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Insgesamt sprechen somit die besseren Gründe dafür, die Vorlagefrage des BGH zur Interpretation des Art. 13 Pro- dukthaftungs-Richtlinie dahin zu beantworten, dass die „deutsche Arzneimittelhaftung als ‚besondere Haftungs- regelung‘ durch diese Richtlinie allgemein nicht berührt wird, mit der Folge, dass das nationale arzneimittelrechtli- che Haftungssystem weiterentwickelt werden kann“. VI. Fazit: Arzneimittelhaftung quo vadis? Die Arzneimittelrechtsreform des Jahres 2002 hatte zum Ziel, die Chancen des Geschädigten zur Durchsetzung tatsächlich bestehender Ersatzansprüche wegen Arzneimit- telschäden zu verbessern, und zwar durch Erleichterungen beim Kausalitätsnachweis und durch Einführung von Aus- kunftsansprüchen. Im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des BGH lässt sich nicht sagen, dass die Ziele der Reform erreicht oder wesentlich gefördert worden wären. Die Ein- schätzung des BGH, die Kausalitätsvermutung dürfte „in vielen Fällen wirkungslos“ bleiben 119 , wirft kein gutes Licht auf § 84 Abs. 2 AMG und wirft die Frage auf, ob es nicht doch Auslegungsalternativen gegeben hätte, etwa i. S. einer Beweismaßreduktion, möglicherweise sogar ergänzt durch die Proportionalhaftung als einer ausgewogenen Haftungs- regel bei unsicherer Kausalität 120 . Darüber hinaus steht mit dem Vorlagebeschluss des BGH die Vereinbarkeit sämtli- cher Neuregelungen mit Europarecht infrage. Ob sich wei- tere Mühen um die sachgerechte Handhabung der §§ 84 Abs. 2, 84a AMG lohnen, wird man erst wissen, nachdem der EuGH entschieden hat. Sollte der Gerichtshof mit der hier begründeten Ansicht die Weiterentwicklung der deut- schen Arzneimittelhaftung erlauben, sollte der VI. Zivilse- nat dies zum Anlass nehmen, die eigene Judikatur zu §§ 84 Abs. 2, 84a AMG zu überdenken. So, wie die Vorschriften derzeit praktiziert werden, bleiben sie nahezu wirkungslos. Spielräume für eine den rationes leges näher kommende Interpretation sind durchaus vorhanden. Der BGH sollte sie nutzen. DOI: 10.1007/s00350-014-3687-2 Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung – Teil 2* – Anke Harney, Stefan Huster und Britta Recktenwald 3. Organisationsinterne Qualitätssicherung Die interne Qualitätssicherung zeichnet sich dadurch aus, dass die Qualitätssicherungsaktivitäten – im Gegensatz zu den bei- den vorher genannten Qualitätssicherungskategorien – nur auf der Ebene der einzelnen Einrichtungen ohne (verpflichtende) Einbeziehung externer Institutionen stattfinden. Als einziges Instrument dieser Kategorie ist hier das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement zu nennen. Da der Begriff des Qualitätsmanagements in der Literatur mit höchst unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird, soll klarstellend erwähnt sein, dass sich der Begriff hier nur auf das Qualitätsmanagement i. S. des § 135a Abs. 2 Nr. 2 SGB V bezieht. Nach dieser Vorschrift sind alle Leistungs- erbringer 156 verpflichtet, ein Qualitätsmanagementsystem einzuführen und weiterzuentwickeln. Qualitätsmanage- ment wird definiert als „Managementmethode (…), die auf die Mitwirkung aller Mitarbeiter gestützt die Qualität in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellt und kontinuier- lich bestrebt ist, die Bedürfnisse der Patienten, Mitarbei- ter, Angehörigen oder beispielsweise auch der zuweisenden Ärzte zu berücksichtigen“ 157 . Auch wenn diese Definition etwas sperrig anmutet, lassen sich daran folgende charakte- ristische Eigenschaften des Qualitätsmanagements ablesen: (1.) Qualitätsmanagement ist eine Managementmethode. Hinter dem Begriff des Qualitätsmanagements verbirgt sich kein klar umrissenes, bis ins Detail ausgeklügeltes Quali- tätssicherungsverfahren; vielmehr handelt es sich um ein Bündel von Maßnahmen, die die gesamte Organisation der Praxis bzw. des Krankenhauses betreffen. (2.) Die Qualität steht im Mittelpunkt der Bemühungen. Primäres Ziel des Qualitätsmanagements ist es, Probleme und Risiken bei der Versorgung von Patienten im Vorfeld zu erkennen und diese durch die Optimierung des betrieblichen Ablaufs zu ver- meiden 158 . Dadurch soll die Sicherheit der Patienten gestei- gert und die Versorgungsqualität gefördert werden. (3.) Die Bedürfnisse von Patienten, Mitarbeitern, Angehörigen und Anke Harney, Wiss. Mitarb., Prof. Dr. iur. Stefan Huster und Britta Recktenwald, Wiss. Mitarb., Institut für Sozial- und Gesundheitsrecht, Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44780 Bochum, Deutschland Harney/Huster/Recktenwald, Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V MedR (2014) 32: 365–372 365 119) BGH, MedR 2013, 729, Rdnr. 23; oben, Fn. 34. 120) Vgl. oben, Fn. 34. *) Im Anschluß an Teil 1, MedR 2014, 273–282 (Heft 5). 156) Für Vertragsärzte ist ein QM-System erst seit Einführung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) 2003 verpflich- tend (vgl. Gesetzentwurf und Begründung zum GMG, BT- Dr. 15/1525, S. 35, 124). Zwar war diese Regelung bereits im Entwurf des GKV-Reformgesetzes 2000 in § 136 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vorgesehen (BT-Dr. 14/1245, S. 21), wurde aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichen, da der Gesetzgeber zunächst davon ausging, dass das Potential eines Qualitätsmanagements in der vertragsärztlichen Versorgung er- kannt worden sei und auch ohne gesetzliche Verpflichtung ein QM eingeführt werde (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Dr. 14/1977, S. 169). 157) Begründung zum GKV-Reformgesetz 2000, BT-Dr. 14/1245, S. 86. 158) § 2 S. 4 der Qualitätsmanagement-Richtlinie vertragsärztliche Versorgung (QM-RL vertragsärztl. Vers.) des G-BA v. 18. 10. 2005, abrufbar unter http://www.g-ba.de/downloads/62-492-3/ RL_QM-Vertragsarzt-2005-10-18.pdf, abgerufen am 28. 12. 2013; vgl. auch Roters, in: KassKomm., § 135a SGB V (Bearb. 4/2012), Rdnr. 11.

Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung

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Page 1: Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung

Insgesamt sprechen somit die besseren Gründe dafür, die Vorlagefrage des BGH zur Interpretation des Art. 13 Pro-dukthaftungs-Richtlinie dahin zu beantworten, dass die „deutsche Arzneimittelhaftung als ‚besondere Haftungs-regelung‘ durch diese Richtlinie allgemein nicht berührt wird, mit der Folge, dass das nationale arzneimittelrechtli-che Haftungssystem weiterentwickelt werden kann“.

VI. Fazit: Arzneimittelhaftung quo vadis?

Die Arzneimittelrechtsreform des Jahres 2002 hatte zum Ziel, die Chancen des Geschädigten zur Durchsetzung tatsächlich bestehender Ersatzansprüche wegen Arzneimit-telschäden zu verbessern, und zwar durch Erleichterungen beim Kausalitätsnachweis und durch Einführung von Aus-kunftsansprüchen. Im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des BGH lässt sich nicht sagen, dass die Ziele der Reform erreicht oder wesentlich gefördert worden wären. Die Ein-schätzung des BGH, die Kausalitätsvermutung dürfte „in vielen Fällen wirkungslos“ bleiben 119, wirft kein gutes Licht auf § 84 Abs. 2 AMG und wirft die Frage auf, ob es nicht

doch Auslegungsalternativen gegeben hätte, etwa i. S. einer Beweismaßreduktion, möglicherweise sogar ergänzt durch die Proportionalhaftung als einer ausgewogenen Haftungs-regel bei unsicherer Kausalität 120. Darüber hinaus steht mit dem Vorlagebeschluss des BGH die Vereinbarkeit sämtli-cher Neuregelungen mit Europarecht infrage. Ob sich wei-tere Mühen um die sachgerechte Handhabung der §§ 84 Abs. 2, 84a AMG lohnen, wird man erst wissen, nachdem der EuGH entschieden hat. Sollte der Gerichtshof mit der hier begründeten Ansicht die Weiterentwicklung der deut-schen Arzneimittelhaftung erlauben, sollte der VI. Zivilse-nat dies zum Anlass nehmen, die eigene Judikatur zu §§ 84 Abs. 2, 84a AMG zu überdenken. So, wie die Vorschriften derzeit praktiziert werden, bleiben sie nahezu wirkungslos. Spielräume für eine den rationes leges näher kommende Interpretation sind durchaus vorhanden. Der BGH sollte sie nutzen.

