezug auf digitale Produkte und deren Wirtschaftlichkeitsbeurtei-lung sind die angesprochenen Problemfelder von besonderer Bedeutung. Dies begründen wir damit, dass gerade bei digitalen Produkten alle Verkaufsprozesse über Online-Systeme gesteuert werden. Unternehmen, die sich für einen derartigen Online-Vertrieb entscheiden, müssen daher besonders in Online-Systeme investieren, wobei eine derartige Investition stets mit hohen Entwicklungs- und Implementierungskostenverbunden ist. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist daher gerade in diesem Zusammenhang notwendig (siehe auch die Ausführungen weiter unten sowie im Hauptteil der Arbeit).
86 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
Zurechnungsproblem: Bei der Beurteilung von Wirtschaftlichkeitseffekten tritt das Problem
auf, dass deren Wirkungen meist zeitlich verzögert und räumlich verteilt auftreten (Time-lag)
und damit ihre Zurechnung nicht immer gewährleistet ist.323
Innovationsproblem: Wie lassen sich innovative Anwendungen hinsichtlich der neuen
Technik bewerten? Ab wann handelt es sich dabei um Innovationen, die über eine reine
Substitution traditioneller Arbeitsverfahren hinausgehen? Wie lange hält die Innovation an
und ab wann sind neue Technologien wieder veraltet?
Ganzheitlichkeitsproblem: Systeminnovationen verändern gleichzeitig auch Organisations-
strukturen. Dabei tritt das Problem auf, wie die dabei auftretenden Wechselbeziehungen im
organisatorisch-technisch-personellen Gesamtsystem in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
eine Berücksichtigung finden sollen.
Der wirtschaftliche Erfolg komplexer Informations- und Kommunikationssysteme sollte
allerdings nicht nur direkt über quantitative Messgrößen erfasst werden: „Vielmehr sind als
Zwischengrößen der ökonomischen Bewertung die Wettbewerbsvorteile zu nennen, die durch
Aufbau und Einsatz des Informationssystems begründet bzw. verstärkt werden können und
ihrerseits positiv auf die Rentabilität einwirken.“324 Sollen sich die für ein Unternehmen
relevanten Wettbewerbsvorteile (z.B. Vertrauenswürdigkeit, Schnelligkeit, Individualisierung
etc.) ökonomisch vorteilhaft, z.B. in Bezug auf Gewinn, Umsatz, Rentabilität, niederschlagen,
bedarf es einer außerordentlichen gründlichen strategischen Analyse und Planung, „...um die
Wettbewerbsstrategie zu finden, die der spezifischen Unternehmenssituation voll gerecht
wird.“325 Damit wird deutlich, dass sich die Wirtschaftlichkeit hinsichtlich der Entwicklung
und Implementierung von IuK-Systemen auch über die nachhaltige Erreichung von
Wettbewerbsvorteilen bestimmen lässt.
Zur wirtschaftlichen Erfolgsmessung von IuK-Systemen durch Wettbewerbsvorteile kommen
in diesem Zusammenhang zwei Möglichkeiten in Betracht:326 Zum einen können anhand der
Nutzwertanalyse Wettbewerbsvorteile mit Gewichten versehen werden, wobei auf dieser
Basis Punktwerte für ein System vergeben werden. Dabei handelt es sich um ein nicht-
monetäres Bewertungsverfahren, das die relative Vorteilhaftigkeit beurteilt. Das bedeutet,
dass zwar anhand von Punktwerten die beste Alternative unter verschiedenen bestimmt
werden kann, die exakte Bestimmung einer Rendite bzw. Mindestverzinsung ist aber nicht
möglich. Trotzdem betonen auch Hahn et al. (2001) die Wichtigkeit eines derartigen
323 Vgl. dazu auch Strauß/Schoder (2002), S. 23. 324 Link/Schmidt (2002), S. 133. Vgl. zu Wettbewerbsvorteilen Link/Hildebrand (1993), S. 12 ff.;
Link/Schleuning (1999), S 138 ff. sowie im Zusammenhang mit digitalen Produkten den Abschnitt 4.4.1. 325 Link (2001), S. 6. Link weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass hierzu ein Prozess der strategischen
Marketingplanung zu durchlaufen ist. Vgl. zu den Aufgaben, Elementen und wichtigsten Planungsmethoden der Marketingplanung Link/Gerth/Voßbeck (2002); Becker (2000).
326 Vgl. im Folgenden Link (1999), S. 213.
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 87
Verfahrens, da es in Zusammenhang mit der Beurteilung und Auswahl von Investitionen
gestattet, „... komplexe Probleme jeder Art durch Beurteilung der Wirkungen von Alternati-
ven im Hinblick auf quantifizierbare, schwer- und nichtquantifizierbare Ziele in einfachen
Schritten einer Lösung zuzuführen...“.327 Um im Gegensatz dazu die absolute Vorteilhaftig-
keit eines Systems zu beurteilen, werden als weitere Möglichkeit monetäre Verfahren der
Investitionsrechnung verwendet. Investitionsrechnungen sind Methoden zur finanzwirtschaft-
lichen Beurteilung von Investitionen bzw. Investitionsprojekten.328 Verfahren der Investiti-
onsrechnung sind in der Lage, langfristige Wirkungen strategischer und nicht-strategischer
Entscheidungen im Hinblick auf Veränderungen der monetären und nicht-monetären Ein- und
Auszahlungen abzubilden.329 Innerhalb der Investitionsrechnung werden statische und
dynamische Verfahren unterschieden, wobei bei letzteren die Verfahren der Kapitalwertme-
thode (Barwertmethode) sowie die Methode des internen Zinsfußes unter der Annahme eines
vollkommenen und unbeschränktem Kapitalmarktes Anwendung findet.330 Um die Auswir-
kungen von Wettbewerbsvorteilen innerhalb der Investitionsrechung aus ökonomischer Sicht
zu bestimmten, bedarf es einer Abschätzung dieser auf monetäre Größen.
3.3.3.2 Grundlagen der Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle
Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung lassen sich grundsätzlich dem Bereich des
Marketing-Controlling zuordnen. Marketing-Controlling wird in enger Anlehnung an das
Controlling-Verständnis definiert als „...Einsatz und Verbesserung von Planungs- Kontroll-
und Informationssystemen im Marketingbereich zur Erhöhung der Führungseffizienz sowie
Integration dieser Systeme untereinander und mit anderen Führungssystemen“.331 Im
Gegensatz zum Marketing-Management, das die Ziele, Pläne sowie den Einsatz absatzpoliti-
scher Maßnahmen festlegt, kommt dem Marketing-Controlling die Aufgabe zu, geeignete
Rahmenbedingungen in verfahrenstechnischer wie organisatorischer Hinsicht zu schaffen
sowie das Marketing-Management bei seinen Aufgaben durch eine koordinierte Informati-
onsversorgung zu unterstützen.332 Dies schließt nach Köhler (2002a) auch die Rückkopplung
von Kontrolldaten ein, die wiederum unter der Hinzunahme geeigneter Messgrößen als
Unterstützung für Aktivitäten der Erfolgsplanung und -kontrolle verwendet werden können.
Auch Link (2001) betont die Wichtigkeit von Messgrößen, die eine Erfolgsplanung und
327 Hahn/Hungenberg (2001), S. 65. 328 Vgl. Laux (2002), S. 858. 329 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 134 f. 330 Vgl. dazu und weiterführend zu den genannten Verfahren Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 134 f.; Laux
(2002), S. 860 ff. sowie in Zusammenhang mit digitalen Produkten das Kapitel 4.4.2. 331 Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 14. Auf die Definition des Controlling im Allgemeinen soll hier nicht weiter
eingegangen werden, vgl. dazu weiterführend Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 9 f. und die dort angegebeneLiteratur. Eine weitere Übersicht findet sich bei Friedl (2003), S. 1. Zu dem Begriff Führungssysteme vgl. Link (1996).
332 Köhler (2002a), S. 967.
88 3 Ausgewählte Grundlagen des stationären und mobilen Online Marketing
-kontrolle und damit eine laufende Überprüfung der Leistungsfähigkeit vorhandener IuK-
Technologien ermöglichen.333 Durch die zentrale Aufgabe der Informationsversorgung
entsteht ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen Marketing-Controlling und Informati-
onswirtschaft, wobei die Informationsbeschaffung und -verarbeitung auch als Voraussetzung
für das Marketing als „Führung des Unternehmens vom Markt her“ und für das Controlling
als „Führung des Unternehmens vom Ergebnis her“ gesehen werden kann.334
Für die erwähnte Erfolgsplanung und -kontrolle werden zuerst entsprechende monetäre und
nicht-monetäre Erfolgsgrößen geplant und dann als Plangrößen den erzielten tatsächlichen Ist-
Größen gegenübergestellt; es handelt sich dabei grundsätzlich um „mittelbare Kontroll-
aktivitäten“.335 Bei monetären Erfolgsgrößen handelt es sich üblicherweise um die in der
Betriebswirtschaft vorhandenen quantitativen Erfolgsziffern, wie Umsatz, Kosten, Gewinn,
Rentabilität etc.336 Nicht monetäre Erfolgsgrößen bestehen hingegen aus externen und
internen Effizienzkriterien, z.B. Schnelligkeit, Individualisierung, Entscheidungsakzeptanz
der Systeme etc., und lassen sich als „Vorsteuergrößen“337 direkt in Wettbewerbsvorteile
transferieren. Darüber hinaus schlagen sich diese – wie bereits erwähnt – auch wirtschaftlich
vorteilhaft nieder, indem sie beispielsweise monetäre Größen wie Gewinn, Rentabilität,
Umsatz etc. verbessern (siehe dazu Abbildung 21 auf der nächsten Seite).338
Unterstützt werden Aktivitäten der Erfolgsplanung und -kontrolle im Besonderen durch sta-
tionäre und mobile Online-Systeme, welche in der Lage sind, individuelle Beziehungen zu
Tausenden oder Millionen Einzelkunden zu managen. Online-Systeme lassen sich dabei vor
allem als Instrument der Datengenerierung einsetzen. Damit tragen sie im Wesentlichen zur
Bildung von quantitativen und qualitativen Messgrößen bei und erfüllen darüber hinaus die
folgenden Funktionen:339
• Ökonomische und außerökonomische Erfolgsdaten werden nicht nur nach Produkten,
Regionen und Absatzkanälen, sondern bei Bedarf bis hinunter zur Ebene der Einzelkun-
den geplant und kontrolliert.
333 Vgl. Link (2001), S. 19. 334 Vgl. ähnlich Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 16. 335 Vgl. Link (2001), S. 19; Laux/Liermann (2003), S. 468, 487 ff. 336 Vgl. im Folgenden Link (1996), S. 37 f. Das eigentliche Oberziel ökonomischer Tätigkeit der Unternehmen
liegt in der Maximierung der Erfolgsziffer „Gewinn“. Aus diesem Grund werden alle Erfolgsziffern grund-sätzlich daran gemessen, ob sie die zentrale Ziel- und Erfolgsgröße „Gewinn“ beeinflussen oder nicht. Als Beurteilungskriterium werden in diesem Zusammenhang klassischer Weise die „Effektivität“ und die „Effizienz“ als Kosten/Nutzen-Verhältnis bzw. als Input/Output-Verhältnis herangezogen. Vgl. Weiber (2002), S. 149 f. Effektivität lässt sich dabei als externes Leistungsmaß definieren, das auf den Vergleich zwischen angestrebtem und realisiertem Output abzielt, „...während Effizienz als internes Leistungsmaß aufdas Input-Output-Verhältnis gerichtet ist und damit alle Aspekte des Wirtschaftlichkeitsprinzip betrifft“.Corsten (2003), S. 167 und die dort angegebene Literatur.
337 Vgl. dazu Schmid/Kutschker (2002), S. 1238. 338 Vgl. Link (2001), S. 5. 339 Vgl. im Folgenden teilweise Link/Schmidt (2001), S. 73; Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 49 ff.
3.3 Wettbewerbspotenziale des stationären und mobilen Online Marketing 89
• Es besteht eine wesentlich verbesserte Möglichkeit der ökonomischen und außerökonomi-
schen Erfolgsplanung und -kontrolle auch hinsichtlich bestimmter Aktionen.
• Es handelt sich um Systeme, die eine direkt Schnittstelle zum Einzelkunden haben;
entsprechend können diese Systeme auch Responseerfassungen beim Einzelkunden durch-
führen, d.h. eigenständige Marktforschungsfunktionen durchführen.
Im Zusammenhang mit digitalen Produkten sind diese in der Lage, alle verkaufsrelevanten
Transaktionen und die daraus entstehenden Daten zu erfassen und abzubilden.
höhere Zahlan Kunden
höhererGewinn
höherer Preispro Kunde
höhererUmsatz
geringereKosten
größere Mengepro Kunde
RationalisierungPräferenzen durchIndividualisierung
Besseres Eingehenauf Kundenwünscheindividuelle Ansprachecustomized productshöhereBeratungskompetenzüberzeugendePräsentation
Präferenzen durchSchnelligkeit
Früherkennung vonMarktchancenhöhereReaktionsfähigkeitraschereAngebotserstellung
Wiederholungs-käufe
Erkennen vonErsatzbedarfKundenbetreuungafter sales ServiceLoyalitätsanreize
Cross-Selling
Aufspüren neuerVerkaufschancenund/oderzusätzlicherServiceangebote
Einsparungen beiweniger investitions-würdigen Kundengeringere Streuverlustebessere ErfolgskontrolleLerneffekte durchInteraktionPersonaleinsparungAutomatisierung
höhere Zahlan Kunden
höhererGewinn
höherer Preispro Kunde
höhererUmsatz
geringereKosten
größere Mengepro Kunde
RationalisierungPräferenzen durchIndividualisierung
Besseres Eingehenauf Kundenwünscheindividuelle Ansprachecustomized productshöhereBeratungskompetenzüberzeugendePräsentation
Präferenzen durchSchnelligkeit
Früherkennung vonMarktchancenhöhereReaktionsfähigkeitraschereAngebotserstellung
Wiederholungs-käufe
Erkennen vonErsatzbedarfKundenbetreuungafter sales ServiceLoyalitätsanreize
Cross-Selling
Aufspüren neuerVerkaufschancenund/oderzusätzlicherServiceangebote
Einsparungen beiweniger investitions-würdigen Kundengeringere Streuverlustebessere ErfolgskontrolleLerneffekte durchInteraktionPersonaleinsparungAutomatisierung
Cross-Selling
Aufspüren neuerVerkaufschancenund/oderzusätzlicherServiceangebote
Einsparungen beiweniger investitions-würdigen Kundengeringere Streuverlustebessere ErfolgskontrolleLerneffekte durchInteraktionPersonaleinsparungAutomatisierung
Abbildung 21: Zur Umsetzbarkeit von Wettbewerbsvorteilen in monetäre Größen Quelle: Link/Hildebrand (1995a), S. 18; Link (2001), S. 7
4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und
mobilen Online Marketing
„Aus der Abwehrschlacht [der Industrien] ist ein Überlebenskampf geworden. Es geht um
den Wert geistigen Eigentums im digitalen Zeitalter. Es geht aber auch um Informations-
freiheit und Urheberrechte, um Milliardengeschäfte und Popkultur.“340
Wie die folgenden Ausführungen noch zeigen werden, beinhaltet die Integration digitaler
Produkte im stationären und mobilen Online Marketing nicht nur eine rein betriebs-
wirtschaftliche, sondern auch eine ökonomische, rechtliche, technologische und damit eine
interdisziplinäre Aufbereitung des Themas. Die interdisziplinäre Sichtweise betrifft in diesem
Zusammenhang alle Sub-Bereiche des Online Marketing. Der Analyseteil beschränkt sich
daher nicht nur auf die Einordnung digitaler Produkte als Distributionsgegenstand, sondern
beinhaltet zudem eine Betrachtung der anderen vermarktungsrelevanten Sub-Mixe. Neben
den theoretischen Überlegungen werden darüber hinaus im Hinblick auf eine integrierte
Sichtweise sowohl konkrete Handlungsempfehlungen für das operative Online Marketing
abgeleitet als auch wettbewerbsstrategische Wirkungseffekte, die sich durch eine netzbasierte
Vermarktung digitaler Produkte für die davon betroffenen Unternehmen ergeben, mit dem
Ziel identifiziert, den Unternehmen in den jeweiligen Branchen die wettbewerbsstrategischen
Potenziale digitaler Produkte aufzuzeigen. So weisen auch Schögel/Birkhofer (2002)
daraufhin, dass es im Zusammenhang mit dem E-Business in den meisten Fällen an
integrierten Konzepten fehlt: „Eine integrierte Betrachtung sowohl der zentralen strategi-
schen als auch operativ (für eine rasche Umsetzung) notwendigen Entscheidungen und
Maßnahmen findet nur in wenigen Fällen statt.“341
Dem folgenden Hauptteil liegen deshalb zwei Analyseschwerpunkte zugrunde: Zum einen
soll die wettbewerbsstrategische Bedeutung digitaler Produkte anhand des von Porter
entwickelten Modells der Wettbewerbskräfte untersucht werden. Zum anderen werden
digitale Produkte als Vermarktungsgegenstand im stationären und mobilen Online Marketing
eingeordnet sowie deren konkrete Einsatzfähigkeit in den einzelnen Sub-Mixen dargestellt.
340 Balzli/Kerbusk/Rosenbach/Schulz (2003), S. 74. 341 Schögel/Birkhofer et al. (2002), S. 35.
92 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis
4.1.1 Die Thematik in der deutschen und englischsprachigen Literatur
Die bisher erschienene Literatur zu den Einsatzmöglichkeiten und Auswirkungen neuer
elektronischer Medien, wie dem Internet im Marketing, ist, von der Quantität her gesehen,
kaum mehr zu erfassen.342 Hinzu kommen die Veröffentlichungen zum Thema „Mobile
Commerce“, die trotz des relativ jungen Themenfeldes bereits zahlreich vorhanden sind. Die
hohe Zahl an Ausführungen lassen mittlerweile eine große Bedeutung und eine breite
Diffusion neuer elektronischer Medien im Marketing erkennen.343
Innerhalb der zahlreichen wissenschaftlichen und im praxisnahen Umfeld geführten
Diskussionen fällt allerdings auf, dass eine Differenzierung in digitale und nicht-digitale
Produkte in den meisten Fällen gar nicht oder nur ansatzweise vorhanden ist. Dies ist insofern
verwunderlich, als viele Autoren bereits auf die Eignung digitaler Produkte als Transaktions-
gegenstand innerhalb von neuen elektronischen Medien wie dem Internet hingewiesen haben:
So stellten bereits Albers/Clement/Peters (2001) fest: Für die Online-Distribution „...über
interaktive Medien, insbesondere das Internet oder das interaktiven Fernsehen, sind
diejenigen Produkte und Dienste besonders gut geeignet, die aus digitalisierbarer Informati-
on bestehen...“.344 Hess (2000) führte dazu aus: „Zusätzlich ermöglicht das Internet die
digitale Distribution der Inhalte und damit in Konsequenz eine flexible Konfiguration der
Produkte, eine Individualisierung der Inhalte sowie einen direkten Kontakt mit dem
Endkunden.“345 In Zusammenhang mit einer Online-Distribution digitaler Produkte äußerten
sich auch schon Picot/Reichwald/Wiegand (2001): „...Unterschiede zwischen verschiedenen
Güterarten treten insbesondere in der Abwicklungsphase auf, denn nur Informationen können
als Wirtschaftsgut über die einem elektronischen Markt zugrundeliegende IuK-Infrastruktur
(meist des Internet) transportiert werden“.346 Dazu auch Link (1998): „Die Schnelligkeit der
Produktauslieferung hängt von der Produktart ab. Alle auf Informationen basierenden
Produkte [...] können im Prinzip mit Lichtgeschwindigkeit an jeden Ort der Erde ausgeliefert
werden.“347 Bereits Meffert (1999) erkannte im Hinblick auf die Online-Distribution digitaler
Produkte das Potenzial von Online-Systemen als Distributionskanäle: Online-Systeme können
„...sowohl als Instrument zur Anbahnung und Abwicklung von Transaktionen als auch als
342 Beispielsweise führt die Datenbankrecherche im deutschsprachigen Raum unter www.ddb.de (Deutsche Bibliothek) alleine unter dem Begriff Electronic Commerce bzw. E-Commerce zu weit über 1100 Treffern. Auch die Thematik des Online Marketing ist mit rund 160 Treffern bereits hinreichend vertreten (Stand:September 2003).
343 Vgl. auch Schögel/Birkhofer et al. (2002), S. 16. 344 Albers/Clement/Peters (2001), S. 251. 345 Hess (1999), S. 77. 346 Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 351 f. 347 Link (1998), S.9.
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 93
logistischer Absatzweg in Verbindung mit digitalen Gütern fungieren“.348 Zudem kamen
Picot/Reichwald/Wiegand (2001) zu dem Schluss, dass sich, in Abhängigkeit von der
Unterstützung der Transaktionsphasen durch IuK-Systeme, die Produkte für den Handel auf
elektronischen Märkten besonders gut eignen, „...bei denen sich alle Phasen von der
Informationsphase bis hin zur Auslieferung und After-Sales-Phase unterstützen lassen“.349
Die Autoren führen weiter aus, dass digitale Produkte wegen ihrer Eigenschaften die ideale
Handelsware für elektronische Märkte sind.
Wie die Ausführungen vor allem verdeutlicht haben, lassen sich neue elektronische Medien
bzw. Online-Systeme als technologische Plattformen des stationären und mobilen Online
Marketing und damit auch als Absatz- bzw. Distributionskanäle für digitale Produkte
einsetzen, wobei sich das Leistungspotenzial nicht ausschließlich auf die Möglichkeiten der
netzbasierten Auslieferung und damit nicht nur auf veränderte Bedingungen der Distribution
beschränken lässt. Dazu auch Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002): Trotz der grundsätzlichen
Möglichkeit, digitale Produkte über Online-Systeme zu übertragen, fällt auf, dass diese nach
wie vor in herkömmlicher physischer Form vertrieben werden.350 Die Autoren stellen in
Anlehnung an Albers (2000) weiter fest, „...dass nicht unbedingt die Eigenschaft der
Digitalisierbarkeit über die Eignung für den Vertrieb über das Internet entscheidet, sondern
vielmehr der mit dem Produkt verbundene Nutzen bzw. Mehrwert (Added Value) für den
Kunden...“.351 Dabei stellt die Technologie lediglich eine Voraussetzung für die Generierung
von Mehrwert dar: „Technology is not the object, but merely the enabler that faciliates the
delivery of value to the end users.“352 Zum Mehrwertgedanken digitaler Produkte führte auch
schon Hünerberg (1998) aus: „In diesen Fällen (d.h. im Falle einer Online-Bestellung
digitaler Produkte: Anmerkung des Verfassers) kommen die Vorteile des Online-Mediums in
besonderer Weise zum Tragen, denn die sofortige Verfügbarkeit über die gekauften Waren
[...] am Ort der Wahl – zu Hause, im Büro, unterwegs usw. – dürfte regelmäßig ein besonders
geschätzter Zusatznutzen des gesamten Kaufvorgangs sein.“353
Die Vermarktung digitaler Produkte wird demnach nicht mehr nur von einer dafür geeigneten
Online-Distributionspolitik bestimmt; vielmehr ist für die Ausgestaltung digitaler Produkte
als netzbasierter Transaktions- bzw. Vermarktungsgegenstand der erfolgreiche Einsatz des
gesamten Online-Marketing-Mix erforderlich. Die umfangreichen Auswirkungen auf das
Online Marketing durch digitale Produkte betonte auch Brandtweiner (2000): „Insbesondere
die zunehmende Bedeutung von digitalen Gütern (Videos, Musik, Nachrichten, Unterhaltung,
348 Meffert (1999a), S. 18. 349 Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 351. 350 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 961 f. 351 Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 961 f. 352 Hagel/Bergsma/Dheer (1996), S. 67. 353 Hünerberg (1998), S. 125.
94 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Software etc.) für die Konsumenten und die leichte sowie kostengünstige Reproduzier- und
Veränderbarkeit dieser virtuellen Waren schaffen neue Regeln für Verkauf, Produkt- und
Preisgestaltung.“354 Choi et al. (1997) erkannten in dem Handel mit digitalen Produkten gar
die Zukunft des E-Commerce: „The Internet can certainly be used as an alternative
marketing channel, selling existing products online, but the future of electronic commerce will
be guided by innovative digital products and services that will emerge in the electronic
marketplace.”355
Der zukünftige Einsatz digitaler Produkte als Vermarktungsobjekte im stationären und
mobilen Online Marketing erfordert vor allem die Entwicklung von wirtschaftlich tragfähigen
Geschäftsmodellen mit dem Ziel, das Handelspotenzial zu erhöhen: „Technologische
Entwicklungen im Bereich der Empfängertechnologien (mobile Endgeräte, Streaming-
Technologien, Konvergenz zwischen Fernsehen und Internet, etc.), höhere Übertragungs-
geschwindigkeiten [...], aber auch die Entstehung dazu gehöriger Geschäftsmodelle zur
Online-Distribution werden in naher Zukunft dieses Handelspotential (d.h., das Handelspo-
tential digitaler Produkte: Anmerkung des Verfassers) noch um ein Vielfaches erhöhen.“356
Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Themas „digitale Produkte“ sind deshalb
sowohl in der englischsprachigen als auch in der deutschen Literatur bereits zahlreiche
einschlägige theoretische Arbeiten erschienen (siehe Tabelle 3). Wie wir im folgenden
Abschnitt noch sehen werden, haben sich zudem in der Praxis bereits Geschäftsmodelle
digitaler Produkte unter dem Stichwort Paid Content herausgebildet.
354 Brandtweiner (2000), S. 1 f.355 Choi et al. (1997), S. 21. 356 Vgl. Hauser/Wunsch-Vincent (2002), S. 40.
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 95
Herausgeber Jahr Titel Produktart Schwerpunkte
Choi/Stahl/
Whinston
1997 The Economics of Electronic Commerce
digitale Produkte im Allgemeinen
Inhalt ist der Kern des E-Commerce, der durch den Handel digitaler Produkte auf der Basis digitaler Prozesse bestimmt wird.
Negroponte 1997 Total Digital digitale Produkte im Allgemeinen
Grundlagenbuch der Auswirkungen zunehmender Digitalisierung auf Wirtschaft und Gesellschaft.
Shapiro/Varian 1998 Information Rules: A Strategic Guide to the Network Economy
digitale Produkte im Allgemeinen
Die Arbeit behandelt ökonomische Grundsätze der Netzwerk-Ökonomie und deren Auswirkungen auf das Management von Informationsprodukten.
Zerdick et al. 1999 Die Internet Ökonomie digitale Produkte im Allgemeinen
Die Thematik E-Business wird vor allem aus medienpolitischer, orga-nisationstheoretischer und ökonomischer Perspektive heraus betrachtet und analysiert.
Loebbecke 1999 Electronic Traiding in On-Line Delivered Content
digitale Produkte im Allgemeinen
Schwerpunkt des Aufsatzes ist das Konzept des „On-Line Delivered Content“ (ODC).
Hess 1999 Das Internet als Dis-tributionskanal für die Medienindustrie – Ent-wicklungstendenzen im deutschen Markt
digitale Medienprodukte
Analysiert werden die Einsatz-möglichkeiten des Internets als Distri-butionskanal für Medienprodukte.
Luxem 2000 Digital Commerce: Electronic Commerce mit digitalen Produkten
digitale Produkte im Allgemeinen
Im Fokus steht der elektronische Handel mit digitalen Produkten, wobei der Schwerpunkt auf die Beschaffung und Distribution gelegt wurde.
Brandtweiner 2000 Differenzierung und elektronischer Vertrieb von Informationsgütern
digitale Produkte im Allgemeinen
Produkt- und Preisdifferenzierung digitalisierbarer Produkte
Haertsch 2000 Wettbewerbsstrategien für Electronic Commerce
digitale Musikpro-dukte
Fallstudie Musikbranche – MP3
Link/Schack-mann 2000 Ein ökonomisches Modell für die Produktion individueller digitaler Produkte
digitale Produkte im Allgemeinen
Die Arbeit beinhaltet eine ökonomische Analyse individueller digitaler Produkte auf Massenmärkten.
Buhse 2001 Systematisierung von Geschäftsmodellen für Online-Musik unter Berücksichtigung von Marktunsicherheiten
digitale Musikpro-dukte
Geschäftsmodelle digitaler Musik
Geiger 2002 Internetstrategien für Printmedienunternehmen
digitale Verlagspro-dukte
Neue Geschäftsmodelle traditioneller Anbieter von Wirtschafts- und Finanzinhalten.
Bechthold 2002 Vom Urheber- zum Informationsrecht
digitale Produkte im Allgemeinen
DRMS aus rechtlicher Sicht (Urheberrecht)
Altobelli (Hrsg.) 2002 Print contra Online? Verlage im Internetzeitalter
digitale Verlagspro-dukte
Veränderte Rahmenbedingungen für Verlage, digitale Publikationen, Cross-Media Strategien
Hermann 2002 Vom Broadcast zum Personalcast
Audiovisuelle Medienprodukte
Individualisierung von Informa-tionsangeboten in Bezug auf das Massenmedium Fernsehen.
Walsh/Frenzel/Wiedmann 2002 E-Commerce relevante Verhaltensmuster als Herausforderung für das Marketing – dargestellt am Beispiel der Musikwirtschaft
Musikprodukte Analyse des Nutzungsverhalten von musikinteressierten Internetnutzern
96 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Herausgeber Jahr Titel Produktart Schwerpunkte
Buhse 2004 Wettbewerbsstrategien um Umfeld von Darknet und Digital Rights Management
Musikprodukte Szenarien und Erlösmodelle für Onlinemusik
Wetzel 2004 Geschäftsmodelle für immaterielle Wirtschaftsgüter: Auswirkungen der Digitalisierung
Digitale Produkte im Allgmeinen
Analyse von Geschäftsmodellen innerhalb der neuen Institutionenöko-nomik
Biering 2004 Preis- und Produktstrategien für digitale Produkte, Untersucht am Beispiel des Software-Marktes
Digitale Inhalte (Software)
Preis- und Produktestrategien
Stahl 2005 Paid Content Digitale Produkte im Allgemeinen
Strategien zum Preisgestaltung beim elektronischen Handel mit digitalen Inhalten
Fredrich 2005 Paid Content und Paid Services bei einer Online-Redaktion: am Beispiel von RP-Online
Digitale Medienprodukte
Paid Content und Paid Services mit starkem Praxisbezug
Hofmann 2005 Paid content und Paid-Services: Grundlagen, Erfolgsfaktoren, Perspektiven
Digitale Inhalte im Allgemeinen
Paid Content und Paid Services
Picot/Thielmann (Hrsg) 2005 Distribution und Schutz digitaler Medien durch Digital Rights Management
Digitale Produke im Allgemeinen
Digital Rights Management (DRM): Techniken und Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Branchen
Arlt 2006 Digital-Rights-Management-Systeme
Digitale Produkte im Allgemeinen
Digital Rights Management (DRM): Einsatzmöglichkeiten zum Schutz digitaler Inhalte
Tabelle 3: Ausgewählte wissenschaftliche Publikationen zur Thematik digitaler Produkte
4.1.2 Paid Content als Geschäftsmodell der Zukunft
Neue innovative Geschäftsmodelle, die den kommerziellen Online-Vertrieb digitaler Produkte
zum Inhalt haben, werden auch als „Paid-Content-Geschäftsmodelle“ bezeichnet und haben
das Ziel, die meist noch vorherrschende Kostenlos-Kultur im Internet durch wirtschaftlich
tragfähige Erlös- bzw. Geschäftsmodelle zu ersetzen. Der Übergang von Free- zu Paid
Content gestaltet sich allerdings aus dem folgenden Grund als schwierig:357 Online-Nutzer
haben sich an die erwähnte Kostenlos-Kultur gewöhnt und sind deshalb in den meisten Fällen
nicht bereit, für Inhalte, die sie bisher kostenlos erhalten haben, in Zukunft zu zahlen. Auch
wenn Anbieter ihre Geschäftsmodelle zukünftig in Richtung kostenpflichtiger Angebote
ausweiten, „...werden nicht wenige Nutzer versuchen, diese Inhalte anderorts kostenfrei zu
erhalten und zu anderen ...[Online-Angeboten]...mit einem hohen Anteil von Free Content
abwandern“.358 Die Folge davon ist nicht nur das Ausbleiben dringend benötigter Umsätze
aus dem Verkauf digitaler Inhalte. Auch werden sich durch die geringeren Besucherzahlen
des Online-Angebotes die Online-Werbeeinnahmen reduzieren; es kommt demnach zu
357 Vgl. VDZ (2003), S. 10. 358 VDZ (2003), S. 10.
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 97
Kannibalisierungseffekten359 zwischen direkten Erlösen aus dem Verkauf digitaler Produkte
und indirekten Erlösen aus Online-Werbung. Anbieter, die ihre Geschäftsmodelle auf Bezahl-
inhalte umstellen, sind demnach besonders auf einen dauerhaften Vermarktungserfolg
angewiesen, um die eventuell auftretenden sinkenden Einnahmen aus dem Bereich der
Online-Werbung zu kompensieren.
Die Entwicklungen von vermarktungsrelevanten „Paid Content-Strategien“ basieren meist auf
Initiativen von am Online-Markt digitaler Produkte beteiligten Unternehmen (z.B. Verlage,
Musikindustrie) sowie von Verbänden (z.B. Bundesverband Informationswirtschaft, Tele-
kommunikation und neue Medien e.V., Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft)
und anderen Organisationen (z.B. E-Content-Forum).
Bereits seit 1998 greifen zudem auch praxisnahe Marktstudien das Thema Paid Content auf.
Diese zielen im Allgemeinen darauf ab, den derzeitigen Markt aus Anbieter- und Nachfrager-
sicht anhand von empirischen Erhebungen über das Medium Internet zu analysieren und
daraus für Online-Anbieter digitaler Produkte wichtige Markterkenntnisse abzuleiten. Eine
Übersicht der einschlägigen zum Thema „Paid Content“ bereits erschienenen Marktstudien
zeigt – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit – die folgende Tabelle 4.
359 Vgl. auch Fehr (2003), S. 9.
98 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Titel Herausgeber Jahr Produktart Kerninhalt
Online-Content: Vertrieb, Vergütung und DRM
BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.)
Februar 2007
digitale Produkte im Allgemeinen
Leitfaden zun den Themen Digital-Rights-Management, Bezahlsysteme und Plattformen für Online-Content360
Valuing New Goods in a Model with Complemen-tarity: Online Newspapers
Gentzkow Oktober 2006
Medienprodukte (Tageszeitungen)
Untersucht werden am Beispiel der Washigton Post die Folgen kostenlosre Online-Angebote von Tageszeitungen für das klassische Printprodukt
The Effect of File Sharing on Record Sales: An Empirical Analysis"
Oberholzer-Gee/ Koleman Strumpf:
März 2004 Musikprodukte Analysiert werden die Folgen von Online-Tauschbörsen für Musik und Plattenindustrie.
Pricing von Paid-Content und Paid-Services
VDZ in Zusammenarbeit mit Sapient und der Universität München
Juli 2003 digitale Produkte im Allgemeinen
Studie über Preise und Preisspannen verschiedener Paid Content und Paid Content-Formate (n= 14.973).
Medienindustrie Quo Vadis? Herausforder-ungen und Stellschrauben für Veränderungen
DETECON (Detecon&Diebold Consultans)
April 2003 Medienprodukte Ursachen der derzeitigen Krise der Medienindustrie und Lösungsansätze.
W3B-Themenband „Pay for Content”
Fittkau & Maaß Februar 2003
digitale Produkte im Allgemeinen
15. Erhebungswelle der WWW-Benutzer-Analyse W3B (n= 99.364) mit Schwerpunkt Paid Content.
Aktueller Marktüberblick: Geschäftsmodelle für digitale Inhalte
DETECON (Detecon&Diebold Consultans)
Februar 2003
digitale Produkte im Allgemeinen
Benchmark von Internet-Angeboten digitaler Inhalte sowie Beschreibung von Erfolgsfaktoren bzw. erfolgs-verhindernden Faktoren von Paid-Content-Geschäftsmodellen.
Online-Medien: Cross-mediale Stärken gezielt nutzen, Themenreport 1998-2007
Prognos (Schweiz) Mai 2003 digitale Produkte im Allgemeinen
Der Themenreport behandelt Wachs-tumschancen und Erfolgsstrategien für digitale Inhalte im Internet bis 2007.
Paid Content – Der Markt für Online-Inhalte
VDZ (Verband deutscher Zeitschriftenverleger e.V. in Zusammenarbeit mit der Unter-nehmensberatung Sapient
Januar 2003
digitale Produkte im Allgemeinen
Die Studie untersucht, auf empirischen Daten basierend, sowohl den Markt als auch die Angebotsgestaltung von Paid Content aus der Sicht der Nutzer.
Paid Content im eCommerce
Smart-Research Januar 2003
digitale Produkte im Allgemeinen
Befragung von regelmäßigen Online-Nutzern (n= 1000); Schwerpunkte: Online-Musikdienste, Online-Videodienste, Online-Informa-tionsdienste, Online-Spiele.
Paymentsysteme für Paid-Content
Dannenberg/Ulrich 2003 digitale Produkte im Allgemeinen
Übersicht über Abrechnungsmodelle von Bezahlinhalten.
Online Paid Content: U.S. Market Spending Report
Online Publishers Association
August 2002
digitale Produkte im Allgemeinen
Studie über den Paid Content-Markt in den USA.
Durlacher Research Impacts of Digital Distribution on the Musik Industry
Januar 2001
digitalisierte Musikprodukte
Die Einflüsse des Internet auf die Musikindustrie.
360 Zum Vergleich von Online-Plattformen für das Herunterladen digitaler Produkte siehe auch Bernau (2005) und (2007).
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 99
Titel Herausgeber Jahr Produktart Kerninhalt
Digitale Distribution von Musik im Internet
Schaber (Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln)
2000 digitalisierte Musikprodukte
Im Fokus der Studie stehen die Potenziale und Grenzen des Online-Vertriebs digitaler Musikprodukte.
Der Handel mit Musik-CDs im Internet
Altorfer/Sieber Mai
1999
Musikprodukte s. Titel
Inhalt- und handels-getriebene Strategien in globalen Netzwerken - Aufbau der Network Economy in Europa
Europäische Kommission 1998 digitale Produkte im Allgemeinen
Studie über den europäischen Markt digitaler Inhalte.
Tabelle 4: Ausgewählte Studien und sonstige Veröffentlichungen mit Schwerpunkt Paid Content
Die in den bisherigen Veröffentlichungen zum Thema „digitale Produkte“ vorhandenen
theoretischen und empirischen, teilweise prognostizierenden und überwiegend unterschied-
lichen Ergebnisse wollen wir an dieser Stelle nicht weiter vertiefen. Stattdessen werden im
Folgenden wesentliche Kernaussagen über die Marktentwicklung digitaler Produkte, die für
die weiteren Ausführungen innerhalb der Arbeit als wichtig erscheinen, aufgezeigt:
• Der Umsatz mit digitalen Produkten in Deutschland wird voraussichtlich bis zum Jahre
2008 auf ca. 2,6 Mrd. Euro steigen.361 In Europa rechnet die Europäische Kommission
hingegen mit einer Umsatzsteigerung auf 8,3 Mrd. Euro bis 2010.362
• Der Umsatz mit Online-Musik in Deutschland stieg 2006 gegenüber 2005 um rund ein
Drittel auf 48 Millionen Euro.363 Media Control ermittelte im Zusammenhang mit dem
Verkauf von legaler Online-Musik in 2006 sogar einen Anstieg gegenüber 2005 von rund
48 Prozent und nannte dabei die Anzahl von 28 Millionen heruntergeladener Musikstü-
cke.364
• Daneben gewinnt das Herunterladen digitaler Musik per Handy zunehmen an Bedeutung:
2006 wurden in der EU mit Songs, Klingeltönen und Wartemusik rund 2,11 Mrd. Euro
umgesetzt. Das entspricht ein Wachstum von rund 10% gegenüber dem Vorjahr.365
• Rund 2/3 der Internetnutzer verstehen mittlerweile die Bestrebungen der Anbieter,
bestimmte Inhalte zukünftig mit Kosten zu belegen, wobei die Zahlungsbereitschaft bei
Internet-Neulingen und Internet-Erfahrenen deutliche Unterschiede aufweist.366
• Hinsichtlich der angebotenen Erlösmodelle „Pay-per-Use“ sind Nutzer bereit, für publizis-
tische Inhalte durchschnittlich 0,29 Cent und bei reinen Nachrichten bis 1 Euro zu zahlen
(sonstige Inhalte durchschnittlich 0,61 Cent). Hingegen ist der Nutzer bei Abonnements
361 Vgl. BITKOM (2007), S.6. 362 Vgl. Ebd. 363 Vgl. BITKOM (2007a). 364 Vgl. Media Control GfK International (2007). 365 Vgl. BITKOM (2006). 366 Vgl. Fittkau & Maaß (2003), Folie 8 und 11.
100 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
bereit, Preise von durchschnittlich 1,11 Euro zu zahlen (für reine Nachrichten bis zu 4
Euro, für andere Inhalte durchschnittlich 1,58 Euro pro Monat).367
• Am ehesten würden Online-Nutzer für hochwertige Informationen, Daten und Nachrich-
ten sowie für Online-Angebote der Aus- und Weiterbildung bezahlen. Aber auch für die
Online-Nutzung von Programmen, Software, Spielen sowie für das Herunterladen von
Filmen, Bildern und Musik würden sie einen finanziellen Mehraufwand in Kauf neh-
men.368
Zudem zeigen die Analysen, dass trotz der zunehmenden Relevanz zahlungspflichtiger Inhalte
Online-Konsumenten kurz- bis mittelfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die notwendi-
ge Zahlungsbereitschaft aufbringen werden, um ein Leistungsangebot digitaler Produkte
wirtschaftlich betreiben zu können. So kommt auch Prognos (2003) zu dem Schluss, dass mit
kostenpflichtigen Inhalten im Internet kurz- bis mittelfristig kaum Umsätze erzielt werden
können.369 Hingegen werden die Umsätze für Online-Werbung weiter steigen: „Nachdem die
Online-Werbespendings sogar im Krisenjahr 2002 im zweistelligen Bereich zulegen konnten –
in Deutschland bis auf 255,9 Millionen Euro – ist zwischen 2002 und 2007 mit einer
Verdopplung zu rechnen.“370
Ein weiterer wichtiger Analyseschwerpunkt bezieht sich auf die Gestaltungsanforderungen
von Online-Angeboten digitaler Produkte. Wie in Kapitel 4.3.3 ausführlich beschrieben wird,
müssen in diesem Zusammenhang bestimmte inhalte- und angebotsspezifische Faktoren
beachtet werden, die eine zielgruppengerechte sowie aus wettbewerbsstrategischer Sicht
optimale Gestaltung eines Online-Angebotes ermöglichen.
4.1.3 Die gesamtwirtschaftliche und wettbewerbsstrategische Bedeutung digitaler Produkte
Wie das Kapitel 4.2 noch verdeutlichen wird, unterliegen Sektoren, in denen digitale Produkte
produziert, distribuiert und gehandelt werden, einem sich ständig im Wandel befindlichen
Konvergenzprozess. Bereits Zerdick et al. (2000) und in jüngster Zeit auch Keuper/Hans
(2003) lieferten hierzu einen fundierten Einblick in die ökonomischen Grundlagen der am
Konvergenzprozess beteiligen Sektoren bzw. Branchen und kamen zu dem Schluss, dass sich
durch die wechselseitige Durchdringung der Märkte ein auf dem elektronischen Markt
basierender Multimediamarkt (= Online-Markt digitaler Produkte) entwickeln wird.371 Die
Anbieterstruktur des Online-Marktes digitaler Produkte besteht im Wesentlichen aus den
Unternehmen der „TIME-Branchen“ und damit aus den bereits genannten Unternehmen der
367 Vgl. VDZ (2003a). 368 Vgl. Fittkau & Maaß (2003), Folie 11 sowie VDZ (2003a). 369 Vgl. Prognos (2003). 370 Ebd. 371 Vgl. Zerdick et al. (2000), S. 173.
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 101
Telekommunikations-, Informationstechnik-, Medien- und Entertainmentindustrie (siehe
Abbildung 22).372
Telekommunikation
• Infrastruktur • Endgeräte • eServices
Informationstechnologie
• Hardware • Software• e-Services
Medien
• Zeitungen• Zeitschriften• Television• Radio
Entertainment
• Musik• Kino• Video/DVD• Spiele
Digitale Produkte
Telekommunikation
• Infrastruktur • Endgeräte • eServices
Informationstechnologie
• Hardware • Software• e-Services
Medien
• Zeitungen• Zeitschriften• Television• Radio
Entertainment
• Musik• Kino• Video/DVD• Spiele
Digitale Produkte
Abbildung 22: Die Anbieterstruktur digitaler Produkte
Zu den Branchen digitaler Produkte zählen demnach alle die Unternehmen, die an der
netzbasierten Erstellung, Vermarktung und Distribution digitaler Produkte beteiligt sind. Auf
eine genauere Markt- und Branchenabgrenzung wird allerdings an dieser Stelle verzichtet.
Dies wird damit begründet, dass sich innerhalb von Online-Märkten die Branchenstrukturen
häufig ändern und sich daher eine dauerhafte Branchenabgrenzung als äußerst schwierig
erweist.373 Von den zukünftigen Herausforderungen im Hinblick auf die netzbasierte
Vermarktung digitaler Produkte sind damit besonders Produktgattungen der Medien- und
Unterhaltungsindustrie betroffen, wobei als Anbieter alle die in der Abbildung genannten
Branchen in Frage kommen.
372 Vgl. zu der Themtik der „TIME-Industrien“ insbesondere Zerdick et al. (2001), S.140 f. sowie die Abschnitte 2.1, 2.4.2 und 4.2.1.1.
373 Vgl. Corsten (2003), S. 168. So erwähnt auch Kröger (2002), dass es sich bei den neuen Inhalteanbietern nicht unbedingt um Unternehmen aus dem Mediensektor handeln muss, vielmehr drängen immer mehr branchenfremde Unternehmen, die vor allem netzbasierte vermarktungsrelevante Aufgaben übernehmen, in den relevanten Markt. Vgl. Kröger (2002) sowie den Abschnitt 4.2.1.1. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich ein Markt grundsätzlich nach sachlichen (Sachgüter, Dienstleistungen), räumlichen (z.B. regionale Märkte), zeitpunktbezogenen (z.B. Börse), qualitativen (z.B. vollkommene und unvollkom-mene) und quantitativen (z.B. Anzahl der Marktteilnehmer) Merkmalen einteilen lässt. Vgl. weiterführend Oberender (2000). Zur Marktabgrenzung aus Sicht der Wettbewerbspolitik und damit im Hinblick auf die Bestimmung eines „relevanten Marktes“ vgl. insbesondere Traugott (1998); Schmidt (1996); Kantzen-bach/Krüger (1990).
102 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Zudem ist bereits heute erkennbar, dass durch die steigende Nachfrage nach digitalen
Inhalten, z.B. innerhalb von Online-Tauschbörsen oder durch die größtenteils noch kostenlose
Nutzung im Internet, physische durch digitale Produkte zunehmend substituiert werden.
Betroffen von dem zumeist kostenlosen Konsum sind längst nicht mehr nur Musikprodukte,
sondern auch andere Inhalte, wie Spiele, Videos/Filme, Software, oder Verlagsprodukte, wie
Zeitungen und Zeitschriften.
Trotz der derzeit noch überwiegend kostenlosen Nutzung wird durch die zunehmende
Kommerzialisierung des Internet zukünftig ein Online-Markt entstehen, der durch Veränder-
ungen des Kaufverhaltens und durch eine weiter steigende Nachfrage nach digitalen Inhalten
gekennzeichnet ist. Besonders für Hersteller und Handel, die Produkte, die digitalisierbar
sind, bisher in physischer Form vermarktet haben, wirken diese Entwicklungen mittel- bis
langfristig umsatz- und ertragsmindernd oder gar existenzbedrohend:374 Für Unternehmen der
Musik- Video- und Softwareindustrie ist das Wegbrechen der Umsätze und Erträge durch
beispielsweise den illegalen Tausch digitaler Inhalte über Filesharing-Systeme oder durch das
illegale Kopieren von Dateien längst Realität, was besonders durch das bisherige Fehlen von
wirtschaftlich tragfähigen Online-Geschäftsmodellen unterstützt wird. Auch Verlage kommen
zunehmend in Bedrängnis: Neben derzeitigen schlechten Konjunkturaussichten macht sich
vor allem die Abwanderung vieler Konsumenten in das Internet bemerkbar und führt zu
spürbaren Umsatzrückgängen im Anzeigengeschäft sowie in den verkauften Auflagen.375
Durch die Bedeutung des Internet werden demnach auch die traditionellen Verlage mit ihren
klassischen Verlagsprodukten, wie Zeitungen und Zeitschriften, zunehmend bedroht. Zudem
bauen auch branchenfremde Unternehmen ihre Online-Portale mit Nachrichten aller Art
kontinuierlich aus, was bereits zu verschiedenen wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen für
Internet-Auftritte der z.B. öffentlich-rechtlichen Fernsehsender geführt hat.376 Damit wird
deutlich, dass sich die am Online-Markt digitaler Produkte beteiligten Unternehmen
mittlerweile in einer neuen Phase des Wettbewerbs befinden, wobei ein großer Teil der
betroffenen Unternehmen es bis heute versäumt hat, die neuen technologischen Möglichkei-
ten für eigene wirtschaftliche Zwecke einzusetzen.
Aufgrund der zunehmenden, branchenspezifischen und wettbewerbsstrategischen Bedeutung
der Thematik wollen wir den der Arbeit bisher zugrunde liegenden online-marketingspezifi-
schen Analyseansatz um eine wettbewerbsstrategische Betrachtungsweise erweitern. Ziel ist
374 An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass die am Online-Markt digitaler Produkte beteiligten Unternehmen teilweise auch von der bereits eingesetzten Nachfrage und der (illegalen) Nutzung digitaler Inhalte profitieren. Insbesondere die Telekommunikationsunternehmen sowie die Unterhaltungs-, Hardware- und Softwareindustrie generieren bereits durch die Bereitstellung von Breitbandanschlüssen sowie den Verkauf von Software- und Hardwarekomponenten, wie z.B. MP3-Player, DVD-Abspiel- und Kopiergeräte oder Abspielsoftware, beachtliche Umsätze.
375 Vgl. o. V. (2003v). 376 Vgl. ebd.
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 103
es, die wettbewerbsrelevanten Wirkungseffekte eines Online-Marktes digitaler Produkte für
die betroffenen Branchen offen zu legen sowie deren Bedeutung für die operative Ausge-
staltung des stationären und mobilen Online Marketing zu analysieren.
Als Grundmodell der strategischen Analyse wollen wir das im Vorkapitel angesprochene, von
Porter entwickelte Modell der Wettbewerbskräfte zugrunde legen. Durch die Fokussierung
auf das stationäre und mobile Online Marketing und damit auf den Absatzbereich sollen
allerdings die Beziehungen auf der Lieferantenseite und damit auf der Beschaffungsseite
unberücksichtigt bleiben.377 Stattdessen werden die absatzpolitischen Veränderungspotenzia-
le, die sich besonders deutlich durch die zunehmende Online-Vermarktung digitaler Produkte
ergeben, mit in die Betrachtung einbezogen. Damit besteht das für diese Arbeit relevante
Wettbewerbsmodell der strategischen Analyse aus den folgenden Wettbewerbskräften (siehe
Abbildung 23).
Unternehmen als Wettbewerber in der
Branche
Wettbewerber als neue
Konkurrenten
Substitutionsprodukte
EndkundenVeränderte absatzpolitische Rahmenbedingungen durch
Online-Vermarktung
Unternehmen als Wettbewerber in der
Branche
Wettbewerber als neue
Konkurrenten
Substitutionsprodukte
EndkundenVeränderte absatzpolitische Rahmenbedingungen durch
Online-Vermarktung
Abbildung 23: Das strategische Wirkungsmodell digitaler Produkte Quelle: In Anlehnung an Porter (1999), S. 34
Durch die bereits mehrfach erwähnte Fokussierung auf den Endkundenmarkt können an erster
Stelle die Beziehungen zwischen Anbietern digitaler Produkte und Endkunden genannt
werden. Wettbewerbsstrategische Wirkungseffekte ergeben sich aus der Tatsache, dass statio-
näre und mobile Online-Systeme den Zugang zu Informationen rund um digitale Produkte
vereinfachen, was die Verhandlungsposition der Abnehmer nachhaltig stärkt. Die nach außen
gerichtete Wirkungsebene manifestiert sich in den Auswirkungen auf horizontale Wettbe-
werbsbedingungen.378
377 Vgl. zu einer Analyse des Porterschen Modells der Wettbewerbskräfte im Zusammenhang mit der wettbewerbsstrategischen Bedeutung von neuen elektronischen Medien aus distributionspolitischer Perspek-tive auch Gerth (1999).
378 Vgl. auch Gerth (1999), S. 143.
104 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
In Zusammenhang mit Online-Märkten digitaler Produkte kommt es vor allem durch die
Senkung von Markteintrittsbarrieren sowie durch die relativ einfache Imitierbarkeit digitaler
Produkte zu einer steigenden Anzahl an neuen Konkurrenten und Substitutionsprodukten und
damit zu veränderten Bedingungen des Wettbewerbs.379 Die Anzahl neuer Konkurrenten wird
grundsätzlich von den gegebenen Markteintrittsbarrieren mitbestimmt, die sich z.B. in
Abhängigkeit der „Economies of Scale“ oder der bereits am Markt vorhandenen Produkte
ergeben.380 Hinsichtlich der Substitutionseffekte381 digitaler Produkte ist darauf hinzuweisen,
dass diese grundsätzlich durch z.B. ein höheres Differenzierungs- und Individuali-
sierungspotenzial und damit durch eine gesteigerte Attraktivität gegenüber ihren physischen
Äquivalenten entstehen können. Die steigende Attraktivität kann aus Vermarktungssicht im
Weiteren beispielsweise durch geringere Preise gegenüber dem physischen Handel oder auch
durch die Kreation von intelligenten Produktlösungen hinsichtlich Faktoren wie Aktualität,
Qualität und Exklusivität oder ganz allgemein durch die Generierung von zusätzlichen
Online-Leistungen (Value Added Services) herbeigeführt bzw. verstärkt werden. Dabei
entstehen nicht nur einfach digitale Inhalte, die im Gegensatz zu ihren physischen Pendants
„online“ vermarktet werden. Vielmehr handelt es sich dabei um Innovationen und damit um
Leistungsangebote, die in Anlehnung an die Ausführungen zur Innovationstheorie von
Schumpeter vereinfacht als produktions- und damit auch prozessverändernde Leistungs-
angebote gesehen werden können.382 Vor diesem Hintergrund erfüllen digitale Produkte die
Anforderungen an die von Schumpeter festgelegten Innovationstypen in der folgenden
Weise:383
379 Das Sinken von Markteintrittsbarrieren ist ein besonderes Merkmal des E-Business und hat die Konsequenz, dass der Wettbewerb im Vergleich zur klassischen Ökonomie zunimmt. Vgl. Corsten (2003), S. 182 und diedort angegebene Literatur. Neben der Senkung von Markteintrittsbarrieren und den Eigenschaften homogener Güter, sind vor allem auch niedrige Transaktionskosten und eine hohe Marktransparenz für die Wettbewerbs-intensität verantwortlich. Vgl. Latzer/Schmitz (2002), S. 180. Die Autoren weisen allerdings auch daraufhin, dass sich die hohe Wettbewerbsintensität durch z.B. Marktsegmentierungs- oder Produktindividualisierungs-strategien bzw. durch Lock-in-Effekte auch wieder einschränken lässt.
380 Vgl. Corsten (2003), S. 169. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass bei der Online-Vermarktung digitaler Produkte besonders handels- und urheberrechtliche sowie technologische Restriktionen der Zugang zum Online-Markt derzeit noch erschweren können. Vgl. weiterführend den Abschnitt 4.4.3.
381 Als Substitutionsprodukte werden Ersatzprodukte bezeichnet, die in der Lage sind, einen konkreten Bedarf in der gleichen Weise zu befriedigen wie ein anderes Produkt, wobei die Kreuzpreiselastizität bei derartigen Produkte positiv ist, „...d.h., wird ein Preis für ein Gut erhöht, dann nimmt die Nachfrage ceteris paribus nach dem Substitutionsgut zu“. Corsten (2003), S. 170.
382 Schumpeter (1939), derselbe (1961). 383 Vgl. zur folgenden Systematik von Innovationen auf der Basis der Ausführungen von Schumpeter
Picot/Reichwald/Wigand (2002), S. 36; Kesting (2003), S. 35. Schumpeter erwähnt im Zusammenhang mit der Einführung neuer Produkte und Verfahren als Ergebnis einer unternehmerischen Leistung („schöpferi-scher Zerstörer“), dass Innovationen einerseits vorhandene Güter ersetzen und andererseits aber auch neue Produkte und Dienstleistungen überhaupt erst ermöglichen. Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2002), S. 36 nach Schumpeter. Zu Innovationspotenzialen im Zusammenhang mit der Online-Produktpolitik digitaler Produktevgl. den Abschnitt 4.3.3.4.
4.1 Gegenwärtiger Stand in Theorie und Praxis 105
Die Produktion eines neuen Gutes: Durch Produktdigitalisierung entstehen völlig neue
Produkte, z.B. digitalisierte Produktbündel, die aus Text und multimedialen Inhalten be-
stehen. Das bedeutet, dass durch den physisch/digitalen Transformationsprozess nicht nur ein
digitales Pendant des physischen Produktes, sondern ein völlig neues Produkt entstehen kann.
Die Produktion einer neuen Qualität eines alten Gutes: Werden physische Produkte, wie z.B.
Bücher, digitalisiert, wird die Qualität des Gutes, durch z.B. die deutliche Senkung von
Abnutzungsrisiken, erhöht. Zudem wird die Geschwindigkeit der Produktion und Distribution
sowie die Aktualität zeitkritischer Produkte, wie z.B. Nachrichten, um ein Vielfaches
gesteigert. Auch lässt sich das Produkt in verschiedenen Formaten und für verschiedene
Endgeräte erstellen und kann somit unabhängig von Ort und Zeit genutzt werden. Die
Produktqualität kann damit sowohl aus Sicht des Anbieters als auch des Nachfragers um ein
Vielfaches gesteigert werden.
Die Verwendung einer neuen Produktionsmethode: Die netzbasierte (Re-)Produktion digitaler
Produkte unterscheidet sich im Wesentlichen von der physischen Erstellung, was zwangs-
läufig zu dem Einsatz neuer automatisierter Produktionsmethoden führt.
Die Erschließung eines neuen Absatzmarktes: Anbieter, die bisher nur auf physischen
Märkten tätig waren, erschließen sich durch die Digitalisierung ihrer Produkte neue Online-
Märkte, die sich von den traditionellen physischen Märkten wesentlich unterscheiden.
Die Änderung der wirtschaftlichen Organisationsstruktur: Die Umstellung auf eine
vollständig netzbasierte Vermarktung bedingt auch prozessverändernde Wirkungen und damit
veränderte Anforderungen an organisatorische Rahmenbedingungen.
Des Weiteren stellt bereits Weiber (2002) fest, dass es sich bei dem technologischen Grund-
prinzip der Digitalisierung und der daraus folgenden Digital- und Computertechnik um den
Nukleus eines eng gekoppelten Netzwerkes von Neuerungen handelt, dem die Basisinno-
vation der IuK-Technologien als fünfter Kondratieff-Zyklus zu Grunde liegt.384 Die IuK-
Technologien und besonders das Internet haben weitreichende Konsequenzen für das gesamte
Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, wobei in jüngster Zeit davon ausgegangen wird, dass
der fünfte Kondratieff-Zyklus bereits in wenigen Jahren überschritten sein wird385. Der
Schwerpunkt des neuen sechsten Kondratieff-Zyklus liegt dagegen „...weniger auf der
technologischen Ebene als auf der Verbreitung von Informationsdiensten und neuen Inhalten
sowie auf der Verbesserung von Informationsflüssen zwischen Menschen und Unterneh-
384 Vgl. Weiber (2002a), S. 272. Der Kondratieff-Zyklus geht auf den russischen Wissenschaftler Nikolai Kondratieff zurück, der mit seiner „Theorie der langen Wellen“ davon ausging, dass „seit der Entstehung der Marktwirtschaft in kapitalistischen Ländern das Wirtschaftswachstum in Form von Ungleichgewichten und zyklischen Schwankungen verlief“ Panucci (2001), S. 5. Auch Schumpeter prägte den Begriff im Zusam-menhang mit seiner Innovations-These und kam zu dem Ergebnis, „...dass die langen Konjunkturzyklen durch bestimmte technisch-wirtschaftliche Basisinnovationen ausgelöst werden“. Panucci (2001), S. 6.
385 Vgl. Panucci (2001), S. 9.
106 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
men“.386 Die Bedeutung des Grundprinzips „Digitalisierung“ wird innerhalb der nächsten
Basisinnovation nochmals um ein Vielfaches steigen, wobei die innovatorischen Wirkungen
vor allem von der Erstellung und Verteilung digitaler Inhalte ausgehen werden. Im Zuge
dessen liegt die innovatorische Wirkung in der enormen Steigerung der Geschwindigkeit und
damit in einer um ein Vielfaches gesteigerten Abwicklung von vermarktungsrelevanten
Geschäftsprozessen begründet.
Durch die gezeigten innovatorischen Wirkungen kann in Zukunft von einer bereits erwähnten
steigenden Anzahl und damit von einer Ausdehnung der netzbasierten Handelsaktivitäten auf
Anbieterseite sowie im Hinblick auf die nutzergerechte Gestaltung des Online-Angebotes von
einer steigenden Nachfrage und Attraktivität auf der Nutzerseite ausgegangen werden. Zudem
wird durch die gegen Null tendierenden (Re-)Produktions-, Lager- und Distributionskosten
digitaler Produkte der Marktzugang vereinfacht und die damit zusammenhängenden Markt-
eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber werden erheblich gesenkt, was in der Folge zu dem
bereits benannten Eintritt neuer Marktteilnehmer in Form von Konkurrenten sowie zu
Veränderungen der herkömmlichen Markt- und Wettbewerbsstrukturen führt. Insgesamt wird
die derzeitige Bedrohung der klassischen Medien- und Entertainmentbranche durch neue
Konkurrenten und Substitutionsprodukte deutlich zunehmen, was insgesamt eine Analyse der
lateralen Wettbewerbsbedingungen erfordert.387
Durch die zunehmende netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte über stationäre und
mobile Online-Systeme wird auch die Gestaltung des herkömmlichen Online Marketings vor
neue Herausforderungen gestellt. Anbieter digitaler Produkte sehen sich in Zukunft einem
Online-Markt ausgesetzt, der eine Anpassung und teilweise auch Neugestaltung der Online
Marketing-Mix-Instrumente notwendig macht. Damit gewinnen aus wettbewerbsstrategischer
Sicht nicht nur die bereits angedeuteten Außenbeziehungen Unternehmen/Kunde an
Relevanz. Vielmehr bedarf es innerhalb des stationären und mobilen Online Marketings auch
einer Betrachtung der intraorganisatorischen Wirkungen und damit einer Analyse der vertika-
len Wettbewerbsbedingungen. Dazu erwähnte bereits Gerth (1999), dass eine nach außen
gerichtete wettbewerbsstrategische Betrachtungsweise zu kurz greift und dass mögliche nach
innen gerichtete Strukturveränderungen maßgeblichen Einfluss auf den Markterfolg der
Unternehmen haben können.388
386 Ebd., S. 10. Die These des sechsten Kondratieff-Zyklus geht auf den Wissenschaftler Leo A. Nefiodow vom Forschungszentrum Informationstechnik St. Augustin/Bonn zurück.
387 Vgl. zu lateralen Wettbewerbsbedingungen auch Gerth (1999), S.253. 388 Vgl. Gerth (1999), S. 144.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 107
Die Folge ist ein unternehmensinterner, organisatorischer Wandel, der durch verschiedene
Merkmale, wie z.B. die Neustrukturierung operativer Aufgaben, die Anpassung von
Organisationsstrukturen oder eine beschleunigte Reaktions- und Abwicklungsgeschwindig-
keit, charakterisiert werden kann.389 Besonders deutlich werden die intraorganisatorischen
Wirkungen bei der Umstellung auf netzbasierte Vermarktungsprozesse digitaler Produkte:
Beispielsweise lassen sich diese mit minimalem Transaktionsaufwand netzbasiert (re-)produ-
zieren und distribuieren, was wiederum einen erheblichen Einfluss auf Entscheidungen
hinsichtlich der physischen Distributions- und Produktionsprozesse nach sich zieht. Der
Einsatz digitaler Produkte innerhalb des stationären und mobilen Online Marketing bewirkt
dabei eine Substitution oder Ergänzung physischer Absatzkanäle durch neue netzbasierte
direkte und indirekte Online-Vertriebskanäle und führt im Zuge dessen auch zu Veränderun-
gen der klassischen Handelsstrukturen.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte
Wie weiter oben bereits beschrieben, handelt es sich bei Online Marketing um ein interaktives
Marketing über elektronische Netzwerke. Ein wesentliches Merkmal des stationären und
mobilen Online Marketing ist der Einsatz neuer elektronischer Medien in Form von Online-
Systemen, über die Anbieter in einen direkten Dialog oder in eine direkte Lieferbeziehung mit
Abnehmern treten.390 Die Bedeutung von Online-Systemen als elektronische Netzwerke
innerhalb des Online Marketing nimmt durch die Möglichkeit der netzbasierten Übertragung
digitaler Produkte nochmals erheblich zu. Anbieter verwenden Online-Systeme verstärkt, um
digitale Produkte kostengünstig und unabhängig von Ort und Zeit an eine beliebig große
Zielgruppe zu verteilen. Bereits Scheuch (1996) wies darauf hin, dass es sich bei dem Einsatz
neuer IuK-Technologien um eine Distributionsform handelt, die infrastrukturabhängig die
Übertragung digitaler Produkte ermöglicht.391
In Verbindung mit digitalen Produkten fungieren derartige Systeme zwischen Anbieter,
Zwischenhändler und Abnehmer demnach als netzbasierte Logistiksysteme, indem sie die für
die Online-Vermarktung digitaler Produkte benötigten technologischen Infrastrukturen zur
Verfügung stellen. Die aus Einzelsystemen bestehende Netzinfrastruktur ermöglicht neben
der netzbasierten Distribution auch die (Re-)Produktion, Verteilung und Nutzung digitaler
Produkte innerhalb des Unternehmens. Derartige netzbasierte Logistiksysteme werden in
Zusammenhang mit digitalen Inhalten deshalb auch als „Media-Asset-Management-Systeme“
(MAM-System) bezeichnet und haben die Aufgabe, die Informations- und Datenaustausch-
389 Vgl. Hermmans/Flegel (1992), S. 7. 390 Vgl. ähnlich auch Link (2000), S. 7. Im Zusammenhang mit Online-Systemen sprechen viele Autoren auch
von neuen elektronischen Medien oder von Informations- und Kommunikationssystemen (IuK-Systemen) im Allgemeinen. Im Folgenden werden wir die Begriffe weitestgehend synonym verwenden, wobei wir – wie die Ausführungen noch zeigen werden – vorhandene Offline-Systeme aus der Betrachtung ausschließen.
391 Vgl. Scheuch (1996), S. 605 f.
108 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
prozesse entlang der Wertschöpfungskette zu strukturieren und zu unterstützen.392 Zusam-
menfassend gesagt bestehen stationäre und mobile Online-Systeme als netzbasierte Logistik-
und Distributionssysteme digitaler Produkte aus den folgenden Einzelkomponenten und
Eigenschaften (siehe Abbildung 24):
Systemcharakteristika
Netzinfrastrukturen Spezielle Technologien
Netzteilnehmer
Netzarten
Online-Systeme digitaler Produkte
• Stationäre Netze • Mobilfunknetze• Rundfunknetze
• Multimedia • Interaktivität • etc.
• OnDemand/Streaming• Push- und Pull-Technologien• Kompressionsverfahren• Digital Rights Management• Content Management • etc.
• Internet (WWW)• UMTS• Voice over IP (VoIP)• Peer-to-Peer-Netze• etc.
• Netzbetreiber• Infrastrukturanbieter• etc.
Systemcharakteristika
Netzinfrastrukturen Spezielle Technologien
Netzteilnehmer
Netzarten
Online-Systeme digitaler Produkte
• Stationäre Netze • Mobilfunknetze• Rundfunknetze
• Multimedia • Interaktivität • etc.
• OnDemand/Streaming• Push- und Pull-Technologien• Kompressionsverfahren• Digital Rights Management• Content Management • etc.
• Internet (WWW)• UMTS• Voice over IP (VoIP)• Peer-to-Peer-Netze• etc.
• Netzbetreiber• Infrastrukturanbieter• etc.
Abbildung 24: Das netzbasierte Logistiksystem digitaler Produkte
Um als Online-Vermarktungsplattform zu fungieren, müssen derartige Logistiksysteme eine
hinreichende Qualität, z.B. im Hinblick auf Kapazität, Geschwindigkeit, Integrationsfähigkeit
oder Erweiterbarkeit, aufweisen. Die Gestaltung derartiger technologischer Plattformen steht
demnach in direktem Zusammenhang mit einer erfolgreichen netzbasierte Vermarktung
digitaler Inhalte.
Im Folgenden werden die in der Abbildung dargestellten technischen Komponenten eines
Online-Systems digitaler Produkte aufgezeigt, wobei wir aufgrund der Vielschichtigkeit nicht
auf alle Merkmale eingehen können. Die Ausführungen folgen der Feststellung, dass derartige
392 Vgl. Kleiner/Eppler (2002a). Media-Asset-Management-Systeme bestehen demnach aus netzbasierten Produktions-, Distributions- und Logistiksystemen, die alle am virtuellen Vermarktungsprozess digitaler Produkte zum Einsatz kommen.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 109
Systeme einer ständigen Anpassung an neue technische Entwicklungen bedürfen und dass die
heutigen in der wissenschaftlichen Literatur beschriebenen stationären und mobilen Online-
Systeme im Marketing hinsichtlich ihrer Strukturen, Funktionalitäten, Prozesse, Kompo-
nenten und sonstigen technischen Merkmale größtenteils unzureichend sind, um digitale
Produkte im Online Marketing erfolgreich zu vermarkten.
4.2.1 Stationäre und mobile Online-Systeme als netzbasierte Logistiksysteme digitaler Produkte
4.2.1.1 Der Entstehungsprozess interaktiver multimedialer Online-Systeme
Neue elektronische Medien haben durch ihre rasante Entwicklung in Wirtschaft und
Gesellschaft mittlerweile weitreichende Anwendungs- und Einsatzpotenziale erlangt.393
Technologische Systeme, wie das Internet oder das interaktive TV, sowie neue mobile
Endgeräte (Handy, PDA´s etc.) sind bereits weit verbreitet und aus dem Alltagsleben nicht
mehr wegzudenken. Entstanden sind elektronische Medien vor allem durch das Zusammen-
wachsen vormals getrennter Technologiebereiche, was auch als Konvergenz bezeichnet wird.
In diesem Zusammenhang beschreibt Konvergenz den Prozess des Zusammenwachsens der
vorher weitgehend unabhängig operierenden „TIME-Industriezweige“ sowie die damit
einhergehende Entstehung neuer Marksegmente, in denen neue Produkte und Dienst-
leistungen angeboten und nachgefragt werden.394 Konvergenz bewirkt innerhalb der TIME-
Industriezweige vor allem die Annäherungen der verschiedenen Unternehmen durch das
Verschmelzen der technischen Infrastrukturen, der Verbindung der Wertschöpfungsketten
sowie durch das Zusammenwachsen der Märkte innerhalb der verschiedenen Branchen.
Neben der Fusion der Wertschöpfung zwischen dem Telekommunikations- und IT-Sektor
(erste Stufe) vollzieht sich gegenwärtig die Konvergenz aus den Sektoren Medien, Telekom-
munikation und Informationstechnologie (zweite Stufe).395 Die Folge des zweistufigen
Konvergenzprozesses ist die „...ständige Bedeutungszunahme der Überschneidungsbereiche,
die schließlich die bestehenden Systemgrenzen zwischen den Medien- und Kommunikations-
393 Vgl. auch Hermanns/Sauter (1999), S. 4. Der Begriff „neue Medien“ unterliegt im Allgemeinen einem eher inflationären Gebrauch und gilt als unscharfer Oberbegriff für eine Vielzahl von Neuerungen innerhalb von IuK-Technologien. Vgl. Leach (1997), S. 185. Der Begriff „Medium“ stammt aus dem Lateinischen und kann als Mittel zur Aufnahme, Speicherung, Wiedergabe und Verbreitung von Informationen (z.B. Text, Graphik, Sprache, Bild, Ton etc.) definiert werden. Vgl. hierzu Fink (1997), S. 15; ähnlich auch Pispers/Riehl (1997), S. 59; Hünerberg/Heise (1995), S. 3. Im Zusammenhang mit neuen elektronischen Medien steht derBegriff "Medien" als (elektronische: Anmerkung des Verfassers) Informationsträger, mit deren Hilfe Informationen aufgenommen, gespeichert, wiedergegeben und übertragen werden können. Vgl. Gerth (1999),S. 33. Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik sind Medien Systeme, mit denen Informationen gespeichert bzw. ver- und übermittelt werden. Vgl. o.V. (1997), S. 436. Zur Definition aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht siehe Höflich (1996), S. 17.
394 Zerdick et al. (2001), S. 140; Gerth (1999), S. 33; Grauer/Merten (1997), S. 35; Booz Allen & Hamilton (1997), S. 71; Wirtz (2001), S. 76. Zur Entwicklung der Konvergenz aus ökonomischer, gesellschaftlicher und technologischer Sicht vgl. Keuper (2002a).
395 Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 142 f.
110 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Sektoren auflösen...“.396 Zum einen führt dies innerhalb der Online-Märkte digitaler Produkte
zu neuen Konkurrenzverhältnissen, zum anderen werden Unternehmen der verschiedenen
Branchen zunehmend fusionieren oder in bestimmten Segmenten kooperieren (siehe dazu
auch die Ausführungen im gleichen Abschnitt weiter unten).
