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(Aus der Universit~tsklinik fiir Psychiatric und Neurologie, Wien.) Das Problem des Wintersehlafes. Von Dr. tIeinrieh IJiberall. Nit 3 Textabbildungen. (Eingega.nge~ am 20. September 1933.) Ebenso alt wie das Interesse der Naturforscher fiir das PMnomen des Winterschlafes sind such die ErM~rungsversuehe fiir das Zustande- kommen desselben. Kglte und Nahrungsmangel, Labflit~t der Wiirme- regulation (Merzbacher 1), Hypofunktion der IIypophyse (Cushing und Goetsch 2) sowie eine solche der Schilddriise (Adler 3) wurden als Ursaehe des Winterschlafes angenommen. Da wir uns auf die Theorien dieser Autoren im folgenden immer Meder beziehen werden, geben wit sic bier kurz Meder. Aus der Labilitat der Warmeregulation -- wobei er allerdings nieht beriicksiehtigte, dab auBer den Wintersehl~ifern groge Gruppen yon nieht Mntersehlafenden Saugetieren ebenfalls ein mangelhaftes Wgrmeregulationsverm6gen besitzen -- sehlog Merzbacher auf eine nnvollkommene Entwicklung der W&rmezentren bei WinterseMgfern. Er verglieh sic in dieser Beziehung mit jugenddichert Tieren und erkl~rte so die besondere Disposition dieser Tiere zum Wintersehlafe. Cushing nnd Goers& ftihrten den Wintersehlaf auf eine pluriglandul~reInsuffizienz, in erster Linie abet auf eine Funktionsgnderung der Itypophyse, die saisonmgl3ig au~tritt, zurtiek. Einmal wegen der weitgehenden Analogien zwisehen dem Hypopituitarismus und dem Verhalten der Tiere im Winterschlafe, dann aber weil die Ver~nderungen an der ttypophyse: VerMeinerung des Volumens der Driise, Verlust der Acidophilie und Basophilie der Zellen der Pars anterior, bei den yon ihnen untersuchten Tieren gerade am markantesten waren. Ubrigens land such Gemelli 4 sehon viel friiher morphologisehe Ver~nde- rungen an der Hypophyse. Anf &hnliehe Befunde stiitzte L. Adler seine Theorie. [Er land in der Sehilddrfise einen KolIoidsehwund, Verlust der l~oltikelstruktur, weitgehenc[e Verkleinerung des Follikelepithels und Karyokinese der Kerne, woraus er auI eine Hypofunktion der Sehilddr~ise sehlol3. Solche VerSnderungen kamen nur stellenweise vor. Die ]~efunde wurden an Igel- und l~ledermaussehilddriisen erhoben. In Fortsetzung seiner Untersuehungen Iander, dal] unter den Extrakten versehiedener Drfisen mit innerer Sekretion nnr diejenigen aus der Sehilddriise und aus funktionell gleichgerichteten Drtisen: Hypophyse und Nebennieren den Wintersehlaf unterbreehen. Und endlieh sehloB er, aus der Wirkungslosigkeit dieser Extrakte bei gleiehzeitiger Verabreichnng yon Chinin, Ergotoxin und Anti- pyrin einerseits, aus der Wirks~mkeit tier Sehilddrtisenextraktinjektionen bei Tieren mit zerstSrtem W~rmezentrum some bei hoher Riickenmarksdurehselmeidnng 1 ~/Ierzbacher: Arch. f. Physiol. 89, 154: (1902); Zbl. Physiol. 1903, I-I. 5; Pfliigers Arch. 96, 572 (1903); 97, 569 (1903); Erg. Physiol. 3, 213 (1904). -- s Cushing and Goetsch: J. of exper. Med. 22, 25 (1915). -- 3 Adler, L.: Arch. f. exper. Path. 86, 159 (1920); 87, 406 (1920). -- Bethes Handbueh der normalen und pathologisehen Physiologie, Bd: 17, S. 105. :Berlin: Julius Springer 1926. -- Gemelli:Arch. Sei. reed. 49, 94I (i906).

Das Problem des Winterschlafes

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(Aus der Universit~tsklinik fiir Psychiatric und Neurologie, Wien.)

Das Problem des Wintersehlafes. Von

Dr. tIeinrieh IJiberall.

Nit 3 Textabbildungen.

(Eingega.nge~ am 20. September 1933.)

Ebenso alt wie das Interesse der Naturforscher fiir das P M n o m e n des Winterschlafes sind such die ErM~rungsversuehe fiir das Zustande- kommen desselben. Kgl te und Nahrungsmangel , Labfli t~t der Wiirme- regulat ion (Merzbacher 1), Hypofunk t ion der I Iypophyse (Cushing u n d Goetsch 2) sowie eine solche der Schilddriise (Adler 3) wurden als Ursaehe des Winterschlafes angenommen.

Da wir uns auf die Theorien dieser Autoren im folgenden immer Meder beziehen werden, geben wit sic bier kurz Meder. Aus der Labilitat der Warmeregulation -- wobei er allerdings nieht beriicksiehtigte, dab auBer den Wintersehl~ifern groge Gruppen yon nieht Mntersehlafenden Saugetieren ebenfalls ein mangelhaftes Wgrmeregulationsverm6gen besitzen -- sehlog Merzbacher auf eine nnvollkommene Entwicklung der W&rmezentren bei WinterseMgfern. Er verglieh sic in dieser Beziehung mit jugenddichert Tieren und erkl~rte so die besondere Disposition dieser Tiere zum Wintersehlafe. Cushing nnd Goers& ftihrten den Wintersehlaf auf eine pluriglandul~re Insuffizienz, in erster Linie abet auf eine Funktionsgnderung der Itypophyse, die saisonmgl3ig au~tritt, zurtiek. Einmal wegen der weitgehenden Analogien zwisehen dem Hypopituitarismus und dem Verhalten der Tiere im Winterschlafe, dann aber weil die Ver~nderungen an der ttypophyse: VerMeinerung des Volumens der Driise, Verlust der Acidophilie und Basophilie der Zellen der Pars anterior, bei den yon ihnen untersuchten Tieren gerade am markantesten waren. Ubrigens land such Gemelli 4 sehon viel friiher morphologisehe Ver~nde- rungen an der Hypophyse. Anf &hnliehe Befunde stiitzte L. Adler seine Theorie. [Er land in der Sehilddrfise einen KolIoidsehwund, Verlust der l~oltikelstruktur, weitgehenc[e Verkleinerung des Follikelepithels und Karyokinese der Kerne, woraus er auI eine Hypofunktion der Sehilddr~ise sehlol3. Solche VerSnderungen kamen nur stellenweise vor. Die ]~efunde wurden an Igel- und l~ledermaussehilddriisen erhoben. In Fortsetzung seiner Untersuehungen Iander, dal] unter den Extrakten versehiedener Drfisen mit innerer Sekretion nnr diejenigen aus der Sehilddriise und aus funktionell gleichgerichteten Drtisen: Hypophyse und Nebennieren den Wintersehlaf unterbreehen. Und endlieh sehloB er, aus der Wirkungslosigkeit dieser Extrakte bei gleiehzeitiger Verabreichnng yon Chinin, Ergotoxin und Anti- pyrin einerseits, aus der Wirks~mkeit tier Sehilddrtisenextraktinjektionen bei Tieren mit zerstSrtem W~rmezentrum some bei hoher Riickenmarksdurehselmeidnng

1 ~/Ierzbacher: Arch. f. Physiol. 89, 154: (1902); Zbl. Physiol. 1903, I-I. 5; Pfliigers Arch. 96, 572 (1903); 97, 569 (1903); Erg. Physiol. 3, 213 (1904). - - s Cushing and Goetsch: J. of exper. Med. 22, 25 (1915). - - 3 Adler, L.: Arch. f. exper. Path. 86, 159 (1920); 87, 406 (1920). -- Bethes Handbueh der normalen und pathologisehen Physiologie, Bd: 17, S. 105. :Berlin: Julius Springer 1926. - -

Gemelli:Arch. Sei. reed. 49, 94I (i906).

]:)as Problem des Winterschlafes. 79

andererseits, auf einen rein peripheren Angriffspunkt &or wirksamen Stoffe i n seinem Experiment.

Adlers experimentellen Ergebnissen entsprach also sine morphologiseh naehweisbare Sehilddrfisenatrophie im Winterschlafe und mit unseren experimentell und an myx6demat6sen gewonnenen Erfahrungen fiber die Temperatursenkung und Einschrs des Stoffwechsels standen im scheinbaren Einklang analoge Erscheinungen im Winterschlaf. Dies waren aueh die Hauptgrfinde der fast widerspruchslosen Annahme seiner Theorie durch sp/itere Autoren, womit zun/s das Problem des Winter- schlafes gel6st zu sein schien. Dies, obwohl bei kritischer Betrachtung eine Reihe yon tells prinzipiellen Einw/inden, tells solehen, die sich auf die Versuchstechnik beziehen, berechtigt sind. M a n n ~, der an einer Reihe endokriner Driisen im Winterschlafe Ver/~nderungen land, ver- miSte solche gerade an der Schilddrfise. Er lehnt eine endokrine Ursache des Winterschlafes ab. Zondek 2 konnte mit Ext rak ten ganz verschiedener Organe Wintersehl/~fer wecken und h/~lt daher die Weckwirkung der Ext rakte ffir unspezifisch und dutch h6here Temperatur der Injektions- fliissigkeit bedingt. Wir selbst glauben, da$ die yon Adler in seinen Weckversuchen verwendeten Schilddrfisenextraktdosen (1,0 ccm ffir einen h6chstens 1 kg schweren Igel) vie1 zu hoeh sind um spezifisch wirksam zu sein. Solche Dosen besitzen dutch pl6tzhche Anfachung des Stoff- wechsels eine StoSwirkung und fiihren auf diese Weise zum Erwachen. Denn den physiologisehen Verhs entsprechende Dosen scheinen nach unseren Beobaehtungen keine Weckwirkung zu besitzen. Auch schlafen die mit Schilddrfisenextrakten geweckten Tiere bereits naeh einigen Stunden wieder ein, was im Gegensatz zu den sonstigen Er- fahrungen fiber die lange Nachwirkung der Verabreiehung der Thyreoidea steht. Adler deutet seine Ergebnisse im Sinne einer rein peripheren Wirkung des Thyreoideahormons. Abgesehen davon, da$ der Angriffs- l~unkt desselben ein heute noch umstrittenes Problem ist, miiSte man die Riehtigkeit dieser Annahme vorausgesetzt, Abweiehungen im Stoffwechsel der peripheren Gewebe der Wintersehls linden. W . F l e i s c h m a n n a unter- nahm solche Versuche in vitro, sie fielen jedoch negativ aus. Dagegen lassen sieh ffir die Bedeutung des Zentralnervensystems beim Zustande- kommen des Winterschlafes eine Reihe yon Tatsaehen anftihren. Poetzl und H o f f 4 konnten dureh Zerst6rung der Gegend des Schlafzentrums bei Igeln den Eintr i t t des Winterschlafes verhindern. Dubois 5 verhinderte das Erwachen aus dem Wintersehlafe dutch Zerst6rung des Mittelhirns. Auch sind saisonm/~l]ige Ver/inderungen am Zentralnervensystem ange- sichts der eingreifenden Ver/~nderungen am fibrigen Organismus (Anlegung

