Das totale Nichts

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Atlan - Die Abenteuer der SOLNr. 582Zone-X

Das totale Nichtsvon Arndt Ellmer

Das Logbuch der Sol - 5. Bericht

In den mehr als 200 Jahren ihres ziellosen Fluges durch die Tiefen des Alls haben die Besatzungsmitglieder des Generationenschiffs SOL schon viele gefhrliche Abenteuer bestanden. Doch im Vergleich zu den schicksalhaften Auseinandersetzungen, die sich seit dem Tag ereignen, da Atlan, der Arkonide, auf geheimnisvolle Weise an Bord gelangte, verblassen die vorangegangenen Geschehnisse zur Bedeutungslosigkeit. Denn jetzt, im Jahre 3804 Solzeit, geht es bei den Solanern um Dinge von wahrhaft kosmischer Bedeutung.Da geht es um den Aufbau von Friedenszellen im All und um eine neue Bestimmung, die die Kosmokraten, die Herrscher jenseits der Materiequellen, fr die Solaner parat haben. Und es geht um den Kampf gegen Hidden-X, einen mchtigen Widersacher, der es auf die SOL abgesehen hat und dessen Standort man inzwischen einigermaen genau bestimmt zu haben glaubt.Die Schwierigkeit fr die Solaner ist nur, da sie nicht wissen, wie sie an ihren Gegner herankommen sollen. Hidden-X hat sich durch das Hypervakuum, das es umgibt, wirkungsvoll geschtzt.Allerdings, so erfahren die Solaner zu ihrer berraschung, sollen sich irgendwo in der SOL Unterlagen befinden, mit deren Hilfe sich das Hypervakuum berwinden lt DAS TOTALE NICHTS

Die Hauptpersonen des Romans:

Sanny - Die Molaatin studiert das Logbuch der SOL.Cleton Weisel - Chef der Arge SOL.Elvin Glador - Ein Heimatpfleger.Karjanta - Eine seltsame Hypertechnikerin.Mitchmiller - Ein Solaner auf dem Weg zur Macht.

PROLOG

Das gelbe Licht der Kabinenbeleuchtung lie den lindgrnen, kurzhaarigen Pelz in einem matten Schimmer leuchten. Der kugelfrmige, vllig haarlose Kopf glnzte wie eingefettet, ein deutliches Zeichen innerer Erregung. Zuviel war auf sie eingestrmt in den letzten Tagen. Ein klein wenig hatte ihr Selbstbewutsein darunter gelitten. Verbunden mit der stndigen Gefahr, die von dem Gegner ausging, kam sie sich sogar hilflos vor. Wo war der Weg, den sie beschreiten konnten, welche Lsungsmglichkeit gab es?Sie fhlte innerlich, da sie auf der richtigen Spur war, da sie allein die Lsung finden konnte. Alle Anzeichen deuteten in jene Richtung, die ihr auch die eigenen Berechnungen wiesen. Sie waren noch ungenau, ihre Parafhigkeit lie sie fr kurze Zeit im Stich, und sie schrieb es der inneren Unruhe zu.Der Trsummer erklang.Gynn?Sie hatte ihren 23jhrigen Artgenossen abblitzen lassen, doch jedesmal, wenn Gynn ihr begegnete, machte er ihr einen schnen Kopf. In der Tat schimmerte sein Haupt in jugendlich frischem Bronzeton, besonders dafr geeignet, jeder Frau die Sinne zu verdrehen.Sie verzog ein wenig den Mund. Deutlich hatte sie ihn spren lassen, da sie nicht gewillt war, eine Bindung einzugehen. Ihr Lebensziel bestand gegenwrtig einzig und allein in der Untersttzung Atlans.Ich schicke ihn fort! sagte sie sich und rief laut: Herein!Die Tr glitt auf, und sie eilte beflissen zur ffnung, den rechten Arm ablehnend von sich gestreckt. Im letzten Augenblick hielt sie inne. Ihr Arm sank herab, ihre runden, hellblauen Pupillen richteten sich auf den Eintretenden. Ihr Krper versteifte sich ber diese berraschung. Hallo Sanny! Atlan lchelte zurck. Unter dem Arm hielt er einen auffallend fremdartigen Gegenstand, zumindest fr die Verhltnisse der SOL. Ein umfangreiches Buch aus bestndigem Material, etliche hundert Seiten dick, durchsetzt von zustzlichen Einfgungen, Schablonen fr Sichtgerte und Hinweisen auf Mikrofilmspeicher. Die Eintragungen darin waren oft bedeutsamer und aussagekrftiger als die Berichte in den offiziellen Speichern. Gerade was die Zeit unter der SOLAG und ihren Vorgngern betraf, war das Buch von unschtzbarem Wert, enthielt es doch viele Berichte unterschiedlichster Verfasser und verschiedenster Epochen. Ein dickes, schweres Zeitdokument.Das Logbuch!Die einzige Mglichkeit!Atlan streckte es ihr entgegen. Sie ergriff es hastig, nahm es an sich. Fast fiel es ihr aus den Hnden, so schwer war das Buch fr ihre dnnen rmchen. Das Logbuch war grer als ihr Kopf.Atlan half ihr und legte es auf den Tisch, der an der linken Kabinenwand stand. Der Arkonide nickte ihr ernst zu.Hayes hat einiges daraus schon gelesen, erklrte er. Aber er kommt nicht dazu, weiterzumachen. Er hofft, da du etwas findest. Er machte eine Pause, und seine roten Augen starrten gedankenverloren auf das Buch. Langsam wandte er den Kopf, blickte Sanny durchdringend an. Wir alle hoffen es!Sanny setzte sich augenblicklich an den Tisch und schlug das Buch auf. Mit aufmerksamen Augen begann sie zu blttern, nichts entging ihr.Wir haben allerdings noch den Umweg ber Krymoran, sagte Atlan. Er hatte vor, auf die Dunkelwelt zurckzukehren und den Transmitter zu benutzen, der allem Anschein nach in das Versteck von Hidden-X fhrte. Die Molaaten nahmen regelmig diesen Weg, wenn der BEFEHL sie rief.Es ist nicht genug! stie Sanny hervor. Der Transmitter ist nicht genug!Atlan stand unter der Tr. Mit einem kurzen Gru verabschiedete er sich. Er ging und sorgte dafr, da niemand Sanny stren wrde, whrend sie das Logbuch durchforstete.Sanny sah ihm mit glnzenden Augen nach. Als die Tr sich schlo, ruhte ihr Blick bereits wieder auf dem groen Buch. Whrend sie Seite fr Seite bltterte und die Eintragungen und Vermerke prfte, beschftigten sich ihre Gedanken mit den Mitgliedern ihres Volkes, die sie auf Krymoran entdeckt hatten. Zwanzig von ihnen hatte Oggar mit zur SOL gebracht.Arme Molaaten! Es versetzte Sanny einen Stich ins Herz, wenn sie an das Schicksal ihres Volkes oder seiner berreste dachte. Ihr eigenes war ein Paradies dagegen. Atlan hatte sie damals zu fnft aus dem Asteroiden in Bumerang gerettet. Zu fnft?Oserfan!Wo steckte er? Konnte Chybrain helfen?Sanny schrak auf. In einer Art Selbsthypnose hatte sie es geschafft, sich bei den beiden Kurzbesuchen Atlans nichts anmerken zu lassen. Darber hatte sie die Begegnung mit Chybrain beinahe vergessen.Er war vor langer Zeit schon einmal auf der SOL gewesen, vergegenwrtigte sie sich. Ich mu nach Anzeichen seines Wirkens suchen. Er hat mir den entscheidenden Hinweis gegeben.Chybrain, das Waisenkind. Chybrain, das bergeordnete Wesen. Chybrain, sein Spiel und seine ewige Suche.Schon oft hatte er in naher Vergangenheit die SOL und ihre Bewohner in schwierigen Situationen gerettet oder ihnen geholfen. Aus Spieltrieb und Neugier. Sanny hatte ihm aufmerksam zugehrt und festgestellt, er wute gar nicht recht, da er manchmal Dinge getan hatte, die von kosmischer Bedeutung waren.Bitte beschtze Oserfan! flsterte die Molaatin und dachte wehmtig daran, da er als einziger nicht von Krymoran zurckgekehrt war.Der Name des Planeten erinnerte sie daran, da auch die Roxharen dort vertreten waren. Einer von ihnen, Fefer, hatte nach seiner Heilung an Bord der SOL zum ersten Mal von dem Hypervakuum gesprochen, in dem sich das Flekto-Yn verborgen hielt. Seine Angaben hatten zu etlichen Spekulationen gefhrt, auch bei Sanny. Die Tatsache, da es ihr zusammen mit SENECA nicht gelungen war, das Hypervakuum zu deuten oder zu erklren, hatte die Molaatin getroffen und ihr zustzlichen Kummer bereitet.Chybrain war zu ihr gekommen.Er hatte ihr in wenigen Worten berichtet, da die SOL einst in einer schrecklichen Gefahr gewesen war. Er bezeichnete diese als Hypervakuum.Sanny merkte, da sie die letzten Sekunden gar nicht mehr auf das Logbuch geachtet hatte. Sie bltterte zurck bis zu der Textstelle, die sie kannte. Sie nahm ihre Suche wieder auf, berechnete ungefhr den Umfang des Berichts, der sich mit einer so groen Gefahr auseinandersetzen wrde.Chybrain hatte der SOL bereits damals geholfen.Er kehrt immer wieder zu diesem Schiff zurck! Magnetisch zieht es ihn an!Ein Mann hatte die SOL aus der Gefahr gerettet, um seine Diktatur zu errichten. Das Hypervakuum war eine Spur, die einzige Mglichkeit, eine Lsung des Problems zu finden.Das Problem war Hidden-X.Mechanisch wanderten die Augen der jungen Molaatin ber das Papier und die Einlagen des Logbuchs. Ihre Sinne und ihr Parasinn standen unter allergrter Anspannung. Von einem bernatrlichen Instinkt geleitet, berschlug sie knapp hundert Seiten des Textes, las Zeile um Zeile weiter. Ihr Kopf glhte, ihr Mund bebte leicht. Es mochte scheinen, als lese sie halblaut mit.Sannys Augen verschlangen die Buchstaben und Worte, die sich mit kurzen Unterbrechungen aneinanderreihten. Sie stieen auf Ereignisse, die sie aus den Erzhlungen Atlans, Hellmuts und anderer bereits kannte. Pltzlich wute sie, da es nur noch vier, fnf Seiten sein konnten. Sie las, stockte dann.Sanny wute, da sie gefunden hatte, was sie suchte. Es gab keinen Zweifel. Sie erkannte, da es Ereignisse von groer Tragweite waren, die sich damals abgespielt hatten.Die Erregung trieb ihr eisige Schauer ber den Rcken. Gleichzeitig aber steckte sie voller Erwartung. Gierig nahm sie in sich auf, was das Logbuch ihr anbot.

1.