Durch die wachsende Bedeutung des Mediensektors wird die oben beschriebene Konvergenz
bereits seit längerem auch als Medienkonvergenz bezeichnet.397 Die Medienkonvergenz
erfolgt erstens auf der technologischen Ebene, d.h. durch die zunehmende Diffusion von
Basistechnologien und Endgeräten innerhalb der einzelnen Branchen, und zum zweiten auf
inhaltlicher Ebene, d.h. durch die Integration von Text, Daten, Grafik, Bilder und Sprache.398
Durch die beschriebene Medienkonvergenz entstehen vor allem neue multimediale Distributi-
onsnetze und -kanäle, über die digitale Leistungsangebote übertragen werden können. Der
Handel mit digitalen Inhalten wird damit nicht mehr nur die Aufgabe des Mediensektors sein,
vielmehr werden sich unter der Beteilung aller relevanten Branchen digitale Netzinfrastruktu-
ren entwickeln, die als virtuelle elektronische Kommunikations- und Transaktionskanäle den
Transport digitaler Produkte erst möglich machen (siehe Abbildung 25).
Informations-technologie
• Endgeräte (PC, Handy,Notebook, PDA)
• Soft- und Hardware• Betriebssysteme, Netzwerke (Internet)
Telekommu-nikation
• mobile Systeme• stationäre Systeme• stationär/mobile Systeme
Medien• Rundfunk (TV, Radio)• Medienindustrie (Musik, Film etc.)
Stationäre und mobile Online-Systeme für die Übertragung digitaler Inhalte
Informations-technologie
• Endgeräte (PC, Handy,Notebook, PDA)
• Soft- und Hardware• Betriebssysteme, Netzwerke (Internet)
Telekommu-nikation
• mobile Systeme• stationäre Systeme• stationär/mobile Systeme
Medien• Rundfunk (TV, Radio)• Medienindustrie (Musik, Film etc.)
Stationäre und mobile Online-Systeme für die Übertragung digitaler Inhalte
Abbildung 25: Die Medienkonvergenz digitaler Produkte Quelle: In Anlehnung an Fink, D. (1997), S. 16; Zerdick et al. (1999), S. 143
396 Zerdick et al. (2001), S. 144. 397 Vgl. Meffert (1999a), S. 5; Gerth (1999), S. 33; Middelhoff (1999), S. 28. 398 Vgl. Gerth (1999), S. 33; Foscht (1998), S. 22; Figge (2000), S. 160 f.; Keuper/Hans (2003), S. 42. In diesem
Zusammenhang entsteht zunehmend das Problem, das durch ein Verschmelzen der technischen und der inhaltlichen Ebene die Bereiche auch regulatorisch kaum mehr voneinander zu trennen sind. Neue Diensteund Kommunikationsformen, die durch den Konvergenzprozess entstehen, können den bestehenden Rechts- und Regulierungsstrukturen nur noch schwer zugeordnet werden. Vgl. Kleist (2002), S. 15.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 111
Das vordergründige Ziel derartiger Konvergenzbestrebungen liegt darin, zukünftig den
Datenfluss und damit den Handel mit digitalen Produkten mit Hilfe von Netzeffekten und
dem damit verbundenen Aufbau von Standards sowie einer kritischen Masse mit zu
bestimmen bzw. mit zu kontrollieren.
Verdeutlichen lassen sich derartige Konvergenzbestrebungen am Beispiel der sich in jüngster
Zeit anbahnenden Allianz zwischen Microsoft und AOL Time Warner. Im Zuge der Einigung
und des Vergleichs beider Unternehmen hinsichtlich der Browser-Technologien (Microsoft
zahlt an AOL durch die unrechtmäßige Kopplung des „Explorers“ an das Betriebssystem
„Windows“ eine Entschädigung von 750 Millionen Dollar) wurde auch eine Vereinbarung
über die zukünftige Kooperation in der Entwicklung und Unterstützung von Formaten bzw.
Technologien für die Übertragung digitaler Produkte vereinbart.399 Im Zuge dessen gewährt
Microsoft dem Medienunternehmen AOL Time Warner400 im Rahmen eines Lizenzabkom-
mens den Zugang zu dem für die Übertragung von digitalen Video- und Musikdateien
verwendbaren Windows „Media-Player“401. Darin integriert wird zukünftig auch ein Digital-
Rights-Management (DRM), das die Nutzung bzw. das Abspielen der digitalen Produkte
durch Lizenzvergabe ermöglicht. Als Formatschnittstelle dafür dient der Media-Player; die
schnellere Durchsetzung eines Standards für das Abspielen digitaler Produkte sowie der
Aufbau einer kritischen Masse über die Verteilung der Abspielsoftware an Millionen von
AOL-Nutzern sind demnach sehr wahrscheinlich.
Zur Weiterentwicklung der technologischen und inhaltlichen Medienkonvergenz trägt vor
allem auch die fortschreitende Digitalisierung der Telekommunikations- und Kabelnetze
bei.402 Die innerhalb der Telekommunikationsnetze vorhandenen Fest- und Mobilfunknetze
sowie die bestehenden Radio- und Fernsehnetze werden zunehmend zu digitalen vernetzten
Multimedia-Systemen konvergieren und daher kaum noch voneinander zu unterscheiden
sein.403
399 Vgl. im Folgenden teilweise Patalong (2003); Ludsteck (2003). 400 AOL Time Warner entstand auf dem Höhepunkt der Medienkonvergenz durch den Zusammenschluss des
Internet-Dienstes AOL und des Medienkonzerns Time Warner Anfang des Jahres 2000. Beide Unternehmen profitierten von dieser Fusion: Der Abonnentenstamm von AOL bot für Time Warner neue Absatzmöglich-keiten für seine digitalen Inhalte und baute dadurch gleichzeitig die Position vor allem bei jüngeren Ziel-gruppen aus. Auf der anderen Seite waren für AOL vor allem die gut ausgebauten Breitbandkabelnetze unddie qualitativ hochwertigen Inhalte von Time Warner attraktiv. Vgl. weiterführend Sjurts (2002), S. 366 f.
401 Neben dem „Media-Player“ von Microsoft existiert zum Abspielen digitaler Video- und Musikdateien nochdie Software von Real Networks (Real-Player) sowie das Apple-Format „Quick-Time“. Microsoft gewinnt – wie die jüngsten Entwicklungen zeigen – zunehmend Marktanteile und kann dadurch sein Format schneller als die Konkurrenz durchsetzen, während die anderen Formate, die über keine derartige Nutzerzahl im Sinne einer kritischen Masse verfügen, an Bedeutung verlieren.
402 Vgl. Gerpott (1998), S. 20; Rupp (2001), S. 33 f. 403 Vgl. Wilfert (2000), S. 32; Krzeminski (1998), S. 15.
112 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
In diesem Zusammenhang sind neueste Entwicklungen vor allem auch durch die zunehmende
Konvergenz des Mobilfunkbereiches (Telekommunikation) sowie des Fernsehens und des
Radios mit dem als Basistechnologie zu bezeichneten Medium Internet gekennzeichnet.404
Das sich dabei abzeichnende interaktive bidirektionale Fernsehen ermöglicht die Verwendung
von Fernsehfunktionen im Internet, umgekehrt werden interaktive Dienste des Internets in
Fernsehgeräte integriert.405 Die Nutzung des interaktiven TV erfolgt mit Hilfe der Set-Top-
Box-Technologie, innerhalb derer digitale Leistungs- und Kommunikationsangebote, wie
Filme, Musik, Spiele sowie E-Mail- und Chat-Funktionen, multimedial und individuell zur
Verfügung gestellt und verarbeitet werden können.406 Damit verbunden, werden sich mono-
funktionale Endgeräte zu Multifunktionsgeräten entwickeln. Diese sind durch die Integration
verschiedener Formate und Technologien in der Lage, die verschiedenen multimedialen
Informations-, Unterhaltungs- und Kommunikationsleistungen zu empfangen und zu verarbei-
ten.
Die durch die Konvergenzprozesse entstandenen neuen Medien, welche insbesondere im
Marketing seit Anfang der 80er Jahre mit den Begriffen „Bildschirmtext“, „Videorecorder“,
„Satelliten“- und „Kabelfernsehen“ eng in Verbindung stehen,407 werden in der heutigen Zeit
aufgrund der oben gezeigten Entwicklung mit den auf Informations- und Kommunikations-
systemen basierenden Online-Systemen, wie dem Internet, dem interaktiven Fernsehen sowie
mit Online-Diensten, in Verbindung gebracht.408 Neue elektronische Medien können grund-
sätzlich in zwei Kategorien unterteilt werden:409
Online-Medien: Bei Online-Medien handelt es sich um vernetzte rechnergestützte Anwen-
dungen, anhand derer Anwender direkt mit anderen Kommunikationsteilnehmern in
Verbindung treten können. Durch das Merkmal der „elektronischen Vernetzbarkeit“, d.h.
durch die Möglichkeit einer n:n-Kommunikation zwischen den Teilnehmern,410 werden diese
auch als „Online-Systeme“ bezeichnet. Sie bilden die technologische Basis des stationären
und mobilen Online Marketing und werden unterteilt in das Internet sowie in kommerzielle
Online-Dienste. Weitere bedeutende Online-Systeme, die in Zukunft auch als Plattform für
den Austausch digitaler Produkte verwendet werden können, sind neben dem interaktiven TV
auch mobile Online-Systeme und Peer-to-Peer-Netzwerke.
404 Vgl. Clement (2002), S. 26; Merz (1999), S. 209. 405 Vgl. Keuper/Hans (2003), S. 43. 406 Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 163; Kleist (2002), S. 15; Keuper/Hans (2003), S. 43 sowie
weiteführend den Anschnitt 4.2.1.4.3. 407 Vgl. Meffert (1999b), S. 1; Meffert (1996), S. 6; Pispers/Riehl (1997), S. 62. 408 Vgl. ähnlich Meffert (1999b), S. 1; Pispers/Riehl (1997), S. 62. 409 Vgl. Gerth (1999), S. 37; Fink (1997), S. 22; Rengelshausen (1997), S. 102; Rengelshausen (2000), S. 5;
Pispers/Riehl (1997), S. 141; Riedl/Busch (1997), S. 163. 410 Vgl. Reichwald/Meier/Fremuth (2002), S. 9.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 113
Offline-Medien: Dies sind „Stand-Alone-Anwendungen“ überwiegend in Form von digitalen
Speichermedien, bei denen der Anwender direkt auf einen lokalen Informationsträger
zugreift, ohne dass eine direkte Verbindung zum entsprechenden Anbieter der Information
besteht. Offline-Medien lassen sich klassischerweise in stationäre POI-/POS-Systeme sowie
in Trägersysteme (CD-ROM, DVD, DVD-R, CD-RW) unterscheiden.411
Durch die Entwicklungen mobiler Technologien können Anbieter zunehmend „Always On“
mit Kunden, die über ein entsprechendes Endgerät verfügen, in Kontakt treten. Dadurch, dass
hierbei ein ständiger Funkkontakt zwischen Anbieter und Kunde möglich ist, entwickeln sich
klassische Offline-Systeme, wie z.B. ein Kioskterminal, zunehmend zu Online-Systemen,
wodurch „Mischformen“, innerhalb derer eine klare Abgrenzung zwischen Online- und
Offline-Systemen schwierig ist, entstehen. Besonders in Zusammenhang mit digitaler Musik
sind erste derartige Anwendungen bereits entstanden: Unter einem „Joint Venture“ namens
„Echo“ soll es zukünftig möglich sein, digitale Musikstücke in einem Ladengeschäft an einer
Art Terminal auf mobile Endgeräte herunterzuladen.412 Die teilweise kostenpflichtigen Inhalte
können dann auf dem mobilen Endgerät weiter verarbeitet werden, wobei deren Nutzung auch
auf dem PC und damit im stationären Internet möglich ist. Denkbar ist in diesem Zusammen-
hang, dass der Anbieter in Zukunft das Terminal mit einer lokalen Funktechnologie (W-LAN)
ausstattet, die es dem Kunden ermöglicht, den Kauf der digitalen Musik in einem bestimmten
Radius zu tätigen, sodass die Eingabe von Daten, die zum Kauf der digitalen Produkte führen,
auch über das jeweilige mobile Endgerät des Kunden möglich ist.
4.2.1.2 Aufgaben und Funktionen von Online-Systemen
Online-Systeme ermöglichen per Vernetzung über Datenleitungen oder Funknetzver-
bindungen eine direkte interaktive dialogorientierte Kommunikation zwischen Unternehmen
und potenziellen Kunden, Kapitalgebern, Mitarbeitern, Lieferanten, Konkurrenten etc. Sie
eignen sich sowohl für Formen der Individualkommunikation (One-to-One) als auch für die
gezielte Übermittlung von Informationen an beliebig definierte Zielgruppen (One-to-Few)
oder an die Gesamtheit der Nutzer (One-to-Many).413 Des Weiteren bieten Online-Systeme
gegenüber statischen „Stand-alone-Anwendungen“ grundsätzlich die Möglichkeit, Produkte
und Dienstleistungen in Form von digitalen Inhalten permanent und „in Echtzeit“ zu
übermitteln.414 Bezogen auf digitale Produkte, fungieren Online-Systeme demnach je nach
411 Erläuterungen der Abkürzungen siehe Abkürzungsverzeichnis. Soweit es sich hierbei nicht um ein Online-System im oben beschriebenen Sinne handelt, sollen diese Systeme nicht weiter behandelt werden; zu weiteren Ausführungen dazu vgl. Heimbach (1997), S. 24 ff.; Pispers/Riehl (1997), S. 129 ff.; Gerth (1999), S. 40 f. Zu einzelnen Trägersystemen auch o.V. (2001d).
412 Vgl. o.V. (2003g) sowie auch die Ausführungen im Abschnitt 4.3.3.4.2. 413 Vgl. Riedl/Busch (1997), S. 165. 414 Vgl. Fink (1997), S. 25. Echtzeit bedeutet, dass Programme innerhalb eines Rechnersystems in der Lage sind,
die anfallenden Daten innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne zu verarbeiten und zur Verfügung zu stellen. Vgl. ähnlich auch Steinmetz (2000), S. 232.
114 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Anwendung sowohl als Distributions- als auch als Kommunikationsmedium415, indem sie als
eine Transport- und Transaktionsplattform den Austausch digitaler Inhalte zwischen Angebot
und Nachfrage bzw. zwischen Kunden und Lieferanten möglich machen. Online-Systeme
bestehen aus einer technologischen Infrastruktur, die sich aus Komponenten der Informati-
onsverarbeitung, -speicherung, -übertragung sowie aus Eingabe- und Ausgabegeräten
zusammensetzt.416 Online-Systeme im Sinne der genannten technologischen Infrastruktur
bestehen zudem aus den folgenden Teilnehmern:
Netzbetreiber: Diese stellen den Zugang zu einem virtuellen Netz bereit. Der Netzzugang
(Access), der aus den physischen Leitungsnetzen der Telekommunikations- und Mobilfunk-
anbieter (z.B. Telekom, D2 Vodafone) besteht, wird entweder über einen kommerziellen
Online-Dienst („Internet Service Provider“ – z.B. AOL, T-Online) oder über einen direkten
„Punkt-zu-Punkt“-Zugang417 (z.B. Freenet), der den Anwender direkt mit dem Internet über
einen Internetdienst verbindet, hergestellt. Der Nutzer wählt sich beispielsweise per Modem
(stationärer PC) oder anhand eines mobilen Endgerätes über den Netzzugang (öffentlichen
Fest- bzw. Mobilfunknetz) in das jeweilige Datennetz ein.
Infrastrukturanbieter: Diese stellen das Daten- und Transportnetz (Backbone) bereit. Das
Daten- und Transportnetz regelt innerhalb von vernetzten Online-Systemen den Datenfluss
zwischen den Eingabe-, Ausgabe- und Verarbeitungseinheiten und wird im allgemeinen
Sprachgebrauch auch als Datenautobahn (Information Highway) bezeichnet.418 Die Ver-
netzung der verschiedenen Informations- und Kommunikationssysteme zu einem Online-
System garantiert den Transport- und die Weiterleitung digitaler Produkte zwischen den
verschiedenen Kommunikationsteilnehmern.
Inhalteanbieter: Unter Inhalteanbieter (Content Provider) werden alle Anbieter subsumiert,
die an der Produktion, Verarbeitung und dem Vertrieb digitaler Produkte beteiligt sind.419 Die
primäre Aufgabe der Inhalteanbieter besteht infolgedessen in der Beschaffung und Auswahl
von Informationen, deren technische und inhaltliche Bearbeitung und Übertragung auf einen
Informationsträger und damit in der Bereitstellung der Informationen zur Deckung eines
fremden, marktgerichteten Informationsbedarfs.420 Zudem nennt Scheuch (1996) auch
Akteure, die auf den sog. Informationsgüter-Sekundärmärkten tätig sind. Dazu zählen
Unternehmen der Medienbranche, z.B. Informationsmedienproduzenten oder Medieninhaber,
415 Vgl. auch Taschner (2001), S. 88. 416 Vgl. zu einer ausführlichen Beschreibung der einzelnen Komponenten Paschelke/Roselieb (2002), S. 60 f. 417 Vgl. Paschelke/Roselieb (2002), S. 90. 418 Als Datenautobahn werden genauer die öffentlich zugänglichen Hochgeschwindigkeitsnetze bezeichnet, über
die große Mengen an multimedialen Informationen (Texte, Grafiken, Bilder etc.) in digitaler Form übertragen werden können. Vgl. o.V. (2001), S. 269.
419 Vgl. Europäische Kommission (1998). 420 Vgl. dazu und im Folgenden Scheuch (1996), S. 601 f. und die dort angegebene Literatur.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 115
sowie Rechtsverwerter, z.B. Filmverleiher, und andere Güter- und Branchenkonglomerate,
z.B. Filmgesellschaften oder Verlage.
Endgerätehersteller: Erst der Einsatz von geeigneten Endgeräten ermöglicht die Infor-
mationsausgabe und damit die Weiterverwendung digitaler Produkte.421 Zu den wichtigsten
Endgeräten zählen der Computer (inkl. Tastatur, Maus, Drucker etc.) sowie, bedingt durch
neueste Entwicklungen, auch mobile Multifunktionsgeräte, Fernsehgeräte sowie produktspe-
zifische Ausgabegeräte, wie MP3-Player, oder Geräte zum Lesen elektronischer Bücher
(eBooks)422. Hinzu kommen Speichermedien, wie z.B. eine CD-ROM oder DVD, auf die
digitale Daten anhand eines CD oder DVD-Brenners gespeichert werden können.
Ein für digitale Produkte verwendbares Online-System kommt erst zustande, wenn alle drei
Systemkomponenten zusammenwirken. Neu in diesem Zusammenhang sind die Entwicklung
und die wachsende Bedeutung mobiler Online-Systeme, die sich in der letzten Zeit insbeson-
dere durch technologische Innovationen in Bereichen der mobilen Telekommunikation, den
mobilen Netzen, den Basisdiensten und Anwendungen sowie durch die Entwicklung
leistungsfähiger mobiler Endgeräte durchgesetzt haben.423 Mobile Online-Systeme zeichnen
sich dadurch aus, dass sich der Nutzer über einen Mobilfunkanbieter sowie anhand eines
mobilen Endgerätes drahtlos in ein virtuelles Netz einwählen kann. Der Transport der
digitalen Daten erfolgt dagegen – wie in herkömmlichen Festnetzen – über das Daten- und
Transportnetz (Backbone).424 Die wesentlichen Unterschiede zwischen stationären und
mobilen Online-Systemen liegen aus technischer Sicht in der Art des Zugangs (Fest- oder
Funknetz) sowie in der Wahl der jeweiligen Endgeräte (PC oder mobile Endgeräte)
begründet.
Im folgenden Kapitel werden die wesentlichen Eigenschaften stationärer und mobiler Online-
Systeme ausführlicher dargestellt. Die Ausführungen gelten für Online-Systeme, wie das
Internet, sowie auch analog für zukünftige technologische Entwicklungen, wie mobile
Systeme, interaktives Fernsehen und Peer-to-Peer-Netzwerke. Auf eine explizite Abgrenzung
von klassischen Medien der Massenkommunikation (z.B. Printmedien, Radio etc.) und neuer
elektronischer Medien im Sinne von Online-Systemen wird an dieser Stelle aufgrund der
bereits zahlreich vorhandenen Ausführungen in der Literatur verzichtet.425
421 Vgl. auch Albers/Clement/Skiera (1999), S. 80. 422 Unter einem eBook wollen wir in Anlehnung an Bechthold (2002) einen digitalen Text verstehen, der auf
einem eBook-Lesegerät („eBook reading device“) betrachtet werden kann, wobei das Lesegerät sowohl aus einer speziellen Software (z.B. eBook Reader von Microsoft und Adope) als auch aus einer Hardware (z.B. Rocket eBook) bestehen kann. Vgl. Bechthold (2002), S. 117. Eng damit in Verbindung steht der Begriff “E-Paper”, das als elektronisches Papier in Zukunft auch für Werbezwecke im Einzelhandel eingesetzt werden kann. Vgl. weiterführend Karweil (2002).
423 Vgl. Arnold/Essig/Kemper (2001), S. 103. 424 Vgl. Wilfert (2000), S. 36. 425 Zu Abgrenzungen neuer und klassischer Medien vgl. unter anderem Gräf (1999), S. 62 ff.; Riedl (2000), S.
242; Hoffmann/Novak (1996); Weiber/Kollmann (1997), S. 537 ff.
116 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
4.2.1.3 Charakteristika von Online-Systemen
Durch die oben angesprochene Medienkonvergenz entsteht ein Medienverbundsystem in
Form einer elektronischen Vernetzung, das als Grundlage eine digitale Darstellungsform
verwendet. Die Kombination verschiedenartiger Darstellungsformate auf der Basis von
digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie deren interaktive Nutzung
kann auch als Multimedia bezeichnet werden.426 Multimedia ist demnach zum einen durch die
rechnergesteuerte Integration von zeitunabhängigen bzw. diskreten (Text, Grafiken,
Standbild) und zeitabhängigen bzw. kontinuierlichen Medien (Bewegbilder, Animationen,
Sprache, Audio- und Videosequenzen) und zum anderen durch Trägermedien, die Informatio-
nen digital darstellen, speichern, übertragen und verarbeiten, gekennzeichnet.427
Multimediale Darstellungsarten, die auf elektronischem Wege zusammengeführt werden,
führen zu einer interaktiven Kommunikation zwischen den Nutzern.428 Die interaktive
Kommunikation innerhalb von Online-Systemen ist dabei multisensorisch, was bedeutet,
“...dass möglichst viele Sinne des Menschen gleichzeitig angesprochen werden [...], wie es in
der natürlichen Erlebniswelt entspricht“.429 Durch die genannten Merkmale der interaktiven
Nutzung sowie der integrativen Verwendung verschiedener Medientypen auf der Basis von
digitalen Informations- und Kommunikationssystemen lassen sich auch Überschneidungen
mit dem Begriff „digitale Produkte“ feststellen. Allerdings können beide Begriffe nicht
synonym verwendet werden; vielmehr handelt es sich bei „Multimedia“ im Gegensatz zu
digitalen Produkten stets um eine Obergruppe für auf neuen Informations- und Kommuni-
kationstechnologien basierenden Anwendungen, Produkte und Dienstleistungen.430
In Zusammenhang mit der interaktiven und integrativen Nutzung von Multimedia steht die
Hypermedialität. Die Eigenschaft „Hypermedialität“ bezeichnet eine Methode zur nicht-
linearen Vernetzung der multimedialen Informationen auf dem „Hypertextprinzip“.431 Nach
dem Hypertextprinzip werden textliche Informationen sowie weitere multimediale Elemente
wie Grafiken, Video- und Audiosequenzen durch Querverweise in Form von „Links“
miteinander verbunden.432 In Verbindung mit Online-Systemen eröffnen sich durch die
Vernetzung der Inhalte neue Möglichkeiten hinsichtlich der Vermarktung digitaler Produkte.
426 Vgl. Booz Allen & Hamilton (1997), S. 29. 427 Vgl. ähnlich Fluckinger (1996), S. 45; Pradel (1997), S. 66; Steinmetz (2000), S. 13. Zu weiteren
Begriffsdefinitionen von Multimedia siehe insbesondere Grauer/Merten (1997), S. 6 ff.; Silberer, G. (1995), S. 4 ff.; Fink/Wamser (1996), S. 194.; Hünerberg/ Heise (1995), S. 3; Jaspersen (1995), S. 59; Meffert(1998), S. 722; Merten/Grauer (1999); Wagner (1995), S. 5 f.; Rehme (1997), S. 5 f. Zu den unterschiedli-chen Datentypen und Informationsinhalten vgl. insbesondere Wagner (1995); Flegel (1992).
428 Vgl. Hünerberg/Heise (1995), S. 4. 429 Link (1996), S. 174. 430 Vgl. auch Fink (1997), S. 16; Föckler (1999), S. 280. 431 Vgl. zu dem Begriff „Hypertext“ auch ausführlich Kuhlen (1991), S. 12 f. und die dort angegebene Literatur. 432 Vgl. Riedl/Busch (1997), S. 164. Grotheer (2002), S. 829. Zu Hypermedia siehe insbesondere Schoop (2001),
S. 228 f.; Wagner (1995), S. 34 ff.; Steinmetz (2000), S. 695 ff.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 117
Das Hypertextprinzip erlaubt hierbei eine vernetzte Variantenbildung und hat damit auch
unmittelbaren Einfluss auf die Leistungsdifferenzierung und die Distributionspolitik der
Anbieter.433
Ein weiteres Merkmal von Online-Systemen ist die Interaktivität. Dabei kann grundsätzlich
zwischen der personellen und technischen Interaktivität unterschieden werden. Personelle
Interaktivität bezieht sich auf den Austausch von Informationen zwischen Personen, in der
Form, dass zwei oder mehrere Interaktionspartner die Möglichkeit haben, "...auf Aktionen der
jeweils anderen Seite durch eigene Aktionen zu reagieren".434 Neben dieser personalen
Interaktivität besteht für den Nutzer im Sinne einer maschinellen Interaktivität die Möglich-
keit, seine Interaktion mit dem Medium sowohl nach Art, Umfang, Zeitpunkt, Richtung und
Dauer des Informationsabrufs und der Informationseingabe selbst zu bestimmen.435
Verbunden mit Online-Systemen bedeutet dies, dass der Mensch mit dem jeweiligen
Informations- und Kommunikationssystem einen Dialog führen kann, indem er seine
Informations- und Kommunikationsbedürfnisse unmittelbar artikuliert, steuert und damit
einen gezielten selektiven und zeitlich unabhängigen Zugriff auf Informationen, Produkte etc.
eines Unternehmens hat.436 Netzbasierte Inhalte können sowohl von Unternehmen als auch
von Konsumenten in einem interaktiven Prozess ausgewählt, inhaltlich definiert, abgerufen
und selbst hinzugefügt werden. Insbesondere die maschinelle Interaktion erfährt durch den
Einsatz von mobilen Online-Systemen noch einmal eine Erweiterung. Der Nutzer wird in
Zukunft anhand eines mobilen Endgerätes zunehmend flexibler dahingehend, dass er seinen
Standort, von wo er die Informationen abruft oder eingibt, selbst bestimmt. Er ist demnach
nicht mehr ausschließlich an einen stationären PC gebunden (siehe dazu auch die Ausführun-
gen weiter unten). Durch die erweiterte Erreichbarkeit der (mobilen) Zielgruppen können
Unternehmen ihre Angebote weiter differenzieren und dabei mögliche Individualisierungs-
potenziale ausschöpfen.
Bezogen auf synchrone und asynchrone Kommunikationsformen, kann Interaktivität auch in
einen weiten und in einen engen Interaktivitätsbegriff unterteilt werden:437 Im Zusammenhang
mit dem weiten Interaktivitätsbegriff reicht es aus, wenn zwei oder mehrere Interaktions-
partner ihr Handeln aufeinander beziehen; die Aktionen und Reaktionen der jeweils anderen
Seite können nach beliebig langen Zeitintervallen erfolgen (asynchrone Kommunikation: z.B.
E-Mail, Diskussionsforen). Interaktivität in enger Begriffsfassung führt zu einem Kommuni-
kationsprozess, in dessen Rahmen jeder der Partner die Möglichkeit hat, wechselweise und
verzögerungsfrei Botschaften zu senden wie zu empfangen (synchrone Kommunikation: z.B.
433 Vgl. ähnlich Gerpott/Schlegel (2002), S. 136. 434 Link/Tiedtke (1999), S. 2. 435 Vgl. Riedl (2000), S. 241. 436 Vgl. Link (1996), S. 174; Thome (1997), S. 258. 437 Vgl. im Folgenden Link/Tiedtke (1999), S. 2. Zur Unterscheidung einzelner Stufen der Interaktivität vgl.
Pispers/Riehl (1997), S. 57 ff.; Foscht (1998), S. 16 ff.
118 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Videokonferenzen, Chat-Rooms). Benötigt werden dafür Systeme und Anwendungen, die
eine unmittelbare Reaktionsmöglichkeit zulassen. Zur Dialogführung und damit zur
Herstellung der Interaktivität wird eine Benutzerschnittstelle (Interface) zwischen dem
interaktiven System und dem Anwender sowie ein für die beidseitige Kommunikation
wichtiger Rückkanal benötigt.438
Wie bereits angedeutet, können interaktive Interaktionen durch mobile Online-Systeme noch
erheblich flexibler gestaltet werden. Durch Multifunktionsgeräte lassen sich nicht nur
textliche Informationen ortsunabhängig verarbeiten, auch andere digitale Formate, wie Grafik,
Bild, Sprache und Ton, können zwischen beliebig vielen Interaktionspartnern ausgetauscht
werden. Anbieter können innerhalb dieser Systeme den Nutzer lokalisieren und diesen unter
der Beachtung von Datenschutzregelungen mit Dialog- und Leistungsangeboten ansprechen
und bewerben. Wird der Anwender lokalisiert oder wird die Standortbestimmung von ihm
aktiviert, werden ihm entsprechende Angebote auf sein mobiles Endgerät automatisch
transferiert. Im Gegensatz zu stationären Online-Systemen, wo der Konsument selbst aktiv
werden muss, um mit einem Informationsangebot in Kontakt zu treten, können innerhalb von
mobilen Online-Systemen nach dem „Push-Prinzip“ Daten vom entsprechenden Server
automatisch an den Client versendet werden.439 Die aus dem Marketing bereits bekannten
Begriffe „Push“ und „Pull“ betreffen ursprünglich die Beeinflussung von Zielgruppen im
Distributionskanal440 und werden innerhalb von Online-Systemen vor allem auch für die
Online-Distribution digitaler Inhalte eingesetzt.
Die genannten Systemeigenschaften machen stationäre und mobile Online-Systeme zu
Medien, die innerhalb des Online Marketing besonders gut für kommunikations- und
distributionspolitische Maßnahmen eingesetzt werden können. Dialog- und Leistungs-
angebote lassen sich über Online-Systeme im Sinne des One-to-One Marketing auf jeden
einzelnen Kunden ausrichten und eignen sich deshalb besonders gut für Individualisie-
rungsmaßnahmen sowie für Maßnahmen der Kundenbindung. Die folgende Tabelle zeigt
abschließend noch einmal eine Übersicht der relevanten Merkmale von Online-Systemen: 441
438 Vgl. Pispers/Riehl (1997), S. 56. Als Interface kann z.B. eine Tastatur, eine Fernbedienung, ein Touch-Screen Monitor, ein Handy oder ähnliches verwendet werden. Ein Rückkanal ermöglicht den Transport von Daten bzw. Informationen in beide Richtungen und ist für interaktive Dienste unumgänglich.
439 Vgl. Steimer/Maier/Spinner (2001), S. 48 f.; Schiller (2000), S. 444; Link/Schmidt (2002), S. 140. 440 Vgl. Hünerberg (1994), S. 300. Zu Push- und Pull im Marketing vgl. Riedl.(2000), S. 243; Gräf (1999), S. 69
sowie weiterführend den Abschnitt 4.2.4. 441 Vgl. dazu insbesondere Hünerberg/Mann (2002), S. 46; Bruhn (2002), S. 9. Zu ausführlicheren Beschreibun-
gen der einzelnen Merkmale vgl. Hünerberg (1996), S. 107 ff.; Hünerberg (2000), S. 124; Bruhn (1997); Foscht (1998), S. 15 ff.; Pispers; Riehl (1997), S. 62; Fink (1997), S. 17 f.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 119
Merkmale Bedeutung
Multimedialität Online-Systeme ermöglichen die Kombination von zeitunabhängigen und zeitabhängigen Medien.
Hypermedialität Zeitunabhängige- und zeitabhängige Medien können anhand von „Links“ miteinander vernetzt werden.
Interaktivität/ Vernetzbarkeit
Die Eigenschaft der Interaktivität beschreibt die Möglichkeit der synchronen (simultanen) und asynchronen (sukzessiven) systembasierten Kommunikation auf der Basis einer Responsefähigkeit (Rückkanalfähig-keit). Die Vernetzbarkeit hingegen garantiert, dass jeder mit jedem in Verbindung treten kann.442
Digitalisierung/ Automatisierung
Online-Systeme sind grundsätzlich in der Lage, die aus dem elektronischen Grundprinzip der Digitalisierung bestehenden Daten zu verarbeiten. Des Weiteren ermöglichen sie die vollständige Automatisierung von Geschäfts-prozessen und damit auch die netzbasierte Auslieferung von Produkten.
Zeitflexibilität
Diese Eigenschaft bezieht sich auf die Möglichkeit, durch Online-Systeme die Leistung zeitunabhängig zur Verfügung zu stellen (24-Stunden-Verfügbarkeit), zum anderen bezieht sich die Zeitflexibilität der Systeme auf die Aktualität der Informationen sowie auf die Schnelligkeit der Leistungserbringung.
Integrativität/ Ortsflexibilität
Insbesondere mobile Online-Systeme sind in der Lage, die Integration des Kunden unabhängig von Ort und Zeit auf den gesamten Wertschöpf-ungsprozess auszudehnen.443 Zudem können digitale Inhalte dem Kunden an jedem Ort und zu jeder Zeit und damit vollkommen ortsflexibel zur Verfügung gestellt werden.
Individualisierbarkeit
Stationäre und mobile Online-Systeme sind besonders dafür geeignet, digitale Leistungsangebote zu individualisieren bzw. zu differenzieren und zu personalisieren.
Tabelle 5: Charakteristika stationärer und mobiler Online-Systeme digitaler Produkte444
4.2.2 Arten von Online-Systemen
4.2.2.1 Das Internet
„Wir müssen uns befreien von dem Gerede über ‚Internet-Branchen’, ‚E-Business-Strategien’
und ‚New Economy’ und das Web als das sehen, was es ist: ein machtvolles Instrumentarium,
das – klug oder unklug gehandhabt – in beinahe jeder Branche und als Teil fast jeder
Strategie eingesetzt werden kann.“445
442 Vgl. Reichwald/Meier/Fremuth (2002), S. 9. 443 Vgl. dazu und im Folgenden Reichwald/Meier/Fremuth (2002), S. 10. 444 Die in der Tabelle zusammengetragenen Eigenschaften wurden teilweise aus Bruhn (2002), S. 9 bzw.
Hünerberg/Mann (2002), S. 46 entnommen und beziehen sich größtenteils auf Charaktermerkmale des Internet.
445 Zitat von Michel E. Porter, Harvard Business School, Boston.
120 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Das Internet wurde in den 70er Jahren aus Gründen der nationalen Sicherheit vom amerika-
nischen Verteidigungsministerium entwickelt.446 Das Ziel bestand darin, im Falle einer
Zerstörung von Netzwerkabschnitten die Kommunikation, d.h. die Übertragung von Daten
und Nachrichten, durch sog. „paketvermittelnde Netzwerke“447 aufrecht zu erhalten.
Gleichzeitig wurden von zahlreichen Regierungs-, Forschungs- und Hochschulorganisationen
eigene „zivile“ Netze aufgebaut, die auf unterschiedlichen Standards und Protokollen
basierten.448 1982 einigten sich die verschiedenen Netzbetreiber auf einen einheitlichen
Kommunikationsstandard, das TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol), mit
dem es möglich wurde, Daten auch bei dem Ausfall von bestimmten Netzwerkabschnitten
weiterhin zu übertragen.449 Mittlerweile hat sich das Internet zu einem globalen, offenen,
dezentral organisierten und frei zugänglichen Verbund privater und öffentlicher Kommuni-
kationsnetze entwickelt. Im Zusammenhang mit der Anwendung digitaler Produkte fungiert
das Internet als Basistechnologie, indem es den gezielten, selektiven und zeitunabhängigen
Zugriff450 auf digitale Inhalte erlaubt.
Insbesondere durch die zunehmende Relevanz von mobilen Technologien und den Mobile
Commerce wird – wie die Ausführungen im Vorkapitel bereits gezeigt haben – das Internet
sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis zunehmend in ein stationäres und mobiles
Internet unterteilt, wobei sich das stationäre Internet auf den herkömmlichen ortsabhängigen
und überwiegend kabelgebundenen E-Commerce bezieht. Das mobile Internet wiederum ist
im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass der Transport digitaler Daten und Informatio-
nen über ein mobiles Endgerät und damit ortsflexibel erfolgt.
In Verbindung mit der Nutzung der Internettechnologie für absatzpolitische Anwendungen
und Zwecke wird in den meisten Fällen vom World Wide Web (WWW), dem multimedialen
Teil des Netzes, gesprochen.451 Das Grundprinzip des WWW ist das Hypertext Transfer
Protocol (http), das Verzweigungen (Hyperlinks) im Sinne von Direktverbindungen zu
anderen Stellen (HTML-Dokumenten) ermöglicht.452 Die Zielorte oder Adressen einer
WWW-Seite werden durch eine URL (Uniform Resource Locator) festgelegt. Neben weiteren
Diensten (siehe dazu weiter unten) haben sich mittlerweile auch andere auf dem plattform-
unabhängigen Kommunikationsprotokoll basierende Netzwerkformen entwickelt. Einen
446 Vgl. Hills (1997), S. 4; Höller (1998), S. 3; vgl. zur Entwicklung des Internet ausführlich Ghersi/Lee/ Karad agi (2002), S. 1 f. 447 Vgl. Zu dem Begriff Choi et al. (1997), S. 96 ff.; Europäische Kommission (1998), S. 2-10 f. 448 Vgl. Fink (1997), S. 18. 449 Zur technischen Beschreibung des TCP/IP Protokoll siehe Winand (2001), S. 245. 450 Vgl. Keuper (2002a), S. 612. 451 Vgl. Fink (1997), S. 19; Gerth (1999), S. 38; Riedl/Busch (1997), S. 164. 452 Hypertext Markup Language (HTML) ist die Sprache zur Beschreibung von WWW Seiten und dient unter
anderem als Grundlage für die globale multimediale Informationsvernetzung innerhalb des WWW. Siehe dazu auch Winand/Schellhase (1996), S. 1.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 121
Gesamtüberblick über die verschiedenen Anwendungen und Dienste in Zusammenhang mit
Internet-Technologien zeigt Abbildung 26.
Netzwerk-oberfläche
Netzwerk-dienste
Netzwerk-typen
Netzwerk-infrastruktur
Medienintegration/Multimedialität
Interaktivität/ Hypermedia
Transaktions-und Dialogfähigkeit
NewsgroupsFile Transfer-Protocol (FTP)
Electronic DataInterchange (EDI)
Electronic Mail
WWW etc.
ExtranetIntranetInternet
Telekommunikationsnetze Rechner/Endgeräte
DigitalitätNetzwerk-oberfläche
Netzwerk-dienste
Netzwerk-typen
Netzwerk-infrastruktur
Medienintegration/Multimedialität
Interaktivität/ Hypermedia
Transaktions-und Dialogfähigkeit
NewsgroupsFile Transfer-Protocol (FTP)
Electronic DataInterchange (EDI)
Electronic Mail
WWW etc.
ExtranetIntranetInternet
Telekommunikationsnetze Rechner/Endgeräte
DigitalitätNetzwerk-oberfläche
Netzwerk-dienste
Netzwerk-typen
Netzwerk-infrastruktur
Medienintegration/Multimedialität
Interaktivität/ Hypermedia
Transaktions-und Dialogfähigkeit
NewsgroupsFile Transfer-Protocol (FTP)
Electronic DataInterchange (EDI)
Electronic Mail
WWW etc.
ExtranetIntranetInternet
Telekommunikationsnetze Rechner/Endgeräte
Digitalität
Abbildung 26: Die Technologiebasis des Internet Quelle: Wamser (2001), S. 16 (leicht modifiziert)
Da die zentralen Elemente der Netzwerkoberfläche bereits in Verbindung mit den Eigen-
schaften von Online-Systemen weiter oben dargestellt wurden, wird an dieser Stelle auf
weitere Ausführungen verzichtet. Auch auf die restlichen in der Abbildung dargestellten
Technologieebenen wird im Folgenden aus Platzgründen nur kurz eingegangen: Neben dem
o.g. WWW existieren noch weitere Mehrwertdienste, die mittlerweile innerhalb des Internet
eingesetzt werden.453 Hierzu zählen insbesondere das Electronic Mailing (E-Mail), die
Datenübertragung zwischen Rechnern anhand des File Transfer Protocol (FTP), das Internet
Relay Chat (IRC), welches eine „Echtzeit-Kommunikation“ ermöglicht, sowie das zur
Kommunikation zwischen Unternehmen eingesetzte Electronic Data Interchange (EDI).454
Wie bereits erwähnt, existieren neben dem Internet mittlerweile zwei weitere auf der Internet-
Technologie basierende Netzwerktypen. Dabei handelt es sich um das Intranet und das
Extranet. Das Intranet zielt im Gegensatz zum Internet auf die Vernetzung innerhalb des
Unternehmens: „An Intranet is an internal Network that`s based on the Internet`s TCP/IP
protocol. It uses World Wide Web tolls such as Hypertext Markup Language (HTML) to give
you all the features of the Internet on your own private Network“.455 Das Extranet wiederum
453 Mehrwertdienste werden innerhalb des Internet in dem meisten Fällen vom WWW aus gesteuert bzw. werdenanhand des Browsers in die WWW Oberfläche integriert. Eine Übersicht der Internet Dienste findet sich bei Koster (1999), S. 155 f.
454 Unter EDI wird im allgemeinen der strukturierte Datenaustausch zwischen Computersystemen von Anbieterund Nachfrager verstanden. EDI-Systeme schaffen bilaterale Verbindungen zwischen Unternehmen und können mittlerweile durch Web-EDI-Anwendungen (EDI-Systeme auf Internet-Basis) noch flexibler eingesetzt werden. Vgl. auch Weiber/Meyer/Ebert (2001), S. 1659; Mattes (1999), S. 95 ff.; Hin-rich/Roithmayr (1998), S. 177.
455 Vgl. Hills (1997), S. 4.
122 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
wird für die unternehmensübergreifende Vernetzung und damit für geschlossene Benutzer-
gruppen („closed user Groups“) eingesetzt. Partner des Unternehmens (z.B. Distributoren,
Händler, Zulieferer etc.) erhalten spezielle Berechtigungen, um auf bestimmte unternehmens-
interne Informationen zugreifen oder eigene Informationen einbringen zu können. Durch
Extranets wird es möglich, Geschäftspartner in laufende Geschäftsprozesse kontrolliert einzu-
binden sowie die Beziehungen zu den jeweiligen kooperierenden Partnern zu stärken.456 Aus
Gründen der Übersichtlichkeit werden die jeweiligen Netzwerktypen nochmals in der
folgenden Abbildung voneinander abgegrenzt.
- E-Commerce Software und Systeme
- Elektronische Zahlungs-systeme und Kataloge
- Sicherheitssysteme
- Neue Märkte schaffen- Neue ZG/Marktanteile- Besserer Service- CRM- One-to-one Marketing
Internet (Offenes Medium)
- E-Mail- Workflow-Systeme- Internet/EDI- Sicherheitstechniken- Systemintegration
- Kooperationen- Partner-Integration- Outsourcing
Extranet (unternehmens-übergreifende Vernetzung)
- Electronic Mail- Groupware-Systeme (z.B.
Lotus Notes)- eLearning-Systeme
- Interne Kommunikation- Teamarbeit- Knowledge Management- Prozessunterstützung
Intranet (unternehmens-interne Vernetzung)
TechnikenEinsatzmöglichkeiten/
UnternehmenszieleNetzwerke
- E-Commerce Software und Systeme
- Elektronische Zahlungs-systeme und Kataloge
- Sicherheitssysteme
- Neue Märkte schaffen- Neue ZG/Marktanteile- Besserer Service- CRM- One-to-one Marketing
Internet (Offenes Medium)
- E-Mail- Workflow-Systeme- Internet/EDI- Sicherheitstechniken- Systemintegration
- Kooperationen- Partner-Integration- Outsourcing
Extranet (unternehmens-übergreifende Vernetzung)
- Electronic Mail- Groupware-Systeme (z.B.
Lotus Notes)- eLearning-Systeme
- Interne Kommunikation- Teamarbeit- Knowledge Management- Prozessunterstützung
Intranet (unternehmens-interne Vernetzung)
TechnikenEinsatzmöglichkeiten/
UnternehmenszieleNetzwerke TechnikenEinsatzmöglichkeiten/
UnternehmenszieleNetzwerke
Abbildung 27: Abgrenzung verschiedener Netzwerktypen Quelle: In Anlehnung an Fochler/Perc/Ungermann (1998), S. 22
Grundsätzlich präsentieren sich Unternehmen im Internet über eine „Homepage“ bzw. „Web-
Site“ (Internetauftritt des Unternehmens), die neben der öffentlich zugänglichen Homepage
auch die Strukturen des unternehmenseigenen Intranets sowie die Schnittstellen und Ver-
fahren des für bestimmte Partner zugänglichen Extranet beinhaltet.457 Die erste Generation
der Web-Sites bestand aus einer weitestgehend statischen „Corporate Site“, die keine oder
kaum Interaktionen und Integration zuließ.458 Danach folgten sogenannte Marketing Sites, die
bereits eine ausführliche Darstellung der Produkte des Unternehmens beinhalteten. Die
Internet-Präsenzen nahmen damit zwar deutlich zu, viele Unternehmen beschränkten sich aber
nur auf Werbung und Marketing und schöpften damit das Potenzial an Interaktions- und
456 Vgl. o.V. (1998), S. 12. 457 Vgl. Schwickert (2000), S. 283. 458 Vgl. dazu sowie zur Entwicklung und Arten von Internet-Auftritten Link/Tiedtke 2001, S. 6 f.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 123
Integrationsmöglichkeiten noch nicht voll aus.459 Die Generationen heute bestehen deshalb
aus interaktiven, für Online-Bestellmöglichkeiten verwertbaren „Ordering- und Integrated-
Sites“, die sich insbesondere durch eine hohe Transaktions-, Integrations- und Interaktionsfä-
higkeit auszeichnen.
4.2.2.2 Peer-to-Peer-Computing
Eines der in Verbindung mit dem Internet meistdiskutierten Themen der heutigen Zeit ist die
Peer-to-Peer-Technologie (kurz: P2P). Ursache dafür ist der (illegale) Tausch von digitaler
Musik und zunehmend auch von anderen digitalen Produkten, wie Filme und Spiele, über
„Filesharing-Netzwerke“ (= Online-Tauschbörsen) wie z.B. „KaZaA“ „Freenet“ oder
„Gnutella“. Durch die zunehmende Nutzungsintensität derartiger Online-Systeme werden in
Zukunft nicht nur Unternehmen der Musikindustrie, sondern auch Anbieter von Filmen,
Videos und Spielen vor neue Herausforderungen hinsichtlich der Entwicklung einsetzbarer
Geschäftsmodelle gestellt. Die damit verbundenen Geschäftsmodelle sollten vor allem auch
aus technischer und rechtlicher Sicht die Online-Vermarktung digitaler Produkte ermöglichen.
Bei P2P handelt es sich grundsätzlich um eine Technologie, mit der sich eine beliebige
Anzahl von gleichberechtigten Teilnehmern vernetzen können. Die vernetzten Teilnehmer
(Peers) können sowohl als Client (Datenempfänger) als auch als Server (Datensender)
fungieren460 und bilden dabei quasi ein in sich geschlossenes Online-System, in dem sie sich
untereinander auf der Basis einer Kommunikationssoftware, mit der sie unter anderem auch
den begrenzten Zugang zu ihren Daten freigeben, dezentral und direkt Textnachrichten sowie
multimediale Inhalte austauschen können.461 Aufgrund der Client/Server Funktionalitäten
ermöglicht P2P alle Formen der interaktiven multimedialen Kommunikation, d.h., die
Teilnehmer können sowohl „one-to-one“, „one-to-many“ und „many-to-many“ miteinander
kommunizieren.462 Durch die Möglichkeiten des direkten interaktiven Datenaustausches
zwischen den Peers beinhaltet besonders der Anwendungsbereich des „Filesharing“ (=
Datentausch innerhalb von Online-Tauschbörsen) ein beachtliches Nutzenpotenzial innerhalb
der Peer-to-Peer-Technologien.463 Aus diesem Grund werden derartige Technologien auch
innerhalb des „c2c“ zunehmend in Anwendungen, wie z.B. die des Instant Messaging (IM),
459 Vgl. Gräf (1999), S. 12; o.V. (2002), S. 2. 460 Vgl. Choi et al. (1997), S. 3. 461 Vgl. ähnlich auch Schögel/van Delden (2003), S. 2 f. 462 Vgl. DETECON (2002), S. 30. 463 Hierbei ist zu erwähnen, dass Peer-to-Peer-Technologien nicht nur als Filesharing-Netzwerke eingesetzt
werden, vielmehr lassen sich unter der Technologie noch andere bedeutende Anwendungsbereiche, die sichhauptsächlich auf Anwendungen innerhalb von Unternehmen beziehen, identifizieren: Unter dem Begriff „Grid Computing“ können z.B. geografisch verteilte Rechnerressourcen genutzt werden. Auch die Kommu-nikation, Kooperation und Koordination von Arbeits- bzw. Personengruppen finden unter dem Begriff P2P-Groupware eine Unterstützung. Vgl. dazu und weiterführend Schoder/Fischbach (2002), S. 5 ff.; Scho-der/Fischbach (2002a), S. 102 f. Zu „Grid Computing“ siehe auch ausführlich Foster/Kesselmann/Tuecke (2002); Barth/Grauer (2002).
124 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
welche als eine Form der Online-Kommunikation, die auf den direkten Austausch von
Nachrichten ausgerichtet ist, eingebunden.464
Innerhalb der Peer-to-Peer-Technologie können grundsätzlich zwei Arten von File-Sharing-
Modellen unterschieden werden.465 Zum einen lassen sich innerhalb eines zentralen
Filesharing-Modells digitale Inhalte, die sich dezentral auf den einzelnen Peers befinden,
zusätzlich anhand von Metainformationen auf einem zentralen Server indexieren. Der Server
enthält dabei Listen, in denen alle Benutzer mit ihren jeweiligen angebotenen Dateien
aufgelistet sind. Der wesentliche Vorteil dieses Modells besteht in der Möglichkeit, die Suche
nach geeigneten Inhalten schnell und stabil abzuwickeln. Nachteilig ist allerdings, dass die
Abschaltung des zentralen Servers gleichzeitig zu einer Funktionsunfähigkeit des Online-
Systems führt. Neben dem zentralistischen existiert ein dezentrales Filesharing-Modell, bei
dem auf einen zentralen Index-Server verzichtet wird. Hingegen besteht das Modell aus
mehreren, voneinander unabhängigen Servern, die nicht zwingend miteinander verbunden
sein müssen. Wird innerhalb dieser Systeme eine Suchanfrage gestellt, muss das gesamte
Online-System nach den gewünschten Daten durchforstet werden. Der Nachteil hierbei ist,
dass die Trefferquote abhängig von den sich zur Zeit der Anfrage am System beteiligten Peers
ist und demnach entsprechend variieren kann. Der Vorteil aus Sicht der Nutzer liegt in der
gegebenen Unmöglichkeit, ein derartiges dezentrales Online-System abzuschalten. Auch der
Ausfall eines Teilsystems würde nicht das gesamte Online-System beeinträchtigen.
Wie wir im Kapitel 4.3.2.3.2 noch sehen werden, eignen sich Online-Tauschbörsen auch für
die netzbasierte Distribution digitaler Produkte. Zum einen können diese aus Sicht der
Anbieter gegenüber den klassischen Client-Server-Anwendungen kostengünstiger betrieben
werden. Andererseits unterstützen Filesharing-Netzwerke das zur höheren Verweildauer und
Konsumbereitschaft führende Community-Modell.466
4.2.3 Stationäre und mobile Netzinfrastrukturen digitaler Produkte
4.2.3.1 Die zunehmende Bedeutung von Breitbandtechnologien
Wie bereits erwähnt, besteht die wesentliche Aufgabe von Online-Systemen darin, durch den
Zugang zu einem stationären und mobilen Netzwerk den Transport und damit die Distribution
digitaler Inhalte sicherzustellen. Als technologische Betreiber gelten dabei die Telekommu-
nikationsanbieter mit ihren Netzinfrastrukturen, die nach Möglichkeit eine dauerhaft verfüg-
bare, leistungsfähige, zuverlässige und für alle zugängliche Infrastruktur bereitstellen soll-
464 Vgl. ähnlich Schoder/Fischbach (2002), S. 5. Zu IM-Diensten sowie deren Anwendung im stationären und mobilen Internet siehe ausführlich Hummel (2002).
465 Vgl. im Folgenden teilweise Gehrke (2002), S. 42 f. 466 Vgl. Schögel/van Delden (2003), S. 3 f.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 125
ten.467 In Verbindung mit der Übertragung digitaler Produkte stellen Telekommunikations-
anbieter damit die Netzinfrastrukturen für die Übertragung zur Verfügung.468 Die Netzinfra-
strukturen sind dadurch gekennzeichnet, dass durch genügend Übertragungskapazitäten
(Frequenzbereich, Bitrate) und durch die Integration eines Rückkanals sowohl ein Informati-
onsfluss vom Anbieter zum Kunden als auch eine Übertragung vom Kunden zum Anbieter
ermöglicht wird.469 Je nach benötigter Übertragungskapazität sind Anbieter, die digitale
Produkte über Telekommunikationsnetzwerke zur Verfügung stellen, und Endkunden, die auf
das Angebot zugreifen, auf die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Netze angewiesen.
Grundsätzlich ist die benötigte Kapazität abhängig von der Größe der zu übertragenden
Leistung, wobei ein elektronischer Austausch von Daten und Informationen, für den eine
relativ große Übertragungskapazität in Anspruch genommen wird, auch als Breitband-
kommunikation oder in Verbindung mit dem Internet als „High-Speed Internet“ bezeichnet
wird.470
Im Allgemeinen lassen sich innerhalb der Telekommunikationsnetze unterschiedliche Typen
von Netzinfrastrukturen unterscheiden, die den An- und Abtransport digitaler Daten und
Informationen regeln. Innerhalb der Leitungsanschlussnetze sind dies klassischerweise das
Festnetz (analoges Telefonnetz, ISDN, DSL), die Mobilfunknetze (GSM, GPRS, UMTS)
sowie Kabelfernsehnetze. Eine weitere Unterscheidung lässt sich innerhalb der Übertragungs-
wege vornehmen: Generell kann die Datenübertragung über Kabel (Kupferkabel, Koaxialka-
bel, Glasfaserkabel, Stromkabel) sowie über drahtlose Verbindungen und Satelliten-
verbindungen erfolgen.471 Im Weiteren werden die innerhalb der jeweiligen Netzinfra-
467 Vgl. auch Wilfert (2000), S. 30. Hinsichtlich des Telekommunikationsmarktes ist anzumerken, dass dieser seit der Liberalisierung und Deregulierung Ende der 80er Jahre durch eine besondere Dynamik gekennzeich-net ist. Zur Entwicklung der Telekommunikation sowie hinsichtlich deren Relevanz für Wirtschaft, Gesell-schaft und Unternehmen vgl. o.V. (2001b); Koch (2001); Scharf/Wolf (2000); Pribilla/Reichwald/Goecke (1996). Zu Anbieterstrukturen des Telekommunikationsmarktes vgl. Gerpott (1998), S. 1 ff.
468 Vgl. Wilfert (2000), S. 31. Die Netzinfrastrukturen lassen sich anhand ihrer geographischen Ausdehnung in drei Klassen einteilen: LAN (Local Area Network): Netze innerhalb eines Gebäudes oder Firmengrundstü-ckes; MAN (Metropolitan Area Network): Netzwerke mit einer Ausdehnung innerhalb eines Großstadtbe-reichs (ca. 100 Km); WAN (Wide Area Network): Überregionale Verbindung von Rechnern, auch über Ländergrenzen hinweg. Vgl. Kolb (1998), S. 92 sowie ausführlich Steinmetz (2000), S. 439 ff.; Tanenbaum (2000).
469 Vgl. Heil (1998), S. 51 f.; Clement/Litfin (1998), S. 125. 470 Vgl. ähnlich auch Drobnik (2001), S. 80. Breitband (Broadband) ist ein Übertragungskanal, in dem die
„Bandbreite“ als Maßstab zur Bemessung der Übertragungsleistung eines Datennetzes bzw. eines Distributi-onskanals verwendet wird. Vgl. Tanenbaum (2000), S. 836; Negroponte (1997), S. 32; Wirtz (2002c), S. 13, 24. Der Begriff „Breitbandkommunikation“ ist hingegen nicht eindeutig definiert. Eine Abgrenzung gegenüber der „schmalbandigen Kommunikation“ lässt sich allenfalls auch über Bitraten vornehmen. Danach muss mit der digitalen Übertragung von Daten eine Übertragungsrate von mehr als 2 Mbit/s über einen Übertragungskanal als Schwelle für Breitbandübertragungen vorhanden sein. Vgl. dazu ausführlich Drobnik (2001). Zu beachten ist allerdings, dass durch den Einsatz geeigneter Kompressions- und Modulationstechni-ken der Breitbandbedarf für das gleiche Datenvolumen auch sinken kann, vgl. Gaida (2001), S. 59 sowie den Abschnitt 4.1.6.
471 Vgl. auch Pispers/Riehl (1997), S. 86 f.; Booz Allen & Hamilton (1997), S. 103. Eine detaillierte Übersicht der wichtigsten Übertragungstechnologien findet sich bei Paschelke/Roselieb (2002), S. 79.
126 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
strukturen vorhandenen Zugangstechnologien näher beschrieben. Im Mittelpunkt der Ausfüh-
rungen stehen dabei die für eine Übertragung digitaler Produkte am besten geeignetsten
einsetzbaren Breitbandanwendungen. Dazu zählen innerhalb des Telefonnetzes die xDSL-
Technologie, die Kabelfernsehnetze sowie andere geeignete Technologien, wie zum Beispiel
Satellitensysteme oder digitale Mobilfunknetze der zweiten und dritten Generation.
4.2.3.2 OnDemand und Streaming-Technologien
Wie bereits an verschiedenen Stellen deutlich wurde, handelt es sich bei digitalen Produkten
um elektronisch gespeicherte Informationen, die in ungebundener Form (online) über ein
mobiles oder stationäres Online-Systeme distribuiert werden können. Digitale Produkte, die
für eine Distribution zur Verfügung stehen, werden anhand von dafür geeigneten Übertra-
gungstechnologien an die Abnehmer ausgeliefert. Dabei können verschiedene Arten der
Datenübermittlung unterschieden werden: Zum einen lassen sich Dateien per Download
komplett und direkt auf das Endgerät übertragen (OnDemand); diese Methode eignet sich vor
allem bei zeitunabhängigen Inhalten wie Texte, Bilder oder Grafiken.472 Handelt es sich
hingegen um zeitabhängige speicherintensive Inhalte, wie Sprach-, Audio- und Videosequen-
zen, ist diese Art der Datenübermittlung durch die langen Wartezeiten, die auf Anwenderseite
entstehen, sehr ineffizient.473
Zum Einsatz kommen innerhalb des Abrufs speicherintensiver Inhalte deshalb Streaming-
Technologien.474 Bei dieser Übertragungsart werden Daten im Gegensatz zu einem Download
nicht auf der Festplatte des Abnehmers gespeichert, sondern meist gegen eine entsprechende
Nutzungsgebühr „virtuell ausgeliehen“: Streaming ist eine Technik, „...die durch einen
kontinuierlichen und gleichmäßigen Strom Daten auf Basis des Internet-Protokolls transpor-
tiert, so dass Audio- und Videodateien abgespielt werden können, ohne zuvor die gesamte
Datei übermitteln zu müssen“.475 Die Nutzung bzw. das Abspielen der angeforderten Daten
erfolgt damit ohne eine vorherige Speicherung auf der Festplatte des Abnehmers, sondern
472 Diese Art der Übertragung wird auch als „OnDemand“ bezeichnet. OnDemand-Inhalte bestehen aus Dateien in dem jeweiligen Format des Herstellers. Es handelt sich um vorproduzierte Inhalte, die auf der Anbietersei-te zum Abruf bereit liegen und bei Anforderung an den Anwender übermittelt werden. Vgl. dazu und weiterführend Künkel (2001), S. 13.
473 Vgl. Künkel (2001), S. 12. 474 Streaming-Technologien werden auch bei Liveübertragungen (Livestreamings) eingesetzt. Die digitalen
Inhalte (Audio- und Video) liegen bei Livestreamings im Gegensatz zu „OnDemand“ nicht als Datei vor, sondern werden ähnlich wie im Fernsehen in Echtzeit generiert und übermittelt. Vgl. weiterführend Künkel (2001), S. 13. Auch im Zusammenhang mit dem mobilen Internet existieren bereits Standards des „MobilenStreamings“, die eine Übertragung von digitalen Inhalten über mobile Endgeräte in Echtzeit ermöglichen. Da bei dieser Art der Übertragung die digitalen Inhalte nicht auf einem Datenträger abgespeichert werden,handelt es sich bei Streaming-Angeboten im Prinzip um E-Service-Leistungen. Vgl. ähnlich auch Hau-ser/Wunsch-Vincent (2002), S. 82.
475 Keuper/Hans (2003), S. 43.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 127
temporär in einem Cache-Speicher.476 Zum einen hat diese Technologie den Vorteil, lange
Download-Zeiten hinsichtlich der Nutzung des digitalen Produktes zu vermeiden. Auf der
anderen Seite wird durch die fehlenden Speichermöglichkeiten der Daten auf Anwenderseite
die unkontrollierte unrechtmäßige Weiterverwendung verhindert.477 Streaming-Verfahren
werden in jüngster Zeit verstärkt innerhalb der Vorkaufsphase eingesetzt. Hier können sie
z.B. als audiovisuelle Warenprobe oder aber auch als werblicher Kaufanreiz fungieren.478
4.2.3.3 Das Push- und Pull-Verfahren
Das Pull-Verfahren ist das innerhalb von Online-Systemen typische Funktionsprinzip479, in
dem sich der Nutzer die Inhalte, die er benötigt, aktiv vom entsprechenden Server des
Anbieters „zieht“ und damit herunterlädt. Der Anbieter stellt die fertig produzierten Inhalte
demnach nur auf einem entsprechenden Portal zur Verfügung. Der Nutzer muss wiederum
wissen, wo die Inhalte abgerufen werden können, und durch eigene Initiative entweder durch
die Nutzung einer Suchmaschine oder durch die direkte Auswahl, z.B. innerhalb eines
Kataloges, zu dem Angebot gelangen. So auch Luedi (1997): „Pull can […] be subdivided
into two subcategories, one in which the user searches for content and one in which the user
selects from a fixed menu of options.”480 Diese Art der netzbasierten Angebotsbereitstellung
hat vor allem den Nachteil, dass der Nutzer einem stark ansteigenden und auch meist
unübersichtlichen Angebot gegenübersteht, aus dem er sich das für ihn passende heraussu-
chen muss. Als Lösung hierfür dient der Einsatz von „Cybermediären“, die sämtliche
Angebote bündeln bzw. geeignete Suchmechanismen für ein vereinfachtes Auffinden zur
Verfügung stellen (siehe weiterführend das Kapitel 4.3.2.2.2).
Eine weitere Möglichkeit, digitale Produkte dem Nutzer zugänglich zu machen, besteht in der
Anwendung von Push-Technologien. Erst durch diese Technologie wird der Anspruch der
vollautomatisierten netzbasierten Auslieferung erfüllt, d.h. Inhalte können nach einem vorher
festgelegten Profil und in zeitlich festgelegten Intervallen automatisch vom Portalanbieter an
den Nutzer versendet werden. Auch innerhalb von Push-Verfahren können zwei Funktion-
sweisen unterschieden werden: „Push can [also] be further subdivided into two subcatego-
ries, one where the site has control and one where the user has control.”481 Beim Erstgenann-
ten gehen die Aktivitäten überwiegend vom Anbieter aus, d.h., der Anbieter stellt dem Nutzer
anhand eines vorher definierten, selbst initiierten Nutzerprofils individualisierte Angebote zur
476 Vgl. auch Seidl/Moerkerken/Rupp/Walter (2001), S. 57. 477 Vgl. Künkel (2001), S. 13. 478 Beispielsweise werden in jüngster Zeit im Internet digitale Musikprodukte vor der eigentlichen Veröffentli-
chung im Streaming-Format zur Verfügung gestellt. Interessenten können sich im Zuge dessen Teile des Musikstückes anhören, ohne das ein Herunterladen möglich bzw. notwendig ist. Vgl. dazu o.V. (2003o).
479 Vgl. Mocker (1998), S. 153. 480 Luedi (1997), S. 22. 481 ebd., S. 22.
128 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Verfügung (z.B. Rules-Based Matching). Dem gegenüber stehen Push-Verfahren, bei denen
die Angebotserstellung auf der Basis von Angaben der Nutzer initiiert werden (z.B.
Collaborative Filtering, Community Ranking).482
Die vorwiegend in stationären Online-Systemen verwendeten Verfahren lassen sich auch in
Zusammenhang mit der netzbasierten Distribution digitaler Produkte über mobile Endgeräte
einsetzen: Wird der Nutzer innerhalb von mobilen Online-Systemen anhand seiner Nutzungs-
und Bewegungsprofile lokalisiert oder wird die Standortbestimmung von ihm aktiviert,
werden ihm durch Push-Technologien die digitalen Angebote automatisch auf das mobile
Endgerät transferiert.483 Ein Beispiel dafür bietet der mobile Dienst der „Financial Times“:
Der Nutzer kann sich darin über bestimmte Ereignisse (z.B. Naturkatastrophen oder
Börsenbewegungen) nach dem Push-Prinzip unabhängig von seinem Aufenthaltsort
informieren lassen.484
Weitere Anwendungen nach dem Push-Prinzip lassen sich in Verbindung mit „Wireless
Advertising“ nennen: Hierbei handelt es sich um Werbeformen, die anhand von Push-
Technologien und innerhalb von LBS-Anwendungen auf ein mobiles Endgerät transferiert
werden. Der Nutzer hat dabei die Möglichkeit, seine Werbebotschaften im Vorfeld zu
konfigurieren, d.h., er bekommt, abgestimmt auf seine individuellen Wünsche (z.B. nach Zeit,
Ort), nur die Werbebotschaften präsentiert, die ihn interessieren (personalisierte Online-
Werbung).
4.2.3.4 Kompressionsverfahren
Wie bereits mehrfach angesprochen, werden im stationären und mobilen Online Marketing
entsprechende technische Infrastrukturen benötigt, die in der Lage sind, die für die Übertra-
gung von digitalen Produkten benötigten Kapazitäten bereitzustellen. Trotz dieser Bestrebun-
gen, die Netzkapazitäten durch Breitbandtechnologien zu erhöhen, treten bei der Übertragung,
Speicherung und Bearbeitung von unkomprimierten Audiodaten, Videodaten, Bildern und
Grafiken Engpässe in der Leistungsfähigkeit der verfügbaren Netze auf. Zu hohe Übertra-
gungsraten und Kapazitätsengpässe wirken sich zudem restriktiv auf Vermarktungsprozesse
digitaler Produkte aus.
Zur Verringerung des Datenvolumens und damit als Leistungssteigerung der Übertragungs-
geschwindigkeit und der Übertragungskapazität werden deshalb sowohl von den Anbietern
(Sender) als auch von Nachfragern (Empfänger) Kompressionsverfahren eingesetzt, die der
482 Die innerhalb der Push- und Pull-Verfahren verwendeten Technologien, die vor allem auch für Maßnahmendes One-to-One-Marketing eingesetzt werden, wollen wir an dieser Stelle nicht weiter vertiefen. Vgl. dazu ausführlich Luedi (1997).
483 Vgl. Link/Schmidt (2002), S. 140. 484 Vgl. Petersmann/Nicolai (2001), S. 15.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 129
Reduktion des Datenvolumens beim elektronischen Datentransfer in dem entsprechenden
Übertragungssystem dienen. Innerhalb der Datenkompressionsverfahren wird hinsichtlich des
Komprimierens (Encoding) und Dekomprimierens (Decoding) von Daten nach dem
Kompressionsgrad, d.h. dem Verhältnis der ursprünglichen zur komprimierten Datenmenge
unterschieden: 485
Verlustfreie Kompression: Bei der Datenkompression werden nur Redundanzen beseitigt,
d.h., nach der Dekomprimierung stehen die Ausgangsinformationen wieder voll zur Verfü-
gung.
Kompression ohne erkennbaren Verlust: Der Qualitätsverlust, der bei der Reduktion der
Daten entsteht, ist für den Nutzer nicht wahrnehmbar.
Verlustbehaftetes Kompressionsverfahren: Bei diesem Kompressionsverfahren entsteht ein
Verlust an Daten, der zu Qualitätseinbußen beim Decoding führt.
Die Anwendung der Komprimierungsverfahren und damit die Reduktion des Datenvolumens
sollten immer im Verhältnis zur gewünschten Darstellungsqualität erfolgen.486 Als Folge
dieser Datenreduktion wird die aus Nutzersicht als subjektiv empfundene sowie tatsächlich
vorhandene Geschwindigkeit bei der Übertragung, Speicherung und Bearbeitung von Daten
erhöht. Durch den Einsatz von Datenkompressionsverfahren entsteht neben der Reduktion
von Datentransferzeiten und -kosten sowie des Speicherplatzbedarfs auch die Möglichkeit,
vorhandene Systemressourcen effizienter zu nutzen.487 Die Datenreduktion betrifft aber nicht
nur die Übertragung, sondern den gesamten Lebenszyklus digitaler Produkte. Dies bedeutet,
dass auch bei der Erstellung, d.h. zwischen Kreation und Produktion, Daten komprimiert
werden. In Zusammenhang mit der Übertragung, Speicherung und Bearbeitung von
zeitunabhängigen und zeitabhängigen Medien innerhalb von Online-Systemen lassen sich die
folgenden grundlegenden für die Zukunft wichtigsten Kompressionsverfahren unterschei-
den:488
JPEG-Standard: Das unter dem Namen JPEG (Joint Photographic Experts Group) bekannte
Verfahren, wird auf die Kompression von verlustfreien und verlustbehafteten farbigen und
grau skalierten Standbildern angewendet. Bei einer schnellen Kodierung und Dekodierung
von Einzelbildern können auch Bewegbildfolgen verarbeitet werden, was wiederum als
Motion-JPEG bekannt ist.
485 Vgl. Pispers/Riehl (1997), S. 71; Langner (2001), S. 273. Weiter werden Kompressionsverfahren in sym-metrische und asymmetrische Verfahren unterschieden, vgl. dazu Kolb (1999), S. 81.
486 Vgl. auch Heil (1998), S. 51. 487 Vgl. Kolb (1999), S. 79. 488 Vgl. Steinmetz (2000), S. 130 ff.; Booz Allen & Hamilton (1997), S. 113. Gerpott (1998), S. 32; Tanenbaum
(2000), S. 771 ff.; Kolb (1999), S. 82 ff.; Pennebaker/Mitchel (1993); Liou (1991). Da an dieser Stelle aus Platzgründen nur kurz auf die Verfahren eingegangen werden kann, siehe weitergehend zu verschiedenen Kompressionsmethoden auch Steinmetz (2000), S. 114 ff.; Wagner (1995), S. 23 ff.; von Leitner (2000); Meyer (2000).
130 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
MPEG-Standard: MPEG als Oberbegriff steht für „Motion Pictures Expert Group“ und
wurde als nicht verlustfreies Kompressionsverfahren für Video- und Audio-Signale
entwickelt. Mittlerweile existieren neben MPEG-1, das eine Datenübertragungsrate von ca.
1,5 Mbit/s ermöglicht, weitere Standards, die als MPEG-2, MPEG-4 bzw. MPEG-7 bekannt
sind.489 Die Weiterentwicklung des MPEG-Standards ist mit der Forderung nach höherer
Qualität hinsichtlich der Entwicklung neuer multimedialen Anwendungen, z.B. auch für
Mobilfunknetze oder für den digitalen Rundfunk bzw. das digitale Fernsehen, verbunden.
H.261 und H.263-Standards: Diese Kompressionsverfahren werden primär bei der Übertra-
gung von audiovisuellen Informationen über schmalbandige Kanäle (ISDN-Netze) verwendet.
Einsatzfelder sind insbesondere Bildtelefonie- und Videokonferenzanwendungen.
Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz der Kompressionsverfahren ist die Einführung
eines einheitlichen technischen Standards. Im Gegensatz zum Festnetz- Internet muss dem
Nutzer innerhalb von mobilen Anwendungen garantiert werden, dass eine Software auf den
Endgeräten installiert ist, die eine einheitliche Nutzung der verschiedenen Kompressions-
verfahren ermöglicht.
4.2.3.5 Digital-Rights-Management-Systeme
Wie bereits angesprochen, vereinfacht das Internet durch die einfache und kostengünstige
netzbasierte (Re-)Produktion und Verteilung die Erstellung und Verbreitung von (illegalen)
Kopien. Von zentraler Bedeutung ist dabei die zunehmende Anzahl von Urheberrechts-
verletzungen, die sich durch die illegale Verbreitung von digitalen Inhalten durch z.B. Online-
Tauschbörsen wie Gnutella ergeben. Urheberrechtliche Fragen digitaler Produkte betreffen
grundsätzlich vier unterschiedliche Gruppen von Rechten:490 Zum einen regeln sie Transport-
rechte, die das Kopieren, das Übertragen und das Verleihen geschützter Werke betreffen,
sowie Vorführrechte, die Aktionen, wie das Anzeigen auf einem Bildschirm bzw. das
Ausdrucken oder das Abspielen von Musikstücken beinhalten. Die dritte Gruppe umfasst die
Sicherungsrechte, „...die Lizenznehmern das Recht einräumen, sich zum Beispiel durch
Erstellen von Sicherheitskopien vor Verlust oder Beschädigung des Produktes zu schüt-
zen“.491 Als vierte und letzte Gruppe lassen sich die abgeleiteten Rechte nennen, welche die
Veränderungen und Anpassungen von digitalen Inhalten sowie die Einbindung in andere
Werke bzw. die Extraktion von Teilen regeln.