Mann: Amer. g. Physiol. 61, 173 (1916). - - 2 Zondek: Klin. Wschr. 8, 1529 (1924). - - a Fleischmann, W.: Pflfigers Arch. 222, 541 (1929). - - 4 Poetzl u. Ho]]: Verein f. Psychiatr. u. Neurol. Wien, Sitzg. v. 24. Juni 1930. -- 5 Dubois: C.r. Soc. Biol. Paris 47, 149, 814, 830(1895); 53, 229, 231 (1901); Ann. des l'Univ. de Lyon Paris (1896).

80 Heinrich Uiberall:

groper Fettdepots, morphologische Veri~nderungen an zahlreichen inneren Organen, insbesondere an endokrinen Driisen s. oben) als wahrseheinlieh anzunehmen. Ferner ffihrt uns die Kfirze des Erwachens aus dem Winter- schlafe die Bedeutung des Zentralnervensystems prggnant vor Augen. Unter Steigerung der Puls- und Atemfrequenz und seiner KSrper- temperatur um 30 und mehr Grade wird ein Winterschls binnen 1--2 Stunden waeh. Angesichts dieser Tatsache kann man sich mit dem Gedanken an eine einzelne endokrine Drfise als Ursache dieses Vorganges schwerlich befreunden (Gofer 1).

Auf Grund dieser Uberlegungen trachteten wir das hier angeschnittene Problem zu kl~ren, einerseits dureh Nachprfifung der Theorie Adlers als der am meisten akzeptierten, andererseits versuchten wir unsere Beobachtungen an Winterschlgfern, die unter mSglichst physiologisehen Bedingungen gehalten wurden, in Einklang mit unseren derzeitigen Kenntnissen vom Schlaf im allgemeinen und der Bedeutung des Zentral- nervensystems dabei zu bringen, und uns auf diese Weise eine Klarheit fiber das Zustandekommen des Winterschlafes zu verschaffen. Da die morphologischen Beobaehtungen Adlers an Sehilddrfisen wintersehla- fender Tiere inkonstant waren (s. auch Mann), haben wit sie nieht nach- geprfift und besehr~nkten uns nur auf die biologische Uberprfifung der Frage und zwar: durch a) Untersuehung der Wirkung yon aus winter- sehlafenden und Sommerigeln gewonnenen Thyreoideaextrakten auf den Wintersehlaf selbst, b) dureh vergleichende Jodbestimmungen, e) ver- gleiehende Reid-Huntsche Reaktionen, d) dureh Verwertung der Stoff- wechselbefunde als Indikator der Sehilddrfisenfunktion, e) Studium der Wirkung der Thyreoideaffitterung, sowie f) der Thyreoideaexstirpation auf den Wintersehtaf. Itier sehon mSchten wir vorwegnehmen, dai~ wir auf Grund unserer Ergebnisse die Adlersche Theorie verlassen haben und eher annehmen mSehten~ da~ die letzte Ursache des Zustande- kommens des Winterschlafes im Zentralnervensystem zu suchen ist. Der Wintersehlaf scheint naeh unseren Ergebnissen ein zentralnervSs regulierter Vorgang zu sein, der so viele Beriihrungspunkte mit dem gewShnliehen Schlaf aufweist, dal~ er ffiglich als eine Abart desselben betrachtet werden kann.

Vergleichende Weclcversuche mit aus wachen und winterschlafenden Igeln gewonnenen Thyreoideaextrakten.

In der folgenden Versuchsreihe vergliehen wir die Weckwirkung der im Sommer gewonnenen Extrakte aus Igelsehflddrfisen mit solchen, die aus Schilddrfisen winterschlafender Tiere hergestellt wurden. Es handelte sich um w~sserige Extrakte, die in gleicher Weise wie die Ex- trakte ffir Reid-Huntsche Reaktionen hergestellt wurden (s. unten). Da

1 Gofer: Biol. l~ev. ~, ~. 3, 213 (1930).

])us Problem des Win~ersehlales. 81

l e t z t e re ein pos i t ives E r -

gebn is z e i t i g t e n , war

dies zug le i ch ein Bewe i s

daffir , dab die y o n uns v e r w e n d e t e n E x t r a k t e tats~Lchlich Schi lddrf i - s e n h o r m o n enthielten. 2 W i t g l ~ u b t e n d u r c h ~

V e r w e n d u n g y o n Igel- v e x t r g k t e n e iner R e i h e :=

y o n E i n w s wie Wi k g t f d die r un ~r re in en

EiweiBes (obwohl d~s :~

y o n Adler in se inen ~ W e c k v e r s u e h e n ve t - 2 w e n d e t e T h y r e o g i a n d o l "~ e iwei~fre i ist), Vie lhe i t de r T h y r e o i d e a h o r m o n e

u n d M6gl ichke i t de r V~r i~bi l i t~ t de r se lben | y o n e iner T i e r a r t zu r E

E a n d e r e n usw. aus d e m r

W e g e zu gehen .

Um m6glichst gleich- m&flige Versuchsbedingun- gen zu erzielen, warden die zum Versuche verwendeten Tiere in einem Kellerraum, 0~ dessen Temper~tur nur zwischen ~ 1 ~ und ~- 4 o C o sehw~nkte, eine Woche vor :~ dem ~eginn der Versuehe ~: isoliert und d~selbst w~h- rend der ganzen Versuehs- duuer gehalten. Die In- jektionen folgten, um eine .~ v eventuelle Kumulierung zu vermeiden, in Abst~tnden yon je 5 Tugen (am 10. 15. and 20. 1. 33) einander. ~> Verwendet warden sechs ziemlieh gleich grol]e Tiere yon einem Gewieht yon 530--650 g, yon denen gleichzeitig je zwei gleich groBe steigende Mengen Sommerschilddrfisen, resp. Winterschilddrfisenextrukt

.0 ~

~ ~ ~ .

~-~ ~ .

~ ~ ~ Pf l i i ge r s A r c h i v f. d, ges. P h y s i o l . Bd , 234. 6

8~ IIeim-ich Uiberall:

und zwei welters als Kontrolle vorgekfihlte physiologische KochsalzlSsung injiziert bekamen. Zur Kerstellung der Extrakte wurden sieben Igeln, die insgesamt 5,650 kg wogen, in cler Zeit yon 28.8.32 bis 2.9. 32 Schilddrfisen steril en~nommen un4 ohne Anwendung der Willst•ttersehen Entfettung, wie fiir Reid-Huntsehe l~eak- tionen extrahiert. Wir gewannen auf 4iese Weiss 8,5 cem Extrakt, so dab 1,5 ccm dieses Extraktes 1 kg Lebendgewicht Igel entsprach. Der Extrakt wurde durch Zusatz yon 1/2%igem Trikresol konserviert. In 4er Zeit yon 2. bis 5.1.33 wurden auf genau die gleiche Weise aus neun winterschlafenden Igeln (entsprechend dem re4uzierten Gewicht im Winter benStigten wir mehr Tiers) analoge Mengen Sehil4- 4rfisenextrakt hergestellt.

Zwei Dings fallen bei 4er ~berprfifung obiger Tabelle auf. Erstens die hohe Dosis, mit welsher man die Tiers weeken kann. Wir glauben ihr in unseren Ver- suehen ganz nahe gekommen zu sein, konnten sis jedoeh wegen ~Iangel an genfigenden Mengen Extrakt nicht genau eruieren. Jedenfalls liegt sis knapp fiber 2,5 ccm Extrakt, was 1,60 kg Lebendgewicht entspricht un4 auf unsere etwa 0,50 kg zur Zeit 4es Versuehes wiegen4en Tiers bezogen, der Einverleibung einer 4reifachen ~enge 4er gesam~en Igelsehild4rfise auf einmal gleichkommt. Wir glauben darin sine Bests unserer eingangs erhobenen Zwei~el, beziiglich cler Wirksamkeit der Sehilddrfise im Weekversuche in physiologisehen ~engen gefunden zu haben. Einen wesentliehen Untersehie4 in der Weckwirkung yon Winter- un4 Sommer- sehilddrfisenextrakten konnten wir nicht linden, mSglieherweise ist der Extrakt aus Sommersehilddrfisen etwas wirksamer; wir konnten in einem F~lle sehon bei 1,5 ccm Sommerextrakt 250 KSrpertemperatur messen, was beim Winterextrakt nieht der Fall war. Ebenso konnte sin Tier mit 2,5 ecru Sommerextrakt roll erweekt warden, w~hren4 in der Versuehsreihe mit Winterextrak~ sin Tier sieh zwar auf- rollte und bewegte, doeh immer noeh bei 260 torporOs war. ~ag sein, 4uI~ die Wirksamkeit der Winterextrakte etwas geringer ist, jedoch merkt man auch bei den letzteren bei 2,5 ccm eine deutliche Weckwirkung. Sehliei~lieh mu~ m~n sich vor Augen halten, 4al~ 4iese :Extrakte aus Sehilddriisell yon Tieren stammen, 4is fiber 2 ~onate gehungert haben und 4emnaeh schon aus diesem Grunde einiger- mal~en weniger wirksam sein konnten.