Ein Schrei gellte durch den Korridor, ein zweiter folgte. Dumpfe Gerusche klangen auf, dann setzte das Getrampel von Stiefeln ein. Drei Mnner kamen die Krmmung des Korridors entlang. Sie erreichten die Stelle, wo die Frau allein und abwartend stand. Ohne auf sie zu achten, strmten sie an ihr vorbei.Es waren drei von der Arge. Der eine hatte ein dunkelblaues, geschwollenes Auge, dem andern lief Blut aus den Mundwinkeln. Der dritte schien unverletzt. Fluchend hasteten sie vorwrts, die Oberkrper leicht vorgebeugt.In knappem Abstand hinter ihnen kam eine Meute aus etwa zwanzig Solanern. Sie trugen Knppel aus Metall mit sich und alle mglichen Gegenstnde, die als Waffen benutzbar waren. Ihre Gesichter drckten Unmut aus, Unzufriedenheit und Ha. Schweigend verfolgten sie die drei, ihr Abstand verringerte sich immer mehr.Eine Gangkreuzung tauchte auf. Ein Quergang stellte die Verbindung her zu anderen, parallel laufenden Korridoren, die der Schiffsmitte zu immer strker gekrmmt waren und sich wie Ringe um den zentralen Antigrav zogen.Die drei Mnner bogen ab und rannten dem Zentrum des Schiffes zu. Sie befanden sich im Mittelteil der SOL, ihrer Heimat. An ihren Bewegungen war deutlich zu erkennen, da sie sich hier in der unmittelbaren Umgebung der Hauptzentrale auskannten und in Sicherheit fhlten. Sie rannten auf ein Schott zu, ffneten es und verschwanden dahinter. Als die Verfolger es erreichten, hatte es sich wieder geschlossen. Der ffnungsmechanismus reagierte nicht.Die drei Angehrigen der Arge hatten es blockiert.Sie sitzen in der Falle! sagte jemand.Der Anfhrer der bunt zusammengewrfelten Meute wandte sich ruckartig um. Seine Augen funkelten zornig.Du tuschst dich, erklrte er zischend. Es gibt Verbindungen zwischen den Rumlichkeiten, die unter oder ber den Korridoren hindurchfhren. Mit Sicherheit sind die drei bald in der Zentrale.Er lie seine Schultern sinken, dann betrachtete er seine gerteten Fingerknchel. An einer Stelle war die Haut ein wenig aufgeplatzt. Ein paar rote Tropfen bildeten sich.Raibohm wischte sie mit einer raschen Bewegung ab, dann setzte er sich in Bewegung. Wieder ging er ihnen voran, schob seinen krftigen Krper vorwrts, der groe hnlichkeit mit einem Meta-Einbauschrank besa, wie sie berall in den Wohnetagen des Schiffes zu finden waren. Seine Muskeln drohten die lindgrne Bordkombination zu sprengen.Die Meute aus Mnnern und Frauen aller Altersstufen folgte ihm auf dem Fu. Engus arbeitete sich nach vorn an seine Seite und schttelte den Kopf. Er verstand Raibohms Reaktion nicht.Warum gibst du so schnell auf? fragte er scharf. Die Lumpen haben anderes verdient!Es ist sinnlos. Und was sinnlos ist, sollte man besser lassen. Was glaubst du, werden die drei tun? Raibohm hatte seine Stimme erhoben.Die drei Techniker der Arge hatten tagelang an der Spirax gearbeitet. Die Spirax war die wichtigste Versorgungsanlage des ganzen Wohnbereichs Halberland, der knapp zehn Minuten von der Hauptzentrale entfernt lag. Eine kleine Wohneinheit nur. Ursprnglich war sie fr die unmittelbaren Angehrigen der Schiffsfhrung bestimmt gewesen. Jetzt, oder vielmehr seit Jahren, wohnten beliebige Solaner darin.Die Spirax lag am Ende Halberlands, ein Steuercomputer und ein Monstrum einer Maschinenanlage, die fr die Luftreinigung und -erneuerung ebenso zustndig war wie fr die Produktion von lebensnotwendigen Nahrungsmitteln. Auch die Abwasserbeseitigung gehrte dazu.Die Spirax streikte, und in Halberland stanken die Toiletten, knurrten die Mgen, wurde die Luft schlecht. Die Techniker hatten die Anlage durchforstet, Teile ausgebaut, zerlegt, wieder zusammengefgt. Noch immer arbeitete die Spirax nicht. Die Solaner hatten schlielich die Geduld verloren.Ihr seid Taugenichtse, hatte Engus gebrllt und eine handfeste Auseinandersetzung entfacht. Die Techniker hatten den krzeren gezogen.Ein Vakuum fr frisches Wasser, brummte Raibohm verdrossen. Er rgerte sich ber Engus' Kurzsichtigkeit. Der Solaner war sein Nachbar, und sie verstanden sich gut. Nur, wenn es um technische Angelegenheiten ging, schien ein Kurzschlu in der Stromversorgung einen zweiten bei Engus nach sich zu ziehen. Der Solaner sah regelmig rot, wenn er Mitgliedern der Arge begegnete. Manchmal waren seine uerungen ebenfalls extrem.Raibohm warf einen prfenden Blick auf den schmchtigen Mann neben sich. Eigentlich war es kein Wunder, da viele Solaner unzufrieden waren. berall im Schiff fehlte es an wichtigen Dingen. Ersatzteile konnten nicht beschafft werden, niemand kmmerte sich um die Einrichtungen. Wer sollte es auerdem tun, wenn nicht die Arbeitsgemeinschaft SOL.Weisel! Dieser aufgeblasene Weisel! dachte Raibohm grimmig.Alle hatten sie die Ereignisse der nahen Vergangenheit in guter Erinnerung. Ein Aufstand war niedergeschlagen worden, rund fnfhundert Solaner waren als Meuterer verurteilt und auf einer Welt namens Chircool abgesetzt worden. Sie sollten dort ein paar Jahre als Strafe verbringen. Irgendwann wollte die SOL sie wieder abholen, weil man erwartete, da sie dann gelutert waren.Raibohm hatte einen Bekannten gehabt, der zu den fnfhundert gehrte. Der Mann war alles andere als ein Meuterer. Der Solaner aus Halberland bezweifelte, da es mit rechten Dingen zugegangen war. Er dachte an sich, an Engus, malte sich aus, wie die Arge mit ihnen verfahren wrde.Meuterei, Pah!Seit ber zwei Monaten trieb das Schiff steuerlos durch einen unbekannten Teil des Universums. Es hatte sich berall herumgesprochen, so heimlich Weisel und seine Helfer auch taten. Nach der Emotio-Katastrophe war niemand in der Lage, die SOL zu steuern. Es wrde keine Rckkehr nach Chircool geben, nichts.Seit ein paar Stunden ging das Gercht, die SOL wrde bald von einer Riesensonne gefressen.Wer war eigentlich die Frau?Keiner auer Raibohm schien die Frau wahrgenommen zu haben. Der hnenhafte Solaner schttelte den Kopf. Litt er unter Halluzinationen? Sein Magen knurrte zwar, aber es war noch nicht so schlimm. Sie wrden ausziehen und sich an einer der anderen Versorgungsanlagen bedienen.Von weitem schon sahen sie die beiden Gestalten stehen, die am Beginn von Halberland auf sie warteten. Ein Mann und eine Frau. Den Mann kannten sie, er gehrte zu ihnen. Die Frau hatten sie noch nie gesehen, Raibohm ausgenommen. Sie faszinierte sie sofort, alle Augen richteten sich auf sie.Endlich kommt ihr, lachte Mitchmiller. Ihr seht ja gnzlich ungeschoren aus. Hat euch die Arge keinen Schrecken eingejagt?Raibohm gab keine Antwort. Er starrte die Frau an und konnte seinen Blick kaum von ihr lsen. Eigentlich war sie von eher durchschnittlichem Aussehen, knapp einen Meter siebzig gro, mit braunen, halblangen Haaren und ein wenig stechenden Augen, die gleichzeitig anziehend leuchteten und Distanz schaffend zurckwiesen. Das Auffallendste, nein, Aufregendste an ihr aber war ihre Kleidung. Sie trug eine Bordkombination von blichem Schnitt, die in hellem Rosa und hellem Grn leuchtete, wobei die Farbmuster vllig verwirrend angeordnet waren und ineinander zu verschwimmen schienen.Noch immer lachte Mitchmiller ber die Gesichter, die sie machten. Raibohm schlo die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Er blickte die Frau nicht direkt an. Aus den Augenwinkeln heraus waren die Farbmuster noch irritierender, und das war es gewesen, was ihn bei der Verfolgung auf sie aufmerksam gemacht hatte.Darf ich euch Karjanta vorstellen? sagte Mitchmiller laut. Sie ist eine Hypertechnikerin und hat uns sehr geholfen!Raibohm verstand kein Wort. Erst als mehrere Frauen herbeikamen und erffneten, da die Spirax wieder arbeitete, glaubte er zu wissen, was los war. Mitchmiller sagte:Sie hat die Anlage repariert. Sie ist durch das Hauptreparaturluk gekrochen. Nach zwei Minuten kam sie heraus, und das Ding funktionierte wieder.Raibohm schttelte unglubig den Kopf und setzte sich in Bewegung. Sie suchten den kleinen Kontrollraum der Anlage auf und berzeugten sich, da Mitchmiller die Wahrheit gesagt hatte. Es war unerklrlich. Die drei Techniker hatten tagelang nach dem Fehler gesucht.Raibohm kehrte auf den Korridor zurck und suchte mit den Augen nach der Frau. Hypertechnikerin war sie, ein nichtssagender Begriff. Es gab viele Bereiche in Wissenschaft und Technik, die sich mit bergeordneten Phnomenen auseinandersetzten. Ein Allroundtalent war die Frau mit Sicherheit nicht, die er auf knapp vierzig Jahre schtzte.Achtunddreiig ist sie, vernahm Raibohm die glucksende Stimme Mitchmillers hinter seinem Rcken. He! Was hltst du davon?Er schlug dem Hnen an den Arm, da es klatschte.Wovon soll ich etwas halten?Nicht verzagen, Karjanta fragen! Ist doch ein guter Spruch, oder? Mitchmiller kugelte sich fast vor Lachen.Raibohms Gesicht verzog sich zu einer undefinierbaren Grimasse zwischen Weinen und Schmunzeln.Wo ist sie abgeblieben? wollte er wissen. Mitch wute es nicht.Karjanta blieb verschwunden. Dafr stie Engus pltzlich einen Schrei aus. Er deutete links und rechts den Korridor entlang.Sie kamen. Sie reagierten schneller als vermutet. Sie wuten genau, was sie zu tun hatten. Auf jeder Seite waren es mindestens dreiig Mann, eine bermacht. Und alle waren sie bewaffnet.Die Arge lie nicht mit sich spaen.