Neben der Anwendung urheberrechtlicher Gesetze (siehe dazu auch die Ausführungen im
Abschnitt 4.4.3) werden von Inhalteanbietern vor allem technische Schutzmechanismen
489 Eine Übersicht der MPEG-Standards findet sich bei Kolb (1999), S. 91. 490 Vgl. dazu und im Folgenden Luxem (1999), S. 184 f. nach Stefik (1999). 491 Luxem (1999), S. 184 f.
4.2 Technologische Voraussetzungen für die Vermarktung digitaler Produkte 131
eingesetzt, die derartige Rechte am geistigen Eigentum auch in Zukunft aufrechterhalten bzw.
schützen sollen. Die hierbei eingesetzten technischen Schutzmaßnahmen werden unter dem
Begriff „Digital-Right-Management-System“ (DRMS) zusammengefasst und umfassen unter
anderem Verschlüsselungs- und Kopierkontrollverfahren für eine zuverlässige Authenti-
fizierung und Autorisierung der am Vermarktungsprozess beteiligten Transaktionspartner
(digitale Signaturen), Verfahren für eine personalisierte Kennzeichnung digitaler Produkte
(digitale Wasserzeichen)492, Mechanismen für eine zuverlässige Erfassung und Abrechnung
digitaler Produkte (Linzmanagement) sowie manipuliersichere Hard- und Software.493 Die
Bedeutung der unter einem DRMS zusammengefassten technischen Schutzmechanismen sind
unter dem Aspekt der urheberrechtskonformen netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte
im stationären und mobilen Online Marketing von besonderer Bedeutung und müssen daher
bei der Gestaltung der technischen Online-Systeme mit berücksichtigt werden.494 Aufgrund
der umfangreichen technischen Bestandteile eines DRMS wollen wir an dieser Stelle auf
weitere Ausführungen verzichten und auf die relevanten in der Literatur bereits vorhandenen
Abhandlungen und Beschreibungen derartiger Systeme, die zudem einem ständigen
technologischen Veränderungsprozess unterliegen, verweisen.495
492 Digitale Wasserzeichen als wichtiger Bestandteil zukünftiger DRMS basieren auf einer Markierungstechnik, mit deren Hilfe ein unhörbares Datensignal in den Daten einer Datei (z.B. Audio-, Bilddatei) versteckt wird. Die Markierung besteht entweder aus Informationen über den Urheber (z.B. Künstler, Komponist, Anbieter) oder aus Informationen über den Nutzer bzw. der Nutzung selbst (z.B. Nutzungsdauer) und kann bei Bedarf von einer speziellen Software ausgelesen und übermittelt werden. Vgl. dazu und weiterführend Lemme (2001); Rump (1999).
493 Vgl. Wauding (1999) sowie Bechtold (2002), S. 3. 494 Im Hinblick auf die Aufgabe der rechtskonformen Erfüllung von technischen Schutzfunktionen kann für
DRMS auch der Begriff „Copyright Management Systeme“ (CRM) verwendet werden. Vgl. Gehring (2002), S. 15.
495 Eine umfangreiche Beschreibung derartiger Systeme aus technischer Sicht zeigen die Ausführungen bei Pfitzmann/Federrath/Kuhn (2002) sowie bei Bechthold (2002), S. 23 ff. und Luxem (1999), S. 183 ff. Darüber hinaus vgl. zu DRMS im Allgemeinen auch Röscheisen (2001).
132 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte auf das stationäre und
mobile Online Marketing
„Die einfache Distribution digitaler Produkte im Internet liegt in der Tatsache begründet,
dass der Prozess der gesamten Wertschöpfungskette von der Information, über die Verein-
barung bis hin zur Abwicklung und Lieferung von digitalen Produkten ohne Medienbruch
durchlaufen werden kann. Die einfache und fast kostenlose Lagerung und Produktion
digitaler Produkte verstärken diesen Effekt.“496
4.3.1 Die vollständige Digitalisierung der Vermarktungsprozesse
Wie bereits im Abschnitt 4.1.3 angedeutet, impliziert der Einsatz digitaler Produkte im
stationären und mobilen Online Marketing durch die vollständige Umstellung auf netzbasierte
Vermarktungsprozesse auch prozessverändernde Wirkungen. Unter Prozess kann dabei
„...jede Art von einzelner/zusammengesetzter [wertschaffender] Tätigkeit zur Erzeugung
eines materiellen oder immateriellen Produktes, das den Anforderungen des Kunden/
Endabnehmers entspricht...“, verstanden werden.497 Eine Prozessorientierung betrifft
wiederum das Prozessmanagement sowie die damit zusammenhängende Gestaltung von
Geschäftsprozessen. Neben Geschäftsprozessen wie Beschaffung-, Forschungs- und
Entwicklungsprozessen498 umfasst die Prozessorientierung vor allem Maßnahmen zur
zielorientierten Steuerung der Wertschöpfungskette sowie in Verbindung mit digitalen
Produkten alle sonstigen Maßnahmen zur Steuerung vermarktungs- und verkaufsrelevanter
Prozesse der betreffenden Unternehmen. Bereits Hinterhuber (1997) führte aus, dass mit einer
Neugestaltung von Geschäftsprozessen die Kosten entscheidend gesenkt, der Service
wesentlich verbessert, die Durchlaufzeiten signifikant verkürzt, die Spielregeln im Markt nach
Maßgabe der Strategie verändert und somit die Kunden besser und/oder schneller zufrieden-
gestellt werden können, als dies den Konkurrenten möglich ist.499
Wie im Folgenden noch deutlich wird, verändern auch digitale Produkte die im Zusammen-
hang mit einer netzbasierten Vermarktung stehenden Prozesse derart, dass wir im Ansatz auch
von einer Neugestaltung vorhandener Wertschöpfungs- und absatzrelevanter Geschäfts-
prozesse sprechen können.500 Verursacht werden diese Prozessveränderungen vor allem durch
die vollständige Substitution von physischen Vermarktungsstrukturen durch netzbasierte, auf
496 Link/Schackmann (2000), o. S. 497 Hopfenbeck (2000), S. 715 nach Kleinsorge (1994), S. 51. 498 Vgl. zu weiteren Prozessarten Heinrich (2002), S. 246. 499 Vgl. Hinterhuber (1997), S. 113. 500 Allerdings wollen wir bedingt durch die Thematik des Online Marketing uns im Folgenden auf die
Darstellung der jeweiligen vermarktungsrelevanten Geschäftsprozesse digitaler Produkte sowie ihrer wettbewerbsstrategischen Bedeutung beschränken, was eine explizite Analyse anderer Prozessveränderungen (z.B. Informationsprozesse, Beschaffungsprozesse, Entscheidungsprozesse etc.) weitestgehend ausschließt.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 133
neue Informations- und Kommunikationstechnologien basierende Vermarktungssysteme, was
letztendlich auch zu einer Virtualisierung der Unternehmensorganisation führen kann. Gerade
digitale Produkte können durch ihre netzbasierte (Re-)Produktion und Distribution eine
virtuelle Organisationsstruktur unterstützen bzw. ermöglichen.501 Eine grobe Übersicht über
die vermarktungsrelevanten netzbasierten Geschäftsprozesse mit ihren Hard- und Software-
systemen zeigt die folgende Abbildung.
Digitale Produkte
• Content-Management-Systeme (CMS)• Digital-Rights-Management-Systeme (DRMS)• Sonstige Hard- und Software
Produktion/Produktentwicklung
Kommunikationsprozesse/ virtuelle Markenbildung
Preismanagement/Erlösmodelle
Distribution/Distributionssysteme
U n t e r
di
e
latig
i
si
etr
sn
e
mhen
ezorp
essDigitale Produkte
• Content-Management-Systeme (CMS)• Digital-Rights-Management-Systeme (DRMS)• Sonstige Hard- und Software
Produktion/Produktentwicklung
Kommunikationsprozesse/ virtuelle Markenbildung
Preismanagement/Erlösmodelle
Distribution/Distributionssysteme
U n t e r
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mhen
ezorp
ess
Abbildung 28: Prozessverändernde Wirkungen digitaler Produkte im Online Marketing
4.3.1.1 Der elektronische Geschäftsverkehr digitaler Produkte
“The core of electronic Commerce, as distinguished from conventional electronic commerce
areas, is reffered to as a ‘fully-digital business’.“502
Durch den Einsatz digitaler Produkte innerhalb elektronischer Geschäftsprozesse entsteht
auch ein vollautomatisierter Geschäftsverkehr, der nach Choi et al. (1997) als „Core of
Electronic Commerce“503 und nach Luxem (1999) als „Digital Commerce“504 bezeichnet
501 Vgl. ähnlich Corsten (2003), S. 187. 502 Choi et al. (1997), S. 17. 503 Vgl. Choi et al. (1997), S. 17.
134 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
wird. Hinter dem Begriff des „Core of Electronic Commerce“ steht die These, dass der Markt
im Electronic Commerce aus den Komponenten Marktteilnehmer, Vermarktungsprozess und
Produkt besteht, die je nach dem Grad der Digitalisierung einer physischen (offline) oder
einer digitalen (online) Dimension zugerechnet werden können.505 Ein vollständiger digitaler
Geschäftsverkehr ist dann erreicht, wenn sowohl die einzelnen Prozessschritte der Leistungs-
vermarktung (Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung) als auch der Teilnehmer und das
Produkt von digitaler Beschaffenheit sind. Hinsichtlich der Dimensionen sind allerdings nicht
nur Extrempositionen möglich, sondern der Grad der Digitalisierung ist jeweils „graduell“
steigerbar.506 Zum Beispiel lässt sich ein Produkt elektronisch bestellen, die Auslieferung
erfolgt hingegen physisch, sodass es sich dabei nur um eine Zwischenstufe und nicht um eine
vollständige elektronische Abwicklung des Geschäftsverkehrs handelt.
Nicht unproblematisch ist in diesem Zusammenhang die Einteilung in physische und digitale
Marktteilnehmer. Seddon (1998) merkt hierzu kritisch an, dass Choi et al. (1997) unter
digitalen Marktteilnehmern fälschlicherweise auch physische Marktteilnehmer, wie Nutzer,
die über einen Online-Shop bestellen, einordnen.507 Unter digitale Marktteilnehmer im
eigentlichen Sinne fallen allerdings nur Softwareagenten, die als digitale Agenten innerhalb
von digitalen Prozessen eingebunden werden können.508 Als Folge der Eliminierung der
Dimension „Marktteilnehmer“ führt Loebbecke (1999) die Dimension „Wertbindung“ ein,
was die Differenzierung zwischen gebundenen und ungebundenen digitalen Produkten
beinhaltet.509 Gebundene digitale Produkte sind solche, die an ein Speicher- bzw. Trägerme-
dium (Datenträger) gebunden sind (z.B. eine Musikdatei an eine CD-ROM).510 Diese lassen
sich – da ein Teil des Prozesses in der Regel physisch erfolgt – nicht vollständig in einem
digitalen Prozess verarbeiten. Auch Choi et al. deuten auf die Unterschiedlichkeit derartiger
Produkte am Beispiel einer CD-ROM hin: „CD-ROMs are in-between because their contents
are digital products but packaged in physical containers.“511 Ein an ein Speichermedium
gebundenes digitales Produkt ist demnach durch den physischen Anteil der Gebundenheit
kein reines digitales Produkt. Sobald sich allerdings die vorhandenen digitalen Daten vom
Speichermedium lösen lassen, handelt es sich gemäß der Definition im Vorkapitel um ein
504 Vgl. Luxem (1999), S. 11. 505 Vgl. Choi et al. (1997), S. 17. 506 Vgl. Luxem (1999), S. 12 f. 507 Vgl. Seddon (1998), S. 2. 508 Als Folge dessen eliminiert Seddon die Dimension „Marktteilnehmer“ und reduziert damit die Betrachtung
auf die Dimensionen „Produkt“ und „Prozess“. Vgl. Seddon (1998), S. 2 und die Ausführungen von Luxem (1999), S. 12 f.
509 Vgl. Loebbecke (1999), S. 3. Loebbecke verwendet in diesem Zusammenhang nicht mehr die Dimensionen Produkt, Prozess und Player (Marktteilnehmer), sondern gebraucht zur Darstellung der Digitalisierungsgrade die Dimensionen Produkt, Prozess und Wertbindung.
510 Vgl. Luxem (1999), S. 12. 511 Choi et al. (1997), S. 17.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 135
ungebundenes digitales Produkt, das vollständig über Online-Systeme transportiert werden
kann.
Allerdings kann die Gebunden- und Ungebundenheit digitaler Produkte besonders in
Verbindung mit neuen mobilen Anwendungen auch fließend sein. Zum Beispiel kann trotz
der Gebundenheit eines MP3-Files an ein physisches Speichermedium (MP3-Player) dieses
anhand eines mobilen Endgerätes – wo der MP3-Player integriert ist – beliebig kopiert und
ohne spürbare Zeitverzögerung weltweit verteilt werden. Der Anwender bewegt sich damit
ständig in einem elektronischen Netzwerk, von dem aus er digitale Produkte in Form von
Daten empfangen und verteilen kann. Eine Gebundenheit an ein physisches Trägermedium ist
damit nur noch bedingt gegeben. Genauer gesagt, verschwimmen durch die orts- und
zeitunabhängige Möglichkeit der Verteilung und Nutzung die Grenzen zwischen der
Gebunden- und Ungebundenheit. Die Ungebundenheit digitaler Produkte von einem
Trägermedium garantiert damit die Transportfähigkeit über stationäre und mobile Online-
Systeme und die vermarktungsrelevante Verwendung der Inhalte innerhalb des Online
Marketing. Abschließend kann ausgeführt werden, dass ein vollautomatisierter Geschäfts-
verkehr im Sinne des „Digital Commerce“ dann gegeben ist, wenn Produkte digitalisiert und
in ungebundener Form vorliegend einem netzbasierten Vermarktungsprozess zugeführt
werden können.512
4.3.1.2 Das virtuelle Wertschöpfungsnetzwerk digitaler Produkte
„Der Einsatz des Internet wird in Zukunft vor allem bei kleineren Transaktion mit einem
hohem Digitalanteil in der Wertschöpfung wichtig sein.“513
In Zusammenhang mit der Leistungserstellung digitaler Produkte werden durch die
netzbasierte (Re-)Produktion, Bereitstellung und Distribution auch die Wertschöpfungs-
prozesse vollständig virtualisiert. Bereits Rayport/Svikola postulierten 1994, dass der
„Marketplace“ zunehmend von einer Informationssphäre, dem sogenannten „Marketspace“,
ersetzt wird, indem „...Produkte und Services als digitale Informationen existieren und über
informationsgestützte Kanäle geliefert werden können“.514 Infolgedessen kommt es immer
mehr zu einer Zweiteilung des Marktssystems:515 Auf der einen Seite bleibt die physische
Welt des „Marketplace“ mit ihren physischen Produkten und deren Wertschöpfungs- und
512 Vgl. ähnlich Luxem (1999), S. 13. 513 Simon (2001), S. 103. 514 Rayport/Sviokla (1996), S. 104; Rayport/Sviokla (1994), S. 142. Im Prinzip werden im Marketspace die als
unterstützendes Element der Wertschöpfungsprozesse vorhandenen Informationen zu einem eigenständigen wertschaffenden Element, indem sie innerhalb der einzelnen Wertschöpfungsschritte zu digitalen Produkten transferiert werden. Daraus folgt, dass Informationen nicht mehr nur ein in den betrieblichen Leistungspro-zess eingehender Produktionsfaktor sind, sondern dass diese auch das Leistungsobjekt bzw. das Produkt selbst sind. Vgl. Hess/Böning-Spohr (2000), S. 310 sowie weiterführend den gleichen Abschnitt weiter unten.
515 Vgl. Weiber/Kollmann (2000), S. 48, 52
136 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Verkaufsprozessen weiterhin bestehen. Auf der anderen Seite entsteht der „Marketspace“, in
dem elektronische Informationen als immaterielle digitale Wirtschaftsgüter gehandelt,
verarbeitet und übertragen werden können.516
Die entstehende neue „virtuelle Welt“ besteht aus digitalen, von der physischen Welt
unterschiedlichen Wertschöpfungsprozessen, die als Ergebnis eine virtuelle Wertschöpfungs-
kette entstehen lassen, die zunehmend den Kunden in den Mittelpunkt der Aktivitäten rücken
und zudem tiefgreifende Konsequenzen für die Schnelligkeit, Produktivität und Flexibilität
der Prozessabwicklung517 mit sich bringen. Innerhalb der virtuellen Wertschöpfungsprozesse
existieren digitale Produkte zum einen als Endprodukt,518 zum anderen können diese aufgrund
ihrer Beschaffenheit auch als Input- bzw. Produktions- und ergänzende Faktoren eingesetzt
werden. So auch Weiber/Kollmann (2000): Die Ergebnisse virtueller Wertschöpfungs-
prozesse führen einerseits „...zu neuen, eigenständigen Leistungsangeboten, die direkt über
die virtuelle Welt der Datennetze vermarktet werden können...“ sowie andererseits zu
zusätzlichen Leistungen, „...die in Ergänzung zu den physischen Leistungsangeboten stehen
und ebenfalls im Marketspace angeboten werden können“.519 Das schließt auch die Rücküber-
tragung auf ein physisches Produkt nicht aus. Zum Beispiel kann eine im Internet erworbene
Musikdatei zusammen mit anderen digitalen Musikprodukten geschnürt und anhand eines
Produktions- und Distributionsprozesses in ein physisches Produkt (z.B. durch das Brennen
auf eine CD-ROM) rücktransformiert werden.
War die Aufgabenverteilung innerhalb von physischen Wertschöpfungsprozessen noch
abgrenzbar, nähern sich innerhalb von virtuellen Wertschöpfungsketten vormals getrennte
Wertschöpfungsprozesse unabhängiger Branchen an bzw. durchdringen sich wechselseitig.520
Zudem führt bereits Gerth (1999) aus, dass die „Loslösung“ der Informationsströme von den
physischen Strömen zur Folge hat, dass „...die bisher eher unterstützenden Informations-
ströme künftig ein eigenständiges Wertschöpfungspotenzial darstellen, das getrennt vom
Warenstrom verwertet werden kann“.521 Im Zuge der netzbasierten Vermarktung digitaler
Produkte werden die physischen Warenströme vollständig durch wertschöpfende netzbasierte
Informationsströme ersetzt, wobei die bereits vorhandenen unterstützenden netzbasierten
516 Vgl. auch Keuper/Hans (2003), S. 76 f. 517 Vgl. Picot (2001), S. 23. 518 Als digitales Endprodukt werden Güter bezeichnet, die sowohl für Konsum- als auch für Produktionszwecke
keiner weiteren Be- oder Verarbeitung mehr bedürfen. 519 Weiber/Kollmann (2000), S. 51. 520 An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass eine vollständige Digitalisierung der Wertschöp-
fungsprozesse durch digitale Produkte nicht immer eindeutig gegeben ist. Wie wir im Folgenden noch sehen werden, kann z.B. die Benennung von digitalen Inhalten (Labeling) als wichtige Wertschöpfungsstufe innerhalb von Filesharing-Netzwerken nicht immer automatisch, z.B. von einer Abspielsoftware für digitaler Produkte, übernommen werden. Die Voraussetzung für eine vollautomatisierte Wertschöpfungskette ist demnach nicht immer gegeben.
521 Gerth (1999), S. 254; vgl. dazu auch die dort angegebene Literatur.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 137
wertschöpfenden Informationsströme erhalten bleiben (siehe dazu auch die Ausführungen im
folgenden Kapitel weiter unten). In diesem Zusammenhang wurde bereits von mehreren
Autoren festgestellt, dass sich eine unmittelbare Bedrohung vor allem für die Wertschöp-
fungsketten der klassischen Hersteller sowie für deren Handelsstrukturen ergibt.522 Akteure,
die an den vollständig digitalen Informations- bzw. Warenströmen beteiligt sind, bilden
zusammen ein komplexes Wertschöpfungsnetzwerk, in dem digitale Leistungsangebote
zunehmend mit der Beteiligung des Kunden (re-)produziert, gebündelt und distribuiert
werden (siehe Abbildung 29).
digitale Inhalte
EndgeräteZugang
Navigation
Kunde
digitale Inhalte
EndgeräteZugang
Navigation
Kunde
Abbildung 29: Das Wertschöpfungsnetzwerk digitaler Produkte Quelle: In enger Anlehnung an Zerdick et al. (1999), S. 176; Keuper (2003), S. 58
Auf die einzelnen Wertschöpfungsstufen wird im Folgenden kurz eingegangen:523 Die
Wertschöpfungsstufe „Zugang“ vereint alle technischen Infrastrukturleistungen, die eine
Übertragung der erstellten und aggregierten Inhalte vom Anbieter zum Empfänger sowie die
Übertragung der Kommunikationsinhalte zwischen Kommunikationspartnern ermöglichen.
Unter „Navigation“ wird die Manipulation der Infrastruktur mittels Hardware- und Software-
komponenten verstanden, die eine Orientierung und Steuerung der physischen und netzba-
sierten Infrastruktur ermöglichen und verbessern. Die Wertschöpfungsstufe „digitale Inhalte“
umfasst die (Re-)Produktion, die Zusammenstellung und Distribution digitaler Produkte
sowie alle sonstigen Mehrwertleistungen im Sinne des „Value Added Services“ (z.B.
522 Vgl. stellvertretend Gerth (1999), S. 253 f. und die dort angegebene Literatur sowie den Abschnitt 4.3.2.2.2. 523 Vgl. im Folgenden Zerdick et al. (1999), S. 174 f. sowie teilweise Keuper (2003), S. 58 f.
138 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Abrechnungsverfahren, CRM etc.). Unter der letzten Wertschöpfungsstufe werden alle
„Endgeräte“ zusammengefasst, die zum Empfang der erstellten, aggregierten und übertra-
genen Inhalte benötigt werden.
Die Wertschöpfung des Online-Marktes digitaler Produkte wird gegenüber den klassischen
Wertschöpfungsprozessen zunehmend von einer größeren Anzahl digitaler Leistungen
gekennzeichnet sein.524 Der Kunde wird in diesem Zusammenhang immer stärker in den
Leistungserstellungsprozess integriert, d.h., er übernimmt innerhalb der Online-Vermarktung
digitaler Produkte in Abhängigkeit des Online-Distributionskanals zentrale Elemente der
Wertschöpfung und ist damit nicht mehr auf seine Rolle als Konsument beschränkt.525 Die
stärkere Integration der Endkunden im Wertschöpfungsprozess, z.B. innerhalb von Online-
Tauschbörsen, bewirkt eine immer stärkere Dezentralisierung der Online-Marketingakti-
vitäten in der Form, dass die herkömmlichen Vorgehensweisen der wertgenerierenden
Prozesse innerhalb der Markt- und Kundenkommunikation in Frage gestellt werden müssen
(siehe dazu auch den Abschnitt 4.3.2.3.2).
Innerhalb der Leistungserstellung treten neben den Akteuren des stationären Online
Marketing zunehmend auch Anbieter des M-Commerce hinzu, die digitale Inhalte entwickeln
und zur Verfügung stellen. Dabei bauen viele bereits etablierte Online-Anbieter des E-
Commerce ihre Aktivitäten im Zuge einer Diversifikationsstrategie in Richtung M-Commerce
aus. Der aus der Strategielehre stammende Begriff „Diversifikation“ steht für Veränderungen
bzw. für Vielfalt des Leistungsprogramms, wobei ein Unternehmen dann eine Strategie der
Diversifikation verfolgt, wenn sein bestehendes Leistungsprogramm um neue Produkte
erweitert wird und er diese auf noch nicht bearbeiteten Märkten anbietet.526 Nach Sjurts
(2002a) zeichnet sich eine Diversifikationsstrategie, die vor allem auch in Zusammenhang mit
Cross-Media-Strategien Anwendung findet, durch die folgenden zwei Merkmale aus:527
Erstens kennzeichnet diese das Verhältnis von Ausgangs- und Zielbranche im Hinblick auf
die Position in der eigenen Wertschöpfungskette. Eine Diversifikation auf der gleichen
Wertschöpfungsstufe wird als horizontal, eine Diversifikation, bezogen auf vor- und
nachgelagerte Wertschöpfungsstufen, wird als vertikal bezeichnet. Zweitens kann sich eine
Diversifikationsstrategie auf das Geschäftsfeld innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette
(„related“) sowie auf die einer unverwandten Branche („unrelated“) beziehen.528 Wie bereits
weiter oben angedeutet, führt die zunehmende Bedeutung derartiger Strategieansätze, die vor
allem durch die mehrfach erwähnte Konvergenz der TIME-Technologien unterstützt werden,
524 Vgl. Zerdick et al. (1999), S. 176. 525 Vgl. Clement/Nerjes/Runte (2002), S. 72. 526 Vgl. Fey (2000), S. 7 f. 527 Vgl. im Folgeden Sjurts (2002a), S. 5; ähnlich auch Fey (2000), S. 10 f. und die dort angegebene Literatur. Zu
Cross-Media-Strategien siehe auch den Abschnitt 4.3.3.4.1. 528 Vgl. weiterführend Sjurts (2002a), S. 5 ff.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 139
dazu, dass Anbieter verschiedener Branchen versuchen, über ihre Kernkompetenzen hinaus
weitere Stufen der eigenen oder fremden Wertschöpfungsketten zu besetzen (z.B. durch
Kooperationen oder Akquisitionen).529 Derartige wertschöpfungsbedingten Konzentrations-
prozesse führen letztendlich zu einer verbesserten und transparenten Anbieterstruktur und
damit zu der Möglichkeit einer schnellen Überwindung der kritischen Masse in Bezug auf die
Erweiterung des Kunden- und Marktpotenzials.
Ein weiteres wichtiges Merkmal der virtuellen Wertschöpfungsnetzwerke digitaler Produkte
ist die stärkere Verzahnung zwischen der netzbasierten Leistungserstellung und den Online-
Distributionssystemen. Neben der bereits erwähnten schnelleren Verteilzeit der fertigen
digitalen Inhalte bewirkt die Verzahnung auch eine beschleunigte Produktion, Distribution
und Produktentwicklung.
Zusammengenommen ist davon auszugehen, dass diese Effekte für die betreffenden Branchen
zu einer Neugestaltung ihrer bisherigen Wertschöpfungs- bzw. auch ihrer Leistungserstel-
lungsprozesse führen wird:530 Es ist anzunehmen, dass die einzelnen Wertekettenaktivitäten
digitaler Produkte im Gegensatz zu den herkömmlichen physischen Prozessen kostengünsti-
ger und kundenspezifischer durchgeführt werden können. Im Zuge des netzbasierten
Leistungserstellungsprozesses wird die absatzseitige Wertekette durch digitale Produkte
völlig neu strukturiert und gestaltet. Durch die netzbasierte Leistungserstellung werden die
einzelnen Wertschöpfungsketten in ein Wertschöpfungsnetzwerk transferiert. Die Wertaktivi-
täten werden dabei nicht nur verknüpft, sondern auch zunehmend an die Bedürfnisse der
Kunden angepasst.
Das dargestellte Wertschöpfungsnetzwerk werden wir deshalb nochmals anhand der neuen
netzbasierten Distributionskanäle konkretisieren. In diesem Zusammenhang ist es aufgrund
der im Kapitel 4.1 bereits angesprochenen dynamischen Markt- und Branchenentwicklung
angebracht, weitere Wertschöpfungsketten und Wertschöpfungsnetzwerke zumindest im Kern
der wertschöpfenden Aktivitäten als branchen- und produktunabhängig zu betrachten,. zumal
bereits zahlreiche Ausführungen zu produkt- und branchenabhängigen Veränderungen der
Wertschöpfungsketten und -strukturen in der Literatur vorhanden sind.531
529 Vgl. Booz Allen & Hamilton (1997), S. 77. Die Entbündelung und Neuordnung von Wertschöpfungs-aktivitäten wird auch als „Rekonfigurationsstrategie“ bezeichnet und zielt neben der Expansion in neueGeschäftsfelder auf die Erschließung neuer Erlösquellen ab. Vgl. Wirtz/Becker (2002a), S. 147 sowie zuErlösquellen auch den Abschnitt 4.3.5.2.
530 Vgl. im Folgenden insbesondere Zerfaß/Haasis (1999), S. 12. Die Autoren beziehen ihre Aussagen allerdings auf die Wertekettenanalyse unter dem Einfluss neuer Medien.
531 Eine detaillierte Übersicht über die bereits in der Literatur erschienenen Ansätze veränderter Branchenwert-schöpfungsstrukturen im Zusammenhang mit digitalen Prozessen und Inhalten bietet die Arbeit von Geiger(2002), S. 167 ff. Darüber hinaus vgl. zu Werteketten sowie deren Veränderungen in der Musikindustrie Stähler (2001), S. 255 ff.; Graham/Burnes/Hardaker (2002); Schaber (2000), S. 43; Hofer (2000), S. 133 ff. Zu Werteketten sowie deren Veränderungen innerhalb von Verlagsangeboten vgl. Keuper/Hans (2003), S. 236 ff.; Zerdick et al. (2001), Hofer (2000), S. 133 ff. sowie innerhalb der Videoindustrie Hofer (2000), S. 133 ff. Veränderungen für Medienunternehmen im Allgemeinen siehe Hess (2002); Wirtz (2000), S. 43.
140 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
4.3.1.3 Der vollautomatisierte Verkaufsprozess digitaler Produkte
Bisher konnten innerhalb konventioneller Verkaufsprozesse bzw. Verkaufsprozesse nicht-
digitaler Produkte Teile der Vorkaufsphase, wie beispielsweise die Produktrecherche oder der
Preisvergleich, sowie Teile der Kauf- und Nachkaufphase, wie die Bestellung oder Zahlung
bereits elektronisch abgewickelt werden.532 Digitale Produkte ermöglichen dagegen erstmals
auch die netzbasierte Zusammenstellung, Bereitstellung und Auslieferung innerhalb der
Kaufphase sowie eine vollständige elektronische Abwicklung von Serviceleistungen in der
Nachkaufphase (z.B. automatisiertes Reklamationsmanagement).533 Erforderten bisherige
netzbasierte Verkaufsprozesse physischer Güter noch einen erheblichen Anteil an physischer
Arbeitskraft (z.B. innerhalb von Logistikprozessen), lassen sich diese bei digitalen Produkten
um ein Vielfaches reduzieren. Übrig bleibt auch hier eine bereits in Zusammenhang mit den
Veränderungen von Wertschöpfungsprozessen beschriebene virtuelle Welt, die in Abhängig-
keit vom Digitalisierungsgrad durch vollautomatisierte Verkaufsprozesse gekennzeichnet ist
(siehe auch Abbildung 30).
Informationsnachfrage(z.B. Produktrecherche,
Preisvergleiche)
netzbasierteWarenauslieferung
(Distribution)Bezahlung
„pay per view“
netzbasierteZusammen-
stellung
Auswahl,Bestellung, Auftragsbe-stätigung,
Bezahlung ex ante
Informations-angebot
(z.B. Personali-sierung,digitale
Warenproben)
Serviceangebot (z.B.Kundendienst, Bezahlung ex post)
und Servicenach -frage (z.B.
Reklamation, Umtausch)
Vorkaufphase NachkaufphaseKaufphase
Informationsnachfrage(z.B. Produktrecherche,
Preisvergleiche)
netzbasierteWarenauslieferung
(Distribution)Bezahlung
„pay per view“
netzbasierteZusammen-
stellung
Auswahl,Bestellung, Auftragsbe-stätigung,
Bezahlung ex ante
Informations-angebot
(z.B. Personali-sierung,digitale
Warenproben)
Serviceangebot (z.B.Kundendienst, Bezahlung ex post)
und Servicenach -frage (z.B.
Reklamation, Umtausch)
Vorkaufphase NachkaufphaseKaufphase
Informationsnachfrage(z.B. Produktrecherche,
Preisvergleiche)
netzbasierteWarenauslieferung
(Distribution)Bezahlung
„pay per view“
netzbasierteZusammen-
stellung
Auswahl,Bestellung, Auftragsbe-stätigung,
Bezahlung ex ante
Informations-angebot
(z.B. Personali-sierung,digitale
Warenproben)
Serviceangebot (z.B.Kundendienst, Bezahlung ex post)
und Servicenach -frage (z.B.
Reklamation, Umtausch)
Vorkaufphase NachkaufphaseKaufphase
Informationsnachfrage(z.B. Produktrecherche,
Preisvergleiche)
netzbasierteWarenauslieferung
(Distribution)Bezahlung
„pay per view“
netzbasierteZusammen-
stellung
Auswahl,Bestellung, Auftragsbe-stätigung,
Bezahlung ex ante
Informations-angebot
(z.B. Personali-sierung,digitale
Warenproben)
Serviceangebot (z.B.Kundendienst, Bezahlung ex post)
und Servicenach -frage (z.B.
Reklamation, Umtausch)
Vorkaufphase NachkaufphaseKaufphase
Abbildung 30: Der vollautomatisierte Verkaufsprozess digitaler Produkte Quelle: Auf der Grundlage von Brenner/Zarnekow (1999), S. 34 f.; Hünerberg (2000), S. 123
Wie aus der Abbildung ersichtlich, unterscheiden sich aus Anbietersicht herkömmliche
konventionelle Verkaufsprozesse gegenüber denen digitaler Produkte insbesondere durch
weitere Automatisierungsmöglichkeiten in der Kauf- und teilweise auch in der Vor- und
Nachkaufphase (dunkle Felder). Neben der netzbasierten Zusammenstellung und Distribution
können z.B. nach dem Kauf anfallende Reklamationen vollautomatisch abgewickelt werden.
Zudem können innerhalb der Kaufanbahnung dem Kunden eine größere Auswahl an indivi-
532 Auf die genauere Beschreibung der einzelnen Phasen von Verkaufsprozessen wird an dieser Stelle nur kurz eingegangen: Am Anfang steht die Vorkaufsphase (= Anbahnungsphase), die dem Austausch von Informati-onen über die angebotenen bzw. nachgefragten Leistungen dient. Anschließend folgt die Kaufphase (= Vereinbarungs- und Abwicklungsphase), innerhalb derer sich die Teilnehmer über den Kauf einigen und den Austausch der vereinbarten Leistung vollziehen. Als letzte Phase lässt sich die Nachkaufphase nennen.
533 Vgl. ähnlich Hess/Schumann (2001), S. 89.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 141
dualisierten Angeboten sowie deutlich umfangreichere Informationen zu den Produkten als
Ganzes zur Verfügung gestellt werden (z.B. Kaufkonditionen, interaktive Produktbe-
schreibungen). Des Weiteren lassen sich zur Senkung der Qualitätsunsicherheiten vor dem
Kauf auch Warenproben (z.B. bei digitaler Musik) einsetzen.
Aus der Möglichkeit der netzbasierten Vermarktung folgt, dass sich die innerhalb der
einzelnen Phasen vorhandenen Informationen nicht nur auf das digitale Produkt selbst,
sondern – wie bereits erwähnt – auch auf Informationen über das Leistungsangebot als
Ganzes beziehen. Bereits Löbler (1997) führte dazu aus: „Geht man davon aus, dass ein
aktueller/potenzieller Kunde eine wie auch immer geartete Leistung erwerben möchte und
sich über das Internet eine entsprechende, seine Leistung unterstützende Information
beschaffen will, dann ist es zweckmäßig, die Informationen über das Produkt, über die
Beschaffung und Bestellung sowie über die Konditionen zusammenzufassen zu den
Informationen über das Leistungsangebot.“534 Gerade durch den Einsatz digitaler Produkte
innerhalb von netzbasierten Vermarktungsprozessen sind die Grenzen durch die bereits in
Verbindung mit virtuellen Wertschöpfungsprozessen genannten durchgehenden digitalen
Phasen hinsichtlich der klassischen Marketing-Instrumente und ihrer Sub-Mixe nicht mehr
klar erkennbar.535 Die digitalen Informationen der Online-Kommunikations-, der Online-
Distributions- und der Online-Preispolitik als Informationen über das Leistungsangebot sowie
die Informationen über die Leistung selbst und letztendlich mögliche Informationen über
Anbieter und Kunden können auch als ein Informationsbündel betrachtet werden,536 das zur
Durchführung eines Verkaufsprozesses digitaler Produkte notwendig ist (siehe Abbildung 31
auf der nächsten Seite).
534 Löbler (1997), S. 6. 535 Vgl. zu diesen Entwicklungen im Zusammenhang mit Individualisierungstendenzen im Internet Tiedtke
(2001), S. 45. Wir wollen im Folgenden die übliche Einteilung der Online-Marketing-Mix-Bereiche mit dem Hinweise beibehalten, dass sich innerhalb der weiteren Ausführungen Überschneidungen zwischen den Sub-Mixen nicht vermeiden lassen.
536 Vgl. Löbler (1997), S. 6. Der Autor bezieht seine Ausführungen allerdings auf die Abwicklung eines Kaufaktes im Internet und nicht explizit auf digitale Produkte.
142 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Informationsarten digitaler Produkte
Informationen über Anbieter
Online-Place
Online-Price
Online-Promotion
Informationen über das Leistungsangebot
Informationen über
Nachfrager
Online-Product
Informationen als Leistung
Informationsarten digitaler Produkte
Informationen über Anbieter
Online-Place
Online-Price
Online-Promotion
Informationen über das Leistungsangebot
Informationen über
Nachfrager
Online-Product
Informationen als Leistung
Abbildung 31: Die Systematik vermarktungsrelevanter Informationsarten digitaler Produkte Quelle: Auf der Grundlage von Löbler (1997), S. 7
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 143
Exkurs: Die Vollkommenheit der Automatisierung durch CHS
Die gezeigte informationstechnologische Unterstützung von Planungs- und Abwicklungs-
aufgaben innerhalb von Verkaufprozessen wird auch seit längerem unter dem Begriff des
„Electronic Selling“ diskutiert und findet innerhalb dessen ihren Höhepunkt unter der direkten
netzbasierten Geschäftsabwicklung des „Computer Handled Selling“ (CHS).537 Bei CHS
handelt es sich um einen „rein elektronischen Verkauf“, bei dem durch die Anwendung
elektronischer Netzwerke ein direkter interaktiver multimedialer Dialog zwischen Kunde und
Anbieter entsteht.538 Die Herstellung einer direkten netzbasierten interaktiven Kommunikati-
on durch das CHS kann auch als „Online Marketing“ bzw. in Verbindung mit dem Güterab-
satz über elektronische Netzwerke als „Online Absatz“ bezeichnet werden.539 Bereits Link
(1996) führte aus, dass sich durch den Einsatz des CHS für die Bereiche Marketing und
Vertrieb durchgreifende Veränderungen ergeben werden: Neben der Möglichkeit, sein
Leistungsangebot über elektronische Netzwerke „anywhere“ – „anybody“ – „anytime“ anzu-
bieten, fungieren Systeme des CHS als elektronische Verkäufer, indem sie eine Vielzahl von
Unterstützungsfunktionen für die Planung, Durchführung und Kontrolle der Verkaufs-
aktivitäten zur Verfügung stellen.540
Neben dem Einsatz eines CHS-Systems im stationären Internet entstehen auch zunehmend
mobile CHS-Systeme, über die eine vollständige elektronische Abwicklung von Verkaufs-
prozessen anhand mobiler Endgeräte möglich ist.541 Zwar findet – wie oben gezeigt – bereits
durch die Vermarktung physischer Produkte innerhalb des CHS ein weitestgehend automati-
sierter Verkauf über elektronische Netzwerke statt, eine Vollautomatisierung der Verkaufsak-
tivitäten innerhalb der pre-sales-, sales- und after-sales-Phase entsteht im C2C-Bereich auch
in Verbindung mit dem stationären und mobilen CHS allerdings erst durch die Integration
digitaler Produkte (siehe Abbildung 32).
537 Vgl. Link/Gerth (2002), S. 735, 737; Link (2003), S. 20. Bei CHS handelt es sich im Prinzip um die Weiterentwicklung der durch den Einsatz eines persönlichen Verkäufers gekennzeichneten Computer Aided Selling-Terminologie (CAS-Terminologie).
538 Vgl. Link (2000), S. 6. 539 Vgl. ähnlich Link/Gerth (2002), S. 737. Zu dem Begriff des Online-Absatzes vgl. Gerth (1999), S. 108 ff.
sowie den Abschnitt 4.3.2.2.1; zu Online Marketing siehe die vorangegangenen Ausführungen im Abschnitt 3.1.3.2.
540 Vgl. dazu und weiterführend Link (1996), S. 174 sowie zu Vor- und Nachteilen des CHS Link/Gerth (2002), S. 738.
541 Vgl. Link (2003), S. 20.
144 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Digitale Produkte
stationäres und mobiles
CHS
vollauto-matisiertes
CHS
Digitale Produkte
stationäres und mobiles
CHS
vollauto-matisiertes
CHS
Abbildung 32: Die Vollautomatisierung des CHS
Bei dem gezeigten vollautomatisierten CHS handelt es sich um eine maximale Verfügbarkeit
des Leistungsangebotes, d.h., die digitalen Inhalte können „omnipräsent“ zu jeder Zeit und an
jedem Ort zur Verfügung gestellt werden. In Anlehnung an die Ausführungen bezüglich des
„Core of Electronic Commerce“ sowie des „Digital Commerce“ in Kapitel 2.1.2 kann das
CHS digitaler Produkte auch als ein „Kernelement“ bzw. als eine „Vollkommenheit der
Automatisierung“ gesehen werden. Link (2003) spricht in diesem Zusammenhang auch von
einem Endpunkt „...einer langen technologischen Entwicklung innerhalb des Marketing, des
Controlling und der Informatik...“.542 Die Veränderungen, die sich dadurch für die Vermark-
tungsaktivitäten innerhalb des Online Marketing ergeben, sind – wie die Ausführungen noch
zeigen werden – revolutionär.
4.3.2 Die Online-Distributionspolitik digitaler Produkte
Im folgenden Kapitel sollen der Begriff sowie das Geschäftsmodell der Online-Distribution
digitaler Produkte abgegrenzt und im Hinblick auf verwandte Konzepte herausgearbeitet
werden. Dabei werden auch die besonderen Merkmale der Online-Distribution digitaler
Produkte herausgestellt. Als Grundlage dafür dienen zum einen die im Vorkapitel dargestell-
ten Charaktereigenschaften und Funktionsweisen der klassischen Distributionssysteme; zum
anderen werden die in der Literatur bereits vorhandenen Ausführungen zum Online-Vertrieb
bzw. zum Online-Absatz mit einbezogen. Dabei soll verdeutlicht werden, dass sich die
Online-Distribution online bestellter und physisch ausgelieferter Produkte im Wesentlichen
von der netzbasierten Distribution digitaler Produkte unterscheidet.
542 Link (2003), S. 21.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 145
Innerhalb des Abschnitts 4.3.2.3 wird dann das auf der Grundlage der vorausgegangenen
Ausführungen herausgearbeitete Online-Distributionssystem digitaler Produkte beschrieben
und systematisiert. Dabei geht es vornehmlich nicht um einen Systemvergleich der alten und
neuen Distributionssysteme, sondern um die genauere Darstellung der neuen innovativen
Online-Distributionskanäle sowie deren organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten und
Funktionsweisen. Dabei lassen sich sowohl direkte als auch indirekte Online-Distributions-
wege identifizieren, wobei der Schwerpunkt auf stationären und mobilen Portalen sowie auf
Online-Tauschbörsen als möglichen Online-Distributionskanälen digitaler Produkte liegt.
4.3.2.1 Das Leistungspotenzial von Online-Distributionskanälen
In Zusammenhang mit der Einsetzbarkeit von neuen elektronischen Medien als Distri-
butionskanälen wurden die Leistungspotenziale im Hinblick auf die Stärkung der eigenen
Wettbewerbsposition bereits von Gerth (1999) hinreichend analysiert.543 Abgesehen von den
damals und auch noch heute teilweise bestehenden Restriktionen (siehe hierzu auch das
Kapitel 4.4.3) wurde bei der Analyse deutlich, dass Online-Distributionskanäle gegenüber
klassischen Absatzkanälen umfangreiche prozess- bzw. wertschöpfungsverbessernde Poten-
ziale aufweisen.544 Ohne auf die Analyse im Detail einzugehen, wollen wir im Folgenden auf
der Grundlage des von Gerth (1999) dargestellten Analyserahmens die Leistungspotenziale
von Online-Distributionskanälen für den Einsatz digitaler Produkte darstellen (siehe Tabelle
6).
543 Der Fokus der Analyse lag allerdings nicht explizit auf der Online-Distribution digitaler Produkte, sondern bezog sich auf die Folgen des Einsatzes von neuen elektronischen Medien unter wettbewerbsstrategischenAspekten im Allgemeinen. Dies beinhaltete die Beziehungen der Unternehmen zu Kunden und Konkurrenten (horizontale Wettbewerbsbedingungen), das Verhältnis zu den Absatzmittlern (vertikale Wettbewerbsbedin-gungen) sowie eine Analyse der lateralen Wettbewerbsbedingungen (Bedrohungspotenziale durch Konkur-renten sowie Ersatzprodukte). Vgl. Gerth (1999), S. 7. Weitere Untersuchungen, die sich mit den Auswir-kungen des Internet auf die Distribution befassen, finden sich bei Paschelke/Roselieb (2001) sowie im Zusammenhang mit digitalen Produkten ansatzweise auch bei Luxem (1999).
544 Vgl. Gerth (1999), S. 157 ff., 302.
146 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Handel (Selbstbedienung)
Handel (Bedienung)
Online-Absatzkanal physischer Güter
Online-Absatzkanal digitale Produkte
Kontakt-/Sortimentsfunktion
Marktabdeckung (Distributionsdichte) hoch gering hoch sehr hoch
Sortimentsumfang (Qualität) mittel gering gering hoch
Kontaktqualität gering gering gering/hoch hoch
Kontaktkosten mittel hoch mittel/gering mittel/gering
Präsentations-/Beratungs-funktion
Informationsmenge/-qualität gering mittel mittel hoch
Präsentationsqualität mittel hoch mittel hoch
Beratungsqualität gering hoch mittel hoch
Informationsgeschwindigkeit mittel mittel mittel hoch
Info-/Beratungskosten gering hoch gering gering
Verhandlung/Abschluss
Produktkonfiguration (Qualität) nein nein nein ja
Abschluss-/Bestellmöglichkeit (Geschwindigkeit)
sofort sofort nicht sofort sofort
Abwicklungskosten mittel mittel mittel gering
Zahlung/Auslieferung
Qualität der Zahlungsabwicklung gut gut gut sehr gut
Ort der Bereitstellung/Lieferung Outlet Outlet Lieferung aktueller Aufenthaltsort
Lieferservice gut gut gut sehr gut
Lieferzeit/Verfügbarkeit (Geschwindigkeit)
sofort sofort Lieferung sofort (zeitflexible Gestaltung)
Kosten der Bereitstellung/Lieferung hoch hoch hoch gering
Informationsgewinnung mittel mittel hoch sehr hoch
Tabelle 6: Das Leistungspotenzial von Online-Absatzkanälen für digitale Produkte Quelle: Erweitert nach Gerth (1999), S. 158
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 147
Wie aus der Tabelle ersichtlich, ist der Einsatz von stationären und mobilen Online-
Distributionskanälen für die Vermarktung digitaler Produkte mit einer erheblichen Leistungs-
steigerung verbunden. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt.545
Marktabdeckung: Die geografische Reichweite ehemals physischer Produkte kann durch
den Einsatz von vor allem auf mobilen Technologien basierenden Online-Distributions-
kanälen erheblich ausgeweitet werden.
Sortimentsumfang: Das Sortiment kann augrund der beschleunigten und vereinfachten
Ermittlung von Kundenwünschen sowie der kostengünstigen Variantenbildung noch besser
auf die Bedürfnisse, Wünsche und Anforderungen der Konsumenten abgestimmt werden. Die
Erweiterung des Angebotes kann aufgrund der datenbankgestützten Artikelverwaltung
praktisch unbegrenzt erfolgen. Auch hinsichtlich der Angebotsvielfalt lässt sich gegenüber
physischen Vertriebsformen ein deutlicher Mehrwert erzielen.
Kontaktqualität: Grundsätzlich kann die Kontaktqualität durch das Individualisierungs- und
Interaktivitätspotenzial von Online-Systemen erheblich gesteigert werden. Allerdings muss in
diesem Zusammenhang auch das Aktivierungsproblem erwähnt werden, das durch die
nutzerseitige Initiierung und Steuerung von Kommunikationsprozessen und die damit
verbundene eingeschränkten Möglichkeiten der Kontaktaufnahme durch den Anbieter
zustande kommt.546
Kontaktkosten: Wird das Angebot digitalisiert und netzbasiert zur Verfügung gestellt,
können die Kontaktkosten innerhalb von Online-Systemen im Gegensatz zu den traditionellen
Vertriebsformen als geringer eingestuft werden. Kontaktkosten entstehen zum einen durch
den Einsatz von Online-Werbeinstrumenten und zum anderen durch den Aufbau und die
Pflege der zur Kontaktanbahnung benötigten technischen Systeme.
Informationsqualität: Die Informationsqualität des eigenen Leistungsangebotes lässt sich
durch den Einsatz von Online-Systemen vor allem hinsichtlich des Umfangs sowie der
Aktualität von Produkt- und Preisinformationen erweitern. Hierbei kann man vor allem auch
durch die Auswertung von Nutzer- und Nutzungsdaten das Individualisierungspotenzial
digitaler Produkte deutlich steigern.
545 Die folgenden Ausführungen haben das Ziel, die zukünftige Bedeutung von Online-Distributionskanälen für die Vermarktung digitaler Produkte herauszustellen. Zu den Eigenschaften von Online-Systemen wie Multimedialität, Interaktivität etc., die sich ebenfalls auf die Leistungspotenziale von Online-Distributionskanälen auswirken, siehe die vorangegangenen Ausführungen im Abschnitt 4.2.1.3. Die Auswirkungen digitaler Produkte auf das Marketing-Controlling werden nochmals im Abschnitt 4.4.2 ausführlicher dargestellt. Eine Darstellung der Gestaltungsanforderungen digitaler Produkte zeigt der Abschnitt 4.3.3.3.
546 Vgl. dazu auch Hünerberg (1998), S. 117.
148 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Präsentations- und Beratungsqualität: Besonders bei digitalen Produkten kann die Art der
Präsentation durch die fortschreitenden technischen Entwicklungen von Übertragungs-
kapazitäten, Bandbreiten, Kompressionsverfahren etc. sowie durch den Einsatz multimedialer
Darstellungsformen und Anwendungen gegenüber den traditionellen Präsentationsformen
erhöht werden. Die Verknüpfung von Information und Unterhaltung („Infotainment“) lässt
sich dabei besonders gut von Online-Systemen realisieren.
Informationsgeschwindigkeit: Wurde bereits im stationären Internet die Informations-
bereitstellung beschleunigt, ermöglicht das mobile Internet hinsichtlich des Zeitfaktors von
Dialog- und Transaktionsprozessen nochmals eine Steigerung. Digitale Produkte können
innerhalb von mobilen Online-Systemen unter Voraussetzung einer ausreichenden Übertra-
gungskapazität sowie einer „Always-On-Funktion“ unabhängig von Ort und Zeit genutzt
werden.
Informations- und Beratungskosten: Grundsätzlich lassen sich sowohl das Leistungs-
angebot selber als auch sämtliche anderen produktspezifischen Informations- und Beratungs-
leistungen digitalisieren. Dies führt im Allgemeinen zu erheblichen Kostensenkungs-
potenzialen, z.B. hinsichtlich Prospekte, Kataloge und anderer physischer Werbe- und
Verkaufsunterlagen. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass auch die Bereitstellung von
Online-Angeboten Kosten für die Pflege und technische Weiterentwicklung der entsprechen-
den technischen Systeme verursacht.
Produktkonfiguration: Werden digitale Produkte erst einmal netzbasiert bereitgestellt,
eröffnet sich dem Anbieter die Möglichkeit, diese stärker auf den Kunden auszurichten und
damit die Angebote stärker zu individualisieren und zu differenzieren. Die Angebots-
differenzierung und Variantenbildung kann innerhalb von Online-Systemen im Prinzip zu
einem Preis von Null realisiert werden und ist daher in Verbindung mit digitalen Produkten
besonders gut umsetzbar.
Abschluss-/Bestellmöglichkeit: In Verbindung mit digitalen Produkten können, bedingt
durch die bereits erwähnte Automatisierung von Verkaufsprozessen, die Bestellungen in
Echtzeit und ohne Medienbruch erfolgen. Der Kunde bekommt somit die Auftragsbestätigung
und auch das Produkt selbst sofort nach der Bestellung ausgehändigt, ohne dass es noch
einmal zu einer zeitlichen Lieferverzögerung kommt.
Abwicklungskosten: Diese lassen sich in Verbindung mit der elektronischen Auftragsbear-
beitung und der späteren netzbasierten Produktauslieferung erheblich reduzieren. Auch hier
muss erwähnt werden, dass Online-Systeme durch den Aufbau sowie die Pflege und
Weiterentwicklung Kosten verursachen.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 149
Qualität der Zahlungsabwicklung: In Zusammenhang mit der Zahlungsabwicklung von
Online-Angeboten digitaler Produkte kommen in Zukunft neben den üblichen bargeldlosen
Zahlungsverfahren (z.B. Kreditkarte, Bankeinzug) auch elektronische softwarebasierte
Zahlungsverfahren zum Einsatz. Diese ermöglichen eine Zahlungsanwicklung ohne
Medienbruch und zeichnen sich besonders durch eine qualitätssteigernde und bequemere
Zahlungsweise aus. Zudem sind sie in der Lage, auch Klein- und Kleinstbeträge, z.B. für
einen Zeitschriftenartikel, abzurechnen.
Ort der Bereitstellung: Da bei digitalen Produkten die physische Auslieferung entfällt,
können diese direkt und ohne Medienbruch an den aktuellen Aufenthaltsort des Kunden
ausgeliefert werden. Durch die sofortige Bereitstellung der Ware kann der Endabnehmer in
Abhängigkeit seines verfügbaren Endgerätes das Produkt auch sofort nutzen.
Lieferzeit/Verfügbarkeit: Bei der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte entfällt
gegenüber online bestellten und physisch ausgelieferten Produkten jegliche aus auftrags-
abwicklungs-, produktions- und transportbedingten Elementen bestehende Liefer- bzw.
Verteilzeit. Die Auslieferung erfolgt damit in „Lichtgeschwindigkeit“, wobei ein wesentlicher
Nutzeneffekt auch dadurch entsteht, dass die Lieferzeit und bei mobilen Systemen auch der
Lieferort des Produktes frei wählbar sind. Von Vorteil ist die zeitflexible Gestaltung des
Verfügbarkeitszeitpunktes vor allem bei der Online-Distribution zeitkritischer Inhalte. Zum
Beispiel lassen sich bei dem Vertrieb von aktuellen Nachrichten die Verteilzeiten zwischen
dem Zeitpunkt der (Re-)Produktion und der Verfügbarkeit beim Endabnehmer auf ein
Minimum reduzieren.547
Lieferservice: Auswirkungen hat die Online-Distribution digitaler Produkte auch auf den
Lieferservice548, d.h., neben der bereits genannten unmittelbaren Auslieferung der Produkte
können vor allem auch die Lieferzuverlässigkeit (z.B. Einhaltung von Lieferzusagen), die
Lieferbereitschaft (z.B. Liefergenauigkeit, Zustand der Ware) sowie die lieferungsabhängige
Informationsübermittlung (z.B. Lieferzeit, Lieferauskunft) effizienter abgewickelt werden.
Kosten der Bereitstellung/Lieferung: Ähnlich wie bei den Informations-, Beratungs- und
Abwicklungskosten lassen sich digitale Produkte mit erheblich geringeren Transaktionskosten
bereitstellen und liefern. Besonders die in Zusammenhang mit der schnelleren Lieferzeit eines
Produktes zusammenhängenden überproportional steigenden Kosten durch den Aufbau
zusätzlicher Zwischenläger, die Ausdehnung der Lagerhaltung, den Einsatz schneller
Transportmittel etc.549 entfallen innerhalb der netzbasierten Auslieferung digitaler Produkte.
Allerdings muss auch hier darauf hingewiesen werden, dass die Pflege und Weiter-
entwicklung eines Online-Angebotes auf Anbieterseite Kosten verursacht. Des Weiteren
547 Vgl. Gerpott/Schlegel (2002), S. 136. 548 Vgl. zu den Bestandteilen der Lieferservicepolitik auch Delfmann/Darr/Simon (1990), S. 19. 549 Vgl. dazu Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 954.
150 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
entstehen auf der Seite des Kunden Kosten für die zur Leistungsabwicklung benötigten
Hardware- und Softwaresysteme.
Informationsgewinnung: Wie wir im Folgenden noch sehen werden, lassen sich innerhalb
der netzbasierten Verkaufsprozesse kunden- und verkaufsrelevante (individuelle) Informa-
tionen über alle Phasen hinweg und ohne Medienbruch erheben und auswerten. Die daraus
entstehenden Nutzer- und Nutzungsprofile können sowohl für Erfolgsplanungs- und
Kontrollaktivitäten des Online Marketing als auch für eine stärkere Differenzierung und
Individualisierung des Leistungsangebotes im Allgemeinen eingesetzt werden.
Die Verwendung von stationären und mobilen Online-Systemen als netzbasierten Distri-
butionskanälen beinhalten demnach verschiedene Leistungspotenziale, die im Weiteren zu
umfangreichen, für Anbieter und Nachfrager gleichermaßen wertsteigenden Nutzenpoten-
zialen führen. Zwar können diese in Abhängigkeit vom Online-Distributionskanal und von
der jeweiligen Produktart in unterschiedlicher Intensität auftreten, eine gewisse Vereinheit-
lichung lässt sich dennoch konstatieren. Zu den Nutzenpotenzialen gehören sowohl aus Sicht
der Anbieter als auch der Nachfrager im Wesentlichen
• Kosten- und Zeiteinsparungen (z.B. durch Reduktion von Koordinations- und Trans-
aktionskosten oder durch die beschleunigte Abwicklung von Verkaufsprozessen),
• Rationalisierungseffekte und Effizienzsteigerungen (z.B. innerhalb der Beschaffung,
F&E, Produktion, Lagerhaltung etc.),
• organisatorische Wertsteigerungen (z.B. Reduzierung von Medienbrüchen, Reduktion von
Fehlerquoten, Erhöhung der Erreichbarkeit),
• Steigerungen der Absatzpotenziale (z.B. durch kontinuierliche Marktpräsenz, der Schaf-
fung neuer Märkte oder durch neue kundenindividuelle Produkte) und
• Verbesserungen der Wettbewerbssituation und der Kundenorientierung (z.B. durch einen
verbesserten Kundenservice, durch Preissenkungen, durch Customization oder durch die
Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen bzw. die Erreichung von Wettbewerbsvortei-
len).550
Darüber hinaus können in Zusammenhang mit E-Business-Systemen weitere wertsteigernde
Potenziale festgelegt werden. Derartige Potenziale basieren vor allem auf den im Vorkapitel
beschriebenen ökonomischen Eigenheiten des Internet und lassen sich in Anlehnung an die
Ausführungen zur Wertgenerierung des E-Business von Amit/Zott (2001) in die Dimensionen
Effizienz, Komplementarität, Lock-In-Effekte und Neuartigkeit unterteilen: „...we develop a
model of the sources of value creation. The model suggests that the value-creation potential of
e-businesses hinges on four interdependent dimensions, namely: efficiency, complemen-
550 Vgl. zu den monetären und nicht-monetären Nutzenpotenzialen des E-Business ausführlich Sauter (1999), S. 103 ff.; Zbornik (1996), S. 101 f.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 151
tarities, lock-in, and novelty.“551 Im Folgenden wollen wir die in dem Modell vorhandenen
Nutzendimensionen mit ihren Merkmalen auf Online-Distributionskanäle digitaler Produkte
übertragen und im weiteren Verlauf der Arbeit näher betrachten (siehe dazu die Abbildung
33).552
Value
Efficiency:• Exchange of information
and goods• Transaction speed• Bargaining costs• Costs of Marketing, sales,
transaction etc.• Demand and supply
aggregation• etc.
Lock-In-Effects:• Direct and indirect network
externalities• Switching Costs through
Loyalty programs, dominant design, content, customizationetc.
Novelty:• New transaction structures• New transaction content,
services and Information• New participations• etc.
Complementarities:• Between products and Services
for costumers• Within Products (Customized
and personalized products)• Between on-line and off-line
assets• Between technologies• Between activities• etc.
Value
Efficiency:• Exchange of information
and goods• Transaction speed• Bargaining costs• Costs of Marketing, sales,
transaction etc.• Demand and supply
aggregation• etc.
Lock-In-Effects:• Direct and indirect network
externalities• Switching Costs through
Loyalty programs, dominant design, content, customizationetc.
Novelty:• New transaction structures• New transaction content,
services and Information• New participations• etc.
Complementarities:• Between products and Services
for costumers• Within Products (Customized
and personalized products)• Between on-line and off-line
assets• Between technologies• Between activities• etc.
Abbildung 33: Nutzendimensionen netzbasierter Online-Distributionssysteme Quelle: In enger Anlehnung an Amit/Zott (2001), S. 504 f.
4.3.2.2 Die Besonderheiten der Online-Distribution digitaler Produkte
Für die Online-Distribution von Waren und Dienstleistungen über Online-Systeme existiert
im wissenschaftlichen Schrifttum kein einheitlicher Begriff. Gerth (1999) weist in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass die „...Neuartigkeit und Attraktivität der netzwerkbasierten
Geschäftsabwicklung für Wissenschaft, Praxis und Beratung [...] mittlerweile zu einer
Vielzahl von (teilweise) synonymen Begriffkonstruktionen...“553 wie z.B. Electronic Selling,
E-Commerce, M-Commerce, Electronic Home Shopping (EHS), Online-Shopping, Online-
551 Amit/Zott (2001), S. 1. 552 Die Übertragung des Modells auf Online-Distributionskanäle ist durchaus möglich und wurde bereits von
Schögel/van Delden (2003), S. 6 für die Analyse der P2P-Musikdistribution verwendet. 553 Gerth (1999), S. 109.
152 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Absatz, Online-Vertrieb, Online-Distribution, Electronic Distribution etc. geführt hat. Zudem
fehlt innerhalb der genannten Begriffe vielfach eine genaue Differenzierung zwischen einem
konventionellen Vertrieb von online bestellten und physisch ausgelieferten Waren sowie einer
netzbasierten Online-Distribution digitaler Produkte. Die bekanntesten Formen der netzba-
sierten Geschäftsabwicklung, nämlich der E-Commerce und der M-Commerce, wurden
bereits im Vorkapitel erläutert. Dabei wurde festgestellt, dass in Abhängigkeit von der
Verbindungsart beide Formen vereinfacht als eine elektronische Abwicklung von Verkaufs-
prozessen verstanden werden können. In diesem Zusammenhang wollen wir noch differen-
zierter auf die als Teilbereich des Online-Marketing-Mixes bekannte Online-Distribution, die
als eine mögliche Ausgestaltungsform des E- und M-Commerce gesehen werden kann554,
eingehen und diese näher definieren. Zunächst wird der Begriff des Online-Absatzes
beschrieben: Nach Gerth (1999) ist der Online-Absatz eine Form des Einzelhandels, „...bei
der Informationen über Produkte und Dienstleistungen unter Nutzung neuer elektronischer
Medien vom Anbieter direkt an den Endkunden übertragen werden, um diesen zu einer
Kauftransaktion auf Distanz zu bewegen, wobei die Kaufentscheidung direkt über die
entsprechenden Empfangsgeräte auch an den Anbieter zurück gemeldet wird“.555 Handelt es
sich dabei lediglich um einen Austausch produktspezifischer und bestellrelevanter Infor-
mationen und um eine anschließende physische Auslieferung der Produkte, wollen wir von
einem Online-Absatz im weiteren Sinne sprechen. Werden hingegen sowohl bestellrelevante
Informationen übermittelt als auch digitale Produkte netzbasiert bereitgestellt und ausge-
liefert, handelt es sich um Online-Absatz im engeren Sinne.556 Durch die Integration von
Online-Systemen im Marketing entstehen demnach neue netzbasierte elektronische Online-
Distributionskanäle, die sich für eine Auslieferung digitaler Produkte einsetzen lassen. In
diesem Zusammenhang wird in der Literatur häufig auch der Begriff der Online-Distribution
verwendet, die sich „...auf den umfassenden Einsatz neuer Informations- und Kommunikati-
onstechnologien...“ bezieht, „...um sämtliche wertschöpfende Aktivitäten und Aufgaben
innerhalb der Distribution von Waren- und Dienstleistungen an eine Kundengruppe in einem
elektronischen Absatzkanal zu gestalten“.557
554 Vgl. ähnlich Tomczak/Schögel/Birkhofer (1999), S. 108. 555 Gerth (1999), S. 110 in Anlehnung an Gerpott/Heil (1996), S. 1330. Hierbei handelt es sich im Prinzip um
eine Sonderform des Versand- bzw. Distanzhandels, d.h., der netzbasierte Leistungsaustausch erfolgt ohne direktes (physisches) Zusammentreffen der Transaktionspartner. Vgl. Gerth (1999), S. 110; Tomc-zak/Schögel/Birkhofer (2000), S. 222.
556 Vgl. ähnlich Wirtz (2001), S. 384; Wirtz (2002c), S. 49; Albers/Peters (2001), S. 328. Wirtz verwendet für Online-Absatz den Begriff des Electronic-Distribution und unterscheidet auch zwischen elektronischer Distribution im engeren und im weiteren Sinne. Köhler (1997) (2000) wiederum verwendet den Begriff Online-Vertrieb bzw. digitaler Vertrieb [vgl. auch Schaber (2000)] und differenziert zwischen dem Online-Vertrieb digitalisierter und nicht-digitalisierter Güter.
557 Tomczak/Schögel/Birkhofer (2000), S. 222. Zu weiteren Ausführungen zum Begriff der Online-Distribution vgl. Heise (1996); Paschelke/Roselieb (2002); Albers/Clement/Skiera (1999), Werner/Stefan (1997), S. 77; Waudig (1999), S. 341; Gräf (1999), S. 60 f.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 153
In Anlehnung an die o.g. Ausführungen wollen wir auch hier zwischen einer weiten und einer
engen Begriffsdefinition unterscheiden, wobei sich letztere wieder auf die netzbasierte
Distribution digitaler Produkte bezieht (siehe Abbildung 34).
Online-Distribution
Im weiteren Sinne
Online-Bestellung, physische Auslieferung
der Produkte
Online-Bestellung, netzbasierte Bereitstellung und Auslieferung digitaler
Produkte
digi ta leD
ist ri bu ti on
Im engeren Sinne
Online-Distribution
Im weiteren Sinne
Online-Bestellung, physische Auslieferung
der Produkte
Online-Bestellung, netzbasierte Bereitstellung und Auslieferung digitaler
Produkte
digi ta leD
ist ri bu ti on
Im engeren Sinne
Online-Distribution
Im weiteren Sinne
Online-Bestellung, physische Auslieferung
der Produkte
Online-Bestellung, netzbasierte Bereitstellung und Auslieferung digitaler
Produkte
digi ta leD
ist ri bu ti on
Im engeren Sinne
Online-Distribution
Im weiteren Sinne
Online-Bestellung, physische Auslieferung
der Produkte
Online-Bestellung, netzbasierte Bereitstellung und Auslieferung digitaler
Produkte
digi ta leD
ist ri bu ti on
Im engeren Sinne
Abbildung 34: Die Online-Distribution digitaler Produkte
Wie in der Abbildung ersichtlich, wollen wir im Folgenden für die netzbasierte Bereitstellung
und Auslieferung digitaler Produkte im Distributionsprozess von einer Online-Distribution im
engeren Sinne sprechen.558 Dies gilt auch, wenn es sich um einen nach Schögel/van Delden
(2003) innovativen Online-Absatzkanal, d.h., um einen für Unternehmen neuartigen, bisher
gar nicht oder nur wenig genutzten Vertriebskanal, der neben der netzbasierten Übertragung
digitaler Produkte auch sämtliche für den Kaufvorgang benötigten Informationen elektronisch
übermitteln kann, handelt.559
4.3.2.2.1 Auswirkungen auf Handelsstrukturen
Wie die zahlreichen Ausführungen zum Einsatz neuer IuK-Technologien innerhalb von
Distributionssystemen bereits gezeigt haben, beruht eines der meist diskutierten Themen auf
der Verschmelzung bzw. auf der Ausschaltung von Handelsstufen und damit von Zwischen-
558 Im Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen einer Online-Distribution im weiteren und im engerenSinne wollen wir für die Online-Distribution digitaler Produkte zur Vereinfachung auch den Begriff digitale Distribution (= digitaler Vertrieb) oder netzbasierte Distribution (= netzbasierter Vertrieb) verwenden. Bspw. verwendet Schneider (2002) den Begriff „digitale Distribution“ bereits für die Übermittlung digitaler Produkte über das Internet.
559 Vgl. zu dem Begriff „innovativer Online-Vertriebskanal“ Schögel/van Delden (2003), S. 5 und die dort angegebene Literatur. Im Prinzip handelt es sich bei dem Konzept des Online-Vertriebs um ein innovatives Geschäftsmodell, das – wie wir im Folgenden noch sehen werden – eine nach wirtschaftlichen Gesichts-punkten notwendige Vermarktung digitaler Produkte innerhalb von stationären und mobilen Online-Systemen ermöglicht.
154 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
stufen innerhalb der distributiven Wertschöpfungskette („Disintermediation“).560 Die zuneh-
mende Ausschaltung von Handelsstufen bedeutet letztendlich die Umgehung der klassischen
Handelsvermittler und damit eine Rückintegration der heute traditionell vom Handel
übernommenen Funktionen hin zu einer direkten Transaktionsabwicklung zwischen Hersteller
und Kunde.561 Zum einen sichert sich der Hersteller dadurch einen größeren Anteil der
Wertschöpfungskette mit dem Ziel, im erheblichen Umfang Transaktions- bzw. Vertriebs-
kosten zu sparen. Auf der anderen Seite profitiert der Kunde von den niedrigeren Preisen
durch die teilweise Weitergabe der Kostenvorteile durch den Hersteller. Derartige Formen des
direkten Online-Vertriebs zwischen Anbieter und Kunde existieren bereits. Die prominen-
testen Beispiele sind der Computerhersteller „Dell“ oder der Online-Versender „Amazon“, die
ihre physischen Produkte direkt ohne die Einbindung von Zwischenhändlern an die jeweiligen
Haushalte vertreiben, wobei weiterhin der Logistiksektor von der physischen Auslieferung
der Ware profitiert.
Weit bedeutender ist die Gefahr der vollständigen Eliminierung von Zwischenhändlern bei
der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte. So beschreiben in diesem Zusammenhang
Hess/Schumann (2001), dass durch den Einsatz vollständig digitaler Produkte innerhalb der
physischen Distribution die Veränderungen für Unternehmen am gravierendsten sind: „Bei
vollständig digitalisierten Produkten tritt an die Stelle von Druckerei/Logistik/Handel [...] ein
Netzbetreiber...“, was dazu führt, dass die klassischen Intermediäre der Medienbranche,
insbesondere Verlage, zunehmend unter Druck geraten.“562 Werden bei den klassischen
Online-Vertriebsformen die Produkte noch über physische Distributionssysteme ausgeliefert,
verlagern sich diese Aktivitäten auf das jeweilige Online-System. Unternehmensinterne oder -
externe Handelsstufen, die bisher den physischen Transport der Waren übernommen haben,
werden durch die netzbasierte Distribution überflüssig. Dazu Durlacher Research (2001):
„Digital Distribution eliminates an number of intermediaries from the value chain, or
replaces existing intermediaries (e.g. physical retailers) with intermediaries that have a lower
cost base (e.g. online retailers).”563 Innerhalb der netzbasierten Vermarktung kann die
Disintermediation bis zu einem Eigenvertrieb der digitalen Produkte durch den Urheber selbst
führen. So führten bereits Evants/Wurster (1997) aus, dass Online-Systeme, wie das Internet,
die Transaktionskosten derart senken werden, dass Journalisten ihre Inhalte direkt und ohne
560 Vgl. Gerth (1999), S. 200. Die entgegengesetzte Tendenz wird als „Intermediation“ bezeichnet und bedeutet, dass sich zwischen Hersteller und Endabnehmer Handelsstrukturen etablieren, wobei dabei die Absatz-wertekette durch eine Spezialisierung auf einzelne Wertaktivitäten aufgespalten wird. Vgl. zu beiden Tendenzen Tomczak/Schögel/Birkhofer (1999), S. 294; Schögel/Birkhofer et al. (2002), S. 19 ff.
561 Vgl. dazu und weiterführend Gerth (1999), S. 200 562 Hess/Schumann (2001), S. 94. Gerade bei digitalen Produkten wird in Folge dessen auch die gesamte
Lagerhaltung umgangen, d.h. der digitale Warenfluss verläuft direkt zwischen Lieferanten und Kunden und hat damit auch unmittelbare Auswirkungen auf das aus der physischen Distribution bekannte „Streckenge-schäft“. Vgl. Luxem (1999), S. 70 f.
563 Durlacher Research (2001), S. 9.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 155
die Einschaltung von Zwischenhändlern und damit der Verlage an den Leser z.B. per Mail
versenden können.564 Ein Beispiel für eine derartige sukzessive Ausschaltung von Handels-
stufen bis zu einem direkten netzbasierten Vertrieb in Zusammenhang mit Verlagsprodukten
zeigt Abbildung 35.
Abbildung 35: Beispiel einer Disintermediation im Verlagswesen Quelle: Luxem (1999), S. 49
Die Gefahr einer Disintermediation gilt aber nicht nur für Verlagsprodukte, wie Bücher,
Zeitungen, Fachzeitschriften etc., auch andere digitale Produkte werden davon betroffen sein.
So führten bereits Giaglis/Klein/O`Keefe (1999) im Zusammenhang mit dem netzbasierten
Vertrieb von Software aus: „In electronic Markets, it was initially expected, that direct sales
would dominate as software developers would provide consumers with the ability to directly
download software […], thus reducing the role of resellers and retailers.”565 Auch in
Verbindung mit dem Vertrieb von Musikprodukten können durch neue Formen der netzba-
sierten Distribution Transaktionskosten gesenkt werden, d.h., die Existenz von Zwischen-
händlern wäre auch hier überflüssig. Gerade die jüngsten Entwicklungen im Zuge von
Online-Tauschbörsen zeigen, dass durch eine derartige Distribution auch direkt zwischen
Endkunden (c2c) und damit unter dem Ausschluss der Hersteller und des Handels stattfinden
kann.