DOI: 10.1007/s00350-014-3687-2

Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung– Teil 2* –

Anke Harney, Stefan Huster und Britta Recktenwald

3. Organisationsinterne Qualitätssicherung

Die interne Qualitätssicherung zeichnet sich dadurch aus, dass die Qualitätssicherungsaktivitäten – im Gegensatz zu den bei-den vorher genannten Qualitätssicherungskategorien – nur auf der Ebene der einzelnen Einrichtungen ohne (verpflichtende) Einbeziehung externer Institutionen stattfinden.

Als einziges Instrument dieser Kategorie ist hier das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement zu nennen. Da der Begriff des Qualitätsmanagements in der Literatur mit höchst unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird, soll klarstellend erwähnt sein, dass sich der Begriff hier nur auf das Qualitätsmanagement i. S. des § 135 a Abs. 2 Nr. 2 SGB V bezieht. Nach dieser Vorschrift sind alle Leistungs-erbringer 156 verpflichtet, ein Qualitätsmanagementsystem einzuführen und weiterzuentwickeln. Qualitätsmanage-ment wird definiert als „Managementmethode (…), die auf die Mitwirkung aller Mitarbeiter gestützt die Qualität in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellt und kontinuier-lich bestrebt ist, die Bedürfnisse der Patienten, Mitarbei-ter, Angehörigen oder beispielsweise auch der zuweisenden Ärzte zu berücksichtigen“ 157. Auch wenn diese Definition etwas sperrig anmutet, lassen sich daran folgende charakte-ristische Eigenschaften des Qualitätsmanagements ablesen: (1.) Qualitätsmanagement ist eine Managementmethode. Hinter dem Begriff des Qualitätsmanagements verbirgt sich

kein klar umrissenes, bis ins Detail ausgeklügeltes Quali-tätssicherungsverfahren; vielmehr handelt es sich um ein Bündel von Maßnahmen, die die gesamte Organisation der Praxis bzw. des Krankenhauses betreffen. (2.) Die Qualität steht im Mittelpunkt der Bemühungen. Primäres Ziel des Qualitätsmanagements ist es, Probleme und Risiken bei der Versorgung von Patienten im Vorfeld zu erkennen und diese durch die Optimierung des betrieblichen Ablaufs zu ver-meiden 158. Dadurch soll die Sicherheit der Patienten gestei-gert und die Versorgungsqualität gefördert werden. (3.) Die Bedürfnisse von Patienten, Mitarbeitern, Angehörigen und

Anke Harney, Wiss. Mitarb., Prof. Dr. iur. Stefan Huster und Britta Recktenwald, Wiss. Mitarb., Institut für Sozial- und Gesundheitsrecht, Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44780 Bochum, Deutschland

Harney/Huster/Recktenwald, Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V MedR (2014) 32: 365–372 365

119) BGH, MedR 2013, 729, Rdnr. 23; oben, Fn. 34.120) Vgl. oben, Fn. 34.

*) Im Anschluß an Teil 1, MedR 2014, 273–282 (Heft 5).156) Für Vertragsärzte ist ein QM-System erst seit Einführung

des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) 2003 verpflich-tend (vgl. Gesetzentwurf und Begründung zum GMG, BT-Dr. 15/1525, S. 35, 124). Zwar war diese Regelung bereits im Entwurf des GKV-Reformgesetzes 2000 in § 136 Abs. 2 Nr. 1 SGB  V vorgesehen (BT-Dr.  14/1245, S.  21), wurde aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichen, da der Gesetzgeber zunächst davon ausging, dass das Potential eines Qualitätsmanagements in der vertragsärztlichen Versorgung er-kannt worden sei und auch ohne gesetzliche Verpflichtung ein QM eingeführt werde (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Dr. 14/1977, S. 169).

157) Begründung zum GKV-Reformgesetz 2000, BT-Dr. 14/1245, S. 86.

158) § 2 S. 4 der Qualitätsmanagement-Richtlinie vertragsärztliche Versorgung (QM-RL vertragsärztl. Vers.) des G-BA v. 18. 10. 2005, abrufbar unter http://www.g-ba.de/downloads/ 62-492-3/ RL_QM-Vertragsarzt-2005-10-18.pdf, abgerufen am 28. 12. 2013; vgl. auch Roters, in: KassKomm., § 135 a SGB V (Bearb. 4/2012), Rdnr. 11.

Page 2: Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung

zuweisenden Ärzten sind zu berücksichtigen. Die Qualität der Patientenversorgung hängt nicht nur von der Güte der reinen Leistungserbringung ab. Auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz, die Stimmung innerhalb des Praxisteams, der Umgang mit Patienten, deren Ange-hörigen und den eigenen Kollegen wirken sich auf die Mo-tivation und das Engagement der beteiligten Personen aus, auf ihre Zusammenarbeit und damit auch auf notwendige Abstimmungsprozesse. Dies kann sich unmittelbar auch auf die Qualität der Patientenversorgung auswirken.

§ 135 a Abs.  2 Nr.  2 SGB V stellt selbst keine weiteren inhaltlichen Anforderungen an das Qualitätsmanagement auf. Diese Aufgabe hat der Gesetzgeber in § 137 Abs.  1 S. 1 Nr. 1 SGB V dem G-BA übertragen, der daraufhin die grundlegenden Anforderungen an das Qualitätsma-nagement für die vertragsärztliche und die vertragszahn-ärztliche Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser in jeweils einer eigenen Richtlinie 159 festgelegt hat. Aber auch diese Richtlinien zeichnen sich durch eine eher ge-ringe Regelungsdichte aus: Verbindlich vorgeschrieben ist nur, dass ein Qualitätsmanagement innerhalb eines be-stimmten Zeitraums eingeführt werden muss; welche kon-kreten Ziele damit erreicht werden sollen und durch wel-che Maßnahmen dies geschehen soll, bleibt dem einzelnen Leistungserbringer selbst überlassen 160. Zu enge Vorgaben sollen vermieden werden, um das Qualitätsmanagement flexibel auf die „einrichtungsspezifischen Gegebenheiten vor Ort“ abstimmen zu können 161. Zudem soll die Gestal-tungsfreiheit der Leistungserbringer deren Bereitschaft zur Umsetzung des Qualitätsmanagements und Eigeninitia-tive bei der Weiterentwicklung fördern 162. Die QM-RL Vertragsärzte enthält lediglich einen Katalog von Maß-nahmen 163 wie z. B. Dokumentation, Teambesprechungen, Durchführungs anleitungen, Checklisten und Patientenbe-fragungen, an dem die Leistungserbringer sich bei der Aus-gestaltung des eigenen Qualitätsmanagements orientieren können 164. Die QM-Vereinbarung KH dagegen beschränkt sich auf die Aufzählung der ganz allgemein gehaltenen Grundelemente des Qualitätsmanagements (z. B. Patien-tenorientierung, Mitarbeiterorientierung, Wirtschaftlich-keit) in ihrer Präambel.

Insgesamt zeichnet sich das Qualitätsmanagement eher durch Informationen, Unterstützungsangebote und An-reize zur freiwilligen Qualitätsverbesserung aus als durch Kontrolle und Sanktionierung 165. Kontrolliert wird man-gels Verpflichtung zu konkreten Maßnahmen nur, ob über-haupt ein Qualitätsmanagement betrieben wird; eine sys-tematische Kontrolle der Qualität der Leistungserbringung selbst ist jedoch nicht Gegenstand dieser Überprüfung. Im Gegensatz zur datenbasierten Qualitätssicherung 166 handelt es sich daher um ein rein internes Qualitätssicherungsins-trument. Dies bedeutet freilich nicht, dass alle Aktivitäten im Rahmen des Qualitätsmanagements sich zwangsläufig auf eine einzelne Praxis bzw. Klinik zu beschränken haben. Im Gegenteil können Probleme, die sich in ähnlicher Form wahrscheinlich in jeder Praxis bzw. jedem Krankenhaus stellen, durch den ungezwungenen fachlichen Austausch unter Kollegen „auf Augenhöhe“ (z. B. durch Teilnahme an freiwilligen Qualitätszirkeln) besser analysiert und ge-meinsame Lösungen gefunden werden.

Trotz dieser unterschiedlichen Struktur von datenbasier-ter (v. a. externer) Qualitätssicherung und einrichtungsin-ternem Qualitätsmanagement besteht zwischen beiden ein enger Zusammenhang 167, denn das Qualitätsmanagement stellt einen geeigneten Rahmen auf, um z. B. die Ergebnisse der externen Qualitätssicherung praxis- bzw. klinikintern zu besprechen und ggf. Konsequenzen aus dem eigenen Abschneiden bei den Einrichtungsvergleichen zu ziehen. So können auch kleinere Qualitätsdefizite aufgearbeitet werden, die zu gering sind, um im Rahmen der externen Qualitätssicherung einen strukturierten Dialog 168 auszulö-

sen. Außerdem kann das Qualitätsmanagement auch prä-ventiv dazu beitragen, dass Leistungserbringer im Rahmen der externen Qualitätssicherung gar nicht erst auffällig werden, indem Mängel bei der Versorgung frühzeitig auf-gedeckt und beseitigt werden. Dies bewirkt, sozusagen als positiver Nebeneffekt, eine enorme Kostenersparnis bei der externen Qualitätssicherung 169.