*

Das Schiff war verloren.Cleton Weisel sagte nichts. Tanar Fridan redete, einer seiner engsten Mitarbeiter. Fridans Stimme klang scharf und schneidend. Sie lie die Anwesenden frsteln. Ihre Gesichter hellten sich nicht auf, zu der Unsicherheit in ihren Augen kam auch Furcht dazu. Furcht vor dem, was Fridan sagte.Es ist unser Untergang, wenn wir nichts unternehmen, klang seine Stimme auf. Alle Kommunikationsanlagen nach drauen waren stillgelegt, der Eingang zur Hauptzentrale verriegelt. Die Besprechung fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt.Was sollen wir denn tun? Weisel schrie es hinaus. Denkt doch an die unkontrollierten Manver, die wir nach dem Dimetransflug durchgefhrt haben. Wir wissen nicht einmal, wo wir sind!Der Chef der Arge SOL fhlte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Er empfand unterschwellige Angst vor Fridan. Fridan war ein harter, unmenschlicher Charakter. Seine Ideen hatten beinahe dazu gefhrt, da einer der wichtigsten Mnner an Bord den Tod gefunden hatte, Esterhan Soeklund, der Kybernetiker. Seit jenem Vorfall hatte Soeklund sich zurckgezogen. Er trat kaum noch in Erscheinung, niemand htte zu sagen gewut, wo er sich im Augenblick aufhielt.SENECA, melde dich endlich! brllte Weisel bebend. Er sprang an die Kontrollen, bettigte wahllos die Kommunikationsgerte. Eine kalte, knochige Hand legte sich auf seine Schulter, zog ihn zurck. Sie gehrte Fridan. Der Techniker schttelte den Kopf.Nein, sagte er einfach. Nein!Seit dem Vorfall mit Romeo und Julia hatte sich die Biopositronik nicht mehr gemeldet. Alle Versuche Soeklunds, sich mit ihr in Verbindung zu setzen, waren gescheitert. Unerklrliche, wenn auch unbedeutende Dinge waren vorgefallen, sagte sich Weisel. Als Ergebnis standen die beiden Roboter jetzt in Quarzblcke eingegossen in den beiden SOL-Zellen herum.Fridan brachte deutlich zum Ausdruck, da er bereit war, die Verantwortung zu bernehmen. Nicht nur jetzt, sondern fr immer. Weisel erbleichte bei den Worten, die sein Vertrauter ihm zuflsterte.Oder hast du eine andere Wahl? fragte Fridan und deutete auf die Bildschirme.Die gelbe Riesensonne hing vor ihnen im All, und sie hatten keine Mglichkeit, ihrem Gravitationsfeld zu entkommen. Steuerlos war die SOL in ihre Nhe gekommen und von ihr eingefangen worden. Der Riesenstern gab sie nicht mehr frei, und Weisel zhlte die Stunden zusammen, die ihnen noch bis zum Untergang blieben.Es darf nicht sein!Der Chef der Arge fuhr herum und suchte den, der die Worte ausgesprochen hatte. Keiner erwiderte seinen Blick, alle schauten auf Fridan, als erwarteten sie seine Entscheidung. Weisel ri sich zusammen.Der Emotio-Trainer und seine beiden Schler, die briggeblieben sind, brachte er hervor. Was ist mit ihnen?Sie neigen zu nervsen Strungen und sind nicht verwendbar, stellte Fridan fest. Also, was?Seine Augen warnten Cleton Weisel. Wenn er die Entscheidung nicht treffen wrde, wrde Fridan es tun.Wieder musterte Weisel die Bildschirme, dann nickte er.Rehgys! Er winkte eine uralte Frau herbei. Sie stammte aus der alten Zeit und hatte sich auf die Seite der Arge geschlagen. Du hilfst uns. Wir machen es zu dritt.Sie besprachen sich kurz, dann begannen sie die ersten Schaltungen vorzunehmen. Cleton Weisel beschleunigte das Schiff, whrend Fridan die Linearkonverter hochfuhr und, von Rehgys untersttzt, die Energiewerte der einzelnen Stationen ausglich. Nur SENECA konnte eine hundertprozentige Abstimmung aller Aggregate bewerkstelligen, aber es mute auch so gehen. Der Computer der Zentrale ersetzte diese Funktion teilweise. Er meldete Strungen oder Fehlschaltungen, aber er war nicht autorisiert, selbstttig Korrekturen vorzunehmen.Soeklund knnte helfen, durchfuhr es Weisel. Es war zu spt, den Kybernetiker zu suchen.Geschwindigkeit dreiig Prozent LG, klang Fridans Stimme auf. Fertig?Weisel nickte. Es mute einfach klappen. Die SOL mute aus der Gefahrenzone herausgefhrt werden. Dann konnte er mit Hilfe der Arge einen Propagandafeldzug starten und die verlorene Sympathie der Solaner zurckgewinnen. Er machte sich keine falschen Hoffnungen. Die Zwischenflle, die sich immer wieder berall im Schiff ereigneten, waren nur kleine Ausbrche einer unterschwelligen Stimmung, die alle Etagen und Korridore durchzog. Die Solaner stellten sich gegen die Arge, sie machten sie fr das Chaos verantwortlich, das in diesem Schiff herrschte und immer strker zur Geltung kam.Warum versagen wir? Warum bekommt die technische Elite dieses Schiffes die Lage nicht in den Griff?Weisel scheuchte die bohrenden Gedanken davon. Seine Augen hypnotisierten die Anzeigen der Positronik. Jetzt!bergangslos verschwand die SOL im Linearraum. Der Sprung war auf eine Distanz von etwa drei Lichtjahren berechnet worden. Im nchsten Augenblick mute der Wiedereintritt in den Normalraum erfolgen.Ein Schlag ging durch das Schiff. Er ri alle Anwesenden zu Boden. Sirenen heulten auf, ganze Lichterketten flackerten in tiefem Rot. Aus den Lautsprechern kamen wirre Stimmen, als sich die Kommunikationssperre mit dem Schiff von allein aufhob. Und dazwischen klang die freundliche Stimme SENECAS auf.Linearflug beendet.Weisel fuhr wie rasend vom Boden auf. Er hatte eine Beule an der Stirn.Die Bildschirme zeigten durchgehende Schwrze. Kein einziger Stern war zu sehen, die gelbe Riesensonne spurlos verschwunden.Nochmals wurde die SOL durchgeschttelt, heulten Sirenen auf. Dann herrschte betretenes Schweigen berall im Schiff.Tanar Fridan war totenbleich, als er neben Weisel trat und mit zitternden Hnden die Ortungsanlagen in Betrieb nahm. Die Sekunden wurden zu Ewigkeiten. Als er sich aufrichtete, waren seine Lippen blau und bebten.Nichts, stammelte er, der sonst nie die Fassung verlor. Wir sind im totalen Nichts herausgekommen. Das Schiff hngt ohne Fahrt irgendwo.Er schaltete die Konverter und die Kraftstationen ab. Das leise Summen der Positronik erstarb, die letzten Rotlichter erloschen.Im totalen Nichts?Weisel vergewisserte sich persnlich, da der Techniker recht hatte. Er kmpfte mit dem Gleichgewicht.SENECA, murmelte er, melde dich!Die Biopositronik blieb stumm. Mit keinem Zeichen lie sie erkennen, da sie ansprechbar war oder sich eine Minute zuvor gemeldet hatte.Etwas Unsichtbares schnrte Cleton Weisel den Hals zu. Wie ein Erstickender schnappte er nach Luft. Ein Blick in Fridans Augen belehrte ihn, da dieser sich schon wieder in der Gewalt hatte. Fridan schaltete auf Rundruf und lie eine Meldung durch das Schiff laufen.Kein Grund zur Besorgnis, verkndete er. Es handelt sich um einen Test, der positiv verlaufen ist.Die SOL hat den Bereich der Riesensonne verlassen.Die direkte Gefahr war gebannt. Die neue Umgebung wrde sich erforschen lassen. Im Augenblick lag keine Bedrohung vor.Cleton Weisel beugte sich vor und betrachtete erneut die Anzeigen der Ortung. Das absolute Nichts umgab sie, ein undefinierbares Kontinuum, das keine Sonnen und Planeten besa, auf denen Rohstoffe fr die dringend bentigten Ersatzteile eingeholt werden konnten. Irgendwann wrde alles zu Ende gehen, wenn sie keinen Weg fanden, das Nichts zu verlassen.Lat nichts davon nach auen dringen, wies der Chef der Arge seine Mitarbeiter an. Fridan lachte.In ein paar Stunden werden sie es sowieso feststellen, sagte der Techniker zynisch. Dann, wenn die nchsten Buhrlos nach drauen gehen!

2.

Mitchmiller sphte vorsichtig um die Ecke. Er vernahm das Gemurmel mehrerer Personen, darunter eine Frau. Er konnte sie nicht sehen, denn sie standen in einer Nische vor dem Eingang zu dem Laborraum. Die whrend der Nachtphase stark herabgesetzte Helligkeit reichte nicht aus, auf die Entfernung von zwanzig Metern berhaupt etwas erkennen zu lassen. Und die Deckenstrahler des Korridors waren ausgerechnet in diesem Bereich defekt.Mitchmiller grinste. Er glaubte nicht, da die Arge bis hierher vorgedrungen war. Sie hatten sich bestimmt nicht so schnell von dem Schrecken erholt. Zugegeben, auch die Mnner und Frauen waren von der pltzlich eintretenden Katastrophe berrascht worden. Alle waren sie gestrzt, unter den Technikern hatte es ein heilloses Durcheinander gegeben. Raibohm und seinen Leuten war es gelungen, das Durcheinander zur Flucht zu benutzen. Die meisten der Solaner waren inzwischen nach Halberland zurckgekehrt, das von den Technikern bewacht wurde. Diese suchten nach den Rdelsfhrern, und die waren beide untergetaucht. Raibohm und Engus hatten sich getrennt.Karjanta. Wo mag sie sein?Mitchmiller berlegte. Die Frau war mit ein Grund, warum er nicht in seine Kabine zurckgekehrt war. Er hatte als einziger lnger mit ihr gesprochen. Von ihm hatte sie das meiste ber Halberland und die Spirax erfahren. Karjanta machte den Eindruck einer geheimnisvollen Frau. Er wollte sie wiedersehen.Gute Nacht! hrte er die Stimmen sagen. Mehrere Solaner traten auf den Gang hinaus und entfernten sich in die entgegengesetzte Richtung. Die Tr zum Labor schlo sich.Mitchmiller lste sich von der Wand und schlich auf Zehenspitzen zu der Tr hinber. Zgernd bettigte er den ffnungsmechanismus. Die Tr glitt auf, er schlpfte hindurch.Das Labor war hell erleuchtet. Zwei Mnner in grauen Kitteln ber ihren Kombinationen arbeiteten darin. Sie richteten sich auf.Mitch, wo kommst du her?Mitchmiller begrte Cliff und Ponder. Sie zogen sich in den hinteren Teil des Labors zurck, und der Solaner aus Halberland berichtete von den Vorgngen in der Nhe der Hauptzentrale.Die Arge wird in nchster Zeit aufpassen. Ihr drft also nicht voreilig sein! riet er.Niemand wei etwas, beschwichtigte Ponder. Wir warten. Wenn die Zeit da ist, treten wir an die ffentlichkeit. Vorlufig macht uns ein anderes Problem zu schaffen.Sie suchten eine kleine Kammer im Hintergrund auf, die durch davorstehende Schaltwnde verdeckt war. Ponder zeigte ihm das kopfgroe Gert.Der Simultantter! entfuhr es Mitchmiller.Er funktioniert nicht, bedauerte Cliff. Wir wissen nicht, wo der Fehler liegt.Lat ihn fallen, vielleicht hilft die Erschtterung! sagte der Mann aus Halberland. Er begann zu lachen, doch die beiden Solaner hatten kein Verstndnis fr den Witz.Hast du herausgefunden, was die Erschtterung des Schiffes zu bedeuten hatte? fragten sie ihn.Mitchmiller verneinte. Er wute lediglich, da die SOL nicht mehr in der Nhe der gelben Riesensonne stand, von der die Buhrlos berichtet hatten. Die Gefahr war vorbei.Mitchmiller berichtete von Karjanta und wie sie ihnen geholfen hatte. Er versprach, sie ins Labor zu bringen, sobald er sie ausfindig gemacht hatte. Sie konnte ihnen helfen und den Simultantter reparieren.Die zwei Mnner im Labor konnten nicht wissen, woher er die Gewiheit nahm. Sie hatten Karjanta nicht erlebt. Im Gegenteil, was Mitch berichtete, klang so wunderbar, da es ihnen Mhe bereitete, es zu glauben. Ponder rief mit warnender Stimme: Mitch?Der Solaner starrte zu der Schaltwand, die den kleinen Eingang zu der Kammer verdeckte. Dann strmte er hinaus, blickte gehetzt durch das Labor. Er blieb verwirrt stehen.Ponder und Cliff kamen ihm nach.Bist du krank? fragten sie. Mitch verneinte energisch.Ich habe geglaubt, Karjanta zu sehen, sagte er nachdenklich. Sie war hier.Du trumst! riefen beide gleichzeitig.Er winkte rgerlich ab und verlie das Labor so unauffllig, wie er es betreten hatte. Er war sich ziemlich sicher. Wenn Karjanta in der Nhe war, wrde der Simultantter bald funktionieren. Und schlielich war er fr einen guten Zweck.Mitchmiller beschlo, als nchstes die ihm bekannte Buhrlo-Kolonie aufzusuchen, die in derselben Etage in der Nhe der Hangars lag. Um diese Nachtzeit ruhten die meisten von ihnen, aber sein alter Freund pflegte seinen Ausflug nach drauen zu machen und gerade zurckzukehren. Nach einem vergewissernden Blick auf den Chrono beschleunigte Mitch seinen Schritt.Wie lange, so fragte er sich, wird es dauern, bis sie dir den Chrono stehlen? Er war sein einziger, wertvoller Besitz.Der Solaner betrat den Wohnbereich der Glsernen und ging zielstrebig auf eine Tr zu. Er blieb kurz stehen, dann trat er ein.Priamus war noch nicht zurck, aber Troilus war da. Der Buhrlo sa mitten im Zimmer, umringt von seinen sieben Kindern und Edna, seiner Frau. Sie saen da mit gesenkten Kpfen und reagierten nicht auf sein Kommen. Ratlos lie er sich bei ihnen nieder.Minutenlang erfllte Schweigen die Wohnung. Aus einem anderen Zimmer kamen zwei ltere Buhrlos hinzu, die Mitch nicht persnlich kannte. Sie setzten sich zu den Kindern und flsterten leise mit ihnen.Mitchmiller wartete geduldig, bis Troilus den Kopf hob. Der Buhrlos mit seinem kahlen Kopf und dem glsernen berzug der Haut bot einen faszinierenden Anblick. Nur die Krperffnungen waren frei, umgeben von dicken Hornwlsten, die sich im Vakuum schlossen und den Krper vor der Dekompression bewahrten.Jetzt hatten Trnen blinkende Spuren auf die Brust des Glsernen gezogen.Drauen ist alles schwarz, seufzte der Buhrlo verhalten. Und Priamus ist tot. Mein Vater ist von uns gegangen. Er ist gestorben wie alle alten Buhrlos. Ich soll dich gren!Mitchmiller senkte ruckartig den Kopf. Es traf ihn berraschend. Er hatte nicht damit gerechnet. Priamus war vital und lebensfroh gewesen.Einer unserer wichtigsten Leute hat uns verlassen, sagte er schleppend. Wer kann ihn ersetzen?Ich, erklrte Troilus und erhob sich, um Mitch die Hand zum Gru zu reichen. Ich werde seine Arbeit mit bernehmen!Ich danke dir!Sagt dir der Name Glador etwas? erkundigte Troilus sich. Elvin Glador?Mitchmiller dachte angestrengt nach, verneinte dann.Sollte ich ihn kennen?Merke ihn dir. Er knnte wichtig fr uns alle werden!Der Solaner aus Halberland nickte. Er erhob sich und trat zu den Kindern. Er fuhr ihnen nacheinander ber den Kopf, ein Abschiedsgru, den sie von ihm gewohnt waren.Kleine Troiliten, sagte er. Auf Wiedersehen!An der Tr war ein Gerusch.Ein schner Name, Troiliten, vernahm er eine bekannte Stimme. Mitch fuhr herum.Karjanta! rief er froh. Das Zusammentreffen war eine Fgung des Schicksals. Er trat auf sie zu, streckte die Arme aus, wollte sie an den Hnden fassen.Die seltsame Frau wich ihm aus.Niemand berhrt mich! rief sie scharf. Du mut es mir versprechen!Mitchmiller wich indigniert zurck. Er fgte sich in das Unvermeidliche. Insgeheim aber beschlo er, Nachforschungen ber die Herkunft Karjantas anzustellen. Er hatte das Gefhl, da sie sich des fteren begegnen wrden und vielleicht einen gemeinsamen Weg hatten, der in die Zukunft fhrte. Karjanta und Mitchmiller, welch ein Gedanke.Die Hypertechnikerin ma ihn mit einem Blick, als htte sie seine geheimsten Gedanken erfahren, und Mitch errtete leicht.Du solltest ein Labor aufsuchen, wo man deiner Hilfe bedarf, erklrte er unvermittelt. Karjanta lchelte und erwiderte nur:Simultan Sie drehte sich um und strmte hinaus. Als Mitch drauen ankam, war sie bereits verschwunden.