Im Hinblick auf die zunehmende Ausschaltung von Handelsstufen wurde allerdings schon
bald anhand empirischer Beobachtungen deutlich, „dass es in den meisten Branchen nicht zu
starken Disintermediationstendenzen durch das Internet gekommen ist, sondern dass sogar
564 Vgl. Evants/Wurster (1997), S. 76. 565 Giaglis/Klein/O`Keefe (1999), o. S.
Autor
Autor
Autor
Autor
Verlag
Verlag
Verlag
Konsu-ment
Konsu-ment
Konsu-ment
Konsu-ment
Einzel-handel
Groß-handel
Groß-handel
Traditionelle Wertschöpfungskette
Direktvertrieb durch Großhandel
Verlagsverkauf
Eigenvertrieb durch Autoren
Autor
Autor
Autor
Autor
Verlag
Verlag
Verlag
Konsu-ment
Konsu-ment
Konsu-ment
Konsu-ment
Einzel-handel
Groß-handel
Groß-handel
Traditionelle Wertschöpfungskette
Direktvertrieb durch Großhandel
Verlagsverkauf
Eigenvertrieb durch Autoren
156 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
eher mehr als weniger Intermediäre eingesetzt werden“.566 Als wesentlicher Grund für diese
Entwicklung gelten die nach wie vor vorhandenen Transaktionskosten beispielsweise in Form
von Suchkosten (Komplexitätsreduktion) oder Kosten für die Reduzierung der Kaufun-
sicherheit (Unsicherheitsreduktion). So erwähnt Gerth (1999), dass der Einsatz neuer
elektronischer Medien in Distributionssystemen Transaktionskosten, die für die Abwicklung
des Kaufprozesses von Seiten der Anbieter und Nachfrager aufgewendet werden müssen,
nicht vollständig aufhebt.567 Dies hat zur Folge, dass sich zum einen analog zu den in der
physischen Welt vorhandenen Intermediären neue spezielle „Online-Absatzmittler“ (Infome-
diäre, Cybermediäre) zwischen Hersteller und Endkunde schalten, die auf der Basis von
technischen Infrastrukturen die Koordination von Informations- und Transaktionsströmen
zwischen den Marktpartnern übernehmen (Cybermediation).568 Zum anderen werden traditio-
nelle Intermediäre aus der physischen Welt quasi reaktiviert, indem sie beispielsweise als
Online-Versandhändler die Suchkosten reduzieren (Reintermediation, Hypermediation).569
Auch in Verbindung mit digitalen Produkten zeichnen sich „Online-Absatzmittler“ insbeson-
dere durch die Fähigkeiten aus, den virtuellen Leistungsaustauschprozess durch die
Bündelung von Angeboten sowie durch die Sammlung von Kundeninformationen und die
anschließende Generierung von kundenspezifischen Angeboten effizienter zu gestalten und zu
unterstützen. Neben den neuen Online-Absatzmittlern im stationären Internet existieren diese
auch zunehmend im mobilen Internet und werden nach Reichwald/Meier (2002) als mobile
Intermediäre, die dem Nutzer eines mobilen Endgerätes unabhängig von Ort und Zeit die von
ihm gewünschten Informationen zur Verfügung stellen, bezeichnet.570 Mobile Intermediäre
koordinieren Informations- und Transaktionsströme zwischen Anbieter und Nachfrager,
indem sie bereits produzierte digitale Produkte gebündelt und in dem entsprechenden
Datenformat an den Endanwender liefern.571 Die Integrationsintensität der Endanwender bei
der eigentlichen Leistungserstellung ist gering, da die übermittelten digitalen Produkte gemäß
ihrer Definition bereits produziert sind und damit die Integration des Nachfragers als externer
Faktor nur noch bedingt notwendig ist.
Die Tendenzen zur Ausschaltung des Handels und damit die Bedrohungen für Handels-
strukturen sind innerhalb des netzbasierten Vertriebs digitaler Produkte im Wesentlichen
funktionsabhängig. Dies bedeutet, dass bestimmte Marktfunktionen, die bisher von Interme-
diären übernommen wurden, auch in Zukunft innerhalb elektronischer Märkte nicht zu
566 Schaber (2000), S. 39. Zu der zukünftigen Aufgabenverteilung des Handels im E-Commerce siehe auch denBeitrag von Picot/Heger (2001).
567 Vgl. Gerth (1999), S. 203. 568 Vgl. Tomczak/Schögel/Birkhofer (2000), S. 224; Gerth (1999), S. 203. 569 Vgl. Schaber (2000), S. 39; Picot/Heger (2001), S. 133. 570 Vgl. Reichwald/Meier (2002), S. 23. 571 Vgl. ähnlich Reichwald/Meier (2002), S. 23.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 157
niedrigen Transaktionskosten direkt vom Hersteller abgewickelt werden: „Similarly, some
intermediary functions cannot be absorbed by sellers at low cost, thus leaving enough space
for intermediation in electronic markets.“572 Somit lassen sich auch innerhalb des „Market-
space“ Online-Absatzmittler identifizieren, die bei einem netzbasierten Vertrieb digitaler
Produkte verschiedene Marktfunktionen übernehmen (siehe dazu im Folgenden Tabelle 7).
Entscheidungen hinsichtlich der Organisation des digitalen Vertriebs und damit auch
hinsichtlich der Ausgestaltung zukünftiger Handelsstrukturen sind zudem von der Markt-
struktur sowie den Produkten und damit von der Wahl des jeweiligen Distributionssystems
abhängig.573 So sind die Tendenzen einer Disintermediation in einem Monopol oder Oligopol
erheblich höher als in einem Polypol, was sich besonders am Beispiel von Microsoft oder
Dell verdeutlichen lässt.574 Umgekehrt führt ein Markt mit vielen kleinen Anbietern sowie
unübersichtlichen Produkten und Preisen zu einer Re- bzw. Cybermediation. Wie sich in
jüngster Zeit anhand des Online-Musikmarktes verdeutlichen lässt, ist auch die Art des
Produktes entscheidend für die Wahl der Organisation netzbasierter Distributionssysteme:
Beispielweise ist es trotz der geringen Anzahl an Unternehmen der Musikbranche (Majors)
nicht gelungen, ein tragfähiges Geschäftsmodell für die Vermarktung digitaler Musikprodukte
zu installieren. Der wesentliche Erfolgsfaktor, nämlich der Aufbau eines anbieterübergreifen-
den Angebotes, kann durch den hohen Koordinations- und Abstimmungsaufwand nicht von
einem Hersteller erfüllt werden. Die Labels bauen deshalb zunehmend indirekte netzbasierte
Distributionssysteme auf, innerhalb derer sie ihre Musikangebote über Portale dritter für eine
weitere Vermarktung zur Verfügung stellen.
572 Giaglis/Klein/O`Keefe (1999), o. S. 573 Vgl. ähnlich Luxem (1999), S. 53 und die dort angegebene Literatur. 574 Vgl. weiterführend Giaglis/Klein/O`Keefe (1999), o. S.; Luxem (1999), S. 53 f. Zu Marktformen siehe
ausführlich Wöhe (1993), S. 665 ff.
158 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Market Function Electronic Market Influence Likely Effects on Intermediation
Personalisation of Products Disintermediation (especially in digital Products)
Aggregation Cybermediation (aggregators) Determination of Product Offerings
Disaggregation Disintermediation (pay-per-use)
Lower Search Costs Disintermediation
More complex search Requirements Cybermediation Searching
Lower Barries to entry Cybermediation/Reintermediation
Redistribution of Mechanisms Cybermediation/Reintermediation Price Discovery
New Markets Cybermediation
Lower Logistical Costs Disintermediation Logistics
Economies of Scale Reintermediation
New cost Structures Reintermediation Settlement
New payment mechanisms Cybermediation/Reintermediation
Trust Increased Protection Requirements Cybermediation/Reintermediation
Legal and Regulatory Institutional Support for Electronic Markets
Reintermediation
Tabelle 7: Bedrohungspotenziale des klassischen Handels durch Intermediationseffekte Quelle: Giaglis/Klein/O`Keefe (1999), o. S.
4.3.2.2.2 Die Ausschaltung physischer Distributionsprozesse
Wie bereits angesprochen, entfällt durch die vollautomatisierte elektronische Abwicklung der
Distributionsprozesse digitaler Produkte jeglicher physische Anteil. Überflüssig werden in
diesem Zusammenhang vor allem die im vorherigen Kapitel erwähnten physischen internen
und externen Handelsstrukturen und damit die gesamten physischen Distributionssysteme.
Dies bedeutet auch, dass physische Wertschöpfungsanteile innerhalb des Distributions-
prozesses vollständig eliminiert bzw. durch die bereits angesprochenen digitalen Wert-
schöpfungsphasen ersetzt werden. Die sonst übliche Entkopplung der Informationsströme von
den physischen Warenbewegungen, die den Online-Vertrieb physischer Produkte kenn-
zeichnen, wird damit aufgehoben. Dadurch entfällt die Zweiteilung der distributiven in eine
physische und eine informationsbasierte Wertekette. Übrig bleibt die im Kapitel 4.3.1.2
angesprochene virtuelle Wertschöpfungskette, die den Kunden zunehmend in den Distri-
butionsprozess digitaler Inhalte integriert. Durch den Eliminierungsprozess physischer
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 159
Bestandteile wird das Management vor völlig neue Herausforderungen gestellt: Haben die
betreffenden Unternehmen bisher Erfahrungen und Kompetenzen im Management physischer
Warenströme gesammelt, „...wird nun von ihnen verlangt, sich als Manager von Datenströ-
men zu betätigen“.575 Darüber hinaus lassen sich durch die netzbasierte Distribution zunächst
einmal die Kosten der physischen Warenverteilung eliminieren, was im Ergebnis zu einer
Reduktion der Distributions- und Logistikkosten führt: „Electronic Markets allow for a
dramatic reduction of distribution and logistic costs, especially in the case of digital products
and services.“576 Die netzbasierte Distribution führt demnach zu den bereits mehrfach
erwähnten Fixkostendegressionseffekten, d.h., im Gegensatz zu den hohen Fixkosten (First
Copy Costs) bei der Produktion digitaler Produkte können diese mit relativ geringem
Aufwand vervielfältigt und verteilt werden.577
4.3.2.3 Das Online-Distributionssystem digitaler Produkte
Durch die Möglichkeit der stationären und mobilen Online-Distribution digitaler Produkte
entstehen neue elektronische Vertriebskanäle, die entweder den bestehenden konventionellen
physischen Vertrieb über den stationären Handel als zusätzliches Vertriebssystem ergänzen
oder als eingenständige elektronische Vertriebskanäle diesen substituieren.578 Auch Fritz
(2000) führte in Zusammenhang mit der strategischen Ausrichtung netzbasierter Distri-
butionswege aus, dass Unternehmen zum einen das Internet als ergänzende Funktion zum
klassischen Vertrieb verwenden, d.h., die traditionellen Vertriebskanäle bleiben bestehen
(Informations-Transaktionsmodell). Zum anderen können Anbieter im Zuge eines Transakti-
ons-Informationsmodells den physischen Vertrieb ganz auf das Internet verlagern, d.h., das
komplette Leistungsangebot wird ausschließlich mit der Hilfe von Online-Systemen
netzbasiert vertrieben.579
Zu den Online-Vertriebskanälen digitaler Produkte gehören neben dem stationären und
mobilen Internet auch der interaktive digitale Rundfunk (Fernsehen, Radio) sowie Filesha-
ring-Netzwerke.580 Sowohl innerhalb der ersten als auch bei der zweiten Variante rücken
Online-Vertriebskanäle im Sinne des Multi-Channel-Ansatzes581 weiter in den Mittelpunkt
575 Schögel/van Delden (2003), S. 2. 576 Giaglis/Klein/O`Keefe (1999), o. S. 577 Zu einer Kostenanalyse siehe auch den Abschnitt 4.4.2. 578 Bereits Gerth (1999a) merkte an, dass auf lange Sicht in bestimmten Branchen, wie z.B. Banken,
Versicherungen oder Medien, auch eine vollständige Migration in Online-Systeme möglich ist. Vgl. Gerth(1999a), S. 149.
579 Vgl. dazu und weiterführend Fritz (2000), S. 228. 580 Zu den Online-Vertriebswegen gehört im Allgemeinen auch das „Call Center“. Dieser Kanal sowie andere
elektronische Kanäle, wie z.B. eine Faxbestellung, können allerdings nicht als vollautomatisierten Vertrieb-weg für digitale Produkte eingesetzt werden und sollen deshalb in dieser Arbeit nicht in die Betrachtungen mit einbezogen werden.
581 Siehe zu Multi-Channel-Management weiterführend Wirtz (2002) (2002a), Zentes/Schramm-Klein (2002), S.451.
160 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
des Interesses. Kommt es durch die zunehmende Bedeutung des netzbasierten Vertriebs
digitaler Produkte zu Substitutionsbeziehungen zwischen den physischen und den neuen
netzbasierten Distributionskanälen, führt dies zwangsläufig zu Absatzkanalkonflikten
innerhalb der physischen und digitalen Welt.582
Grundsätzlich können auch innerhalb der netzbasierten Distribution direkte und indirekte
Distributionswege unterschieden werden.583 Die direkte netzbasierte Distribution beinhaltet
keine Zwischenstufen und erfolgt über ein dem Unternehmen angehörendes Online-Portal
oder über eine zum Unternehmen gehörende Tauschbörse. Kennzeichnend für die direkte
netzbasierte Distribution ist die URL-Adresse, die sich im Besitz des ursprünglichen Rechte-
inhabers der Inhalte befinden muss. Im Gegensatz dazu kennzeichnet die indirekte Distributi-
on mindestens eine Zwischenstufe sowie die Platzierung der Inhalte auf einem unternehmens-
fremden Portal bzw. die Integration in eine unternehmensfremde Online-Tauschbörse.584
Die Wahl des Online-Distributionsweges und damit die Ausgestaltung eines Online-
Distributionssystems digitaler Produkte ist zudem – wie bereits in Verbindung mit Infome-
diären erwähnt – abhängig von den Branchenstrukturen sowie von der Art des digitalen
Transaktionsobjektes. Da im Zusammenhang mit der Gestaltung von Online-Distributions-
systemen aus Platzgründen nicht auf jede einzelne branchenspezifische Eigenheit sowie auf
jede Art eines digitalen Produktes eingegangen werden kann, wird für die Beschreibung ein
branchen- und produktunabhängiges Modell verwendet (siehe dazu ausführlich Tabelle 8 auf
den nächsten Seiten).
Das in der Tabelle dargestellte Online-Distributionssystem digitaler Produkte ermöglicht
grundsätzlich einen hohen netzbasierten Verbreitungsgrad der digitalen Inhalte. Die
Weitergabe über die ein- und mehrstufigen Distributionssysteme erfolgt vollautomatisch und
bei bereits fertig produzierten digitalisierten Produkten von der (Re-)Produktion über die
Verteilung bis zur Distribution auch ohne Medienbruch. Zudem lassen sich durch die
vollständige netzbasierte Abwicklung sowohl eine flexible Verwaltung der Rechte und
Lizenzen als auch eine einfache und schnelle Verfügbarkeit der Leistungsangebote beim
Endnutzer realisieren. Anbieter digitaler Produkte müssen in Zukunft versuchen, ein in
Relation zur Konkurrenz leistungsfähiges netzbasiertes Distributionssystem für die
582 Vgl. Wirtz (2001), S. 389 ff. 583 Vgl. im Folgenden teilweise Gerpott/Schlegel (2002), S. 137. 584 Vgl. Heinrich (1999), S. 167. Die Verwertung von digitalen Produkten über verschiedene Distributionsstufen
hinweg wird in der klassischen Medienökonomie, z.B. im Zusammenhang mit der Mehrfachverwertung von Kinofilmen und TV-Produktionen, auch als „Profit Windowing“ bezeichnet. Allerdings kann das Profit Windowing durch die fehlende räumliche Segmentierung des Internet nur bedingt auf digitale Produkte angewendet werden. Dagegen gewinnt bei der Mehrfachverwertung digitaler Produkte über das Internet das„Content Syndication“, welches sowohl den Tausch (= Content Sharing) als auch den direkten Verkauf (= Content Providing) zum Inhalt hat, zunehmend an Bedeutung. Vgl. Hess/Schumann (2001), S. 92; Koop/Jäckel/Offern (2001), S. 166.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 161
Vermarktung ihrer Produkte zu installieren und im Markt zu positionieren. Erst die Definition
der eigenen Rolle und Stellung im virtuellen Absatzkanal führt aus distributionspolitischer
Sicht zu einem nachhaltigen Erfolg.585
Die zu dem Online-Distributionssystem gehörenden und in der Tabelle dargestellten
Merkmale und Eigenschaften werden an dieser Stelle nicht noch einmal vertieft. Hingegen
werden im Folgenden ausgewählte distributionspolitische Besonderheiten des Online-
Distributionssystems dargestellt. Neben den bereits im Kapitel 4.3.2.1 dargelegten Leistungs-
potenzialen von Online-Distributionssystemen lassen sich diese wie folgt interpretieren:586
indirekte Distribution Direkte Distributi-on
einstufig mehrstufig Tauschbörse
Art
des
Onl
ine-
Dis
trib
utio
nska
nals
Erst-publikation
Mehrfach-verwertung
Erst-publikation
Mehrfach-verwertung
Erst-publikation
Mehrfach-verwertung
Erst-publi-kation
Mehrfach-verwertung
• Erstveröf-fentlichung der Ange-bote auf unterneh-mens-fremden Web-Sites, Portalen, Marktplät-zen und Online-Archiven
• Vermarktung der Inhalte auf Web-Sites, Portalen, Online-Archiven Dritter
• Verkauf über elektronische Marktplätze
• Verkauf der digitalen Inhalte an Inhalte-syndicatoren zur Erstveröf-fentlichung bei Inhalte-anbietern
• Verkauf der Inhalte über Inhalte-syndica-toren an Web-Sites oder Portale Dritter
wes
entl
iche
M
erkm
ale
• Erst-veröffentli-chung der Angebote über eige-nen e-Shop oder über eigenes Portal
• Meist ein erweiterter oder ergän-zender Online-Vertriebs-kanal
• Vermarkt-ung des Angebotes auf weiteren unterneh-mens-eigenen Web-Sites, Portalen oder Online-Archiven
• Platzierung sowohl als konkur-rierende als auch als nicht konkur-rierende Angebote möglich
• Online-Distribution erfolgt über ein „Einstufensystem“ (verkürzter indirekter Vertrieb), d.h., zwischen Anbieter und Endkunden ist eine Indermediationsstufe geschaltet
• Die Online-Distribution erfolgt meist über ein „Zweistufensystem“, d.h., zwischen Anbieter und Endkunde ist ein „Inhaltesyndicator“ geschaltet
• Sowohl direkte als auch indirekte Distribution auf der Basis von zentralen und dezentralen Systemen möglich (abhängig vom Geschäftsmodell)
• Plattform zum unentgeltlichen anonymen Tausch von Dateien (Nachfrager ist gleichzeitig Anbieter)
585 Vgl. ähnlich Gerth (1999a), S. 149. 586 Die folgenden Ausführungen basieren teilweise auf Gerpott/Schlegel (2002), S. 135 f. Die Darlegungen der
Autoren beziehen sich vorwiegend auf den Einsatz journalistischer Inhalte in Online-Medien und dabei speziell auf Auswirkungen für die Distributionspolitik.
162 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing E
rfol
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Anb
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• Durchsetzung und unmittelbare Kontrolle des eigenen Online-Absatzgeschehens
• Online-Marketing-Aktivitäten in eigener Sache (z.B. Online-Marktforschung)
• Verstärkte Möglichkeit der (Online-) Markenbildung
• Unmittelbare Verfügbarkeit über Transaktions- und Kundendaten aus Vermarktungs- und Verkaufsaktivitäten
• Keine Umsatzbeteiligungen oder Provisionsbeteili-gungen an dritte (Kostenersparnis)
• Unmittelbare Interaktion mit dem Kunden
• Größere Reichweite des Angebotes ohne weitere Aufwendungen für eigene Web-Site oder Online-Marketing-Aktivitäten
• Größere Reichweite des Angebotes ohne weitere Aufwendungen für eigene Web-Site oder Online-Marketing-Aktivitäten
• Bei Distribution über zentrale Systeme ähnliche Erfolgspotenziale wie bei direkter Distribution
• Im Allgemeinen hohe Produktaffinität der Zielgruppe
Erl
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pote
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• Transaktionsabhängige und -unabhängige direkte Erlöse
• Transaktionsabhängige und -unabhängige indirekte Erlöse
• Transaktionsabhängige direkte und indirekte Erlöse • Transaktionsabhängige und –unabhängige
direkte Erlöse • Transaktionsabhängige
und –unabhängige indirekte Erlöse
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ür
Anb
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• Hohe Aufwendungen für die Pflege und Weiterentwick-lung des eigenen Angebotes
• Erheblicher Kostendruck auch bei kleinerer Absatzmenge
• Reichweite des Angebotes ist abhängig von der eigenen Markenbekanntheit
• Keine unmittelbare Verfügbarkeit über Transaktions- und Kundendaten
• Nur geringen Einfluss auf die Vermarktungsaktivitäten des Web-Site-Betreibers (z.B. hinsichtlich der einzuhaltenden Qualitätsstan-dards der Markenpräsentation)
• Schutz vor unerlaubter Vervielfältigung nur im Ansatz möglich
• Oben genannte Erlösmodelle weitestgehend noch nicht einsetzbar
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• direkter Kontakt zum Hersteller digitaler Inhalte (Aufbau eines Vertrauensver-hältnisses)
• Umfangreicheres Angebot als im stationären Handel
• höhere Markttransparenz durch verschiedene Anbieter• Verringerung der Suchkosten durch ein einheitliches Angebot (z.B.
bei digitalen Musikprodukten)
• Nutzer erhalten für einen relativ geringen Aufwand Zugang zu einer großen Anzahl an Dateien
• Im Gegensatz zum physischen Handel meistens auch seltene Titel verfügbar
Tabelle 8: Das Distributionssystem digitaler Produkte Quelle: Teilweise auf der Grundlage von Gerpott/Schlegel (2002), S. 138; Hummel (2002), S. 71
Zunächst führt die bereits mehrfach erwähnte kostenreduzierte Vervielfältigung und
Verteilung digitaler Produkte innerhalb von Online-Distributionssystemen letztendlich zu
einer Substitution nutzerzahlenabhängiger durch reichweitenunabhängige Kosten. Das
bedeutet, dass eine Distribution von z.B. Musik- und Zeitungsprodukten nicht mehr anhand
von physischen Trägermedien wie einer CD-ROM oder einer papiergebundenen Ausgabe
erfolgt. Vielmehr werden die deutlich reduzierten Kosten auf die jeweiligen Online-Systeme
verlagert und dabei auf den Aufbau, den Betrieb und die Pflege netzbasierter Logistiksysteme,
die zur Bereitstellung der digitalen Inhalte benötigt werden. Gerpott/Schlegel (2002) weisen
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 163
in diesem Zusammenhang auf zwei wesentliche Effekte hin: Zum einen wird der Anreiz
verstärkt, „...mit einer Vielzahl von Distributionspartnern zur Lenkung von Verkehr auf die
eigene Web-Site und zur Mehrfachverwertung eigener Leistungen zusammenzuarbeiten...“,587
um die Besucherzahlen des eigenen Online-Angebotes und damit sowohl die Verkaufszahlen
als auch die Werbepreise und Werbemengen zu erhöhen. Zum anderen ermöglicht die
netzbasierte Distribution digitaler Produkte einen Spielraum zur Preissenkung und damit die
Möglichkeit, im Gegensatz zur physischen Distribution, die Kosten durch Kostendegressions-
effekte deutlich zu senken.
Eine weitere Besonderheit der netzbasierten Distribution gegenüber der physischen
Distribution besteht in der engen Verzahnung zwischen der technischen Ausgestaltung der
Online-Distributionssysteme und der Reichweite bzw. dem Zugriff auf die digitalen Inhalte.
Dies hat zur Folge, dass die technische und inhaltliche Darstellungsqualität der Leistungs-
angebote abhängig von der Anzahl der zugleich auf die Server zugreifenden Nutzer bzw.
Kunden ist. Neben den ausreichenden Serverkapazitäten spielt dabei auch die qualitative
Ausgestaltung der Online-Präsenz eine wesentliche Rolle, d.h., die Attraktivität eines Online-
Angebotes wird sowohl durch eine ausreichende Ressourcenbereitstellung, z.B. Größe des
Servers, Ladezeit etc., als auch durch die qualitative Ausgestaltung des Online-Auftrittes
bestimmt (siehe dazu ausführlich das Kapitel 4.3.3.3). Eine Nichtbeachtung dessen führt zu
negativen externen Effekten und damit zu einer Einschränkung der angebotsbezogenen
„Nichtrivalität im Konsum“. Dies hat vor allem Folgen für die Online-Distributionspolitik in
der Form, dass nur solche Vermarktungspartner zu akzeptieren sind, „...deren technische
Zugriffskapazität und Anbindungsbandbreite ihrer Server die erwarteten Site-Verkehrs-
mengen deutlich übersteigen“.588 Die Dringlichkeit der Auswahl von Online-Distributions-
partnern nach technischen Kriterien steigt umso mehr, je datenintensiver die zu übertragenden
digitalen Produkte sind.
Wie bereits in Zusammenhang mit den Eigenschaften von Online-Systemen sowie mit den
Einsatzmöglichkeiten von Online-Distributionssystemen für die netzbasierte Distribution
digitaler Produkte erwähnt, ermöglichen Online-Systeme durch ihre Eigenschaften, wie Hy-
permedialität, Interaktivität etc., eine höhere Flexibilität hinsichtlich der Zusammenstellung,
Bündelung und Vernetzung digitaler Inhalte. Im Gegensatz zu den klassischen physischen
Darstellungsmöglichkeiten resultieren daraus zahlreiche neue Optionen hinsichtlich des
Darstellungsumfangs (z.B. Volltextsuche, Verlinkungen) und der Darstellungsart (z.B. multi-
mediale Vernetzung, Präsentation der Produkte). Des Weiteren können hinsichtlich der Ver-
marktung zeitkritischer Inhalte (z.B. aktuelle Nachrichten aus Politik, Wirtschaft etc.) der
Verfügbarkeitszeitpunkt und damit das Distributionspotenzial wesentlich ausgeweitet werden.
Ermöglicht wird dabei eine zeitlich versetzte, über verschiedene Online-Distributionskanäle
587 Gerpott/Schlegel (2002), S. 136. 588 Ebd., S. 136.
164 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
organisierte Distribution: Online-Distributionssysteme eröffnen Anbietern von digitalen
Verlagsprodukten „...größere Spielräume bei der Variation des Verfügbarkeitszeitpunktes
einer Information in verschiedenen Distributionskanälen“.589
Noch zu erwähnen ist die zunehmende Bedeutung der Markenbekanntheit und des Marken-
images eines Inhalteanbieters innerhalb von Online-Distributionssystemen. Gerpott/Schlegel
(2002) begründen diese Annahme mit der Eigenschaft der Qualitätsunsicherheit digitaler
Produkte und dem Bedürfnis der Nachfrager, diese durch eine stärkere Orientierung an bereits
etablierten Marken zu kompensieren. Wir schließen uns dieser Meinung an und werden im
Kapitel 4.3.3.6 auf den Aufbau von Marken innerhalb des Internet noch einmal detaillierter
eingehen.
4.3.2.3.1 Die Online-Distribution über stationäre und mobile Portale
„Wir verfolgen unsere Vision, mobile Multimedia-Anwendungen möglichst vielen Menschen
zu attraktiven Preisen zur Verfügung zu stellen, konsequent weiter. Unser klares Ziel ist es,
die Tür zum Massenmarkt für Mobile Multimedia weit aufzustoßen.“590
Wie das Zitat verdeutlicht, werden digitale Produkte in Zukunft nicht mehr nur als der
Bestandteil einer „bunten Bilderwelt“ fungieren. Das Ziel wird vielmehr sein, die digitalen
Inhalte zielgruppenspezifisch einer breiten Masse an Nutzern zur Verfügung zu stellen. Die
derzeit noch größtenteils in einzelnen Online-Angeboten vorhandenen Inhalte werden
zukünftig verstärkt in einer für den Kunden vereinheitlichten Plattform zusammengestellt und
über produktspezifische Portale vermarktet. Die im Folgenden dargestellten stationären und
mobilen Online-Portale übernehmen dabei neben der netzbasierten Distribution auch andere
vermarktungsrelevante Aktivitäten und verbessern damit auf elektronische Art und Weise das
Produktangebot.
4.3.2.3.1.1 Das Wertschöpfungsnetzwerk stationärer und mobiler Portale
Entstanden sind Portale591 vor allem durch die steigende Anzahl von Web-Seiten, die das
Angebot im Internet für Anwender zunehmend unübersichtlich werden lässt:592 The
“...explosive growth of URLs on the Internet creates a major problem for the users who would
like to get directly at the set of web pages mostly relevant to their needs and interests without
589 Gerpott/Schlegel (2002), S. 136 und die dort angegebene Literatur. 590 Zitat von R. Obermann, Mitglied des Vorstandes und CEO von T-Mobile International, zu dem neuen „T-
zones-Portal“. 591 Der Begriff „Portal“ (eng. „portal“) stammt vom lateinischen „Porta“ ab und bedeutet „Tor“, „Pforte“ bzw.
„großer Eingang“, vgl. o.V. (1990b), S. 622. Zu der Entwicklung von Portalen vgl. Koenemann/Lindner/ Thomas (2000).
592 Vgl. zu den folgenden Ausführungen teilweise auch Schmidt (2003), S. 198 ff.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 165
having to go through an excessive number of irrelevant pages.“593 Die ersten Portale
bestanden deshalb aus reinen Such- und Katalogfunktionen (z.B. www.google.de), die das
Auffinden von Inhalten aus dem Internet vereinfachen sollten. Inzwischen haben sich Portale
allerdings weiter zu umfangreichen Einstiegs- und Navigationspunkten entwickelt, die dem
Anwender sowohl im stationären als auch im mobilen Internet einen Zugang zu einem
virtuellen Angebotsraum ermöglichen und ihn auf weiterführende Informations-, Kommuni-
kations- und Transaktionsangebote – entsprechend seinen jeweiligen Interessen – lenken.594
Portale sind typische Ausprägungen von Intermediären, die als Aggregatoren und Makler
digitalisierte Leistungsangebote systematisch klassifizieren, strukturieren und präsentieren
und damit das Angebot innerhalb von Online-Systemen gebündelt zur Verfügung stellen.
Neben den Funktionen als „Aggregatoren“ und „Makler“ übernehmen Portale in Verbindung
mit der netzbasierten Distribution digitaler Inhalte vermehrt auch absatzpolitische Aufgaben.
Dabei unterstützen diese alle Phasen der netzbasierten Verkaufsprozesse: Der Interessent
kann sich innerhalb eines Portals über das digitale Leistungsangebot sowie dessen Preise,
Lieferbedingungen etc. vor dem Kauf informieren, Konditionen aushandeln sowie an-
schließend den Kauf durch eine direkte elektronische Auslieferung abwickeln. Zudem eignen
sich Portale auch für die gezieltere Ausrichtung des Informationsangebotes auf den einzelnen
Nutzer, was letztendlich zu einer verbesserten Individualisierung und zu einer verstärkten
Bindung der gewonnenen Kunden an das Leistungsangebot führen kann. Die Leistungs-
erstellung und -bereitstellung erfolgt über das im Kapitel 4.3.1.2 bereits dargestellte
Wertschöpfungsnetzwerk, das im Kern aus vier wertschöpfenden Phasen besteht (siehe
Abbildung 36).
593 Dewan/Freimer/Seidmann (1999). 594 Vgl. auch Hess/Herwig (1999), S. 551; Fricke (2001), S. 371.
166 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Kund e,K
äufer ,Z
ielgruppe
• Entertainmentbranche (z.B. Musik- und Videoindustrie)• TK-Unternehmen (z.B. T-Online, Vodafone)• Unternehmen der IuK-Branche (z.B. E- und M-Commerce-Spezialisten)• Sonstige Betreiber von Online-Tauschbörsen oder Online-Communities
Netzinfrastruktur-anbieter
Produktion (Entwicklung,
Erzeugung)
Entbündelung, Komprimierung,
Labeling
Distribution (Indexierung,
Download)
Kundenmanagement (CRM)
Verbundleistungen (z.B. Software)
Endgeräte-hersteller und
Handel
Hard- undSoftwareanbieter
Anbieter digitaler Inhalte
Endkunde (Nutzer)Inhalte- und Service-anbieter
Endkunde (Nutzer)Betreiber von Online-Tauschbörsen
Anb
iete
r
Rechte- und LizenzverwaltungLei
stun
gen
Kund e,K
äufer ,Z
ielgruppe
• Entertainmentbranche (z.B. Musik- und Videoindustrie)• TK-Unternehmen (z.B. T-Online, Vodafone)• Unternehmen der IuK-Branche (z.B. E- und M-Commerce-Spezialisten)• Sonstige Betreiber von Online-Tauschbörsen oder Online-Communities
Netzinfrastruktur-anbieter
Produktion (Entwicklung,
Erzeugung)
Entbündelung, Komprimierung,
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Distribution (Indexierung,
Download)
Kundenmanagement (CRM)
Verbundleistungen (z.B. Software)
Endgeräte-hersteller und
Handel
Hard- undSoftwareanbieter
Anbieter digitaler Inhalte
Endkunde (Nutzer)Inhalte- und Service-anbieter
Endkunde (Nutzer)Betreiber von Online-Tauschbörsen
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Abbildung 36: Die Wertschöpfungskette stationärer und mobiler Portale595
Quelle: Begriffe teilweise entnommen aus Petersmann/Nicolai (2001), S. 20
Hinsichtlich der Aufgabenverteilung besteht der Kern der virtuellen Wertschöpfung digitaler
Produkte aus vier einzelnen Prozessschritten, die von verschiedenen an Wertschöpfungs-
netzwerken beteiligten Akteuren wahrgenommen werden: Inhalte- und Serviceanbieter
(Content-Provider) als erstes Glied produzieren digitale Produkte bzw. besitzen bei bereits
erzeugten (digitalisierten) Inhalten die Nutzungsrechte für eine weitere (Re-)Produktion.596
Im Anschluss an die netzbasierte (Re-)Produktion werden die digitalen Inhalte zwecks Erst-
oder Mehrfachverwertung an Portalanbieter (Content-Aggregatoren) weitergegeben bzw.
vertrieben (Content-Syndication). Diese fungieren als eine Art Zwischenhändler und haben
die Aufgabe, die originären Inhalte auf Portalen oder elektronischen Marktplätzen zu
aggregieren sowie entsprechend zu selektieren und zu systematisieren, um diese dann in
einem weiteren Schritt als Vermarktungsobjekte über netzbasierte Distributions- bzw. Logis-
tikplattformen den Abnehmern zur Verfügung zu stellen. Aus technischer Sicht beinhaltet
dieser Schritt insbesondere die formatabhängige Konvertierung und Komprimierung sowie
eine eventuelle Verschlagwortung und Kategorisierung der digitalen Inhalte.597
Als dritter Schritt erfolgt die netzbasierte Distribution. Dabei werden die Inhalte an die jewei-
ligen Darstellungsformate der Abnehmer angepasst, d.h., die digitalen Produkte werden in ein
595 Wir wollen uns in den folgenden Ausführungen lediglich auf den Kern der wertschöpfenden Aktivitäten digitaler Produkte beschränken. Dies setzt voraus, dass ein Produkt, welches zuvor innerhalb eines physi-schen Produktionsprozesse erstellt wurde (z.B. Bücher), bereits digitalisiert ist und somit der Wertekette als vollständige digitale Einheit zugeführt werden kann.
596 Vgl. ähnlich Beckel (2002), S. 98. 597 Vgl. Röschinger (2003), S. 4.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 167
für die netzbasierte Distribution geeignetes Auslieferungsformat konvertiert und über die
dafür geeigneten netzbasierten Auslieferungsverfahren bereitgestellt.598 Zu diesen Auslie-
ferungsverfahren zählen vor allem der Download und die bereits beschriebenen Streaming-
Technologien sowie die aus dem Internet bekannten Push- und Pull-Verfahren.
Zudem können unmittelbar nach der netzbasierten Distribution zusätzlich zu dem ausge-
lieferten Produkt vom Anbieter Verbundleistungen bereitgestellt werden. Diese bestehen bei
Audio- und Videoprodukten beispielsweise aus einer Abspielsoftware, die neben der
Wiedergabe auch eine Verwaltung der heruntergeladenen Dateien über verschiedene Endge-
räte ermöglicht. Auch können produktspezifische CD- oder Buchcover mit in das Angebot
integriert werden. Diese lassen sich dann z.B. direkt nach dem Herunterladen ausdrucken.
Wie die Ausführungen gezeigt haben, übernehmen Portale das komplette netzbasierte
Transaktionsmanagement, was neben der netzbasierten Auslieferung auch die als vierten
Schritt dargestellte elektronische Zahlungsabwicklung sowie die Erstellung individualisierter
Leistungsangebote mit einschließt. Letzteres beinhaltet vor allem auch das nutzer- und
nutzungsabhängige Datenmanagement, auf dessen Basis sowohl im stationären als auch im
mobilen Internet Kundenbeziehungen aufgebaut und gepflegt sowie Online-Marketing-
Aktivitäten geplant und kontrolliert werden können.
Eine weitere Funktion, die alle an dem Wertschöpfungsnetzwerk beteiligten Unternehmen
betrifft, ist die Rechte- und Lizenzverwaltung. Wie bereits angesprochen, werden digitale
Produkte nicht nur im Rahmen eines netzbasierten Lizenzmanagements verwaltet und
weiterverarbeitet, sondern auch die in diesem Zusammenhang stehenden Urheberrechte sowie
Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen bedürfen einer besonderen Kontrolle. Die hierfür
eingesetzten DRMS verwalten, steuern und kontrollieren die zur Erst- und Mehrfachnutzung
über stationäre und mobile Online Portale eingesetzten Rechte und Lizenzen der Inhalte.
4.3.2.3.1.2 Geschäftsmodellarten stationärer und mobiler Portale
Wie bereits angesprochen, unterstützen Portale alle Phasen von Geschäftstransaktionen
digitaler Produkte. Hinsichtlich ihres Angebotes können Portale in horizontale und vertikale
Portale unterteilt werden, wobei horizontale Portale zu den – gemessen an der Reichweite –
am häufigsten frequentierten Angeboten im Internet zählen.599
Horizontale Portale bieten ein breit gefächertes Informationsangebot quer über alle Interes-
sengebiete, Branchen und geografische Regionen600 und werden auch als neutral bzw. als
598 Vgl. ähnlich ebd., S. 5. 599 Vgl. Henning (2001), S. 375; Koenemann/Lindner/Thomas (2000), S. 327 f. sowie im Folgenden teilweise
Schmidt (2003). 600 Vgl. Wirtz/Lihotzky (2001), S. 293.
168 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
branchen- und produktunabhängig bezeichnet.601 Zu horizontalen Portalen zählen z.B. Online-
Dienste wie AOL (www.aol.com), T-Online (www.t-online.de) oder auch Suchmaschinen wie
Yahoo! (www.yahoo.com) und Web.de (www.web.de). Beispielsweise hat in Deutschland T-
Online eine Reichweite von 55 %, gefolgt von Google (44 %) und Ebay (44 %) und ist damit
das am stärksten frequentierte Angebot im Internet (Stand: Januar 2003).602
Im Gegensatz zu horizontalen Portalen beinhalten vertikale Portale eine Segmentierung, d.h.,
eine branchen- oder themenspezifische Differenzierung und Spezialisierung des Informati-
onsangebotes auf bestimmte Zielgruppen oder auch auf Interessengemeinschaften (Communi-
ties).603 Infolgedessen lassen sich vertikale Portale in kategoriespezifische sowie in zielgrup-
penspezifische Portale unterteilen604 und bieten dabei den Nutzern durch das Merkmal der
Spezialisierung einen Zusatznutzen in Form einer größeren Informationstiefe.605 Durch die
zielgruppenspezifische Ausrichtung der Inhalte erlangen vertikale Portale einen Community-
Charakter, der z.B. Angebote, wie Diskussionsforen, themenspezifische Nachrichten etc.,
beinhaltet.606 In Verbindung mit vertikalen Portalen können z.B. Branchenportale im Finanz-
bzw. Bankenbereich (z.B. www.deutsche-bank-24.de) oder im Medien- und Computerbereich
(z.B. www.spiegel.de) genannt werden.
Entscheidend für einen Erfolg horizontaler und vertikaler Portale ist die mehrfach erwähnte
Entwicklung marktfähiger Geschäftsmodelle, die durch eine Sicherstellung der Qualität des
Leistungsangebotes eine stetige Erhöhung der Informationsnachfrage und damit der Reich-
weite des Angebotes garantieren. Das Leistungsangebot wird entweder vom Anbieter selbst
generiert und bereitgestellt oder durch Kooperationen entsprechend eingebunden bzw. damit
verlinkt. Portale können nach ihren Aufgaben mit Hilfe der Geschäftsmodellsystematik von
Wirtz wie folgt klassifiziert werden (siehe Abbildung 37).
601 Vgl. Fricke 2001, S. 372. 602 Vgl. zu den Daten o.V. (2003j) nach Nielsen-Netratings/MMXI. 603 Vgl. Koenemann/Lindner/Thomas (2000), S. 328. 604 Vgl. Paschelke/Roselieb (2002), S. 276. 605 Vgl. Wirtz/Lihotzky (2001), S. 293. 606 Vgl. Paschelke/Roselieb (2002), S. 277.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 169
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packaging und• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packaging und• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packaging und• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Portal-Dienste
Content Commerce ConnectionContext• Sammlung• Selektion• Systematisierung• Packaging und• Bereitstellung von Inhalten
• Verkauf von Produkten und Dienstleistungen(Electronic Marketing/ Online Marketing)
• Einkauf von Produktenund Dienstleistungen auf dem Beschaffungsmarkt(Electronic Procurement)
• Klassifikation und Systematisierung von verfügbaren Informa-tionen
• Verlinkung zu weiteren Inhalten und Service-Angeboten
• Kontrolle und Regelung des Zugangs zum Netzwerk
Abbildung 37: Geschäftsmodelle der Portalanbieter Quelle: Erweitert nach Wirtz (2000), S. 193
Wie die Abbildung zeigt, können die einzelnen Portalarten den bereits im Vorkapitel
erwähnten Geschäftsmodellen Content, Commerce, Context und Connection zugeordnet
werden. Hierbei muss erwähnt werden, dass die Abgrenzung von Portalen hinsichtlich ihrer
Aufgabengebiete nur noch eingeschränkt möglich ist. Dies liegt darin begründet, dass der
Trend schon länger in Richtung einer Integration der verschiedenen Aufgabengebiete
innerhalb eines Portals geht. Beispiele dafür sind die Suchmaschine Yahoo!607 oder auch
Online Service-Portale, wie AOL.608 Portale, die in einem direkten Zusammenhang mit der
netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte und Dienstleistungen im stationären und
mobilen Internet stehen, sind Content- bzw. E-Commerce-Portale sowie die in Zukunft
verstärkt durch die Entwicklung des M-Commerce entstehenden mobilen Online-Portale. Im
Folgenden werden die einzelnen Portalarten kurz dargestellt.609
Inhalte-Portale (Content-Portale): Diese Art von Portalen wird vor allem von Verlagen,
Fernsehsendern und anderen Medienunternehmen betrieben. Die zentrale Aufgabe besteht in
der Sammlung, Selektion und in der systematischen Bereitstellung von redaktionell erstellten
Inhalten, die zum größten Teil unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
607 Vgl. ausführlich Strauß/Schoder (2002), S. 60. 608 Vgl. ausführlich Wirtz/Lihotzky (2001), S. 295 ff.609 Vgl. zu der folgenden Systematisierung von Portalen insbesondere Fink/Wamser (1999), S. 653 f.; Wimmer
(2001), S. 204 ff. Im Zusammenhang mit der Begriffswahl wurden bewusst die englischen Bezeichnungen verwendet, da der überwiegende Teil der Autoren in der Literatur englische Begriffe verwendet. Falls eine deutsche Übersetzung der jeweiligen Begriffe als zweckmäßig angesehen werden konnte, stehen diese in Klammern dahinter. Wie bereits angemerkt, lassen sich Portale hinsichtlich ihrer Geschäftsmodelle nur noch schwer voneinander abgrenzen, dies gilt auch im Zusammenhang mit der folgenden Systematisierung. So können zum Beispiel „Search-Portale“ mittlerweile auch den Zugang zu einem elektronischen Netzwerk bereitstellen – also als „Online-Service-Portale“ in Erscheinung treten.
170 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Such-Portale (Search-Portale): Diese Art von Portalen aggregiert, katalogisiert und
systematisiert Informationen aus verschiedenen Quellen und stellt diese teilweise redaktionell
überarbeitet (z.B. über Kataloge) zur Verfügung. Innerhalb dieses Rahmens haben sie die
Aufgabe, den Nutzer anhand von Verlinkungen auf weitere Inhalte- und Serviceangebote zu
führen. Anbieter von „Search-Portals“ füllen demnach als Informationsanbieter und
Aggregator innerhalb der Geschäftsmodellsystematik das Aufgabengebiet „Context“ aus.
Online-Service-Portale: Online-Service-Portale kontrollieren und regeln den Zugang zu
elektronischen Netzwerken und lassen sich in das Aufgabengebiet „Connection“ einordnen.
Entstanden sind diese vor allem durch das erweiterte Aufgabenspektrum kommerzieller
Online-Dienste (z.B. AOL, T-Online), die ursprünglich nur gegen eine Abonnementgebühr
zugänglich waren (geschlossene Benutzergruppe) und mittlerweile auch Angebote für Nicht-
Mitglieder bzw. für offene Benutzergruppen beinhalten. Zudem integrieren sie durch einen
strukturierten Zugang zu Webinhalten verstärkt auch das Internet in den jeweiligen Online-
Dienst und erweitern damit ihr Engagement in Richtung eines Internet-Portals.610
Unternehmens- und Mitarbeiterportale (Enterprise-Information-Portale): Unterneh-
mensportale unterstützen die Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitern
(business-to-employee) sowie zwischen Mitarbeitern untereinander.611 Über ein Unterneh-
mensportal können auf der Grundlage des Wissensmanagements verschiedene unternehmens-
interne und -externe Anwendungssysteme, Dienste und Informationen über eine einheitliche
Benutzeroberfläche integriert und zugänglich gemacht werden.612 Sie sind eine Weiter-
entwicklung der unternehmenseigenen Intranets und ermöglichen eine individuelle und
integrierte Nutzung der im Unternehmen vorhandenen Informationssysteme (z.B. bekommt
ein Mitarbeiter im Marketing/Vertrieb über das Portal und die daran angeschlossenen
Informationssysteme nur die Informationen präsentiert, die er für seine tägliche Arbeit
benötigt).613
Handels- und Verkaufsportale (E-Commerce-Portale): E-Commerce-Portale haben den
netzbasierten Einkauf und Verkauf von Produkten und Dienstleistungen sowohl zwischen
610 Vgl. Peters/Clement (2001), S. 25. 611 Vgl. Schildhauer/Michelis (2003), S. 245. 612 Vgl. auch Liautaud (2001), S. 354. Wissensmanagement (Knowledge Management) wird im Allgemeinen als
die zielorientierte Gestaltung des Wissensprozesses im Unternehmen bezeichnet und umfasst die Wissensge-nerierung, den Wissenstransfer, die Wissensspeicherung und die Wissensnutzung. Vgl. Bea (2000), S. 362. Zu weitern Definitionen des Begriffs „Wissensmanagement“ vgl. unter anderem Foth (2001), S. 173; Gabriel/Dittmar (2001), S. 19. Insbesondere die Integration und Vernetzung von Daten durch neue Informa-tionstechnologien (z.B. Intranet, Extranet) weiten die Grenzen des Wissensmanagements aus und führen zu schrittweisen Verbesserungen bei der Verwendung und Pflege von Wissen im Unternehmen. Vgl. Bach/Vogler/Österle (1999), S. 1. Dies gilt auch im Zusammenhang mit Portalen, die als „Wissensportale“ den Mitarbeitern im Unternehmen das vorhandene Wissen über eine einheitliche Oberfläche zur Verfügung stellen.
613 Zu den verschiedenen Arten von Unternehmensportalen vgl. Koenemann/Lindner/Thomas (2000), S. 329 f.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 171
Unternehmen (business-to-business) als auch zwischen Unternehmen und Endkunden
(business-to-consumer) zur Aufgabe. In diesem Zusammenhang unterstützen sie auf dem
Beschaffungs- und Absatzmarkt die vorhandenen Geschäftsprozesse von der Anbahnung bis
zur Abwicklung. Eine Form derartiger E-Commerce-Portale ist das „Shopping-Portal“, das,
ergänzt durch typische Portal-Funktionen wie Suchfunktionen sowie zielgruppenspezifische
Inhalte und Funktionalitäten, „...die anvisierte Zielgruppe beim Auffinden, bei der Auswahl
und bei der Bestellung unterschiedlichster Waren aus einem umfangreichen Sortiment...“614
unterstützt. Vorreiter der Shopping-Portale waren virtuelle Handelsformen wie der Online-
Shop – eine auf dem Prinzip eines Ladengeschäftes basierende Web Site – oder Online-Malls,
d.h. virtuelle Einkaufszentren, die das Angebot mehrerer Shops unter einer Netzadresse
bündeln. Zudem existieren bereits E-Commerce-Portale, die den Handel mit digitalen
Leistungen unterstützen. Die Anbieter fungieren dabei nicht mehr nur als virtuelle Absatz-
mittler, sondern durch die Möglichkeit der elektronischen Auslieferung auch als Distributo-
ren. Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, werden die Markttransaktionsprozesse demnach
von der Phase der Anbahnung über die Vereinbarung bis hin zur Erfüllung und damit bis zur
vollständigen Abwicklung (Kommissionierung, Transport, Zahlung etc.) abgewickelt.
4.3.2.3.1.3 Besonderheiten und Beispiele mobiler Online-Portale
Auch in Zusammenhang mit Mobile Commerce entstehen zunehmend Portale, innerhalb derer
der Zugriff auf digitale Inhalte nicht mehr nur über das stationäre Internet, sondern auch über
mobile Endgeräte erfolgen kann.615 Innerhalb der neuen mobilen Online-Portale existieren
sowohl horizontale als auch vertikale Portale, die als zentrale Startseite für die Nutzer mobiler
Endgeräte616 Leistungsangebote, die teilweise bereits im stationären Internet vorhanden sind,
systematisch klassifizieren, strukturieren und präsentieren. Mobile Online-Portale als
Weiterentwicklung herkömmlicher „E-Commerce-Portale“ werden auch als „TransPortale“617
oder als „Multi-Access-Portale“618 bezeichnet und werden als „Tore zur mobilen Welt“ für
Marktteilnehmer des M-Commerce zunehmend zu einem Erfolgsfaktor.
Neben Geräteherstellern und Content-Anbietern versuchen auch Mobilfunkbetreiber ihre Ge-
schäftsmodelle und Wertschöpfungsketten durch den Aufbau eines zusätzlichen mobilen Ver-
triebskanals zu erweitern und sich damit als Marktakteure durch die Ausweitung ihres Kern-
geschäftes strategisch zu positionieren. Damit werden mobile Online-Portale zu einem inte-
grativen Bestandteil mobiler Wertschöpfungsketten, in denen sie sowohl den Zugang zu den
Angeboten als auch die Inhalte als solche den Nutzern zur Verfügung stellen (siehe Abb. 4):
614 Fink/Wamser 1999, S. 654. 615 Vgl. im Folgenden teilweise Schmidt (2003). 616 Vgl. Zobel (2001), S. 134. 617 Vgl. Wimmer (2001), S. 207. 618 Vgl. Scheer et al. (2002), S. 94.
172 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Infrastruktur-anbieter
Software- undService-
provider
Inhalte- undService-
anbieter
Endgeräte-herstellerund Handel
Mobile Portale
Kunden-managementBilling
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
• Inhalte-, Service-und Transaktions-management (z.B. Aggrgation, Bünde-lung und Filterung von Inhalten)
• CRM-Aktivitäten
Infrastruktur-anbieter
Software- undService-
provider
Inhalte- undService-
anbieter
Endgeräte-herstellerund Handel
Mobile Portale
Kunden-managementBilling
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
• Inhalte-, Service-und Transaktions-management (z.B. Aggrgation, Bünde-lung und Filterung von Inhalten)
• CRM-Aktivitäten
Abbildung 38: Online Portale als Bestandteil mobiler Wertschöpfungsketten Quelle: In Anlehnung an Petersmann/Nicolai 2001, S. 20
Von zentraler Bedeutung ist auch im mobilen Internet die Entwicklung marktfähiger
Geschäftsmodelle, wo die Anbieter neben den klassischen Angeboten der o.g. Aufgaben-
gebiete „Content“, „Commerce“, „Context“ und „Connection“ personalisierte ortsbezogene
Inhalte aufbauen und vermarkten. Die angebotenen Produkte sollten im Gegensatz zu
Angebotsleistungen im stationären Internet einen lokalen Bezug mit einer stärkeren
Berücksichtigung der Mobilität und damit der orts- und situationsspezifischen Situation
beinhalten.619 Zu den zentralen Aufgaben von Portalen des mobilen Internet gehören demnach
neben der Aggregation, Selektion und dem Transaktionsmanagement der Aufbau von
ortsbezogenen Leistungsangeboten (Location-Based-Services) sowie einheitlichen Abrech-
nungssystemen. Mobile Portale als Intermediäre des mobilen Internet bewirken in Verbin-
dung mit der netzbasierten Distribution digitaler Inhalte eine Komplexitätsreduktion und
tragen unmittelbar zur Leistungssteigerung mobiler Systeme bei. Dies liegt vor allem darin
begründet, dass aufgrund der noch meist zu geringen Leistungsfähigkeit der Netztechnologien
(z.B. zu geringen Übertragungsraten) und der noch fehlenden Leistungsmerkmale mobiler
Endgeräte (z.B. zu geringe Prozessorleistung, zu kleine Displays)620 sowie der in Relation zu
dem stationären Internet hohen Verbindungskosten gerade im mobilen Internet die Bereit-
schaft der Nutzer, durch das „Navigieren“ nach Angeboten zu suchen, gering ist.621 Benötigt
werden deshalb zentrale Navigationspunkte, die das Angebot zielgruppen- und bedarfsgerecht
für mobile Endgeräte vorselektieren. Bezogen auf den Aufbau mobiler Online-Portale haben
die etablierten Mobilfunkanbieter die beste Ausgangslage: Nur sie sind in der Lage,
Mobilfunkteilnehmer durch die Zuordnung der Mobilfunknummer – und zwar auch in
Abhängigkeit vom Standort – eindeutig zu identifizieren.622 Anhand dessen können
personenbezogene Nutzer- und Nutzungsprofile, die zum Angebot von ortsbezogenen
619 Vgl. ähnlich Böhner/Mustafa/Oberweis (2001), S. 180 f. 620 Vgl. weiterführend auch Rawolle/Kirchfeld/Hess (2002), S. 339. 621 Vgl. Zobel (2001), S. 134; Böhner/Mustafa/Oberweis (2001), S. 181. 622 Vgl. Silberer/Wohlfahrt/Wilhelm (2001), S. 220; Wohlfahrt (2002), S. 248; Steiner (2002), S. 79;
Petersmann/Nicolai 2001, S. 19 oder aus Datenschutzgesichtspunkten auch Kaeding (2002).
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 173
Diensten sowie zur Abrechnung der erbrachten Leistung nötig sind, aufgebaut und zur
Verfügung gestellt werden. Aus dieser Situation heraus werden bereits etablierte Anbieter
mobiler Online-Portale, die personalisierte und ortsbezogene Leistungsangebote über mobile
Endgeräte vermarkten wollen, in Zukunft verstärkt mit den am Markt etablierten Mobilfunk-
anbietern kooperieren.623 Des Weiteren soll es in Zukunft den Portal-Betreibern möglich sein,
hinsichtlich der Vereinfachung von Abrechnungsverfahren bei mobilen elektronischen
Zahlungsverfahren, weitere so genannte „Payment Agenten“ (Banken, Kreditkarten-
gesellschaften) mit einzubeziehen, die eine kostengünstigere Zahlungsabwicklung der
getätigten Transaktionen sicherstellen.624 Als Sicherheitsmerkmal für die getätigten Bestell-
und Bezahlvorgänge gelten zukünftig die Kombination aus einer PIN (Persönliche Identifika-
tionsnummer) und einer TAN (Transaktionsnummer), wobei die PIN die Identifikation der
Person sicherstellt und die TAN den Mobilfunkteilnehmer zur Durchführung der Bestell- und
Bezahlvorgänge berechtigt.625
Die derzeitigen und zukünftigen technischen Herausforderungen bestehen im Wesentlichen
darin, die Inhalte für die verschiedenen mobilen Endgeräte (Handys, PDAs, Notebooks etc.)
mit ihren Bildschirm- und Geräteeigenschaften sowie verschiedenen Netzen (GSM, GPRS,
UMTS etc.) so zu gestalten, dass eine geräteunabhängige Darstellung der Inhalte möglich ist.
Diese garantiert zudem auch ein erfolgreiches Multi-Channel-Management, bei dem der
Kunde über verschiedene Online-Kanäle mit dem Anbieter in Kontakt treten kann. Digitale
Inhalte werden dabei unter dem Aspekt der „Mehrfachverwertung“ mit bestehenden
Angeboten des stationären Internet vernetzt.
Wie die Praxis zeigt, sind in Zusammenhang mit dem mobilen Internet bereits zahlreiche
horizontale und vertikale Portale entstanden, die als Geschäftsmodell den Vertrieb digitaler
Produkte anhand mobiler Endgeräte zum Inhalt haben. Zum einen lassen sich Anbieter
nennen, die ihre Geschäftsmodelle auf das mobile Internet erweitert haben und die Inhalte, die
bereits im stationären Internet angeboten wurden, jetzt auch – soweit es die technischen
Möglichkeiten zulassen – über mobile Endgeräte anbieten (z.B. Yahoo!, Web.de, T-Online).
Darüber hinaus existieren bereits mobile Online-Portale, die ihren Teilnehmern digitale
Angebote (z.B. Informationsdienste, Handy-Logos und Klingeltöne, SMS- und MMS-
Dienste) ausschließlich über mobile Endgeräte zur Verfügung stellen. Dies sind zum einen die
etablierten Mobilfunkanbieter (z.B. D2 Vodafone, T-Mobil, E-Plus) als horizontale Portale.
623 Vgl. zu den Möglichkeiten und der Beurteilung möglicher Kooperationen der Akteure mobiler Dienste insbesondere Böhner/Mustafa/Oberweis (2001), S. 190 ff. Der Zwang zu Kooperationen besteht allerdings auch umgekehrt für Mobilfunkanbieter, die aufgrund fehlender Ressourcen, Kapital etc., nicht mehr in der Lage sind, sämtliche Leistungen auf allen Wertschöpfungsstufen zu erbringen. Der sich damit vollziehende Wandel zwingt Telekommunikationsunternehmen, in Zukunft verstärkt sämtliche Funktionen einer Wert-schöpfungskette zu durchdringen und sich zu spezialisieren. Vgl. Steiner (2002), S. 76.
624 Vgl. Böhner/Mustafa/Oberweis (2001), S. 192. 625 Vgl. eco (2002).
174 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Zum anderen existieren bereits Content-Anbieter wie z.B. Jamba.de, Handy.de oder zed.de,
die als vertikale Portale spezielle Angebote für Nutzer mobiler Endgeräte generieren.
Ein Beispiel für ein vertikales E-Commerce-Portal für digitale Produkte ist das Breit-
bandportal von „T-Online Vision“.626 Das Portal ist ein Online-Dienst von T-Online, das
speziell auf Nutzer mit einem breitbandigen Internetzugang (T-DSL) ausgerichtet ist. Das
Geschäftsmodell besteht aus dem Angebot kostenfreier und kostenpflichtiger digitaler Inhalte,
wobei letzteres als Premium-Angebot sowie mit einer Freischaltung für spezielle Inhalte und
Services nutzbar ist (Premium-Angebote zeichnen sich generell durch qualitativ hochwertige
Inhalte aus, die meist auch zu höheren Preisen abgegeben werden). Innerhalb des Portals
werden anhand von „Channels“ digitale Inhalte aus den Kategorien Nachrichten, Sport,
Spiele, Filme (z.B. Trailer, Kurzfilme) und Musik (z.B. Video, Webradio) bereitgestellt.
Ein horizontales Portal, das themenspezifische digitale Inhalte anbietet, ist das Arcor-Portal
„Video on demand“ (Arcor VoD).627 Das Portal ist ebenfalls auf Nutzer mit einem schnellen
Internetzugang – möglichst DSL – ausgerichtet. Das Geschäftsmodell besteht im Wesentlich-
en aus dem Verleih von Filmen, die sich der Nutzer nach dem Herunterladen und erstmaligen
Abspielen innerhalb von 24 Stunden (Verleihfrist) beliebig oft anschauen kann. Nach Ablauf
der Verleihfrist erlischt die Abspielberechtigung und der Nutzer kann nur über den Erwerb
einer zusätzlichen Lizenz diese wieder aktivieren.
4.3.2.3.2 Filesharing-Netzwerke als Distributionskanäle digitaler Produkte
4.3.2.3.2.1 Grundlagen der kommerziellen Nutzung von Filesharing-Netzwerken
Wie bereits angesprochen, entzieht sich die Nutzung von „Filesharing-Netzwerken“
(= Online-Tauschbörsen) der Kontrolle der jeweiligen Rechteinhaber digitaler Produkte mit
dem Ergebnis einer durch illegalen Tausch verursachten existenzbedrohenden Wirkung für
die Unternehmen, deren Produkte innerhalb der Online-Tauschbörsen weltweit verteilt wer-
den. Betroffen davon sind vor allem die Musikindustrie sowie in naher Zukunft auch die
Film- und Videobranche.628 Letzteres wird vor allem durch die steigende Netzkapazität, die
einen immer schnelleren Up- und Download von datenintensiven Inhalten ermöglicht, sowie
durch die ständigen Weiterentwicklungen von Endanwender-Technologien begünstigt. Als
Folge dessen sollten die betroffenen Unternehmen zukünftig nicht nur den Umgang mit der
Technologie erlernen, sondern diese auch als festen Bestandteil in die Unternehmensstrategie
mit einbeziehen.629
626 Vgl. zu den weiteren Ausführungen auch www.vision.t-online.de. 627 Vgl. zu den weiteren Ausführungen auch www.arcor.de/vod. 628 Zu diesem Ergebnis kam auch die Studie von DETECON: Die Autoren führten aus, dass die Entertainment-
Industrie am stärksten von Online-Tauschbörsen betroffen ist, wobei für Zeitschriften, Zeitungen und Büchern vorerst keine größere Gefahr bestünde. Vgl. ausführlich DETECON (2002), S. 61 f.
629 Vgl. DETECON (2002), S. 23.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 175
Trotz der andauernden Initiativen, durch den Aufbau kommerzieller Online-Portale sowie
durch rechtliche Maßnahmen dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, werden sich auf
mittlere bis lange Sicht die (illegalen) Tauschbörsen nicht beseitigen lassen. Im Hinblick auf
die weiter ansteigenden Bedrohungspotenziale stellt sich die Frage, wie die bestehenden
Filesharing-Netzwerke für die betreffenden Unternehmen wirtschaftlich nutzbar gemacht
werden können. Voraussetzung ist auch hier die konsequente Planung eines nach wirtschaftli-
chen Kriterien tragfähigen Geschäftsmodells.630 In diesem Zusammenhang ist es notwendig,
derartige Online-Systeme zukünftig als neue zusätzliche netzbasierte Distributionskanäle in
den vorhandenen Online-Marketing-Mix zu integrieren. Ziel ist es, durch den Aufbau von
Nutzen- und Mehrwertpotenzialen den illegalen Tausch der Inhalte einzuschränken sowie sich
dauerhaft vom kommerziellen und nicht-kommerziellen Wettbewerb der Online-
Tauschbörsen zu differenzieren. Die kommerzielle Nutzung von Filesharing-Netzwerken für
die netzbasierte Distribution digitaler Produkte steht im Gegensatz zu den zuvor ausführlich
dargestellten Online-Portalen noch am Anfang der Entwicklung. Erste Initiativen der
Unternehmen bestehen zumeist aus den bereits erwähnten juristischen Auseinandersetzungen
der Musikindustrie auf der einen und den Betreibern der „Online-Tauschbörsen“ sowie den
Nutzern derartiger Dienste und damit den zukünftigen potenziellen Kunden auf der anderen
Seite. Auch Künstler, wie die Popikone Madonna oder Rock-Bands wie Metallica, versuchen
durch eigene Initiativen den illegalen Tausch ihrer Musik zu unterbinden. So war z.B.
Metallica die erste Band, die rechtlich gegen die Online-Tauschbörse „Napster“ vorgegangen
ist. Zudem versuchte in jüngster Zeit Madonna im Vorfeld der Veröffentlichung ihres Albums
„American Life“ durch die bewusste Einspeisung einer manipulierten Musikdatei die
unerlaubte Vervielfältigung ihres neuen Songs einzuschränken. Das Management erhoffte
sich zum einen, durch den psychologischen Effekt an das Gewissen der Tauschgemeinde zu
appellieren (in der Datei befand sich eine Mitteilung der Künstlerin). Zum anderen erhoffte es
sich, dass die tauschwilligen Nutzer durch die Einspeisung der minderwertigen und
unbrauchbaren mit dem Titel der neuen Single gleichnamigen Datei ihre Tauschaktivitäten
schon bald reduzieren würden. Zwar liegen dem Verfasser keine verwertbaren Ergebnisse
dieser Aktion vor, der Nutzen derartiger „Online-Sabotageaktionen“ ist allerdings fraglich
und führt im Weiteren wohl eher zu einem negativen Imageeffekt. Dabei wäre der Einsatz von
Filesharing-Netzwerken als Online-Vertriebskanäle sowohl auf Anbieter- als auch auf
Nachfragerseite mit Nutzenvorteilen verbunden. Die Nutzenpotenziale für einen von
Unternehmen organisierten legalen Online-Tausch digitaler Inhalte liegen in der Technologie
und damit in den Möglichkeiten des direkten interaktiven Datenaustausches ohne
Client/Server Strukturen selbst begründet. Zudem lässt sich die netzbasierte Distribution
digitaler Produkte relativ kostengünstig organisieren.631 Durch den direkten Austausch der
630 Vgl. ähnlich Schögel/van Delden (2003), S. 2; Schoder/Fischbach (2002), S. 10. 631 Vgl. Schögel/van Delden (2003), S. 3 f.
176 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Daten entfällt die Bereitstellung umfangreicher Serverkapazitäten, d.h., Aufwendungen für
technische Infrastrukturen werden zunehmend auf die Seite der Nutzer verlagert. Ist durch
genügend Teilnehmer erst einmal die kritische Masse erreicht, kann die Online-Tauschbörse
wie ein sich selbst verstärkendes Medium gesehen werden. Dabei besteht der Erfolgsfaktor
aus dem Engagement der einzelnen Teilnehmer, sich durch die ausreichende Bereitstellung
von Inhalten in gleichem Maße an der Wertsteigerung des Angebotes zu beteiligen.632 Der
Anbieter ist dadurch nicht mehr zwingend am Aufbau des Angebotes beteiligt, sondern
überwacht und steuert den Online-Dienst in der Weise, dass er versucht, dessen Qualität
durch eine ausreichende Produktvielfalt und Netzkapazitäten aufrechtzuerhalten sowie durch
zusätzliche Verbundleistungen zu steigern. Die innerhalb der Tauschbörse vorhandenen
Nutzer zeichnen sich durch eine hohe Produktaffinität aus und erfüllen damit in optimaler Art
und Weise die Voraussetzungen eines „Community-Modells“, „...welches aufgrund seiner
positiven Auswirkungen auf Verweildauer und Konsumbereitschaft von Kunden weiterhin als
eines der geeignetsten E-Commerce-Konzepte angesehen wird“.633
4.3.2.3.2.2 Das Wertschöpfungsnetzwerk von Online-Tauschbörsen
Hinsichtlich der in einer Online-Tauschbörse generierten Wertschöpfung unterscheiden sich
Online-Tauschbörsen wesentlich von den Wertschöpfungsprozessen anderer Online-
Distributionskanäle. Bereits im Hinblick auf die netzbasierte Distribution über Portale im
Allgemeinen und mobile Portale im Besonderen wird der Endkunde zunehmend in die
Leistungserstellung integriert. Werden digitale Produkte innerhalb von Online-Tauschbörsen
verteilt, wird diese Integrationstendenz noch verstärkt, d.h., der Abnehmer übernimmt den
größten Teil der Wertschöpfung. So auch Schögel/van Delden (2003): Innerhalb des P2P-
Vertriebs „....erbringt der Kunde einen Großteil der distributiven Wertschöpfung selbst,
indem er es ist, der im Austausch mit anderen durch Netzeffekte einen Mehrwert erbringt, der
in traditionellen Vertriebsformen und Absatzkanälen bisher eher vom Anbieter erbracht
wurde“.634 Die Tendenz der verstärkten kundenseitigen Übernahme von teilweise kostenin-
tensiven Wertschöpfungselementen innerhalb von Online-Tauschbörsen zeigt Abbildung 39
auf der nächsten Seite.
632 Vgl. DETECON (2002), S. 43. 633 Schögel/van Delden (2003), S. 4. 634 Ebd., S. 5.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 177
Kunde,K
äufer,Z
iel gruppe
• Entertainmentbranche (z.B. Musik- und Videoindustrie)• TK-Unternehmen (z.B. T-Online, Vodafone)• Unternehmen der IuK-Branche (z.B. E- und M-Commerce-Spezialisten)• Sonstige Betreiber von Online-Tauschbörsen oder Online-Communities
Netzinfrastruktur-anbieter
Produktion (Entwicklung,
Erzeugung)
Entbündelung, Komprimierung,
Labeling
Distribution (Indexierung,
Download)
Kundenmanagement (CRM)
Verbundleistungen (z.B. Software)
Endgeräte-hersteller und
Handel
Hard- undSoftwareanbieter
Anbieter digitaler Inhalte
Endkunde (Nutzer)Inhalte- und Service-anbieter
Endkunde (Nutzer)Betreiber von Online-Tauschbörsen
Anb
iete
r
Rechte- und LizenzverwaltungLei
stun
gen
Kunde,K
äufer,Z
iel gruppe
• Entertainmentbranche (z.B. Musik- und Videoindustrie)• TK-Unternehmen (z.B. T-Online, Vodafone)• Unternehmen der IuK-Branche (z.B. E- und M-Commerce-Spezialisten)• Sonstige Betreiber von Online-Tauschbörsen oder Online-Communities
Netzinfrastruktur-anbieter
Produktion (Entwicklung,
Erzeugung)
Entbündelung, Komprimierung,
Labeling
Distribution (Indexierung,
Download)
Kundenmanagement (CRM)
Verbundleistungen (z.B. Software)
Endgeräte-hersteller und
Handel
Hard- undSoftwareanbieter
Anbieter digitaler Inhalte
Endkunde (Nutzer)Inhalte- und Service-anbieter
Endkunde (Nutzer)Betreiber von Online-Tauschbörsen
Anb
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Rechte- und LizenzverwaltungLei
stun
gen
Abbildung 39: Die Wertschöpfungskette der Online-Tauschbörsen Quelle: Teilweise auf der Grundlage von Clement/Nerjes/Runte (2002), S. 72 ff.
Im Folgenden werden die in der Abbildung dargestellten Wertschöpfungsstufen kurz dar-
gestellt. Die Produktion und damit die Entwicklung und Erzeugung digitaler Produkte erfolgt
im Gegensatz zu Online-Portalen nur noch bedingt durch den Anbieter. Zwar wird die
Produktion des Masters, z.B. die Erstproduktion eines Filmes oder eines Musikstückes, noch
als Kreativleistung vom Anbieter übernommen, alle weiteren Reproduktionsprozesse
verlagern sich aber auf die an der Online-Tauschbörse beteiligten Nutzer. Zum Beispiel
können die auf den physischen Datenträgern (z.B. CD-ROM oder DVD) vorhandenen Inhalte
auf der Festplatte gespeichert und innerhalb der Netzwerke weiterverwendet werden.
Ähnliches gilt für analoge Rundfunkdaten, die über den Audio-Eingang eines PCs gespei-
chert, digitalisiert und weiterverarbeitet werden.635
Neben der Produktion übernehmen die Nutzer auch wichtige Wertschöpfungsfunktionen wie
Entbündelung, Komprimierung und Labeling. Die in der physischen Welt vorhandenen
Produkte bestehen zunächst aus Produktbündeln (z.B. ein Bündel Songs auf einer CD-ROM,
ein Filmbündel mit Interviews auf einer DVD), die anhand von dafür geeigneten Technolo-
gien auf dem PC der Nutzer entbündelt sowie verschieden komprimiert und kodiert online zur
Verfügung gestellt werden. Im Anschluss an die Entbündelung und Komprimierung folgt das
Labeling. Dieser Schritt wird zum einen bei CD-ROMs bereits automatisiert von Abspiel-
software (z.B. Mediaplayer, Real Player) übernommen, zum anderen müssen die Nutzer die
entbündelten Dateien, z.B. bei DVDs, selbst benennen.
635 Vgl. dazu und im Folgenden teilweise Clement/Nerjes/Runte (2002), S. 73 f.
178 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Innerhalb der Wertschöpfungsstufe Distribution können die Funktionen Indexierung und
Download genannt werden. Die Indexierung (Verschlagwortung) kennzeichnet die im Online-
Netzwerk bereitgestellten digitalen Inhalte, indem der Anbieter den zum Tausch bereitgestell-
ten Dateien bestimmte für die Identifizierung im Online-Netzwerk notwendigen Namen
zuordnet. Damit wird eine wichtige Funktion innerhalb von Filesharing-Netzwerken erfüllt,
weil so die Tauschvorgänge unmittelbar ermöglicht werden. Im Hinblick auf zentral
ausgerichtete Netzwerke übernimmt der Anbieter als Makler die Indexierung der Inhalte. Die
Betreiber von Online-Tauschbörsen vermitteln damit die Nachfrager an die Anbieter, indem
sie einen Server bereitstellen, der neben Selektionsmöglichkeiten, z.B. nach Bandbreiten,
auch allgemeine Informationen über Nutzerfreigaben und Verfügbarkeit von Inhalten enthält.