4. Qualitätssicherung durch Qualitätsinformationen

Die Kategorie „Qualitätssicherung durch Qualitätsinfor-mationen“ zeichnet sich dadurch aus, dass über Qualitäts-informationen die Qualität der medizinischen Versorgung transparent und einer öffentlichen Betrachtung zugänglich gemacht wird. Dabei können sich die Informationen über die Qualität der medizinischen Versorgung in ihrem In-formationsgehalt unterscheiden. Sie können z. B. lediglich eine Gesamtbetrachtung von Leistungserbringern beinhal-ten oder einrichtungsbezogen erfolgen und damit die Qua-lität einzelner Leistungserbringer abbilden.

Ohne Qualitätsinformationen könnte der mit der Qua-litätssicherung intendierte Qualitätswettbewerb nicht ent-stehen. Qualitätsinformationen können eine gezielte, an Qualitätskriterien ausgerichtete Entscheidung über die Inan-spruchnahme von Leistungserbringern ermöglichen. Rele-vante Akteure in diesem Entscheidungsprozess sind vor allem die Patienten, aber auch zuweisende Vertragsärzte und Kran-kenhäuser sowie die gesetzlichen Krankenkassen. Das für sie – wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung – bestehende Informationsgefälle zur ärztlichen Expertenschaft soll redu-ziert werden. Qualitätsorientierte Entscheidungen können und sollen dazu führen, dass sich die Nachfrage im „Ge-sundheitsmarkt“ auf die besten Leistungserbringer verteilt.

Harney/Huster/Recktenwald, Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V366 MedR (2014) 32: 365–372

159) Qualitätsmanagement-Richtlinie für die vertragsärztliche Ver-sorgung (QM-RL Vertragsärzte.) v. 18. 10. 2005, Qualitäts-management-Richtlinie vertragszahnärztliche Versorgung v. 17. 11. 2006, Vereinbarung über die grundsätzlichen Anforde-rungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (QM-Vereinba-rung KH) v. 21. 6. 2005. Damals waren die Rechtsgrundlagen für die Ausgestaltung des QMs noch nach Sektoren getrennt (§§ 136 a, 136b, 137 SGB V i. d. F. des GMG 2003); § 137 Abs. 1 S.  3 Nr.  1 a. F. SGB  V sah für den stationären Bereich die Rechtsform des Beschlusses bzw. der Vereinbarung vor. Diese einzelnen Vorschriften sind heute sektorenübergreifend in § 137 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V zusammengefasst, der als Rechtsform die Richtlinie nach § 92 SGB V vorschreibt. Wenn daher im Folgenden von „den Richtlinien“ gesprochen wird, dient dies der sprachlichen Vereinfachung und bezieht sich auch auf die QM-Vereinbarung für den stationären Sektor.

160) Vgl. Vießmann, in: Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht, 1. Aufl. 2011, § 135 a SGB V, Rdnr. 11.

161) BT-Dr. 14/1245, S. 87.162) Roters, in: KassKomm., Vorbem. zu §§ 135–139 SGB V (Bearb.

7/2011), Rdnr. 18.163) Hier spricht die RL von Instrumenten. Die dort aufgezählten

Elemente sind nach obiger Definition aber nicht als eigenes Qualitätssicherungsinstrument, sondern als einzelne Maßnah-me im Rahmen des Qualitätssicherungsinstruments „Qualitäts-management“ zu verstehen.

164) Vgl. § 4 QM-RL Vertragsärzte.165) Vgl. Roters, in: KassKomm., Vorbem. zu §§ 135–139 SGB  V

(Bearb. 7/2011), Rdnr. 7.166) S. oben, sub II.1.167) Die G-BA-Richtlinien zum QM sehen vor, dass die externe

QS nach § 137 SGB V in das einrichtungsinterne Qualitätsma-nagement integriert werden soll, vgl. § 3 Nr. 2 lit. c QM-RL Vertragsärzte, § 2 Abs. 12 QM-Vereinbarung KH.

168) Ausführlich zu den Verfahren im Rahmen der externen Qua-litätssicherung vgl. Harney/Huster/Recktenwald, WzS 2013, 327, 328.

169) Vgl. Seewald, in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertrags-arztrechts, 2. Aufl. 2006, § 21, Rdnr. 6.

Page 3: Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung

Qualitätsinformationen dienen zudem als Grundlage für ge-sundheitspolitische Entscheidungen, die die medizinische Versorgungsqualität verbessern sollen. Aus diesen Gründen erfolgt Qualitätssicherung auch durch die Offenlegung rele-vanter Qualitätsinformationen. Dies geschieht mit Hilfe z. B. strukturierter Qualitätsberichte zugelassener Krankenhäuser, den Krankenhausbewertungsportalen gesetzlicher Kran-kenkassen, den Qualitätsreporten oder den Berichten zum Krebsregister, die daher als Instrumente einzuordnen sind.

Instrumente aus der Kategorie „Qualitätssicherung durch Qualitätsinformationen“ knüpfen typischerweise an Instru-mente aus anderen Kategorien an. Ihre Funktion ist darauf „reduziert“, die Qualität der medizinischen Versorgung, wie sie sich nach anderen Instrumenten darstellt, als Infor-mation abzubilden. Im Unterschied zu Instrumenten aus anderen Kategorien werden folglich keine Qualitätsstan-dards gesetzt. Die Steuerung der Qualität der Versorgung erfolgt auf indirektere Weise, weil sie auf eine Beeinflus-sung des Entscheidungsverhaltens relevanter Akteure setzt.

a) Strukturierte Qualitätsberichte zugelassener Krankenhäuser

aa) EinführungDie zugelassenen Krankenhäuser sind nach § 137 Abs. 3 Nr. 4 SGB V verpflichtet, im Jahresturnus sog. strukturierte Qua-litätsberichte zu erstellen 170. Der Gesetzgeber regelt nicht ab-schließend („insbesondere“), welche Qualitätsinformationen über den strukturierten Qualitätsbericht abzubilden sind. Der G-BA wird ermächtigt, den Inhalt, den Umfang und das Datenformat durch Beschluss zu regeln. Von seiner Ermäch-tigung hat der G-BA durch Erlass der Regelungen zum Qua-litätsbericht der Krankenhäuser (Qb-R) Gebrauch gemacht.

bb) SteuerungsansatzÜber den strukturierten Qualitätsbericht wird allein die Qualität der medizinischen Versorgung zugelassener Kran-kenhäuser gesteuert 171. Die Qualitätsinformationen bezie-hen sich auf diverse Instrumente zugelassener Krankenhäu-ser, die teilweise aus verschiedenen Kategorien stammen 172. Erfasst wird der Stand der externen Qualitätssicherung 173, d. h. die Krankenhäuser stellen die Leistungsbereiche, in denen sie an der externen Qualitätssicherung teilnehmen, unter Angabe ihrer Fallzahlen (und Dokumentationsraten) dar und teilen ferner die Qualität ihrer Leistungserbringung durch die Veröffentlichung der Ergebnisse aus den Qua-litätsindikatoren mit 174. Dabei unterliegen allerdings nur ausgewählte Qualitätsindikatoren einer Veröffentlichungs-pflicht. Der G-BA bestimmt diese in den Qb-R 175, wobei § 137 Abs. 1b SGB V speziell für den Bereich der Hygiene vorgibt, dass Hygienequalitätsindikatoren zu veröffentli-chen sind 176. Darüber hinaus werden folgende Qualitäts-informationen aufgenommen: Angaben zum Qualitätsma-nagement 177, Angaben zur Erfüllung der Anforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität 178 einschließ-lich besonderer Anforderungen im Bereich der Hygiene 179, Angaben zur Erfüllung der Fortbildungspflichten 180, An-gaben zur Erfüllung der Mindestmengen 181. Die Veröf-fentlichung ordnungsgemäß gelieferter Qualitätsberichte 182 erfolgt durch die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen im Internet 183. Ein verspätet eingereichter Qualitätsbericht führt zu der unangenehmen Rechtsfolge einer jährlichen Prüfung des betreffenden Krankenhauses durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 17 c Abs. 2 S. 8 KHG, die erst mit der Veröffentli-chung des nächsten Qualitätsberichts endet 184.

b) Krankenhausbewertungsportale gesetzlicher Krankenkassen

aa) Einführung§ 137 Abs. 3 S. 6 SGB V ermächtigt die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbän-

de dazu, Vertragsärzte und Versicherte über die Qualität zugelassener Krankenhäuser auch im Vergleich zu infor-mieren und Empfehlungen auszusprechen. Auf Basis die-ser Ermächtigungsgrundlage sind im Internet zahlreiche Krankenhausbewertungsportale gesetzlicher Krankenkas-sen entstanden 185. Beispielhaft genannt 186 sei der AOK-Ge-sundheitsnavigator 187, die weiße Liste der Barmer GEK 188, der Klinikführer der Techniker Krankenkasse 189 und der Klinikfinder der Betriebskrankenkassen 190. Mit Blick auf die Vertragsärzte existiert keine vergleichbar deutliche Er-mächtigungsgrundlage für die gesetzlichen Krankenkas-sen zur Implementierung von Arztbewertungsportalen 191. Von den Krankenhaus- oder Arztbewertungsportalen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft 192 sind diejenigen abzu-

Harney/Huster/Recktenwald, Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V MedR (2014) 32: 365–372 367

170) Zur Grundrechtsrelevanz vgl. im Einzelnen Ebsen, GuP 2013, 121, 125.