*

Raibohm fragte sich durch. Ein Solaner gab ihm angesichts seiner Gestalt respektvoll Auskunft und deutete in die Kantine hinein.Die Traube dort hinten, da bist du richtig.Rund sechzig Personen befanden sich in dem fr achthundert eingerichteten Raum. Die Kantine war unbenutzt, weil die Versorgungsautomaten ausgefallen waren. Schon aus diesem Grund war die Ansammlung von Solanern auffllig.Sie drngten sich um einen Mann, der in ihrer Mitte stand und die meisten von ihnen um einen ganzen Kopf berragte. Er trug die graubraunen Haare lang, sie umtanzten seinen Kopf bei jeder Bewegung, die er machte. Die erhobenen Hnde waren drr, ihre Bewegungen unbeholfen. Seine buschigen Augenbrauen wippten lustig ber den Augenknochen und bildeten einen krassen Gegensatz zu dem, was der Mann sprach.Raibohm hatte Engus aus dem Blickfeld verloren. Irgendwann war der schmchtige Mann von seiner Seite gewichen und in den Tiefen der SZ-2 untergetaucht. Niemand konnte sagen, welche Absichten er verfolgte. Vielleicht wrde er irgendwann nach Halberland zurckkehren, wenn Gras ber die Angelegenheit gewachsen war und die Arge ihnen nicht mehr nachstellte.Der Mann dort vorn im Gedrnge!Ruhig klang seine Stimme herber. Er hatte keine Schwierigkeiten, sich verstndlich zu machen. Er sprach ber die Vergangenheit der SOL, ber das, was sich in den 64 Jahren ereignet hatte, die das Schiff seine eigenen Wege flog. Er rief seinen Zuhrern ins Gedchtnis zurck, was sie in den letzten Jahren unter dem Eindruck der Schwierigkeiten nur allzu gern vergessen hatten.Es hatte eine Zeit in diesem Schiff gegeben, da war alles in Ordnung gewesen. Es war der Beginn der Herrschaft Cleton Weisels und der Arge SOL. Immer mehr Buhrlos waren geboren worden, richtige Glserne, die bald jene mit den Buhrlonarben berflgelten.Das war der Beginn einer neuen Epoche.Raibohm stellte sich zu den Zuhrern und drngte sich unauffllig immer weiter in die Mitte hinein. Dabei lie er sich kein Wort entgehen, das der groe Solaner sagte.Irgendwann trat eine Katastrophe ein. Sie war technischer Natur. Der Name SENECA tauchte auf, die Hilflosigkeit der Arge wurde zum ersten Mal deutlich. Versumnisse kamen ans Tageslicht, die Weisel und seine Techniker sich hatten zuschulden kommen lassen. Es gab Schwierigkeiten ber Schwierigkeiten. Erste Robotfabriken fielen aus und konnten nur notdrftig repariert werden.Die Idee der Solaner drohte unterzugehen!Raibohm steckte mitten in der Menge und versuchte, mglichst nah an den Redner heranzukommen. Die Umstehenden bemerkten sein Bemhen und uerten ihren Unmut. Nur widerspenstig machten sie ihm Platz, obwohl er ein wichtiges Gesicht in der Art eines Kuriers aufgesetzt hatte. Seine stmmige Gestalt war es, die seinem Begehren schlielich Geltung verschaffte. Er erreichte den innersten Kreis der Menge und sah sich dem Mann fast unmittelbar gegenber.Seither ist es der Arge nicht gelungen, die Lage zu beruhigen oder die Fehler zu beseitigen, drhnte die Stimme ber ihn hinweg. Sie klang angenehm und ruhig, war von Sachlichkeit erfllt und wirkte schon allein aus diesem Grund sehr berzeugend. Der Mann wute genau, was er sagte. Weisel versucht hier und da das Chaos zu vertuschen, aber er kann uns nicht hinters Licht fhren. Die Arge ist am Ende. Es ist Zeit fr ihre Ablsung!Begeisterter Beifall brandete auf.Die Solaner machten ihrem Unmut Luft, und manche schickten sich an, die Kantine sofort zu verlassen und die Zentrale im Mittelteil zu strmen.Die gelbe Riesensonne! Irgend jemand rief es. Alle wuten, da die Gefahr gebannt war, obwohl es erst durch die Buhrlos bekanntgeworden war, da der Stern eine Gefahr bildete und das Schiff so gut wie steuerlos war.Die Arge hat die SOL aus der Gefahrenzone gebracht, verkndete eine Frau. So hilflos ist sie auch wieder nicht, wie Glador es darstellt!Raibohm schob sich nach vorn, bis er neben dem riesenhaften Solaner stand. Er hob beide Arme zum Zeichen, da er sprechen wolle. Die Menge verstummte.Es ist richtig, da Weisel das Schiff aus der Nhe des gelben Sterns gebracht hat! erklrte er laut. Aber damit sind die Probleme nicht beseitigt. Die SOL ist in einem Gebilde herausgekommen, in dem es keine Sterne gibt. Keinen einzigen. Sie bezeichnen es bei der Arge als das absolute Nichts!Die Buhrlos kommen verstrt aus dem Weltraum zurck und benehmen sich, als seien sie lahm geworden.Raibohm machte eine Pause. Angespanntes Schweigen hatte sich breitgemacht, man htte eine Nadel fallen hren knnen.Das Schiff ist ohne Bewegung. Es liegt wahrscheinlich fest, und es stellt sich die Frage, ob die Gefahr nicht grer geworden ist. Unser Schiff ist blind!Glador fuhr bei diesen Worten sichtbar zusammen. Wie alle Anwesenden war auch er ein waschechter Solaner, der eine persnliche Beziehung zu diesem Schiff als ihrer Heimat besa. Blindheit bedeutete Hilflosigkeit, und genau das war es, was jetzt alle ergriff, die die Worte gehrt hatten. Erneut kam jemand in die Kantine und berichtete das, was Raibohm schon vorgetragen hatte. Die Buhrlos erzhlten es herum.Halte sie auf! zischte Glador Raibohm ins Ohr. Der Mann aus Halberland wute nicht, was der Solaner damit meinte. Dann aber brach in der Kantine ein Tumult aus, da er befrchtete, die wtenden Mnner und Frauen knnten das ganze Schiff zerstren. Ihr Lrm bertnte die krftigen Rufe Gladors, auf dessen hoher Stirn sich Schweiperlen bildeten.Raibohm hatte den Funken gebracht und entzndet.Das Feuer begann zu brennen. Es suchte nach Nahrung.