Im Gegensatz dazu übernimmt bei dezentralen Filesharing-Netzwerken der Nutzer selbst die
Indexfunktion. Er wird damit quasi zum Makler und stellt die indexierten Inhalte unabhängig
vom Filesharing-Anbieter unkontrolliert anderen Tauschinteressierten direkt zur Verfügung.
Damit ermöglichen dezentrale Netzwerke eine weitere Externalisierung von Kosten, „...die
sich nicht mehr nur auf die Distribution der ...[digitalen Inhalte]... beschränkt, sondern sich
hier sogar auf die Indizierung der Inhalte ausdehnt“.636 Die Initiative zum Herunterladen der
Dateien innerhalb der Distributionsfunktion geht sowohl bei zentralen als auch bei dezentra-
len Netzwerken vom Nutzer aus, wobei bei zentralen Netzwerken die Dateien zwar vom
Nutzer angeboten werden, der Download aber vom Server des Netzwerk-Betreibers erfolgt.
Vorstellbar ist in Zukunft, dass bei zentralen Netzwerken dem Nutzer kundenindividuelle
Angebote direkt vom Anbieter übermittelt werden. So können hierbei auch Push-
Technologien zum Einsatz kommen, die vorher festgelegten Nutzergruppen bestimmte auf
Nutzerprofile abgestimmte digitale Inhalte automatisch übertragen.
Es wurde bereits deutlich, dass sich im Gegensatz zu Online-Portalen die Rechte- und
Lizenzvergabe innerhalb von Online-Tauschbörsen nur begrenzt bzw. gar nicht kontrollieren
und verwalten lassen. Ist dies innerhalb von zentralen Netzwerken noch, bedingt durch die
zentrale Indexierung auf dem Server des Anbieters, möglich, entzieht sich die Rechte- und
Lizenzverwaltung bei dezentralen Netzwerken völlig der Kontrolle des Anbieters. Auch der
Einsatz von DRMS wird durch den Widerstand und die anschließende Abwanderung der
Nutzergemeinschaft in eine andere Online-Tauschbörse nur begrenzt möglich sein. Anbieter
müssen deshalb auf andere Art und Weise versuchen, ihre durch den illegalen Tausch und
damit durch Lizenzausfälle verursachten Mindereinnahmen zu kompensieren sowie die
Nutzer dauerhaft durch eine Angebotsdifferenzierung an ihren Online-Dienst zu binden.
Neben den bereits in Verbindung mit Online-Portalen genannten Verbundleistungen, wie z.B.
Abspielsoftware oder produktspezifischen CD-Covern, wird eine Aufwertung des Angebotes
636 Ebd., S. 77.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 179
auch ermöglicht durch eine Erweiterung des Repertoires (z.B. nach Umfang, Qualität,
Aktualität etc.), eine flexiblere Preisgestaltung (z.B. flexiblere Abonnementmodelle,
verbesserte Zahlungsverfahren), eine verbesserte Technologie (z.B. Bedienbarkeit/Usability,
Schnelligkeit der Datenübertragung, Personalisierungsfunktionen etc.) oder durch die Bereit-
stellung bedürfnisgerechter „Value Added Services“ (z.B. Suchfunktionen, zusätzliche
Kommunikations- und Informationsangebote, Empfehlungen etc.).637
Zudem können Online-Tauschbörsen auch die nach der netzbasierten Distribution wichtige
Realisierung von Funktionen des Kundenmanagements unterstützen. Vor allem bei zentralen
Filesharing-Netzwerken können Nutzer- und Nutzungsprofile aufgebaut und für Online-
Marketingzwecke, wie z.B. Online-Werbung, Online-Marktforschung, Promotion-Aktionen
oder Cross- bzw. Up-Selling-Aktionen, eingesetzt werden. Der Anbieter muss sich zukünftig
nicht nur auf die Indexierung der Dateien beschränken, sondern stellt jedem einzelnen
Kunden eine kundenindividuelle, für mobile Zwecke verwertbare Datenbank zur Verfügung,
die der Nutzer auch mit eigenen Musikdateien anreichern kann. Einnahmen lassen sich dann
z.B. damit generieren, dass der Kunde seine Inhalte in bestimmten Situationen (z.B. im
Urlaub) gegen Entgelt individuell zusammenstellen und auf sein mobiles Endgerät herunter-
laden kann.
4.3.3 Die Online-Produktpolitik digitaler Produkte
Durch die zunehmende Bedeutung digitaler Produkte im stationären und mobilen Online
Marketing ergeben sich vor allem auch zahlreiche neue Herausforderungen und veränderte
Rahmenbedingungen für die Produktpolitik. Werden physische Produkte digitalisiert oder
sind Produkte bereits in digitaler Form vorhanden, erfolgt eine weitere Be- und Verarbeitung
vollständig netzbasiert und damit nicht mehr innerhalb der physischen, sondern innerhalb
einer auf Online-Systemen basierenden „Online-Produktpolitik“. Der Einsatz digitaler
Produkte innerhalb der Online-Produktpolitik ist grundsätzlich durch eine vollständige
digitale Unterstützung und effiziente Abwicklung aller Prozesse der Produkt- und Produkt-
programmpolitik gekennzeichnet.638 In Zusammenhang mit den Besonderheiten, die sich
durch den Einsatz digitaler Produkte innerhalb der Produktpolitik ergeben, wird im Folgenden
zuerst der veränderte Produktionsprozess digitaler Inhalte erläutert.
Einen weiteren Schwerpunkt dieses Kapitels bildet die Gestaltung innovativer digitaler
Produktvarianten und Produktarten, die sich vor allem durch ihr stärkeres Individualisierungs-
bzw. Differenzierungspotenzial in erheblichem Maße von denen physischer Produkte
unterscheiden. Die Möglichkeiten der klassischen Produktdifferenzierung, d.h. der Umwand-
lung eines Basisproduktes durch Qualität, Design, Leistung, Komfort etc. in zwei oder
637 Vgl. Schögel/van Delden (2003), S. 10. 638 Vgl. ähnlich Wirtz (2001), S. 414.
180 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
mehrere differenzierte nicht mehr identische und substituierbare Produkte,639 lassen sich auch
auf digitale Inhalte übertragen. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass die Produkt-
gestaltung und Produktdifferenzierung digitaler Inhalte nicht neu ist und dass diese im
Grundsatz dem strategischen Ansatz des „Versioning“, d.h. der cross-medialen Produktion
von Informationsprodukten in verschiedenen Versionen für verschiedene Übertragungswege
sowie Marktsegmente und Kundengruppen entspricht.640 Besonders das „Versioning“ ermög-
licht eine kostengünstige sowie nach verschiedenen wertsteigenden Faktoren (z.B. Qualität,
Bequemlichkeit, Funktionsumfang oder Zusatznutzen) ausgerichtete (Re-)Produktion digitaler
Produkte.641
Ein weiteres wichtiges Instrument der Online-Produktpolitik ist der Anwendungsbereich des
„Electronic Branding“. Unter Electronic Branding wird im Allgemeinen „...die Entwicklung/
Erweiterung und die Pflege von Marken auf Basis moderner Informations- und Kommunika-
tionstechnologien...“ verstanden.642 Wie wir im Folgenden noch sehen werden, spielt durch
die fehlende Leistungsbeurteilung digitaler Leistungsangebote innerhalb netzbasierter Ver-
marktungsprozesse die Marke eine besondere Rolle bei der Überwindung von Einkaufs-
barrieren und trägt damit im Wesentlichen zum Vermarktungserfolg bei.
4.3.3.1 Produktionsspezifische Merkmale digitaler Produkte
Grundsätzlich werden bei der Neu-Produktion digitaler Produkte zwei Prozesse unter-
schieden: Zum einen sind digitale Produkte bereits netzbasiert erstellt und können ohne
Medienbruch weiter verarbeitet und transportiert werden (z.B. Software) oder sie wurden
zuerst in physischer Form produziert und werden anschließend anhand technischer Verfahren
digitalisiert (z.B. digitalisierte Literatur).643 Digitale Produkte als reine digitale Güter ohne
physischen Anteil entstehen demnach durch einen Produktionsprozess, der im Gegensatz zur
Herstellung physischer Produkte einen höheren Anteil am Produktionsfaktor Information
besitzt. Aus dem Produktionsfaktor Information wird unter Verwendung von dafür geeigneten
technologischen Anwendungen sowie teilweise auch durch nutzungsspezifische Daten ein
digitaler und ggf. multimedialer Inhalt erzeugt, der wiederum als absatzfähiges digitales
Produkt oder als Produktionsfaktor für die Erstellung weiterer Produkte verwendet werden
kann.
Die Erstproduktion der digitalen Inhalte erfolgt zunächst unabhängig vom Online-
Vertriebskanal und vom jeweiligen Endgerät. Hierbei ist anzumerken, dass diese Vorgehens-
639 Vgl. Weigand/Lehmann (1997), S. 477. 640 Vgl. Shapiro/Varian (1998), S. 53 f. 641 Vgl. ähnlich Goldhammer/Zerdick (1999), S. 163. 642 Wirtz (2001), S. 477. 643 Vgl. ähnlich Hess (1999), S. 79.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 181
weise dem typischen Paradigma des Cross-Media-Publishing entspricht, bei dem Inhalte für
verschiedene Darstellungsmedien auf der Basis unterschiedlicher Infrastrukturen produziert
und verteilt werden. Dies geschieht im Allgemeinen anhand von medientypischen Pro-
duktionswerkzeugen, aus denen sich wiederum Content-Management-Systeme ableiten
lassen.644 Wie bereits in Verbindung mit der Darstellung von Wertschöpfungsketten digitaler
Produkte teilweise aufgezeigt wurde, können digitale Inhalte im Hinblick auf die spätere
netzbasierte Distribution in verschiedenen Darstellungsweisen (z.B. Streaming, Download,
Archiv), Bitraten (z.B. 56, 128, 256) und Datenformaten (z.B. *.mp3, *.jpg, *.divX, *.pdf,
*.doc, *.zip, *.txt) aufbereitet und im Hinblick auf die bereits existierenden Endgeräte (z.B.
Handy, Palm Pilot, MP3-Player) zur Verfügung gestellt werden. Dazu kommen die
verschiedenen Merkmale der Angebotserstellung. Neben dem eigentlichen Inhalt als
Basisinformation (z.B. unformatierter Text) müssen im Zuge der Angebotserstellung auch
Struktur (z.B. Querverweise), Formatierung (z.B. Textart, Überschriften) und Layout (z.B.
Schriftfarbe, multimediale Elemente) des Online-Angebotes bestimmt werden.645
Ist die Produktion des digitalen Inhaltes abgeschlossen, d.h., erfolgt keine weitere Be- oder
Verarbeitung, können diese netzbasiert reproduziert werden. Von Reproduktion wird immer
dann gesprochen, wenn das fertige digitale Produkt („Master“) vervielfältigt und anschließend
als „Copy“ weiterverarbeitet wird.646 Die bei der Reproduktion entstehenden Kopien sind mit
dem Original, welches nur einmal produziert werden muss, identisch. An dieser Stelle sollte
nochmals darauf hingewiesen werden, dass bei der erstmaligen Erstellung digitaler Produkte
Entwicklungs- und Herstellungskosten entstehen, die im Verhältnis zu den Reproduk-
tionskosten relativ hoch sind („first Copy Costs“), was wiederum zur Folge hat, dass die
Reproduktion mit relativ wenig Aufwand erfolgen kann und sich diese auch zunehmend auf
die Nutzer verlagert. Als nutzerseitiges Produktionsmittel dienen die mittlerweile für
jedermann erschwinglichen Hard- und Software-Systeme.647
4.3.3.2 Klassifikationsmöglichkeiten digitaler Produkte
Aufbauend auf den Definitionen digitaler Produkte sowie deren Abgrenzungen innerhalb der
Gütersystematik im Vorkapitel erfolgt nun eine genauere, klassifizierte Darstellung der
Produktarten.648 Hinsichtlich der im Kapitel 4.2 dargestellten technischen Merkmale, die
insbesondere auch für eine Übertragung und damit für eine netzbasierte Distribution digitaler
Produkte relevant sind, können zum einen die bereits genannten verschiedenen Arten der
Datenübermittlung unterschieden werden; zum anderen werden zur Verringerung des
Datenvolumens und damit zur Leistungssteigerung der Übertragungsgeschwindigkeit und der
644 Vgl. van Hoof/Ritz (2002), S. 99 ff. 645 Vgl. Koop/Jäckel/van Offern (2001), S. 11 f. 646 Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 62. 647 Vgl. Balzli/Kerbusk/Rosenbach/Schulz (2003), S. 79. 648 Vgl. im Folgenden teilweise auch Schmidt (2003), S. 192 ff.
182 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Übertragungskapazität sowohl von den Netzbetreibern als auch von Nutzern Kompressions-
verfahren eingesetzt, die der Reduktion des Datenvolumens beim elektronischen Daten-
transfer in dem entsprechenden Übertragungssystem dienen. Aufbauend auf der Definition
digitaler Produkte im Vorkapitel werden im Folgenden damit – ohne den Anspruch auf
Vollständigkeit – die wesentlichen Arten digitaler Produkte angesprochen:649
Digitales Audio (Streaming Audio, Audio Download): Zum einen werden hierunter alle
Musikwerke (Lieder, Melodien, Klingeltöne) verstanden, die eine Klangfolge enthalten oder
die nur aus Tönen und Signalen bestehen650 (z.B. Music-on-demand). Zum anderen gehören
zu dieser Kategorie auch Sprachlernprogramme, Hörspiele, Wartemusik etc.
Digitale Filme (Streaming Video, Video Download) und Bilder (picture Download):Digitales Filmmaterial besteht aus Videos (Video-on-demand), Kinofilmen (Cinema-on-
demand), Konzerten (Concerts-on-demand) oder auch aus Interviews. Für digitales Bild-
material wählen wir den Begriff „Picture-on-demand“.
Digitale Printmedien (= Verlagsprodukte): Unter „digitalen Printmedien“ werden alle
bereits in der Medienwirtschaft unter Printmedien bekannten Produktklassen eingeordnet.
Dazu gehören neben Zeitungen, Zeitschriften und Journalen (Print-on-demand) auch Bücher
(Books-on-demand).
Computerprogramme (Software Download): Dazu gehören alle Programm- und Program-
mierhilfen (z.B. Anwendungs- und Standardsoftware, Testversionen, Shareware, Freeware
etc.) sowie Updates651 und Spiele (Streaming Games, Games Download), die direkt auf das
jeweilige Endgerät heruntergeladen werden können.
Digitales Geld (elektronisch softwarebasiertes Geld): Auch digitales Geld, welches aus
ungebundenen elektronischen Dateien bzw. aus immateriellen Einheiten besteht, kann als
digitales Produkt bezeichnet und zukünftig innerhalb von stationären und mobilen Online-
Systeme als Zahlungs- und Tauschmittel eingesetzt werden.652
Sonstige digitale Produkte: Zu erwähnen sind innerhalb dieser Kategorie vor allem
wissenschaftliche und technische Darstellungen, Analysen sowie Produktinformationen
(Handbücher, Testberichte, Broschüren) und Inhalte aus Datenbank- und Archivabfragen
(z.B. Stadtpläne, Kinoprogramme etc.).
649 Hierbei ist zu erwähnen, dass im Folgenden demeritorische Güter, d.h. Güter, die innerhalb des Internet stärker als gesellschaftlich und politisch gewünscht nachgefragt werden (z.B. Erotikangebote), in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden. Vgl. zu der Unterscheidung von meritorischen und demeritorischen Gütern Latzer (2000), S. 24.
650 Vgl. auch Steckler 2002, S. 401. 651 Der Begriff „Update“ wird im Allgemeinen für die Möglichkeit verwendet, eine Version (Software) auf den
neusten Stand zu bringen. Zu Softwarearten vgl. auch Heinrich/Roithmayr (1998), S. 483. 652 Vgl. zu softwarebasiertem digitalem Bargeld Hoppe/Schwarze (2002), S. 1274 f. sowie weiterführend den
Abschnitt 4.3.5.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 183
4.3.3.3 Die besonderen Gestaltungsanforderungen digitaler Produkte
Bei der (Re-)Produktion digitaler Produkte kommt es im Hinblick auf eine erfolgreiche
netzbasierte Vermarktung darauf an, welchen Wert die Inhalte im Rahmen der jeweiligen
endgerät- und umgebungsabhängigen Verwendungsform für den Kunden besitzen.653 Bereits
Herrmann (1999) führte in diesem Zusammenhang an, dass es in Bezug auf die Sicherstellung
und Erhöhung vorhandener und geplanter, von einer hohen Dynamik gekennzeichneter neuer
Medienangebote häufig an Gestaltungsempfehlungen mangelt.654 „Darüber hinaus ist es oft
unklar, welche Faktoren überhaupt einen Einfluss auf den Erfolg eines bestimmten Angebotes
haben können und daher bei der Entwicklung besonders kritisch zu betrachten sind.“655 Ein
Beispiel für Gestaltungsanforderungen an ein Online-Angebot digitaler Produkte zeigt die
aktuelle Umfrage von Fittkau & Maaß (2003). Merkmalen wie Unkompliziertheit des
Angebotes, Aktualität und sofortige Nutzbarkeit der Inhalte sowie der Bereitstellung
produktspezifischer Informationen wurden dabei eine besondere Bedeutung beigemessen
(siehe dazu die folgende Abbildung).
59,5
54,9
54,9
54,9
45,7
32,3
7,6
Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
Die digitalen Inhalte sollten besonders aktuell sein
Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
Alle Angaben in %
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Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
Die digitalen Inhalte sollten besonders aktuell sein
Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
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Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
Die digitalen Inhalte sollten besonders aktuell sein
Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
Alle Angaben in %
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Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
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Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
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Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
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Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
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Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
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Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
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Die digitalen Inhalte sollten besonders aktuell sein
Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
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Die digitalen Inhalte sollten besonders aktuell sein
Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
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Kauf der digitalen Produkte muss unkompliziert sein
Die digitalen Inhalte sollten besonders aktuell sein
Es sollten vor dem Kauf genügend produktspezifischeInformationen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen
Die Inhalte müssen nach dem Kauf sofort nutzbar sein
Die digitalen Inhalte sollten eine gewisse Exklusivität aufweisen
Die digitalen Inhalte sollten ein Individualisierungs -potenzial aufweisen
Andere Gründe/weiß nicht
Alle Angaben in %
Abbildung 40: Anforderungen an ein kostenpflichtiges Online-Angebot Quelle: Fittkau&Maaß (2003), Folie 13
Die in der Abbildung dargestellten Merkmale der Angebotsgestaltung werden im Folgenden
um wertstiftende Faktoren digitaler Produkte ergänzt bzw. erweitert. Zwar ist die Gestaltung
eines derartigen Leistungsangebotes teilweise auch von der Wahl der Produktart (z.B.
Nachrichten, Musik, Software) sowie von dem jeweiligen Online-System (z.B. Internet,
Online-Tauschbörse) und der Art des für die Nutzung benötigten Endgerätes (z.B. PC,
mobiles Endgerät) abhängig; übereinstimmende Merkmale lassen sich dennoch identifizieren
und können im Hinblick auf die Konzeption von Angeboten digitaler Leistungsangebote
vereinheitlicht dargestellt werden (siehe dazu ausführlich Tabelle 9 und die folgenden Aus-
führungen).
653 Vgl. ähnlich auch Müller-Kalthoff (2002), S. 31. 654 Vgl. Hermann (1999), S. 212. 655 Ebd., S. 212.
184 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Die Herausforderungen einer erfolgreichen Vermarktung digitaler Produkte liegen grundsätz-
lich in dem anbieterseitigen Aufbau einer Medienentwicklungs- und Mediennutzungs-
kompetenz,656 mit deren Hilfe sich die Inhalte erfolgreich erstellen, verteilen und vermarkten
lassen. Vor dem Hintergrund einer immer stärkeren Gewichtung multimedialer gegenüber
textlichen Elementen müssen Anbieter den Umgang mit „Multimedia“ zukünftig nicht nur
erlernen, sondern diesen in sämtlichen Strukturen professionalisieren. Die Einhaltung der für
den Kunden nachvollziehbaren Wertefaktoren, wie Qualität, Usability, Exklusivität etc., gilt
als eine Voraussetzung für den zukünftigen Vermarktungserfolg digitaler Produkte und wird
demnach zu einem kritischen Erfolgsfaktor innerhalb eines Online-Angebotes.
wertstiftende Faktoren Bedeutung Indikator
Qualität Reifegrad digitaler Produkte Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit, Verfüg-barkeit, Sicherheit
Usability Grad der Nutzerfreundlichkeit Usability innerhalb der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase
Exklusivität Grad der Alleinstellung Anzahl vergleichbarer Angebote, Substituierbar-keit
Komplexität Grad der Multimedialität, Interaktivität, Vernetzbarkeit
Darstellungsart und Darstellungsvielfalt, Informa-tionsdichte, Menge
Vertrauen657 Grad der Vertrauenswürdigkeit Technologische und organisatorische Sicherheit (Integrität, Authentizität, DRMS etc.), Beherrsch-barkeit, Transparenz, Handlungssicherheit, Konfigurierbarkeit, Individualisierung etc.
Markenbekanntheit658 Markenwert Markenbekanntmachung, Markenpositionierung, Markenauf- und Markenausbau, Markenwerter-haltung, kritische Masse
Vermarktungsfähigkeit Online-Vermarktungsspezifische Potenziale
Hohe Akzeptanz bei Werbekunden, Sponsoren und Kunden, Umsatz-, Kundenbindungs- sowie Differenzierungspotenziale, Crossmedia-Potenziale, zielgruppenspezifische Vermarktung
Markttransparenz Grad der Marktpositionierung Nachfrage-Intensität, Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle, Markt- und Nutzenwerte für Konkurrenzprodukte, Referenzmärkte, urheber- und datenschutzrechtliche Transparenz
Tabelle 9: Die wertstiftenden Faktoren digitaler Produkte Quelle: Auf der Grundlage von Müller-Kalthoff (2002), S. 31
656 Vgl. Winand (1999), S. 27. Der Autor bezieht die Ausführungen zwar auf die Medienkompetenz virtuellerLernwelten, diese lassen sich aber unserer Meinung nach auf digitale Produkte übertragen.
657 Vgl. dazu den Abschnitt 4.4.1.5. 658 Vgl dazu den Abschnitt 4.3.3.6.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 185
4.3.3.3.1 Angebotsqualität
Unter Angebotsqualität wird im Allgemeinen der Anspruch verstanden, dass digitale Inhalte
eine für den Kunden wahrnehmbare Aktualität, Richtigkeit, Echtheit (Authentizität),
Vollständigkeit und Verfügbarkeit aufweisen sollten. Im Mittelpunkt der Qualitätsan-
forderungen stehen im Allgemeinen die Kernleistungen eines Angebotes mit ihren objekti-
vierbaren technischen und subjektiv wahrgenommenen Eigenschaften.659 Zum Beispiel sollte
der Anbieter eines Nachrichten- oder Themenportals seine zeitkritischen Inhalte aus Politik,
Wirtschaft etc. ständig aktualisieren und durch die Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte
ein nachhaltiges Vertrauen zu seinen Nutzern aufbauen. Der Anspruch der Aktualität gilt auch
für digitale Produkte wie Musik, Filme (z.B. Neuerscheinungen), Software (z.B. Updates),
Produktinformationen (z.B. aktuelle Broschüren) sowie andere digitale Inhalte, wie
Kinoprogramme, Städteinfos, Verkehrsinformationen, Fahrplanauskünfte etc. Die Angebots-
qualität umfasst auch wichtige Anforderungen der Präsentationsqualität, die durch techni-
schen Fortschritt in Bezug auf z.B. Datenkompression, Standards etc. im Wesentlichen auf
eine authentischere Darstellung der Inhalte abzielt.660
Ein weiterer wichtiger Indikator für die Qualität ist die ständige Verfügbarkeit sowie die
Anwendung einer angemessenen Artikulationsfähigkeit.661 Die ständige Verfügbarkeit sollte
beispielsweise durch eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit der Server-Systeme gesichert
werden. Zudem lässt sich die ständige Verfügbarkeit digitaler Produkte auch durch den
verstärkten Einsatz mobiler Online-Systeme und innerhalb derer durch Anwendungen, wie
die des LBS, um ein erhebliches Maß steigern. Darüber hinaus müssen besonders die für eine
netzbasierte Vermarktung eingesetzten Online-Systeme ein hohes Maß an Sicherheit
aufweisen. Das Thema Sicherheit bezieht sich in diesem Zusammenhang besonders auf
Fragen der Datenmanipulation, des unbefugten Zugriffs auf geschützte Bereiche sowie auf die
Sicherheit gegen eine unerlaubte Weiterverwendung von Nutzer- und Nutzungsprofilen.662
4.3.3.3.2 Usability
Ein weiterer wichtiger wertgenerierender Faktor bezieht sich auf die Nutzerfreundlichkeit und
die einfache Bedienbarkeit der Online-Angebote, über die digitale Produkte vermarktet
werden. Vor allem innerhalb der technologischen Gestaltungsanforderungen werden für die
nutzergerechte Handhabung netzbasierter Leistungsangebote auch die englischen Begriffe des
659 Vgl. Hünerberg (1994), S. 152. 660 Vgl. Gerth (1999a), S. 146. 661 Vgl. dazu auch Hermann (1999), S. 215. Derartige Anforderungen beziehen sich nicht nur auf die eigene
Landessprache, auch sollten Inhalte in Abhängigkeit der jeweiligen Ziel- und Nutzergruppen in anderen Sprachen (z.B. Englisch, Spanisch) angeboten werden.
662 Vgl. Hermann (1999), S. 215.
186 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
„Content-Usability“ für die Gestaltung der digitalen Inhalte bzw. des „Web-Usability“663 für
die Gestaltung des Angebotes im Allgemeinen verwendet. Betroffen davon ist auf Nutzerseite
vor allem die Benutzeroberfläche bzw. das Frontend, das im Hinblick auf Navigations- und
Orientierungshilfen besonders nutzerfreundlich gestaltet werden muss, d.h., dem Anwender
sollten alle zur schnellen und unkomplizierten Abwicklung der netzbasierten Verkaufs-
prozesse benötigten Hilfestellungen zur Verfügung gestellt werden. Berücksichtigung finden
bei den Gestaltungsanforderungen neben den technischen Möglichkeiten z.B. auch wissen-
schaftliche Gebiete der kognitiven Informationsverarbeitung oder Maßnahmen im Hinblick
auf eine angemessene Aufmerksamkeitssteuerung des Angebotes.664 Werden zudem
multimediale Elemente, wie Bilder, mit anderen Leistungsangeboten im Hinblick auf eine
„Bildsprache“ kombiniert, „...müssen kommunikationstheoretische und wahrnehmungs-
psychologische Erkenntnisse berücksichtigt werden, um Anwendern die erfolgreiche Nutzung
zu ermöglichen“.665
Die benutzerfreundliche Gestaltung gilt vor allem auch für mobile Anwendungen, was
bedeutet, dass die digitalen Leistungsangebote in ihrer Handhabung und Navigation sowie in
Abhängigkeit des jeweiligen mobilen Endgerätes so einfach wie möglich gestaltet sein
sollten.666 Zobel (2001) spricht in diesem Zusammenhang von einem „3-Minuten-Wert“, d.h.,
das mobile Angebot muss dem Kunden innerhalb von drei Minuten einen wahrnehmbaren
Wert geschaffen haben.667 Übertragen auf digitale Produkte würde dies bedeuten, dass im
mobilen Internet der Zeitfaktor bezüglich der netzbasierten Produktauslieferung nochmals an
Bedeutung gewinnt und bei der Angebotsgestaltung berücksichtigt werden sollte.
Die Gestaltungsanforderungen digitaler Produkte beziehen sich insgesamt auf alle Phasen der
Leistungsbereitstellung und Leistungsübermittlung. Vor dem Kauf können z.B. Hör- und
Leseproben oder sonstige Informationen bereitgestellt werden, die dem Nutzer eine
Evaluierung und damit eine Reduzierung des Kaufrisikos ermöglichen. Zudem sollte der
Zugriff auf das Online-Angebot von jedem Endgerät aus erfolgen können. Erst dann ist
garantiert, dass zukünftig die Erfolgspotenziale mobiler Technologien im Sinne eines
unmittelbaren orts- und zeitunabhängigem Zugriffs und einer sofortigen Nutzung zum Tragen
kommen. Auch während des Kaufvorgangs muss die Bedienbarkeit des Angebotes so
unkompliziert wie möglich gestaltet werden. Zudem sollte genügend Leistungskapazität
vorhanden sein, um einen schnellen und unkomplizierten Download zu gewährleisten. Dies
663 Innerhalb des aus dem amerikanischen Raum bekannten Forschungsschwerpunktes „Web-Usability“ werden vor allem Design-Anforderungen im Sinne einer softwareergonomischen Qualität in Bezug auf die Benutzer-freundlichkeit (Zufriedenheit der Benutzer) behandelt. Vgl. Hermann (1999), S. 213.
664 Vgl. auch Vath/Hasselhorn/Lüer (2001), S. 18 ff. 665 Hermann (1999), S. 222 sowie weiterführend die dort angegebene Literatur. 666 Vgl. Zobel (2001), S. 118. 667 Vgl. ebd., S. 117.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 187
betrifft auch die Übertragungskapazitäten der Nutzer, welche durch beispielweise eine
Koppelung des Online-Angebotes an subventionierte Breitbandanwendungen deutlich erhöht
werden können. Innerhalb des Kaufvorgangs können z.B. auch Personalisierungs- und
Individualisierungsfunktionen und andere zusätzliche Serviceleistungen, wie z.B. One-Click-
Shopping-Funktionen, den Kaufvorgang erleichtern und unterstützen.
Auch nach dem Kauf der Produkte sollte die Nutzerfreundlichkeit, durch z.B. vereinfachte
und sichere Zahlungsverfahren sowie die oben erwähnte sofortige Verfügbarkeit der Inhalte
bzw. durch andere Serviceleistungen, wie die Vereinfachung von Reklamationen, gesichert
werden. Dies gilt z.B. auch in Zusammenhang mit der Rechteverwaltung innerhalb eines
DRMS oder mit der Einrichtung von Schutzmechanismen, die den Nutzer nicht daran hindern
sollte, die käuflich erworbenen Produkte z.B. über verschiedene Endgeräte weiter zu verwen-
den.
4.3.3.3.3 Exklusivität
Ein weiterer wichtiger Indikator ist die Exklusivität und damit die Einzigartigkeit in Bezug
auf Alleinstellungsmerkmale der Inhalte. Damit verbunden ist die Ausgestaltung des
Angebotes mit unverwechselbaren Charaktermerkmalen, um eine einfache Substituierbarkeit
von Seiten der Nutzer möglichst zu erschweren.668 Im Hinblick auf die Konkurrenz müssen
sich Inhalte sowohl gegenüber unbezahlten (Free Content) als auch gegenüber bezahlten
Angeboten (Paid Content) durch bestimmte Alleinstellungsmerkmale deutlich abgrenzen.
Dazu dienen zum einen die oben beschriebenen Qualitätsmerkmale. Zum anderen kann die
Exklusivität der Inhalte auch durch die Integration zusätzlicher Serviceleistungen sowie durch
eine Abstimmung auf die Bedürfnisse der Kunden gesteigert werden. Zum Beispiel kann es
dem Nutzer ermöglicht werden, die von ihm käuflich erworbenen digitalen Inhalte über
verschiedene Endgeräte zu nutzen. Auch das Herunterladen und das anschließende Brennen
von z.B. digitaler Musik auf eine CD-ROM bzw. DVD-R kann einen Zusatznutzen darstellen.
In Verbindung mit mobilen Online-Systemen sollten Angebote entwickelt werden, die einen
besonderen lokalen Zusatznutzen beinhalten (z.B. Informations- und Unterhaltungsangebote
während der Reise).669
4.3.3.3.4 Komplexität
Die Möglichkeit der komplexen Darstellung eines Leistungsangebotes digitaler Produkte wird
vor allem durch die Merkmale des jeweiligen stationären und mobilen Online-Systems
bestimmt. Neben den grundlegenden Eigenschaften, wie Multimedialität, Interaktivität und
Vernetzbarkeit, eignen sich vor allem mobile Online-Systeme bisher lediglich für eine
668 Vgl. auch VDZ (2003), S. 10. 669 Link (2003) unterschiedet hierbei verschiedene Ausgangspositionen, von denen aus der Nutzer mobiler
Endgeräte bedarfsgerechte Leistungsangebote übermittelt bekommt. Vgl. ausführlich Link (2003), S. 24 f.
188 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
einfache und komprimierte Darstellungsweise multimedialer Inhalte.670 Die Darstellung
komplexer Inhalte innerhalb des mobilen Internet ist zwar im Hinblick auf die Übertragungs-
raten in naher Zukunft möglich, allerdings fehlen bisher marktfähige mobile Endgeräte, die in
der Lage sind, digitale Produkte, wie Filme, Zeitungen etc., in einer ausreichenden nutzerge-
rechten Darstellungsqualität zu präsentieren.671
Der eher niedrigere Komplexitätsgrad in der Darstellungsart und -weise führt im mobilen
Internet zu einem breit gefächerten horizontalen, überwiegend aus textbasierten oder
einfachen multimedialen Elementen (z.B. Zeitschriftenartikel, Bilder, kurze Filmsequenzen)
bestehenden Inhalteangebot. Anwender verzichten aufgrund des mangelnden Nutzungs-
komforts auf das aus dem TV-Bereich bekannte ziellose „Zappen“ oder das aus dem Internet
bekannte „Surfen“.672 Vielmehr erwarten die Anwender eine komprimierte, nutzerfreundliche
und individualisierte Darstellung der Inhalte, um gezielt auf diese zuzugreifen. Hess/Rawolle
(2001) kommen zu dem Schluss, dass aus heutiger Sicht im mobilen Internet nur einfache,
stark standardisierte Produkte zum Erfolg führen, „...bei denen die Zielgruppe eine gute
Produktkenntnis besitzt und die sich an den Bedürfnissen von mobilen Endkunden ausrich-
ten“.673
Anders stellt sich die Situation im stationären Internet dar: Durch die immer weiter zuneh-
menden Verarbeitungs- und Übertragungskapazitäten lässt sich das multimediale Angebot
bereits heute reichhaltiger und tiefgründiger674 gestalten, was letztendlich in Anlehnung an die
Ausführungen vertikaler Portale zu einem vertikalen Angebot und damit zu einer stärkeren
Segmentierung, d.h. einer inhaltespezifischen Differenzierung und Spezialisierung des
Angebotes, führt. Zudem sind im Gegensatz zum mobilen Internet die Endgeräte durch
größere Bildschirme bereits heute in der Lage, die Inhalte großflächiger und multimedialer
abzubilden, was automatisch zu einer höheren Akzeptanz der Angebote führt. Beispielsweise
kann ein Online-Portal digitaler Musik im stationären Internet neben den üblichen aktuellen
und umfangreichen musikspezifischen Produkten auch weitere exklusive Informationen rund
um das Thema „Musik“ beinhalten (z.B. Konzert-Tipps, Künstler-Portraits und Live-Chats).
Die multimedialen Inhalte und Anwendungen können dabei zeitgleich kombiniert abgespielt
670 In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die Möglichkeiten der Informationsdarstellung mit der Benutzerfreundlichkeit eines Angebotes auch korrelieren können. Im Zuge dessen stellt sich die Frage, in welcher Menge und in welchem Umfang Informationen in ein stationäres und im Hinblick auf die begrenzteDarstellungsfähigkeit auf mobilen Endgeräten in ein mobiles Angebot eingebunden werden sollen. Auf dereinen Seite sollte die Komplexität des Auswahl- und Bestellprozesses möglichst niedrig gehalten werden, um eine Informationsüberflutung („Information Overload“) auf Nutzerseite zu verhindern. Andererseits bedingen gerade die zunehmenden Möglichkeiten einer multimedialen und multisensorischen Informationsdarstellungein an der Realität angelehntes Angebotsdesign.
671 Vgl. ähnlich Hess/Rawolle (2001), S. 653. 672 Vgl. dazu und im Folgenden ebd., S. 654. 673 Ebd., S. 658. 674 Vgl. auch Zobel (2001), S. 27.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 189
und damit genutzt werden. Zum Beispiel kann der Kunde sich ein Musikvideo anschauen und
dabei gleichzeitig eine E-Mail verfassen oder sich mit gleichgesinnten Nutzergruppen
austauschen. Anbieter können im Hinblick auf die Musikinteressenten zusätzlich redaktionell
betreute „Online-Communities“ oder in einem weiteren Schritt „Online-Tauschbörsen“, die
unter Urheberrechtsgesichtspunkten (DRMS) einen direkten Tausch von Musikdateien
zwischen den Nutzern ermöglichen, mit anbieten. Wie erwähnt, lassen sich vor allem in
Zusammenhang mit der Online-Vermarktung digitaler Verlagsprodukte (Bücher, Zeitungen,
Zeitschriften etc.) derzeit im stationären und vor allem auch im mobilen Internet noch
Verbesserungspotenziale hinsichtlich der Darstellungsart und -qualität erkennen. Bei
Zeitungen und Zeitschriften ist es bisher nicht möglich, diese in einer ausreichenden Qualität,
z.B. in Form eines ausklappbaren Bildschirmes oder einer ausrollbaren Folie, darzustellen und
zu nutzen. Allerdings ist mittel- bis langfristig von einer verbesserten Darstellungsweise
auszugehen, d.h., auch Bücher, Zeitungen und Zeitschriften lassen sich durch verbesserte
Ausgabegeräte (z.B. eBooks) über verschiedene stationäre und ansatzweise auch über mobile
Online-Systeme darstellen.675
4.3.3.3.5 Vermarktungsfähigkeit und Markttransparenz
Wie bereits im Kapitel 4.1 erwähnt, beziehen sich die Ausführungen zum Einsatz digitaler
Produkte im stationären und mobilen Online Marketing auf eine zukünftige Kommerzia-
lisierung der Vermarktungsaktivitäten und in diesem Zusammenhang auf die Identifizierung
vermarktungsspezifischer Potenziale. Letztere zielen im Wesentlichen darauf ab, durch die
Attraktivität der Leistungsangebote die Akzeptanz beim Werbekunden sowie bei den
jeweiligen Zielgruppen dauerhaft zu erhöhen. Die Ausstattung digitaler Produkte mit einem
für die Vermarktungsfähigkeit erforderlichen Nutzwert wird auch als „Asset“ 676 bezeich-
net.677 Haben digitale Inhalte einen bestimmten Wert (Asset) erreicht, ist der Nutzer bereit,
sich diese zu beschaffen und dafür zu zahlen. Die zuvor mehr oder weniger kostenlosen
Angebote erreichen im Zuge dessen einen für die kommerzielle Vermarktung relevanten
Nutz- bzw. Geldwert.
Neben den o.g. wertgenerierenden Faktoren lässt sich eine derartige Wertattraktivität der
Online-Angebote vor allem auch durch vermehrte Aktivitäten der Kundenbindung, der Pro-
duktdifferenzierung sowie der zielgruppenspezifischen Gestaltung digitaler Produkte er-
reichen. Beispielweise lässt sich durch eine stärkere Fokussierung digitaler Produkte auf
mobile Technologien vor allem eine jüngere Zielgruppe besser ansprechen. Damit impliziert
die Vermarktungsfähigkeit digitaler Produkte nicht nur die individuellere Ansprache der
675 Vgl. Link (2003), S. 25. 676 Der Begriff „Asset“ hat seinen Ursprung in der Finanzwelt und bezeichnet die Aktiv-Seite einer Bilanz und
damit die Vermögenswerte: "asset" (engl)= Vermögenswert, Aktivposten. 677 Vgl. dazu und im Folgenden Koop/Jäckel/van Offern (2001), S. 9.
190 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
eigenen Zielgruppen, vielmehr können dadurch auch neue Zielgruppen erschlossen werden.
Die Gewinnung von Werbekunden, Sponsoren und letztendlich von Endkunden hat direkte
Auswirkungen auf außerökonomische und ökonomische Erfolgsfaktoren und wirkt sich in
diesem Zusammenhang positiv auf z.B. Bekanntheitsgrad, Marktanteil, Umsatz, Gewinn etc.
aus. Zur Messung der Marktattraktivität lassen sich insbesondere Verfahren der Erfolgspla-
nung und -kontrolle einsetzen. In diesem Zusammenhang kann die vermarktungsrelevante
Positionierung digitaler Produkte im Hinblick auf die Marktransparenz des Internet ständig
überprüft und den sich verändernden Marktgegebenheiten anhand von Nutzer- und Nutzungs-
daten angepasst werden. Dies beinhaltet neben der Messung der eigenen Nachfrageintensität
auch die ständige Beobachtung der Markt- und Nutzwerte der Konkurrenzprodukte sowie der
Referenzmärkte. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund des vereinfachten Marktzuganges nicht
nur der Wettbewerb intensiviert wird. Auch die Preis- und Produktgestaltung wird dadurch
beeinflusst, dass sich die Informationsasymmetrien zugunsten der Nachfrager verschieben.678
Vor diesem Hintergrund müssen Anbieter ihre netzbasierte Leistungsgestaltung unter
ständiger Beobachtung des Wettbewerbs entsprechend anpassen. Die in Relation zum
physischen Markt günstige Gestaltung von netzbasierten Markt- und Wettbewerbsanalysen
sollte deshalb dauerhaft installiert und durchgeführt werden.
4.3.3.3.6 Abschließende Erläuterungen
Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass, bezogen auf die Anforderungen der
Gestaltung eines Online-Angebotes digitaler Produkte, nicht nur die Inhalte an sich nutzer-
und zielgruppengerecht gestaltet werden müssen, sondern auch die zur Online-Vermarktung
benötigten Online-Systeme und damit verbunden sollten besonders die Frontend-Systeme
bestimmte Faktoren, wie Benutzerfreundlichkeit, Multimedialität etc., aufweisen, um den
Nutzeranforderungen gerecht zu werden. Die Bewertung des „Assets“ digitaler Produkte
erfolgt dabei stets in Anlehnung an die genannten Faktoren, wobei diese gegenüber dem
Kunden kommuniziert werden sollten.679
Die in diesem Zusammenhang dargestellten wertgenerierenden Faktoren haben nicht nur
innerhalb der Gestaltung und der Marktpositionierung digitaler Produkte Relevanz. Sie
erhöhen auch insgesamt die Attraktivität der Leistungsangebote und tragen damit zu einer
verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der am Online-Markt digitaler Produkte beteiligten
Unternehmen bei. Zudem führt der nutzer- bzw. zielgruppengerechte Einsatz wertgenerie-
render Faktoren zu einer erhöhten Kundenbindung sowohl innerhalb des stationären Internet
(eCRM) als auch im mobilen Internet (mCRM). Bei der Angebotsgestaltung digitaler
Produkte sollte ferner auf die bisher weitestgehend unberücksichtigten Nutzergewohnheiten
678 Vgl. weiterführend Corsten (2003), S. 180. 679 Vgl. ähnlich Koop/Jäckel/Offern (2001), S. 180.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 191
und Nutzerinteressen geachtet werden, d.h., das Angebot sollte möglichst zielgruppen-
spezifisch ausgerichtet werden. Zudem ist es notwendig, den Entwicklungsprozess des
netzbasierten Leistungsangebotes durch z.B. Nutzertests oder Verfahren der Erfolgsplanung
und -kontrolle680 ständig auf seine technische und inhaltliche Benutzerfreundlichkeit und
Wertbeständigkeit überprüfen zu lassen.
4.3.3.4 Das Innovationspotenzial digitaler Produkte
Wie im Abschnitt 4.1.3 in Zusammenhang mit dem Modell der Wettbewerbskräfte nach
Porter und innerhalb dessen hinsichtlich der lateralen Wettbewerbsbedingungen deutlich
wurde, bedrohen die in einem Online-Markt vorhandenen digitalen Produkte die Ertragslage
der Unternehmen vor allem in der Weise, dass sie zum einen von Nutzern zunehmend als
neue innovative Marktleistungen angesehen werden und dabei verstärkt physische Güter
substituieren (physisch/digitale Substitution).681 Für Unternehmen, die bereits mit digitalen
Produkten im Online-Markt präsent sind, besteht aber zum anderen die Gefahr, dass durch ein
Fehlen der oben beschriebenen wertgenerierenden Faktoren die Online-Leistungsangebote
durch andere Online-Angebote der Wettbewerber substituiert werden (digitale Substitution).
Dabei wird deutlich, dass sich die substitutionsbedingten branchenspezifischen Bedrohungs-
potenziale in zweierlei Hinsicht manifestieren (siehe Abbildung 41).
Physischer-Markt
Online-Markt Online-Markt
digitale Produkte auf physischen Datenträgern
digitale Produkte auf digitalen Datenträgern
digitale Produkte auf digitalen Datenträgern
physisch/digitaler Substitutionsgrad
digitaler Substitutionsgrad
Physischer-Markt
Online-Markt Online-Markt
digitale Produkte auf physischen Datenträgern
digitale Produkte auf digitalen Datenträgern
digitale Produkte auf digitalen Datenträgern
physisch/digitaler Substitutionsgrad
digitaler Substitutionsgrad
Abbildung 41: Das Substitutionspotenzial digitaler Produkte
Die Substitutionsgefahr, die von digitalen Produkten ausgeht, lässt sich – wie wir im
Folgenden noch sehen werden – vor allem damit begründen, dass digitale Produkte unter der
Voraussetzung des Einsatzes wertgenerierender Faktoren im Gegensatz zu physischen
Produkten eine höhere Wertattraktivität und ein hohes Innovationspotenzial für Anbieter und
Nachfrager beinhalten. Bereits Hermanns/Flegel (1992) betonten in Zusammenhang mit dem
Einsatz neuer IuK-Technologien die Verbesserung der Innovationsfähigkeit durch eine
680 Vgl. dazu den Abschnitt 4.4.2.2. 681 Unter einer Substitution physischer durch digitale Produkte wollen wir im Allgemeinen einseitige
Austauschprozesse verstehen, bei denen ein physisches Leistungsangebot durch eine Alternative mit z.B.einem verbessertem Preis-/Leistungsverhältnis ersetzt wird. Vgl. ähnlich Keuper (2003), S. 60.
192 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
integrierte multimediale Präsenz von Informationen, z.B. im Rahmen der Produktentwicklung
und -vermarktung.682 Infolgedessen wird aus strategischer Sicht zukünftig die Produktgestal-
tung als Möglichkeit einer dauerhaften Marktüberlegenheit genutzt werden können. Damit
gewinnt die Ausgestaltung der Online-Produktpolitik und damit die Leistungsgestaltung im
stationären und mobilen Online Marketing an wettbewerbsstrategischer Relevanz. Unterneh-
men, die in Zukunft im Online-Markt digitaler Produkte bestehen wollen, müssen sich anhand
von exklusiven und einzigartigen digitalen Leistungsangeboten vom Wettbewerber differen-
zieren. Sie müssen Produkte kreieren, die im Sinne einer Differenzierungsstrategie den
Nutzenbedürfnissen der Kunden entsprechen und diesen durch mehrwertgenerierende
Faktoren einen deutlichen Zusatznutzen bieten.683 Auf dieser Grundlage wollen wir im
Folgenden auf die Innovationspotenziale digitaler Produkte eingehen und damit die aus
wettbewerbsstrategischer Sicht bedeutenden Differenzierungsmerkmale herausstellen.
4.3.3.4.1 Das „Cross-Media“ Potenzial digitaler Produkte
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich digitale Produkte innerhalb einer Cross-Media
Strategie vermarkten lassen. Der Begriff der „Cross-Media Strategie“ hat seinen Ursprung in
der Medienbranche und wird als auf die Bearbeitung von Geschäftsfeldern bezogene
Diversifizierungsentscheidung von Medienunternehmen, die als Zielbranchen andere
Medienteilmärkte fokussieren, definiert.684 Bei dem Grundsatz der Diversifikation handelt es
sich damit in Anlehnung an die Ausführungen im Abschnitt 4.3.1.2 um eine Angebotserweite-
rung in bisher nicht bearbeitete Geschäftsfelder, wobei die Ausschöpfung neuer Markt- und
Produktpotenziale im Vordergrund stehen.685 Im Hinblick auf die Medienbranche zielt die
Präsenz in verschiedenen Teilmärkten darauf ab, „ein Portfolio von Geschäftsfeldern
aufzubauen und die Erlösabhängigkeit von einzelnen Medienmärkten zu verringern“.686 Die
Grundlage einer Cross-Media Strategie bildet die Mehrfachverwertung von Inhalten und
damit die Möglichkeit, einmal erstellte Inhalte in unterschiedlichen Formaten und auf
unterschiedlichen elektronischen Medien anzubieten.687
682 Vgl. Hermanns/Flegel (1992), S. 15. 683 Wamser/Wilfert weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass es besonders bei Leistungsangeboten im
mobilen Online Marketing durch die vorherrschende hohe Wettbewerbsintensität sowie die hohe Geschwin-digkeit möglicher Wettbewerbsreaktionen schnell zu imitierten und innovativen Konkurrenzangeboten kommen kann. Vgl. Wamser/Wilfert (2002), S. 33. Die Leistungsgestaltung sollte daher im Hinblick auf die Konkurrenzsituation den Marktbedingungen ständig angepasst werden.
684 Vgl. Sjurts (2002a), S. 4 f. 685 Vgl. Geiger (2002), S. 38 und die dort angegebene Literatur sowie weiterführend Ansoff (1966). 686 Sjurts (2002a), S. 3. 687 Vgl. ähnlich Hess/Schumann (2001), S. 92.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 193
Sind die technischen Voraussetzungen einer Mehrfachverwertung erst einmal geschaffen,
lassen sich in Verbindung mit digitalen Produkten auch verschiedene Online-Medienmärkte
identifizieren, über die eine crossmediale Online-Vermarktung möglich ist. Im Zuge dessen
können z.B. digitale Musik- oder andere Medienprodukte, wie Videos oder aktuelle
Nachrichten, format- und endgeräteabhängig sowohl über das stationäre als auch über das
mobile Internet vermarktet werden. Neben der Ausnutzung von Synergie- und Kostendegres-
sionseffekten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg (z.B. durch die gemeinsame
Nutzung von technischen Infrastrukturen oder durch die gemeinsame Ausnutzung von
Online-Werbeplätzen) beinhalten Cross-Media Strategien auch den Einsatz von Kopplungs-
produkten. Letztere verfolgen den Ansatz einer integrierten Vermarktung digitaler Inhalte
über verschiedene On- und Offline-Vertriebskanäle und verbinden diese zu einem Leistungs-
angebot. Besonders Anbieter von Tageszeitungen verwenden Kopplungsprodukte, um das
Abonnement der Zeitung mit einem exklusiven Zugang zu einem Online-Portal des Verlages
zu verbinden.
Ein Beispiel für einen ganzheitlichen crossmedialen Vermarktungsansatz ist die Erfolgs-
sendung „Deutschland sucht den Superstar“:688 Neben der klassischen Bewerbung über
Printmedien, wie Zeitungen und Zeitschriften, wurde die dazugehörende TV-Show mit
Einbindung eines Call-Centers vermarktet. Zudem wurde zu der TV-Show auch ein Online-
Portal konzipiert, das neben Community- und Chat-Funktionen sowie Gewinnspielen und
sonstigen themenrelevanten exklusiven Informationen auch das Versenden von subventionier-
ten SMS-Nachrichten ermöglicht.689
Ein weiterer innovativer Ansatz crossmedialer Strategien ist die Etablierung von stationären
Multimedia-Terminals im Einzelhandel, die das Zusammenstellen und Brennen multimedialer
CD-ROMs ermöglichen. Das, was bisher der Nutzer mit eigener technischer Infrastruktur
bewerkstelligen musste, nämlich das Herunterladen von Dateien und das anschließende
Brennen auf CDs, kann zukünftig auch von speziellen Brennstationen im Einzelhandel
übernommen werden. Grundlage dafür bildet ein multimediales mobiles Endgerät (Hand-
held), das der Kunde beim Betreten des jeweiligen Geschäftes für den Kaufvorgang
ausgehändigt bekommt.690 Hat der Nutzer während der Durchsicht der physischen CDs in den
Regalen näheres Interesse an einem Produkt, kann er sich die komplette CD oder einzelne
Songs über das mobile Endgerät, welches mit einem Kopfhörer und einem Bildschirm
ausgestattet ist, anhören und im Weiteren auf Knopfdruck käuflich erwerben. Zum Schluss
geht er mit seinen individuell ausgewählten Musikprodukten an die Kasse, wo diese dann auf
eine CD-ROM gebrannt werden. Jeder ausgesuchte Song kostet 0,99 Cent; eine CD mit 10
Musiktiteln kostet in der herkömmlichen Klangqualität demnach 11,90 Euro. Vorstellbar ist
688 Vgl. im Folgenden DETECON 2003a, S. 20. 689 Siehe weiterführend http//deutschlandsuchtdensuperstar.rtl.de. 690 Vgl. dazu und im Folgenden teilweise Pauly (2003); o.V. (2003u).
194 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
in Zukunft, dass der Kaufvorgang auch hier vollelektronisch abgewickelt wird, d.h., die
mobilen Brennstationen, die direkt mit dem Internet verbunden sind, werden z.B. an
Tankstellen, Schulen oder auf Veranstaltungen aufgestellt und stellen neben digitalen
Musikprodukten auch andere digitale Inhalte, wie Videos, Filme oder Nachrichten aller Art,
zur Verfügung. Der Kunde kann sich dann sein individuelles Produktbündel selbst zusam-
menstellen und beispielsweise an eine eigene E-Mail-Adresse oder auf ein mobiles Endgerät
automatisch übermitteln lassen.
4.3.3.4.2 Digitale Produkte des mobilen Internet
Wie im vorherigen Kapitel deutlich wurde, können die im stationären Internet vorhandenen
digitalen Inhalte – soweit die technischen Voraussetzungen dies zulassen – auch über mobile
Endgeräte vermarktet werden. Zum einen werden Inhalte, die bisher im stationären Internet
angeboten wurden, zukünftig anhand einer Cross-Media Strategie auf das mobile Internet
übertragen, d.h., der „Content“ wird im Zuge eines „Cross-Media-Publishing“ den neuen
mobilen Technologien und Endgeräten angepasst.691 Beispielsweise werden in jüngster Zeit
verstärkt bewegte Bilder anhand von MPEG-4 Verfahren auf das mobile Internet übertragen
(Mobile-Streaming).692 Vor allem textliche bzw. stark standardisierte Inhalte mit hoher
Aktualität eignen sich zukünftig für eine derartige Darstellung über mobile Endgeräte.
Zum anderen wurden auch schon Produkte entwickelt, die sich ausschließlich nur für den
Einsatz im mobilen Internet verwenden lassen (z.B. Handy-Logos, Handy-Klingeltöne). So
führten Hess/Rawolle (2001) bereits aus, dass sich die bisherigen digitalen Inhalte nur
eingeschränkt für das mobile Internet nutzen lassen und dass davon auszugehen ist, „...dass
im Sinne einer mediengerechten Auswahl und Gestaltung von Inhalten vielfach neue
Substanzen erzeugt werden müssen“.693 In diesem Zusammenhang lassen sich die bereits
heute im mobilen Internet eingesetzten Kommunikationsanwendungen SMS und MMS
nennen, die es ermöglichen, multimediale Elemente, wie Bilder, Fotos und Musik, auf einem
mobilen Endgerät sowohl darzustellen als auch zu verarbeiten (vgl. zu SMS und MMS auch
weiterführend das Kapitel 4.3.4).
Innerhalb des mobilen Internet lassen sich auch Inputfaktoren in Form von digitalen
Produkten identifizieren, die für die Entwicklung und Erstellung digitaler und auch physischer
Leistungsangebote benötigt werden.694 Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbeson-
691 Eine übersichtliche Darstellung der Unterschiede zwischen mobiler und stationärer Internet- Nutzung findet sich bei Zobel (2001), S. 116.
692 Vgl. Gongolsky 2002. 693 Hess/Rawolle (2001), S. 656. Gerade mit Klingeltönen werden derzeit die größten Umsätze im c2c-Bereich
des mobilen Internet erzielt: Alleine 2003 erwartet die Musikindsutrie in Europa und den USA einen Umsatz von rund 350 Millionen Euro. Vgl. Clark (2003).
694 Vgl. im Folgenden teilweise Schmidt (2003), S. 193.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 195
dere Daten und Informationen, die zum Aufbau von ortsabhängigen Services („Location
based Services“) eingesetzt werden. Neben der Auswertung von Nutzer- und Nutzungsdaten
können insbesondere auch Geoinformationen für die Erstellung zeit- und ortsabhängiger
Leistungsangebote verwendet werden. Geoinformationen besitzen einen räumlichen Bezug
und bestehen aus Geodaten, die als wirtschaftliche Güter in Verbindung mit einem Eigen-
tums- und Verfügungsrecht für die Nutzung an Dritte weitergegeben werden.695 Waren Geo-
informationen bisher vorwiegend für öffentliche Abnehmer bestimmt, werden diese in
Zukunft innerhalb des mobilen Internet zu einem integralen Bestandteil von Anbietern
mobiler Leistungsangebote. Sie unterstützen die Erstellung sämtlicher auf Lokalisierungs-
technologien basierenden Produkte und Dienstleistungen, indem geografische Rohdaten mit
bereits im Unternehmen vorhandenen kundenbezogenen Profildaten verknüpft und zu einer
einheitlichen Datenbasis verdichtet werden.
Zudem existieren bereits Angebote, welche die auf der Basis mobiler Endgeräte bereits
erstellten digitalen Inhalte in physische Produkte rücktransferieren. Ein Beispiel dafür ist das
auf MMS-Technologien basierende Angebot „Vodafone-MMS-Postkarte“. Hierbei wird es
dem Kunden ermöglicht, die mit dem mobilen Endgeräte aufgenommenen Urlaubsfotos mit
einem geschriebenen Text per MMS an eine vom Anbieter festgelegte E-Mail-Adresse zu
versenden. Vodafone wandelt diese virtuelle Postkarte in Kooperation mit der Deutschen Post
AG in ein physisches Pendant um und versendet dieses dann an den entsprechenden
Empfänger.696 Der Mehrwert für den Anwender ist dabei in zweierlei Weise erkennbar. Zum
einen erreicht die Urlaubsnachricht auch Empfänger, die nicht über die entsprechende mobile
Technologie verfügen. Zum anderen ermöglicht die crossmediale Vorgehensweise die
Verarbeitung und Nutzung der digitalen Inhalte über Off- und Online-Vermarktungskanäle.
Ein weiteres Beispiel lässt sich im Hinblick auf die Nutzung mobiler Endgeräte in Verbin-
dung mit Printprodukten nennen.697 Die Wochenzeitung „Die Zeit“ ermöglicht im Zuge
dessen ihren Lesern in Zukunft, ausgewählte Artikel nicht nur online zu lesen, sondern sich
diese auch auf der Basis von Audio-Dateien digital zu hören oder auf ein mobiles MP3-Gerät
herunterzuladen. Die aus verschiedenen Rubriken, wie Politik, Wirtschaft, Wissen, stammen-
den Artikel liegen in drei gängigen Formaten vor (RealAudio, mp3-Stream und WindowsMe-
dia) und können durch dieses Angebot auch unterwegs (z.B. auf Reisen) genutzt werden.
695 Vgl. Schilcher/Deking 2002, S. 386. 696 Vgl. weiterführend http://www.vodafone.de. 697 Vgl. im Folgenden http://www.zeit.de/audio.
196 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
4.3.3.4.3 Das Individualisierungspotenzial
Die Möglichkeiten der netzbasierten (Re-)Produktion und Distribution digitaler Produkte
führen zu einem vollständig interaktiven Transaktionsprozess zwischen Anbieter und Nach-
frager und im Zuge dessen zu einer stärkeren Differenzierung und Personalisierung des
Leistungsangebotes. Picot et al. (2001) führen in diesem Zusammenhang aus: Eine
„...Individualisierung der Massenmärkte ist besonders leicht bei ...[elektronischen]...
Informationsprodukten möglich, da der Zugang zu bereits produzierten Informationen nahezu
ohne Mehrkosten kundenspezifisch gestaltet werden kann“.698 So auch Hess/Schumann (2001)
in Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Produktdifferenzierung für Medienunterneh-
men: „Liegen Inhalte in digitaler und modularisierter Form vor, lassen sie sich sehr leicht in
unterschiedlicher Form verschiedener Zielgruppen zu differenzierten Konditionen anbie-
ten.“699
Anhand digitaler Produkte und deren netzbasierten Logistiksystemen wird damit im Sinne der
Individualisierung eine stärkere Anpassung des Leistungsangebotes auf die individuellen
Bedürfnisse, Anforderungen und Präferenzen der Kunden möglich.700 Gerth (1998) führte
bereits in Zusammenhang mit der Zukunft des Online-Absatzes aus, dass durch die Vorverla-
gerung des Bestellvorgangs vor die eigentliche Produktion die Möglichkeiten einer Leis-
tungsdifferenzierung erweitert werden können, was bis zu einer kundenindividuellen
Fertigung („Assembling on Demand“) der Produkte führt.701 Im Hinblick auf digitale
Produkte lässt sich eine Angebotsdifferenzierung zukünftig vollständig netzbasiert realisieren
(„Individual-on-demand“). Der Faktor „Zeit“, der bei einer Produktdifferenzierung „online-
bestellter“ und physisch ausgelieferter Produkte noch von Bedeutung ist, entfällt vollständig.
Die Anwendung einer netzbasierten Produktdifferenzierung führt auch zu einer Unterstützung
der mehrwertgenerierenden Faktoren wie Aktualität, Qualität und Exklusivität und damit zu
intelligenten Produktlösungen, „...welche zu einer eindeutigen Nutzenerhöhung in zeitlicher,
finanzieller und anwendungsorientierter Hinsicht für den Anwender führen“.702
Neben den Möglichkeiten der Zusammenstellung von Musikprodukten zu bspw. einer Musik-
CD können auch andere digitale Produkte, wie z.B. Bücher, Nachrichten, nutzer- und
zielgruppengerecht individualisiert und vermarktet werden. Den Möglichkeiten einer
Differenzierung und Personalisierung digitaler Leistungsangebote sind in diesem Zusammen-
hang keine Grenzen gesetzt, was daran deutlich wird, dass unter dem Aspekt der vollständi-
698 Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 74. Durch das vorhandene Individualisierungspotenzial digitaler Inhalte werden dafür auch schon Definitionen wie „personalisierte Informationsdienstleistungen“ verwendet. Vgl. van Hoof/Ritz (2002).
699 Hess/Schumann (2001), S. 94. 700 Vgl. Choi et al. (1997), S. 325 f.; Wirtz (2000a), S. 120; ähnlich auch Bliemel/Fassott (2000), S. 23. 701 Vgl. Gerth (1998), S. 147. 702 Wirtz (2000a), S. 120.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 197
gen Digitalisierung vorhandener Wertschöpfungsketten der gesamte netzbasierte Verkaufs-
prozess ohne Medienbruch auf den einzelnen Anwender ausgerichtet werden kann.
An dieser Stelle sollte noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich gemäß der
Definition aus dem Vorkapitel um statische digitale Produkte handelt, deren Prozess der
Leistungserzeugung im Gegensatz zu Dienstleistungen ohne die Anwesenheit des Nutzers
bzw. die eines externen Faktors erfolgt. Das bedeutet, dass der Verfasser unter individuellen
digitalen Produkten Leistungsangebote versteht, die bereits produziert sind. Darunter fallen
individuelle Angebote wie elektronische Produktkataloge oder Konfigurationssysteme, die
dem Nutzer eine direkte Auswahl digitaler Produkte aus verschiedenen Optionen ermög-
lichen.703 Handelt es sich hingegen um Leistungsangebote, wie z.B. interaktive Beratungs-
oder Schulungssysteme, beschränkt sich die Leistungserstellung nicht auf eine manuelle
Konfiguration, d.h., die Produktion derartiger Leistungen setzt die Integration eines externen
Faktors und demnach des Nutzers voraus.704
4.3.3.4.4 Digitale Produkte als Produktbündel
Im stationären und mobilen Internet werden digitale Produkte vielfach auch als Produktbün-
del angeboten. Bei digitalen Produkten ist „...eine beliebig tiefe Entbündelung in einzelne
Komponenten möglich, die dann wieder individuell nach den Bedürfnissen einzelner Käufer
zusammengefasst werden können“.705 Die Gründe hierfür liegen vor allem in den geringen
variablen Kosten, die bei der Vervielfältigung digitaler Produkte anfallen: „The benefits of
bundling large numbers of information goods depend critically on the low marginal cost of
reproducing digital information...“.706
Als Beispiel für ein auf Produktbündelung basierendes Angebot lässt sich das Nachrichten-
portal von www.spiegel.de nennen: Der Online-Anbieter verbindet in jüngster Zeit verstärkt
textliche Inhalte mit Video- und Audiodateien. In Abhängigkeit des Artikels bestehen die
digitalen Audio- und Videosequenzen meistens aus Interviews, Reportagen und Dokumenta-
tionen aus Politik, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft. Diese Art der Produktbündelung wird
auch in Verbindung mit „Newslettern“ eingesetzt. Dabei ist es möglich, diesen nicht nur mit
Text, sondern auch mit Audio- und Videosequenzen sowie mit Grafiken und Bildern
anzureichern.
703 Zwar entsteht das digitale Endprodukt in diesem Zusammenhang auch erst durch den direkten Einfluss des Nutzers innerhalb der Leistungserstellung, die darin vorhandenen Einzelprodukte (Varianten) sind allerdings bereits produziert und werden vom Anwender lediglich zusammengestellt bzw. gebündelt. Es wurde bereitsdarauf hingewiesen, dass eine exakte Abgrenzung in diesem Fall nicht immer möglich ist. Zum Beispiel kann ein Produktbündel auch aus einer Mischform digitaler Leistungen, d.h. sowohl aus digitalen Produkten als auch aus digitalen Dienstleistungen bestehen.
704 Zu den Besonderheiten der Produktionsprozesse personalisierter Inhalte siehe van Hoof/Ritz (2002), S. 99 und die Arbeit von Tiedtke (2001).
705 Albers 1999, S. 34. 706 Bakos/Brynjolfsson 2000, S. 65.
198 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Ein weiteres Beispiel dafür sind individualisierte Produktbündel, die der Anwender beliebig
nach seinen Wünschen zusammenstellen kann. Vorstellbar ist, dass z.B. ein individuelles
Produktbündel digitaler Musik aus verschiedenen Einzelprodukten, wie Musik, Musikvideos
und sonstigen musikspezifischen Informationen, besteht. Dies schließt auch Produktbündel
ein, die sich aus digitalen Produkten und elektronisch erstellten Dienstleistungen zusammen-
setzen. Beispielsweise können digitale Produkte mit Hör- und Leseproben vermarktet werden,
die im Zuge einer Cross- und Upselling-Strategie werblich auf andere digitale Inhalte
aufmerksam machen.
Produktbündel können zudem auch aus digitalen Inhalten sowie aus Instrumenten der Online-
Werbung bestehen. Neben dem in praxi üblichen Einsatz der indirekten Erlösmodelle zur
Finanzierung eines kompletten Angebotes können auch digitale Produkte mit werblichen
Elementen zu einem Produktbündel geschnürt und entsprechend platziert werden.
In Zusammenhang mit den Möglichkeiten einer Produktbündelung lassen sich digitale
Produkte auch als „Microproducts“ vermarkten. Unter „Microproducts“ werden digitale Pro-
dukte eingeordnet, die in kleinsten Einheiten (z.B. einzelne Artikel) angeboten und im Zuge
dessen über Micropayment-Verfahren abgerechnet werden können.707
4.3.3.4.5 Weitere Entwicklungspotenziale
Wie die vorherigen Ausführungen verdeutlicht haben, beinhaltet die Entwicklung digitaler
Produkte ein erhebliches Innovationspotenzial bezüglich Formen der Individualisierung,
Differenzierung, Bündelung, Mobilität oder der crossmedialen Online-Vermarktung. Dabei
wurde deutlich, dass es sich teilweise um marketing- und produktspezifische Ansätze handelt,
die bereits in der physischen Welt vorhanden sind und die im Zuge der Digitalisierung von
Produkten und deren Anwendungen innerhalb von stationären und mobilen Technologien
noch deutlich verstärkt werden. Die bereits heute im Ansatz erkennbaren revolutionären
Auswirkungen dieser Innovationspotenziale werden sich allerdings im Zusammenhang mit
der Weiterentwicklung technischer und rechtlicher Rahmenbedingungen in Zukunft noch um
ein erhebliches Maß verstärken. Auf die Gestaltungs- und Integrationsmöglichkeiten von
morgen wollen wir daher im Folgenden genauer eingehen.
Wie bereits an mehreren Stellen deutlich wurde, lassen sich digitale Produkte, wie Musik,
Videos, Filme, Zeitungen, bereits heute vollständig über netzbasierte Online-Systeme
erstellen, ausliefern und damit vermarkten. Bereits Link (1998) führte bezüglich der
zukünftigen Verwendung von digitalen Zeitungen aus, dass in Abhängigkeit von den sich
entwickelnden Endgeräten eine elektronische Zeitung entweder wie gewohnt über einen
gewöhnlichen Drucker ausgedruckt oder aber über spezielle Flachdisplays am Bildschirm
707 Vgl. auch Luxem (1999), S. 146.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 199
gelesen werden kann.708 Dazu weiter: „Der entscheidende Punkt ist aber in der Möglichkeit
zu sehen, Zeitpunkt und Inhalt selbst zu bestimmen und dadurch die Informationsqualität aus
der Sicht des Einzelnen zu erhöhen.“709 Diese Art der derzeitigen noch am Anfang stehenden
zeit- und ortsunabhängigen Informationsnutzung lässt sich in Zukunft durch die Entwicklung
mobiler Technologien sowie durch die Vernetzung aller Online-Systeme und Datenbestände
noch deutlich steigern. Wir stehen derzeit noch am Beginn einer langfristigen Entwicklung
hin zu einem von Link (2003) formulierten „Electronic Aided Acting“710, das zukünftig die
Verteilung digitaler Produkte über multimediale stationäre und mobile Endgeräte in allen
Lebenslagen beinhaltet wird. Die Endgeräte mit ihren Funktionalitäten sowie die dazugehöri-
gen digitalen Produkte werden infolgedessen von einer „Allgegenwart“ bzw. von einer
ortsunabhängigen Verfügbarkeit bestimmt werden, was auch als „Ubiquitous-Computing“
bezeichnet werden kann.711 Leimeister/Krcmar(2002) führen dazu weiter aus, dass die Vision
des „Ubiquitous-Computing“ von der Realisierung neuer Produkte und Dienstleistungen
sowie von weiteren Effizienz- und Effektivitätsvorteilen bei der Produktion und Bereitstel-
lung bereits bekannter Produkte und Dienstleistungen geprägt sein wird.712 Es werden sich im
Zuge dessen weitere segmentspezifische Endgeräte entwickeln, die in der Lage sind, die
zunehmende technologische und inhaltebedingte Anwendungskomplexität zu verarbeiten. In
diesem Zusammenhang werden zukünftig Funktionen, wie z.B. „Multitasking“, was das
gleichzeitige Ablaufen mehrerer Programme bedeutet, „Multithreading“ als paralleles
Ausführen mehrerer Funktionen eines Programms sowie Bluetooth-Erweiterungen, die eine
Funkverbindung von Drucker, Mobiltelefon, Notebooks oder Netzwerken ermöglichen, in
mobile Endgeräte integriert.713
Wie angedeutet, betrifft die technische Weiterentwicklung nicht nur die entsprechenden
Endgeräte, sondern auch alle anderen zur netzbasierten Vermarktung benötigen stationären
und mobilen Online-Systeme. Wird die Erstellung und Verteilung digitaler Produkte derzeit
noch mit software- und hardwarebasierten Anwendungswerkzeugen und damit verbunden mit
der direkten physischen Unterstützung durch menschliche Arbeitskraft durchgeführt und
unterstützt, ist es vorstellbar, dass derartige netzbasierte Produktentwicklungs- und Produkt-
distributionsprozesse in Zukunft vollständig von intelligenten Online-Systemen (z.B. Data-
Mining, Systeme der künstlichen Intelligenz) übernommen werden, die aus den Kundenan-
forderungen sowie den gesammelten Nutzer- und Nutzungsprofilen in einem automatisierten
708 Vgl. Link (1998), S. 29. 709 Link (1998), S. 29. 710 Vgl. ausführlich Link (2003). 711 Vgl. Leimeister/Krcmar (2002), S. 1284. 712 Vgl. ebd., S. 1284. 713 Vgl. Hartmann (2002), S. 83. Bei Bluetooth handelt es sich um einen Kurzstreckenfunk zur drahtlosen
Vernetzung von Geräten. Des Weiteren eignet sich der Funkstandard als mittelschneller Internetzugang mit einer Reichweite von etwa 10 Metern und einer Übertragungsgeschwindigkeit von etwa 1 Megabit pro Sekunde. Vgl. dazu Winkelhage (2003).
200 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Prozess ständig neue kundenindividuelle und nutzergerechte digitale Inhalte generieren und
anbieten. Das, was bisher noch mehr oder weniger durch die Interpretation von Ergebnissen
anhand menschlicher Arbeitskraft einer Teilautomatisierung entsprach, könnte sich durch den
Einsatz von „intelligenten Online-Systemen“ innerhalb von Vermarktungsprozessen veränd-
ern. Online-Systeme könnten in Zukunft ohne menschliches Zutun auskommen und die
einzelnen Vermarktungsschritte bis hin zur Produkterstellung eigenständig übernehmen. Das
Online-System des Anbieters erstellt dann automatisch auf der Basis von Nutzungs- und
Bewegungsprofilen z.B. ein digitales Musikprodukt und übersendet dieses auf das mobile
Endgerät des Nutzers. Der Nutzer kann die digitalen Inhalte über sein Multifunktionsgerät
abspielen, auf anderen Geräten speichern oder aber noch zusätzliche multimediale Informati-
onen aus der Produktdatenbank des Anbieters abrufen. Dem Kunden kann durch Leistungs-
merkmale, wie Omnipräsenz, Lokalisierbarkeit und Universalität und damit durch die
Allgegenwart mobiler Online-Systeme, von jedem Punkt der Erde aus und zu jeder Zeit ein
individuelles und auf ihn zugeschnittenes Angebot unterbreitet werden.