171) Für Vertragsärzte ist eine vergleichbare Veröffentlichungspflicht gesetzlich nicht vorgesehen.

172) Vgl. zum Inhalt und Umfang des Qualitätsberichts § 3 Qb-R und Anlage 1 der Qb-R.

173) § 137 Abs. 3 Nr. 4 SGB V nimmt § 137 Abs. 1 SGB V in Bezug und damit auch die in §§ 137 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1, 137a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB V geregelte externe Qualitätssicherung.

174) Vgl. „Beschluss des G-BA über eine Änderung der Regelungen zum Qualitätsbericht der Krankenhäuser“ v. 19. 5. 2011, S.  2, wo darauf hingewiesen wird, dass eine Verpflichtung zur Ver-öffentlichung der Ergebnisse aus der externen Qualitätssiche-rung zu Beginn der Einführung der externen stationären Qua-litätssicherung im Jahr 2001 nicht bestand. Erst nachdem die Veröffentlichung zunehmend eingefordert worden sei, habe der G-BA erstmals für das Jahr 2006 eine Veröffentlichungspflicht (im strukturierten Qualitätsbericht) eingeführt.

175) Die Anzahl der zu veröffentlichenden Qualitätsindikatoren wurde zuletzt durch den Beschluss des G-BA v. 16. 5. 2013, mit dem die Qb-R geändert worden ist, auf 289 Qualitätsindika-toren erweitert. Zuvor erstreckte sich die Veröffentlichungs-pflicht auf 182 Qualitätsindikatoren und zuvor auf lediglich 28 Qualitätsindikatoren. Wegen Schwierigkeiten bei der Einigung im G-BA wurde das AQUA-Institut (wiederholt) beauftragt zu prüfen, welche Qualitätsindikatoren zur Veröffentlichung ge-eignet sind (vgl. Berichte des AQUA-Instituts, zu recherchieren unter ww.sqg.de).

176) Bei den Hygienequalitätsindikatoren werden, ebenso wie bei den übrigen Qualitätsindikatoren, nur solche veröffentlicht, die sich zur Veröffentlichung eignen, vgl. § 137 Abs. 1b S. 1 SGB V. Die veröffentlichungsfähigen Hygienequalitätsindikatoren wer-den in der Qb-R geregelt.

177) §§ 137 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbs. SGB V.178) §§ 137 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 1 Nr. 2 SGB V. 179) §§ 137 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 1a, Abs. 1 Nr. 2 SGB V.180) §§ 137 Abs. 3 Nr. 4, Nr. 1 SGB V. 181) §§ 137 Abs. 3 Nr. 4, Nr. 2 SGB V.182) Vgl. § 7 Abs. 1 Qb-R (fristgerecht und gemäß den Vorgaben in

Anlage 1). 183) § 8 Abs. 1 S. 1 Qb-R. 184) § 7 Abs. 3 Qb-R.185) Martini, DÖV 2010, 573, 574.186) Vgl. auch die Auflistung auf der Homepage des G-BA unter

http://www.g-ba.de/institution/themenschwerpunkte/quali-taetssicherung/qualitaetsbericht/suche/, abgerufen am: 30. 10. 2013.

187) www.aok-gesundheitsnavi.de.188) www.weisse-liste.barmer-gek.de.189) www.tk.de/klinikfuehrer.190) www.bkk-klinikfinder.de.191) So Martini, DÖV 2010, 573, 576, der allerdings in § 305 Abs. 3

S. 1 SGB V eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage sieht. Arztbewertungsportale gesetzlicher Krankenkassen werden z. B. von der AOK im Internet unter http://www.aok-gesund-heitsnavi.de/aerzte.20.de.html oder auch von der Barmer-GEK unter https://weisse-liste.arzt-versichertenbefragung.barmer-gek.de/ angeboten.

192) Zu staatlichem Informationshandeln grundlegend: BVerfG (Glykol), Beschl. v. 26. 6. 2002 – 1 BvR 558/91, 1428/91  –, BVerfGE 105, 252.

Page 4: Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung

grenzen, die von privaten Anbietern zur Verfügung gestellt werden. 193

bb) SteuerungsansatzDa die Krankenhausbewertungsportale als Datengrund-lage insbesondere die strukturierten Qualitätsberichte der Krankenhäuser nutzen 194, werden die dort zu den zahl-reichen Instrumenten erfassten Qualitätsinformationen 195 über das Krankenhausbewertungsportal (erneut) abgebil-det. Der  Mehrwert der Krankenhausbewertungsportale liegt u. a. in der Möglichkeit, die Qualität der Kranken-häuser im direkten Vergleich darzustellen.

c) Qualitätsreport, Bericht zum Krebsregister

Das AQUA-Institut ist nach § 137 a Abs. 2 Nr. 4 SGB V ver-pflichtet, die Ergebnisse aus der externen Qualitätssiche-rung zu veröffentlichen. Bisher ist dieser Qualitätsreport allein für die externe stationäre Qualitätssicherung von Relevanz. Das AQUA-Institut stellt über den Qualitätsre-port jährlich die Qualität zugelassener Krankenhäuser bun-desweit dar, in dem für die Leistungsbereiche der externen Qualitätssicherung die Ergebnisse der Qualitätsindikatoren veröffentlicht werden 196. Der Qualitätsreport beruht auf den sog. Bundesauswertungen des AQUA-Instituts, die zu den jeweiligen Leistungsbereichen jährlich erstellt werden, und fasst diese in einem Bericht zusammen. Die Bundes-auswertungen und der Qualitätsreport lassen keinen Rück-schluss auf die Qualität einzelner Krankenhäuser zu, da die Qualität lediglich als bundesbezogenes Gesamtergebnis dargestellt wird 197. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den strukturierten Qualitätsberichten der zugelassenen Krankenhäuser und zu den Krankenhausbewertungsporta-len der gesetzlichen Krankenkassen.

Eine weitere Informationspflicht knüpft an das Instrument der klinischen Krebsregister an. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist nach § 65 c Abs. 10 SGB V ab dem Jahr 2018 im Abstand von fünf Jahren verpflichtet, die Ergebnisse aus der klinischen Krebsregistrierung bundesweit darzustel-len, wobei der Bericht auf der Basis der Landesauswertungen und der Bundesauswertungen des G-BA erfolgt.

5. Qualitätssicherung durch finanzielle Anreize (pay for performance)

Die Kategorie „Qualitätssicherung durch finanzielle Anrei-ze“ erfasst (nur) solche Vergütungsanreize, die begrifflich als „Pay-for-Performance“ eingeordnet werden können. Der Begriff Pay-for-Performance ist kein Rechtsbegriff, der le-gal definiert wird. Er wird daher inhaltlich unterschiedlich besetzt. Nach der hier vorgeschlagenen Definition zeichnet sich Pay-for-Performance durch folgende Merkmale aus: (1.) Belohnt wird finanziell gesteigerte Qualität, so dass an Qualitätskriterien angeknüpft wird, die über das Qualitäts-niveau hinausgehen, welches ohnehin vom SGB V gefor-dert wird. Ohne diese Unterscheidung wäre im Grunde das gesamte Recht der GKV ein Pay-for-Performance System und somit der Begriff wenig sinnvoll. (2.) Die finanzielle Vergütung wird für eine Steigerung der Qualität gezahlt, nachdem sie in Bezug auf die Prozesse oder die Ergebnis-se der medizinischen Versorgung nachgewiesenermaßen eingetreten ist 198. Finanzielle Anreize für besondere Struk-turen (z. B.: höhere Personalzahl, besondere Qualifikation des Personals, spezielle technische Ausstattung) sind daher nicht unter den Begriff „Pay-for-Performance“ zu fassen 199. Das Vorhalten bestimmter Strukturen sagt zunächst wenig über die tatsächlich erbrachte Qualität aus und weist den Ef-fekt auf die Qualität der medizinischen Versorgung und die Effizienz der Mittelverwendung nicht nach 200. Pay-for-Per-formance-Vergütungsanreize zeichnen sich daher dadurch aus, dass sie nach einem effizienteren Gesundheitssystem streben 201. Solche Pay-for-Performance-Vergütungsanreize

zur Verbesserung der Qualität der medizinischen Versor-gung können auf Instrumentenebene z. B. mit Zuschlägen für die Erfüllung besonderer Qualitätsmerkmale i. S. von § 136 Abs. 4 SGB V geschaffen werden. Unter welchen Vo-raussetzungen Zuschläge nach § 136 Abs.  4 SGB  V eine pay-for-performance-Steuerung beinhalten und daher in-soweit als Instrument dieser Kategorie eingeordnet werden können, wird noch im Einzelnen erläutert.

a) Einführung

Die Qualitätssicherung durch Pay-for-Performance steht im Wesentlichen vor zwei Problemen. So ist die Ergebnisquali-tät von Faktoren abhängig, auf die der Arzt keinen Einfluss hat. So beeinflusst auch der Patient selbst die Ergebnisqua-lität seiner medizinischen Versorgung, z. B. über seine The-rapietreue. Diese schwierigen Kausalitätsfragen begrenzen die Möglichkeiten, ergebnisorientierte Vergütungssyste-me einzuführen. Darüber hinaus muss Qualitätssicherung durch Pay-for-Performance stets die Frage beantworten, ob die finanziellen Mittel aus dem bisherigen Budget her-ausgerechnet werden oder ob ihre Bereitstellung zusätzlich erfolgt. Werden die finanziellen Mittel herausgerechnet, findet (lediglich) eine Umverteilung des Honorars unter Qualitätsgesichtspunkten statt. In diesem Fall liegt nicht nur eine Belohnung derjenigen Leistungserbringer vor, welche die gesteigerten Qualitätsanforderungen erfüllen. Vielmehr hat das Pay-for-Performance-Instrument gleichzeitig Sank-tionierungscharakter gegenüber denjenigen Leistungser-bringern, die die gesteigerten Qualitätsanforderungen nicht erfüllen, da deren Vergütung (zwangsläufig) sinkt 202.

b) Steuerungsansatz

Bekanntermaßen beziehen sich die bisherigen finanziellen Anreize im deutschen Gesundheitswesen in erster Linie auf die Leistungsmenge (Einzelleistungen, Fallpauschalen) 203.