*

Die Besatzung der Hauptzentrale verfolgte das Manver mit gemischten Gefhlen. Weisel hatte Anweisung gegeben, die zwlf Mann in der Space-Jet nicht ber alle Einzelheiten zu informieren. Er hatte es instinktiv getan und aus einer allgemeinen Angst heraus, die ihn umfat hielt.Sie beobachteten, wie die PYRRID langsam davondriftete, whrend ihre Ortungsanlagen ununterbrochen in Betrieb waren und die Ergebnisse zur SOL funkten. Die Entfernung zum Mutterschiff betrug bereits zehn Lichtminuten.Bisher keine Vorkommnisse, hrten sie die Stimme Alrevans. Sobald sich um uns herum irgend etwas verndert, hebe ich die Fahrt der Jet sofort auf.Der Abstand zwischen den beiden Schiffen vergrerte sich auf fnfzehn Lichtminuten. Erneut meldete sich Alrevans, aber mitten im Satz verstummte er. Die Bildverbindung erlosch.Sie sahen einen grellen Lichtblitz, in dem die Space-Jet verging. Sie antwortete nicht mehr auf Anrufe. Von dem Schiff und seiner Besatzung war nichts briggeblieben, was auf den Anzeigen der Ortung zu einem Echo htte fhren knnen.Vernichtet! Weisel tobte, doch Fridan schttelte tadelnd den Kopf.Vielleicht war es nur eine Begleiterscheinung, die beim Verlassen des Nichts auftritt, sagte er. Sie werden zurckkehren, denn sie wissen, wie sie es zu tun haben. Durch den Linearraum. Ich habe ihnen eine versiegelte Order mitgegeben, die das enthlt.Cleton Weisel nickte nur. Er gab Anweisung, robotgesteuerte Sonden nach allen Richtungen loszuschicken. Sie vergingen ebenso. Keine kehrte zurck, keine war in der Lage, Meergebnisse zur SOL zu senden. Die Erkenntnis war niederschmetternd.Das Nichts besa eine Grenze, die sie nicht durchdringen konnten.Weisel wartete zwei Stunden, dann gab er die Hoffnung auf. Die PYRRID wrde nicht zurckkehren. Er war sicher, da das Schiff mit seiner Besatzung vernichtet worden war.Aus einer der technischen Abteilungen kam eine Meldung.Wir haben die Blitze analysiert, die jeweils entstanden. Sie haben starke hnlichkeit mit den Vorgngen, wenn Materie auf Antimaterie trifft. Genaueres lt sich jedoch nicht feststellen, dazu waren sie zu kurz.Weisel konnte nichts damit anfangen. Er sah die Bewegung auf den Bildschirmen, kleine Lichtpunkte, die sich drauen bewegten, mitten in der Finsternis. Es waren Buhrlos. Sie hatten Stablampen bei sich und leuchteten die nhere Umgebung des Schiffes ab, als suchten sie etwas.Sie reagieren merkwrdig, stellte der Chef der Arge fest. Was kann es sein?Ich habe es auch bemerkt und ein paar von ihnen befragen lassen. Sie wissen es selbst nicht.Fridan lchelte berlegen. Er kam zu Weisel herber und musterte ihn hart.Da ist noch etwas, was mir Sorgen bereitet. In letzter Zeit tauchen immer wieder zwei Namen auf, die offensichtlich in aller Munde sind. Wenn sich die Solaner fr bestimmte Einzelpersonen zu interessieren beginnen, bedeutet das erfahrungsgem nichts Gutes.Wie lauten sie?Karjanta und Elvin Glador. Wir sollten uns vorsehen!Cleton Weisel zuckte mit den Schultern. Die Namen waren ihm unbekannt. Er wrde ein paar Vertraute in die Schiffszellen schicken und Erkundigungen einholen. Mit Oppositionellen wurde er schnell fertig. Er lie sie verschwinden, setzte sie aus. Notfalls auch im Nichts. Die Masse der Solaner, ihrer Rdelsfhrer beraubt, war hilflos. Wie immer.Zgere nicht zu lange! schrfte Fridan ihm ein. Seine Stimme klang unverschmt, doch Weisel reagierte nicht. Er fate einen Entschlu.

3.

Die Lagerrume befanden sich unter den wissenschaftlichen Abteilungen, in denen es auch technisches Personal gab. Fr Ahlnat war es des halb das erste, was er tat. Er hrte auf zu fluchen und lie sich vom Antigrav hinauftragen. An der erstbesten Tr blieb er stehen und ffnete sie. In das gleichmige Summen der Maschinen und die konzentrierten Gesichter der Wissenschaftler hinein rief er:Wir bentigen einen Positronikschlosser! Knnt ihr uns helfen?Obwohl er keine Antwort erhielt, trat er ein. Am ersten Experimentiertisch blieb er stehen und legte einem der Wissenschaftler die Hand schwer auf die Schulter. Der Mann fuhr empor, als erwachte er aus tiefem Schlaf.Endlich! sagte er. Es wird Zeit, da Weisel reagiert!Ahlnat lie ihn verblfft los. Er verstand kein Wort. Die beiden Mnner blickten sich ratlos an. Ahlnat begriff, da es sich um ein Miverstndnis handelte.Ich bin der Lagerverwalter von unten, erklrte er. Ich brauche Hilfe!Der Wissenschaftler erzhlte ihm, da sie selbst auf Untersttzung warteten. Es fehlte ihnen am technischen Personal. Weisel hatte alle zur Verfgung stehenden Techniker abgezogen und in den Mittelteil beordert.Wir wissen nicht, was wir machen sollen, gestand der Wissenschaftler.Mit hngenden Schultern zog Ahlnat wieder ab. Er kehrte in den Kontrollraum seiner Lagerhallen zurck, setzte sich in den Sessel an seinen Monitor und starrte verbissen auf den kleinen Bildschirm, ber den ununterbrochen Rauchwlkchen zogen. Sie waren grau und schwarz, drngten sich immer dichter vor der Kamera. Es hatte den Anschein, als wollten sie durch den Bildschirm hindurchkriechen.Der Lagerverwalter lie zum fnften Mal seine Faust auf den roten Alarmknopf niedersausen. Nichts rhrte sich. Der Alarm ging nicht hoch, es kam keine Verbindung mit der zentralen Leitstelle der Lagerrume zustande. Die Verbindung war unterbrochen.Ahlnat hatte mehrere Mglichkeiten. Er konnte einen Interkom aufsuchen, aber der nchste befand sich einen halben Kilometer entfernt. Er htte aus der Wissenschaftlichen Abteilung Verbindung mit seiner Zentrale aufnehmen knnen, das hatte er in der Eile versumt. Er htte auch die betroffene Lagerhalle ffnen und einen Lschroboter hineinschicken knnen. Das ging nicht, weil das positronische Sicherheitsschlo klemmte. Zudem hatten nur zwei der sechs Lschrobs auf seinen Aktivierungsimpuls reagiert. Sie standen jetzt unmittelbar vor dem Hallentor und warteten auf Einla.Es ist zum aus der Haut fahren! fluchte Ahlnat einen alten Spruch der Buhrlos.Er bettigte die Funkanlage, rief die Hauptzentrale der SZ-1. Er erhielt das Besetztzeichen und nach einiger Zeit vom Computer die Mitteilung, da sich niemand dort aufhielt. Er versuchte, den Alarm durchzugeben, aber der Computer erklrte sich nicht fr zustndig. Resignierend schaltete er aus und beobachtete weiter den Schirm. Er sah die Rauchwlkchen, die nun endgltig den Blick auf die Halle verdeckten.Luft absaugen! durchzuckte es den Verwalter. Er suchte die betreffenden Schalter, ein zweiter Bildschirm leuchtete auf.SENECA informieren! stand darauf.SENECA antwortete nicht. Die Absauganlage streikte.Der Solaner gab es auf. Er ging hinaus auf den Verbindungsgang, holte die Handwaffe aus dem Sicherheitsschrank und setzte sich zu den beiden Robotern vor das Tor. Er durfte gar nicht daran denken, wieviel lebenswichtige Gter ein Raub der Flammen wurden. Sie wrden den Handlungsspielraum der Arge in der Versorgung der Solaner noch weiter einengen.Einer pltzlichen Eingebung folgend, richtete er die Waffe auf das Tor und drckte ab, nachdem er auf Dauerbetrieb gestellt hatte.Nichts!Die Energieanzeige blieb auf Null stehen.Wenn nur der Brand nicht auf andere Hallen bergreift! dachte Ahlnat hilflos. An den Leuchtanzeigen der Wandleiste stellte er fest, da die Verbindungstren zu den brigen Hallen seines Bereichs geschlossen waren. Das Feuer wrde so lange brennen, bis der Sauerstoff verbraucht war. Und bei einem Schwelbrand konnte es lange dauern, bis alle Vorrte vernichtet waren.Genug Zeit, die halbe SOL zu durchqueren und Hilfe herbeizuholen.Der Lagerverwalter erhob sich und schritt zum Ausgang. Er lie das Schott auffahren und sprang erschrocken zurck.Was ? stie er hervor.Eine Frau trat ein. Sie trug eine Bordkombination aus wirren, rosa und hellgrnen Farbmustern, die im elektrischen Licht schimmerten. Mit festen Schritten kam sie herein, schttelte die braunen Haare und verschwand im Kontrollraum.Ahlnat eilte ihr verblfft nach und stellte fest, da alle Funktionen seiner Terminals in Ordnung waren.Die Anzeigen stimmten, das Tor zur Halle war nicht lnger blockiert.Ich habe es mir gleich gedacht, da die Strung nicht in meinem Bereich zu suchen ist, sagte der Lagerverwalter. Ein Defekt in den externen bertragungssystemen?Die Frau blickte ihn aus stechenden Augen an. Sie schttelte den Kopf und lchelte.Die Strung lag in deinen Systemen hier, erklrte sie mit fester und doch weicher Stimme. Ich habe den Fehler schnell gefunden.Aber du warst doch gar nicht in Die Frau deutete auf die Wandverkleidung. Eine der Abdeckplatten stand leicht offen, sie ging hin und schlo sie richtig.Ahlnat fate sich an den Kopf. Er war doch gleich hinter ihr hergekommen und hatte nichts festgestellt. So schnell konnte kein Mensch sein!Dem Lagerverwalter wurde es unheimlich. Er kehrte bis unter den Eingang zurck und hielt sich dort fest. Die Frau wandte sich ab. Sie kippte mehrere Schalter und prete einen roten Knopf. Das Tor zur Lagerhalle ffnete sich, und die Roboter rollten hinein. Danach fuhr das Tor wieder zu.Ahlnat begann zu husten. Ein Teil des Qualms war nach auen in den Verbindungsgang gedrungen. Das Summen der Absauganlagen setzte ein, befreite ihn von dem Brechreiz, der ihn berkam.Wieder starrte er die Frau an, seine Augen leuchteten in pltzlichem Erkennen auf.Ich wei jetzt , begann er. Du bist Karjanta!Die Brnette verzog den Mund zu einem leichten Lcheln.Du hast es erkannt. Es gibt fr mich kein technisches Problem, das ich nicht lsen knnte. Deshalb be ich den Beruf einer Hypertechnikerin aus!In Ahlnat entstand blitzartig das Bild eines Maschinenarztes, der mit groer Kenntnis und wenig Instrumenten schnelle Diagnosen erstellte und sofortige Heilungen durchfhrte. Schneller als ein Mensch schauen konnte.Bist du ein Roboter? stotterte er.Karjanta gab keine Antwort. Sie ging an ihm vorbei zum Ausgang. Mit der rechten Hand winkte sie ihm zu, dann war sie drauen.Ahlnat strzte zum Terminal und schaltete die Auenbeobachtung ein. Aber Karjanta war bereits verschwunden, er sah sie nicht mehr im Korridor.Ein Blinklicht zeigte an, da der Brand gelscht war.