E inen wesentl ichen Unterschied in der Wirksamkei t unserer Sommer- und Winte rex t rak te konn t en wir demnach nicht l inden. Trotzdem mSchten wir die Ergebnisse dieser Versuehsreihe nur im Zusammenha l t mi t den i ibrigen Beobachtungen verwerten; dies schon mi t Rfieksicht darauf, dal~ wir aus Mangel an Material zu keinen genfigend exakten Resu l ta ten in dieser Versuchsreihe gelangen konnten .

Vergleichende Jodbe~timmungen und Acetonitrilproben 1.

I m ~olgenden geben wir tabel]arisch zusammengefal] t die Ergebnisse vergleichender Jodbes t immungen nach v. Fellenberg 2 und Acetonitrfl- proben nach Reid-Hunt 3 wieder. Die Unte r suchungen erstreekten sich

1 Die Jodbestimmungen wur4en yore ~errn Assistenten Dr. F. Rappaport, die Acetoni~rilproben yore I-Ierrn Assisten~n Dr. F. Gottdenker vom Wiener Universit~ts- institu~ fiir aUgemeine und experimentelle Pathologie durchgeffihrt. Beiden tterren sei hier der verbindliehste Dank hierffir ausgesproehen.

v. Eellenberg: Z. Biochem. 189, 371 (1923); 152, 116 (1924); 174, 355 (1926); Erg. Physiol. 25, 178 (1926). - - s Zusammenfassend fiber Reid.Hunt*~ethode in HeHters ttandbueh der l~harmakologie, Bd. 2. Berlin: Julius Springer 1924. Sowie ~%hlttenhelm unc lE islet: Z. exper, lV[ed. 86, 275, 368 (1933).

D~s Problem des Winterschl~fes. 83

auf Schflddri isen, Leber und Muskeln, w~hrend wir das Blur das re la t iv den kons t an t e s t en god- geha l t aufweist , wegen zu geringerMengen nicht

ve rwenden konnten . Es wurden in gleicher Weise St i icke der oben angef i ihr ten Organe im W i n t e r und im Sommer vera rbe i te t .

Tcchnisehe Bemerkun- gen. Die Jo4bes~immungen wurden n~cht'ellenberg ~us- gefiihrt, wobei kleinere ~o- difikatio~en n~eh Fellen- berg und Packer sowie Sche//cr ~ngebmcht wur- den. Zum Schlusse wurden die Werte kolorimetrisch nach lVellenberg bestimmL In manehen Fi~llen wurden zur Kontrolle 4oppelte Be- stimmungen ausgefiihrt. Zu der Durchfiihrung 4er Reid-Huntschen Aeetoni- trilreaktion wurden die Ge- websstiickchen (verwendet wurden B~uch und Ex~re- mit&tenmuskulatur nach mSglichster Befreiung yon ~et t undLeber) mit Quarz- sand zerrieben und mi$ X/~on ~a~ronl~uge extra- bierS. Naeh scharfem Ab- zen~rifugieren wurde die iibers~ehende Fitissigkei~ abpipettiort und fil~rierL ])as l?iltra~ wurde so ein- geengt, dab sehlieBlich ]ecru Extrak$ 1 g Gewebe en~sprach. Vor der ~er- stellung 4er Schilddriisen- extmkte wurden die ex- stirpierten Schilddriisen vorerst n~ch Wills~tter e n t f e t ~ . (Extraktion je 2~ Stunden der Reihe n~ch mit Aceton, J~ther

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6*

84 Heinrieh Uiberalh

Tabelle 3. P rozen tue l l e r T rockenr i i cks t and der Gewebe.

S o m m e r t i e r e [ ~Vinterschlafende Tiere - [ Trocken- D u r c h - T rocken -

Tier ~ rf ick- [ s chn i t t s - Tier O r g a n rfick- D u r e h s e h n i t t s w e r t Nr. Organ stand wert I N r . stand in %

in % in % [ ] in %

10

11

12 1O 11 12 10 11 12

Thyre- oidea

Leber

Muskel

I

I 20,14

14,24

2 53 / 27,23 26,63 ~ 24,I2 / 25,1 26,69

i

17,9

25,73

25,30

13 Thyre- oidea

14 ,,

15 ,,

1413 LeiTer 15 13 I Muskel 14 ,, 15 ,, i

21,84

23,75

23,53 26,52 26,85 27,96 29,41 27,62 27,73

23,04% (Demnaeh Zunahme des

Trockenrfickstandes gegen- fiber Sommer um 34,03 %)

I 27,11% (Demnach Zun~hme des

[Trockenrfickstandes gegen- J fiber Sommer 5,36%) / / 28,25 %

, ~ (Demnach Zunahme aes [ [Trockenrfickstandes gegen- :'fiber Sommer um 11,66 %)

Tabelle 4. Vergleiehende Ergebnisse der Reid-Huntschen Reak t ion im Sommer und im Wintersehlaf .

Tier [- Zeit Nr.

(12. 1.33) 7a ,

t~eid-Hunlsehe R e a k t i e n d u r e h g e f i i h r t m i t L e b e r e x t r a k t , M u s k e l e x t r a k t u n d S c h i l d d r f i s e n e x t r a k t e n

Sehi ld- drf isen- extrakt

0,5 %

Schi ld- dr i isen- e x t r a k t

1,0 %

Sommer 1932 negativ z positiv 1 (?) (22. 8.32) negativ negativ

negativ negativ Winter 32/33 negativ negativ

negativ negativ negativ positiv (2)

Sehi ld- dr i lsen- e x t r a k t

1,5 %

positiv z positiv positiv negativ

positiv (?) positiv (?)

Lebe r - e x t r a k t

2%

negativ negativ negativ nega$iv negativ neg~tiv

~{uskel- e x t r a k t

2%

negativ negativ negativ negativ negativ negativ

+ Aceton, Xther.) Lufttrocknen der gepulverten Riickst~nde, gerstellung von Extraktverdfinnungen in 1/10 n I~atronlange: 1,5%, 1%, 0,5%. Diese Extrakte wurden etwa 15 g schweren m/~nnlichen Ms die li~ngere Zeit nur mit ]=[afer geffittert wurden, an drei aufeinanderfolgenden Tagen subcutan injiziert; es wurden 0,75 Extrakt pro iKaus nnd Tag gegeben. 5 Stunden nach der letzten Extrakt- einspritzung wfirde mit Acetonitril vergiftet. Die Miiuse erhielten 2/2, s/2, 4/2 der vorher ermittelten Letaldosis fiir Acetonitril. Die Versuehsergebnisse wurden 24 Stunden nach der Vergiftung abgelesen.

Die kritische Beurteilung der hier wiedergegebenen Resul ta te setzt eine Ste]lungnahme zu einigen einschl/~gigen Fragen voraus, wobei das im folgenden Gesagte sowohl ffir Jod wie ftir die Acetonitr i lproben gelten

1 1Yegutiv: nur die Dosis letalis wurde ertragen. Als positiv wurden alle jene Befunde bewertet, bei denen die doppelte letale Dosis, als positiv mit ?, bei denen die 11/2 letale Dosis ertragen wurde. Bei der Herstellung der Schilddriisen- extrakte wurde die WiUstgttersehe Entfettungsmethode angewendet, bei Leber- und l~uskelextrakten nieht. Im Gegensatz zu den 0,5--1,5%igen Sehilddrfisen- extrakten sind die Leber- un4 Muskelextrakte durchwegs 2%ig.

])as Problem des Winterschlafes. 85

sell. Die in der Literatur immer wieder vorzufindenden ][nkongruenzen zwisehen zahlenm~Bigen Jodbefunden und Sehilddr/isenfunktion deuten darauf hin, daB solche Befunde eher fiir die Beurteflung des Jodstoff- wechsels im allgemeinen zu werten sind, soferrL nieht ganz gleiehe Ver- suchsbedingungen vorliegen. In unserem speziellen FMle muB man sich aber die Verschiedenheit dieser Bedingungen : einerseits hungernde winter- sehlafende Tiere, anderseits Sommertiere vergegenw~rtigen. Trotzdem geben wir die Ergebnisse unserer Jodbest immungen hier wieder, da solche trotz oben angefiihrter Gegengrfinde vielfaeh noch immer zur Beurteilung der Thyreoideafunktion herangezogen werden, welchem Um- stande wir Rechnung tragen wollen. DaB wir aber unsere Resultate mit groBer Reserve deuten m6chten, ergib t sich aus Obigem. W/~hrend im allgemeinen bei Tieren hShere godwerte im Sommer beobaehtet werden (Seiclel und Fenger 1, Kendall und Simonsen 2) fanden wir in nnseren Bestimmungen ein, wenn aueh geringes Plus an Jod bei Winter- tieren. Zum Tell ist diese merkwfirdige Tatsaehe auf eine Wasserver- armung des TierkSrpers im Wintersehlafe zurfickzufiihren, da die winter- schlafenden Tiere wochenlang keine Fliissigkeit aufnehmen, solehe aber dureh Verdunstung und eine, wenn aueh reeht geringe Harnsekretion, verlieren. Dadurch werden die absoluten Jodwerte scheinbar grSBer. Der ziffernm~Bigen Errechnung dieser Fehlerquelle dient unsere Tabelle 3. Aber aueh naeh dieser Korrektur, d .h . bezogen nur auf die Troekensub- stanz ist der Jodgehalt der Organe im Winter etwas hSher als im Sommer. Restlos konnten wir die Tatsache Dicht kl/iren und vermuten nur, dab im t terbst nebst anderen auch Jodreserven gespeichert werden, die dann im Winter beim darniederliegenden Stoffwechsel nieht aufgebraucht werden. Dagegen ist eine ParMlele zwisehen Saisonschwankungen bei nicht wintersehlafenden Tieren, wie sie Reid-Hunt u. a. fanden und Winter- schlafern im Ausfa]l der Acetonitrilproben vorhanden. Doch bezieht sich dies nut auf Acetonitrilproben unter Verwendung der Schflddr/isen- extrakte, da bei dem zu geringen Jodgehalt des peripheren Gewebes sieh das Aeetonitrilverfahren hier als unw~rksam erwiesen hat.