Harney/Huster/Recktenwald, Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V368 MedR (2014) 32: 365–372

193) Vgl. dazu und generell zu personenbezogenen Bewertungs-portalen aus juristischer Sicht nur: BGH (spickmich.de), Urt. v. 23. 6. 2009 – VI ZR 196/08 –, NJW 2009, 2888; LG Berlin (meinprof.de), Urt. v. 31. 5. 2007 – 27 S 2/07 –, MMR 2007, 668; LG Regensburg (meinprof.de), Urt. v. 2. 2. 2009 – 1  O 1642/08, 1 O 1642/08(2) –, AfP 2009, 175 ff.; Martini, DÖV 2010, 573, 582; Gounalakis/Klein, NJW 2010, 566 ff.; Kaiser, NVwZ 2009, 1474 ff.; Greve/Schärdel, MMR 2008, 644.

194) Vgl. Martini, DÖV 2010, 573, 574, der darauf verweist, dass teil-weise auch weitere Daten, wie etwa die Ergebnisse aus Patien-tenbefragungen, genutzt werden.

195) Vgl. die Ausführungen sub II.4.a)bb).196) Die Qualitätsreporte können auf der Homepage des AQUA-

Instituts herunter geladen werden: http://www.sqg.de/themen/qualitaetsreport/index.html, abgerufen am 30. 10. 2013.

197) Auf Basis der Fälle (Patienten) und auf Basis der Krankenhäuser. 198) Vgl. zur Definition von Pay-for-Performance nach dem Gut-

achten der BQS, abrufbar unter http://bqs-institut.de/images/stories/doc/P4P-Gutachten-BQS-20120727.pdf, abgerufen am 28. 12. 2013, sub Punkt A. 4.4, wonach allein die retrospektive Form, bei der durch Nachweise bzw. Messung der erbrachten Leistung (Prozess oder Ergebnis) die Vergütung festgelegt wird, als Pay-for-Performance eingeordnet wird.

199) So bereits das Gutachten der BQS, abrufbar unter http://bqs-ins-titut.de/images/stories/doc/P4P-Gutachten-BQS-20120727.pdf, abgerufen am 28. 12. 2013, welches hierfür den Begriff „Pay-for-Competence“ oder auch „Pay-for-Structure“ einführt.

200) So das Gutachten der BQS, abrufbar unter http://bqs-institut.de/images/stories/doc/P4P-Gutachten-BQS-20120727.pdf, abge-rufen am 28. 12. 2013, sub Punkt A. 6.3.1.

201) So das Gutachten der BQS, abrufbar unter http://bqs-institut.de/images/stories/doc/P4P-Gutachten-BQS-20120727.pdf, abge-rufen am 28. 12. 2013, sub Punkt A. 6.3.1.

202) Vgl. Huster, GuP 2011, 1 ff.203) Schrappe/Gültekin, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheits-

forschung – Gesundheitsschutz 2/2011, 166; vgl. auch Hilde-brandt/Richter=Reichhelm/Trojan/Glaeske/Hesselmann, Sozialer Fortschritt 7/2009, 154 f.

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Im Unterschied dazu schafft eine Pay-for-Performance-Steuerung eine direkte finanzielle Motivation für eine hohe medizinische Versorgungsqualität 204.

Finanzielle Anreize durch Pay-for-Performance finden sich primär im vertragsärztlichen Sektor. So ermöglicht etwa § 136 Abs. 4 SGB V auf kollektivvertraglicher Ebene Pay-for-Performance-Steuerungen. Sie können aber auch zum Bestandteil besonderer Versorgungsformen werden, in die nicht nur Vertragsärzte, sondern auch zugelassene Krankenhäuser einbezogen werden können (z. B.: Disease-Management-Programme §§ 137f., 137g SGB V, Integrierte Versorgung §§ 140a–d SGB V) 205.

Nach § 136 Abs. 4 SGB V besteht gegenüber Vertragsärzten für die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kranken-kassen die Möglichkeit, im Rahmen der Gesamtverträge (Normsetzungsverträge) gesteigerte Qualitätsanforderungen festzulegen und diese durch Zuschläge besonders zu vergüten. Die Vertragspartner sind frei darin zu entscheiden, welche „besonderen Leistungs-, Struktur- oder Qualitätsmerkmale“ sie festlegen. Es sind jedoch nur solche Vergütungsanreize als Pay-for-Performance einzuordnen, die die oben definierten beiden Merkmale (zum einen gesteigerte Qualitätsanforde-rungen 206 und zum anderen nachgewiesene Qualitätssteige-rung auf Prozess- oder Ergebnisebene) erfüllen. Der Anwen-dungsbereich von § 136 Abs. 4 SGB V geht jedoch über diese Definition hinaus, da z. B. auch Strukturanforderungen durch Zuschläge besonders vergütet werden können. Folglich sind die auf der Grundlage von § 136 Abs. 4 SGB V geschlossenen gesamtvertraglichen Vereinbarungen nicht zwingend als Pay-for-Performance einzuordnen. In der praktischen Umsetzung dieser Regelung hat es bisher keine Pay-for-Performance-Steuerung gegeben, da bisher ausschließlich besondere Struk-turanforderungen zusätzlich vergütet werden 207.

Finanziert werden die Zuschläge auf Kosten der sich nicht beteiligenden Ärzte, was politisch für die Kassenärztlichen Vereinigungen als Vertreter sämtlicher Vertragsärzte nicht ganz einfach sein dürfte. Nach § 136 Abs.  4 S.  2 SGB  V erfolgt ein Abschlag von dem nach § 87 Abs. 2 S. 1 SGB V vereinbarten Punktwert und damit auf die Regelvergütung, wobei die Höhe des Abschlages verfassungsrechtlich an Art. 12 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist 208.

III. Qualitätssicherungskonzepte

Soweit im Rahmen einer organisierten Form der Versorgung mehrere Instrumente aus mindestens zwei unterschiedli-chen Kategorien vollständig oder in modifizierter Form ab-gebildet werden, handelt es sich hierbei um ein Konzept. Ein Konzept vereint folglich ein Bündel an Kategorien und Instrumenten. Als Konzepte lassen sich z. B. die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116 b SGB  V sowie die organisierten Früherkennungsprogramme einordnen.

1. Ambulante spezialfachärztliche Versorgung

Durch das VStG 2012 ist mit der ambulanten spezialfach-ärztlichen Versorgung (ASV) ein ganz neuer Versorgungs-sektor entstanden, der in einigen Bereichen den vertragsärzt-lichen und den stationären Sektor miteinander verbindet 209. Die ASV erfasst gem. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB V einen (nicht abschließenden) Katalog schwerer Verlaufsformen von Er-krankungen mit besonderem Krankheitsverlauf, seltener Erkrankungen und Erkrankungszuständen mit entspre-chend geringen Fallzahlen sowie einige hochspezialisierte Leistungen. Da Patienten mit solch schwerwiegenden oder seltenen Erkrankungen häufig eine Vielzahl von Leistun-gen in Anspruch nehmen, die teils dem vertragsärztlichen und teils dem stationären Sektor zugeordnet werden kön-nen, bedarf es einer besonders gut strukturierten und ab-gestimmten Versorgung, um ein hohes Qualitätsniveau bei der Versorgung dieser Patienten sicherzustellen. Durch den

sektorverbindenden Ansatz der ASV soll den besonderen Bedürfnissen dieser Patienten Rechnung getragen werden. In diesen neuen Versorgungssektor fließen daher die wich-tigsten Regelungen zur Qualitätssicherung aus der ambu-lanten und der stationären Versorgung sowie gänzlich neue Regelungen ein. Einige dieser Regelungen wurden bereits oben beschrieben. Da jeweils nur einzelne Instrumente der verschiedenen Qualitätssicherungskategorien auch bei der ASV zum Einsatz kommen, handelt es sich bei der ASV also um ein Qualitätssicherungskonzept.