Das folgende Beispiel soll das zukünftige Innovationspotenzial innerhalb des Online
Marketing noch einmal anhand der Abfolge eines Online-Transaktions- und Kommuni-
kationsprozesses praxisnah verdeutlichen: Aufgrund von bereits gesammelten Nutzer- und
Nutzungsdaten ist es dem Anbieter „Digital Music Store“ bekannt, dass der Kunde „Müller“
ein starkes Interesse an Rock- und Popmusik hat. Des Weiteren ist der Anbieter von Online-
Musikdienstleistungen aller Art durch die vorherige Einwilligung Müllers in der Lage, neben
den Benutzerprofilen auch Bewegungsprofile zu erstellen und damit seinen Standort zu
lokalisieren.
An einem Samstagmorgen befindet sich Müller auf einer Einkaufstour. Neben den üblichen
Sonderangeboten, die er jeden Samstag für 10h abonniert hat und die ihm auf sein multimedi-
ales mobiles Endgerät automatisch übertragen werden, erscheint diesmal auch ein Hinweis
auf ein Rockkonzert, das am Samstag Abend stattfindet. Müller interessiert sich für das
angekündigte Konzert und tritt damit in einen Prozess der vom Anbieter definierten „mobilen
Konzertvorbereitung“ ein, die durch den Online-Dienst „Digital Music Store“ wie folgt
unterstützt wird:714 Der Kunde Müller bestätigt zunächst das Interesse an dem angekündigten
Konzert per SMS und bekommt im Anschluss daran allgemeine Informationen über das
Konzert und die Tournee auf sein mobiles Endgerät übermittelt (Konzert-Trailer des
Vorabends, Termin, Preis etc.). Gleichzeitig erhält er mit der Möglichkeit der Ticket-
Bestellung eine Auswahl an aktuellen Informationen über die neue CD des Künstlers (Preis,
Titel etc.). Dazu gehört auch ein Videoclip, Hörproben, Klingeltöne der neusten Hits des
Künstlers sowie der Hinweis auf ein Community-Angebot. Müller möchte nicht alleine in das
714 Vgl. zur mobilen Konzertvorbereitung teilweise auch Geißler (2001), S. 34.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 201
Konzert gehen und schickt durch eine automatisierte Weiterleitungsfunktion den Konzert-
Trailer samt der Konzertdaten per MMS an seinen Bekanntenkreis. Anschließend sammelt er
die elektronisch übermittelten Zusagen und bestellt sowie bezahlt per mobilem Endgerät bei
dem Anbieter. Natürlich erhält er für die zusätzlich gewonnenen Kunden vom Anbieter eine
entsprechende Provision, die er auch gleich für z.B. einen Preisnachlass einsetzen kann.
Am Abend fungiert das mobile Endgerät dann als „mobiler Konzertbegleiter“: Auf dem Weg
zum Veranstaltungsort informiert ein auf Geodaten ausgerichteter Online-Service über die
aktuelle Verkehrslage und schlägt die beste Route für die Autofahrt sowie für einen Parkplatz
vor. Beim Einlass werden am Schalter die elektronischen Tickets automatisch übermittelt.
Während des Konzerts werden den Anwendern nochmals verschiedene Fanartikel auf dem
mobilen Endgerät angezeigt, die dann direkt bestellt, bezahlt und nach dem Konzert abgeholt
werden können. Müller möchte während des Konzerts nicht in die erste Reihe. Seine Freunde
chatten deshalb mit ihm, machen Bilder oder zeichnen einen Video-Clip auf, die sie an ihn
und an andere Freunde verschicken. Kann Müller seine Freunde nicht wiederfinden, sucht er
sie einfach per mobilem Endgerät, das ihm auch gleichzeitig einen Treffpunkt vorschlägt.
Das Konzert ist beendet und es folgt eine „mobile Konzertnachbereitung“. Diese beinhaltet
neben Hinweisen auf nahegelegene Lokalitäten auch das Angebot, an einem Gewinnspiel
teilzunehmen. Die Gewinner haben anschließend die Möglichkeit, sich mit dem betreffenden
Künstler innerhalb eines „Chat-Rooms“ interaktiv und multimedial auszutauschen.
4.3.3.5 Die Bedeutung der Markenpolitik digitaler Produkte
4.3.3.5.1 Aufgaben und Funktionen von Marken im Online Marketing
Wie eingangs erwähnt, sind die Entwicklung, der Aufbau sowie die Erweiterung und Pflege
von Marken ein wesentlicher Bestandteil der Online-Produktpolitik. So erwähnen auch
Homburg/Krohmer (2003), dass neben dem Innovationsmanagement und dem Management
der bereits am Markt etablierten Produkte das Markenmanagement ein drittes zentraler
Entscheidungsfeld der Produktpolitik darstellt.715 Als Marke wird nach Mefffert (2002) „...ein
in der Psyche des Konsumenten und sonstiger Bezugsgruppen der Marke fest verankertes,
unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung...“716
verstanden. Die Marke ist damit als ein stets immaterielles Vorstellungsbild anzusehen, das in
Abhängigkeit der Markenidentität und des „added value“ von einem starken oder weniger
starken Vertrauen bzw. von einem positiven oder negativen Kaufverhalten gekennzeichnet ist.
715 Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 514. 716 Meffert (2002), S. 6. Eine Marke kann zudem auch als ein gewerbliches Schutzrecht oder als ein markiertes
Produkt definiert werden. Vgl. Meffert (2002), S. 6; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 674. Maßnahmen der Markierung eines Leistungsangebotes mit Namen, Symbole etc. werden auch als Markenpolitik bezeich-net, wobei jedes mit einem Markennamen markierte Leistungsangebot als Marke definiert werden kann. Vgl. Bruhn (2002), S. 943.
202 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Aufbauend auf der Definition stellt die Markenpositionierung im stationären und mobilen
Online Marketing eine besondere Herausforderung dar: Gerade die Netzökonomie ist – wie
bereits ausführlich dargestellt – von geringen Markteintrittbarrieren für Wettbewerber,
deutlich niedrigeren Wechselbarrieren für Kunden, kritischen Masseneffekten sowie von
direkten und indirekten positiven Netzeffekten gekennzeichnet.717 Hinzu kommt die bereits
angesprochene Gegebenheit, dass netzbasierte Vermarktungsprozesse im Allgemeinen durch
ein unübersichtliches Informations- und Produktangebot sowie einen fehlenden physischen
Kontakt und eine damit verbundene erhöhte Unsicherheit gekennzeichnet sind.718 Wie bereits
erwähnt, gelten diese Unsicherheitsfaktoren gerade in Verbindung mit einer vollständigen
netzbasierten Abwicklung von Verkaufsprozessen digitaler Produkte, die zudem als
Erfahrungsgüter durch eine fehlende Bewertungsmöglichkeit vor dem Kauf und damit durch
einen Mangel an Vertrauen gekennzeichnet sind. Die immaterielle nutzer- und anbieterge-
rechte Markenpolitik wird deshalb zu einem zentralen Erfolgsfaktor digitaler Produkte und
wird vor allem von den folgenden Aufgaben und Funktionen bestimmt (siehe dazu die
Abbildung 42 auf der nächsten Seite).
717 Vgl. auch Wirtz (2001a), S. 51; Hess/Schumann (2001), S. 93. 718 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 717; Bongartz (2002), S. 303 f.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 203
Leichte ImitierbarkeitErfahrungsgüterKein physischer Gegenwert Ähnlichkeit der Leistung
Differenzierung des Leistungsangebotes
Aufbau von Vertrauen, Sicherheit und Orientierung
Hohes subjektives Kauf- und Unsicherheitsrisiko
zielgruppenspezifische Ausrichtung
wettbewerbsstrategische Ausrichtung
Austauschbarkeit der immateriellen Leistung
Digitale Produkte
Marke
Leichte ImitierbarkeitErfahrungsgüterKein physischer Gegenwert Ähnlichkeit der Leistung
Differenzierung des Leistungsangebotes
Aufbau von Vertrauen, Sicherheit und Orientierung
Hohes subjektives Kauf- und Unsicherheitsrisiko
zielgruppenspezifische Ausrichtung
wettbewerbsstrategische Ausrichtung
Austauschbarkeit der immateriellen Leistung
Digitale Produkte
Marke
Leichte ImitierbarkeitErfahrungsgüterKein physischer Gegenwert Ähnlichkeit der Leistung
Differenzierung des Leistungsangebotes
Aufbau von Vertrauen, Sicherheit und Orientierung
Hohes subjektives Kauf- und Unsicherheitsrisiko
zielgruppenspezifische Ausrichtung
wettbewerbsstrategische Ausrichtung
Austauschbarkeit der immateriellen Leistung
Digitale Produkte
Marke
Leichte ImitierbarkeitErfahrungsgüterKein physischer Gegenwert Ähnlichkeit der Leistung
Differenzierung des Leistungsangebotes
Aufbau von Vertrauen, Sicherheit und Orientierung
Hohes subjektives Kauf- und Unsicherheitsrisiko
zielgruppenspezifische Ausrichtung
wettbewerbsstrategische Ausrichtung
Austauschbarkeit der immateriellen Leistung
Digitale Produkte
Marke
Abbildung 42: Aufgaben und Funktionen der immateriellen Marke Quelle: In enger Anlehnung an Schleusener (2002), S. 267
Wie die Abbildung verdeutlicht, ist gerade bei digitalen Produkten eine zielgruppen-
spezifische und wettbewerbsstrategische Markenpositionierung notwendig, um dem zwischen
den Transaktionspartnern fehlenden Vertrauen sowie der schwierigen Orientierung effektiv
entgegenzuwirken. Aus funktionaler Sicht erfüllt die Markenpolitik innerhalb von Online-
Systemen demnach eine Risikoreduktions- und Orientierungsfunktion sowie im Hinblick auf
den strategischen Einsatz eine Differenzierungsfunktion.719
Im folgenden Kapitel werden wir deshalb kurz auf die besonderen Anforderungen an die
Markenpositionierung digitaler Produkte eingehen, wobei es sich nicht zwingend um
vollständig neue Marken handeln muss, vielmehr können auch bereits am klassischen Markt
oder am Online-Markt etablierte Unternehmen unter einer neuen Marke Angebote digitaler
Produkte platzieren (z.B. Apple mit ihrem iTunes-Musikshop).
719 Vgl. teilweise auch Bongartz (2002), S. 303 f.
204 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Sind Unternehmen bereits mit klassischen Marken oder anderen Online-Marken vertreten,
haben diese die Aufgabe, „...den klassischen und virtuellen Marktauftritt symbiotisch zu
gestalten, seine wechselseitigen Beziehungen zu beachten und damit zur Bildung einer
einheitlichen bzw. konsistenten Erscheinung beizutragen“.720
4.3.3.5.2 Die Markenführung digitaler Produkte
Die erfolgreiche Platzierung eines Angebotes digitaler Produkte erfolgt, wenn man den in der
Literatur vorhandenen Ausführungen folgt, auch nach einer markenstrategischen Ausrichtung.
Wirtz (2001) unterscheidet hierbei grundsätzlich bei traditionellen, bereits am klassischen
Markt etablierten Unternehmen zwischen einer Neumarken- und einer Markentrans-
ferstrategie.721 Bei der Markentransferstrategie wird ein bereits bestehendes Markenzeichen
für ein neues netzbasiertes Leistungsangebot verwendet, wobei eine weitere Unterscheidung
zwischen einer kombinierten und hybriden Markenstrategie722 erfolgen kann. Die kombinierte
Markenstrategie verbindet vorhandene Elemente einer Kernmarke mit neuen netzbasierten
Leistungsbestandteilen zu einer kombinierten Marke (z.B. Spiegel online, FAZ.net). Im
Gegensatz dazu wird bei der hybriden Markenstrategie der bereits vorhandene Markenname
auf den Online-Markt unverändert übertragen (z.B. Quelle, TUI). Der wesentliche Vorteil der
Markentransferstrategien ist darin zu sehen, dass neben dem bereits vorhandenen Bekannt-
heitsgrad bereits ein Vertrauensverhältnis gegenüber der Marke besteht und dieses nicht
zusätzlich aufgebaut werden muss. Von Interesse wäre eine derartige Strategie auch für große
Labels der Musikindustrie, die ihre Produkte bereits in der physischen Welt erfolgreich
platziert haben und das dabei erworbene (positive) Markenbild durch den Aufbau einer
Online-Vermarktungsplattform digitaler Musikprodukte in die Online-Welt übertragen
können.
Anders gestaltet sich der Markenaufbau bei einer Neumarkenstrategie, die nach Bongartz
(2002) auch als „virtuelle Markenstrategie“ bezeichnet werden kann.723 Die virtuelle
Markenstrategie ist durch eine „...unabhängige, internetspezifische Marke ohne Verbindung
zu Marken aus klassischen Marktumgebungen...“724 gekennzeichnet. Der Vorteil einer
derartigen Strategie ist darin zu sehen, dass die Marke unabhängig von Einflüssen bereits
vorhandener anderer Produkte ist, d.h., es besteht hier die Möglichkeit, „...für die Online-
720 Nieschalg/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 716. Wirtz (2001) erwähnt in diesem Zusammenhang, dass die Grenzen zwischen Offline- und Online-Marken zunehmend verschwimmen, d.h., durch die Ausdehnung vieler Geschäftsfelder und Aktivitäten von der Online- in die Offline-Welt kann im Prinzip nur noch nach dem ursprünglichen Entstehungsmarkt differenziert werden (z.B. AOL oder Amazon). Vgl. Wirtz (2001), S.477.
721 Vgl. Wirtz (2001), S. 484 f. 722 Vgl. dazu und im Folgenden teilweise Bongartz (2002), S. 311 f. 723 Vgl. Bongartz (2002), S. 311 f. 724 Bongartz (2002), S. 312.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 205
Marke eine eigene Persönlichkeit mit spezifischen Kompetenzen zu schaffen“.725 Durch das
fehlende Pendant in der physischen Welt ist die virtuelle Markenstrategie grundsätzlich von
einer Erhöhung der Aufwendungen für Markenbildung und Markenaufbau sowie einer
stärkeren Orientierung an Erfolgsfaktoren, wie die Gestaltung des Internet-Auftrittes oder der
Intensivierung von virtuellen Kundenbindungs- und Online-Marketing-Maßnahmen,
gekennzeichnet.726 Anhand der folgenden Abbildung sollen die Schritte und Instrumente
aufgezeigt werden, die für eine Markenbildung und einen Markenaufbau eines Online-
Angebotes digitaler Produkte notwendig sind. Ziel einer erfolgreichen Markenpolitik ist es,
das Leistungsangebot in der Art und Weise zu positionieren, dass durch einen unmittelbaren
Kontakt und damit eine größtmögliche Kundennähe ein positives Unternehmensimage mit
dem Ziel erzeugt wird, „...den Absatz zu fördern und den Unternehmenswert zu steigern“.727
Markenwert steigern
• Markentransfer-strategie
• virtuelle Marken-strategie
• Einzelmarken• Mehrmarken• Markenfamilien• Dachmarken• Co-Branding
Markengestaltung Marken-positionierung
Markenloyalitätgenerieren
Markenpräferenzerzeugen
Markenstrategie, Markenziele
markenbezogene Erfolgsplanung- und Erfolgskontrollaktivitäten
Marke entwickeln durch• Name, Symbol• Internetadresse• Online-Auftritt
Markeninteresse erzeugen durch• stationäre und
mobile Online Werbung
• klassische Werbung• virtuelle Produkt-
proben• Sponsoring, Koope-rationen,
• PR- und Community-Aktivitäten
• E-Mail, SMS und MMS-Aktionen
Direkter Abverkauf digitaler Produkte durch• stationäre und
mobile Online Werbung
• klassische Werbung• PR-Aktionen,
Sponsoring• E-Mail, SMS, MMS• Podcasting• User-generated-
Content (UGC)
Marke vom Wett-bewerb stärker differenzieren durch• Newsletter• Weblogs• CRM (Kunden-
clubs, Bonus-Programme, Personalisierung)
Kunden an die Marke binden durch• Communities• Individualisierung• Newsletter• Weblogs• RSS-Feeds
Markenwert steigern
• Markentransfer-strategie
• virtuelle Marken-strategie
• Einzelmarken• Mehrmarken• Markenfamilien• Dachmarken• Co-Branding
Markengestaltung Marken-positionierung
Markenloyalitätgenerieren
Markenpräferenzerzeugen
Markenstrategie, Markenziele
markenbezogene Erfolgsplanung- und Erfolgskontrollaktivitäten
Marke entwickeln durch• Name, Symbol• Internetadresse• Online-Auftritt
Markeninteresse erzeugen durch• stationäre und
mobile Online Werbung
• klassische Werbung• virtuelle Produkt-
proben• Sponsoring, Koope-rationen,
• PR- und Community-Aktivitäten
• E-Mail, SMS und MMS-Aktionen
Direkter Abverkauf digitaler Produkte durch• stationäre und
mobile Online Werbung
• klassische Werbung• PR-Aktionen,
Sponsoring• E-Mail, SMS, MMS• Podcasting• User-generated-
Content (UGC)
Marke vom Wett-bewerb stärker differenzieren durch• Newsletter• Weblogs• CRM (Kunden-
clubs, Bonus-Programme, Personalisierung)
Kunden an die Marke binden durch• Communities• Individualisierung• Newsletter• Weblogs• RSS-Feeds
Abbildung 43: Die Wertschöpfung virtueller Marken im stationären und mobilen Online Marketing Quelle: Teilweise auf der Grundlage von Wirtz (2002), S. 484728
4.3.4 Die Online-Kommunikationspolitik digitaler Produkte
Die im Abschnitt 4.1.2 erwähnte weiter zunehmende Bedeutung von Online-Werbung
beinhaltet in Zusammenhang mit der Vermarktung digitaler Produkte gleichzeitig eine
stärkere Integration digitaler Inhalte in die Anwendungsbereiche und Instrumente der Online-
Kommunikationspolitik. Formen der Online-Kommunikation innerhalb stationärer und
mobiler Online-Systeme werden auch als „Electronic Communication“ bezeichnet und
beinhalten „...die interaktive, multifunktionale Kommunikation unter Nutzung netzwerk-
725 Wirtz (2001), S. 485. 726 Vgl. Wirtz (2001), S. 485. 727 Wirtz (2002), S. 477. 728 Die dargestellten Aufgaben und Funktionen sollten an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Vgl.
weiterführend vor allem Bongartz (2002); Altobelli/Sander (2002).
206 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
basierter und elektronsicher Kommunikationsplattformen“.729 Das Ziel einer integrativen
Online-Kommunikationsstrategie digitaler Produkte besteht darin, die Online-Kommunika-
tionskanäle für die Vermarktung digitaler Produkte nutzbar zu machen.
Neben den bereits bekannten Kommunikations- und Werbeinstrumenten des stationären
Internet, wie E-Mail-, Newsletter-, Banner-Werbung oder auch virales oder Affiliate
Marketing bzw. Sponsoring, lassen sich dafür zukünftig in Abhängigkeit der technischen
Kapazitäten auch Instrumente des mobilen Internet verwenden. Dazu gehören insbesondere
das Versenden von SMS oder MMS sowie andere relevante Anwendungsbereiche der
mobilen Online-Werbung (z.B. mobile Bannerwerbung). Hinzu kommen die bereits in der
Praxis verbreiteten Anwendungen des Content-Sponsoring, das durch eine Platzierung bzw.
Einbindung von multimedialen digitalen Inhalten auf einem Online-Angebot des Sponsoring-
nehmers gekennzeichnet ist.730 Damit wird deutlich, dass Instrumente der stationären und
mobilen Online-Kommunikation auch als Transaktionsmedien digitaler Produkte eingesetzt
werden können, d.h., die Grenzen zwischen einer Kommunikations- und Transaktionsfunkti-
on sind im Hinblick auf digitale Produkte nicht mehr eindeutig erkennbar. Digitale Produkte
können als zusätzliche kontextbezogene wertschaffende Elemente innerhalb von Instrumenten
der Online-Werbung integriert und über diese auch transferiert werden. Allerdings sind dieser
Art der Werbung derzeit vor allem innerhalb des „mobile Advertising“ noch Grenzen gesetzt,
d.h., die Bandbreiten stellen dafür teilweise noch keine ausreichenden Kapazitäten zur
Verfügung.
4.3.4.1 Instrumente der Online-Werbung im stationären Internet
Zu den anerkanntesten Online-Werbeformen im E-Commerce zählen die klassische
Bannerwerbung, Content- und Portal-Sponsoring (ein Unternehmen tritt als Sponsor eines
Online-Angebotes auf) oder auch Keyword-Advertising (zielgruppenspezifische Werbeplatz-
ierung z.B. in Suchmaschinen und Online-Shops). Neben der klassischen Bannerwerbung
existieren bereits auch neue Werbeformen, wie z.B. Interstitials (Werbeunterbrechungen, die
z.B. bei Ladezeiten aktiviert werden), „Sticky Ads“ (wandern beim Blättern auf der Web-Site
mit), E-Mercials (Werbespot, der den gesamten Bildschirm ausfüllt) oder interaktive Banner
bzw. Nanosites (dabei handelt es sich um in HTML oder Java programmierte Werbeobjekte,
die z.B. auch Spiele beinhalten können). Des Weiteren eignet sich das Internet insbesondere
auch für Anwendungsbereiche der direkten multimedialen Kommunikation. Dazu gehören
Instrumente, wie direct Mailings, Newsletter oder auch die auf die individuellen Bedürfnisse
der Nutzer ausgerichteten personalisierten Internetseiten.731
729 Wirtz (2001), S. 468. 730 Vgl. Berndt/Kapaousouzi (2002), S. 176. 731 Vgl. auch Wirtz (2001), S. 474.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 207
Besonders die Instrumente der direkten multimedialen Kommunikation eignen sich für die
Vermarktung digitaler Produkte. Zum einen lassen sich innerhalb von personalisierten E-
Mails bzw. Newslettern Verweise (Links) auf Angebote digitaler Inhalte integrieren. Diese
können bei HTML-Mails auch durch werbliche Effekte (z.B. Hörprobe bei Musik, Trailer bei
Filmen) unterstützt werden. Zum anderen besteht die Möglichkeit, digitale Produkte direkt in
eine E-Mail bzw. in ein Newsletter zu integrieren. Hinweise auf digitale Produkte lassen sich
des Weiteren auch in die erwähnten Instrumente der Online-Werbung integrieren. Beispiels-
weise können Banner oder andere Werbeeinblendungen zukünftig multimediale Bestandteile,
wie Hörproben, Leseproben oder Filmsequenzen, enthalten. Darüber hinaus können Unter-
nehmen innerhalb von Chat-, Message-Boards- sowie Instant Messaging-Anwendungen
werblich auf das vorhandene Angebot Einfluss nehmen. Im Hinblick auf die momentane
Brisanz von Filesharing-Netzwerken in Verbindung mit digitalen Produkten sind werbliche
Aktivitäten besonders auch in Online-Tauschbörsen bzw. Communities von Interesse.
Betreiber einer derartigen Plattform können z.B. eigene digitale Inhalte einstellen oder Nutzer
mit gleichen oder ähnlichen Musikinteressen aufeinander aufmerksam machen und zusam-
menbringen.732 Wie deutlich wird, ist die direkte Schaltung von Online-Werbung innerhalb
derartiger Communities zwar möglich, der Erfolg ist allerdings in den meisten Fällen fraglich.
Im Gegenteil, viele Community-Mitglieder würden sich in eine „werbefreie“ Zone zurückzie-
hen und damit den Online-Dienst gegebenenfalls verlassen. Eine mögliche Lösung läge in der
Aufteilung des Angebotes in ein werbefinanziertes kostenfreies und in ein werbefreies mit
Kosten belegtes Premium-Angebot, in dem die Nutzer ohne Werbeeinblendungen kommuni-
zieren können.
Zudem besteht gerade bei Instrumenten der multimedialen Online-Werbung die Möglichkeit,
das Interesse an diesen anhand der Integration digitaler Produkte um ein erhebliches Maß zu
steigern. Um dies zu erreichen, muss bei der Gestaltung der Mehrwertfaktor deutlich erhöht
werden. Beispielweise kann die Akzeptanz von Online-Werbung innerhalb eines Angebotes
durch einen Preisnachlass oder durch den kostenlosen Download eines Musikstückes oder
eines Trailers belohnt werden. Auch die Beteilung an Online-Umfragen innerhalb der Online-
Marktforschung lässt sich durch derartige Maßnahmen fördern.
Wie die Ausführungen gezeigt haben, können Anwendungen und Instrumente der stationären
Online-Kommunikation die Vermarktung digitaler Produkte durchaus unterstützen.
Umgekehrt können digitale Produkte aber auch den Wert netzbasierter werblicher Maßnah-
men erhöhen. Um einen nach wirtschaftlichen Kriterien dauerhaften Anwendungserfolg zu
erzielen, bedarf es allerdings einer dauerhaften Erfolgsplanung- und Erfolgskontrolle der
Online-Marketing-Aktivitäten (siehe dazu auch den Abschnitt 4.4.2.2).
732 Vgl. Schögel/van Delden (2003), S. 11.
208 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
4.3.4.2 Instrumente der Online-Werbung im mobilen Internet
In Verbindung mit mobilen Technologien und Anwendungen werden Online-Werbeformen
im stationären Internet durch auf Push-Werbung basierende Möglichkeiten des „Wireless
Advertising“ erweitert.733 Die über drahtlose mobile Online-Systeme übermittelten Werbe-
formen sind zusätzlich zu den aus dem Internet bekannten Merkmalen, wie Interaktivität und
Multimedialität, stärker auf den Aufenthaltsort der Nutzer ausgerichtet. Voraussetzung dafür
ist unter anderem der Einsatz von ortsbezogenen Online-Diensten (LBS), die es dem Anbieter
ermöglichen, die Werbebotschaften in Abhängigkeit von Ort und Zeit zur Verfügung zu
stellen. In Zusammenhang mit Instrumenten der mobilen Online-Werbung existieren bereits
Kommunikationsformen, die auch für produktspezifische Werbebotschaften bzw. für die
Übertragung digitaler Produkte eingesetzt werden können. Konkret handelt es sich dabei um
die Online-Dienste „Short Message Service“ (SMS) und „Multimedia Message Service“
(MMS), die als asynchrone Kommunikationsform besonders zwischen Endanwendern (c2c)
eingesetzt werden. Ersteres ist der mittlerweile am häufigsten genutzte Online-Dienst im
mobilen Internet und dient dem Austausch von bis zu maximal 160 Zeichen langen textbasier-
ten Kurznachrichten, wobei besonders unter der technischen Erweiterung des „Enhanced
Message Service“ (EMS) auch nicht-textbasierte Nachrichten, wie z.B. Klingeltöne, Bilder,
Logos etc., versendet werden können. Die Erfolgsfaktoren von SMS liegen vor allem in der
einfachen Bedienbarkeit, der transparenten Kostenstruktur sowie in dem über alle Anbieter
einheitlichen Standard.734 MMS als multimedialer Online-Dienst hingegen ermöglicht
zusätzlich die Integration multimedialer Inhalte und damit den Austausch von Audio, Video
und Sprache über mobile Endgeräte.
Hinsichtlich der Integrationsfähigkeit von Online-Werbebotschaften innerhalb der genannten
Dienste lassen sich für digitale Produkte verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten identifi-
zieren. Im einfachsten Fall können die produktspezifischen Werbebotschaften unabhängig
von sonstigen Angeboten auf das Endgerät des Empfängers übertragen werden. Hierbei
handelt es sich um Werbebotschaften, die entweder rein statisch und damit ohne Response-
Funktion oder aber dynamisch, d.h. mit Response-Funktion gestaltet sind. Letzteres hat den
Vorteil, dass der Kunde auf die Werbebotschaft direkt mit z.B. einer Bestellauslösung
reagieren kann. Eine andere Variante der SMS-Werbung besteht in der Möglichkeit,
produktspezifische Werbebotschaften in Abhängigkeit anderer Angebote einzusetzen. Hierbei
dienen die Werbebotschaften quasi als Legitimation für die kostenlose Nutzung anderer
Serviceleistungen. Auch hier können die Werbebotschaften, mit Response-Elementen
ausgestattet, eine direkte Bestellung und anschließende Auslieferung digitaler Produkte
733 Vgl. Link/Schmidt (2002a), S. 376. Zu Werbung im M-Commerce siehe auch Zobel 2001, S. 223 ff. 734 Vgl. auch Wolf (2002), S. 235.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 209
ermöglichen. Die dritte Integrationsvariante besteht darin, digitale Produkte vollständig in die
SMS- und MMS-Funktionalitäten einzubinden. Die mobilen Kommunikationsanwendungen
entwickeln sich im Zuge dessen zu umfangreichen Transaktionsplattformen digitaler
Inhalte.735 Zum Beispiel lassen sich anhand einer SMS Nachrichten aller Art kundenindividu-
ell auf ein mobiles Endgerät übertragen. Per MMS hingegen können zukünftig auch
multimediale digitale Produkte, wie Musik- und Filmsequenzen, mit in das Angebot integriert
werden. Zu beachten ist bei allen Anwendungsmöglichkeiten, dass der Empfänger seine
Zustimmung zu der Übertragung der werbefinanzierten Botschaften gibt und im Gegenzug
diesen Service jederzeit abbestellen kann. Hinsichtlich der erweiterten Einsatzmöglichkeiten
mobiler Online-Werbeinstrumente als Kommunikations- und Transaktionsmedien digitaler
Produkte eignen sich derartige Online-Werbeformen zukünftig auch für den „cross-medialen“
Online-Vertrieb digitaler Inhalte. Der Anbieter kann hierbei sowohl über klassische als auch
über neue Medien den Nutzer auffordern, mit ihm per SMS in Kontakt zu treten und dadurch
eine Bestellung automatisch auszulösen. Der Anbieter übermittelt dem Nutzer dann über eine
MMS-Nachricht das gewünschte Produkt und ermöglicht ihm gleichzeitig eine sofortige
elektronische Zahlung.
4.3.5 Die Online-Preispolitik digitaler Produkte
„Although digitized information products are only a small portion of Internet-traded goods
today, suitable online payments systems, especially for small value items, will spur an
explosive growth in digital products trading.”736
Die zunehmende Bedeutung netzbasierter Vermarktungsprozesse sowie die damit zusammen-
hängenden Veränderungen der Wertschöpfungskette beeinflussen vor allem auch die
klassischen Erlösmodelle der am Online-Markt digitaler Produkte beteiligten Unternehmen.
Buhse (2001) nennt in Zusammenhang mit der netzbasierten Distribution digitaler Musik vier
sich auf die Online-Preispolitik auswirkende Effekte, die wir im Folgenden auf digitale
Produkte im Allgemeinen übertragen und darstellen wollen:737
• Durch die relativ niedrigen Markteintrittskosten und die damit verbundenen niedrigen
Investitionskosten in den Aufbau von Distributionsnetzwerken steigt die Auswahl an
legalen und illegalen Angeboten weiter an.
• Durch die fehlenden „per-unit“-Produktions- und Distributionskosten kann ein Aufpreis
gegenüber den Konsumenten schlecht durchgesetzt werden.
735 Wamser (2003) spricht in diesem Zusammenhang auch von mobilen Transaktionsanwendungen, die den netzbasierten Verkaufsprozess bis hin zur Zahlungsabwicklung vollständig unterstützen. Vgl. Wamser (2003), S. 72.
736 Choi et al. (1997), S. 19 f. 737 Vgl. im Folgenden teilweise Buhse (2001), S. 384.
210 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
• Zudem führen die nicht oder nur gering vorhandenen „per-unit“-Produktions- und
Distributionskosten zu einem fehlenden Preiswettbewerb und damit zu einer Art Markt-
versagen.
• Auch droht durch die weitreichenden Differenzierungsmöglichkeiten die Auflösung des
traditionellen Produktkonzeptes. Somit können Erlösminderungen entstehen, „...wenn
Konsumenten statt Alben lediglich die von ihnen gewünschten Musiktitel erwerben“.738
Dem entgegen können allerdings auf der Basis einer kostengünstigen Bündelung und
Individualisierung der Leistungsangebote auch neue Erlöse erzielt werden.
Die veränderten Bedingungen, unter denen in Zukunft netzbasiert Erlöse erzielt werden,
wollen wir im Folgenden anhand der Online-Preispolitik digitaler Produkte darstellen.
4.3.5.1 Grundlagen der Online-Preispolitik digitaler Produkte
In Anlehnung an die Definition der Preispolitik im Vorkapitel wollen wir unter der Online-
Preispolitik digitaler Produkte alle Preis- und Erlösstrategien, die sich auf die Ermittlung und
Festlegung des Entgeltes digitaler Leistungsangebote beziehen, verstehen.739 Neben den
bereits bekannten internetspezifischen Effekten, wie erhöhte Preistransparenz, zeichnet sich
die Preispolitik digitaler Produkte im Gegensatz zum Preismanagement physischer Produkte
durch einige Besonderheiten aus:740 Digitale Produkte werden bislang vor allem innerhalb des
stationären Internet überwiegend noch für einen Preis von „Null“ abgegeben. Die durch eine
kostenlose Abgabe von Produkten gekennzeichnete Penetrationsstrategie741 wird auch als
„follow the free“ bezeichnet und hat zum Ziel, über die schnelle Verbreitung einen großen
Marktanteil sowie Kundenbindungseffekte zur erzielen.742 Zudem eignen sich digitale
Produkte durch die Möglichkeit einer kostengünstigen Veränderbarkeit in besonderem Maße
zur Preisdifferenzierung: „...Most digital products are customized and consist of numerous
738 Buhse (2001), S. 384. 739 Die auch zum Preis-Mix gehörende Konditionenpolitik wollen wir im Folgenden nur soweit mit berücksichti-
gen, solange sie Vereinbarungen zwischen Anbieter und Endkunden betreffen. 740 Vgl. teilweise Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 860. Wie bereits angedeutet, führt die erhöhte
Preistransparenz im Allgemeinen zu einer Erhöhung des Wettbewerbs sowie zu einer höheren Preiselastizität der Nachfrage. Vgl. Corsten (2003), S. 116 f.
741 Penetrations- bzw. Marktdurchdringungsstrategien sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Anbieter mit besonders niedrigen Preisen in den Markt eintritt und durch eine möglichst schnelle Marktdurchdringungversucht, kostensenkende Skalen- und Erfahrungskurven-Effekte sowie eine Marktführerschaft zu realisieren. Im Gegensatz dazu wird mit der Abschöpfungs- bzw. Skimmingstrategie versucht, die Zahlungsbereitschaftvon Pionierkunden durch einen kurzfristig überhöhten Einführungspreis abzuschöpfen. Vgl. dazu und weiterführend Clement (2002), S. 27.
742 Vgl. Clement (2001), S. 1178; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 862. Die Refinanzierung eines digitalen Produktes kann bei einer derartigen Preisstrategie in Anlehnung an die Ausführungen von Clement (2001) dadurch erfolgen, dass zunächst durch Netzeffekte eine Nutzergruppe aufgebaut wird, die durch Lock-in-Prozesse an das Unternehmen gebunden wird. Anschließend erfolgt die Generierung neuer Umsätze durch den Verkauf von Komplementärleistungen („Upgrades“) oder durch leistungssteigernde „Premium-Angebote“. Vgl. weiterführend Clement (2001), S. 1178.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 211
component product. As a result, neither the seller nor the market can be expected to operate
with one price for all differentiated products and for all consumers.”743 In diesem Zusam-
menhang gewinnt auch die als erweiterte Form der Preisdifferenzierung geltende Preisbünde-
lung an Bedeutung. Durch die Möglichkeit der kostengünstigen anbieter- und nachfrageorien-
tierten Bündelung von digitalen Teilprodukten lassen sich dadurch die Preise weiter
individualisieren.
Wollen Anbieter in Zukunft digitale Inhalte über stationäre und mobile Online-Portale als
Vermarktungsgegenstand gewinnbringend einsetzen, müssen demnach geeignete Preis- und
Erlösstrategien entwickelt werden, die eine nach wirtschaftlichen und marktorientierten
Grundsätzen sinnvolle Vermarktung digitaler Produkte an verschiedene Nachfrager zu
unterschiedlichen Preisen ermöglichen. Im Vordergrund der Online-Preispolitik digitaler
Produkte stehen aufgrund der Fixkostendominanz sowie der Bedeutung von Netzeffekten
somit abnehmerorientierte Preisstrategien,744 die im Folgenden näher beschrieben werden.
4.3.5.2 Die Bedeutung direkter Erlösmodelle
Wie bereits erwähnt, ist die zu den Geschäftsmodellen gehörende Einnahme- bzw. Erlösseite
für die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte von besonderer Bedeutung. Das
wesentliche Ziel der Erlösgenerierung durch digitale Produkte besteht darin, die bisher noch
überwiegend kostenlosen Online-Angebote durch eine stärkere Gewichtung direkter
transaktionsabhängiger Erlöse zu substituieren. Damit wird erreicht, dass den meist qualitativ
hochwertigen digitalen und fixkostenorientierten Produkten direkte Einnahmen gegenüberste-
hen, was vor allem auch die Abhängigkeit vom Online-Werbemarkt deutlich reduziert. Im
Vordergrund stehen demnach direkte Erlöse, die sowohl über die im Kapitel 4.3.2 beschrie-
benen direkten als auch indirekten Distributionssysteme erzielt werden können (siehe dazu
ausführlich Abbildung 44 auf der folgenden Seite).
743 Choi et al. (1997), S. 348, ähnlich auch Brandtweiner (2000), S. 108. 744 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 861. Brandtweiner (2000) betont in diesem Zusammenhang, dass
aufgrund der gegen Null konvergierenden Grenzkosten die traditionelle kostenbasierte Preisfindung nicht zur Anwendung kommen sollte, sodass wir uns im Folgenden auf die abnehmerorientierten Preisstrategien beschränken werden.
212 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Direkte Erlösgenerierung Indirekte Erlösgenerierung
transaktions-abhängig
Pay-per-Use(nutzungsabhängig)
Pay-per-Volume(volumenabhängig)
Provisionen
transaktions-unabhängig
Pay-per-Time(zeitabhängig)
Abonnement(Flat Rate)
Paketpreis(kontingentabhängig)
Bannerwerbung
Data-Mining-Erlöse
Sponsorship
Direkte Erlösgenerierung Indirekte Erlösgenerierung
transaktions-abhängig
Pay-per-Use(nutzungsabhängig)
Pay-per-Volume(volumenabhängig)
Provisionen
transaktions-unabhängig
Pay-per-Time(zeitabhängig)
Abonnement(Flat Rate)
Paketpreis(kontingentabhängig)
Bannerwerbung
Data-Mining-Erlöse
Sponsorship
Abbildung 44: Die Erlösmodellsystematik digitaler Produkte Quelle: Auf der Grundlage von Wirtz/Kleineicken (2000)
Im Folgenden werden die in der Abbildung genannten direkten transaktionsabhängigen und
transaktionsunabhängigen Erlösformen, welche sich sowohl auf die netzbasierte Vermarktung
innerhalb des stationären als auch des mobilen Internet beziehen können, dargestellt.745
Pay-per-Use:. Bei Pay-per-Use handelt es sich im Allgemeinen um eine nutzungsbezogene
Leistungsabrechnung, die in Messgrößen nach z.B. Zeiteinheiten, übertragenes Datenvolu-
men, Anzahl der Zugriffe auf Informationen, Anzahl gelieferter Datensätze, Verbindungs-
dauer etc., erfasst werden kann.746 Gerade in Verbindung mit der netzbasierten Vermarktung
digitaler Inhalte wird das Erlösmodell zunehmend von Konsumenten präferiert747, wobei
„Pay-per-Use“ in diesem Zusammenhang vornehmlich für die Abrechnung pro geliefertem
Produkt verwendet wird. Vorstellbar ist in Zukunft, dass dieses Erlösmodell auch im Mobile
Commerce Anwendung findet, d.h., dem Nutzer werden die über das mobile Internet
gekauften digitalen Inhalte pro übertragenes Produkt in Rechnung gestellt. Zudem ermöglicht
die Abrechnung nach „Pay-per-Use“ auch eine nutzungsgerechtere Differenzierung der
745 An dieser Stelle wollen wir noch einmal darauf hinweisen, dass Online-Angebote digitaler Produkte derzeit und in Zukunft größtenteils auch über indirekte Erlösmodelle refinanziert werden. Unter dem Begriff „multi-revenue-streaming“ werden in Zukunft neue Erlösmodelle und -quellen in die bereits vorhandenen Ge-schäftsmodelle integriert. Vgl. Wirtz/Becker (2002a), S. 147. Im Zuge dessen wird die Bedeutung direkter Erlösmodelle weiter zunehmen.
746 Vgl. Illik (1999), S. 123. 747 Vgl. dazu die neuesten Umfragergebnisse von VDZ (2003), S. 28.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 213
Leistungsangebote. Die Inhalte können damit zielgruppenabhängig in unterschiedlicher
Qualität und zu unterschiedlichen Preisen vermarktet werden. Von besonderer Bedeutung
innerhalb des mobilen Internet ist neben dem aus dem stationären Internet bekannten „Pull-
Verfahren“ das bereits erwähnte „Push-Verfahren“. Digitale Produkte, wie z.B. Musik, Filme,
Zeitschriftenartikel, können damit in Abhängigkeit vom jeweiligen Erlösmodells unabhängig
von Ort und Zeit auf das mobile Endgerät automatisch übertragen werden. „Pay-per-Use“
eignet sich vor allem für eine unregelmäßige, einmalige und/oder spontane Nutzung von
digitalen Produkten. Beispielsweise kann diese Art von Erlösmodell auch als Einstieg in die
Nutzung weiterer Online-Angebote innerhalb der stationären und mobilen Online-Werbung
oder innerhalb von individualisierten Angeboten (z.B. Sonderangebote für bestimmte Nutzer
oder -gruppen) eingesetzt werden.
Pay-per-Volume: Bei dieser Art von Erlösmodellen zahlt der Nutzer nur für das herunter-
geladene Datenvolumen. Zwar ist hierbei eine Angebotsdifferenzierung nur eingeschränkt
möglich, der Umsatz lässt sich im Gegensatz zu dem oben beschriebenen „Pay-per-Use“
Ansatz allerdings relativ gut planen.748 Clement (2002) erwähnt in Zusammenhang mit dem
Einsatz eines derartigen Erlösmodells im Mobile Commerce, dass die Abrechnung nach
übertragenem Datenvolumen wegen der unterschiedlichen produktabhängigen Datenintensität
vom Anwender wenig Akzeptanz finden wird.749 Der Nutzer wäre dabei gezwungen, für die
Übertragung eines Films mit z.B. 3 MB Datenvolumen in Relation zu einer Börsentransaktion
von 3 KB das 1000fache zu bezahlen.
Pay-per-Time: Die Bezahlung der digitalen Produkte ist zeitabhängig, d.h., die Abrechnung
erfolgt in Relation zu der Zeit, in der das Produkt online genutzt wird. Im Hinblick auf das
bereits erwähnte Streaming-Verfahren können z.B. digitale Inhalte, wie Videos oder auch
Nachrichtensendungen aller Art, dem Nutzer nutzungszeitabhängig in Rechnung gestellt
werden. Die Nutzungsdauer kann dabei auch aus einem erworbenen, zeitlich befristeten
Nutzungsrecht bestehen, d.h., der Nutzer wird durch eine Nutzungslizenz in die Lage versetzt,
ein virtuell ausgeliehenes Produkt für eine befristete Zeit nutzen zu können.
Paketpreis: Der Nutzer kauft digitale Inhalte in Form eines Kontingentes, wobei die
einzelnen Abrufe in Abhängigkeit der Nutzung vom Kontingent abgezogen werden. Diese Art
von Erlösmodell ermöglicht dem Kunden eine hohes Maß an Nutzungsflexibilität. Zudem ist
auch hier die Planbarkeit der Einnahmen für den Anbieter besser möglich.
Abonnement: Das auf einer Pauschalgebühr basierende Erlösmodell wird auch als „Sub-
skriptions-Modell“ bezeichnet750 und ermöglicht die Nutzung digitaler Produkte unabhängig
von Zeit und Volumen. Der Nutzer kann im Zuge dessen ein Angebot gegen eine Gebühr
748 Vgl. VDZ (2003), S. 27. 749 Vgl. dazu und im Folgenden Clement (2002), S. 34. 750 Vgl. Zobel (2001), S. 220.
214 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
abonnieren und dieses dann flexibel nutzen. Jüngstes Beispiel für ein Abonnement-Modell ist
das Fußball-Bundesliga-Angebot von T-Online:751 Das Angebot besteht aus Videostreams,
die eine Zusammenfassung aller der deutschen Bundesliga angehörenden Spiele zum Inhalt
haben. Zusätzlich enthält das Angebot eine Fünf-Minuten-Zusammenfassung des Spieltages.
Neben der Möglichkeit eines Abonnement-Modells (3,95 Euro pro Monat) kann der Kunde
die Inhalte auch über „Pay-per-Use“ (0,50 Euro pro drei Minuten Spiel) nutzen.
Am gezeigten Beispiel wird deutlich, dass ein Abonnement-Modell vor allem bei digitalen
Produkten eingesetzt wird, die regelmäßig genutzt bzw. abgerufen werden, was zur Folge hat,
dass sich zwischen Anbieter und Abnehmer eine dauerhafte Geschäftsbeziehung752 etabliert.
In Verbindung mit Verlagsprodukten erwähnt auch der VDZ (2003), „dass sich die Abrech-
nung mit steigendem Angebot und steigender, regelmäßiger Nachfrage auf ein Migrati-
onspfad von ‚Pay-per-Use’ über ‚Paketpreise’ hin zu ‚Abonnement’ entwickeln wird“.753
4.3.5.3 Elektronische Zahlungssysteme
„Weder einer der Musikkonzerne noch ein Anbieter von Spielen, Filmen oder Fernsehpro-
grammen offeriert seine Ware leicht zugänglich und zu attraktiven Preisen im Internet. Und
keine Firma hat es geschafft, ein automatisiertes und verlässliches Bezahlsystem zu
entwickeln.“754
Eng verbunden mit den für die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte benötigten
direkten Erlösmodellen, ist der Einsatz von elektronischen Zahlungssystemen. Unter
elektronischen Zahlungssystemen wollen wir alle Zahlungsvarianten verstehen, die als
integrierte Zahlungssysteme den netzbasierten Vermarktungsprozess vollständig unterstütz-
ten. So auch Hoppe/Schwarze (2002): Integrierte elektronische Zahlungssysteme als
Teilmenge elektronischer Zahlungssysteme „...erlauben eine Integration der Zahlung in den
internetbasierten Handel, so dass theoretisch alle nicht physischen Vorgänge einer Ge-
schäftsabwicklung medienbruchfrei elektronisch unterstützt werden können“.755 Integrierte
elektronische Zahlungssysteme als wesentliche Elemente automatisierter Vermarktungs-
prozesse sind innerhalb des stationären Internet besonders durch den Einsatz von softwareba-
sierten, auf digitalen Münzeinheiten basierenden Zahlungsmitteln gekennzeichnet. Das auf
digitalen Münzeinheiten basierende Zahlungsmittel wird auch als „Internet Cash“ bezeichnet
und entspricht einer digitalen Variante des Münzgeldes, „...welches in individuellen
751 Vgl. im Folgenden o.V. (2003y). 752 Vgl. auch Luxem (1999), S. 44. 753 VDZ (2003), S. 27. 754 Kröher (2003), S. 106. 755 Hoppe/Schwarze (2002), S. 1272.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 215
Geldbörsen (wallets) auf der Festplatte des Nutzers verwahrt wird“.756 Digitale Münzeinhei-
ten können zudem auch als „Hypercoins“ bezeichnet werden und ermöglichen es zukünftig,
Kleinstbeträge automatisch vom Konto des Benutzers abzubuchen. Albrecht (2001) spricht in
diesem Zusammenhang auch von einer Währungsreform und führt aus: „Jeder Klick, jede
Bewegung im Netz wird zukünftig in „Hypercoins“ abgerechnet [...]., die automatisch vom
Konto des Benutzers abgebucht werden, sobald er sich irgendwo im Datenraum bedient.“757
Neben den softwarebasierten lassen sich auch hardwarebasierte elektronische Zahlungsmittel
nennen, die zukünftig aufgrund der möglichen Automatisierung vor allem auch als Handy-
gestützte Abrechnungsverfahren im mobilen Internet zur Anwendung kommen. Dazu gehören
neben den typischen Zahlungsmitteln, wie Kredit- und Geldkarte, auf Rechnung und
Lastschriftverfahren758 auch neue innovative Micropayment-Verfahren759.
Der Einsatz von elektronischen hardware- und softwarebasierten Zahlungssystemen im
stationären und mobilen Online Marketing hat im Wesentlichen zum Ziel, durch eine
medienbruchfreie Zahlungsabwicklung die Vermarktungsprozesse weiter zu automatisieren.
So erwähnte bereits Illik (1999), „...daß elektronische Zahlungsmittel helfen müssen, einen
Methoden-, Medien- und Verfahrensbruch bei der Abwicklung von digitalen Handelstransak-
tionen zu vermeiden“.760 Zudem muss garantiert werden, dass sich die jeweiligen Zahlungs-
systeme zukünftig auch für die kostengünstige Abrechnung von Kleinstbeträgen einsetzen
lassen. Zum Beispiel würden die Kosten der Zahlungsabwicklung eines MP3-Files oder eines
einzelnen Artikels über Kreditkarten- oder Bankeinzugsfunktion den eigentlichen Preis des
digitalen Produktes um ein Vielfaches übersteigen. Vor allem im stationären Internet wirken
Zahlungsverfahren, wie Kreditkarte, Bankeinzug etc., durch die relativ hohen Abrechnungs-
kosten von Kleinstbeträgen noch restriktiv. Anders gestaltet sich der Einsatz hardwarebasier-
ter Zahlungsverfahren im mobilen Internet: Die Transaktionen der Zahlungen im M-
Commerce werden zukünftig anhand der bereits genannten multifunktionalen mobilen
Endgeräte abgewickelt, wobei im Gegensatz zum stationären Internet sowohl eine eindeutige
Identifizierung des Kunden als auch eine unabhängig von Zeitpunkt und Ort medienbruch-
756 Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 863. 757 Albrecht (2001), S. 9. 758 Zu hardwarebasierten elektronischen Zahlungsverfahren vgl. weiterführend Fochler (2003), S. 251 ff.;
Strauß/Schoder (2002), S. 245 ff.; Illik (1999), S. 123 ff. Zu der Einsetzbarkeit der sich derzeit am Markt befindlichen hardwarebasierten Zahlungssystemen sowie ihrer Bewertung vgl. auch Dannenberg/Ulrich (2003). Zu elektronischen Zahlungssystemen des mobilen Internet vgl. weiterführend Fochler (2003), S. 249 ff.; Dannenberg/Ulrich, S. 10 ff.; Illik (1999), S. 109 ff.; Khodawandi/Pousttchi/Wiedemann (2003); Contius/Martignoni (2003); Siegert (2002); Syré (2002), S. 38 f.
759 Micropayment-Verfahren setzen sich nach VDZ (2003) aus „Hybriden-Abrechnungsverfahren“ („all-in-one“), Abrechnungsverfahren von Internet Service Providern (z.B AOL) sowie aus Abrechnungen über Benutzerkonten und aus „Prepaid Cards“ zusammen. Vgl. ausführlich VDZ (2003), S. 28 f. Jüngste Umfra-gen zeigen, dass Kunden aufgrund der zu komplex wirkenden Micropayment-Verfahren auch nach wie vor die klassischen Varianten, wie Kreditkarte und auf Rechnung, bevorzugen. Vgl. VDZ (2003), o.V. (2002g), Syré (2002).
760 Illik (1999), S. 113.
216 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
freie Zahlungstransaktion möglich wird.761 Die Zahlungsabwicklung von Kleinstbeträgen,
z.B. über Kreditkarte oder Bankeinzugsverfahren, wird damit nicht nur wesentlich verein-
facht, sondern auch weiter automatisiert, was einen kostengünstigeren Zahlungsprozess
ermöglicht. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass bisher vor allem für die hohe Anzahl der
Guthabenkartenbesitzer („Prepaid-Kunden) noch kein verlässliches Abrechnungssystem
entwickelt wurde, das in der Lage ist, den Kunden die von ihm in Anspruch genommenen
Dienste in Rechung zu stellen.762
Um wiederum die automatisierte Abwicklung netzbasierter Vermarktungsprozesse im
stationären Internet zu optimieren, sollte neben den Micropayment-Verfahren das oben bereits
erwähnte elektronische Bargeld in Zukunft als eine Art „Netz-Binnen- bzw. Cyberwährung“
fungieren und eine flexible systemunabhängige Nutzung ermöglichen.763 Die Verwendung
einer derartigen digitalen Währung ist durch die in der folgenden Tabelle aufgeführten
vermarktungs- und technisch relevanten Merkmale gekennzeichnet:
Geldart Digitales Bargeld in Form von elektronischen bzw. digitalen Münzdateien
Zahlungsbetrag Millipayments (Cent-Bereich), Mikropayments (0,50 Cent – 25 Euro), Minipayments (25 – 200 Euro), Makropayments (>200 Euro)
Zahlungszeitpunkt Ex ante, pay per view, ex post
Wertstabilität764 Die digitale Münzdatei muss als Substitut des physischen Geldes einen standardisierten, für jeden nachvollziehbaren Wert besitzen
technische MerkmaleSicherheit, Einfachheit, Komfort, Anonymität, medienbruchfreie und
systemunabhängige Nutzung
Transaktionsverlauf
(1) Autorisierter Betreiber emittiert elektronische Münzen
(2) Elektronische Münzen werden vor dem Kauf bei dem Betreiber eingetauscht
(3) Digitale Münzdatei wird während des Zahlungsvorganges vom Käufer in die elektronische Geldbörse des Verkäufers übertragen
Vorteile Geringe Tranksaktionskosten, sofortige Zahlungssicherheit und damit geringes Zahlungsausfallrisiko, vollständige Anonymität möglich
Nachteile
Betreibergebundenheit des Zahlungssystems, Softwareinstallation notwendig, Schutzmaßnahmen verkomplizieren den Abrechnungs-vorgang, hohe Sicherheitsstandards auf privaten Kundenrechnern notwendig
Tabelle 10: Merkmale softwarebasierter elektronischer Zahlungssysteme Quelle: Auf der Grundlage von Hoppe/Schwarze (2002), S. 1278
761 Vgl. teilweise Mosen (2002), S. 194. 762 Vgl. o.V. (2002f). 763 Der flexible Einsatz der digitalen Münzeinheiten sollte vor allem zwischen stationären und mobilen Online-
Systemen möglich sein, sodass es sich bei digitalem Bargeld im Grunde um digitale Produkte handelt, die in ungebundener Form über stationäre und mobile Online-Systeme transportiert werden können.
764 Vgl. auch Illik (1999), S. 109.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte 217
4.3.5.4 Preisstrategische Ansätze
In enger Anlehnung an die oben beschriebenen Erlösmodelle lassen sich Preisstrategien
nennen, wobei, wie bereits oben erwähnt, bei digitalen Produkten vor allem preisstrategische
Ansätze der „Preisdifferenzierung“ und der „Preisbündelung“ von Bedeutung sind. Strategi-
sche Ansätze der Preisdifferenzierung implizieren die Möglichkeit, dass „..ein prinzipiell
gleiches Produkt an verschiedene Nachfrager zu unterschiedlichen Preisen möglichst
gewinnbringend verkauft...“ werden kann.765 Ziel ist es, durch die unterschiedlichen Preise
die Zahlungsbereitschaft der Nutzer so weit wie möglich auszunutzen, um die sog. Konsu-
mentenrente, die aus der unterschiedlichen Preisbereitschaft der Konsumenten als Erfolgs-
schmälerung für die jeweiligen Anbieter resultiert, abzuschöpfen.766 Eine wesentliche
Voraussetzung dafür ist die Erstellung von Nutzer- und Nutzungsprofilen über das Nachfra-
geverhalten und damit die individuellen Zahlungsbereitschaften.767
Im Gegensatz dazu werden unter Preisbündelungsstrategien im Allgemeinen die nachfrage-
orientierte Bündelung von digitalen Teilprodukten zu einem Produktpaket und die damit
verbundene Preisfestsetzung verstanden.768 Zusammengenommen sind im stationären und
mobilen Online Marketing digitaler Produkte die in der Abbildung 45 dargestellten Preis-
strategien von Bedeutung.
765 Skiera (2001), S. 269. Zu Arten der Preisdifferenzierung siehe auch Fassnacht (1996). 766 Vgl. dazu und auch zur Preisdifferenzierung aus theoretischer Sicht Brandtweiner (2000), S. 80 ff. 767 Vgl. ähnlich Skiera (2001), S. 277. 768 Vgl. zur Preisbündelung ausführlich die Arbeit von Wübker (1998).
218 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online Marketing
Preisstrategien
ProduktbündelungProduktdifferenzierung
Anbieterseitig nach Nutzer- und Nutzungsprofilen
Endbündelung
Gemischte Bündelung
Reine Bündelung
Gruppen-bezogen
Individuell
Kundenseitig durch Selektions-
möglichkeiten
Regional
Personen-bezogen
Zeitbezogen
Mengen-bezogen
Leistungs-bezogen
Suchkosten-bezogen
Abonnement Pay-per-Use
Preisstrategien
ProduktbündelungProduktdifferenzierung
Anbieterseitig nach Nutzer- und Nutzungsprofilen
Endbündelung
Gemischte Bündelung
Reine Bündelung
Gruppen-bezogen
Individuell
Kundenseitig durch Selektions-
möglichkeiten
Regional
Personen-bezogen
Zeitbezogen
Mengen-bezogen
Leistungs-bezogen
Suchkosten-bezogen
Abonnement Pay-per-Use
Abbildung 45: Preisstrategien digitaler Produkte Quelle: Auf der Grundlage von Clement (2001), S. 1179; Clement (2002), S. 38 ff. sowie teilweise Wirtz (2001), S. 448, Fassnacht (1996), S.82f.
Die in der Abbildung dargestellten preisstrategischen Ansätze sind bereits unter den
genannten Quellen hinreichend beschrieben worden, auf eine detailliertere Ausführung wird
an dieser Stelle deshalb verzichtet. Vielmehr soll noch einmal verdeutlicht werden, dass durch
die Möglichkeit des Abschöpfens der Konsumentenrente Ansätze der Preisdifferenzierung
eine wesentliche Voraussetzung für die gewinnbringende netzbasierte Vermarktung digitaler
Produkte darstellen. Des Weiteren lassen sich in Zusammenhang mit mobilen Technologien
weitere Preisdifferenzierungen realisieren. Anhand von Lokalisierungstechnologien sowie
aufgrund der Nutzeridentifizierung können Leistungsangebote auch regional differenziert
angeboten werden. Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, haben bei der netzbasierten
Vermarktung vor allem qualitätsbedingte Differenzierungsmerkmale eine besondere Bedeu-
tung. So können die Verkaufspreise digitaler Produkte im Hinblick auf die verschiedenen
Qualitätsstufen variieren. Beispielsweise eignet sich auch digitale Musik zur Preisdifferenzie-
rung, d.h., kostenpflichtige Musik kann „...temporär oder qualitativ differenziert werden,
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 219
wobei neue Songs oder solche mit sehr hoher Qualität teuerer sind“.769 Im Zuge der
dargestellten abnehmerorientierten Preisstrategien lassen sich deutliche Erfolge durch eine
weitere Automatisierung und damit Beschleunigung der Kaufprozesse erzielen. Benötigt
werden dazu in Zukunft vor allem die oben beschriebenen zu einer Vollautomatisierung
beitragenden Zahlungs- und Abrechnungsverfahren sowie im Hinblick auf die zukünftige
Gestaltung von Geschäftsmodellen eine stärkere Gewichtung direkter Erlösmodelle.
769 Walsh/Frenzel/Wiedemann (2002), S. 210 f.
4.3 Vermarktungsrelevante Auswirkungen digitaler Produkte auf das stationäre und mobile Online Marketing
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 220
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkt
Durch die bisherigen Ausführungen wurde deutlich, dass für den Einsatz digitaler Produkte
im stationären und mobilen Online Marketing umfangreiche innovative Online-Systeme
benötigt werden, die zum einen die Neugestaltung der Online-Marketing-Instrumente
bewirken sowie zum anderen auch unmittelbare Auswirkungen auf die wettbewerbs-
strategische Situation der betreffenden Unternehmen haben. Durch die besonderen Innovati-
onspotenziale sowie die unmittelbaren Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation einer
Branche können stationäre und mobile Online-Systeme in Anlehnung an die klassischen
Systeme des Online Marketing sowie des Databased Online Marketing auch als „strategische
Online-Systeme“ bezeichnet werden.770 Damit können Online-Systeme digitaler Produkte
mögliche Stoßrichtungen im Wettbewerb beeinflussen sowie den Aufbau von Wettbewerbs-
vorteilen im Sinne einer Differenzierungs-, Kostenführerschafts- oder Hybridstrategie
unterstützen. In diesem Zusammenhang wurde in der Literatur bereits mehrfach darauf
hingewiesen, dass die wettbewerbsstrategischen Einflüsse nicht für jede Branche gleicher-
maßen gelten, vielmehr ist ein möglicher Wettbewerbsvorteil jeweils nur aus den konkreten
Umweltbedingungen und Kompetenzen eines Unternehmens ableitbar.771 Darüber hinaus
haben Unternehmen die Möglichkeit, durch strategische Online-Systeme ihre Position im
Online-Markt hinsichtlich der im Abschnitt 4.1.3 beschriebenen Wettbewerbskräfte insgesamt
zu verbessern.
Damit wird deutlich, dass durch den Einsatz digitaler Produkte im Online Marketing nicht nur
eine durch technischen Fortschritt ausgelöste Vision verfolgt wird, sondern dass es sich um
wirtschaftlich tragfähige Entwicklungen handelt, durch deren Einsatz im Unternehmen neben
dem Aufbau und der Erringung von strategischen Wettbewerbsvorteilen vor allem auch
Erfolgspotenziale wie Kostensenkungs- und Erlössteigerungspotenziale erzielt werden kön-
nen. Durch die Einflussnahme auf quantitative und qualitative Erfolgspotenziale sowie durch
die weiter oben beschriebenen Eigenschaften und Wirkungen aus wettbewerbsstrategischer
Sicht werden die innerhalb von Online-Systemen eingesetzten digitalen Produkte zunehmend
zu einem eigenständigen Wettbewerbsfaktor: Digitale Produkte werden als Wettbewerbs-
faktor unter anderem damit begründet, dass „...durch die Gewinnung, Verarbeitung und
Übertragung von ...[elektronischen]... Informationen sowohl die Effizienz des betrieblichen
Leistungssystems als auch die Effektivität unternehmerischer Aktivitäten im Hinblick auf die
Erstellung erfolgreicher Marktleistungen erhöht wird“.772 Damit verbunden ist auch eine
effizientere Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle der Online-Marketing-Aktivitäten: Alle
Phasen der Vermarktungsprozesse können elektronisch und ohne Medienbruch erfasst und
770 Vgl. zu den Merkmalen strategische Systeme ausführlich Tietdke (2001), S. 213 und die dort angegebeneLiteratur.
771 Vgl. Wamser/Wilfert (2002), S. 33 und die dort angegebene Literatur. Zu einer Einschätzung aus wettbe-werbsstrategischer Sicht siehe auch den Schlussteil der Arbeit.
772 Weiber/Kollmann (2000), S. 53 nach Weiber/Jacob (1995), S. 513.
220 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 221
ausgewertet werden. Die in den netzbasierten Verkaufsprozessen anfallenden Daten können
unmittelbar in ein Marketing-Controlling-System für entsprechende Kontroll- und Planungs-
aktivitäten zur Verfügung gestellt werden.
4.4.1 Die Systematisierung ausgewählter Wettbewerbsvorteile
Die folgenden Ausführungen sollen aus wettbewerbsstrategischer Sicht verdeutlichen, welche
Wettbewerbsvorteile mit dem Einsatz von „strategischen Online-Systemen“ digitaler Produk-
te im stationären und mobilen Online Marketing entstehen. Besonders bei der zukünftigen
Ausgestaltung derartiger Systeme müssen Anbieter diese strategischen Potenziale im Hinblick
auf eine mögliche Überlegenheit im Markt mit berücksichtigen. So auch Hermanns/Flegel
(1992) in Zusammenhang mit dem Einsatz von neuen IuK-Technologien im Marketing:
„...das primäre Kriterium zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit resultiert aus der
Erschließung von umfangreichen Rationalisierungspotentialen.“773 Die Autoren führen
allerdings weiter aus, dass der strategische Vorteil der Anwendung neuer Technologien im
Marketing neben den erwähnten Rationalisierungspotenzialen vor allem auch „... aus einer
langfristigen Stärkung der Wettbewerbsposition durch Verbesserungen der Produktqualität,
Kostenstrukturen und Kundenorientierung...“ resultieren kann.774 In diesem Zusammenhang
wurde deutlich und wird noch deutlich werden, dass die netzbasierte Vermarktung digitaler
Produkte sowohl Rationalisierungs- und Kosteneinsparpotenziale als auch eine stärkere
Kundenorientierung sowie eine erhöhte Produktqualität zulässt, um die Wettbewerbssituation
der Anbieter nachhaltig zu verbessern.
Die folgende Analyse möglicher Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte versteht sich
als eine Erweiterung von bereits vorhandenen Ausführungen zum Thema „Wettbewerbs-
vorteile im stationären und mobilen Online-Marketing“775 bzw. im Databased Online
Marketing776 sowie im Online Absatz777. Neben den bereits dargestellten Innovationspoten-
zialen der Online-Produktpolitik lassen sich im Hinblick auf den Einsatz digitaler Produkte
Wettbewerbsvorteile durch Schnelligkeit, Individualisierung, Convenience, Multifunktio-
nalität und Multimedialität sowie durch Vertrauenswürdigkeit und Kostenvorteile erzielen.
773 Hermanns/Schlegel (1992), S. 10. 774 Ebd., S. 12. 775 Vgl. Link (2000) (2001) (2003). 776 Vgl. Tiedtke (2001). 777 Vgl. Gerth (1999).
222 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4.1.1 Wettbewerbsvorteile durch Schnelligkeit
Bereits Negroponte (1995) erwähnt in Bezug auf die zunehmende globale Verbreitung von
elektronischen Netzwerken, dass der physikalische Raum keine Rolle mehr spielt und dass
dem Faktor „Zeit“ eine ganz neue Bedeutung zukommt.778 Zudem wird dem wettbewerbs-
strategischen Merkmal der „Schnelligkeit“ und damit dem Faktors „Zeit“ als knappe
Ressource innerhalb der Wirtschaftswissenschaften eine besondere Bedeutung beigemessen.
Des Weiteren führte Simon (1989) in diesem Zusammenhang aus, dass die Reduktion des
Zeitbedarfs für eine bestimmte Tätigkeit eine klassische Form der Produktivitätssteigerung
bzw. der Kostensenkung darstellt.779 Aus wettbewerbsstrategischer Sicht lassen sich im
Hinblick auf den Faktor „Zeit“ vier zeitpunktbezogene Kriterien unterscheiden, die einen
direkten Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens haben können.780 Dabei handelt es sich
um (1) Geschwindigkeit, (2) Markteintritt, (3) zeitpunktbezogenes Handeln und um (4) den
Einsatz des Zeitvorsprunges als Wettbewerbsvorteil.
Im Hinblick auf den Einsatz digitaler Produkte im stationären Online Marketing wurde bereits
deutlich, dass durch deren Einsatz alle vermarktungsrelevanten Prozesse durch eine
vollständig netzbasierte Abwicklung beschleunigt werden. Dies betrifft neben der netzbasier-
ten (Re-)Produktion und Verteilung vor allem auch die Distribution. Digitale Produkte
werden dabei quasi in Lichtgeschwindigkeit und damit just-in-time781 dem Nachfrager zur
Verfügung gestellt. Eine Steigerung des Geschwindigkeitspotenziale lässt sich dagegen
nochmals innerhalb des mobilen Online Marketing erreichen: Durch Anwendungen, wie die
des LBS, erhöhen sich die Erreichbarkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit nochmals um ein
Vielfaches. Jeder Teilnehmer ist jederzeit und unabhängig von seinem Standort aus erreichbar
und kann quasi in Echtzeit vor allem auf zeitkritische Leistungsangebote reagieren.782 Damit
wird ein Optimum an Beschleunigung hinsichtlich der Produktbereitstellung und Produktnut-
zung erreicht. Im Zuge dessen kann der Nutzer eines mobilen Endgerätes standortunabhängig
und unmittelbar auf die Inhalte zugreifen sowie diese nutzen bzw. weiterverarbeiten.
Die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte bewirkt demnach einen Schnelligkeitsvorteil
im Hinblick auf den Faktor „Zeit“, was zur Folge hat, dass die oben genannten zeitpunktbe-
zogenen Merkmale im positiven Sinne beeinflusst werden. Konkret bedeutet dies, dass im
Hinblick auf das Kriterium „Geschwindigkeit“ die innerhalb der F&E, der Produkte und des
Marketings vorhandenen Anpassungs-, Entwicklungs-, Reaktions- und Lerngeschwin-
778 Vgl. Negroponte (1995), S. 11 ff. 779 Vgl. Simon (1989), S. 71. 780 Vgl. im Folgenden Simon (1989), S. 71. 781 Das „Justi-in-Time“-Konzept hat seinen Ursprung in der Logistik und beschreibt eine nachfragesynchrone
Bedarfsdeckung, unabhängig davon, auf welcher Stufe der logistischen Kette ein Bedarf entsteht. Vgl. weiterführend Delfmann/Darr/Simon (1990), S. 28.
782 Vgl. Wilfert (2000), S. 36.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 223
digkeiten verkürzt sowie der Ressourceneinsatz pro Zeiteinheit erhöht bzw. optimiert werden
können.783 Betroffen davon ist auch die zeitliche Abfolge bzw. die Rangfolge des Marktein-
tritts, die durch eine vollständig netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte nachhaltig
beeinflusst wird. Anbieter haben hierbei die Möglichkeit, sowohl als Erster (Pionier) als auch
als Imitator (Fast Follower) in Erscheinung zu treten, wobei die Wahl der
Markteintrittsstrategie auch direkte Auswirkungen auf quantitative Erfolgsfaktoren, wie
Rendite, Marktanteil etc., nach sich zieht.784
Auch in Verbindung mit digitalen Produkten ist es möglich, die Marktbearbeitungs-
reihenfolge zeitlich zu bestimmen und durch entsprechende Markteintrittsstrategien zu
steuern785, wobei sich im Gegensatz zu klassischen Märkten die Markteintrittsgeschwin-
digkeit sowie die Flexibilität in zeitlicher Hinsicht in jedem Fall erhöhen. Die aus zeitlicher
Sicht verkürzte Markteintrittsgeschwindigkeit sollte im Hinblick auf die vorherrschende
Risikoreduktion, die sich durch die bereits mehrfach erwähnten „first copy costs“ oder durch
eine größere Kundennähe bzw. durch eine bessere Konkurrenzbeobachtung ergibt, ausgenutzt
werden. In praxi bedeutet dies, dass ein gescheiterter Markteintritt mit einem neuen digitalen
Produkt nicht so risikobehaftet ist wie in einem physischen Markt, wo die Aufwendungen für
(Re-)Produktion, Distribution und Marketing im Allgemeinen um ein Vielfaches höher sind.
Allerdings muss auch im Online-Markt ein Markteintritt sorgfältig im Hinblick auf die im
Abschnitt 4.3.3.3 beschriebenen wertgenerierenden Faktoren vorbereitet werden, d.h., auch
hierbei ist der richtige Zeitpunkt eines Markteintrittes abzupassen, um aus Vermarktungssicht
den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.
4.4.1.2 Wettbewerbsvorteile durch Individualisierung
Vor dem Hintergrund der Ausführungen im Abschnitt 4.3.3.4.3 wollen wir an dieser Stelle
nur kurz auf die Möglichkeiten der wettbewerbsstrategischen Bedeutung digitaler Produkte in
Zusammenhang mit den Konzepten der Differenzierung und Personalisierung eingehen.
Bereits Link (1999) erwähnte den Aspekt der Individualisierung innerhalb der netzbasierten
Leistungserstellung im Allgemeinen sowie der Produktgestaltung und Produktauswahl im
Besonderen und stellte fest, dass die Möglichkeit, individuelle Produkte im Sinne maßge-
schneiderter Einzelanfertigungen anzubieten, in Abhängigkeit von der Produktions-
technologie von Branche zu Branche verschieden ist.786 Ist der Anbieter in der Lage, dem
783 Vgl. zu dem Kriterium der Geschwindigkeit im Wettbewerb weiterführend Simon (1989), S. 79 f. 784 Vgl. Simon (1989), S. 83 f. Vgl. zu Führer- und Folgestrategien im M-Commerce auch Wamser/Wilfert
(2002), S. 39 f. 785 Der Markteintritt im Internet kann vor allem durch die Freischaltung von länderabhängigen Online-Auftritten
gesteuert werden. Zudem können durch die Angabe des Herkunftslandes bei der Registrierung bestimmte Nutzergruppen vom Angebot ausgeschlossen werden. Dadurch lassen sich zumindest ansatzweise auch die inder Literatur bekannten zeitlich versetzten Marktbearbeitungs- und Markteintrittsstrategien auf das Internet übertragen. Vgl. Zu Markteintrittsstrategien im internationalen Marketing Hünerberg (1994), S. 129 ff.
786 Vgl. Link (1999), S. 141.
224 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
Nachfrager ein auf seinen individuellen Bedarf zugeschnittenes Angebot zu unterbreiten,
muss dies „...als Chance zur Erringung eines entscheidenden Wettbewerbsvorteils erkannt
werden“.787
In diesem Zusammenhang wurde bereits vom Verfasser aufgezeigt, dass sich gerade digitale
Produkte aufgrund der netzbasierten interaktiven Vermarktungsprozesse besonders gut für
Differenzierungs- und Personalisierungs- und damit für Individualisierungsaktivitäten
einsetzen lassen. Auch Wamser/Wilfert (2002) führen aus, dass die wettbewerbsstrategische
Fokussierung innerhalb des absatzseitigen E- und M-Commerce auf der Individualisierung
sowie der kundenindividuellen Vermarktung digitaler Leistungsangebote liegt.788 Die
Möglichkeiten, auf der Grundlage des Databased Marketing sowie der Anwendungen des
Data Mining kundenindividuelle digitale Leistungsangebote zu erstellen, beziehen sich auf
den gesamten netzbasierten Leistungserstellungsprozess. Neben dem Einsatz von individuali-
sierten Kommunikationsinstrumenten innerhalb der Vorkaufsphase können auch Preise und
andere Konditionen stärker differenziert und kundengerecht gestaltet werden. Erhebliche
Individualisierungspotenziale ergeben sich vor allem auch für die Produkt- und Distributions-
politik.