Kritische Beurteilung der Ergebnisse der Stoffwechseluntersuchungen im Winterschlafe als Indikator der Schilddri~senfunktion.

Die Abh~ngigkeit des Stoffwechsels veto enc!okrinen Apparat, die so welt geht, dab wir den Energiestoffwechsel als Indikator fiir die Funktion der Driisen mit innerer Sekretion, speziell der Thyreoidea beniitzen, erlaubt uns gewisse Schliisse zu ziehen. Die weitgehende Einschr~nkung der Stoffwechselvorg~nge im Winter- sehlafe bildet auf den ersten Blick eine Analogie zum Verhalten des Stoffwechsels bei Insuffizienz des endokrinen Apparates und es zogen tats~chlich Cushing und GStsch diesbezfigliche Vergleiche zwischen dem Symptomenkomplex des I~Iypopituita- rismus und dem Verhalten der winterschlafenden Tiere. Auch Adler bediente sich ahnlicher Analogien zur Stiitzung seiner Theorie. Es liegen sehr viele und in ihren

1 Seidel and Fenger: J. of biol. Chem. 18, 517 (1913); Hyg. Labor. U.S.P.K.S. Bull. 96, 67 (1914). - - u Kendall and Simonsen: J. of biol. Chem. 80, 357 (1928).

86 Heinrieh Uiberalh

t~esultaten gut fibereinstimmende S$offwechseluntersuchungen zahlreicher Autoren bereits vor, so dal3 wir auf eigene verzichten zu kSnnen glauben und wir fiihren im folgenden die wichtigsten derselben und sich nur auf Igeln beziehenclen tabellarisch an, um die in Betraeht kommenden Gr6Ben4ifferenzen zu veranschaulichen.

Tabelle 5. Verg le ich der r e s p i r a t o r i s c h e n GrSgen des Ige l s im wachen Z u s t a n d und im Win t e r s ch l a f . (Nach lgagail.)

Autor Zustand des Tieres

Valentin 2 . . . . wach ' Sehlaf

Pembrey . . . . . waeh Schlaf

2~agai . . . . . . : waeh i Schlaf

, O ~ ]iittlerer

Wert pro Tier und Std.

962,2 52,4

998,0 116,3

1527,0 36,6

co= NIittlerer

Wer~ pro Tier und Std.

687,5 33,5

800,0 62,9

1210,8 22,6

CO~

Nittlerer Wert

0,71 0,64 0,8 0,54 0,79 0,61

Der Stoffwechsel er le idet im Winte rsch la f sowohI in quan t i t a t i ve r Ms auch in quMita t iver Beziehung wei tgehende Ver/~nderungen. Quan~i- t a t iv , im Sinne einer Einsehr/~nkung durchschni t t l ieh auf e twa 6% O 3 nnd 4,4% C0s gegenfiber dem Wachzus t and , eine Herabse t zung also, wie wir sie un te r keinen sonstigen Bedingungen be im I t o m o i o t h e r m e n vorf inden und auch durch v611igen Ausfa]l einer oder mehrerer endokr iner Dri isen n ich t erkl/~ren k6nnen.

Die quali~a~iven Vergnderungen k o m m e n a m pr 'ggnantes ten in den enorm niedrigen R Q. im Win te r seh la f zum Ausdruck , eine Erscheinung, die Grafe ~ du tch physikMisehe F a k t o r e n zu erkl/~ren versucht , w/~hrend _~agai sie als eine unvollst/~ndige SpMtung des EiweiBes und F e t t e s deu te t .

Die Fak to ren , die naeh unseren bisherigen Vors te l lungen vom Win te r - sehlafe ffir die enorme Stoffweehselerniedrigung veran tworf l ich zu maehen w/~ren, s ind: Insuffizienz des endokr inen Appara tes , in ersger Linie Sehilddriise und Hypophyse , Nahrungsmange l und t iefer Sehlaf. Bis auf den legzterw/~hnten bewirk t j eder dieser F a k t o r e n eine Einsehr / inkung der Gesamtca lo r i enproduk t ion u m h6ehstens e twa 20%. Die diesbeziig- liehe W i r k u n g des t iefen Sehlafes is t n ich t sicher und erre icht jeden- falls n ieht dieses Mal3. Die Stoffwechseleinsehr/~nkung, die aus dem Zusamment re f fen dieser F a k t o r e n resul t ier t , en t sp r ieh t ~ber keineswegs einer einfachen Summat ion der Wi rkungen einzelner derselben, so dag eine so hochgradige Einschr / inkung der Calor ienprodukt ion w i e i m Winter - sehlafe dureh Am~ahme einer noch so wei tgehenden Insuff izienz des endokr inen Appar~ tes und auch bei Berficksich~igung einer gleiehzeigigen Inan i t i on n ieht erkl//rt werden kann. Dabe i setz~ die Einschr/s

1 2gagai: Z. allg. Physiol. 9, 243 (1909). - - 2 Valentin: Untersuehungen zur Naturlehre des Mensehen und der Tiere yon J. 2/IoUeschot, Bd. 1, S. 206; Bd. 2, N. I, 1857; ebenda, 1857--1888 eine grfBere Reihe yon Abhandlungen. - - s Co~a]s: Die pathologisehe Physiologie des Gesamtstoff- und Xraftwechsels usw., S. 12I. ~finehen: J. tL Bergmann 1923.

])as Problem des Wintersehlafes. 87

des Stoffwechsels schlagartig ein (Wy f l l ) , obwohl sie eine Folge von, unseres Wissens nach, sich nur allm/ihlich einsteilenden Funktions~nde- rungen sein soil, was einen Gegensatz bedeuten wiirde. Eine Analogie zur Einschrs bei Ausschal tung des endokrinen Systems ist hier nur seheinbar; es handel t sich vielmehr um prinzipiell verschiedene Dinge, ein Verhalten das am ehesten mit dem Ausdrucke Vita minima belegt werden kann, dessen Analogien wir bei Poikilothermen, in erster Linie abet in den Ruhezust~nden niedriger Tiere (Insekten, Protozoeneysten usw.) finden. Eine solehe Umstel lung des Stoffweehsels ist aber bei hTheren Wirbeltieren nur auf demWege des Zentralnervensystems denkbar.

Der Eintritt des Winterschlafes bei thyreopriven Igeln.

Bei der Adlersehen Annahme, dab die Ursache des Wintersehlafes in einem Mange] an Thyreoideahormon, bedingt durch die Thyreoideatrophie, zu suehen ist, mfiBte eine Ent fernung der Schilddriise das Eint re ten des Wintersehlafes begtinstigen. Ferner miil3ten solche Tiere eine gr6gere Schlaftiefe aufweisen, resp. sehwerer zu erweeken sein. Von diesen Uber- legungen ausgehend, steilten wir die naehfolgende Beobaehtungsreihe an. Aueh Mann untersuchte den EinfluB der Thyreoprivie auf den Winter- schlaf und land, dab dieselbe, ebenso wie die Ent fernung anderer endokriner Drfisen, den Eint r i t t des Winterschlafes nicht verhindert. Asher 2 bemerkt hierzu, dal3 dies keineswegs gegen die Theorie Adlers sprieht. Dies ist aueh riehtig. Doeh nns k o m m t es, wie gesagt, auf die Frage an, ob die Schilddi'iisenentfernung das Zus tandekommen des Wintersehlafes begfinstigt. I m folgenden geben wir die auf das Ein- sehlafen der thyreopr iven Igeln sieh beziehenden Resul ta te wieder, wghrend diejenigen, die das Aufweeken soleher Tiere betreffen, im An- schluB an die Ergebnisse unserer Thyreoideafi i t terungsversuehe angefiihrt sind. Tabeilarisehe Ubersicht aller dieser Resul ta te s. Tabelle 6.

Am 28.8.32 wurden zu diesem Zwecke 7 Tiere in Xthernarkose unter Beach- tung steriler Kautolen operiert. Die unterhalb des Schildknorpels zu beiden Selden der Trachea anliegenden t/~nglichen Thyreoi4ealappen sowie der sehr z~rte, manch- real fast unsiehtbare, Isthmus thyreoideae warden yon einem Medianschnitt aus praparativ entfernt. Von den 7 operierten Tieren gingen 2 in der Narkose und 2 in den ersten Tagen nach der Operation zugrunde. Die restlichen 3 Tiere: Tier Nr. 1, 0,79 kg, Nr. 2, 0,47 kg und Nr. 3.0,82 kg, warden zur weiteren Beobachtung verwendet. Es wurde bei diesen Tieren nach Abheilung der Wuude ab 17.9. 32 die Temperatur regelmagig gemessen. Bis zum 26. 10. 32 wurden sie in einem geschlossenen l%ume bei einer Temperatur yon 13,5--170 C gehalten. W/~hrend sich 4ie Tiere Nr. 1 and 2 bezfiglieh der KSrpertemperatur yon Normaltieren nicht un~rsokieden, konnte schon am 18. 10. beim Tier Nr. 3 eine Temperatursenkung in der Frfih auf 23 ~ bei 16,50 Augentemperatur beobaehtet werden. Zwar erhob sich an diesem und den folgenden 3 Tagen die KSrpertemperatur abends auf 31,8 ~ resp. 34,1 ~ 4och blieben diese abendlichen TemperaturerhShungen ab 22.9. 32 aus and das bis dahin auffallencl torporSse Tier sehlief an diesem Tage als erstes unter allen Versuchs- and Kontrolltieren endgfiltig ein. Es hatte in den n~ichsten

1 Wyfi: Pflfigers Arch. 229, 599 (1932). - - ~ Asher: Hirschs tIand[bueh der inneren Sekretion, ]34. 2, Liefg. 1, S. 168. Leipzig: Curt Kabitzsch 1931.