*

Es grte berall in der SOL. Die letzten Solaner hatten begriffen, da die Schiffsfhrung sie in eine Situation gebracht hatte, aus der es kein Entkommen geben konnte. Weisel und die Arge hatten die Heimat buchstblich ins Nichts manvriert.Die depressiven Gefhle der Buhrlos bei ihren Ausflgen in die nhere Umgebung des Schiffes sprachen sich herum. Viele Solaner drngten in die Auenbezirke der SOL und suchten nach Raumanzgen, um sich mit eigenen Augen von der Ungeheuerlichkeit des Anblicks zu berzeugen. Ausweichzentralen und Nebenstellen der Hangarberwachung wurden besetzt und in Betrieb genommen. In der SZ-1 kam es zu einem Unfall, weil ein bereifriger Solaner eines der groen Hangartore zum Weltraum auffuhr, whrend sich noch Solaner im Hangar aufhielten. Ein Beiboot sollte gestartet werden, aber der Pilot war ein Stmper und beschdigte zwei andere Space-Jets schwer. Dabei ging das verursachende Boot ebenfalls zu Bruch. Totalschaden. Die Solaner flohen panikartig aus dem Hangar, weil Strahlengefahr bestand.Bei dieser Gelegenheit stellten sie fest, da die PYRRID fehlte. Es sprach sich herum, die Beobachtungen der Buhrlos kamen dazu. Ausweichende Antworten der Arge bestrkten sie in ihrer Vermutung. Und als mehrere Solaner auftauchten und vom spurlosen Verschwinden einiger Techniker berichteten, stand es endgltig fest. Die PYRRID war beim Versuch vernichtet worden, einen Ausweg aus der unbegreiflichen Umgebung zu suchen. Vom schwarzen Gefngnis war die Rede, vom Jenseits.Die Solaner rotteten sich zusammen. Die unbefriedigenden Zustnde im Innern des Schiffes waren so lange zu ertragen, wie das Schiff selbst nicht in Gefahr schwebte. Wenn die Heimat in Ordnung war, nahmen ihre Bewohner gern Nachteile in Kauf. Und die Schiffsfhrung tat das Ihre dazu, die Abhngigkeit dieser beiden Faktoren voneinander zu propagieren.Fnf Jahre war es her, da die SOL am Lebensnerv getroffen worden war. Damals war SENECA ausgefallen und hatte sich lange Zeit nicht gerhrt. Chaos war ausgebrochen. Erst nach und nach hatte sich die Lage beruhigt, hatten die Techniker der Arge fr Ordnung gesorgt.Augenwischerei, mehr nicht.Engus machte keinen Hehl daraus, da er den Betrug durchschaut hatte. Freimtig sprach er mit jedem darber, den er traf. In seinen Augen htten die Solaner bereits damals die Konsequenzen ziehen mssen.Die Arge gehrte weg. Weisel und seine Mnner hatten in der Fhrung der SOL nichts mehr zu suchen. Jede ihrer Handlungen geriet ihnen zum Bumerang, wendeten sie eine Gefahr ab, handelten sie sich eine grere dafr ein.Der Solaner aus Halberland beobachtete die Mnner und Frauen, die wie hypnotisiert in eine Richtung eilten. Sie suchten die Halle mit den Trainingsgerten auf, die zur krperlichen Ertchtigung verhalfen. Die Gerte waren demontiert und weggerumt worden, damit mglichst viele Solaner Platz fanden. Es sollte die erste groe Rede werden, die Elvin Glador im Mittelteil des Schiffes hielt.Prediger nannten sie ihn.Ich bin der Heimatpfleger! sagte er von sich selbst.Engus hatte ihn bisher weder gesehen noch gehrt. Er besa auch keine Zeit, sich um den Mann mit dem unglaublichen Zulauf zu kmmern. Er berlegte nur, da Gladors Argumente, mit denen er alle Bewohner des riesigen Schiffes in seinen Bann zog, aufmerksam geprft und gewogen werden muten. Wenn Weisel erst von der Bildflche verschwunden war, durfte nicht irgendein Scharlatan seine Stelle einnehmen, dem es nur um die Macht ging.Dieser Gedanke sollte eigentlich Einflu auf den Zeitpunkt haben, berlegte er.Die Entwicklung hatte sich allerdings so vehement beschleunigt, da es fraglich war, ob er warten konnte, bis er sich ber Elvin Glador Gewiheit verschafft hatte.Engus verstaute den Sprengsatz in der Konsole des Interkomanschlusses und klebte die Verkleidung wieder zu. Mit unbeteiligtem Gesicht verschwand er in einem in der Nhe liegenden Raum, wo er das Abzeichen der Arge von seiner Kombination lste. Niemand hatte ihn beachtet, alle hatten ihn fr einen Techniker gehalten, der eine Reparatur ausfhrte.An einem voll funktionsfhigen Gert.Der Solaner deponierte den Znder im Innern eines desaktivierten Reinigungsroboters, dann machte er sich auf in die Nhe der Hauptzentrale, um auf den gnstigsten Augenblick zu warten.Irgendwann, wute er, wrde Weisel aus seinem Bau herauskommen und diesen Korridor entlanggehen.Es wrde gelingen. Die Tage der Arge SOL waren gezhlt.

*

Die Space-Jet galt offiziell als verschollen. In Wahrheit wute jeder, da sie zerstrt worden war. Nichts war von ihr briggeblieben.Wenn du jetzt nichts tust, wirst du es bereuen! sagte Tanar Fridan an seiner Seite. Die ersten Gruppen bewegen sich auf die Zentrale zu. Weisel explodierte.Ich will das Wort nichts nicht mehr hren, schrie er unbeherrscht. Wer es in den Mund nimmt, fliegt raus!Mit zornesrotem Kopf machte er den Anfang und verlie die Zentrale. Fridan und drei weitere Techniker folgten ihm hinber in seine Kabine, die keine dreiig Meter entfernt lag.Es gbe eine andere Mglichkeit, lchelte Fridan. Deinen Rcktritt. Das wre ein demokratischer Weg!Weisel erinnerte sich an die Anfangszeit, als Gavro Yaal und andere versucht hatten, Demokratie und neues Bewutsein miteinander zu verknpfen. Ja, er selbst war durch demokratische Wahlen an die Macht gekommen. Das war 62 Jahre her, eine lange Zeit. Vieles hatte sich seither gendert.Alles! korrigierte sich der Chef der Arge. Nichts ist mehr wie frher. Nichts. Er lief wieder rot an.Demokratische Verhaltensweisen sind mit unserer Zeit nicht vereinbar, erwiderte er hart. Es kommt kein Rcktritt in Frage. Er machte eine Pause. Auerdem wrde sich dadurch nichts ndern. Du wrdest die Macht bernehmen und noch hrter gegen die Solaner vorgehen, als ich es jemals getan habe. Dir kme es auf ein paar tausend Tote nicht an.Fridan reagierte nicht darauf. Er hielt es nicht fr ntig, den Betroffenen zu spielen. Jeder kannte ihn und seine Ansichten genau.Cleton Weisel setzte sich auf den Rand seines Bettes und schnippte mit einem Fingernagel den Videokom an. Der kleine Bildschirm bertrug Szenen aus einer groen Halle, in der eine unberschaubare Menschenmenge versammelt war. Der Anblick ri Weisel empor.Glador, kommentierte Fridan das Bild. Elvin Glador spricht. Du solltest ihn anhren!Weisel lauschte, aber er verstand nicht, was der groe Mann in der Mitte der Menge sagte. Aus den Mikrofonen kam nur ein Rauschen, als sei die Tonbertragung gestrt.Dieser Glador, was ist das fr ein Mensch? fragte der Chef der Arbeitsgemeinschaft.Fridan machte eine nichtssagende Geste, die Weisel erstaunte. Fr gewhnlich wute der Techniker ber alles Bescheid. Weisel wurde mitrauisch, lie sich jedoch nichts anmerken.Glador und Karjanta, die beiden bilden eine Gefahr fr uns. Sie scheinen nichts voneinander zu wissen, machen jedoch aus ihrer Meinung keinen Hehl. Ihre Anhngerschaft wchst stndig, antwortete der Techniker. Ich habe dir geraten, bald etwas gegen die beiden zu unternehmen. Obwohl Cleton Weisel beobachtete das Bild eine Weile, dann schaltete er um und verband sich mit der Zentrale. Er ordnete an, da von der Versammlung eine Aufzeichnung gemacht wurde.Obwohl? wollte er wissen.Es gibt noch eine dritte Kraft, die wir nicht lokalisieren knnen, erffnete Tanar Fridan. Wir wissen nur, da sie sich als die Solanokraten bezeichnet. Wer dahintersteckt, ist nicht bekannt.Eine nicht erkannte Gefahr war grer als eine, die man deutlich vor Augen hatte. Daran mute Cleton Weisel jetzt denken. Vom Namen her besagte Solanokraten, nichts besonderes. Herrscher ber die Solaner eben. Welche Zielsetzung diese Bewegung hatte, war daraus nicht zu erkennen.Weisel ertappte sich bei dem Gedanken, da es ihm egal war, wer seine Nachfolge antreten wrde. Tanar Fridan wrde es nicht sein. Dafr hatte er gesorgt. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sein Vertrauter abdankte.Resignation, war sie am richtigen Platz?Der Chef der Arge sprte es in seinen Gliedern, da er alt wurde. Gerade die letzten Jahre hatten ihn krperlich und geistig ausgezehrt. Ihm selbst fehlte der Wille, mit dem er seine Mnner frher immer angetrieben hatte. Wenn jetzt jemand gekommen wre, um ihm Handschellen anzulegen und ihn zum nchsten Konverter zu zerren, er htte es widerstandslos mit sich geschehen lassen.Aufgeben, freiwillig?Er fluchte lautlos und ri sich zusammen. Vom Tisch nahm er eine Folie auf und einen Stift und begann zu zeichnen. Er wute, die Solaner wrden kommen.Wir konzentrieren den harten Kern der Arbeitsgemeinschaft rund um die Hauptzentrale, machte er seinen Begleitern begreiflich. Alle Korridore werden abgesichert, da sich niemand mehr Zutritt verschaffen kann. Wir bentigen zustzliche Mitarbeiter.Wieder einmal bewies Tanar Fridan, da er ein fhiger Mann war, der ohne weiteres verdient gehabt htte, an seiner Stelle die Arge zu fhren.Es sind Agenten unterwegs. Sie arbeiten mit allen Mitteln.Es war klar, was das bedeutete. Die Werber lockten, machten Versprechungen, lullten junge Solaner ein und erzhlten von dem Paradies des berflusses, das sie in der Arge finden wrden. Auf wessen Kosten das ging, verschwiegen sie wohlweislich.Es ist gut. nickte Cleton Weisel und schickte sie hinaus.

4.

Sein Gesicht glhte, wenn er sprach. Sein breitlippiger Mund bildete einen deutlichen Gegensatz zu den fleischlosen Wangen und der hohen Stirn. Der Kopf hnelte einem langgestreckten Totenschdel. Der lange, drre Hals verschwand im Kragen der Bordkombination, die seine klapprige Gestalt umschlotterte. Darber trug er ein weites, hellblaues Mnchsgewand, das den Eindruck des Knochengestells ein wenig verwischte. Wenn er die Hnde vom Krper abgespreizt hielt und sich das Gewand aufplusterte, gelang es ihm sogar, den Eindruck eines krftigen Burschen zu erwecken.Er erzhlte ihnen nicht, da sie ihn frher immer nur die Rohrleitung genannt hatten, weil er so schrecklich hoch (1,93) und mager war. Als Kind hatte er darunter gelitten, als Jugendlicher sich in alle mglichen Gebiete der Technik geflchtet. Ebenso intensiv hatte er sich mit der Geschichte der SOL befat.Wenn er so vor den Solanern stand, ringsum von ihnen umgeben war, dann erschien sein Krper oft an mehreren Stellen eingeknickt, seine Arme und Beine wirkten verdreht. Und doch besa er einen festen Stand. Mit seinen Worten und seinen Argumenten zog er alle in seinen Bann. Sie achteten dann nicht mehr auf seine Gestalt, lieen sich ganz von seiner Rede einfangen.Er war ein Einzelgnger, er hatte ein Ziel. Fr ihn war der Zeitpunkt gekommen.Dieser Mann hie Elvin Glador, geboren in einem Wohnbereich in der 18. Etage ber der Hauptebene der SZ-1. Zwei Schwestern und zwei Vter. Das heit, zwei Mnner stritten sich noch heute um die Vaterschaft, obwohl sie medizinisch einwandfrei nachgewiesen werden konnte. Behaupteten die rzte.Glador sagte nichts zu diesem Streit. Er wute, da die medizinische Betreuung zu Beginn der SOL-Odyssee wesentlich besser gewesen war. Auch die brigen Wissenschaften lagen im argen, viele Wissenschaftler hatten diesen Namen nicht verdient, sie waren Stmper.Elvin Glador unterschied sich von ihnen allen durch fundierte Kenntnisse. Er war in der Lage zu helfen, wenn in den Scharen seiner Zuhrer jemand zusammenbrach. Er bentigte keine Roboter und keine Techniker. Manche Solaner betrachteten ihn als ein berwesen, und er unternahm nichts dagegen.Das war ein Charakterzug, der eigentlich htte auffallen mssen.Heimatpfleger nannte er sich. Retter und Prediger riefen sie Ihn.Die SOL ist blind. Heile sie! verlangten sie.Glador besnftigte sie. Es gab einen Ausweg aus dem Chaos, aber er fhrte ber einen schmalen Pfad. Nur eine ganz bestimmte Vorgehensweise konnte das Schiff retten.Wichtig ist, da die Rettung von Dauer ist! verkndete er ihnen. Wir haben vergessen, da wir Weltraummenschen sind und uns am Beginn unserer Existenz etwas vorgenommen haben. Wir wollten die Unendlichkeit des Alls kennenlernen und sind in der Bewegungslosigkeit angekommen. Wir wollten die neue Freiheit genieen und haben die Unfreiheit geerntet.Er begann in bunten Bildern, den Weg aus dem Chaos hinaus zu beschreiben. Er lie Andeutungen einflieen, die seine Zuhrer gespannt machten. Sie wuten, da er bald wieder eine Rede halten wrde, und waren begierig, den Zeitpunkt zu erfahren.Ein einziger Weg ist es, sagte er. Ich werde ihn euch nennen, sobald ich Zeit dazu habe!Weltraummenschen, das wollten sie alle sein. Viel strker als frher fhlten sie sich jetzt zu den Buhrlos hingezogen, dieser kleinen Minderheit, die von vielen als eine Laune der Natur angesehen wurde. Gladors Worte erweckten eher den Anschein, da die Entwicklung um die Buhrlos aufgrund der Verhltnisse innerhalb des Schiffes zum Stocken gekommen war.Wir wollen zurck zum Anfang! tobten die Mnner und Frauen und feierten ihr neues Idol. Sie sahen ihn schon an der Spitze der SOL, als neuen Herrn des Schiffes. Alles wrde sich ndern.Glador nahm die Ovationen mit geschlossenen Augen entgegen. Was er dachte, teilte er ihnen nicht mit.Sie trugen ihn auf ihren Schultern hinaus aus der Halle. Er nannte ihnen die Richtung, lie sich in eine andere Etage und einen anderen Sektor bringen. Diesmal sprach er in einem leeren, luftgefllten Hangar. Seine Zuhrerzahl hatte sich verzehnfacht.Elvin Glador schien auf nichts zu achten, was um ihn herum vorging. Dennoch erblickte er die kleine Gruppe bewaffneter Techniker sofort. Whrend er weiterredete und ab und zu Fragen beantwortete, gab er seinen Getreuen flsternd Anweisungen. Als sich die Versammlung auflste und die Arge zugreifen wollte, war Elvin Glador verschwunden. Keiner hatte ihn gehen sehen.Ich will ein System, das die Solaner auf Dauer glcklich macht und das Schiff vor allen Gefahren rettet! hatte der Heimatpfleger gesagt.Die Solaner waren auf seiner Seite.