Einzelheiten zur Ausgestaltung der ASV hat der G-BA in der ASV-Richtlinie 210 auf der Grundlage des § 116 b Abs. 4 S. 1 SGB V geregelt. Teilnahmeberechtigt sind danach alle Leistungserbringer (Vertragsärzte und zugelassene Kran-kenhäuser), die die personellen und sachlichen Anforderun-gen erfüllen und dies dem nach § 116 b Abs. 3 S. 1 SGB V erweiterten Landesausschuss der Ärzte und Krankenkas-sen 211 unter Vorlage der entsprechenden Nachweise anzei-gen 212. Diese besonderen Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität sind zum Teil bereits in der ASV-RL enthalten (v. a. personelle Anforderungen); größtenteils aber werden sie erst erkrankungs- und leistungsbezogen in den überwiegend noch zu beschließenden Anlagen zur ASV-RL 213 festgelegt (v. a. sachliche Anforderungen). Eine erste Konkretisierung beschloss der G-BA am 19. 12. 2013 für die Behandlung von Patienten mit Tuberkulose oder atypischer Mykobakteriose. 214 Mit Inkrafttreten des Beschlusses nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Ge-sundheit und Bekanntmachung im Bundesanzeiger werden (entsprechende) Leistungen im Rahmen der spezialfachärzt-lichen Versorgung zu Lasten der GKV erbringbar sein.

Eine zentrale qualitative Mindestanforderung in per-soneller Hinsicht stellt dabei eine spezielle fachärztliche Qualifikation dar, d. h. Fachärzte des hausärztlichen Ver-sorgungsbereichs sollen nur im Einzelfall unter weiteren Voraussetzungen an der ASV teilnehmen können 215. Eine

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204) Schrappe/Gültekin, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsfor-schung – Gesundheitsschutz 2/2011, 166.

205) Auf die Pay-for-Performance-Elemente als Bestandteil beson-derer Versorgungsformen wird im Rahmen dieses Beitrags nicht näher eingegangen.

206) Zum Bestimmtheits- und Spezialitätsgebot vgl. Rixen, MedR 2009, 697, 698.

207) So (Stand 2012) das Gutachten der BQS, abrufbar unter http://bqs-institut.de/images/stories/doc/P4P-Gutachten-BQS- 2012 0727.pdf, abgerufen am 28. 12. 2013, sub Punkt A. 6.3.1.

208) So und mit weiteren Ausführungen Rixen, MedR 2009, 697, 699 f.

209) Entwurf zum VStG 2012, BT-Dr.  17/6906, S.  80; Becker, in: Becker/Kingreen (Hrsg.), SGB V, 3. Aufl. 2012, § 116, Rdnr. 1; Huster, KU Gesundheitsmanagement 12/2013, 62 ff.

210) Richtlinie über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116 b SGB  V (ASV-RL) v. 20. 7. 2013, abrufbar unter http://www.g-ba.de/downloads/ 62-492-743/ASV-RL_ 2013-03-21.pdf, abgerufen am 28. 12. 2013.

211) § 90 Abs. 1 SGB V.212) § 116 b Abs. 2 S. 1 SGB V.213) Bisher hat sich der G-BA über Eckpunkte verständigt, vgl.

http://www.g-ba.de/institution/themenschwerpunkte/ 116b/, abgerufen am 28. 12. 2013.

214) Der Beschluss des G-BA war am 9. 1. 2014 noch nicht abrufbar, vgl. jedoch die an diesem Tag abgerufene Pressemitteilung un-ter http://www.g-ba.de/institution/presse/pressemitteilungen/ 513/#footer.

215) Dies ist bisher zwar weder im Gesetz noch in der ASV-RL aus-drücklich geregelt – § 116 b Abs. 1 S. 1 SGB V wie auch § 3 Abs. 1 S. 1 ASV-RL sprechen lediglich von einer speziellen Qualifikati-on. Dass damit grundsätzlich fachärztliche Qualifikationen – au-ßerhalb der fachärztlichen Qualifikation im hausärztlichen Ver-sorgungsbereich – gemeint sind, geht schon aus dem Begriff der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung hervor, der im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens den Begriff der ambulanten spezial-ärztlichen Versorgung ersetzt hat, vgl. BT-Dr. 17/8005, S. 115.

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Besonderheit der ASV ist die in der Regel notwendi-ge Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team 216. Dazu sind spezielle Kooperationsvereinbarungen zwi-schen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern 217 abzuschließen. Im Übrigen kommen hier bereits aus der vertragsärztlichen Versorgung, der stationären und der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung bekannte In-strumente wieder zur Anwendung: So gilt auch für die ASV die Regelung über neue Untersuchungs- und Be-handlungsmethoden im Krankenhaus nach § 137 c SGB V (Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt) 218. Hinsichtlich der An-forderungen an die Qualifikation der Ärzte, die appara-tiven, organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen gelten die Vereinbarungen gem. § 135 Abs. 2 SGB V aus dem vertragsärztlichen Bereich entsprechend, soweit in den Anlagen keine andere Regelung getroffen wird 219. Außer-dem sollen die Leistungserbringer regelmäßig an fachspezi-fischen Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen 220. Gem. § 11 ASV-RL sind in den Anlagen auch Regelungen zu Mindestmengen zu treffen. § 12 ASV-RL ordnet schließ-lich an, dass die Regelungen des G-BA zur einrichtungs-übergreifenden (d. h. externen) Qualitätssicherung 221 sowie die Vorgaben zum einrichtungsinternen Qualitätsmanage-ment 222 sowohl für die vertragsärztliche als auch für die stationäre Versorgung auch bei der Leistungserbringung im Rahmen der ASV zu beachten sind.

Sofern die Kostenträger nach diesen Vorschriften zur Minderung oder gar Versagung der gesamten Vergütung befugt sind, ergibt sich für die ASV allerdings eine Beson-derheit: Sämtliche ASV-Leistungen werden, unabhängig davon, ob sie ursprünglich der vertragsärztlichen oder der stationären Versorgung zuzurechnen waren, grundsätz-lich (d. h. vorbehaltlich einer anderen Regelung durch den G-BA) mit den Krankenkassen abgerechnet 223. Dement-sprechend können auch nur die Krankenkassen bzw. die von ihnen beauftragten Prüfungsinstanzen wie z. B. der MDK vergütungsrechtliche Sanktionen gegen Leistungser-bringer anordnen, die die entsprechenden Qualitätsanfor-derungen nicht erfüllen. Dies betrifft aber nur die Abrech-nung im Rahmen der ASV. Eine Abrechnung im Rahmen der regulären vertragsärztlichen oder stationären Versor-gung bleibt unter den übrigen für den jeweiligen Bereich geltenden Voraussetzungen möglich 224.

2. Organisierte Früherkennungsprogramme

Die organisierten Früherkennungsprogramme verfügen im Unterschied zu den Früherkennungsuntersuchun-gen außerhalb organisierter Programme über eine detail-liertere Organisation der Versorgung, die sich in einem systematischen Einladungswesen und einer integrierten fortlaufenden Qualitätssicherung zeigt 225. Ein solch orga-nisiertes Früherkennungsprogramm existiert bisher nur für die Früherkennung von Brustkrebs (Mammographie-Screening), zu dem Frauen zwischen 50 und 69  Jahren im 2-Jahres-Turnus eingeladen werden. Die gesetzliche Grundlage, auf die das Mammographie-Screening sowie weitere Früherkennungsuntersuchungen, die nicht als or-ganisierte Programme angeboten werden 226, zurück geht, findet sich in § 25 SGB V. Der Gesetzgeber hat den G-BA über § 25 Abs.  4, 5 SGB V umfassend zur Ausgestaltung der Früherkennungsuntersuchungen einschließlich der Festlegung von Qualitätsanforderungen ermächtigt. Die ausdrücklich auf die Qualitätssicherung Bezug nehmende Ermächtigung in § 25 Abs. 5 SGB V ist gezielt mit Blick auf die Einführung des Mammographie-Screenings und der in den europäischen Leitlinien für die Qualitätssicherung des Mammographie-Screenings (Stand 2001) enthaltenen Anforderungen im Jahr 2003 mit dem GKV-Modernisie-rungsgesetz (GMG) 227 geschaffen worden 228. Der G-BA hat auf diesen Grundlagen die Inhalte des Mammographie-

Screenings in der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) geregelt 229. Weitere Bestimmungen haben die Partner des BMV-Ä in der Anlage 9.2. getroffen.

Mit den Regelungen des G-BA zur Qualitätssicherung des Mammographie-Screenings in der KFE-RL greift dieser auf bekannte Kategorien und Instrumente zurück. Diese werden nicht unbedingt deckungsgleich, sondern meist in modifizierter Form herangezogen. Die Festlegung von z. B. struktur- und prozessbezogenen Qualitätsanfor-derungen ist aus der Kategorie „Struktur-, prozess- und er-gebnisorientierte Qualitätssicherung“ bekannt. Die Quali-tätsanforderungen reichen von Vorgaben zur Nutzung von Praxisräumen über Vorschriften zur Praxisausstattung, zur Qualifikation des ärztlichen und nichtärztlichen Personals (z. B. Facharztqualifikation, vorgeschriebene Mindestan-zahl an Untersuchungen/Befundungen pro Arzt) bis hin zur Regelung von Detailfragen des Untersuchungsablaufs (z. B. Aufklärung der Patienten, Durchführung von Tests, Anfertigung von Röntgenaufnahmen, unabhängige Be-fundung durch zwei Ärzte etc.). Darüber hinaus sieht das Mammographie-Screening eine organisierte Einladung der Frauen vor 230; ferner sollen sie gezielt Informationen über die Hintergründe, Ziele, Inhalte und Vorgehensweise des Früherkennungsprogramms erhalten 231. Das Mammo-graphie-Screening beinhaltet folglich eine Qualitätssiche-rung durch Qualitätsinformationen, allerdings in deutlich modifizierter Form, da hier nicht über die Versorgungs-qualität informiert wird. Schließlich findet eine begleiten-de Evaluation des Mammographie-Screenings statt 232, so dass die systematische Datennutzung, die der Kategorie der datenbasierten Qualitätssicherung zugrunde liegt, aufge-griffen wird.