88 Keinrieh Uiberatl:

5 Tagen eine K6rpertemperatur um 21 ~ Am 26.10. wurden die Tiere in einen Garten, wo die Temperatur bis zum 30. 10. zwisehen 110 und 130 sehwankte, iiber- ffihrt. Dort sehlief das Tier Nr. 2 am 30. 10. bei einer AuBentemperatur yon 9,50 ein, wS, hrend das Tier Nr. 1 erst am 6.11. bei einer AuBentemperatur yon 100 einsehlief. Am 9.11.32 waehten alle 3 Tiere fiir einen bis 3 Tage auf, um dann wieder endgtiltig einzuschlafen.

Die thy reopr iven Ige ln zeigten ein analoges Verha l ten beztiglieh des Ze i tpunktes des Winte rseh la fe in t r i t t es wie die Kont ro l l t i e re . (Die dies- beziigliehe tabel lar isehe Zusammens te l lung s. gemeinsame Tabel le 6 m i t den Resu l t a t en der Thyreoideaf t i t te rung) . N u r beim Tier Nr. 3 war ein abweiehendes Verha l ten yon allen i ibrigen Tieren festzustel len. Das Tier sehlief e twa 10--12 Tage fr/iher als Mle anderen ein, doeh ist diese Beobaeh tung vereinzel t und da wi t wissen, dab der Win te r seh la f aueh auBerhMb der ka l t en Jahresze i t ohne e rkennbare Ursaehe ausnahmsweise e in t re ten kann, n icht verwer tbar . Hinzuf i igen m6ehten wi t noeh, dag naeh Absehlug unserer Unte r suehungen im F e b r u a r 1933 wir die thyreo- pr iven Tiere, die den Winte rseh la f bis dah in sehr gu t i ibers tanden, naeh Ab tS tung anf evtl . noeh vorhandene Thyreo ideares te genau unte rsuehten ; nur be im Tier Nr. 2 fand sieh auf einer Seite un te rha lb einer L iga tu r ein min imale r Sehi lddri isenrest . Bei den i ibrigen Tieren gelang die Ent= fe rnung der Sehilddrfise zur G/inze.

Der Eintritt des Winterschlafes bei thyreoideagefi~tterten Igeln. I m Gegensatz zur I n j e k t i o n groger Mengen Schi lddr f i senext rak t auf

einmal, die wahrseheinl ieh dureh sto6weise Anfaehung des Stoffwechsels und h ierdurch bedingte Erh6hung der K 6 r p e r t e m p e r a t u r winterschlafende Tiere ftir kurze Zeit zu wecken vermag, erweist sich eine allm/thliehe I )ar- re ichung yon Thyreo idea in dieser Beziehung als unwirksam. Sie ver- h inder t zumindes t den E i n t r i t t des Winterschlafes nieht .

Verwendet warden 3 Tiere -con 0,62, 0,75 und. 0,81 kg Gewich~. Verfiittert wurde Thyreoi4ea sieeata ,,l~{erck"-Tabletten zu 0,3. Die Tiere wur4en yore 19.10. 32 bis 26.10.32 in einem ]~aum gehalten, dessen Temperatur zwischen 13,50 und 170 schwankte. Ab 26. 10. 32 wurden sie in einem Garten in K/~figen untergebracht. Die Tiere bekamen am 1. I0fitterungstag 0,3 Thyreoidea siccata, yon da ab dureh 10 Tage 0,15 g t/~glich in ~ilch aufgeschwemmt. Diese Auf- schwemmung wurde "con den Tieren zur G/~nze aufgefressen, was t/~glich kontrol- liert wurde. Am 3. Fiitterungstag (21.10. 32) zeigten die bisher "collst/indig waehert und munteren Tieren etwa 1 Tag an4auernden ]~26rpertemperatursturz; Tier 1fir. 1: 31,4 ~ Nr. 2 24,7 ~ 1fir. 3 21,20 und waren auffallend torporSs. Einen fihnlichen Temperatursturz zeigte Tier Nr. 2 am 24. 10. abends: 27,30 KSrpertempero, tur und Torpor bei 160 Augentemperatur. Sonst waren sie stets waeK un4 zeigten bei ti~glicher lV[essung gew6hnliche Temperaturen. Am 26. 10. Uberffihrung tier Tiere ins Freie, wo die AuBentemperatur bis zum 20.10. zwischen 110 und 130 schwankte. Art 4iesem Tage zeigte bei einer AuBentemperatur yon 9,50 um 4 Uhr nachmittags 4as Tier 2fit-. 1 11 ~ 2fir. 2 10,5 ~ Nr. 3 11,20 K6rpertempemtur. Die A~mung war seltert un4 oberfl/tchlieh, die Tiere zeigten 4as typische Verhalten wie im Wintersehlaf und sehliefen so bis zum 3.11. An cliesem Tage stieg die AuBen- tempera~ur pl6tzlieh an (am 4. 11. mittags im Sehatten 150 in der Sonne 24 ~ un4 die Tiere waehten unter Temperaturanstieg zur Norm auf un4 verblieben mit

Tabe~e 6.

Das Problem des Winterschlafes. 89

Obe r s i ch t fiber das E i n s c h l a f e n t hy reo ideage f f i t t e r t e r und t h y r e o p r i v e r Ige ln im Vergleieh mi t N o r m a l t i e r e n .

Naeh - Inittags - t e m p e -

D a t u m r a t u r d e r L u f t

i n G r a d

17.10.32 18.10.32 19.10.32 20.10.32 21.10.32 22.10.32 23.10.32 24.10.32 25.10.32

26.10.32 11 27.10.32 13 28.10.32 11,5 29.10.32 10 30.10.32 9,5 31.10.32 10

1.11.32 10 2.11.32 10 3.11.32 11,5 4.11.32 15 5.11.32 12 6. 11.32 10 7.11.32 10,5 8. 11.32 10 9.11.32 10

10.11.32 7 11.11.32 10 12.11.32 8 13.11.32 6 14.11.32 5 15.11.32 3

]K~fig I K i f i g II ]]~:fifig llI

4 3 3 N o r m a l -

T h y r e o - T h y r e o - t i e r e i d e a ge - ffitterte prove (!Eon-

trolle)

000 000 ~000 !000

! 0 0 0 !000 !000 !OOO ~0oo

000 0000 OOO 0000 OOO 0000 OOO OOO0 OOO 0000 000 0000 OOO 000O 00+ 0000 00+ O00O

K i i f i g I V

6 N o r m a l t i e r e ( K o n t r o l l e )

000000 O000OO 000000 000000 000000 000000 000000 O00OO0 DO0000

~)berfiihrung s/imtlicher Tiere in einen ~00000 O0000O 00000+ 00000+

0000++ 000000 000000 000000

0 0 0 + + + 0000++ 0000++ 0 0 0 + + + 0 0 0 + + + 0 0 0 + + + 0000++ 0000++

O00OO0 0000++ + + + +

0 + + + + + + + + + + +

I4~ifig V !4:~fig V I

!000 ~000 OOO

+ + + + + + + + + 00+ 000' 000

+-0+ +0% + 0 + 000 !000

!00+ + 0 + + 0 + + + + + + +

00+ 00+ 00+ 00+

+ + + 0 + + 0 + + 0 + + 0 0 + 0 + + 0 + + + + + + + +

%o+o + 000

0 + + 0 + + 0 + + + + + + + +

O00O OOO+ OOO+ 000+ 00+-~ OO4- 00+ 00+ 00+ 0 + + 0 + + O + + 0 + + O + + 00+ 00+ 0 + + 000 000

+ + + + + +

i 6

~ o r m a l t i e r e I ( K o n t r o l l e )

000000 000000 000000 000000 000000 000000 000000 000000 000000

Garten 000000

OOOO0+ 00000+ O000O+

0000+ + 00009+ 00000+ 00000+

0 0 0 + + + 0000 + + 0000+ + 0 0 0 + + + 0 0 0 + + + 0 0 0 + + +

+ + + + + + + + + + + +

000000 000000 000000

0 + + + + + + + + + + +

6 N o r m a l t i e r e ( K o n t r o l l e )

000000 000000 000000 000000 000000 O00OO0 000000 ~00000 000000

000000 000000 00000+ 00000+

o o o + + t OOO0+ 0000+ 0000+

+ + + + + + + + + + + + + + +

0000+ 0000+ 0000+ 0000+ 0000+ 0000+ 0 0 0 + + 0 0 0 + +

+ + + + + + + + + +

Alle Tiere wurden in obiger Zeit unter ganz gleichen Bedingungen gehalten. Zeichenerkl/irung: 0 wach; O torporSs; -4- Tier zeigt alle Zeiehen des Winter-

sehlafes, auch entsprechende K6rpertemperatursenkung; t Tier eingegangen; ! Thy- re0ideafiitterung der Tiere (gilt fiir alle 3 Tiere dieser Rubrik).

Unterbreehung yon 1--2 Tagen bis zum 12.11.23 wach. W~hrend dieser Zeit zeigten sie Temperaturstiirze, so am 6. 11.32 bei 10 ~ Aul3entemperatur Tier Nr. 1 16 ~ Nr. 2 33 ~ l~r. 3 15,5 ~ wurden w/ihrend dieser Zeit zweimal mit je 0,15 Thyreoidea geffittert. Am 12.11.32 zeigte Tier Nr. 1 9,2 ~ Br. 2 32 ~ Nr. 3 9 ~ K6rloertemperatur bei einer AuBentemperatur yon 8 o mittags. Am fibernichsten Tag mittags bei einer Aul~entemperatur yon 50 Tier Nr. 1 7 ~ Nr. 2 9 ~ Nr. 3 6,5 ~ Seither schlicfen die Tiere ununterbroehen bis zum 21.11.32, an welchem Tag das Tier Nr. 1 tot aufgefunden wurde, w/ihrend die beiden anderen Tiere am 12. 12. 32 eingingen. M6glieherweiso war eine merkliehe Abmagerung der Tiere (etwa 20% Gewiehtsverlust bis zum Tode) mit der naehfolgendon Inanition als natfirlicho Folge des Winterscblafes die Todesursaehe dieser Tiere. Als Kontrolle dienten 12 Igel,

90 I-Ieinrich Uiberalh

die unter gen~u clenselben VerhMtnissen wie 4ie Versuchstiere gehalten ~-urden. Sie zeigten im wesentlichen das gleiche Verhalten.