*

Es gab also doch eine Mglichkeit, das Problem zu lsen!Cleton Weisel hatte die Hauptzentrale fluchtartig verlassen. Nur Fridan und vier bewaffnete Techniker begleiteten ihn. In einem unbedachten Augenblick hatte der Chef der Arge ein bestimmtes Zeichen gegeben. Noch wirkte es sich nicht aus.Das Transmittersystem, sie htten vorher daraufkommen sollen.Eigentlich war die Entdeckung einem Zufall zu verdanken. Ein Mitarbeiter der Arge hatte an einem Transmitter herumgespielt und ihn dabei versehentlich von dem schiffsinternen Streckennetz abgekoppelt. Bei weiteren Versuchen war es zu geisterhaften Erscheinungen im Abstrahlfeld gekommen.Der Techniker hatte die Zentrale verstndigt und ein paar Spezialisten angefordert. Er hatte sie erhalten.Jetzt war der Chef der Arge selbst dorthin unterwegs.Es wre zu schn, um wahr zu sein, suselte Tanar Fridan. Wieder schpfte Weisel Verdacht, denn der Tonfall pate nicht zu dem Mann. Fridan fhrte etwas im Schild, und Weisel hoffte, da er nicht damit konfrontiert wurde, bevor sie den Ausweg aus dem absoluten Nichts gefunden hatten. Er brauchte den Erfolg, dann wrde die Begeisterung der Solaner fr Gestalten wie Glador von einer Sekunde auf die andere abflauen und verschwinden. Solche Hetzer konnten sich doch nur halten, wenn es Schwierigkeiten gab. In einem Zustand der Ruhe fehlte ihnen die Substanz, um mit Verbesserungsvorschlgen aufzuwarten.Weisel irrte sich, zumindest was die drei hauptschlichen Strmungen betraf, die es im Schiff jetzt gab. Allerdings sollte er keine Gelegenheit mehr haben, diesen Irrtum einzusehen.Sie eilten nach allen Seiten sichernd die Hauptebene entlang bis zu einem Korvettenhangar. Bewaffnete erwarteten sie bereits. Sie hatten das ganze Gebiet um den Hangar abgesperrt, einschlielich der Zugnge zu den umliegenden Beibootarsenalen. Der Transmitter war zustzlich von Mnnern und Frauen umstellt.Vorfhren! befahl Weisel.Einer der Techniker nahm eine armlange Metallschiene auf und legte sie auf das Abstrahlfeld. Ein anderer hantierte an den Kontrollen. Der Transmitter flammte auf, der Bogen leuchtete irisierend ber dem Feld. Die Schiene verschwand.Ortung? Fridan bellte es heraus.ber den Interkomanschlu wurden sie informiert, was in der Zentrale angemessen worden war.Nichts, kam die Stimme von Rehgys bei ihnen an. Innerhalb der Nichts-Zone ist kein Gegenstand materialisiert.Als nchstes entstofflichten sie eine Kiste, in der ein Pilotensitz verpackt gewesen war. Auch sie tauchte im anmebaren Bereich um das Schiff nicht auf.Weisel nickte nachdenklich. Alles in ihm wollte glauben, da es der Beweis war.Ich wnschte, ich knnte es euch sagen, da es stimmt, knurrte er. Es ist nicht mglich, etwas zurckzuholen, solange keine Gegenstation existiert.Genau betrachtet, war es kein Problem, einen Transmitter in Einzelteile zerlegt durchzuschicken und ein paar Mnner hinterher, die ihn drben dann zusammenbauten und eine Brcke herstellten.Wenn die Theorie stimmte und die Techniker recht vermuteten.SENECA spricht! hing die freundliche Stimme der Biopositronik pltzlich im Raum. Ich beobachte euer Tun. Es erscheint mir wenig sinnvoll. In der Nhe meiner 500-Meter-Kugel sind zwei Gegenstnde materialisiert, die dort nicht hingehren. Holt sie ab und schliet den Transmitter wieder an das zentral gesteuerte Netz an!Ein Pfeifen erklang, SENECA hatte die Verbindung unterbrochen. Die Techniker standen erstarrt.Weisel lste sich als erster aus dem schockhnlichen Bann.Idioten! brllte er. Alles Idioten!Er strmte hinaus, Fridan folgte schweigend. Einer der Techniker gesellte sich zu ihnen. Die brigen drei, die sie herbegleitet hatten, kamen in geringem Abstand hinter ihnen her. Auf demselben Weg kehrten sie zurck, den sie gekommen waren.Bleibt ein wenig zurck und sichert uns den Rcken, rief Cleton Weisel ber die Schulter und fiel in Eilschritt. So schnell wie mglich wollte er in der Zentrale sein. Dort nur fhlte er sich sicher.Nebeneinander liefen sie her. Fridan in der Mitte. Sie verloren die drei hinter sich aus den Augen.Weisel wartete bereits darauf, da etwas geschah. Das rettete ihm das Leben. Der Attentter neben Tanar Fridan zog seine Waffe.Sie zeigte nicht wie abgesprochen auf Fridan, sondern auf ihn, Cleton Weisel.Der Chef der Arge erkannte in einem Bruchteil einer Sekunde, da Fridan Lunte gerochen und den Attentter umgedreht hatte. Er warf sich zu Boden.Ein Bersten und Krachen erfllte die Luft und die drei Mnner wurden wie dnne Schreibfolien davongewirbelt.Cleton Weisel prallte mit dem Kopf gegen die Wand und blieb benommen liegen. Das Zischen der automatischen Lschanlage diese funktionierte zu seiner Verblffung ri ihn wieder empor.Der Chef der Arge war unverletzt. Tanar Fridan blutete aus einem leichtem Schnitt am Arm. Der Attentter Die beiden Mnner wandten sich ab. Die Explosion eines Interkoms hatte ihn buchstblich zerfetzt. Er hatte ihre ganze Gewalt aushalten mssen und ihnen damit das Leben gerettet.Die drei brigen Techniker kamen herbeigerannt. Sie berblickten die Situation sofort. Ihre Augen suchten etwas und fanden es in der Tr, die in der Nhe zu erkennen war. Ohne zu zgern, rannten sie darauf zu und stieen sie auf.Weisel hrte einen Ruf, mehrere Fragen. Das Knallen eines Blasters beendete die Diskussion. Die drei Mnner kehrten zurck. Einer von ihnen sagte nur:Er nannte sich Engus! Es galt dir, Cleton!Weisel deutete zu Boden und sah dabei weg.Schade um ihn, heuchelte er. Ruft einen Reinigungsroboter. Alle Techniker zurck in die Zentrale.

*

Da ausgerechnet er es sein wrde, der Engus fand, htte Mitchmiller sich nicht trumen lassen. Er zuckte zurck, als er den hlichen Brandfleck in der Brust des Toten entdeckte. Er sprach eine deutliche Sprache.Die Arge, immer wieder die Arge, knirschte der Solaner aus Halberland. Es wird Zeit, da sie verschwindet!Er verstndigte eine Antigravplattform, lud den Toten auf und schickte ihn zu den Buhrlos. Sie wrden dem Toten ein anstndiges Raumbegrbnis zukommen lassen. Falls es so etwas im absoluten Nichts berhaupt gab.Es war eine finstere Raumfalle, in die sie geraten waren.Mitch setzte seinen Weg fort. Er suchte einen Erholungsraum auf, in dem man sich entspannen konnte. Er stellte fest, da er der einzige Besucher war, und stieg mit raschen Schritten die Wendeltreppe hinab, die in den Dienstraum mit den Kontrollgerten fr die Massageroboter fhrte.Barbarin erwartete ihn bereits. Er holte aus einem Versteck zwischen zwei Maschinenwnden einen Plan hervor.Die Halle mit dem Anschlu, sagte er ohne Umschweife. Die Monitoren sind bereits entsprechend justiert. Mit etwas Glck knnen wir uns dort stundenlang aufhalten.Mitchmiller nahm den Platz in Augenschein. Er prfte ihn genau durch, betrachtete jeden Gegenstand in der Halle zweimal.Wie steht es mit den Sicherheitsvorkehrungen? wollte er wissen.Wir waren gentigt, den Notausgang in den Reparaturschacht zuzuschweien und einen Unterbrecher fr die Klimaanlage einzubauen. So kann uns niemand berraschen oder ausruchern. Wenn die Halle umstellt wird, sitzen wir allerdings fest.Sorgt dafr, da gengend Lebensmittel bereitgestellt werden, wies Mitch ihn an.Die Zeit wrde knapp werden. Sie durften die Waren nicht tagelang lagern, da die Gefahr einer Entdeckung bestand. Er wrde Cliff und Ponder Bescheid sagen, da sie Barbarin dabei halfen.Was geschieht als nchstes?Mitchmiller zuckte mit den Schultern. Er konnte es nicht voraussagen. Alles hing von der Vorgehensweise der Arge ab.Wieder warf der Solaner einen langen Blick auf den Plan.Die Anschlsse fr den Simultantter sind hundertprozentig in Ordnung?Wir werden sie nochmals durchprfen, wenn es soweit ist. Bis dahin gengen die Kontrollen, die wir tglich durchfhren.Sie hat ihn repariert, flsterte Mitch heiser. Cliff und Ponder haben keine Ahnung, wann sie es getan hat. Und ich bin mir sicher, da ich sie gesehen habe, als sie im Labor war!Von wem redest du die ganze Zeit?Von Karjanta!Barbarin kannte den Namen. Er hatte ihn schon mehrmals von Benutzern des Erholungsraums gehrt.Ja, Karjanta, brummte Mitchmiller. Die geheimnisvolle Frau, die alles kann und die unermdlich unterwegs ist.Sie bereitete ihm Kopfzerbrechen. Glador, der war berechenbar. Er konnte alle seine Schritte und seine Taktik genau verfolgen. Er richtete sich mit seinen eigenen Vorbereitungen nach dessen Auftritten und wute, wann er da und dort keine Solaner und keine Mitglieder der Arge treffen wrde. Glador war, ohne es zu wollen, nur eine kleine Figur auf dem groen Schachbrett. Er konzentrierte die meisten Solaner auf sich und wrde am Ende keinen Erfolg damit haben.Der Simultantter wrde alle seine Winkelzge zunichte machen!Noch war Mitch sich nicht ber die eigentlichen Ziele des Solaners im klaren. Was er sagte, klang verheiungsvoll, aber es war noch zu allgemein. Der Heimatpfleger (Mitch hielt das fr eine schwlstige Bezeichnung) rckte nicht damit heraus, wie er sein Ziel erreichen wollte. Und noch wichtiger: was er tun wollte, wenn er die Arge abgelst hatte.Er hat fast keine Zeit mehr, der Prediger, sagte er zu Barbarin, der den Plan wieder wegsteckte. Bevor er den Anschlu an die Entwicklung verpat, mu er seine Mikro-Speicher auf den Tisch legen.Und selbst das reichte nicht. Mitch rechnete damit, da er den Simultantter frher als vorgesehen und zu einem anderen Zweck als geplant einsetzen mute. Um Glador einzuschchtern, falls das mglich war. Oder um ihn ganz aus dem Verkehr zu ziehen, bevor er Schaden anrichtete.Wir sehen uns pnktlich zur Lagebesprechung, schrfte er Barbarin ein, dann eilte er weiter. Stndig war er unterwegs, suchte einen Schlupfwinkel nach dem anderen auf. Schwei und viel Arbeit hatte es gekostet, die kleine Organisation so aufzubauen, da sie unbeachtet arbeiten konnte. Sie war fr den Zeitpunkt X gerstet. Sie wrde eingreifen, ohne da es die anderen Gruppierungen verhindern konnten. Dank dem Simultantter. Wieder dachte er an Karjanta und die Rolle, die diese Frau spielte. Manchmal erwischte er sich bei dem Gedanken, da sie absichtlich auf ihn getroffen war, drunten in Halberland. Eine Spionin?Ich werde es herausfinden, schwor er sich. Ich kann keine Unbekannte in meiner Rechnung brauchen. Nicht auf diesem Weg. Auf dem Weg zur Macht. Mitchmiller auf dem Weg zur Macht.Er lachte schallend, und ein paar Solaner drehten sich verwundert nach ihm um.