Mit dem Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz vom 3. 4. 2013 233 sind über den neuen § 25 a SGB V die organi-sierten Krebsfrüherkennungsprogramme weiterentwickelt worden. Danach sollen Untersuchungen zur Früherken-nung von Krebserkrankungen nach § 25 Abs.  2 SGB  V

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216) § 2 Abs. 1 S. 2 ASV-RL.217) Dass die Kooperation ausschließlich zwischen Krankenhäusern

und Vertragsärzten stattfinden soll, geht nicht eindeutig aus den bisherigen Regelungen hervor, soll sich aber aus dem sektoren-übergreifenden Ansatz der ASV ergeben, vgl. BT-Dr. 17/6906, S. 82.

218) § 116 b Abs. 1 S. 2 SGB V, § 5 Abs. 2 ASV-RL.219) §§ 3 Abs. 5 S. 2, 4 Abs. 2 S. 1 ASV-RL.220) § 3 Abs. 5 S. 1 ASV-RL.221) § 135 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 137 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V.222) § 135 a Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 137 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V.223) § 116 b Abs. 6 SGB V.224) Vgl. Becker, in: Becker/Kingreen (Hrsg.), SGB V, 3. Aufl. 2012,

§ 116 b, Rdnr. 25 ausführlicher dazu Penner, ZMGR 2012, 16, 28 ff.

225) Vgl. GBE-Kompakt: Ausgabe 4/2012 – Epidemiologie und Früh-erkennung häufiger Krebserkrankungen in Deutschland, S.  1, abgerufen am 19. 11. 2013 auf der Website Gesundheitsbericht-erstattung des Bundes, Betreiber Statistisches Bundesamt, unter: http://www.gbe-bund.de/gbe10/trecherche.prc_them_rech? tk= 5800&tk2=6740&p_uid=gast&p_aid=&p_sprache=D&cnt_ut= 1& ut=6740.

226) So z. B. die Früherkennungsuntersuchungen auf Hautkrebs (vgl. Abschnitt D. II. der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie des G-BA) oder auf kolorektales Karzinom (vgl. Abschnitt D. III. der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie des G-BA). Für Früh-erkennungsuntersuchungen anderer Erkrankungen greift die Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie des G-BA.

227) BGBl. I S. 2190. 228) BT-Dr. 15/1525, S. 8 2 f.229) Vgl. Abschnitt B.III. 230) § 13 KFE-RL. 231) § 14 KFE-RL. 232) § 23 KFE-RL. 233) BGBl. I S. 617.

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zukünftig als organisierte Krebsfrüherkennungsprogram-me angeboten werden 234. Der Gesetzgeber hat dem G-BA die Kompetenz zugewiesen, in Richtlinien die Maßnah-men zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qua-litätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung der organisierten Früherkennungs-programme einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität der Früh-erkennungsprogramme zu regeln 235. Erfasst werden sol-che Früherkennungsuntersuchungen, für die europäische Leitlinien zur Qualitätssicherung von Krebsfrüherken-nungsprogrammen vorliegen, die von der europäischen Kommission veröffentlicht worden sind. Solche europäi-schen Leitlinien existieren bisher für die Krebsarten Ge-bärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) und Darmkrebs. Diese bereits heute möglichen Krebsfrüherkennungsun-tersuchungen müssen zukünftig über organisierte Pro-gramme angeboten werden. Dem G-BA wird eine Frist bis zum 30. 4. 2016 eingeräumt, um in Richtlinien das Nähere über die Durchführung der organisierten Krebsfrüherken-nungsprogramme zu regeln (§ 25 a Abs. 2 S. 1, 4 SGB V). Welche Elemente ein Krebsfrüherkennungsprogramm zu einem i. S. von § 25 a SGB V organisierten Krebsfrüherken-nungsprogramm qualifiziert, lässt sich § 25 a Abs. 1 S. 2, 3 SGB V entnehmen. Dieser regelt in nicht abschließender Weise („insbesondere“) die essentiellen Bestandteile sowie die Mindestanforderungen organisierter Krebsfrüherken-nungsprogramme 236.

Die Versicherten sind nach § 25 a Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 SGB V zu den Krebsfrüherkennungsprogrammen einzula-den. In der Einladung selbst liegt bereits die Information, welche Programme existieren und von den Versicherten beansprucht werden können; darüber hinaus werden die Versicherten u. a. über den Nutzen und die Risiken der Krebsfrüherkennungsprogramme informiert. Die Infor-mationen ermöglichen folglich den Zugang zur organisier-ten Krebsfrüherkennung. Sie bilden deren Nutzen in gene-reller Form ab und schaffen somit die Grundlage für eine informierte Entscheidung des Versicherten über die Inan-spruchnahme medizinischer Leistungen. Sie stellen hinge-gen nicht die Qualität der medizinischen Versorgung von Leistungserbringern dar, so dass sich ihr Informationsgehalt von den in der Kategorie „Qualitätssicherung durch Qua-litätsinformationen“ beschriebenen Instrumenten deutlich unterscheidet.

§ 25 a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V bestimmt, dass im Rah-men organisierter Früherkennungsprogramme insbeson-dere die Zielgruppen, die Untersuchungsmethoden, die Untersuchungsabstände, die Altersgrenzen, das Vorgehen zur Abklärung auffälliger Befunde und die Maßnahmen zur Qualitätssicherung bestimmt werden. Folglich werden die Programme Qualitätsvorgaben beinhalten, die sich u. a. auf die Struktur- und Prozessqualität der Früherkennung beziehen. Damit findet sich die Kategorie „Struktur-, pro-zess- und ergebnisorientierte Qualitätssicherung“ in der organisierten Früherkennung wieder.

§ 25 a Abs.  1 S.  2 Nr.  4 SGB  V erklärt schließlich die systematische Datennutzung zum Bestandteil organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme und greift damit auf die Kategorie der datenbasierten Qualitätssicherung zurück. Die Qualität der organisierten Krebsfrüherkennung, d. h. insbesondere ihre Strukturen, ihre Prozesse und ihre Er-gebnisse, wird über die entsprechenden qualitätsbezoge-nen Daten systematisch erfasst, überwacht und – auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse – verbessert. Zur Messung der Ergebnisqualität wird beispielhaft das Auftre-ten von Intervallkarzinomen, das Stellen falsch positiver Diagnosen sowie die Sterblichkeit unter den Programm-teilnehmern genannt. Dabei ermöglicht § 25 a Abs. 1 S. 3 SGB V den notwendigen Datenabgleich mit den epidemio-logischen und klinischen Krebsregistern, wobei es explizit

heißt „(…) soweit dies insbesondere für die Erfassung des Auftretens von Intervallkarzinomen und der Sterblich-keit an der betreffenden Krebserkrankung unter den Pro-grammteilnehmern erforderlich ist (…)“. Die Formulie-rung knüpft an die Ergebnisqualität (vor allem Senkung der Sterblichkeit von Patienten) der organisierten Früherken-nungsprogramme an, d. h. es geht dem Gesetzgeber um die Beurteilung des Nutzens dieser Programme. Ob ein solcher gegeben ist, ergibt sich erst aus dem Abgleich mit den Da-ten, die über die epidemiologische und klinische Krebsre-gistrierung gewonnen werden. Vergleichbar mit der exter-nen Qualitätssicherung und den klinischen Krebsregistern wird die Qualität medizinischer Versorgung (auch) über qualitätsbezogene Versorgungsdaten gesteuert. Schließlich muss nach § 25 a Abs. 5 S. 1 SGB V der G-BA oder eine von ihm beauftragte Stelle alle zwei Jahre einen Bericht über die systematische Erfassung, Überwachung und Ver-besserung der Qualität der Früherkennungsprogramme, also über den Stand der Maßnahmen nach § 25 a Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB V, veröffentlichen 237. Diese Berichtspflicht greift wiederum auf die Kategorie der Qualitätssicherung durch Qualitätsinformationen zurück und ist vergleichbar mit der Berichtspflicht des Spitzenverbandes Bund der Kranken-kassen in Bezug auf die klinischen Krebsregister nach § 65 c Abs. 10 SGB V 238.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die organisierten Früherkennungsprogramme ein Bündel an Kategorien und Instrumenten der Qualitätssicherung abbilden und sie so-mit als Konzepte der Qualitätssicherung einzuordnen sind. Vergleichbar mit den klinischen Krebsregistern knüpfen sie – allerdings auf Konzeptebene – an einen spezifischen Ver-sorgungsbereich (Onkologie) an 239.