Es wurden demnach drei Ige ln Schilddri ise in F o r m von Thyreo idea siccat~ , ,Merck" durchschni t t l i ch 0,05 p. dosi, die und Tier dureh 11 Tage u n m i t t e l b a r vor dora E i n t r i t t des Wintersch lafes verff i t ter t . Diese Dosis muB ffir ein 0 ,5 - -1 kg schweres Tier als sicherlich ausre ichend angesehen werden. Von h6heren Dosen haben wir wegen Gefi ihrdung der Versuchs- t iere durch allzu s ta rke Abmage rung vor dem Winte r sch la f A b s t a n d ge- nommen. Trotz dieser F f i t t e rung zeigten die Ticre das gewohnte typ i sche VerhMten: Tempera tu r s t i i r ze als Vorbo ten des Winterseh]afes , E i n t r i t t des Wintersch lafes beim Fa l l en tier AuBentempera tu r , vorf ibergehende Unter - brechung desselben im Ardang und schlieBlich endgii l t iges Einsehlafen.

Obwohl die ,,Glandulae Thyreoideae siceatae Merck" laufend biologiseh am 1V[etamorphosetest des Axolotls It. Pr'dfungsvorschriften der Fabrik kontrolliert werden, so dab 0,1 der Substanz 10 Axolotleinheiten, d.i . eine Menge, die im Verlauf yon 4 Wochen bei 10 Axolotln die Metamorphose herbeifiihrt, enthalten, haben wir trotzdem die yon uns verwencleten Tabletten tier Fabrik Merck, Darm- stadt, zwecks Uberprfifung eingeschiekt. Die in dankenswerter Weise vorgenom- mene Untersuehung am Axolotltest zeitigte nachstehendes Ergebnis: ,,1XTach t~g- lieher peroraler Einverleibung yon 5 mg begannen zwei der damit behandelten Tiere am 10. Tag, nach 2,5 rag, ein Tier am 20. Tag zu metamorphosieren. Die ein- gesandten Tabletten entfalten demnach eine spezifische Schilddrfisenwirksamkeit."

Vergleichende Weclcversuehe an thyreopriven und normalen Igeln.

Unte r Zugrundelegung der Adlerschen Theorie is t d ie A n n a h m e einer gr613eren Schlaft iefe bei t hy reopr iven Ige ln naheliegend. Wi r s ind dieser MSglichkeit nachgegangen, obwohl wir uns bewul3~ waren, dat~ ein posi- r iver Ausfal l bei der bekann ten Neigung thy reop r ive r Tiere zur TorpidlY/it n icht absolu t beweisend ware. Das Resu l t a t war jedoch durchaus nega t iv .

Tabelle 7. Wi~rmeweckversuehe . Am 15. 1.33 wurden 3 thyreoprive nn4 2 normale Igeln aus einem Gart~n

(Temperatur -- 0,5 ~ C) in einen geschlossenen Raum (Temperatnr -4-13 o C) gebraeht.

S t u n d e

11 Uhr 45 Min. 1 Uhr 2 ~, 3 ,, 4 ~, 5 ~

! E l S r p e r t e m p e r a t u r de r T ie re i n G r a d Cels ius

Igel t h y r e o e k -

t o m i e r t I

+ 2 + 16 + 22 + 32,5

33 33,5

Igel th.vreoek- tomiert

II

+ 2,5 + 8 + 17

32 34,2 35,3

Igel thyreoek- tomiert

III

-~ 1,5 + 4

6 21,5 28,9 32,7

] ~ o n t r o l l t i e r I

+ 3 17 26 33,8 33,9 34,5

Kontrolltier II

+ 2,5 5 9

31 33,2 34,8

Am 15.1.33 wurden die drei thyreoektomierten Igel, die wir zur Beobachtung fiber das Einsehlafen bei Thyreoprivie verwendeten, mit zwei Kontrolltieren aus dem Freien, wo die Temperatur --0,50 C betrug, in einen geschlossenen Raum yon elner Temperatur q-13 ~ C iiberfiihrt. Die lol6tzliche Anw~rmung geniigt~ als Weekreiz vollkommen, uncl die Tiere erwachten binnen 3 Stunden, wobei sieh

Das Problem des Winterschlafes. 91

das Erwachen in genau gleicher Weise bei thyreoektomierten wie bei den Kontroll- tieren vollzog. Ihre normale KSrpertemperatur erreichten sie abet erst naeh Ablauf yon etwa 4--5 Stunden. Aul~er der Wgrme, die wit in diesem Versuehe als Weck- reiz verwenc[eten, benfitzten wir in analogen Vorversuchen im Winter 1931/32 zu diesem Zweeke Thyroxin und Adrenalin. Die Ergebnisse der damaligen Versuche deckten sich mit den hier angeffillrten vSllig, wir ffihren sie jedoch wegen nieht ganz einwandfreier Versuehsbedingungen und auch aus Raumgq'iinden hier nicht an.

Verglichen mi t dem in der S/hlgetierreihe wohl am vollsts entwickelten W~rmeregulat ionsvermSgen der Carnivoren und dem des Menschen, ist dasjenige der Winterschl/~fer recht unvollst/~ndig. I n dieser Beziehung stehen die letzteren jedoch nicht vereinzelt da, denn die Nagetiere z. B. haben eine womSglich noch schlechtere Wiirmeregulation ohne dal~ wir in dieser Gruppe, bis auf wenige Ausnahmen, t rotz der gleichen ungiinstigen Lebensbedingungen im Winter, Winterschlaf nach- weisen kSnnten. Die W/trmeregulation der Winterschl/ifer ist zwar unvollst/indig, doch betr~tchtlich entwickelt, wie aus nachstehender Be- obachtung hervorgeht .

Wir hielten im November 1931 12 Igel in einem etwa 820 qem groBen Beh/~lter. Die Tiere erhielten keine Nahrung und wurden zwar einigermal]en geschfitzt, aber immerhin im ~reien gehalten. Die Temperatur des BehMters schwankte zwischen 0 und d- 60 C. Trotzdem schliefen die Tiere 3 Wochen nicht ein und die t/~gliche Temperatur (gemessen, wie wires sonst immer taten, am Bauche des zusammen- geroUten Tieres) schwankte zwischen 35,5 und 32,2% Dabei bewegten sich die Tiere zumeist nicht, sondern lagen zusammengerollt im Streu. Erst nach der oben erw/~hnten Zeit verfielen die Tiere plStzlieh, nn4 zwar binnen 3 Tagen nnter rapidem Abfall clef KCirpertemperatur auf wenige Grade fiber die Umgebungs- temperatur in den Winterschlaf.

I n bezug auf die Senkung der KSrper tempera tur in Abh/ingigkeit yon tier Umgebungs tempera tu r und das Ausmal~ dieser Senkung s t immen unsere Beobachtungen mit denen anderer Autoren (insbesondere John- son 1) iiberein. Trotz deutlicher Herabsetzung der Eigentempera tur als Ausdruck der Unvollst/s der W/~rmeregulation erwiesen sich die Winterschl/ifer - - zumindest die ][gel - - als recht widerstandsf/~hig gegenfiber langdauernden tiefen Umgebungstempera turen , so dal3 wir yon einem blol]en Versagen der W/irmeregul~tion (Ki is tner und Plau t2 ) , wenn dann plStzlich der eigentliche Winterschlaf eintritt, nicht sprechen kSnnen und vielmehr nach anderen Erkl/~rungsmSglichkeiten flit dicsen suchen miissen.

Ein Versagen der W/~rmeregulation illustriert dagegen sehr instruktiv der Ver- gleieh mit dem unterkfihlten hungernden und unter den gleiehen Verh~iltnissen gehaltenen Nager (Maus) (Aszodi 2). Zwischen 300 und 190 bei hungernden, 300 und 130 bei geffitterten und. in allen F/~llen in ihrer Beweglichkeit behinderten ~/~usen, erfolgt die W~rmeregulation gut. Unterhalb dieser Grenzen verfallen die ~/~use in einen torporSsen, sparer ,,winterschlaf~hnlichen" Znstand. In diesem

1 Johnson: Quart. Rev Biol. 6, 439 (1931) -- 2 K~istner u. Plaut: Wintersteins X-Iandbuch der vergleiehenden Physiologie, Bd. 2 II, 1901f., 1924. -- ~ Aszodi: Biochem. Z. 113, 70 (1921).

92 Heinrich Uiber~ll:

Zustand ist der Stoffumsatz auf ein Siebentel 4er =Norm, die X6rpertemperatur ant einige Grade fiber die Umgebungstemperatnr herabgesetzt nnd folgt den Sehwankungen dieser. Der I~Q. ist weir unter 0,7. Dieser Zustand dart, falls er nieht zum Tocle fiihren soil, hOehstens 24 Stunden anhglten. Beim Erwachen iiber- steigt der I~Q. welt die normalen Durehschnittswerte. Aszodi und auch Cn'a]e halten diesen Zustand ftir wintersehlaf/~hnlieh.