Wie bereits beschrieben, lassen sich digitale Produkte oder deren Bestandteile auf der Basis
von Nutzer- und Nutzungsdaten kostengünstig im Form eines Produktbündels individuell
zusammenstellen und direkt an den Kunden übertragen. Möglichkeiten der Individualisierung
ergeben sich auch für die Art und den Weg der netzbasierten Distribution. Der Kunde kann
dabei nicht nur in Abhängigkeit des Endgerätes nach der Art der Übertragung (z.B. Strea-
ming, Download), sondern sein Produkt teilweise auch nach Datenformaten auswählen.
Beispielsweise kann in Anlehnung an die Ausführungen im Abschnitt 4.3.3.4.3 ein Anbieter
von Tageszeitungen seine digitalen Inhalte sowohl für mobile Endgeräte (z.B. Handy, PDA)
als auch für den klassischen stationären PC zur Verfügung stellen und diese wahlweise mit
multimedialen Elementen, wie Video- oder Audiodateien, ergänzen. Des Weiteren lassen sich
auch die in diesem Zusammenhang bedeutende weitere Nutzungsrechte individualisieren,
indem dem einzelnen Nutzer im Zuge eines DRMS eine weitere Verarbeitung der Inhalte in
Abhängigkeit vom Kaufpreis oder einem Premium-Angebot zugesichert wird.
4.4.1.3 Wettbewerbsvorteile durch Convenience
Bequemlichkeitsvorteile als Wettbewerbsfaktor resultieren zunächst aus den bereits allgemein
bekannten Vorteilen des stationären und im Hinblick auf mobile Systeme auch zunehmend
des mobilen Internet. Grundsätzlich lässt sich durch die Fähigkeit von Online-Systemen, wie
787 Link/Hildebrand (1993), S. 71. 788 Vgl. Wamser/Wilfert (2002), S. 35.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 225
dem Internet, digitale Produkte „any-time“, „any-place“ und „any-way“ anzubieten und nach-
zufragen, eine beachtliche Aufwandsminimierung sowohl auf Seiten der Anbieter als auch auf
Seiten der Nachfrager erzielen.
Ist der Nutzer innerhalb des stationären Internet bei der Auswahl und dem Kauf eines
digitalen Produktes noch an den stationären PC zu Hause oder am Arbeitsplatz gebunden,
entfällt diese Einschränkung bei mobilen Systemen vollständig. Der Nutzer kann somit das
digitale Produkt über ein mobiles Endgerät unabhängig von Ort und Zeit sowohl auswählen
als auch kaufen und nutzen. Damit werden der Point of Information und der Point of Sale
nicht nur auf den Bildschirm des Nutzers, sondern auch auf seinen aktuellen physischen
Standort verlagert. Die vollständige netzbasierte Abwicklung von Verkaufsprozessen führt
damit zu einem erheblichen Steigerungspotenzial an Bequemlichkeit.
Voraussetzung für die Realisierung des Bequemlichkeitspotenzials ist die Gestaltung der
Angebote in Anlehnung an die im Abschnitt 4.3.3.3 näher beschriebenen wertgenerierenden
Faktoren. Erst dann ist garantiert, dass die digitalen Leistungsangebote zum richtigen
Zeitpunkt am richtigen Ort sowie in einer nutzer- und endgerätgerechten Art und Weise
präsentiert werden. Zudem ergeben sich durch die Möglichkeit der orts- und zeitunab-
hängigen Angebotsgenerierung auch monetäre Erfolgspotenziale. Zum Beispiel lässt sich die
Käuferreichweite deutlich ausweiten, was insbesondere steigende Umsatz- bzw. Erlöspoten-
ziale zur Folge hat.789
4.4.1.4 Wettbewerbsvorteile durch Multifunktionalität und Multimedialität
Für die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte werden stationäre und mobile Online-
Systeme benötigt, die durch eine ausreichende Multifunktionalität und Multimedialität
gekennzeichnet sind. Erst wenn die Online-Systeme in der Lage sind, die multimedialen,
größtenteils datenintensiven Produkte durch qualitativ hochwertige technische Plattformen zu
übertragen bzw. zu integrieren und auf der Kundenseite durch geeignete multimediale
Endgeräte abzubilden, können Anbieter ihre Leistungsangebote nutzergerecht vermarkten. Im
Gegensatz zu der Online-Vermarktung physischer Produkte wirkt sich die Multifunktionalität
und Multimedialität stationärer und mobiler Online-Systeme nicht nur auf die Anbahnung und
Aushandlung, sondern auf den gesamten netzbasierten Vermarktungsprozess bis hin zur
Auslieferung der Produkte aus. Zudem betont Wamser (2003), dass besonders mobile Online-
Systeme eine ausreichende Medienintegrationsfähigkeit aufweisen müssen, um die für eine
Zielgruppe am besten geeigneten digitalen Leistungsangebote miteinander kombinieren und
flexibel darstellen zu können.790 Die Qualität und medienspezifische Flexibilität der
netzbasierten Vermarktung kann durch derartige Medienintegrationspotenziale deutlich
gesteigert werden. Um als Anbieter einen Wettbewerbsvorteil im Sinne einer Leistungsüber-
789 Vgl. Schaber (2000), S. 32. 790 Vgl. dazu ausführlich Wamser (2003), S. 80 f.
226 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
legenheit zu erlangen, müssen derartige Systeme permanent den neuen technologischen und
inhaltlichen Entwicklungen angepasst werden. Es handelt sich demnach um „lernende
Systeme“, die bereits durch Systeme des Database Marketing bekannt sind.791 Dies gilt
besonders auch im Hinblick auf den Einsatz von speziellen, für die netzbasierte Vermarktung
digitaler Produkte benötigten Produktions- und Distributionssysteme (z.B. Content Manage-
ment- bzw. Digital-Rights-Management-Systeme), die den jeweiligen Markt- und Kundenan-
forderungen ständig angepasst werden müssen.
4.4.1.5 Wettbewerbsvorteile durch Vertrauenswürdigkeit
Wie im Abschnitt 2.4.4.1 bereits erwähnt, handelt es sich bei digitalen Produkten aufgrund
der fehlenden physischen Beschaffenheit um Erfahrungsgüter mit erheblicher Qualitätsun-
sicherheit. Erschwerend kommt hinzu, dass der gesamte Vermarktungsprozess netzbasiert
abgewickelt wird, d.h., die Leistungsqualität der Kommunikations- und Transaktionsprozesse
kann erst nach der Vereinbarungsphase und damit nach der netzbasierten Auslieferung
beurteilt werden.792 Besteht die Möglichkeit nicht, ein digitales Produkt vor dem Kauf zu
testen und damit seine Qualitätseigenschaften zu bestimmen, müssen vom Anbieter
vertrauensbildende Maßnahmen eingesetzt werden, die das Vertrauen in das netzbasierte
Leistungsangebot nachhaltig stärken. Der Aufbau von Vertrauen wird grundsätzlich durch
individuelle Erwartungs- und Erfahrungsfragmente bestimmt, die vor allem aus psychologi-
schen Aspekten (z.B. Risikoverhalten) sowie aus subjektiven Erlebnishintergründen und aus
emotionalen Barrieren bestehen.793 Dabei kann Vertrauen als eine „Prinzipal-Agent-
Beziehung“ gesehen werden, die zum einen „...die Erbringung einer riskanten Vorleistung
unter Verzicht auf explizite vertragliche Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen gegen
opportunistisches Verhalten...“ und zum anderen eine Erwartungshaltung, „...dass der
Vertauensnehmer motiviert ist, freiwillig auf opportunistisches Verhalten zu verzichten...“
zum Inhalt hat.794
Vertrauensbildende Maßnahmen sollten darauf abzielen, die Maßnahmen des Anbieters zur
Reduktion der Kaufunsicherheit für alle am netzbasierten Kaufprozess beteiligten Trans-
aktionspartnern, z.B. durch Information, Reputation etc., sichtbar zu machen.795 Zum anderen
müssen stationäre und mobile Online-Systeme derart gestaltet werden, dass eine eventuell
vorhandene kaufprozessbedingte Restunsicherheit kompensiert werden kann.
791 Vgl. Link/Hildebrand (1993) , S. 87. 792 Vgl. ähnlich Wamser/Wilfert (2002), S. 43. 793 Vgl. Winand/Pohl (2000), S. 264 f. 794 Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 125. 795 Vgl. Petrovic/Fallenbäck/Kittl/Wolkinger (2003), S. 53 ff.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 227
Infolgedessen können vor allem die folgenden Maßnahmen dazu beitragen, ein durch
Effizienz und Dauerhaftigkeit geprägtes Vertrauensverhältnis zwischen den Transaktionspart-
nern aufzubauen:796
• Gewährleistung von technologischer und organisatorischer Sicherheit hinsichtlich der
Abwicklung von netzbasierten Transaktionen sowie der eingesetzten Online-Zahlungssys-
teme (z.B. durch Integrität, Authentizität oder durch datenschutzrechtliche Kontrollsys-
teme und Verschlüsselungsverfahren).797
• Steigerung der Beherrschbarkeit, Transparenz und Handlungssicherheit (z.B. Angebote
zur Unterstützung der Handhabung durch unterschiedliche Optionen wie One-Stop-
Shopping, Assistenzangebote durch Avatare, verbesserte Konfigurierbarkeit).
• Einbindung von Individualisierungs- und Personalisierungsfunktionen (z.B. personali-
sierter Frontend-Bereich) sowie Ausnutzung von Differenzierungspotenzialen und Be-
rücksichtigung von datenschutzrechtlichen Grundlagen.
• Gewährleistung von wertegenerierenden Faktoren, wie Qualität, Zuverlässigkeit, Stabilität
und Reputation (z.B. durch Gütesiegel, Sicherheits-Zertifizierung, Markennamen, Rechts-
ansprüche).
Im Hinblick auf den Einsatz digitaler Produkte innerhalb von Online-Systemen sollten neben
den o.g. Sicherheitsanforderungen vor allem auch rechtliche Kriterien, wie Urheber-,
Eigentums- Nutzungs- und datenschutzrechtliche Anforderungen berücksichtigt werden.
Besondere Bedeutung kommt dabei auch vertrauensbildenden Maßnahmen innerhalb der
Abwicklungsphase zu. Die elektronische Auslieferung sowie die Bezahlung sollten daher
besonders durch Aspekte der Beherrschbarkeit, Konfigurierbarkeit, Zuverlässigkeit und durch
die Gewährleistung der Qualität unterstützt werden. Die Abhängigkeit zwischen einen
Vermarktungserfolg digitaler Produkte und vertrauensbildenden Maßnahmen wird damit
besonders deutlich. Anbieter, die in der Lage sind, innerhalb von netzbasierten Vermarktungs-
prozessen ein dauerhaftes Vertrauensverhältnis aufzubauen, werden vor allem die Bedeutung
ihrer Leistungsangebote sowie den Transaktionswert im Allgemeinen798 steigern können.
Damit gewinnt der Faktor „Vertrauen“ an strategischer Bedeutung und kann infolgedessen
zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz eingesetzt werden.
796 Vgl. zu den folgenden Maßnahmen insbesondere Winand/Pohl (1998), S. 244 ff.; Winand/Pohl (2000), S. 264 ff.; Wamser/Wilfert (2002), S. 44 f. sowie weiterführend auch Petrvic/Fallenbäck/Kittl/Wolkinger (2003).
797 Innerhalb von Online-Systemen gibt es verschiedene Sicherheitsmechanismen (z.B. Kryptographie, Digitale Signatur, Zertifizierungen, Firewalls etc.), welche die nötigen Sicherheitsaspekte in den jeweiligen Einsatz-bereichen umsetzen. Vgl. ausführlich Fochler (2000); Hennig (2001); Georg (2001).
798 Vgl. Wamser/Wilfert (2002), S. 45.
228 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4.1.6 Wettbewerbsvorteile durch Kostenvorteile
Wie bereits an mehreren Stellen darauf hingewiesen wurde, sind digitale Produkte durch
einen hohen Fixkostenanteil gekennzeichnet, wobei bei der (Re-)Produktion und Verteilung
nur geringe variable Kosten anfallen. In diesem Zusammenhang lassen sich durch die
netzbasierte Abwicklung vor allem (Re-)Produktions-, Lager-, Transport- und Verpackungs-
kosten in erheblichem Maße senken. So sind innerhalb des klassischen physischen Vertriebs
online bestellter Produkte noch die Logistikkosten ausschlaggebend für den Markterfolg. Im
Vorteil sind bei der physischen Auslieferung derartiger Produkte vor allem die Unternehmen,
die physische Logistikprozesse effizienter und kostengünstiger als die Konkurrenz abwickeln
(z.B. Amazon, Dell) bzw. die als Versandhändler bereits längere Erfahrung mit logistischen
Abwicklungsprozessen gesammelt haben (z.B. Otto, Quelle).799 Innerhalb der netzbasierten
Vermarktung digitaler Produkte entfällt dieser Kostenanteil vollständig: „Digital Distribution
replaces the costs of packiging, production, logistic and physical distribution with lower cost
electronic equivalents.“800
In diesem Zusammenhang erwähnte auch Albers (2001), dass im Fall des Vertriebs vollstän-
dig digitaler Produkte praktisch keinerlei Distributionskosten anfallen, „...so dass man bei
steigendem Handelsvolumen schnelle hohe Gewinne erzielen muss“.801 Auch durch die
bereits beschriebenen neuen Formen der Disintermediation und der damit zusammen-
hängenden Ausschaltung von Zwischenhändlern lassen sich durch den Wegfall der Handels-
margen deutliche Kosteneinsparungen realisieren, die in einem weiteren Schritt entweder in
Form von Preissenkungen an die Kunden weitergegeben oder aber vom Anbieter zur
Verbesserung seiner Kapitalrentabilität internalisiert werden können.802
Damit wird deutlich, dass sich durch den Einsatz stationärer und mobiler Online-Systeme
digitaler Produkte die innerhalb der Vermarktungsprozesse anfallenden Transaktionskosten
deutlich senken lassen, wobei der Hauptteil der Kostensenkungspotenziale innerhalb der
Abwicklungsphase anfällt. Zusammengenommen kann die Realisierung aller Kostenvorteile
auf Anbieterseite zu niedrigeren Stückkosten und damit zu einem deutlichen Preis- und
Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz führen,803 wobei die Minimierung der
Stückkosten bei gleicher oder verbesserter Qualität des Leistungsangebotes auch als
Kostenführerschaftsstrategie bezeichnet werden kann.804
799 Vgl. ähnlich auch Albers (2001), S. 71. 800 Durlacher Research (2001), S. 9. 801 Albers (2001), S. 71. Das lässt sich damit erklären, dass, bedingt durch die niedrigen variablen Kosten, jede
Umsatzsteigerung gleich eine Erhöhung des Gewinns bedeutet. Vgl. auch Luxem (1999). 802 Vgl. Gerth (2000), S. 152 ff.; Corsten (2003), S. 189. Vgl. zu einer Analyse der Kosteneinsparungen durch
Online-Systeme digitaler Produkte den Abschnitt 4.4.2.1.1. 803 Vgl. Wirtz (2001), S. 388. 804 Vgl. Corsten (2003), S. 190 f. sowie die vorangegangenen Ausführungen im Abschnitt 3.3.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 229
Vermarktungsbedingte Kostenvorteile entstehen durch stationäre und mobile Online-Systeme
aber nicht nur auf der Anbieterseite. Auch auf der Nachfrageseite lassen sich abnehmer-
spezifische Transaktionskostensenkungspotenziale identifizieren, die zu einer Verringerung
der Kommunikations- und Transaktionskosten auf Nutzerseite führen können.805 Die Höhe
derartiger Kostensenkungen ist stets in Abhängigkeit vom digitalen Produkt sowie dem
jeweiligen Online-System zu sehen. Das bedeutet, dass der Einsatz digitaler Produkte nicht
zwangsläufig zu transaktionsabhängigen Kostensenkungspotenzialen führen muss, vielmehr
können diese auf Abnehmerseite auch steigen. Beispielsweise werden bei der Vermarktung
digitaler Produkte über Online-Tauschbörsen mehr wertschöpfende Aktivitäten auf den
Nutzer verlagert als bei einer Vermarktung über Online-Portale. Der Nutzer übernimmt
innerhalb von Online-Tauschbörsen nicht nur die Anbahnungskosten, indem er sich in das
Netzwerk einwählt und über eine Suchmaske das relevante Produkt ausfindig macht. Auch
die Kosten der Abwicklung, d.h., das Auswählen, Herunterladen und das Weiterverarbeiten
(z.B. Brennen) der Inhalte, entstehen auf Seiten der Nutzer. Wettbewerbsvorteile können
infolgedessen dann erzielt werden, wenn es dem Anbieter gelingt, die auf Abnehmerseite
entstehenden Transaktionskosten bei gleichbleibender Angebotsqualität zu senken. Anders
gestaltet sich die abnehmerseitige Kostenverteilung bei mobilen Anwendungen, innerhalb
derer die digitalen Produkte zeitlich und räumlich flexibel806 sowie automatisch auf ein
mobiles Endgerät übertragen werden können. Zwar muss der Anwender den Kontakt z. B.
durch eine Produktkonfiguration anbahnen, die Abwicklungsphase des Leistungsaustausches
erfolgt allerdings weitestgehend automatisch, sodass auch dem Anwender deutlich weniger
vermarktungsrelevante Transaktionskosten entstehen.
Zusammenfassend lässt sich eine Kostenführerschaftsstrategie dann anwenden, „...wenn dem
Preis im Verhältnis zu den anderen kaufrelevanten Faktoren eine besonders hohe Bedeutung
zukommt“.807 Ist diese Voraussetzung gegeben, müssen alle relevanten, durch Kostensen-
kungspotenziale entstehenden Effizienzvorteile identifiziert und zu Transaktionskosten- bzw.
Preissenkung eingesetzt werden. Neben der Weitergabe von Kostensenkungspotenzialen an
die jeweiligen Abnehmer lassen sich kostenspezifische Wettbewerbsvorteile demnach auch
dadurch erzielen, indem die innerhalb von Online-Tauschbörsen auf Abnehmerseite
entstehenden Transaktionskosten durch eine gerechtere Verteilung der Wertschöpfungs-
aktivitäten gesenkt werden.
805 Vgl. dazu und zu abnehmerspezifischen Kostensenkungspotenzialen im M-Commerce Wamser/Wilfert (2002), S. 48 f.
806 Vgl. Wamser/Wilfert (2002), S. 49. 807 Ebd., S. 50.
230 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4.2 Analyse der ökonomischen Erfolgsfaktoren digitaler Produkte
Netzbasierte Vermarktungsprozesse digitaler Produkte basieren grundsätzlich auf einem
umfangreichen Datenmanagement, für das informationstechnologische Systeme benötigt
werden, die alle innerhalb der Kommunikations- und Transaktionsprozesse anfallenden
kundenindividuellen Daten erheben, speichern und analysieren. Zum Einsatz kommen dabei
neben den bereits im Abschnitt 4.2 beschriebenen Online-Systemen auch die im Vorkapitel
genannten kundenorientierten Informationssysteme, die in der Lage sind, netzbasierte
Leistungsangebote stärker auf den einzelnen Kunden auszurichten und damit zu individuali-
sieren. Voraussetzung für eine erfolgreiche netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte ist
eine auf der Grundlage von umfangreichen Nutzer- und Nutzungsdaten basierende dauerhafte
Erfolgsplanung und -kontrolle der für den Vermarktungsprozess verwendeten Online-
Marketingaktivitäten. Die Umsetzung derartiger Planungs- und Kontrollaktivitäten erfordert
den Einsatz von Marketing-Controlling-Systemen, die zum Ziel haben, das Online Marketing
durch eine koordinierte Informationsversorgung zu unterstützen.
Weiterhin wurde bereits deutlich, dass im Hinblick auf Investitionen in Online-Systeme diese
anhand von ökonomischen und außerökonomischen Nutzen- und Erfolgskriterien auf ihre
Wirtschaftlichkeit hin geprüft und bewertet werden müssen. Bereits Hermanns/Flegel (1992b)
führten aus, dass primär die Wirtschaftlichkeit den Einsatz und die Anwendungsformen neuer
Technologien im Marketing bestimmt.808 Als Folge rückt der Terminus „Wirtschaftlichkeit“
als Kosten-Nutzen-Relation zunehmend in den Mittelpunkt netzbasierter marketingrelevanter
Entscheidungen. Dies betrifft besonders auch stationäre und mobile Online-Systeme digitaler
Produkte, auf deren Basis absatzrelevante Marketing-Controlling-Prozesse effizienter geplant,
gesteuert und kontrolliert werden können.809 In Anlehnung an die Ausführungen von Wall
(2002) wollen wir im Folgenden für die spezifischen Controlling-Funktionen digitaler
Produkte den Begriff „E-Controlling“ verwenden.810 Der Begriff basiert auf der Gegebenheit,
dass Controlling und E-Business nicht mehr als gegensätzliche Funktionen anzusehen sind,
sondern dass sie sich auf der Basis der folgenden Dimensionen zusammenführen lassen:811
Zum einen können Online-Systeme des E-Business als Datensammler für das Marketing-
Controlling fungieren, indem sie eine effiziente Informationsgenerierung ermöglichen
(Instrumentalfunktion). Zum anderen werden innerhalb des E-Contolling netzbasierte
Vermarktungs- und Wertschöpfungsprozesse sowie Geschäftsmodelle digitaler Produkte mit
808 Vgl. Hermanns/Flegel (1992b), S. 911. 809 Letztendlich betrifft die effizientere Abwicklung absatzrelevanter Prozesse auch den Bereich des Vertriebs-
controlling, das als Steuerungsinstrument die effiziente Planung und Kontrolle von Verkaufsaufgaben zum Inhalt hat. Zu den operativen Instrumenten des Vertriebscontrolling gehören neben der Vertriebs-Erfolgsrechung und dem Vertriebs-Kennzahlensystem vor allem auch verschiedene entscheidungsorientierteOptimierungsverfahren. Vgl. weiterführend Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 293 ff.
810 Vgl. Wall (2002), S. 824. Siehe zu E-Controlling auch Horváth/Knust/Schindera (2001). 811 Vgl. ähnlich auch Wall (2002a), S. 381.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 231
Hilfe von dafür geeigneten Controllinginstrumenten gesteuert und kontrolliert (funktionale
Funktion). Die Funktionen eines E-Controlling digitaler Produkte werden in Abbildung 46
zusammengefasst.
E-Controlling digitaler Produkte
Online-Systeme als Basis der Informationsgewinnung (Instrumentalfunktion)
Controllinginstrumente zur Steuerung und Kontrolle
(funktionale Funktion)
• netzbasierte Vermarktungsprozesse
• digitale Wertschöpfungsprozesse
• Geschäftsmodelle der digitalen Ökonomie
• Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle
• Wirtschaftlichkeits- und Investitionsrechnung
• ROI
E-Controlling digitaler Produkte
Online-Systeme als Basis der Informationsgewinnung (Instrumentalfunktion)
Controllinginstrumente zur Steuerung und Kontrolle
(funktionale Funktion)
• netzbasierte Vermarktungsprozesse
• digitale Wertschöpfungsprozesse
• Geschäftsmodelle der digitalen Ökonomie
• Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle
• Wirtschaftlichkeits- und Investitionsrechnung
• ROI
Abbildung 46: Das E-Controlling digitaler Produkte
4.4.2.1 Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung digitaler Produkte
Die Implementierung eines Online-Systems stellt grundsätzlich eine Investition dar, die
dementsprechend nach Wirtschaftlichkeitskriterien bewertet werden muss. Wie eingangs
erwähnt, ist die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte in besonderem Maße vom
Einsatz umfangreicher Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt, was bei
Investitionen eine Wirtschaftlichkeitsbeurteilung besonders notwendig erscheinen lässt.
Zudem wurde bereits an verschiedenen Stellen verdeutlicht, dass gerade bei der Vermarktung
digitaler Produkte netzbasierte Kommunikations- und Transaktionsbeziehungen entstehen, die
ein deutliches Einsparpotenzial in Bezug auf Transaktions- und Prozesskosten beinhalten:
„Insbesondere wenn es gelingt, die Produkte (Atome) durch digitale Informationen (Bits) zu
ersetzen...“812, sind die Potenziale zur Reduktion von Prozesskosten durch den Einsatz von
neuen IuK-Technologien im Rahmen des E-Business erheblich.813 Zudem lassen sich die
Transaktionsbeziehungen über die entsprechenden Online-Vertriebskanäle quantifizieren und
dem Kunden direkt durch die Messung von Verkaufszahlen zurechnen. Trotzdem bleibt auch
hier das o.g. Prognoseproblem bestehen, d.h., der Unsicherheitsfaktor in Bezug auf die zu
erwartenden Einzahlungsströme.814
812 Müller/von Thienen (2001), S. 63 f. nach Negroponte (1995). 813 Vgl. Müller/von Thienen (2001), S. 63 f. 814 Nach Link (2003a) lassen sich innerhalb dessen bestimmte Determinanten identifizieren, die eine zukünftige
Planung der Einzahlungsströme ermöglichen. Diese bestehen beispielsweise aus dem Kundennutzen eines Angebotes oder aus der Zahlungsbereitschaft der Kunden. Vgl. dazu und weiterführend Link (2003a), S. 44.
232 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
Neben den entsprechenden Einzahlungswirkungen müssen auch die Auszahlungen, die sich
durch die Investitionen in umfangreiche E-Business-Technologien ergeben, ermittelt werden.
Diese enthalten neben den Investitionsaufwendungen auch sonstige Kosten für Maßnahmen
zur Änderung und Anpassung der Unternehmensorganisation. Besonders zu erwähnen ist in
diesem Zusammenhang die organisatorische, technische und personelle Anpassung hinsicht-
lich der Umstellung von klassischen auf neue netzbasierte Vertriebskanäle. Wird der Einsatz
digitaler Produkte hinsichtlich einer Wirtschaftlichkeitsbeurteilung bewertet, ist es somit
notwendig, sowohl die vorhandene Nutzen- bzw. Erfolgseffekte auf der einen sowie mögliche
Kostenwirkungen auf der anderen Seite zu ermitteln und zu quantifizieren. „Die primäre
Aufgabe im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse besteht in der detaillierten Erfassung der
Kosten- und Nutzenaspekte... .“815 Dazu gehört auch die Identifizierung und Quantifizierung
möglicher Wettbewerbsvorteile, beispielsweise durch eine Nutzwertanalyse. Wie wir im
Folgenden noch sehen werden, kommen im Hinblick auf eine Wirtschaftlichkeitsanalyse
digitaler Produkte klassische Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung im Sinne einer dyna-
mischen Investitionsrechnung zur Anwendung. Nachdem mögliche Wettbewerbsvorteile
identifiziert und quantifiziert wurden, kann eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung derartiger
Online-Systeme in Form einer dynamischen Investitionsrechnung auf Basis der Kapitalwert-
methode in den folgenden Schritten erfolgen:816
• Planung der direkten und indirekten Einzahlungswirkungen sowie Quantifizierung der
Einsparpotenziale über einen bestimmten Nutzungszeitraum anhand eines Kapitalwertes,
der die Einzahlungsreihe abbildet. Dabei stellt der Kapitalwert der Einzahlungsreihe das
maximal höchste Investitionsbudget dar.
• Festlegung der Auszahlungen für die Investitions- und Betriebsphase in Form einer
Technologieplanung. Der Kapitalwert der Auszahlungsreihe gibt hierbei das notwendige
Investitionsvolumen wieder.
• Die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes wird ermittelt, indem der Kapitalwert des
Auszahlungsplanes dem des Einzahlungsplanes gegenübergestellt wird.
4.4.2.1.1 Die Analyse der Einzahlungsseite
Als erster Schritt einer Investitionsrechnung digitaler Produkte erfolgt demnach die Planung
und Prognostizierung der Einzahlungsseite, die – wie bereits weiter oben beschrieben –
gegenüber den Auszahlungen nur schwer zu bestimmen ist. Aufgrund der Möglichkeit, die
Transaktionen und damit den Verkauf digitaler Produkte direkt zu erfassen, lassen sich
hierbei allerdings erhebliche Verbesserungen in der Messung der Einzahlungsströme erzielen.
815 Hermanns/Flegel (1992b), S. 913. 816 Vgl. Müller/von Thienen (2001), S. 78.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 233
Neben den klassischen indirekten Erlösmodellen (z.B. Online-Werbung) rücken deshalb vor
allem direkte transaktionsabhängige und transaktionsunabhängige Erlösmodelle in den
Vordergrund (siehe zu Erlösmodellen digitaler Produkte das Kapitel 4.3.5). Außer den
direkten und indirekten Erlösen, die sich in Abhängigkeit des jeweiligen Geschäftsmodells
generieren lassen, werden auf der Einnahmeseite auch mögliche Einspareffekte, die aus der
Umstellung von physischen auf netzbasierte Vertriebskanäle erwartet werden können, mit
einbezogen. Dabei handelt es sich um indirekte Erlöse aus möglichen Kapitalrückflüssen, die
sich durch den effizienteren Einsatz der neuen netzbasierten Online-Systeme innerhalb von
Vermarktungsprozessen ergeben.
In Bezug auf den Einsatz digitaler Produkte im Online Marketing lassen sich Einspar- und
Rationalisierungspotenziale sowie Effizienzvorteile über den gesamten Vermarktungsprozess
hinweg identifizieren: Wie bereits erwähnt, entfallen bei einer vollständigen Umstellung auf
netzbasierte Vermarktungsprozesse vor allem die klassischen physischen zeit- und kosten-
intensiven Vertriebs-, Logistik- und Distributionssysteme. Zudem lassen sich auch andere
vermarktungsrelevante Kosten, die durch eine direkte interaktive Kommunikation mit
potenziellen Kunden entstehen, einsparen: „Digital distribution coupled with increasing
usage of the Internet for rich media content consumtion could reduce the cost of marketing to
potential buyers.“817 Die Kostensenkungspotenziale digitaler Produkte sind zudem von
weitreichender ökonomischer Bedeutung und stehen in einem engen Zusammenhang mit der
Diffusion des E-Commerce in den betreffenden Branchen: „For digital products like software
(...) the cost reduction associated with electronic commerce could have large economic
impacts and further fuel the migration of theses sectors to electronic commerce.”818 Im
folgenden Kapitel werden deshalb auf der Basis der Ausführungen im Abschnitt 4.4.2.1 die
möglichen Einsparpotenziale auf ausgewählte Funktionsbereiche des Marketing hin analysiert
und dargestellt. Als Rahmen dienen unter anderem die in dem Standardwerk von
Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S.1194 aufgeführten Marketingkosten sowie teilweise
auch die unter Wöhe (1993), S. 1288 ff. definierten Kostenarten.819
817 Durlacher Research (2001), S. 9. 818 OECD (1999), S. 64. 819 Auf eine genaue Unterscheidung zwischen Aufwand, der sich auf die Verminderung des Nettovermögens und
damit auf den erfassten Werteverzehr einer Abrechnungsperiode bezieht, und Kosten, die in der Verbindung mit der Erstellung von Betriebsleistungen anfallen, wollen wir im Folgenden weitestgehend verzichten. Vgl. dazu Wöhe (2000), S. 872. Auch sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass es bereits durch den Online-Handel physischer Produkte zu derartigen Kostensenkungspotenzialen gekommen ist, diese erfahren allerdings durch den Einsatz digitaler Produkte als Transaktionsobjekte nochmals eine deutliche Steigerung.
234 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4.2.1.1.1 Die Systematisierung der Einsparpotenziale
Kosten der Marketing-Logistik: Wie bereits mehrfach erwähnt, liegen die größten Einspar-
möglichkeiten in den nicht mehr benötigten physischen Logistik- und Distributionsstrukturen.
Sowohl in der Beschaffungs- als auch in der Produktions- und der Distributionslogistik
entfallen durch die netzbasierte Online-Distribution der Aufbau und der Betrieb von
kostenintensiven Logistik- und Distributionszentren und damit die Kosten der logistischen
Subsysteme sowie des physischen Vertriebs auch in Zusammenhang mit Dienstleistungen
Dritter. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Kosteneinsparungen von Depot-, Lagerhal-
tungs-, Transport- sowie Verpackungs- und Materialhandhabungskosten.820 Hinzu kommen
anteilsmäßige Personal- und Verwaltungskosten der physischen Distribution und der
Auftragsbearbeitung (z.B. Händlermanagement, Bestellungen, Kundendienstaktivitäten), die
zur Koordination der Logistikprozesse benötigt werden, sowie Versandkosten, die für das
Versenden der physischen Produkte eingesetzt werden müssen. Beispielsweise lassen sich –
unter der Voraussetzung einer minimalen Ausfallwahrscheinlichkeit von Hardwaresystemen –
durch die permanente und dauerhafte Lieferbereitschaft Fehlmengenkosten bis auf nahezu
Null reduzieren. In Bezug auf die angesprochenen Lagerhaltungskosten reduzieren sich z.B.
Zinsaufwendungen für das eingesetzte Kapital oder auch die Inanspruchnahme von
Lagerraum.821 Nicht mehr benötigte physische Maschinen, Anlagen etc. können zudem
verkauft und als direkte Einnahmen verbucht werden.822
Auch wenn seit Mitte der 90er Jahre das Interesse an umweltökonomischen Themen in der
Gesellschaft spürbar nachgelassen hat, soll an dieser Stelle kurz die ökologische Vorteilhaf-
tigkeit, die durch eine Umstellung von physischen auf Online-Distributionssysteme entsteht,
erwähnt werden. Durch die netzbasierte Leistungserstellung und -abwicklung entfallen nicht
nur während der Produktion, der Verteilung und dem Vertrieb physische Bestandteile, auch
nach dem Gebrauch des Produktes wird beispielsweise Verpackungs- und Entsorgungsmate-
rial eingespart. Zusammenfassend ergeben sich folgende umweltbedingte Einsparmöglichkei-
ten:
• Verpackungsmaterialien, die für den Vertrieb physischer Güter notwendig sind, werden
nicht mehr benötigt.
820 Vgl. zu den Kostenarten der Marketing-Logistik Delfmann/Darr/Simon (1990), S. 23. Die Autoren weisen darauf hin, dass die verursachungsgerechte Zurechnung der Kosten zu logistischen Leistungen in Marketing-Controlling ein Problem darstellt. Diese Problematik wollen wir an dieser Stelle vernachlässigen, da bei einer vollständigen Substitution der physischen durch netzbasierte Logistikprozesse diese, bezogen auf den physischen Logistik- und Distributionsprozess, nicht mehr anfallen.
821 Vgl. auch Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 956. 822 Vgl. Koop/Jäckel/van Offern (2001), S. 202.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 235
• Transportfahrten (Touren), die innerhalb der Logistik für die Verteilung von halbfertigen
oder fertigen Erzeugnissen notwendig sind, entfallen. Dazu gehören auch die Einkaufs-
fahrten der Endkunden, die gewöhnlich für den Erwerb der Produkte notwendig sind.
• Entsorgungssysteme der Industrie bzw. des Handels entfallen sowohl hinsichtlich der
Produkte (z.B. physischer Datenträger) als auch der Verpackungen.
Kosten der Produktion: Die netzbasierte (Re-)Produktion digitaler Produkte wirkt sich auch
kostenmindernd auf die Produktionsprozesse der betreffenden Unternehmen aus. Besonders
die bei der Herstellung von z.B. Musik- oder Software-CDs anfallenden Material- und
Fertigungskosten und damit die Kosten für den Verbrauch von Roh-, Hilfs- und Betriebs-
stoffen werden eingespart. Darüber hinaus lassen sich auch die in den physischen Produkti-
onsprozessen anfallenden produktionsbedingten Fehlkosten auf Null reduzieren.
In Verbindung mit Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie mit der Einführung neuer
innovativer Produkte werden durch die Möglichkeiten der vollständig netzbasierten Fertigung
und der anschließenden direkten unmittelbaren Online-Vermarktung nochmals Kosten
reduziert. Beispielweise können in Anlehnung an Kundenanforderungen, Konkurrenz-
produkte etc. neue Produktinnovationen schneller und kostengünstiger entwickelt und anhand
von Online-Vermarktungsprozessen in marktfähige Leistungen umgesetzt werden. Dadurch
lassen sich die in Zusammenhang mit Medienprodukten üblichen Risiken des Markterfolges
(z.B. bei Kinofilmen oder Musik) deutlich reduzieren. Beispielsweise lassen sich die in einem
Online-Angebot durchaus bekannten Premium-Nutzer als sehr produktaffine Zielgruppen für
Produkttests einsetzen, indem sie die Leistungsangebote vor der endgültigen Markteinführung
bewerten. Die Ergebnisse aus dem Testmarkt können dann für weitere Vermarktungs-
aktivitäten nutzbar gemacht werden, was z.B. auch die Ausnutzung von „First-Mover-
Advantages“823 mit einbezieht. Einsparpotenziale ergeben sich außerdem in Verbindung mit
Produktdifferenzierungen, Produktindividualisierungen sowie Produktvariationen, die sich im
Gegensatz zu physischen Produkten vollständig netzbasiert erstellen lassen.
Kosten der Auftragserlangung und Auftragsbearbeitung: Durch die direkte netzbasierte
Online-Vermarktung entfallen Kosten für den Außendienst und damit verkaufsrelevante
Aufwendungen für Gehälter, Personalzusatzkosten, Provisionen und Spesen. Zwar werden
auch innerhalb der netzbasierten Vermarktung über indirekte transaktionsabhängige Erlös-
modelle Provisionen an Partnersites bezahlt, diese können allerdings im Verhältnis zu einem
physisch vorhandenen Außendienstsystem als geringer eingeschätzt werden. Auch die
Auftragsbearbeitung beinhaltet ein erhebliches Kostensenkungspotenzial: Im Allgemeinen
wird – wie bereits an verschiedenen Stellen beschrieben – die Auftragsabwicklung vollständig
automatisiert. Neben einer weiteren Beschleunigung der Bestell- und Abrechnungsprozesse
werden auch die Durchlaufzeiten verkürzt sowie die Erreichbarkeit des Anbieters und – vor
823 Vgl. Corsten (2003), S. 184 und die dort angegebene Literatur.
236 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
allem bei mobilen Online-Systemen auch des Nachfragers – auf nahezu hundert Prozent
erhöht. Der Zahlungseingang erfolgt im Prinzip mit der Bestellung, was auch die Kreditkosten
um ein erhebliches Maß verringert. 824
Kosten der Marketing-Forschung: Die zuvor genannten Kostenvorteile bei netzbasierten
Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten lassen sich auf die gesamte Marketing-Forschung
ausweiten. Bereits heute können Aktivitäten, wie z.B. Primär- und Sekundärmarktforschung,
Datenbankrecherchen oder auch Markttests, in der Regel durch eine direkte automatisierte
Befragung, z.B. anhand von E-Mails, elektronischem Fragebogen oder durch eine direkte
Befragung von Teilnehmern einer Online-Community, über das Internet um ein Vielfaches
kostengünstiger abgewickelt werden.825 Derartige Kosten lassen sich in Zusammenhang mit
digitalen Produkten weiter reduzieren. Das lässt sich im Wesentlichen damit erklären, dass
innerhalb der Online-Marktforschung digitaler Produkte der gesamte Online-Marktfor-
schungsprozess ohne Medienbruch abgewickelt werden kann, d.h., sowohl die Datenerhebung
als auch die Datenanalyse sowie die Untersuchungseinheiten sind netzbasiert. Beispielsweise
können die aus der Online-Vermarktung direkt erhobenen Verkaufsdaten oder auch Daten
eines Markttestes den jeweiligen Online-Marktforschungsaktivitäten unmittelbar zugeführt
werden. Neben der weiteren Einsparung von Personalkosten lassen sich damit außerdem die
vorhandenen Marktforschungsinformationssysteme weiter automatisieren.
Kosten der strategischen und operativen Marketing-Planung und -Kontrolle: Innerhalb
der Vermarktungsprozesse digitaler Produkte können sowohl Nutzer- und Nutzungsprofile als
auch Vermarktungsdaten ohne Medienbruch erstellt und dem entsprechenden Marketinginfor-
mationssystem für weitere Planungs- und Kontrollaktivitäten zur Verfügung gestellt werden.
Somit lassen sich durch die Integrationsmöglichkeiten der Systeme untereinander z.B.
Produktions- und Absatzplanungen sowie Kundenbindungsaktivitäten effizienter planen, die
Qualität der Marketingentscheidungen verbessern sowie der bereits erwähnte Produkt-
gestaltungs- bzw. Produktinnovationsprozess optimieren. Die Zuführung von marketing-
relevanten Nutzer- und Nutzungsdaten beschränkt sich damit nicht nur auf Informationen aus
den Informations- und Kommunikationsprozessen. Auch Transaktions- und damit direkte
Verkaufsdaten lassen sich erheben und dienen in einem weiteren Schritt als Grundlage für
eine effizientere Abwicklung weiterer marketingrelevanter Planungs- und Kontrollaktivitäten.
Dies gilt auch für die in der Nachkaufphase anfallenden Kundenmanagementaktivitäten, wie
Beschwerdemanagement, Reklamationen und sonstige Serviceangebote, die im Gegensatz zu
dem physischen Vertrieb in erheblichem Maße kostenminimierend wirken. Dabei lassen sich
824 Vgl. Gerth (1999), S. 271. 825 Vgl. auch Tiedtke (2001), S. 238 f.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 237
durch geeignete Kommunikationstechnologien, wie E-Mail-, SMS- und Chat-Systeme,
Kosten hinsichtlich der Rechnungserstellung und des Beschwerdemanagement einsparen.
Kosten der Marketing - Kommunikation: Bestand schon seit längerem Einigkeit darüber,
dass der Einsatz von Online-Systemen als Werbemedien mit Kostenvorteilen vor allem auf
der Anbieterseite verbunden ist,826 lassen sich in Verbindung mit digitalen Produkten die
Kommunikationskosten durch einen effizienteren Einsatz von Online-Werbeinstrumenten
noch deutlich reduzieren. Das kann damit begründet werden, dass sich digitale Inhalte in
einem direkten Zusammenhang mit der Schaltung von Online-Werbung einsetzen lassen, d.h.,
eine Finanzierung der meist kostenintensiven Online-Werbung ist durch direkte Erlöse aus
dem Verkauf digitaler Inhalte in Zukunft durchaus vorstellbar (z.B durch Content-
Sponsoring).
4.4.2.1.1.2 Einsparpotenziale am Beispiel eines Musikproduktes
Wie aus den Ausführungen deutlich wurde, lassen sich durch die Online-Vermarktung
digitaler Produkte vor allem in Relation zu den bisherigen physischen Vermarktungspro-
zessen deutliche Kosteneinsparungen erzielen. Dies zeigt sich auch an dem folgenden
Beispiel des Verkaufpreises einer Musik-CD, der sich in Relation zu einer physischen
Vermarktung nochmals reduziert (siehe Tabelle 11).
826 Vgl. dazu ausführlich Tiedtke (2001), S. 240.
238 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
Kostenarten Physische
Vermarktung (Preise in Euro)
Online-Vermarktung
physischer Musikprodukte
Online Vermarktung
digitaler Musikprodukte
Händlermarge 3,58
Mehrwertsteuer 2,45
Gema-Gebühren 1,07
CD-Herstellung (Reproduktion etc.)
1,02
Vertriebsmarge (Transport, Lagerhaltung, Retouren etc.)
2,56
Label 1,07
Werbung (vom Label bezahlt) 3,07
Musiker (Lizenzen, Verträge) 2,97
Verkaufspreis gesamt 17,79
= Einsparpotenziale vorhanden
= Einsparpotenziale nur bedingt
vorhanden
= Einsparpotenziale nicht
vorhanden
Tabelle 11: Kostensenkungspotenziale am Beispiel einer Musik-CD827
Quelle: Teilweise auf der Grundlage von Detecon (2002), S. 14
Die kostenbedingten Einsparmöglichkeiten der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte
entstehen vor allem durch den Verzicht auf die physische Reproduktion, die physische
Lagerhaltung sowie den physischen Transport und das nicht mehr benötigte Retouren-
management.828
827 Das gezeigte Beispiel soll lediglich die Einsparpotenziale verdeutlichen und ist demnach keine detaillierte Wirtschaftlichkeitsrechnung.
828 Vgl. auch Buhse (2001), S. 384 und die dort angegebene Literatur.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 239
Hierbei ist zu beachten, dass die möglichen Einsparpotenziale nicht sofort erzielt werden
können, vielmehr bedarf es bis zur Realisierung der vollen Einsparungen und damit der
Kapitalrückflüsse eines zeitlichen Vorlaufs.829 Des Weiteren machen die mit den neuen
netzbasierten Online-Systemen erzielten Kosteneinsparungen im direkten Anwendungs-
bereich nur einen Teil der Rationalisierungseffekte aus.830 Deshalb sollten in dieser Phase
weitere Auswirkungen der neuen Online-Systeme auf monetäre Größen, wie beispielsweise
Gewinn, Umsatz etc., identifiziert und entsprechend als zusätzliche Einnahmen hinzugerech-
net werden.
4.4.2.1.2 Die Analyse der Investitionsseite
Als zweiter Schritt wird die Ausgabenseite betrachtet. Diese beinhaltet die Investitionen in
Form von Anfangsauszahlungen (Erstinvestitionen) sowie von laufenden Kosten, die für den
Betrieb und die Weiterentwicklung eines derartigen Systems notwendig sind.831 An dieser
Stelle scheint es angebracht, auf die Unterschiede von stationären und mobilen Systemen
hinzuweisen. Um digitale Produkte über mobile Online-Vertriebssysteme zu distribuieren,
müssen derzeit noch mehr finanzielle und personelle Mittel und damit höhere Investitionen
aufgewendet werden. Das wird damit begründet, dass in Zusammenhang mit dem Einsatz
digitaler Produkte die Entwicklung mobiler Technologien noch am Anfang steht. Technolo-
gien, auf die spätere Geschäftsmodelle im M-Commerce aufsetzen, sind derzeit noch nicht
oder erst im Ansatz entwickelt; ein höherer Forschungs- und Entwicklungsaufwand ist damit
unausweichlich. Darüber hinaus muss sowohl für den Aufbau von stationären als auch von
mobilen Online-Systemen der Kapitaleinsatz geplant und prognostiziert werden. Das daraus
entwickelte Budgetvolumen lässt sich in einem weiteren Schritt auf die einzelnen Anwendun-
gen aufteilen. Die Kostenbestandteile eines Online-Systems digitaler Produkte lassen sich
anhand der folgenden Unterkategorien systematisieren:832
Kosten der Hard- und Softwareausstattung: Hierzu zählen einmalige und laufende Kosten,
die in Zusammenhang mit dem Aufbau, der Implementierung, der Aktualisierung und der
Wartung von Serversystemen, umfangreichen Netzwerken und Betriebssystemen entstehen.
Dazu zählen auch Kosten hinsichtlich möglicher Kapazitätserweiterungen von Anschluss-
leitungen, die eine schnelle und sichere Übertragung digitaler Inhalte sicherstellen (Breit-
bandanschlüsse). Hinzu kommen Anschluss- und Installationskosten an bereits vorhandenen
Software- und Hardwareschnittstellen im Unternehmen (z.B. Programmierung, Umbauten).
Bereits in dieser Phase sollte abgewogen werden, ob sich bestimmte Leistungen auch von
829 Vgl. Müller/von Thienen (2001), S. 158 f. 830 Vgl. Tiedtke (2001), S. 231 und die dort angegebene Literatur. 831 Vgl. Müller/von Thienen (2001), S. 164 f. 832 Eine Systematisierung derartiger Kostenbestandteile findet sich bei Bruhn (1997), S. 75 und bezieht sich auf
Aufwendungen der Multimedia-Kommunikation. Eine weitere Kostenanalyse im Zusammenhang mit Systemen des Database Marketing findet sich bei Tiedtke (2001), S. 242 ff. und im Hinblick auf CAS-Systeme bei Link/Hildebrand (1993), S. 186.
240 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
externen Anbietern bereitstellen lassen oder ob diese durch eigene Anschaffungen abgedeckt
werden sollen. Des Weiteren werden zu diesem Kostenblock auch die grundlegende
Softwareausstattung des Unternehmens, wie z.B. Betriebssysteme, allgemeine Anwendungs-
software (z.B. Textverarbeitung, Workflow-Management-Systeme, Groupware-Systeme),
gezählt.
Kosten für netzbasierte Produktions- und Distributionssysteme: Von besonderer
Bedeutung sind zudem Kosten, die für den Aufbau, die Installation und die Wartung von
speziellen Datenbanken und sonstiger Spezialsoftware entstehen, welche für eine netzbasierte
Produktion, Distribution sowie Archivierung und Verwaltung digitaler Produkte notwendig
sind. Dazu zählen insbesondere technische und organisatorische Aufwendungen für die
bereits im Kapitel 4.2 angesprochenen Data-Warehouse-, Such- und Klassifikations- und
Agentensysteme sowie für Content-Management- und Digital-Rights-Management-Sys-
teme833. Hinzu kommen Aufwendungen für Systeme des Database Marketing, die sich vor
allem für ein auf kundenindividuellen Daten basierendes Online Marketing verwenden lassen.
Bei digitalen Produkten, die zuerst in physischer Form vorliegen, entstehen zusätzlich
Realisierungskosten für die Beschaffung, Programmierung sowie für die Konvertierung in ein
digitales Format. Auch die Verwaltung der Rechte und Lizenzen digitaler Produkte ist ein
Kostenfaktor, der in Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad einen erheblichen Anteil an
Personalkosten verursachen kann (Lizenzmanagement). Trotz der teilweise erheblichen
Aufwendungen sollte der Anbieter hierbei versuchen, die netzbasierte Produktion, Verwal-
tung und Distribution weitestgehend eigenständig zu realisieren. Gerade der frühzeitige
Aufbau von Erfahrungswerten – auch in Zusammenhang mit der Erhebung und Weiterver-
wendung von Kundendaten – kann im Online Marketing zu deutlichen Wettbewerbsvorteilen
gegenüber der Konkurrenz führen.
Kosten für Personal: Unter diese Kategorie werden Personalkosten subsumiert, die für den
Betrieb des Systems notwendig sind. Zum einen sind dies Kosten, die bei Neueinstellungen
von Personal anfallen. Zum anderen werden darunter auch solche verstanden, die für die
Weiterbildung oder für eventuelle Schulungsmaßnahmen erforderlich sind. Wie bereits weiter
oben erwähnt, werden bei der Einführung eines Online-Vermarktungssystems digitaler
Produkte insbesondere Kosten für die organisatorische Umgestaltung des Vertriebsbereiches
entstehen. Deshalb müssen auch Personalkosten des Vertriebs- und Marketingbereiches mit
einbezogen werden.
Planungs- und Implementierungskosten: Hierunter fallen Kosten, die innerhalb der
Planungs- und Implementierungsphase entstehen (z.B. Beratungsleistungen, Projektierungs-
kosten). Zum Tragen kommen auch die oben erwähnten Anschlusskosten an bereits
833 Eine Übersicht derartiger Systeme findet sich bei Franchi (2003).
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 241
vorhandene Schnittstellen im Unternehmen, die eine Anbindung an bestehende Soft- und
Hardwaresysteme ermöglichen.
Interne und externe Kosten der Prozessintegration: Dazu gehören die bereits genannten
organisatorischen, technischen und personellen Aufwendungen, die sich durch die Umstel-
lung auf Online-Vertriebskanälen ergeben bzw. auf deren Integration. Dabei ist zu erwähnen,
dass elektronische Vertriebskanäle insbesondere mit internen Geschäftsprozessen sowie
darüber hinaus auch mit vorhandenen Schnittstellen zu Kunden, Lieferanten und Händlern
verknüpft werden müssen.834
Sonstige Auszahlungen vor und während der Betriebsphase: Hierzu zählen insbesondere
Marketing- und Kommunikationsaufwendungen, die durch die entsprechenden Marketing-
aktivitäten zur Kommunikation der neuen Online-Systeme innerhalb und außerhalb des
Unternehmens anfallen. In diesem Zusammenhang müssen auch der Handel sowie sonstige
externe Dienstleister kommunikativ betreut werden. Bei der Online-Vermarktung digitaler
Produkte handelt es sich im Sinne der Arbeit üblicherweise um eine Business-to-consumer-
Ausrichtung. Besonders in der Produkteinführungsphase muss deshalb durch intensive
Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen versucht werden, den Bekanntheitsgrad im
Endkundenmarkt zu steigern. Die Planung und Realisierung einer Online-Markenstrategie
führt zu erheblichen Aufwendungen sowohl im Online Marketing als auch im Bereich des
klassischen Marketing.
4.4.2.1.3 Die Ermittlung des Kapitalwertes
Als vorläufig letzter dritter Schritt werden jetzt die Kapitalwerte der Einzahlungs- und
Auszahlungswirkungen gegenübergestellt. Dieses Vorgehen prüft, „...ob das maximal zur
Verfügung stehende Investitionsbudget (Kapitalwert der Einzahlungsreihe) von den
tatsächlich zu erwarteten Investitionen (Kapitalwert der Auszahlungswirkungen) überschrit-
ten wird“.835 Die Kapitalwertmethode als dynamisches Verfahren der Investitionsrechnung836
ist nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie z.B. des vollkommen und uneingeschränkten
Kapitalmarktes, der sicheren Erwartungen über die Ein- und Auszahlungen oder der
Festlegung eines konstanten Zinssatzes, anwendbar und wird definiert als der mit dem
Kalkulationszinsfuß berechnete Barwert aller Ein- und Auszahlungen einer Investition,
bezogen auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der ersten Auszahlung:837
834 Vgl. Weiber (2002), S. 174. 835 Müller/von Thienen (2001), S. 171. 836 Vgl. zur Investitionsrechnung im Allgemeinen auch Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 134 ff. 837 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 137. Siehe zur Kapitalwertmethode auch Laux (2002), S. 859 f.; Adam
(2002), S. 838.
242 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
( ) ( )∑
+∑
+ ==
+−−=T
tt
tT
tt
t
iE
iAAKW
0100
11 =
( )∑= +
−+−
T
1t i1 tA tE t
A0 = ( )
∑= +
−T
0t i1 tA tE t
KW0 Kapitalwert im Zeitpunkt t = 0
Et Einzahlungen
At Auszahlungen
A0 Investitionsauszahlung
i Kalkulationszinsfuß
T (t = 1,…,T) Planungszeitraum
Die Ergebnisse von Investitionen können anhand der Kapitalwertmethode vergleichbar
gemacht werden und lassen sich wie folgt interpretieren:
Vermögensmehrung: Der Kapitalwert KW0 > 0, d.h., über die Tilgung der Anschaffungsaus-
zahlung und über die Verzinsung des eingesetzten Kapitals zum Kalkulationszinssatz hinaus
wird ein Vermögenszuwachs erzielt – der Investition kann demnach zugestimmt werden.
Unverändertes Vermögen: Der Kapitalwert KW0 = 0, d.h., die Einzahlungsüberschüsse
reichen gerade aus, um die Anfangsauszahlungen zu tilgen und das im Investitionsobjekt
gebundene Kapitel zum Kalkulationszinssatz zu verzinsen – der Investition kann gerade noch
zugestimmt werden.
Vermögensminderung: Der Kapitalwert KW0 < 0, d.h., die Einzahlungsüberschüsse reichen
nicht aus, um die Anfangsauszahlungen zu tilgen und das im Investitionsobjekt gebundene
Kapitel zum Kalkulationszinssatz zu verzinsen – der Investition kann nicht zugestimmt
werden.
In Anlehnung an diese Vorgehensweise wäre eine Investition in ein stationäres oder mobiles
Online-System digitaler Produkte dann wirtschaftlich, wenn sich durch die vollständige
Umstellung auf ein netzbasiertes Vermarktungssystem ein Kapitalwert 0 oder größer 0
ergeben würde. Neben dem gezeigten Verfahren der Investitionsrechnung lassen sich
Investitionsentscheidungen auch auf der Grundlage von Instrumenten des strategischen und
operativen Investitionscontrolling treffen. Das Investitionscontrolling geht im Gegensatz zu
der Kapitalwertmethode von einem unvollkommenen Kapitalmarkt aus und befasst sich
darüber hinaus mit der Integration der Investitionstätigkeit in das Gesamtgefüge der
unternehmerischen Entscheidungen.838 Dazu gehören z.B. neben der Berücksichtigung von
Entscheidungen der Preis- und Programmplanung auch die Analyse von Realinvestitionen
838 Vgl. Adam (2002), S. 838 f.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 243
(z.B. immaterielle Objekte wie Lizenzen, Nutzungsrechte etc.), Marktrisiken und Finanzanla-
gen. Ein Vorteil dieses Investitionsrechnungsverfahrens besteht darin, dass eine Bewertung
der Investitionen nicht nur unter monetären, sondern auch unter nicht-monetären Gesichts-
punkten erfolgen kann.839 Dementsprechend würden beim Investitionscontrolling auch
entsprechende Wettbewerbsvorteile als nicht-monetäre Erfolgskriterien mit in die Bewertung
einfließen. Die Anwendung derartiger Investitionsrechnungsverfahren ist immer dann von
Bedeutung, wenn eine Quantifizierung der Kosten- und Nutzenaspekte nur schwer möglich
ist, d.h., wenn „...die Problematik der Quantifizierung [...] durch eine qualitative Erweite-
rung der Entscheidungsgrundlage kompensiert werden...“840 muss. Zusammenfassend kann
ausgeführt werden, dass die Ergebnisse einer auf den genannten Instrumenten basierenden
Wirtschaftlichkeitsrechnung im erheblichen Umfang die Entwicklung, Einführung und
Gestaltung eines Online-Systems digitaler Produkte beeinflussen. Im Hinblick auf eine
quantifizierbare Wirtschaftlichkeitsbeurteilung ist es zudem notwendig, sowohl den Nutzen
als auch den Aufwand einer Umstellung auf netzbasierte Vermarktungssysteme zu analysie-
ren.
4.4.2.2 Verfahren der Erfolgsplanung und -kontrolle digitaler Produkte
Durch die zunehmende Automatisierung von Vermarktungsprozessen werden vor allem auch
die datenbasierten Austauschbeziehungen in Richtung Kunde weiter revolutioniert, was neue
Möglichkeiten der Gewinnung von Daten über die Merkmale, Bedürfnisse und Präferenzen
der Nachfrager zur Folge hat.841 Als Folge dessen existieren mittlerweile zahlreiche
Verfahren, die eine Erhebung von quantitativen und qualitativen Daten innerhalb von Online-
Systemen ermöglichen.842
Mehr quantitative Daten werden im Rahmen der Nutzung eines Online-Angebotes durch
elektronische Erfassungs- und Auswertungsmethoden automatisch und damit eher passiv
erhoben. Die Datenerfassung erfolgt dabei implizit, ohne dass der Nutzer die Datengenerie-
rung wahrnimmt.843
Üblich sind hierbei Methoden der Logfile- bzw. Clickstream-Analyse, Verfahren der
Auswertung von Session ID’s und Logins sowie Auswertungen von Daten innerhalb der
(mobilen) Online-Werbung. Bezogen auf mehr qualitative bzw. aktive Datenerhebungsverfah-
ren existieren Methoden, die bereits aus der klassischen Marktforschung bekannt sind. Zu den
Instrumenten der Online-Marktforschung zählen insbesondere Fragebogenuntersuchungen
(per Mail oder im Rahmen der Internetpräsenz), Online-Panels (z.B. Repräsentativ-Panel,
Nutzer-Tracking-Panel), Interviews und Inhaltsanalysen (z.B. in Chat-Systemen), Usability-
839 Vgl. Link/Gerth/Voßbeck (2000), S. 134. 840 Hermanns/Flegel (1992b), S. 913. 841 Vgl. Wiedemann/Buxel (2003), S. 7. 842 Vgl. im Folgenden teilweise Link/Schmidt (2001); Schmidt (2002), S. 242 f. 843 Vgl. Bachem 2000, S. 102.
244 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
Tests sowie Such- und Recherchemöglichkeiten in Web-Katalogen, Online-Datenbanken und
Suchmaschinen.844
Aus den in Verbindung mit quantitativen Datenanalysen und der Online-Marktforschung
gewonnenen Informationen können – wie oben bereits angedeutet – wichtige Kennzahlen und
Messgrößen für Zwecke der Erfolgsplanung und -kontrolle ermittelt werden. Durch eine
systematische Speicherung und Auswertung der über Online-Systeme generierten einzelkun-
denbezogenen Daten entstehen mit der Zeit Merkmalsprofile einzelner Kunden (sog.
Customer Profiles)845, die insbesondere zur Planung und Entwicklung sowie zur Steuerung
und Optimierung von Leistungs- und Dialogangeboten im Rahmen der netzbasierten
Vermarktung digitaler Produkte eingesetzt werden können. Im Zuge dessen lässt sich eine
größere Genauigkeit und Detailliertheit in Bezug auf Verfahren der Erfolgsplanung und -
kontrolle erreichen: Durch die vollständige Automatisierung der Verkaufsprozesse werden
alle Phasen der Transaktionsprozesse elektronisch und damit ohne Medienbruch erfasst und
ausgewertet. Die in den elektronischen Verkaufsprozessen anfallenden kaufverhaltens-
relevanten Nutzer- und Nutzungsdaten lassen sich unmittelbar in Form detaillierter Kunden-
profile erheben und können in einem weiteren Schritt „just in Time“ den Marketing-
Controlling Systemen für entsprechende Planungs- und Kontrollaktivitäten zur Verfügung
gestellt werden. Ähnlich äußern sich auch Wiedemann/Buxel (2003): „Mit dem automatisier-
ten Anfall von Daten geht die Möglichkeit einer weitgehenden Automatisierungsfähigkeit der
Datenerhebung- und -verwertung einher...,“846 wobei speziell in digitaler Form vorliegende
automatisiert erhobene Daten eine unmittelbare zeitnahe Verwertbarkeit der Daten für
Analyseprozesse ermöglichen.847 Die Transaktionsdaten werden durch die netzbasierte
Erhebung vervollständigt, indem nicht nur die Bestelldaten, sondern auch Daten der
Produktauslieferung elektronisch gespeichert und den Nutzerprofilen zugeordnet werden
können. Hinsichtlich der Einsetzbarkeit von Nutzer- und Nutzungsprofilen im Marketing-
Controlling bedeutet dies, dass alle im Marktprozess gewonnenen Daten ohne Reibungs- und
Schnittstellenverluste für Planungs- und Kontrollaktivitäten zur Verfügung gestellt werden
können. Dies führt in einem weiteren Schritt zu einer automatisierten Kontrolle der Leis-
tungserstellungsprozesse und damit zu einer effizienteren und wirkungsvolleren Abwicklung
von Erfolgsplanungen und Erfolgskontrollen. Zu den wichtigsten Datenerhebungsverfahren
im stationären und mobilen Online Marketing sowie deren Einsatzmöglichkeiten für
Planungs- und Kontrollaktivitäten innerhalb automatisierter Verkaufsprozesse digitaler
Produkte siehe Abbildung 47.
844 Zur Online-Marktforschung vgl. insbesondere Bliemel/Theobald (2000); Göritz/Batinic/Moser (2000) und Gadeib (2000).
845 Vgl. zur Verwendung des Begriffs Wiedemann/Buxel (2003). 846 Wiedemann/Buxel (2003), S. 12. 847 Vgl. ebd., S. 8.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 245
Erhebungsverfahren im E- und M-Commerce
• Logfiles
• Cookies
• Session ID´s
• Logins
• Navigationsverhalten
• Erfolgsziffern der (mobilen) Online-Werbung
• Suchanfragen
• Positionsdaten
Informationsdaten
• Formulareinträge
• Nutzungssdaten SMS, MMS, E-Mail- und Newsletter-Marketing
• Newsgroups/Chatsystem
• Einträge in Weblogs
• Fragebogenuntersuchungen
• Angebotsanfragen
• Beschwerden
• Nutzung Call-Back-Button
• Online-Kunden-Club
Kommunikationsdaten Transaktionsdaten
• Bestellungen
• Bezahlungen
• Retourenmanagement
• Lieferstatusdaten
• Nutzung Podcasting-
Dienste und RSS-
Feeds
• Daten der Produkt-
auslieferung (Down-
load/Streaming)
Erhebungsverfahren im E- und M-Commerce
• Logfiles
• Cookies
• Session ID´s
• Logins
• Navigationsverhalten
• Erfolgsziffern der (mobilen) Online-Werbung
• Suchanfragen
• Positionsdaten
Informationsdaten
• Formulareinträge
• Nutzungssdaten SMS, MMS, E-Mail- und Newsletter-Marketing
• Newsgroups/Chatsystem
• Einträge in Weblogs
• Fragebogenuntersuchungen
• Angebotsanfragen
• Beschwerden
• Nutzung Call-Back-Button
• Online-Kunden-Club
Kommunikationsdaten Transaktionsdaten
• Bestellungen
• Bezahlungen
• Retourenmanagement
• Lieferstatusdaten
• Nutzung Podcasting-
Dienste und RSS-
Feeds
• Daten der Produkt-
auslieferung (Down-
load/Streaming)
Abbildung 47: Datenerhebungsverfahren des stationären und mobilen Online Marketing Quelle: Erweitert nach Link/Schmidt (2001), S. 75
In engem Zusammenhang mit der Erhebung der in der Abbildung dargestellten Informations-,
Kommunikations- und Transaktionsdaten steht die Entwicklung von geeigneten monetären
und kaufverhaltensrelevanten Messgrößen und Kennzahlen (z.B. Umsatz, Konversionrate,
Customer Lifetime Value etc.). Durch die Möglichkeit der unmittelbaren Ermittlung und
Auswertung von kaufrelevanten Daten können kaufverhaltensrelevante Profile erstellt
werden, die genaue Informationen über die Art, Menge sowie den Preis, den Zeitpunkt und
die Zahlungsweise der netzbasiert erworbenen digitalen Produkten beinhalten. Die nutzer-
und nutzungsspezifischen Informationen lassen sich im nächsten Schritt mit anderen
informationsverhaltensbezogenen, soziografischen- und psychografischen Daten in Verbin-
dung bringen.848 Voraussetzung dafür sind neben dem Einsatz von speziellen Datenerhe-
bungsverfahren (siehe dazu den folgenden Abschnitt) die Erfassung, Speicherung und
systematische Auswertung von einzelkundenbezogenen Informationen auf der Grundlage des
Database Marketing.849 Im Hinblick auf die Erhebung von einzelkundenbezogenen Informa-
tionen sowie deren Verwendung im stationären und mobilen Online Marketing wollen wir an
dieser Stelle darauf hinweisen, dass für alle aus wirtschaftlicher Sicht interessanten Maßnah-
men zunächst immer die Zulässigkeit aus rechtlicher Sicht zu überprüfen ist.
848 Vgl. weiterführend sowie zu den einzelnen Datenarten Wiedemann/Buxel (2003), S. 10. 849 Vgl. zu Database Marketing Link/Hildebrand (1993).
246 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4.2.2.1 Die Erfolgsplanung und -kontrolle im stationären Online Marketing
Greift der Nutzer anhand eines Endgerätes (Client) auf den Inhalt eines Internet-Angebotes
zu, werden vom Server Protokolldateien (Logfiles) erstellt. Diese enthalten alle Informatio-
nen, die während des Nutzungsvorganges (Session) vom Server aufgezeichnet werden.850 In
Verbindung mit Nutzungsvorgängen werden zur Aufzeichnung von nutzerindividuellen
Abläufen Session-IDs verwendet, die den Browser des Users während des Nutzungsvor-
ganges markieren, ohne dass eine besondere Identifizierung beim Server nötig ist.851 Aus den
Logdateien lassen sich quantitative Kennziffern über die Anzahl der abgerufenen Seiten-
elemente (Hits), über die Anzahl der Sichtkontakte mit einer einzelnen Website (Page
Impressions) sowie über die Anzahl zusammenhängender Nutzungsvorgänge eines WWW-
Angebotes (Visits) ableiten. Click-Streams hingegen geben den Weg eines Nutzers durch ein
bestimmtes Angebot wieder und sind daher besonders aussagekräftig im Hinblick auf
nachgefragte Produktinformationen oder Verweilzeiten auf den Websites.852 Logfiles spiegeln
in der Regel die Attraktivität des Online-Angebotes wider und werden darüber hinaus zur
Beurteilung des Frequentierungsgrades in Zusammenhang mit der Vermarktung von
Werbeflächen auf einem Online-Angebot eingesetzt.853 Des Weiteren enthalten diese wichtige
technische Parameter, z.B. den Hostnamen des Clients und die IP-Adresse der Besucher.
4.4.2.2.2 Die Erfolgsplanung und -kontrolle im mobilen Online Marketing
Auch im M-Commerce ist die Erfolgskontrolle vor allem auf aussagefähige Nutzungs- und
Nutzerdaten angewiesen.854 Grundsätzlich ist die Möglichkeit der Datengenerierung abhängig
von dem Einsatz der jeweiligen mobilen Technologien (z.B. Funknetzstandards, Positionie-
rungs- bzw. Lokalisierungstechnologien), der allgemeinen Akzeptanz der mobilen Anwen-
dungen und von vertrauensbildenden Maßnahmen hinsichtlich der Sicherheit und Zuver-
lässigkeit mobiler Systeme und Anwendungen. Der Grundsatz des „Permission Marketing“,
welcher schon im Festnetz-Internet verwendet wird, ist auch in Verbindung mit der Samm-
lung und Weiterverwendung von persönlichen Daten im M-Commerce von Bedeutung.855 Der
Nutzer muss demnach seine ausdrückliche Zustimmung für die Erhebung und Verwendung
seiner persönlichen Daten geben. Dies gilt auch in Zusammenhang mit der Verwendung von
Positionsdaten, anhand derer der Anbieter jederzeit feststellen kann, wo sich der Anwender
gerade befindet. Neben der Generierung persönlicher Daten, die eine Individualisierung des
850 Vgl. im Folgenden teilweise Link/Schmidt (2001); Link/Schmidt (2002), 141 f.; Schmidt (2002), S. 244.851 Vgl. Bachem 2000, S. 103. 852 Vgl. auch Merz 1999, S. 243. 853 Vgl. Göritz/Batinic/Moser 2000, S. 197. 854 Vgl. im Folgenden teilweise Link/Schmidt (2002), S. 139 f.; Schmidt (2002), S. 244. 855 Zum Permission Marketing vgl. Godin (1999); Schwarz (2000).
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 247
Angebotes ermöglichen, müssen auch Leistungen im M-Commerce anhand von ökono-
mischen und außerökonomischen Erfolgskriterien auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft und
bewertet werden. Benötigt werden demnach auch Daten, die eine Erfolgsplanung sowie eine
Erfolgs- und Wirkungskontrolle von M-Commerce Aktivitäten garantieren. Neben der bereits
weiter oben erwähnten Erreichung ökonomischer Ziele, wie z.B. Umsatz, Deckungsbeitrag,
Marktanteil etc., müssen auch im mobilen Internet quantitative und qualitative Daten erhoben
werden, die im direkten Zusammenhang mit der Nutzung mobiler Angebote stehen. Die durch
geeignete Messverfahren erhobenen Daten machen es möglich, mobile Anwendungen nach
Effizienz- und Rentabilitätsgesichtspunkten zu bewerten und zu optimieren.
Konkret ist es innerhalb mobiler Anwendungen in Zukunft vorstellbar, dass z.B. die in
„Logfiles“ gespeicherten Nutzungsdaten den personenbezogenen bereits vorhandenen Daten
durch die Mitübertragung einer Geräte-Identifikationsnummer (ID) genauer zugeordnet
werden können. Des Weiteren ist der Besitzer eines Mobilfunkgerätes durch die darin
enthaltene SIM-Karte, welche auch teilnehmerrelevante persönliche Daten speichert,
eindeutig identifizierbar.856 Dazu auch Wamser/Wilfert (2002): „Im Vergleich zu Electronic
Commerce profitiert der Mobile Commerce hierbei vor allem von der Möglichkeit, die
einzelnen Nutzer über die Authentisierungsalgorithmen einwandfrei zu identifizieren.“857 Die
bereits im stationären Online Marketing generierten Benutzerprofile können dann mit
Bewegungsprofilen aus Positionsdaten in Verbindung gebracht werden, was den Grad der
personalisierten, zielgruppenspezifischen und lokalisierten Ansprache und damit die
Möglichkeit des direkten Abverkaufs digitaler Produkte noch wesentlich erhöhen würde. Die
Mobilfunkbetreiber sind allerdings aus Datenschutzgründen verpflichtet, diese personen-
bezogenen Daten nicht an Dritte weiterzugeben.858 Das bedeutet, dass bei der Inanspruchnah-
me eines mobilen Angebotes die Anonymität des Nutzers nach den heutigen Datenschutz-
rechten weitestgehend gewahrt bleibt. Bei anmeldepflichtigen Angeboten des mobilen
Internet, bei denen sich der Nutzer mit einem Kenn- bzw. Passwort (Login) vor der Nutzung
registrieren muss, können Daten generiert werden, die eine Identifizierung des Users zulassen.
Der Grad der Identifizierung hängt von der Intensität bzw. der Detailliertheit der Erfassung
von persönlichen Daten ab. Zum Beispiel lassen sich in Verbindung mit Transaktionsdaten
qualitativ bessere Daten im Hinblick auf eine weitere Angebotsgenerierung erheben als mit
der Auswertung von E-Mails oder Formulareinträgen innerhalb von Kommunikationsan-
wendungen.859
856 Vgl. Silberer/Wohlfahrt/Wilhelm 2001, S. 220. 857 Wamser/Wilfert (2002), S. 35 nach Wilfert (2000), S. 36. 858 Vgl. Garbe/Stössel 2001, S. 321. 859 Vgl. ähnlich Merz 1999, S. 234 f.