IV. Fazit

Die Qualitätssicherung und ihre Rechtsgrundlagen in der GKV haben sich dynamisch entwickelt und befinden sich weiter im Fluss. Dabei ist – selbst wenn man wie hier nur auf die vertragsärztliche und die stationäre Versorgung blickt – ein komplexes Nebeneinander unterschiedlichster Maßnahmen der Qualitätssicherung entstanden, die auf verschiedenen Regelungsebenen und von verschiedenen Akteuren reguliert und betrieben werden. Diese Situation wird voraussichtlich nicht übersichtlicher werden, da die neue Bundesregierung der Qualitätssicherung eine heraus-ragende Stellung einräumt und bereits eine ganze Reihe von weiteren Initiativen angekündigt hat 240. So soll die sek-torenübergreifende Qualitätssicherung mit Routine daten ausgebaut und ein neues Institut gegründet werden, das die Qualität der ambulanten und stationären Versorgung

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234) In der BT-Dr. 17/11267, S. 30, wird darauf verwiesen, dass mit der Neuregelung organisierter Früherkennungsprogramme in § 25 a SGB V keine Verpflichtung des G-BA einhergehe, das Mammo-graphie-Screening an diese neue Bestimmung anzupassen.

235) Vgl. §§ 25 a Abs. 2 S. 1, S. 4, 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V.236) BT-Dr. 17/11267, S. 15.237) Darüber hinaus können die Daten unter weiteren Vorausset-

zungen der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung ge-stellt werden, vgl. § 25 a Abs. 5 S. 2 und 3 SGB V.

238) Vgl. die Ausführungen sub II.1.b).239) §§ 25 a Abs. 1 S. 1, 25 Abs. 2 SGB V.240) Vgl. dazu und zum Folgenden den Abschnitt 2.4. zu „Gesund-

heit und Pflege“ im Koalitionsvertrag, der bereits mit dem Satz einsetzt: „Im Zentrum unserer Gesundheitspolitik stehen die Patientinnen und Patienten und die Qualität ihrer medizini-schen Versorgung“. Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode, abrufbar unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/ 2013/ 2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf;jsessionid=C7 DB 359 41 EB 15 BB 844 B150 320 5C 0 B 334.s1t2?__blob=publicationFile&v=2 (abgerufen am 28. 12. 2013).

Page 8: Das Recht der Qualitätssicherung im SGB V – rechtliche Grundlagen und Systematisierung

Chefärzte – immer bereit? – Zur arbeitszeitrechtlichen Stellung Leitender Krankenhausärzte –

Oliver Ricken

I. Einführung

Einhergehend mit den Veränderungen der Krankenhaus-landschaft haben sich auch die Anforderungen, denen sich Chefärzte 1 zu stellen haben, erheblich gewandelt. Neben gestiegenen Managementanforderungen ist der Chefarzt mittlerweile deutlich stärker in den hochkomplexen ar-beitsteiligen Krankenhausalltag integriert, als dies noch vor Jahren der Fall war. Insofern geraten heutige Chef-ärzte in einem viel höheren Maße in eine Abhängigkeit gegenüber dem Klinikträger, als dies vielleicht in früheren Jahren noch galt 2: Chefärzte werden für die Erreichung der ihnen gesetzten Zielvorgaben verantwortlich gemacht. Ihre Aufgabe ist es, mit ihren Abteilungen die vereinbarten Fallzahlen und Bewertungsrelationen zu erreichen. Viele Krankenhäuser sind aber mittlerweile darauf angewiesen, im Konkurrenzkampf untereinander ein möglichst breites Angebot vorzuhalten und insbesondere auch hochspezia-lisierte Behandlungen anzubieten 3. Dabei sehen allerdings die Qualitätsanforderungen, die etwa in den Qualitäts-richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses oder ein-zelnen Krankenhausplänen der Bundesländer enthalten sind, erhebliche Anforderungen vor, die insbesondere auch die personelle Ausstattung bestimmter Leistungseinheiten betreffen 4. Nun sind aber die Einsatzmöglichkeiten auch des ärztlichen Personals vielfach aufgrund der Vorgaben des Arbeitszeitrechtes beschränkt. Diese Beschränkung gilt aber gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ArbZG nicht für Chef-ärzte, so dass der Gedanke nicht fern liegt, auch kleinere Einheiten in einem Krankenhaus nominell einem Chefarzt zu unterstellen, um so etwa sicherzustellen, dass beispiels-weise eine nach den Qualitätsanforderungen erforderliche 24-stündige Leistungsbereitschaft der Einheit gewährleistet ist. Im Arbeitsrecht gibt es zwar viele Vorschriften, die für bestimmte Personengruppen (etwa für leitende Angestell-te) den persönlichen Anwendungsbereich eines Gesetzes begrenzen. Dass aber „Chefärzte“ aus dem Anwendungs-bereich einer arbeitsrechtlichen Schutzvorschrift herausge-nommen werden, lässt sich nur im ArbZG finden. Ob aller-dings die Regelung heute noch ausschließlich statusbezogen verstanden werden kann, wonach allein der Chefarztstatus die Befreiung von arbeitszeitrechtlichen Vorgaben vermit-

telt, dürfte angesichts sich wandelnder Rahmenbedingun-gen fraglich sein.

II. Allgemeiner arbeitsrechtlicher Status

1. Der Chefarzt als Arbeitnehmer

Nach allgemeiner Auffassung sind Chefärzte Personen, die ein Krankenhaus oder zumindest eine Krankenhausabteilung lei-ten und für diesen Bereich die ärztliche Gesamtverantwortung für die Versorgung der Patienten tragen, sowie Vorgesetzte des dortigen ärztlichen und nichtärztlichen Personals in fach-licher Hinsicht sind. Soweit das Rechtsverhältnis zwischen dem Chefarzt und dem Krankenhausträger dem Privatrecht zuzuordnen ist, sind Chefärzte trotz dieser Leitungsfunktion aber doch Arbeitnehmer 5. Dies gilt auch, obwohl der Chefarzt bei Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit weisungsfrei ist. Sein Anstellungsverhältnis verpflichtet ihn zur Behandlung sämt-licher Krankenhauspatienten und er ist in organisatorischer Hinsicht in die Abläufe des Krankenhauses eingebunden 6.

2. Der Chefarzt als leitender Angestellter

Aber auch wenn Chefärzte bzw. Leitende Krankenhaus-ärzte regelmäßig Arbeitnehmer sind, weil sie in die Ar-beitsprozesse eines Krankenhauses, z. B. im Rahmen von Urlaubsregelungen oder OP-Planungen, eingegliedert sind und ihre Weisungsgebundenheit zur „funktionsgerecht die-nenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert ist, bedeutet

Prof. Dr. iur. Oliver Ricken, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Sozialrecht, Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25, 33615 Bielefeld, Deutschland

dauerhaft ermittelt. Insbesondere die Krankenhausversor-gung soll einer „Qualitätsoffensive“ unterzogen werden; in diesem Rahmen sollen die Qualität als zusätzliches Kriteri-um in die Krankenhausplanung und -vergütung eingehen, die Qualitätskontrollen in den Krankenhäusern verschärft, die Regelungen zu Mindestmengen rechtssicher gestaltet, Qualitätsverträge zwischen Krankenkassen und einzelnen

Krankenhäusern abgeschlossen und der Zugang zur ASV stärker an der Qualität ausgerichtet werden.

Vor diesem Hintergrund ist eine Systematisierung des Rechts der Qualitätssicherung in der GKV eine dringliche Aufgabe, um aus juristischer Sicht dem komplexen Gesche-hen eine dogmatische Struktur geben zu können. Dazu will dieser Aufsatz ein erster Beitrag sein.

Ricken, Chefärzte – immer bereit?372 MedR (2014) 32: 372–377

1) Ebenso häufig findet man den Begriff des Leitenden Krankenhaus-arztes, der üblicherweise synonym für den Begriff des Chefarztes verwandt wird. Wern, in: Weth/Thomae/Reichold (Hrsg.), Arbeits-recht im Krankenhaus, 2. Aufl. 2011, S. 431.

2) Stockhorst, Die Rolle des Chefarztes im Wandel, in: Brunkhorst/Stockhorst, Aktuelle Herausforderungen an die ärztliche Kranken-hausführung, 2007, S. 150; Salfeld/Hehner/Wichels, Modernes Kran-kenhausmanagement, 2008, S. 37.

3) Vgl. Mutter u. a., KU-Gesundheitsmanagement 2013, 30.4) Z. B.: § 4 Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für

die stationäre Versorgung bei der Indikation Bauchaortenaneurysma i. d. F. v. 13. 3. 2008 (BAnz. Nr. 71, S. 1706 v. 14. 5. 2008). Zu der neuerdings strittigen Frage der Zulässigkeit von Qualitätsanforde-rungen in Krankenhausplänen: Kuhla, Das Krankenhaus 2014, 420 f.

5) Ricken, in: Huster/Kaltenborn (Hrsg.), Krankenhausrecht, 2010, § 11, Rdnr. 6.

6) BAG, Urt. v. 27. 7. 1961 – 2 AZR 255/60 –, NJW 1961, 2085; Richardi, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 3.  Aufl. 2009, § 339, Rdnr. 2.