Wie allgemein bekannt, spielt die Bewegliehkeit resp. Muskelarbeit sowie die Nahrungsaufnahme und die mit ihr verbundene spezffiseh dynamisehe Nahrungsmittelwirkung bei der W/irmeregulation der mangel- haft w/~rmeregulierenden Tiere eine grebe Rolle. Insbesondere gilt dies ffir Kleintiere, bei denen infolge der groBen Oberfl~Lehenwirkung an die W/~rmeregulation sehr grebe Anforderungen gestellt werden. Der oben erw~Lhnte yon Aszodi experimentell dutch Umgebungstemperaturernied- rigung bei M/~usen erzeugte Zustand ist abet als ein Versagen der Ws regulation zu bezeiehnen. Er ist demnaeh beim Ubersehreiten einer bestimmten Dauer (24 Stunden) irreversibel und kann jederzeit dureh Unterkiihlung erzeugt werden. In diesen zwei letzteren Umst~nden erblieken wir den prinzipiellen Untersehied gegeniiber dem Winterschlaf, der ein reversibler Zustand ist und sieh dutch Abkiihlungen willkfirlieh nieht erzeugen l~i3t (Mares 1, Merzbacher, Johnson nnd eigene Beobaeh- tungen). Ein weiterer wiehtiger Unterschied ist folgender: bei Senkungen der Umgebungstemperatur unter 0 ~ waehen winterschlafende Tiere auf oder halten ihre Eigentemperatur knapp fiber 0 ~ und verhalten sich nur in mittleren Temperaturen wie Poikfiotherme ( W y f i ) , w/ihrend die anderen bei Temperaturen unter 0 ~ zugrunde gehen. Aueh (lurch Nah- rungsmangel lassen sieh st~rkere Senkungen der Eigentemperatur bei M~usen erzeugen (Buschke und Vasarhely 2). Dagegen spielt beim Winter- sehl~fer der Nahrungsmangel keine derartige ]~olle und ffihrt den Winter- sehlaf nicht herbei (Johnson u. a., sowie eigene Beobachtungen). Aueh die Einsehr~nkung der ]3eweglichkeit scheint bei der I-Ierabsetzung der Temperatur der Winterschl~fer wie aus unseren Beobachtungen an Igeln, die wir in K/~lte in reeht engen Beh/iltern hielten, hervorgeht, keine wesentliche Rolle zu spielen. Wit glauben an obigen Beispielen deutlich genug die Grenze zwischen dem eehten Winterschlaf und den nur sehein- bar winterschlaf/~hnlichen Zust/~nden gezeigt zu haben. Aueh aul]erhalb der kalten Jahreszeit teils spontan, teils unter experimentell herbei- geftihrten Bedingungen, ohne dab solche sonst zum Winterschlaf ftihren wiirden, tri t t dieser gelegentlich ein.

Angaben dariiber, insbesondere tiber spontanes Einschlafen im Sommer finden wit bei Merzbasher. Sshenk s konnte in einem l%lle durch ]lesprengung des Bauches eines Igels mit Xther Schlaf und braskes I-Ierabfallen der K6rpertemloeratur auf 9 0 C erzeugen. Bei Weinland nnd Mimashi 4 schlief ein Igel nach ftinft~gigem I-Iungern ebenfalls unter plftzlieher tterabsetzung der Eigentemperatur ein. Wir mSchten

1 Mares: C. r. See. Biol. Paris 44, 313 (1892). - - 2 Buschke u. Vasarhely: Klin. Wschr. l l I I , 1797 (1932). -- a SJtenk: lafliigers Arch. 197, 66 (1922). - -

Weinland n. Mimachi: Z. Biol. 5,~ (1911).

Das Problem des Wintersehlafes. 93

in diesem pl6tzlichen Auftreten des Wintersehlafes keineswegs einen urs/tchliehen Zusammenhang zwischen dem letzteren und den oben als Ursaehen des Ver- sagens der W~rmeregulation bei nicht Winterschlgfern er6rterten Faktoren er- blieken, da dies nur vereinzelt vorkommt, sondern angesichts dieses unvermittelten Zustandekommens die M6glichkeit eines dureh zentrale Schaltung bedingten Phi~nomens annehmen. Das Gleiche gilt flit die Beobachtungen yon Wyfi. Er beobachtete, daB bei Siebenschl~fern einige T~ge knapp vor dem Eintritt des

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, 33,5 )

A b b . 1. A b b . 2. T e m p e r a t u r k u r v e e i n e s n o r m a l e n I g e l s . T e m p e r a t u r k u r v e e i n e s n o r m a l e n Ig ' e l s .

definitiven Winterschlafes es zu Temperatursttirzen w~hrend des normalen Tages- schlafes (Siebenschl~fer ist ein Nachttier) kommt. Solehe Stfirze der K6rper- temperatur vor dem Eintritt des Winterschlafes konnten auch wir, allerdings nicht mit tier Regelm~gigkeit wie Wyfl, beobaehten. Dies auch an thyreoideagefiitterten Tieren, also sicherlich ohne %, 7332 72~ "/#, 7~ FO. Zusammenhang mit einer Thyreoideaatrophie (s. Tabelle 6).

Dagegen scheinen wei tgehende Beziehungen I zwischen dem gew6hnlichen Schlaf und der Ws regula t ion wenigstens bei Ige ln zu bestehen. Wi r ~ g l auben aus nachs tehenden Beobach tungen auf eine ~ l \ 1" besondere Koppe lung zwisehen dem Sehlaf- und I W/ t rmeregu la t ionszen t rum sehlieBen zu k6nnen. ~

Wir haben ~nfangs September 1932 die ~ageszeitliehen Sehwankungen von 5 normalen und 3 thyreopriven Igeln verfolgt. Die Tiere wurden in einem Raum yon recht gleich- Abb. 3. Temperatur- magiger Temperatur, die zwischen 19 und 21 ~ schwankte, kurve eines gehalten. Um den EinfluB der spezifisch dynamischen thTreopriven Igels. Nahrungsmittelwirkung auszuschalten, haben wir die Tiere nur einmal w~hrend der Beobachtungsperiode, un4 zwar am 4. Tag mit Kohle- hydraten gefiittert. Wir glauben somit die fiir die Eigentemperatur labil homoio- thermer Tiere als bedeutsam hervorgehobenen Faktoren: Sehwankungen der Um- gebungstemperatur und die Nahrungsaufnahme ausgesehaltet zu haben.

T ro tzdem wiesen die Tiere zwar nnregelm/~gige, aber deut l iehe Sehwan- kungen bis zu 30 anf, wobei das Min imum stets um 9 U h r frtih anseheinend zur Zei t des be im Igel, der ein N a e h t t i e r ist, t ie fs ten Sehlafes vorgefunden wurde. Dagegen wiesen vor der Messnng geweckte Tiere keine solehen oder nur geringere Tempera turd i f fe renzen auf, worauf besonders geaehte t werden mnBte. W i r f i ihren obens tehend drei solehe K u r v e n (zwei NormM- t iere, ein t hy reop r ive r Igel) an (Abb. 1, 2, 3).

94 I-Ieinrich Uiberall:

Bei einer vergleichenden Betrachtung zwischen dem gewShnliehen und dem Winterschlaf mSssen drei Dinge besonders hervorgehoben werden. Erstens, dab jeder Schlaf ein komplexer Vorgang ist, wobei eine Anzahl yon Veranderungen vegetativer Funktionen sich mit BewuBtseinsver- /~nderungen verkniipft. Zweitens, dab diese Vergnderungen vegetativer Funktionen naturgemgB im Winterschlaf, der ein vegetativer Sehutz- vorgang ist, am st~rksten und sinnf~tlligsten ausgepragt sind und drittens, dal] diese Vergnderungen in der vegetativen Slohare, im Wintersehlafe bis ins Extreme gesteigert sind, wodurch die Analogien verwiseht werden. In Wirklichkeit finden wit alle im Winterschlaf vorgefundenen Ab- weichungen veto wachen Zustand, wenn auch nur andeutungsweise, im gew6hnlichen Schlaf wieder. Schlafha]tungen (wie beim Igel), Klammer- reflexe (Fledermaus), Verlangsamung und Abschw~ichung des Herz- schlages, Zirkulationsver/tnderungen, flmderung der Atmung, Acidose, Sauerstoffverarmung, Herabsetzung der Sekretion einer Reihe yon Driisen und der Harnausscheidung. Die im Winterseh]a.fe so ins Auge springende Einschr~inkung des Gesamtstoffwechsels scheint im gewShnlichen Sehlafe im nennenswerten Grade nur bei groBer Tiefc vorzukommen. Die KSrper- tempera tur ist im gewShnliehen Schlafe etwas herabgesetzt, ebenso die Erregbarkeit des Ws welch letzteren Umstand man im entfernten Sinne, als ein Analogon der nur rudiment~tr vorhandenen Warmeregulation im Wintersehlafe betrachten kSnnte. Denn eine, wenn aueh rudimentgre Warmeregulation im Wintersehlafe mug man annehmen und ein Gleiehstellen der winterschlafenden Tiere mit Poildlothermen, wie es sich bei alteren Autoren 5fters vorfindet, ist keineswegs zulgssig (Wy[3, Har i l ) . Dieser l~est des W~rmeregulationsvermSgens scheint uns unter anderem ein Beweis der zentralnervSsen Regulation des Winter- schlafes iiberhaupt zu sein. Auch eine relativ grebe Empfindlichkeit des Warmezentrums gegen Anw~rmungen des TierkSrpers oder briiske Abkiihlungen, die ebenfalls in diesem Sinne sprieht und zum Erwachen fiihrt, ist festzustellen.

So fancl Zondelc, da~ die Injektion yon wenigen Kubikzentimetern indifferenter warmer Fliissigkeit das Erwachen der Tiere bewirkt. Ahnliehes illustriert folgende eigene Beobachtung. Wir haben am 15. 1.33 w~hrend der Ausfiihrung unseres W~irmeweckversuehes 5 Igel aus dem Freien, we eine Temperatur yon --0,5 ~ herrschte in einen l~aum, dessen Temperatur -~13 ~ betrug, iiberfiihrt. Naeh einer Stunde wurden die Tiere wieder ins Freie zuriiekgebracht. Trotzdem waehten zwei yon ihnen nach~r~glich im Freien unter Anstieg der Temperatur auf 32,5 ~ resp. 33,30 fiir kurze Zeit auf.

Es seheint uns aus diesem Verhalten der Tiere nur ein SchluB m6g- lich: Die Einsehaltung des Warmezentrums unter der Einwirkung eines ad~quaten Reizes.