248 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
4.4.2.3 Messverfahren der Online-Werbung
4.4.2.3.1 Messverfahren im stationären Internet
Die Bestimmung der Reichweite eines Internet-Angebotes sowie die Effizienzmessung von
Online-Werbung können durch eine Auswertung quantitativer Daten erfolgen.860 Zu den
wichtigsten Messkriterien gehören die o.g. „Page Impressions“ sowie „AdClicks“, „Click
through rates“ und die Angabe der „View“ und „AdView Time“. In Verbindung mit
„AdClicks“ (Anzahl der „Clicks“) wird jeder Nutzer gezählt, der auf ein werbetragendes
Objekt (z.B. Werbe-Banner oder Werbe-Button) klickt und durch eine Verlinkung auf die
Internetseite des Werbetreibenden gelangt.861 „Click through rates“ ermitteln hingegen das
Verhältnis zwischen „Page Impressions“ und „Ad Clicks“ und lassen sich auch als Maßzahl
für die Stärke der Reaktion auf die Werbemaßnahme definieren.862 „Ad Clicks“ indizieren die
Anzahl der tatsächlich realisierten Werbemittelkontakte und werden üblicherweise innerhalb
der Bannerwerbung für die Berechnung der Tausenderkontaktpreise verwendet. Die
Nutzungsdauer (View Time) registriert die jeweilige Verweildauer eines Nutzers auf einer
Website, wohingegen die „AdViewTime“ die Zeit beschreibt, in der ein werbetragendes
Objekt während eines Nutzungsvorganges sichtbar war. Um die genauen Nutzerzahlen eines
Werbeobjektes in Form der Nettoreichweite zu bestimmen, müssen Nutzer identifiziert und
Mehrfachkontakte, die aufgrund von internen und externen Überschneidungen entstehen,
herausgefiltert werden.863 Die Werbewirkung von Online-Werbemaßnahmen lässt sich zuneh-
mend auch durch die Auswertung von qualitativen Online-Marktforschungsdaten bestimmen.
Hintergrund ist der Ansatz, dass Werbeobjekte, auch wenn sie nicht angeklickt werden,
zumindest auch als marken- und imageverstärkendes Werbeinstrument eingesetzt werden
können.864 Um eine Erfolgsmessung bzw. Werbewirkung von Bannerwerbekampagnen zu
ermöglichen, setzen Unternehmen und Vermarktungsagenturen Soft- und Hardwareprodukte
(sog. Ad-Server) ein, die in der Lage sind, Werbeobjekte zum richtigen Zeitpunkt auf die
richtigen Werbeflächen zu platzieren. Ad-Server steuern darüber hinaus das gesamte Ad-
Management, von der Buchung über die Schaltung bis hin zur Resonanzauswertung, dem
Reporting und der Abrechnung.865
860 Vgl. Im Folgenden teilweise Link/Schmidt 2001; Schmidt (2002), S. 245 f. 861 Vgl. Dastani 2000, S. 245. 862 Vgl. Kleindl/Theobald (1999), S. 292. 863 Vgl. Silberer (1999), S. 184. 864 Vgl. Scholz (2001). 865 Vgl. o.V. (2001j).
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 249
4.4.2.3.2 Messverfahren im mobilen Internet
Wie bereits ausführlich im Kapitel 4.3.4 behandelt, werden in Zusammenhang mit mobilen
Technologien und Anwendungen zukünftig auch Online-Werbeformen eingesetzt, die zusätz-
lich zu den aus dem Internet bekannten Merkmalen der Interaktivität und Multimedialität auf
den einzelnen Nutzer zugeschnitten sind und ihm dadurch einen deutlichen Mehrwert bieten.
Dies setzt auch hier voraus, dass der Anbieter die Wünsche und Bedürfnisse seiner Kunden
kennt und damit die Werbebotschaften individuell gestalten kann.866 Vorstellbar ist daher,
dass in Zukunft zu den Nutzer- und Nutzungsdaten des stationären Internet auch Mess-
kriterien hinzukommen, die alle Werbeaktivitäten und Werbeerfolge über mobile drahtlose
Online-Systeme messen und daraus individuelle kontextspezifische Online-Werbeprofile
erstellen. Damit werden im Sinne einer personalisierten Online-Werbung jedem einzelnen
Nutzer auf ihn abgestimmte Werbebotschaften erstellt und übermittelt. Zudem lassen sich von
Anbieterseite Streuverluste deutlich reduzieren. Werden diese Daten jetzt mit Informationen
über den Aufenthaltsort des Anwenders (Positionsdaten) verbunden, kann zusätzlich bestimmt
werden, in welchem Umfeld der Nutzer die Werbebotschaft abgerufen hat und in welcher
physischen Umgebung die Empfangsbereitschaft damit am höchsten ist. Daraus lassen sich
wiederum Online-Werbeformen entwickeln, die neben einer Werbebotschaft auch digitale
Inhalte in Abhängigkeit vom Aufenthaltsort des Nutzers enthalten können.
4.4.2.4 Anwendungsmöglichkeiten des Data Mining
Quantitative und Qualitative Daten, die innerhalb der o.g. Datenerhebungsverfahren
gesammelt bzw. erhoben werden, müssen im nächsten Schritt mit anderen im Unternehmen
vorhandenen Datenbasen zusammengeführt und durch die Anwendung geeigneter Analyse-
verfahren zu konkretem Wissen verarbeitet werden.867 Zur Analyse von großen Datenbestän-
den werden zunehmend Verfahren des „Online Analytical Processing“ (OLAP) und des „Data
Mining“ eingesetzt. „Data Mining“ zielt darauf ab, nutzbares Wissen im Sinne von Beziehun-
gen, Abhängigkeiten oder Regelmäßigkeiten in den Daten zu identifizieren und durch
logische und funktionale Beziehungszusammenhänge abzubilden.868 Insbesondere in
Verbindung mit der Generierung von Nutzer- und Nutzungsdaten über Online-Systeme sind
Verfahren des Data Mining in der Lage, die meist auf dem Server hinterlegten zusammen-
hanglosen Daten in aufschlussreiche Informationen zu extrahieren. Data Mining eignet sich
damit besonders gut für eine Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle von Online-Aktivitäten.
Neue Verfahren, die sich mit Analysen der Inhalte von Webseiten sowie mit der Nutzung des
Web-Angebotes befassen, sind die Anwendungsbereiche des „Web Content Mining“ und des
866 Vgl. Kracke (2001). 867 Vgl. im Folgenden teilweise Link/Schmidt (2002a), S. 377 f.; Schmidt (2002), S. 246 f. 868 Vgl. Düsing (1998), S. 303.
250 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
„Web Usage Mining“.869 Innerhalb des „Web Usage Mining“ lassen sich durch die Analyse
von Logfiles und Logins detaillierte Nutzerprofile erstellen, die in Abhängigkeit von der
Qualität der Daten zu aggregierten Aussagen verdichtet werden können. Diese können dann
als Instrument der Erfolgskontrolle von Internet-Aktivitäten verwendet werden (z.B.
Nutzungsstatistiken, Mustererkennung etc.). Des Weiteren können im Internet erhobene
personenbezogene Nutzer- und Nutzungsdaten mit bereits vorhandenen Daten in Beziehung
gesetzt werden. Daraus lassen sich wiederum umfangreiche Sortimentsanalysen (z.B.
Warenkorbanalysen, Cross- und Upselling-Analysen), Kundenwertanalysen (z.B. Customer
Lifetime Value, Kundenreklamationen, Lost-Order Analysen) sowie Marktreaktions- und
Wettbewerbsanalysen ableiten.870
4.4.2.5 Die Korrelation zwischen Online-Systemen digitaler Produkte und Unternehmenserfolg
Bereits Gerth (1999) zeigte anhand einer Wirkungskette auf, dass der Einsatz neuer
elektronischer Medien im Marketing den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen und in
Abhängigkeit der Unternehmenssituation zu einer höheren Profitabilität bzw. Wirtschaftlich-
keit führen kann.871 Zwar zeigen auch zahlreiche andere Veröffentlichungen, dass der Einsatz
von neuen IuK-Technologien unmittelbar mit der Wettbewerbsfähigkeit, der Fähigkeit zur
Differenzierung sowie mit einer gesteigerten Produktivität und mit Kostensenkungen
korreliert872, der Einsatz von neuen innovativen IuK-Technologien muss sich allerdings nicht
immer positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken. Dies ist zum einen damit zu erklären,
dass der Aufbau von Informations- und Kommunikationstechnik zunächst in direkter Folge
finanziellen Mehrwert verursacht873, der im Weiteren nicht unbedingt zu einem wirtschaft-
lichen Erfolg bzw. zu einer Leistungsüberlegenheit führen muss. Diese fehlende Korrelation
zwischen Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Technik) einer-
seits und dem Unternehmenserfolg andererseits wird üblicherweise auch als „Produktivitäts-
paradoxon“ bezeichnet.874 Zum anderen entstehen bei der Umstellung bzw. Diffusion von
neuen IuK-Technologien innerhalb von Unternehmensstrukturen Wirkungsverzögerungen,
die einen positiven Wirkungseffekt unter Umständen um Jahre verzögern.875
869 Vgl. dazu und im Folgenden Spiliopoulou (2000), S. 489 f. 870 Vgl. Frielitz/Hippner/Martin/Wilde (2000), S. 28. 871 Vgl. ausführlich Gerth (1999), S. 274. 872 Vgl. dazu Tiedtke (2001), S. 266 und die dort angegebene Literatur sowie die Ausführungen im Kapitel 3.3
weiter oben. 873 Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (2001), S. 195 ff. 874 Vgl. Weiber/Krämer (2001)(2002). Eine ausführliche Abhandlung der Thematik findet sich auch bei Gerth
(1999), S. 275 f. 875 Vgl. ausführlich Gerth (1999), S. 276 f. und die dort angegebene Literatur sowie auch die Ausführungen im
Vorkapitel.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 251
Wie das Kapitel 4.3.5 gezeigt hat, lassen sich mit dem Einsatz von Online-Systemen digitaler
Produkte vor allem direkte Erfolgswirkungen erzielen, die sich durch den Aufbau und die
Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile sowie durch Erfolgspotenziale hinsichtlich
Kostensenkungs- und Erlössteigerungspotenziale manifestieren. Allerdings sind auch hier ein
ökonomischer Erfolg und damit eine positive Korrelation zwischen dem Einsatz von Online-
Systemen digitaler Produkte auf der einen und der Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite
nicht immer gegeben. Vielmehr kann ein negatives Ergebnis im Hinblick auf die im Kapitel
4.4.2 darstellte Investitionsrechnung auch zu einer negativen Korrelation führen.876
4.4.3 Erfolgsverhindernde Wirkungen digitaler Produkte
Neben den im Zusammenhang mit Online-Systemen bestehenden erfolgsverhindernden
Wirkungen, existieren hinsichtlich der weiteren Verbreitung digitaler Produkte noch
zahlreiche Barrieren, die den Online-Handel mit digitalen Produkten heute und auch in
Zukunft ein- bzw. beschränken werden. Grundsätzlich lassen sich Restriktionen im Online
Marketing in Anlehnung an Link (2000) in personelle und sachliche Restriktionen untertei-
len.877 Im Hinblick auf die netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte lassen sich erfolgs-
verhindernde Wirkungen wie Folgt klassifizieren und systematisieren (siehe zu weiteren
Ausführungen die folgenden Abschnitte):
Nutzerseitige Restriktionen:
• Mangelnde Akzeptanz und Schwellenängste gegenüber neuen Technologien (z.B.
aufgrund mangelnden Bildungsstands und Einkommens sowie fehlender Grundeinstellun-
gen in Bezug auf Online-Käufe).
• Fehlende technische Ausstattung (z.B. zu geringe Bandbreiten, fehlende Soft- und
Hardware, fehlende multimediafähige Endgeräte).
• Mangel an Vertrauen und Sicherheit in Bezug auf die Nutzung von Online-Angeboten
digitaler Produkte (z.B. in Bezug auf Datenschutz, Rechtssicherheit, elektronischen
Zahlungsverkehr).
Anbieterseite Restriktionen:
• Technologische Barrieren durch unzureichende Verfügbarkeit oder zu kostenintensive
Hard- und Software.
• Organisatorische Barrieren durch fehlende innerbetriebliche Unterstützung sowie durch
einen Mangel an innerbetrieblicher Flexibilität besonders bei der Umstellung auf netzba-
sierte Vermarktungssysteme (z.B. mangelndes Fachwissen, unzureichendes Personal).
876 Vgl. auch die Ausführungen bei Tiedtke (2001), S. 266 ff. 877 Vgl. Link (2000), S. 12. Eine Analyse der Restriktionen im Online Marketing findet sich auch bei Tiedtke
(2001), S. 264.
252 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
• Urheberrechtliche Barrieren durch unzureichende gesetzliche Regelungen sowie durch ein
unzureichendes Rechte- und Lizenzverwaltungssystem.
• Produktspezifische Barrieren durch die fehlende Eignung digitalisierbarer Produkte für
den elektronischen Handel sowie durch die fehlende Ausstattung digitalisierter Produkte
mit wertgenerierenden Faktoren.
• Unzureichendes Datenmanagement in Bezug auf die Erhebung von Nutzer- und
Nutzungsdaten sowie in Bezug auf die kundenindividuelle Profilerstellung.
4.4.3.1 Nutzerseitige Restriktionen
Innerhalb der Restriktionen auf Nutzerseite stehen an erster Stelle „personelle Restriktionen“,
zu denen insbesondere Faktoren, wie der Bildungsstand, die EDV-Ausbildung, das Alter etc.,
gehören.878 In Bezug auf die Internet-Nutzung in Deutschland lässt sich neben den im Kapitel
4.2.1.4.1.3 bereits dargestellten Ausführungen feststellen, dass besonders die gutver-
dienenden, besser gebildeten und überwiegend in westdeutschen Städten lebenden Menschen
das neue Medium am häufigsten nutzen.879 Im Zuge dessen kommt es deshalb zu einer
digitalen Spaltung der Gesellschaft, die sich vor allem auch restriktiv auf die Vermarktung
digitaler Produkte auswirken kann.880 Das bedeutet, dass Online-Anbieter digitaler Produkte
nur diejenigen mit ihren Angeboten erreichen können, die über gewisse technische und
finanzielle Voraussetzungen verfügen, um die neuen Medien aktiv nutzen zu können. Vor
diesem Hintergrund müssen Online-Anbieter versuchen, die Nutzenpotenziale neuer
Technologien auch denjenigen zu vermitteln, die bisher keinen Zugang zum Internet haben.
Beispielsweise können für einkommens- und bildungsschwache Zielgruppen die Kosten für
Soft- und Hardware gesenkt oder das Angebot entsprechend vereinfacht dargestellt sowie
verständlicher kommuniziert werden. Die Erschließung neuer Ziel- und Käufergruppen für
digitale Leistungsangebote erfordert demnach nicht nur die Anwendung klassischer Online-
Marketing-Maßnahmen, vielmehr sollten sich erfolgreiche Anbieter auch durch Koopera-
tionen oder durch sonstige Initiativen in Politik und Gesellschaft für eine technologisch
bedingte Komplexitäts- und Kostenreduktion einsetzen, um zukünftig ihren Absatzmarkt zu
erweitern. Zudem sollte versucht werden, die Grundeinstellungen gegenüber neuen Techno-
logien im Allgemeinen positiv zu beeinflussen. Gerade die jüngsten Auseinandersetzungen in
Bezug auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen mobiler Funknetztechnologien (Elektro-
878 Vgl. dazu und weiterführend Link (2000), S. 22. 879 Vgl. o.V. (2002h). 880 An dieser Stelle sollte nochmals erwähnt werden, dass es sich bei digitalen Produkten im Prinzip um
Systemprodukte handelt, die nur in Verbindung mit den entsprechenden Technologien vermarktet werden können. Online-Anbieter müssen daher versuchen, die aktive Nutzerzahl neuer Medien zu erhöhen, um in der Folge mehr Leistungsangebote absetzen zu können.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 253
smog, Strahlungen der Sendemaste) zeigen, dass hierbei noch Handlungsbedarf von Seiten
der Anbieter besteht.
Insbesondere bei der netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte muss auf eine hinreichen-
de technische Übertragungskapazität sowohl auf Seiten der Anbieter als auch auf Seiten der
Nachfrager geachtet werden. Die bestehenden Unterschiede im Hinblick auf die Leistungsfä-
higkeit der Übertragungswege wirken bei zu geringer Übertragungskapazität nicht nur
restriktiv auf den elektronischen Handel mit digitalen Produkten, sondern hat auch Einfluss
auf grundsätzliche Entscheidungen der Absatzwege digitaler Produkte. Damit gewinnt
innerhalb des stationären und mobilen Online Marketing der Aspekt der fehlenden oder zu
geringen Bandbreite auf Nutzerseite an strategischer Bedeutung: Insbesondere digitale
zeitabhängige Medienangebote mit hohem Datenvolumen lassen sich über Netze mit
niedrigen Übertragungsraten nur eingeschränkt, d.h. mit geringer Übertragungs- und
Zugriffsgeschwindigkeit an den Kunden übermitteln.
Bei der Übertragung digitaler Produkte lässt sich deshalb feststellen, dass, je höher die
Bandbreite der benutzten Leitungen ist, desto schneller können die Datenpakete vom Sender
zum Empfänger gelangen. Um die genannten Einschränkungen hinsichtlich der Übertragungs-
raten zu minimieren, ist es demnach notwendig, eine breitbandige technische Infrastruktur zu
schaffen, die neben der Mehrfachnutzung (Sprach- und Datenübertragung), eine hinreichende
Kapazität für größere multimediale Datenübertragungsleistungen sowie markgerechte Preise
ermöglicht.881 Die Aktivitäten hinsichtlich der Übertragungskapazitäten werden auf der einen
Seite von den Netzinfrastrukturen der Internet-Service-Provider sowie der Online-Dienste
mitbestimmt, auf der anderen Seite sind die Telekommunikations-Netzinfrastrukturen
ausschlaggebend für die Bestimmung der Größe der Netzzugänge und damit für die
Übertragungsleistungen digitaler Produkte. Zudem besteht auch eine Korrelation zwischen
Breitband-Zugängen sowie der Nutzungsdauer des Internet. Besonders Nutzer mit einem
DSL-Anschluss verbringen nicht nur mehr Zeit im Internet, sie besuchen zudem auch mehr
Online-Angebote und können aufgrund der höheren Datenübertragungsraten auch mehr Daten
pro Sekunden herunterladen.882
Gerade bei digitalen Produkten ist es von Bedeutung, dass die entsprechenden Endgeräte über
Funktionalitäten verfügen, die den Abruf, die Darstellung und die weitere Verarbeitung
multimedialer Daten ermöglichen. Restriktionen bestehen hierbei vor allem noch in der
Verwendung mobiler Endgeräte, bei denen die Möglichkeiten der Speicherung, Verarbeitung
sowie der Eingabe und Ausgabe von Informationen derzeit noch beschränkt sind.883 Durch die
vorhandene Vielfalt mobiler Endgeräte müssen Leistungsangebote im Gegensatz zum
stationären Internet zudem mit erheblich mehr Aufwand verschiedenartig aufbereitet und den
881 Vgl. ähnlich auch Koch (2001), S. 16, 22; Booz Allen & Hamilton (1997), S. 99. 882 Vgl. o.V. (2002i). 883 Vgl. im Folgenden Hess/Rawolle (2001), S. 655.
254 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
jeweiligen Software- und Hardwaresystemen angepasst werden. Auch kann die Ausstattung
mobiler Endgeräte mit zusätzlichen technischen Applikationen wiederum zu einer Einschrän-
kung der Endgeräteverwendung führen.884 Beispielsweise verbieten in jüngster Zeit sowohl
Unternehmen als auch andere halbstaatliche Organisationen das Mitführen von Kamera-
Handys. Erstere (z.B. Volkswagen) wollen mit diesem Schritt einer Industriespionage
vorbeugen. Andere (z.B. der christliche Verband junger Menschen in Australien)885 wollen
vor allem verhindern, dass in rechtswidriger Weise Aufnahmen von Personen an öffentlichen
Plätzen (z.B. Schwimmbäder) gemacht werden, weil das eine Verletzung der Privatsphäre
bzw. der Persönlichkeitsrechte bedeuten würde.
Abschließend muss noch erwähnt werden, dass besonders auch der Mangel an Vertrauen
innerhalb von netzbasierten Vermarktungsprozessen dazu führen kann, dass Online-Angebote
digitaler Produkte nicht ausreichend genutzt werden. Wie wir bereits im Abschnitt 4.4.1.5
verdeutlicht haben, müssen Online-Anbieter deshalb versuchen, ein in Bezug auf Daten-
schutz, Rechtssicherheit, Zahlungsverkehr etc. dauerhaftes Vertrauensverhältnisses zwischen
den Transaktionspartnern herzustellen.
4.4.3.2 Anbieterseitige Restriktionen
„Copyright law is totally out of date. It is a Gutenberg artifact. Since it is a reactive process,
it will probably have to break down completely before it is corrected.“886
Neben den erwähnten nutzerseitigen Restriktionen lassen sich auch Restriktionen nennen, die
anbieterseitig entstehen und die zukünftig von den an der netzbasierten Vermarktung digitaler
Produkte beteiligten Akteuren, wie Inhalteanbieter, Lobbyisten, Verwertungsgesellschaften,
Künstler und Gesetzgeber, beseitigt werden sollten. In diesem Zusammenhang wollen wir im
Folgenden auf die rechtlichen Barrieren eingehen, die vor allem auf den Schutz des geistigen
Eigentums ausgerichtet sind. Hintergrund ist die bereits mehrfach erwähnte Problematik der
„Kostenlos-Kultur“ bzw. der „Free-Rider-Mentalität“, die dazu führt, dass urheberrechtlich
geschützte Inhalte privat kopiert und mehr oder weniger in illegaler Art und Weise über das
Online-System Internet verteilt werden.
884 Dies gilt allerdings nicht nur für mobile Endgeräte, sondern lässt sich auch auf stationäre und mobile Online-Systeme im Allgemeinen übertragen. Beispielsweise ist derzeit noch offen, ob die zunehmende Ausstattung von Flugzeugen mit technischen „Entertainment-Anlagen“ („In-Flight-Entertainment“) nicht für zahlreiche Zwischenfälle in der Luftfahrt verantwortlich ist. Die umfangreichen Anlagen sind in der Lage, digitale Inhalte aller Art sowohl stationär als auch mobil zur Verfügung zu stellen. Zudem bestehen diese aus rund 2000 Einzelkomponenten und rund sieben Kilometern Kabel und stellen somit eine zusätzliche Belastung für die gesamte Bordelektronik dar. Vgl. dazu und weiterführend Pitzke (2003).
885 Vgl. o.V. (2003z). 886 Negroponte (1995), S. 58.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 255
Wie bereits an mehreren Stellen erwähnt, sind von der illegalen Verwendung digitaler
Produkte (= Piraterie)887 vor allem Software, digitale Musik sowie in jüngster Zeit auch ver-
stärkt digitale Filme und Videos betroffen. Die Produktpiraterie findet auf zwei verschiedene
Arten statt:888 Zum einen werden die vom Nutzer gekauften CDs und mittlerweile auch DVDs
mittels eines Brenners kopiert („gebrannt“) und sowohl privat als auch gewerblich weiterver-
wendet. Zum anderen werden urheberrechtlich geschützte Werke von Webseiten herunterge-
laden (Software) oder in Online-Tauschbörsen eingestellt, getauscht und wiederum auf CD-
ROM und DVD-R kopiert. Im Mittelpunkt der urheberrechtlichen Auseinandersetzungen
stehen damit rechtliche und technologische Einschränkungen im Hinblick auf die Erstellung
illegaler Privatkopien, die in der Regel mit dem Erwerb eines Nutzungsrechtes an einem
urheberrechtlich geschützten Werk verbunden sind.889 Dabei geht es im Wesentlichen um
zwei zentrale Fragen:890 (1) die durchgängige Betrachtung und Gewährleistung des Urheber-
rechtsschutzes und (2) das umfassende, korrekte und einwandfreie Handling von Nutzungs-
und Verwertungsrechten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften.
Das Urheberrecht als zentrales gesetzliches Regelwerk digitaler Produkte ist grundsätzlich
darauf ausgerichtet, den Urheber in seiner Beziehung zu dem von ihm geschaffenen Werk
(„persönlich geistige Schöpfung“) zu schützen (§ 2 Abs. 2 UrhG). In Zusammenhang mit der
netzbasierten Vermarktung digitaler Produkte sind vor allem die folgenden urheberrechtlichen
Regelungen von Bedeutung:891
Die im § 2 und § 4 UrhG genannten urheberrechtlich geschützten Werkgattungen, die sich
größtenteils auch auf ihre multimediale Darstellung beziehen.
Die Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 – 14 UrhG), die das Veröffentlichungsrecht (§ 12
UrhG), das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) sowie das Recht des
Urhebers enthalten, eine erneute Erstellung oder eine andere Beeinträchtigung seiner Werkes
zu verbieten (§ 14 UrhG).
Die Verwertungsrechte (§§ 15 – 24) als kommerzieller Teil des Urheberrechts. Diese schützen
den Urheber in seinen wirtschaftlichen Interessen am Werk und gewährleisten damit, dass der
Urheber an allen Formen der Auswertung seines Werkes in angemessener Weise beteiligt
wird. Die darin enthaltenen Rechtspositionen betreffen auch die Bereithaltung und die
887 Der Begriff Piraterie, der ursprünglich vor allem die unautorisierte Aufnahme von Klangdarbietungen bzw. die unautorisierte Vervielfältigung und Verteilung von Audio-CDs und Musikdateien betraf („Tonträgerpira-terie“), lässt sich mittlerweile auch auf andere digitale Produkte übertragen. Zum Begriff und den Arten der Tonträgerpiraterie siehe Schaefer (2002).
888 Vgl. auch Sieber (2002). Die angegebene Quelle bezieht sich auf ein Gutachten, das vom Deutschen Multimedia Verband (dmmv) in Auftrag gegeben wurde und im zweiten Teil die rechtlichen Rahmenbedin-gungen zum Thema Datenpiraterie analysiert.
889 Eine Auseinandersetzung in Bezug auf die Verankerung und Bedeutung der Privatkopie im deutschen Urheberrecht findet sich bei Gehring (2002).
890 Vgl. Koop/Jäckel/Offern (2001), S. 12. 891 Vgl. im Folgenden teilweise Freitag (2000), S. 294 ff. sowie 310 ff.
256 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
Übermittlung von urheberrechtlich geschützten Werken im Internet. In diesem Zusammen-
hang wird deutlich, dass sowohl die Bereitstellung von digitalen Inhalten auf einem Server
des Anbieters als auch die Möglichkeit eines Abrufes zur Ansicht bzw. zum Herunterladen
durch den Nutzer von Seiten der Urherber zustimmungspflichtig ist. Darunter fallen auch
Rechtspositionen in Bezug auf die technischen Übertragungswege.892 Deshalb ist das
„Routing“, bei dem die digitalen Inhalte in viele kleine nicht wahrnehmbare Datenpakete
aufgeteilt werden, nicht zustimmungspflichtig. Hingegen werden beim „Caching“ dauerhafte
Kopien auf Zwischenservern oder direkt beim Nutzer erstellt, was wiederum eine Zustim-
mung des Urhebers notwendig werden lässt. Das Gleiche gilt für das sog. „Mirroring“, wo
Dateien zum Zwecke der Kapazitätserweiterung bzw. der Sicherheit auf weiteren Servern
gespiegelt werden. Andere Regelungen betreffen das „Linking“, das vor allem durch die
bereits erwähnte „Hyperlinkstrukur“ das Einrichten von Querverweisen auf dem eigenen
Online-Auftritt ermöglicht.
Im Übrigen unterlag das deutsche Urheberrecht in jüngster Zeit einer bedeutenden Novellie-
rungsinitiative von Seiten der Bundesregierung. Dem vorausgegangen ist eine am 22.05.2001
durch die EU-Kommission verabschiedete Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung des
Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, innerhalb
derer auch eine Novellierung des deutschen Urheberrechtsystems gefordert wurde.893 Als
Folge wurde von der Bundesregierung am 11.04.2003 ein Gesetz zur Regelung des Urheber-
rechts in der Informationsgesellschaft mit dem Ziel verabschiedet, die Entwicklung der
Informationsgesellschaft mit dem effizienten Einsatz neuer Technologien zu fördern.
Von besonderer Bedeutung ist darin die Urheberrechtsnovelle des § 52a UrhG die eine neue
urheberrechtliche Schrankenregelung zugunsten von Unterricht und Wissenschaft mit dem
Ziel vorsieht, in den Bereichen Unterricht und Wissenschaft moderne Kommunikations-
formen nutzbar zu machen.894 Genauer gesagt gestattet der § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG
„veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge
aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hoch-
schulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einricht-
ungen der Berufsbildung für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern
öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu Unterrichtszwecken geboten und zur
892 Vgl. im Folgenden Freitag (2000), S. 314 f. 893 Vgl. ausführlich Gehring (2002). Darüber hinaus basieren die Novellierungsanforderungen auf den von
Deutschland mit unterzeichneten internationalen Verträgen der WIPO („World intellectual Property Organi-zation“) aus dem Jahre 1996. Vgl. dazu weiterführend o.V. (2003a).
894 Vgl. Gounalakis (2003), S. 1 ff. Die angegebene Quelle bezieht sich auf ein Rechtsgutachten, das vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit dem Ziel in Auftrag gegeben wurde, den in dem neuen UrhG verabschiedeten § 52 a UrhG aus verfassungsrechtlicher Sicht zu analysieren.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 257
Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist“.895 Damit wird zukünftig den Lehr-
und Forschungseinrichtungen das Recht eingeräumt, urheberrechtlich geschützte Werke in
einem bestimmten Umfang zu digitalisieren und zum Zwecke der Forschung und Lehre
beispielsweise in Intranets zur Verfügung zu stellen. Betroffen von dieser Regelung wäre
somit vor allem die Verlagsbranche, deren Lobbyisten, Vertreter sowie auch Autoren deshalb
von einer „Enteignung der Autoren und Verlage“ sprechen sowie unter Hochdruck auf eine
Überarbeitung des Gesetzesvorhabens drängen. Das Hauptargument der Branche besteht
darin, dass die kostenlose elektronische Nutzung der Inhalte zu erheblichen Umsatzeinbußen
der Verlage bzw. zu Honorarausfällen der Autoren führt, sodass sich die Veröffentlichung
von Literatur in Deutschland kaum noch lohnen würde. Zwar sieht die Regelung vor, dass die
betreffenden Schulen und Universitäten für die Nutzung der urheberrechtlich geschützten
Werke zukünftig – ähnlich wie bei der Fotokopierpauschale – eine Pauschalabgabe zahlen,
diese ist allerdings verschwindend gering und ist zudem für alle Autoren gleich (Gießkannen-
prinzip), was eine qualitätsbedingte Differenzierung der Autoren ausschließt.896
Eine weitere bedeutende Neuregelung des Urheberrechtsgesetzes ist die nach § 53 UrhG
weiterhin erlaubte „Privatkopie“. Das Anfertigungen einer Privatkopie für private Zwecke ist
damit nach wie vor erlaubt, das Umgehen eines Kopierschutzes ist allerdings zukünftig
rechtswidrig. Zum Beispiel kann der Käufer einer Audio-CD sich weiterhin private Kopien
anfertigen. Umgeht er dabei aber den Kopierschutz mit einer dafür geeigneten Software, muss
er mit Schadensersatzforderungen der Medienindustrie rechnen.897
Die Ausführungen haben gezeigt, dass das neue „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in
der Informationsgesellschaft“ umstritten ist, was dazu führte, dass auf Initiative des
Bundesrates und damit im Sinne der Industrie Nachbesserungen gefordert wurden, die derzeit
noch in einem Vermittlungsausschuss im Bundesrat verhandelt werden. Durch die sich
abzeichnenden Regelungen bleibt die Copyrightproblematik vor allem in Verbindung mit
Online-Tauschbörsen weiterhin bestehen, was besonders in Amerika zu neuen Gesetzes-
vorhaben von Seiten der Regierung und der Inhalteindustrie geführt hat. Die neuen amerika-
nischen Urheberrechtsgesetze sehen beispielsweise vor, zukünftig auch sog. „Spoofing-
Angriffe“, bei denen sich zahlreiche Rechner bei einem Tauschnetz anmelden und statt der
begehrten Musikdateien nur Datenmüll zum Tausch anbieten, sowie Angriffmethoden, wie
„Denail-of-Services“, bei dem Netze durch eine künstlich herbeigeführte Überlastung
ausgeschaltet werden, zu legalisieren.898 Zudem zeigt sich zunehmend auch in Deutschland
eine härtere rechtliche und technische Gangart gegen die gesetzeswidrige Nutzung von
urheberrechtlich geschützten Inhalten. So plant die Gesellschaft zur Verfolgung von
Urheberrechtsverletzungen (GVU) künftig nicht mehr nur die rechtliche Verfolgung von mehr
895 Gounalakis (2003), S. 3. 896 Vgl. Wittstock (2003). 897 Vgl. Voregger (2003). 898 Vgl. Haarer (2002).
258 4 Die Vermarktung digitaler Produkte im Rahmen des stationären und mobilen Online
oder weniger professionellen Straftätern innerhalb von Online-Tauschbörsen und Internet-
Portalen, sondern auch die direkte Anklage von privaten Personen, wie Schüler oder
Studenten, die sich durch das illegale Brennen von CDs oder durch das Herunterladen von
Dateien strafbar gemacht haben.899 Im Folgenden wollen wir die derzeitige Auseinander-
setzung anhand zweier Extremszenarien nochmals verdeutlichen:
Szenario 1: Die Inhalteindustrie setzt sich mit der Forderung nach maximalem Schutz durch
und reglementiert jeglichen Zugang zu digitalen Inhalten durch die uneingeschränkte
Verfolgung von Raubkopierern und Hackern. So auch Albrecht (2001): „Die Forderung nach
maximalem Schutz setzt sich durch. Gegen Hacker und Piraten wird unerbittlich vorgegan-
gen. Ein Heer von Suchrobotern spürt jeden auf, der gegen das Copyright verstößt.“900 Die
Inhalteindustrien „...kontrollieren jede öffentliche Nutzung und erheben pauschale Gebüh-
ren“.901 Durch immer kompliziertere Kopierschutzmechanismen werden physisch vorhandene
Audio-CDs und DVDs vor einer Digitalisierung geschützt. Das geltende Recht wird damit
voll zur Anwendung gebracht, die Schaffung und Vermarktung geistigen Eigentums lohnt
sich wieder.
Szenario 2: Die rechtliche und technologische Nutzungseinschränkung wird aufgehoben. Der
Zugang zu digitalen Inhalten wird uneingeschränkt gewährt, Quellcodes werden nach dem
„Open Source Prinzip“902 offen gelegt. Einnahmen werden ausschließlich durch zusätzliche
Serviceleistungen oder durch Alternativen, wie Spendenmodelle (freiwillige Bezahlung der
Künstler durch Mausklick), Umverteilungs- oder Fondsmodelle (Bezahlung der Künstler nach
Popularität) sowie weiterhin durch den Zugang zu dem Medium Internet, generiert.903 Die
bisher vor allem von der Musikindustrie initiierten Aktionen gegen Tauschbörsen verfehlen
auf lange Sicht ihre Wirkung, der Tausch wird hingegen noch unterstützt.
Zum Abschluss der vorausgegangenen Ausführungen wollen wir an dieser Stelle kurz auf die
bestehende rechtliche Problematik eingehen, die bei einem grenzüberschreitenden Handel mit
digitalen Produkten besteht. Bereits Luxem (1999) verwies auf die Tatsache, dass der Ort des
Leistungsaustausches und damit der Ort des Gerichtsstandes und die sonstigen rechtsüblichen
Vorschriften nicht immer klar erkennbar und zuzuordnen sind.904 Aber nicht nur unzureichen-
de Herkunftslandsregelungen wirken derzeit noch restriktiv auf die internationale Vermark-
tung digitaler Produkte. Von Bedeutung sind zukünftig auch grenzüberschreitende Regelun-
gen in Bezug auf Zölle und Klassifizierungsfragen des elektronischen Handels sowie im
899 Vgl. ähnlich Balzli/Kerbusk/Rosenbach/Schulz (2003), S. 75. 900 Albrecht (2001), S. 8. 901 Ebd., S. 8. 902 Vgl zur Open Source-Problematik im Zusammenhang mit Software ausführlich den Beitrag von Achtenha-
gen/Müller-Lietzkow/zu Knyphausen-Aufseß (2003). 903 Vgl. teilweise Nuss (2002). 904 Vgl. weiterführend Luxem (1999), S. 36 f.
4.4 Die Erringung strategischer Wettbewerbsvorteile durch digitale Produkte 259
Hinblick auf den Abbau von handelshemmenden Regulierungsheterogenitäten.905 Der
Regelungsbedarf resultiert vor allem aus der Tatsache, dass durch eine vollständig netzbasier-
te Vermarktung digitaler Produkte global ausgerichtete Handelsflüsse entstehen, die bisher
nicht existent waren. Hauser/Wunsch-Vincent (2002) sprechen hierbei auch von signifikanten
Wohlstandsgewinnen für Industrieländer, die in vielversprechenden Bereichen der Urheber-
rechts- und Lizenzgebühren sowie im Bereich der Unterhaltungsdienstleistungen zunehmend
entstehen. Des Weiteren raten die Autoren in ihrem Gutachten, sowohl auf europäischer als
auch auf der Ebene der Mitgliedsstaaten den elektronischen Handel weiter zu liberalisieren,
um die Chance zu einem wohlstands- und beschäftigungsfördernden Handel mit wissensin-
tensiven Dienstleistungen und digitalen Produkten als den „Export- und Importprodukten von
morgen“ nicht zu versäumen.
905 Vgl. dazu und im Folgenden Hauser/Wunsch-Vincent (2002), S. 7, 199 ff. Die angegebene Quelle bezieht sich auf ein Gutachten, das für den deutschen Bundestag mit dem Ziel erstellt wurde, den Planungs- undHandlungsbedarf, der sich durch die WTO-Welthandelsrunde hinsichtlich des grenzüberschreitenden Handels von vollständig elektronisch übermittelten Dienstleistungen und Produkten ergibt, für die EU und die Bundesrepublik Deutschland offen zu legen.
5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
5.1 Der Online Marketingprozess digitaler Produkte
Wie die Untersuchung gezeigt hat, wirken die marketingstrategischen sowie die damit
zusammenhängenden technischen und rechtlichen Herausforderungen, die sich durch eine
zukünftige netzbasierte Vermarktung digitaler Produkte ergeben, für die betreffenden am
Online-Markt digitaler Produkte beteiligten Unternehmen aus den folgenden Gründen als
revolutionär:
Erstens handelt es sich bei digitalen Produkten selbst um Innovationen, die durch eine enorme
Steigerung der Übertragungsgeschwindigkeit sowie der Nutzungsintensität und damit durch
eine Zunahme der Substituierbarkeit gekennzeichnet sind. Als Folge nimmt die Bedrohung
durch das Internet für diejenigen Unternehmen weiter zu, deren Produkte nicht nur auf
physischen Datenträgern, sondern auch digitalisiert vermarktet werden können. Am
schwersten davon betroffen sind bereits heute Unternehmen der Musik-, Software-, Filme-
und der Videospieleindustrie.906 In diesem Zusammenhang wirkt die weiter zunehmende
Nutzungsintensität des Internet, z.B. durch die steigende Anzahl von Breitbandanschlüssen,
kombiniert mit einer zunehmenden „Free-Rider-Mentalität“ und fehlenden Geschäfts-
modellen, existenzbedrohend. Ähnliches gilt auch für Anbieter von Zeitungen und Zeitschrif-
ten, deren klassische Verlagsprodukte zunehmend auf das Internet ausgerichtet und mit
mehrwertgenerierenden Online-Angeboten kombiniert werden, wobei der wesentliche
Unterschied zu den oben erwähnten Branchen darin besteht, dass Verlagsprodukte zukünftig
nicht zwingend vollständig durch das Internet substituiert, sondern eher nur ergänzt
werden.907 Im Hinblick auf die Einsetzbarkeit von Verlagsprodukten im Internet entstehen
durch die Kombination physischer mit digitalen Produkten auch neue Möglichkeiten der
Kundengewinnung und Kundenbindung, die zukünftig von den betreffenden Anbietern
genutzt werden sollten.908
Das zweite revolutionäre Potenzial lässt sich in der Entwicklung von Online-Angeboten
digitaler Produkte und den damit zusammenhängenden Veränderungspotenziale für das
gesamte Online-Marketing-Instrumentarium erkennen. Wollen Unternehmen zukünftig digi-
tale Produkte als Vermarktungsgegenstand im stationären und mobilen Online Marketing zur
Stärkung ihrer eigenen Wettbewerbsposition einsetzen, bedarf es nicht nur der Beachtung
ökonomischer und wettbewerbsstrategischer Wirkungspotenziale. Auch die operative
906 Vgl. dazu auch Kröher (2003) sowie Balzli/Kerbusk/Rosenbach/Schulz (2003). Bei den angegebenen Quellen handelt es sich um aktuelle Beiträge aus dem „Manager Magazin“ sowie aus der Zeitschrift „Der Spiegel“, was nochmals die Aktualität und Brisanz des Themas in Wirtschaft und Gesellschaft verdeutlicht.
907 Vgl. dazu auch die Analyseergebnisse von Friedrichsen (2002), S. 34. 908 Vgl. ähnlich o.V. (2003d).
262 5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
Ausgestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente bis hin zu einem marktfähigen, an den
Kundenbedürfnissen ausgerichtetes Geschäftsmodell ist eine Voraussetzung für einen
ganzheitlichen, auf einer Vorteilsposition im Online-Markt digitaler Produkte basierenden
Vermarktungsansatz. Die Umstellung auf vollständig netzbasierte Vermarktungsprozesse
erfordert daher einen umfangreichen Eingriff in die absatzseitigen internen und externen
Unternehmensprozesse bzw. Wertschöpfungsketten, die im Hinblick auf eine vollständige
Automatisierung den neuen Marktbedingungen und Kundenbedürfnissen angepasst werden
müssen.
Als Ergebnis der Einordnung digitaler Produkte im Online Marketing entsteht ein durch die
netzbasierte Vermarktung gekennzeichneter Online-Marketingprozess, der durch verschie-
dene Wirkungsebenen sowie deren Wechselwirkungen und Verzahnungen mit- und unter-
einander gekennzeichnet ist (siehe Abbildung 48 auf der nächsten Seite).
Die erste Ebene spiegelt die produktspezifischen Eigenschaften sowie die ökonomischen
Wirkungsmechanismen und Gesetzmäßigkeiten digitaler Produkte wider, die einen beson-
deren Einfluss auf die nachfolgenden online-marketingspezifischen Ebenen haben und daher
bei der vermarktungsstrategischen Ausrichtung eines Online-Angebotes digitaler Produkte
mit berücksichtigt werden müssen.
Die zweite Ebene beinhaltet die strategischen Wirkungseffekte und Vorteilspotenziale der
horizontalen, vertikalen und lateralen Wettbewerbsbedingungen, die im Hinblick auf eine
wettbewerbsstrategische Ausrichtung von Bedeutung sind.
Im Anschluss daran folgt die dritte durch die operative Gestaltung der Online-Marketing-Mix
Instrumente gekennzeichnete Ebene, die vor allem durch eine Verzahnung der einzelnen
Instrumente untereinander gekennzeichnet ist.
Die vierte und letzte Ebene beinhaltet die Instrumente des Marketing-Controlling und zeich-
net sich durch die ständige Bewertung der ökonomischen und außerökonomischen Online-
Aktivitäten digitaler Produkte aus.
Im Hinblick auf wettbewerbsstrategische Überlegungen dient der Online-Marketingprozess
digitaler Produkte damit auch der zukünftigen wettbewerbsstrategischen Orientierung und
Positionierung der einzelnen am Online-Markt digitaler Produkte beteiligten Unternehmen.
Erst das Zusammenspiel aller Ebenen und die daraus folgende markt- und kundenspezifische
Ausrichtung der Online-Angebote führt zu einer wettbewerbsstrategischen Vorteilsposition
und damit zu einem nachhaltigen Vermarktungserfolg in dem von einer besonderen Dynamik
geprägten Marktumfeld. Anhand der verschiedenen aufgezeigten Ebenen wollen wir im
Folgenden die wesentlichen Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchung zusammen-
fassend darstellen.
5.1 Der Online Marketingprozess digitaler Produkte 263
Wirkungsebenen digitaler Produkte im stationären und mobilen Online Marketing
horizontale Wettbewerbsposition
vertikale Wettbewerbsposition
laterale Wettbewerbsposition
Strategische Online Marketing-Ebene
Online-Distributionspolitik
Online-Produktpolitik
Online-Preispolitik
Operative Online Marketing-Ebene (Geschäftsmodell)
Online-Kommunika-tionspolitik
Institutionen-ökonomie
Medien-ökonomie
Ökonomische und produktspezifische Ebene
Digitale Ökonomie
Rechts-ökonomie
Informations-ökonomie
Marketing-Controlling-Ebene (E-Controlling)
Wirtschaftlichkeits-rechnung
Erfolgsplanung- und Erfolgskontrolle
Ergebnisrechnung (Umsatz, Gewinn etc.)
Wirkungsebenen digitaler Produkte im stationären und mobilen Online Marketing
horizontale Wettbewerbsposition
vertikale Wettbewerbsposition
laterale Wettbewerbsposition
Strategische Online Marketing-Ebene
Online-Distributionspolitik
Online-Produktpolitik
Online-Preispolitik
Operative Online Marketing-Ebene (Geschäftsmodell)
Online-Kommunika-tionspolitik
Institutionen-ökonomie
Medien-ökonomie
Ökonomische und produktspezifische Ebene
Digitale Ökonomie
Rechts-ökonomie
Informations-ökonomie
Institutionen-ökonomie
Medien-ökonomie
Ökonomische und produktspezifische Ebene
Digitale Ökonomie
Rechts-ökonomie
Informations-ökonomie
Marketing-Controlling-Ebene (E-Controlling)
Wirtschaftlichkeits-rechnung
Erfolgsplanung- und Erfolgskontrolle
Ergebnisrechnung (Umsatz, Gewinn etc.)
Abbildung 48: Der Online-Marketingprozess digitaler Produkte
5.1.1 Ökonomische und produktspezifische Ebene
Die in Kapitel 2 behandelten produktspezifischen Eigenschaften und ökonomischen Gesetz-
mäßigkeiten digitaler Produkte führen letztendlich zu weitreichenden ökonomischen
Wirkungsmechanismen und beeinflussen im Zuge dessen alle weiteren Ebenen des Online-
Marketingprozesses. Wie verdeutlicht wurde, handelt es sich bei digitalen Produkten
grundsätzlich um immaterielle Güter, die als Systemgüter in ungebundener Form über
stationäre und mobile Online-Systeme verteilt werden können. Durch die Eigenschaft der
„Nicht-Abnutzbarkeit“ gleicht jede Kopie dem Original, wobei sich die beliebige Reprodu-
zierbarkeit der Kontrolle der Anbieter entzieht und damit mehr oder weniger unkontrolliert
vom Nutzer ausgeht.
Auf Seiten der Anbieter führen die kostenintensive Erstproduktion („First Copy Costs“) sowie
die einfache und kostengünstige Reproduzierbarkeit, Veränderbarkeit und Verbreitung zu
niedrigen Grenzkosten und damit zu Fixkostendegressionseffekten und wachsenden
264 5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
Skalenerträgen. Als Folge werden die Online-Anbieter digitaler Produkte versuchen, durch
eine Ausweitung der Vermarktungsaktivitäten die Kosten der Erstproduktion möglichst
schnell zu amortisieren. Erst dann lassen sich digitale Produkte unter dem Aspekt der
„Rentabilität“ zumindest kostendeckend vermarkten.909
Zudem wurde deutlich, dass digitale Produkte als Erfahrungs- und öffentliche Güter den
besonderen Eigenschaften der hohen Qualitätsunsicherheit sowie der Nicht-Rivalität und
Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum unterliegen. Die Integration vertrauensbildender
Maßnahmen innerhalb von netzbasierten Vermarktungsprozessen ist daher besonders dring-
lich, um die erwähnte Qualitätsunsicherheit zu reduzieren. Zudem sollten Anbieter digitaler
Produkte durch urheberrechtliche und technische Schutzmaßnahmen versuchen, die
unkontrollierte Vervielfältigung und unrechtmäßige Nutzung ihrer Produkte einzuschränken.
Voraussetzung dafür ist wiederum der Aufbau von wirtschaftlich tragfähigen Geschäfts-
modellen und damit das Anbieten von Alternativen zur derzeitigen „Free-Lunch-Kultur“910 im
Internet.
Eine weitere bedeutende ökonomische Eigenschaft sind direkte und indirekte Netzeffekte, die
durch den Aufbau von Wechselkosten und damit durch „Lock-in-Effekte“ entstehen. Wie in
diesem Zusammenhang deutlich wurde, führt der Aufbau von Wechselkosten im Weiteren zu
positiven Rückkopplungen und damit zu einem Kreislauf der Kundengewinnung und
Kundenbindung. Werden demnach Nutzer für ein Angebot digitaler Produkte gewonnen,
sollten diese durch eine stärkere Individualisierung des Angebotes oder durch die Etablierung
von wertgenerierenden Faktoren an das Angebot dauerhaft gebunden werden. Auch hier gilt
es, die durch eine unkontrollierte Verbreitung digitaler Produkte entstehenden negativen
Rückkopplungen durch entsprechende Schutzmechanismen einzuschränken.
5.1.2 Strategische Ebene
Wie die Ausführungen gezeigt haben, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Nachfrage
nach digitalen und digitalisierten Produkten durch die steigende Nutzungsintensität des
Internets sowie durch die wertgenerierenden Eigenschaften und Innovationspotenziale und
damit durch die Attraktivität digitaler Produkte in Zukunft noch deutlich zunehmen wird. Die
dabei entstehenden physischen/digitalen Substitutionseffekte bewirken vor allem auch eine
weitere Ausdehnung der netzbasierten Handelsaktivitäten. Der bereits in Ansätzen entstan-
dene und sich noch weiterentwickelnde Online-Markt digitaler Produkte ist hierbei durch eine
hohe Markttransparenz sowie, entsprechend der gegen Null tendierenden Reproduktions- und
Distributionskosten, durch niedrige Markteintrittsbarrieren und Transaktionskosten gekenn-
909 Vgl. ähnlich Luxem (1999), S. 25 910 Vgl. Liedtke/Behan (2003).
5.1 Der Online Marketingprozess digitaler Produkte 265
zeichnet, was in der Folge zu einer Stärkung der abnehmerspezifischen Verhandlungsposition
sowie – bedingt durch die Zunahme der Konkurrenz – zu einer höheren Wettbewerbsintensität
führt.
Die im vorherigen Kapitel bereits erwähnte stärkere Differenzierung netzbasierter Leistungs-
angebote sowie die Etablierung von wertgenerierenden Faktoren schränkt die Markttrans-
parenz sowie die durch die Homogenität digitaler Produkte bestehende einfache Imitierbarkeit
allerdings wieder ein und kann infolgedessen zu monopolistischen Marktstrukturen führen,
innerhalb derer die Angebote der Konkurrenz in den Hintergrund treten. Zudem wird der
direkte Vergleich von Angeboten der Konkurrenz erschwert, die Preissensibilität der Abneh-
mer sinkt. Infolgedessen können Preisspielräume erweitert werden, die Bedrohung für die
sich am Markt befindlichen Online-Anbieter nimmt entsprechend ab.
In Anlehnung daran wird deutlich, dass sich innerhalb des Handels mit digitalen Produkten
Wettbewerbsvorteile durch eine Kombination von Kostenführerschaft und Differenzierung
erzielen lassen. Der Einsatz beider Strategieformen führt zu einer simultanen Differenzie-
rungs- und Preisstrategie (Hybridstrategie), was zur Folge hat, dass dem Nachfrager nicht nur
ein standardisiertes Produkt angeboten wird. Vielmehr führt die Anwendung der Hybridstra-
tegie zu dem Angebot mehrerer Varianten des gleichen Produktes zu einem wettbewerbsfähi-
gen Preis.911 Innerhalb dessen erstreckt sich der Aspekt der Differenzierung allerdings nicht
nur auf das Angebot unterschiedlicher, leicht imitierbarer Varianten des gleichen Produktes
zu einem am Wettbewerber orientierten Preis. Bereits Link/Schackmann (2000) führten hierzu
aus, dass sich durch die Anwendung der Hybridstrategie bei digitalen Produkten – bedingt
durch die einfache und kostengünstige Reproduzier- und Imitierbarkeit – kein nachhaltiger
Wettbewerbsvorteil erzielen lässt.912 Ein Wettbewerbsvorteil lässt sich hingegen dadurch
erreichen, dass die digitalen Leistungsangebote stärker individualisiert und im Zuge dessen
gezielter auf den einzelnen Kunden ausgerichtet werden. Die Individualisierungsbestrebungen
in Richtung einzelner Kunde oder Kundengruppe sollten neben einer gezielteren Differenzie-
rung und damit einer kundenspezifischen Variantenbildung auch eine Personalisierung im
Sinne des Databased Online Marketing beinhalten. Im Mittelpunkt der Individualisierung
steht damit nicht nur die kundenspezifische Ausrichtung des digitalen Leistungsangebotes,
sondern auch die Personalisierung des Dialoges.
Zudem haben die Ausführungen in Abschnitt 4.3.5 gezeigt, dass sich durch den Einsatz von
Online-Systemen digitaler Produkte direkte Erfolgswirkungen erzielen lassen. Neben Kosten-
senkungen und Erlössteigerungen manifestieren sich diese in der Erringung von strategischen
Wettbewerbsvorteilen durch Schnelligkeit, Individualisierung, Convenience, Multifunktio-
nalität und Multimedialität sowie durch Vertrauenswürdigkeit. Ausgangspunkt dieser
911 Vgl. Link/Schackmann (2000), o. S. 912 ebd., o. S.
266 5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
Erfolgswirkungen ist die Gegebenheit, dass die vollständige Automatisierung der Vermarkt-
ungsprozesse zu erheblichen Kosteneinsparungen und Effizienzvorteilen in der logistischen
Abwicklung von Distributionsprozessen führt; die Wirtschaftlichkeit von stationären und
mobilen Online-Systemen kann damit um ein erhebliches Maß gesteigert werden.
5.1.3 Geschäftsmodellebene
Der innerhalb der Arbeit mehrfach angesprochenen Forderung nach einem wirtschaftlich
tragfähigen Geschäftsmodell soll im Folgenden anhand eines Online-Erfolgsmodells digitaler
Produkte Rechnung getragen werden. Zum einen zielen die folgenden Darlegungen darauf ab,
die innerhalb des Online-Marketingprozesses digitaler Produkte vorhanden Online-
Marketing-Mix-Instrumente zu systematisieren. Zum anderen dient das Modell der struktu-
rierten Darstellung aller wesentlichen an einem erfolgreichen Geschäftsmodell beteiligten
Faktoren (siehe Abbildung 49).
Aufbau von netzbasierten Distributionssystemen für das virtuelle Distributions-
management
Entwicklung und Implemen-tierung von (direkten) Erlös-modellen und elektronischen
Abrechnungssystemen
Rechte- und Lizenzverwaltung
(DRMS)
Aufbau von stationären und mobilen Online-Systemen als zentrale Vermarktungsplatt-formen digitaler Produkte
Produktspezifische Online-Werbung, Aufbau von
Online-Marken
Anwendung des E-Controlling (Wirtschaftlichkeitsrechung,
Verfahren der Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle)
Geschäftsmodelle digitaler Produkte
Beseitigung von anbieter-und nachfragerseitigen
Restriktionen
Entwicklung von digitalen Leistungsangeboten als
Differenzierungsmerkmale
Aufbau von netzbasierten Distributionssystemen für das virtuelle Distributions-
management
Entwicklung und Implemen-tierung von (direkten) Erlös-modellen und elektronischen
Abrechnungssystemen
Rechte- und Lizenzverwaltung
(DRMS)
Aufbau von stationären und mobilen Online-Systemen als zentrale Vermarktungsplatt-formen digitaler Produkte
Produktspezifische Online-Werbung, Aufbau von
Online-Marken
Anwendung des E-Controlling (Wirtschaftlichkeitsrechung,
Verfahren der Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle)
Geschäftsmodelle digitaler Produkte
Beseitigung von anbieter-und nachfragerseitigen
Restriktionen
Entwicklung von digitalen Leistungsangeboten als
Differenzierungsmerkmale
Abbildung 49: Das Online-Erfolgsmodell digitaler Produkte
Wollen Unternehmen in Zukunft digitale Produkte anhand von wirtschaftlich tragfähigen
Geschäftsmodellen vermarkten, sollten die in der Abbildung dargestellten Erfolgsfaktoren in
Beziehung gesetzt und mit dem strategischen Handlungsrahmen des stationären und mobilen
5.1 Der Online Marketingprozess digitaler Produkte 267
Online Marketing verknüpft werden. Erst dann wird es zukünftig möglich sein, die heute noch
größtenteils vorhandene kostenlose Verteilung digitaler Inhalte durch eine kommerzielle, auf
monetäre Erfolgsgrößen ausgerichtete Online-Vermarktung zu ersetzen. Im Folgenden
werden deshalb die einzelnen Erfolgsfaktoren noch einmal zusammenfassend dargestellt:
Wie die Ausführungen innerhalb des Abschnittes 4.2 gezeigt haben, müssen die für eine
kommerzielle Vermarktung digitaler Produkte verwendeten stationären und mobilen Online-
Systeme bestimmte technische Voraussetzungen erfüllen, um als netzbasiertes Logistik-
systeme digitaler Produkte eingesetzt werden zu können. Von besonderer Bedeutung für einen
Vermarktungserfolg wird in Zukunft, neben dem Einsatz spezieller Technologien, wie
Digital-Rights-Management-Systemen, die Weiterentwicklung mobiler Anwendungen und
Systeme sein. Die Möglichkeiten, digitale Produkte anhand mobiler Endgeräte sowie auf der
Basis von Lokalisierungstechnologien dem Kunden immer und überall zur Verfügung zu
stellen, impliziert ein zusätzliches Marktpotenzial, das zukünftig von Online-Anbietern
genutzt werden sollte. Zwar wurde der Start von UMTS aufgrund von derzeit noch vorherr-
schenden technischen Problemen abermals verschoben, das Marktpotenzial ist dennoch
vorhanden und sollte spätestens bei der endgültigen Einführung ausgeschöpft werden. Sowohl
im stationären als auch im mobilen Internet stellen zudem die bis heute noch größtenteils
vorhandenen schmalbandigen Netzinfrastrukturen einen Engpassfaktor dar und sollten in
Zukunft entsprechend den Datenvolumina, die bei der Übertragung digitaler Produkte erzeugt
werden, leistungsfähig genug sein, um diese übertragen zu können. Erst wenn die Netzinfra-
strukturen eine bestimmte Leistungsfähigkeit erreicht haben und privaten End- sowie
Geschäftskunden den Zugang zu diesen Netzen in angemessener Art und Weise, z.B. durch
ein preiswertes und überall verfügbares Netz, garantiert wird, kann das oben erwähnte
Potenzial voll genutzt werden.913
Wie in Abschnitt 4.3 ausführlich beschrieben wurde, beinhaltet die Integration digitaler
Produkte im Online Marketing eine Vollautomatisierung der damit zusammenhängenden
absatzseitigen Vermarktungsprozesse. Die dabei entstehenden virtuellen Wertschöpfungs-
und Verkaufsprozesse bedürfen eines erfolgsorientierten Datenmanagements, das mit dem
bisherigen, teilweise noch auf physischen Strukturen basierenden Online-Marketing-
Management nur noch bedingt vergleichbar ist.
Der damit verbundene Aufbau von netzbasierten Online-Distributionssystemen führt zu
einem virtuellen, aus direkten und indirekten Distributionskanälen bestehenden Distributions-
system, wobei sich als mögliche Distributionskanäle stationäre und mobile Portale sowie
913 Allerdings wurde auch deutlich, dass die Zunahme an Bandbreite und damit an Übertragungskapazität gleichzeitig auch zu einer Zunahme des unkontrollierten Datenverkehrs, z.B. innerhalb von Online-Tauschbörsen, führt. Damit steigen mit der erhöhten Datenkapazität nicht nur die genannten Vermarktungs-chancen, sondern auch das Bedrohungspotenzial im Hinblick auf die unerlaubte Verwendung urheberrecht-lich geschützter Inhalte nimmt zu.
268 5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
bedingt auch Online-Tauschbörsen eignen. Die zukünftige Entwicklung stationärer und
mobiler Portale wird weiterhin von Konvergenzprozessen bestimmt werden, d.h., die einzel-
nen Online-Systeme werden sich zu umfangreichen Multi-Access-Portalen entwickeln, die
sowohl Funktionen und Inhalte des Internet als auch des Mobilfunks und des Fernsehens
miteinander kombinieren werden. Der Aufbau derartiger Vermarktungsplattformen und die
Weiterentwicklung der dafür benötigten Technologien stehen allerdings noch am Anfang und
werden mittelfristig sowohl bei Musikprodukten als auch bei anderen digitalen Produkten wie
Filme/Videos, Software etc. nicht zu einer Ablösung der klassischen physischen Distri-
butionskanäle führen. Dazu äußerte sich auch schon Buhse (2001) in Zusammenhang mit der
Technologieentwicklung und der netzbasierten Distribution digitaler Musik: Die Entwicklung
der Technologien befinden sich noch im Anfangsstadium, „...daher kann trotz steigender
Bandbreiten, effizienter Kompressionsalgorithmen und innovativer Speichertechnologie
[angenommen] werden, dass mittelfristig nicht von einer vollständigen und radikalten
Ablösung der traditionellen Distributionskanäle ausgegangen werden kann“.914
Im Hinblick auf die zukünftigen Gestaltungsanforderungen wurde in Abschnitt 4.3.3.3
deutlich, dass sowohl digitale Produkte als auch das Leistungsangebot insgesamt bestimmten
wertgenerierenden Merkmalen unterliegen sollten, um sich vom Wettbewerb zu differenzie-
ren. Die damit verbundene Wertsteigerung führt im Zusammenhang mit den aufgezeigten
Innovationspotenzialen zu einer zunehmenden nutzerbedingten Substitution physischer durch
digitale Produkte. Darüber hinaus sind aber auch Online-Anbieter, die ihre Produkte bereits
digitalisiert haben, von einer digitalen Substitutionsgefahr und damit von Konkurrenten
innerhalb des Online-Marktes digitaler Produkte bedroht. Auch auf die verbesserten
Möglichkeiten der Anwendung von Produktdifferenzierungs- und Produktindividua-
lisierungsstrategien wurde bereits an mehreren Stellen hingewiesen. An dieser Stelle sollte
dennoch erwähnt werden, dass ein Online-Angebot digitaler Produkte grundsätzlich in
Echtzeit den individuellen Bedürfnissen angepasst werden kann. Das bedeutet, dass nicht nur
eine Personalisierung des Angebotes im Sinne eines oben erwähnten Databased Online
Marketing automatisiert wird, sondern auch das Leistungsangebot als solches einem
veränderten Käuferverhalten bzw. den veränderten Marktbedingungen ständig angepasst
werden kann.
Die Online-Produktpolitik digitaler Produkte erfordert zudem eine zielgruppenspezifische und
wettbewerbsstrategische Markenbildung und -positionierung. Zum einen wirkt diese dem
fehlenden Vertrauen und der oftmals auch fehlenden Orientierung im „Cyberspace“ entgegen,
was zu einer stärker auf den Nutzer ausgerichteten Markenpositionierung führt und demnach
zu einer Reduzierung der Unsicherheit sowie einer stärkeren Bindung des Kunden an ein
914 Buhse (2001), S.384.
5.1 Der Online Marketingprozess digitaler Produkte 269
Leistungsangebot. Zum anderen können sich Online-Anbieter mit einer starken Marke
besonders innerhalb einer virtuellen Markenstrategie stärker vom Wettbewerber differen-
zieren, die Markenpolitik wird damit zu einem strategischen Erfolgsfaktor.
Im Zusammenhang mit der Online-Kommunikationspolitik wurde deutlich, dass sich digitale
Produkte in Zukunft als zusätzliche kontextbezogene wertschaffende Elemente innerhalb von
Instrumenten der stationären und mobilen Online-Werbung integrieren lassen. Instrumente
der Online-Werbung tragen zudem im Wesentlichen zur Vermarktung digitaler Produkte bei,
indem sie, im Gegensatz zu der Online-Vermarktung physischer Produkte, diese auch
teilweise mit transferieren können. Die Bedeutung des Einsatzes von Instrumenten der
Online-Werbung wird im Zusammenhang mit digitalen Produkten deshalb noch deutlich
erhöht werden.
Wie in Abschnitt 4.3.5 verdeutlicht wurde, erfordert die Etablierung von Geschäftsprozessen
digitaler Produkte in Zukunft eine stärkere Gewichtung von transaktionsabhängigen direkten
Erlösmodellen sowie die Einführung von integrierten elektronischen Zahlungssystemen,
welche die netzbasierten Vermarktungsprozesse vollständig unterstützen. Erst die medien-
bruchfreie Abwicklung durch software- und hardwarebasierende Zahlungsmittel (z.B. Internet
Cash, Handy-gestützte Abrechnungsverfahren) führt zu einer durch Vollautomatisierung und
niedrige Transaktionskosten gekennzeichneten Abrechnung von Kleinstbeträgen und damit zu
wirtschaftlich tragfähigen Erlösmodellen. Damit verbunden stehen die strategischen Ansätze
der Preisdifferenzierung und der Preisbündelung. Aufgrund der Eigenschaften digitaler
Produkte und der damit verbundenen automatisierten und kostengünstigen Veränderbarkeit ist
es möglich, ein digitales Produkt in Echtzeit an verschiedene Nachfrager und zu unterschied-
lichen kundenindividuellen Preisen zu vermarkten. Durch die anbieter- und kundenseitige
Preisdifferenzierung können somit die unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften der
Konsumenten gewinnbringend abgeschöpft werden. Zudem wurde deutlich, dass die
Preispolitik digitaler Produkte zukünftig auch von einer nachfrageorientierten Preisbündelung
mitbestimmt wird, d.h., Teilprodukte können quasi just in time zu einem Gesamtprodukt
gebündelt und zielgruppengerecht abgesetzt werden. Die weitere Entwicklung eines Online-
Markets digitaler Produkte erfordert zudem die produktspezifische Festsetzung gewinnopti-
maler Preise, die sich aufgrund der gezeigten abnehmerorientierten Preisstrategien an der
Zahlungsbereitschaft der Kunden orientieren (z.B. Einführung von Premiumangeboten).
Die Etablierung von Geschäftsmodellen digitaler Produkte setzt zudem die Beseitigung von
nutzer- und anbieterseitigen Restriktionen und damit von Barrieren voraus, die den Online-
Handel digitaler Produkte derzeit noch behindern. Innerhalb der in Abschnitt 4.4.3 zahlreich
genannten Restriktionen stehen vor allem die mit der illegalen Verwendung digitaler Produkte
in Verbindung stehenden rechtlichen Regelungen des Urheberrechts im Mittelpunkt der
Betrachtungen. Die branchenübergreifenden rechtlichen Regelungen und Vereinbarungen für
270 5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
die Verwertung digitaler Inhalte werden auch als „Kernstück“ der zukünftigen Vermarkt-
ungsaktivitäten digitaler Produkte bezeichnet915 und müssen daher in besonderer Weise an die
sich weiter verändernden Marktbedingungen angepasst werden. Die Frage nach dem visuellen
Eigentum betrifft längst nicht mehr nur einzelne Unternehmen, sondern stellt sich eher als ein
zentrales Problem dieses Jahrzehnts dar.916 Die betroffenen Unternehmen stehen dabei in
einem bereits in Abschnitt 4.4.3.2 aufgezeigten noch nicht gelösten Dilemma. Neben dem
wirtschaftlichen Schaden führt die Dimension des „Alles-jederzeit-umsonst-Verfügbaren“917
zu einer weiter fortschreitenden Entwertung digitaler Inhalte wie Musik, Filme, Software etc.
Zudem sind Geschäftsmodelle, die auf Bezahlinhalten basieren, am Markt nur bedingt
durchsetzbar, solange im Internet die gleichen Inhalte auch umsonst zur Verfügung stehen.
Auf der anderen Seite führt ein härteres Vorgehen gegen die illegale Verwendung gleichzeitig
auch zu einem härteren Vorgehen gegen die eigenen potenziellen Zielgruppen. Die Folge ist
ein Image- und ein Vertrauensverlust für die Unternehmen, die sich z.B. an den derzeitigen
Klagewellen der Musikindustrie beteiligen.
5.1.4 Marketing-Controlling-Ebene
Die Ausführungen in Abschnitt 4.4.2 haben zudem die Wichtigkeit und Dringlichkeit der
Anwendung des Marketing-Controlling innerhalb der netzbasierten Vermarktung digitaler
Produkte verdeutlicht. Zum einen müssen Online-Systeme digitaler Produkte nach wirtschaft-
lichen Kriterien analysiert und bewertet werden. Zum anderen lassen sich auch alle Online-
Marketing-Aktivitäten einer ständigen Erfolgsplanung und Erfolgskontrolle unterziehen. Erst
dann ist garantiert, dass sich die Versäumnisse der Vergangenheit in Bezug auf die fehlende
Anwendung des Marketing-Controlling im E-Business nicht wiederholen.
Die vollautomatisierten Vermarktungsprozesse eignen sich infolgedessen für eine effiziente
und effektive Abwicklung der genannten Bewertungs- und Kontrollaktivitäten und führen
darüber hinaus zu einem effektiven E-Controlling. Zudem lässt sich auch das Nachfrage-
verhalten anhand eines netzbasierten Online-Kundenmanagements sowie auf der Basis von
Nutzer- und Nutzungsprofilen, die auch Transaktionsdaten der Produktauslieferung
beinhalten, in effizienter Art und Weise steuern und überwachen. Die Profile unterstützen
dabei die Planung und Steuerung der einzelnen Marketing-Mix-Instrumente und der damit
zusammenhängenden strategischen Ansätze. Beispielweise werden zukünftig die in Abschnitt
915 Vgl. ähnlich Kröher (2003), S. 106. 916 Vgl. ähnlich o.V. (2003c) 917 Vgl. Balzli/Kerbusk/Rosenbach/Schulz (2003), S. 73.
271
4.3.2 beschriebenen Online-Distributionssysteme, basierend auf Nutzer- und Nutzungsprofi-
len, vollständig netzbasiert organisiert und gesteuert. Der Einsatz von Instrumenten des E-
Controlling dient zudem einer nachhaltigen Ergebnisrechnung, um die Profitabilität von
Online-Systemen digitaler Produkte und ein damit zusammenhängendes nachhaltiges und
wirtschaftliches Wachstum in Zukunft sicher zu stellen. Die damit einhergehende deutliche
Zunahme und Gewichtung von Informationssystemen und -prozessen innerhalb des
Marketing-Controlling führt zudem zu dem verstärkten Einsatz von „Chief Information
Officers“ (CIOs),918 die in der Lage sind, die netzbasierten Vermarktungsprozesse digitaler
Produkte zukünftig richtig zu bewerten und effektiv zu managen.
5.2 Ausblick und weiterer Forschungsbedarf
Die Ausführungen haben verdeutlicht, dass die revolutionären Entwicklungen digitaler
Produkte für große Teile der Medien- und Unterhaltungsindustrie bereits Realität geworden
sind. Auch wenn die in der Arbeit dargelegten theoretischen Ausführungen vor allem in
einem branchenspezifischen Kontext einer empirischen Überprüfung bedürfen, kann an dieser
Stelle festgehalten werden, dass durch eine weitere Diffusion und Nutzungsintensität
stationärer und mobiler Technologien sowohl die Möglichkeiten als auch die Bedrohungs-
potenziale bzw. Risiken eines erfolgsorientierten netzbasierten Vermarktungsansatzes für die
betroffenen Branchen und Unternehmen zunehmen werden. Die von den revolutionären
Entwicklungen betroffenen Unternehmen sind daher aufgefordert, sich aus betriebswirt-
schaftlicher, rechtlicher und technischer Sicht am Entwicklungsprozess eines Online-Marktes
digitaler Produkte zu beteiligen. Die innerhalb der Arbeit dargelegte Einordnung digitaler
Produkte im Online Marketing kann sowohl aus strategischer als auch aus operativ taktischer
Sicht als eine Art Hilfestellung dienen, um zukünftig das Online Marketing-Mix auf die
Anforderungen einer vollständigen Digitalisierung der Vermarktungsprozesse abzustimmen
sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken einordnen zu können.
Vor dem Hintergrund der noch bevorstehenden Investitionen in die Weiterentwicklung von
stationären und mobilen Online-Systemen und des damit zusammenhängenden Umbaus
ganzer Branchen können die dargelegten Ausführungen zum Themenkomplex „digitaler
Produkte im Online Marketing“ nur als Teil einer stärkeren und in Zukunft notwendigen
theoretischen Reflexion themenbedingter betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge betrachtet
werden.
Zu einem fundierten theoretischen Verständnis im Hinblick auf die Chancen und Risiken
gehört deshalb neben der theoretischen Reflexion auch eine stärkere Berücksichtigung der
Empirie. Die derzeit noch fehlenden empirischen Erkenntnisse lassen sich vor allem damit
918 Vgl. dazu ausführlich Link (2002).
5.2 Ausblick und weiterer Forschungsbedarf
272 5 Zusammenfassende Darstellung der Arbeit
begründen, dass aufgrund des derzeit weitestgehend noch nicht vorhandenen Online-Marktes
digitaler Produkte die Herleitung empirischer Erkenntnisse auf der Basis von umfangreichen
Datenanalyen nur begrenzt möglich ist. Mit der vorliegenden Arbeit haben wir deshalb
versucht, empirische Erhebungen durch eine theoretische Analyse der Thematik vorzu-
bereiten. Zukünftige empirische Erhebungen sollten vor allem innerhalb von ex-post
Analysen die Ziel- und Nutzergruppen im Hinblick auf ihre Zahlungsbereitschaft und ihr
allgemeines Kaufverhalten analysieren. Zudem können die Erhebungen auch nach Branchen
und Produkten durchgeführt und ausgewertet werden. Zusätzlicher Forschungsbedarf ergibt
sich aber auch aus Sicht der Unternehmenspraxis: Zum Beispiel müssen netzbasierte
Technologien wie DRMS weiterentwickelt und anwenderbezogen getestet werden. Darüber
hinaus lassen sich innerhalb der Marketing-Mix-Instrumente weitere Forschungsfelder wie
die produktbezogene Ermittlung der gewinnoptimalen Preise, die Messung von Effizienz bei
der netzbasierten Distribution oder die Optimierung der Leistungsgestaltung digitaler
Produkte identifizieren.
273
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