So linden wir die im gew6hnlichen Schlafe nur angedeuteten Ver- ~nderungen der vegetativen Funktionen im Wintersehlafe ins Extreme

1 Hari: Pfliigers Arch. 180, 90 (1909).

])as Problem des Winterschl~,fes. 95

gesteigert wieder. Ohne angesichts der gro~en quantitativen Unterschiede und der aus dem versehiedenen Grade der Einschr~nkung einzelner l~unktionen sieh ergebenden Versehiebungen den Wintersehlaf mit dem gewShnliehen Schlaf restlos zu identifizieren zu wollen, mfissen wir doch anerkennen, daft es sich bier um zwei ~ihnliche und verwandte Erschei- nungs]complexe handelt, wobei beim gewghnlichen Schlafe die Einschr~in]cung animalischer, beim Winter~chlafe diejenige des vegetativen Funktionen stiirker ausgeprggt und sinnfglliger ist. ]:)as Zusammenspiel der Teilerscheinungen des Winterschlafes setzt aber ebenso wie beim Schlaf fiberhaupt, das Vorhandensein eines fibergeordneten Regulationszentrums voraus. Der Winterschlaf selbst ist ebenso wie der gewShnliche Schlaf eine positive Leistung, die dieser zentralen Regulation untersteht. Ein Beweis fiir diese Behauptung wi~re eine sichere experimentelle Aus]Ssung des Winter- schlafes. ])as Gelingen einer solchen, wenigstens teilweise, erblicken wit in der experimentellen Erzeugung des Winterschlafes durch Insulininjek- tionen und gleichzeitige Unterkiihlung (Dworkin und Finney 1, Fleisch- mann und Mitarbeiter 2), wobei die Hypoglykamie hier anscheinend als ein endogener ad~iquater Reiz den Winterschlaf auslSsend, wirkt. Diese Annahme ist um so wahrseheinlieher, als man die Hypoglykgmie auch unter normalen Verhi~ltnissen im Wintersehlaf finder. ]Dal~ endogene, humorale Faktoren - - auf Details kann hier aus Raumgrfinden nicht eingegangen werden - - bei der AuslSsung des Winterschlafes wirksam sein kSnnen, ist durchaus mSglich. Hier w~ren die zahlreiehen Besonder- heiten des intermedii~ren Stoffweehsels im Wintersehlafe anzufiihren. Daffir spricht auch, um ein Beispiel zu nennen, die MSgliehkeit der ~bertragung des Schlafes auf Katzen mittels Extrakten aus t t i rnen wintersehlafender Tiere (Kroll 8). I)oeh ist in solchen endogenen Fak- toren stets nur der adi~quate Reiz, auf welchen das Zentralnervensystem mit dem Wintersehlaf reagiert, zu erblicken. Als exogene solehe Reize wurden vielfaeh von i~lteren Autoren 4 niedrige Temperaturen und ver- schiedene atmosph~irische Einflfisse, sowie Nahrungsmangel angesehen. Keiner dieser Faktoren vermag allein den Wintersehlaf auszulSsen. Und nur li~nger dauernde Einwirkung tieferer Temperaturen und des Nahrungs- mangels soll eine gewisse Disposition zum Wintersehlaf schaffen (John- son). Trotz vielfaehen experimentellen Bemiihungen und ErSrterungen in der Literatur klafft hier in unserem Wissen yore Winterschlaf eine

Liicke ,und dieser Mangel ist eine Ursache dafiir, da~ wir den Winter- schlaf dureh Reize, wie sie aueh in der i~atur vorkommen, mit Sicher- heir nicht auszulSsen vermSgen.

Unsere bisherigen Ausffihrungen fiber den Winterschlaf m6chten wir dureh eine Besonderheit des Verhaltens des Zentralnervensystems

Dworkin and Finney: Amer. J. Physiol. 8O, 75 (1927). - - 2 JDisvhe, Fleisch- mann u. Trevan~: Pfliigers Arch. 227, 235 (1931). -- 8 Kroll: Z. I~eur. 146, 208 (1933). - - 4 N~theres darfiber s. Merzbacher, I.c. und Johnson, 1. c.

96 Heinrieh Uiberall:

der Winterschl~fer bei tiefen Temperaturen erg/~nzen. Diese auch yon /~lteren Autoren mehrfaeh erw~hnte, aber viel zu wenig gewtirdigte Eigen- ar t des Wintersehl/~ferorganismus scheint nur bei diesen Tieren vor- zukommen und ist eine Voraussetzung ftir das Zustandekommen des Wintersehlafes iiberhaupt. Ws sonst die Abkfihlung der Nerven- subst~nz fiber die verlangsamte Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Er- regung zur L~hmung und somit zum K/~ltetode ftihrt, erweist sich das Nervensystem winterschlafender Tiere auch auBerhalb des Winterschlafes in dieser Beziehung als besonders widerstandsfs Horwath 1, Britton 2, sowie Tait und Britton ~ fanden, daI3 weitgehende Unterktihlungen im kalten Bade mit K6rpertemperatursenkung bis zu + 30 C, Temperaturen also, die sonst bei S~ugetieren den K/tltetod herbeiftihren, den Winter- schl/~fern nieht schaden und versuchten dieses Merkmal zur Unter- scheidung der Winterschl/~fer yon nieht wintersehlafenden Tieren zu verwerten. Doeh ws es verfehlt, aus dieser Widerstandsfs ein Fehlen sonstiger _~uBerungen der Unterktihlung am Zentralnervensystem des Wintersehl~fers abzuleiten. Der Temperaturabfall des K6rpers be- wirkt trotzdem eine ErhShung der Reizschwelle und ebenso wie bei den sonstigen Warmbliitern eine Herabsetzung der Fortpflanzungsgesehwin- digkeit der Erregung. Darauf mSehten wir die weitgehende Unerreg- barkeit wintersehlafender Tiere sowie die zuln Erwaehen aus dem Winter- sehlafe viel l~ngere als aus dem gewShnlichen Sehlafe n6tige Dauer zurtickfiihren; Umstiinde, die der als Winterschla] bezeichneten Abart des gew6hnlichen Schla/es das ihr eigentiimliche Gepriige des torpiclen (ein Ausdruck, den besonders englisehe Autoren ffir den Wintersehlaf ver- wenden) au/driicken.

Zusammenfassung. Die vielfach angenommene, yon Adler inaugurierte Ansicht, der Winter-

schlaf komme dureh einen Mangel an Thyreoideahormon infolge einer saisonm/~Big auftretenden Atrophie der Sehilddriise zustande, wurde einer Nachprtifung unterzogen.

Dabeiwurde gefunden, da6 Extrakte, die auf gleiehe Weise aus Schild- drfisen yon Solamertieren und winterschlafenden Tieren hergestellt wurden, keine nennenswerten Unterschiede in der Weckwirkung bei winterschlafenden Igeln aufweisen. Aus dem Umstand, dab beide nur in hohen Dosen wirksam sind, kann geschlossen werden, da{] die Weck- wirkung eine unspezifische, auf stoBweiser Anfachung des Stoffweehsels mit konsekutiver Steigerung der K6rpertemperatur beruhende sei.

Vergleiehende Jodbest immungen ira Sommer und an winterschla- fenden Tieren ergaben keine wesentlichen Unterschiede im Jodgehalt.

1Horvath: Zbl. f. reed. Wiss. 1872, 706f.; Pfliigers Arch. 12, 278 (1874)und Verh. d. Phys. lV[ed. N.F. 12, 139 (1878) u. ff. -- ~ Brltton: Quart. J. exper. l~hysiol. 13, 55 (1922); Amer. J. l~hysiol. 84, 119 (1928). - - 3 Tait and S. 5:. Britton: Quart. J. exper, l~hysiol. Suppl. 226 (1923).

Das Problem des Winterschlaies. 97

Ebenso fanden sieh keine wesentliehen Unterschiede bei in gleicher Weise vorgenommenen vergleiehenden Untersuehungen mit der J~eid- Huntschen Acetonitribeaktion.

Die einen Indikator ffir die Schilddrfisenfunktion abgebenden Er- gebnisse der Energiestoffweehselbestimnlungen k6nnen angesiehts der enormen Einsehri~nkungen nur als Ausdruek eines vom Zentralnerven- system ausge16sten Ruhezustandes gedeutet werden.

Die Thyreoprivie begiins-dgt keineswegs den Eintr i t t des Winter- sehlafes, wie dies naeh Adlers Theorie angenommen werden mfil3te.

Ebenso konnte eine Vertiefung des Wintersehlafes dureh Thyreo- privie in Weekversuehen nieht naehgewiesen werden.

Die Thyreoideaffitterung unmittelbar vor dem Eintri t t des Winter- sehlafes verhindert das Zustandekommen desselben nieht.

Wit glauben daher, dag die Adlersehe Theorie nieht zu l~echt besteh< Der Wintersehla] ist vielmehr nach unseren Ergebnissen, als ein

zentralnervSs regulierter Vorgang anzusehen und somit eine positive Leistung, die sich in die als Schla] bezeichnete Gruppe von Phdinomenen einreihen liiflt. Das Bestehenbleiben einer Reihe yon regulativen und reaktiven Vorgangen und Ref]exen im Winterschlafe spricht ebenfMls im obigen Sinne. Eine vergleiehende Analyse des gewShnliehen und des Wintersehlafes ergibt, dab ein prinzipieller Untersehied zwisehen den beiden Zust~nden nieht besteht. Beide sind komplexe Vorgange, die sich aus Ver~nderungen der animalisehen und vegetativen Funktionen zu- sammensetzen. Durch das stgrkere Itervortreten der ersteren im ge- wShnliehen Sehlafe, der letzteren im Wintersehlafe ergeben sieh die groBen /~uBerlichen Untersehiede z,~dsehen den beiden.

Die Wintersehl/~fer verfiigen fiber ein zwar unvollkommenes, jedoeh genfigend starkes W~irmeregulationsverm6gen, so dal3 die Deu~ung des Winterschlafes als ein einfaches Versagen der Ws unzu- ]&ssig ist.

Groge tageszeitliche Sehw~nkungen augerhMb des Wintersehlafes mit einem regelm~13igen Minimum im gew6hnlichen Schlafe sprechen ffir besonders enge Beziehungen zwisehen dem Wgrmeregulations- und Sehlaf- zentrum bei Winterschlafern.

Die grol3e t~esistenz des Zentralnervensystems der Wintersehlgfer tiefen Temperaturen gegenfiber, erlaubt den Wintersehls ein ]s schadloses 1Jberdauern derse]ben.

Diese Senlcung der Eigentemperatur im Winterschla/e iibt ent- sprechend der bekannten Wirkung der K/~lte auf die Nervensubstanz auch au/ das Zentralnervensystem der Wintersehlii/er eine hemmende Wirkung aus und verleiht dem Winterschla/e das ihm eigenti~mliche Geprgge.

Pilttgers Arehiv f. d. gem Physiol. Bd. 234. 7