5.

Karjanta bewegte sich ungezwungen, aber es fiel den Solanern auf, da sie immer auf krperliche Distanz bedacht war. Die fragenden Blicke der Solaner beantwortete sie mit einem geheimnisvollen Lcheln, das sie bewerkstelligte, ohne dabei den Mund zu verziehen. Sie untersttzte ihre Geste durch anmutige Bewegungen ihrer Hften und machte manche Mnner rasend vor Neugier.Die wirren, sich ineinander verschlingenden Muster ihrer Kombination lenkten nur unzureichend ab. Kaum drei Wochen waren vergangen seit ihrem ersten Erscheinen in der ffentlichkeit. Jetzt war ihr Name fast in aller Munde, und er wurde neben dem von Elvin Glador genannt. Es schien, als gehrten sie zusammen.Die rtselhafte Frau bestritt Gemeinsamkeiten mit dem Heimatpfleger. Sie habe ihn noch nie gesehen, sagte sie, und die Solaner glaubten es ihr. Dennoch verstrmte sie ein Flair, das irgendwie zu den Worten und Gesten Gladors pate.Die Solaner dachten: Sie ergnzen sich. Wenn sie zusammenarbeiten, ist die Zukunft unserer Heimat gesichert. Manche sprachen es offen aus. Karjanta uerte sich nicht dazu. Sie erschien in verschiedenen Sektoren der Kugelzellen und des Mittelteils, reparierte die unmglichsten Defekte. Manche waren so einfach, da niemand darauf gekommen wre. Karjanta beseitigte sie, lchelte und verschwand.In der Nhe der Maschinensektoren der SZ-1 waren annhernd vierzig Solaner und Solanerinnen in einem Wartungsraum eingeschlossen. Defekte Roboter blockierten den verschlossenen Ausgang, niemand kam mit der Hand an den Kontakt des ffnungsmechanismus heran. Einen Interkomanschlu besa der Raum nicht.Die Mnner und Frau warteten. Sie versuchten, die Roboter umzustrzen und so den Ausgang freizumachen. Es handelte sich jedoch um schwere Kampfroboter, die von ihnen aktiviert worden waren. Sie lieen sich nicht von der Stelle bewegen.Der Tag verging, und die Nacht brach an. Die Solaner begannen ihre Lage zu verfluchen. Mit allen Mitteln versuchten sie, die Blechmnner in Gang zu bringen, ohne Erfolg. Ein Defekt, der allen gemeinsam schien, hielt sie unverrckbar in Position.Wir sind Dummkpfe, sagte ein kleiner Mann namens Arl Josser pltzlich. Wir haben uns selbst in diese Lage gebracht. Wenn nicht bald ein paar Techniker auftauchen und uns herausholen, sieht es nicht gut aus!Seit dem Vortag hatten sie nichts mehr gegessen. Die Nahrungszuteilungen waren rationiert worden, eine der Robotfabriken in ihrer Etage war ausgefallen. Der Vorfall hatte sie am eigenen Leib erleben lassen, wie es in anderen Schiffsbereichen seit Wochen und Monaten zuging.Und alles fr ein paar leere Versprechungen der Arge.Eine Frau begann in hysterisches Gejammer auszubrechen, als ihr Mann ihr vorrechnete, da es nach seinem Chrono bereits wieder Morgen war. Die Mgen knurrten, die allgemeine Situation innerhalb des Schiffes lie sie in einen Zustand ohnmchtiger Wut verfallen. Zornige Blicke trafen Limper, den Anfhrer ihrer Gruppe. Ihm hatten sie das zu verdanken, er hatte sie dazu berredet, diese Aufgabe im Auftrag der Arge zu bernehmen.Bald funktioniert nichts mehr in diesem Schiff, knurrte Limper bse. Und ihr knnt Gift darauf nehmen, die Raumfalle ist daran schuld, das totale Nichts!Sie frstelten bei dem Gedanken daran, da sie rettungslos verloren waren. Wie ein Strahler im Dauerbetrieb hing die Drohung ber ihnen. Manchmal erwischten sie sich bei dem Gedanken, da sie lieber frhzeitig sterben wollten, als ihr Leben im Rachen des unheimlichen Zustands zu beenden, der um ihre Heimat herum herrschte.Auch die letzten unter ihnen wurden sich der Tatsache bewut, da die Arge an allem schuld war. Die Solaner konnten nicht viel tun, aber sie konnten Weisel und seine Mnner bestrafen fr das, was sie den Solanern und dem Schiff angetan hatten.Die Schiffsfhrung mute wissen, was sie tat! lautete der einmtige Kommentar. Und wenn wir jemals hier rauskommen sollen Das leise Zischen der sich ffnenden Tr ri sie aus ihren trben Gedanken. Durch ein paar kleine Lcken zwischen den Robotern erblickten sie undeutlich die Umrisse einer Gestalt.Hier sind wir! rief Limper laut. Wir sind eingeschlossen!Erschrocken fuhr er zurck. Die Roboter begannen sich zu bewegen. Sie lebten wieder. Aber sie fhrten den ihnen gegebenen Befehl nicht aus. Sie kehrten um und stampften in den Hintergrund der Halle zurck, von wo sie hergekommen waren. An ihren bisherigen Standpltzen verharrten sie. Ihre Linsen erloschen, sie hatten sich desaktiviert. Gleichzeitig knirschte es irgendwo in ihrem Innern.Die Roboter sind nicht mehr einsatzfhig, kam die Stimme vom Eingang her. Dort stand eine schlanke Frau mit braunen Haaren.Karjanta! entfuhr es Limper. Die Frau deutete auf die Roboter.Sie sollten gegen rebellierende Solaner eingesetzt werden, machte sie ihnen klar. Wit ihr, was das heit?Sie nickten zornig. Um ein Haar htten sie ihre Kameraden und Kameradinnen der Arge ans Messer geliefert, wegen ein paar Nahrungsrationen. Sie schlugen beschmt die Augen nieder.Wir danken dir, sagte Limper schlielich. Du hast uns vor einem schweren Fehler bewahrt.Sie wuten jetzt, was sie zu tun hatten. Josser kannte einen Halbbuhrlo, der einer oppositionellen Gruppe angehrte. Ihn wrden sie aufsuchen.Warum tust du das fr uns? fragten sie die Frau.Karjanta erschien ihnen schlanker und grer zu werden. Sie ragte vor ihnen auf, als sei sie Elvin Glador persnlich. Sie hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt.Die Hypertechnikerin erwiderte nicht viel. Es ging jedoch genug aus ihren Worten hervor. Die augenblickliche Lage in der SOL und ihrer Fhrung war gefhrlich. Sie wrde zum Untergang des Schiffes und des Volkes der Solaner fhren.Sympathie fr Karjanta berkam sie. Die Frau machte ein, zwei Schritte in die Halle hinein, wandte sich zur Seite.Geht jetzt! sagte sie. Wenn ihr mich braucht, werde ich zur Stelle sein!In sicherem Abstand beobachtete sie, wie die Solaner die Halle verlieen. Sie schlo das Schott und wandte sich den Robotern zu, die sie auer Betrieb gesetzt hatte. Sie waren unbrauchbar geworden. Karjanta berhrte das Antischwerkraftgert an ihrem Grtel und lie sie umstrzen, einen nach dem anderen. Erst als die alle am Boden lagen, war sie zufrieden und wandte sich ebenfalls dem Ausgang zu. Auf ihrem Gesicht lag ein spitzbbisches Grinsen, wechselte mit dem zufriedenen Lcheln eines Kindes, das einen Streich gespielt hatte, den es fr besonders gelungen hielt.bergangslos aber war sie wieder die alte. Ihre Gestalt straffte sich, sie verlie die Halle.Alles ist vergnglich wie die Roboter, dachte sie bei sich. Manches aber ist wert, erhalten zu bleiben. Die Solaner, das Schiff. Den bedrohten Menschen wollte sie helfen, deshalb hatte sie sich an die ffentlichkeit gewagt.Irgendwie, begriff sie, hing das Schicksal von Gemeinschaften immer von den Handlungen einzelner ab, egal ob es Helden oder Feiglinge waren. Ein Feigling war jemand, der Angst hatte, etwas zu tun. Wenn jemand Angst hatte, etwas Gutes zu tun, war er ein Versager. Wenn er Angst hatte, Schlechtes zu tun, war er ein Vorbild, ein Idol.Alles hing von den Relationen ab, von den Mastben, die eine Gemeinschaft sich setzte. Gut und Schlecht waren subjektive Begriffe.Zu welcher Gruppe gehrte sie selbst? Sie dachte an ihre Begegnungen mit Mitchmiller. Sie war eine Solanerin, er ein Solaner. Gab es eine Zukunft, in der sie beide eine Lebensberechtigung besaen?Karjanta sprte, da sie dem Mann aus Halberland Sympathie entgegenbrachte, obwohl sie sich kaum kannten. Sie wuten, da sie sich irgendwann noch einmal begegnen wrden. Bald.Karjanta verschwand aus der SZ-1. Ein rtselhaftes Glucksen blieb zurck, es klang hnlich wie das Lachen Mitchmillers, wenn er den Komiker spielte.Glador, ich passe auf! flsterte die seltsame Frau in ihrer seltsamen Kombination.

*

Die Hauptzentrale im Mittelteil glich einer waffenstrotzenden Festung. Cleton Weisel hatte die Verteidigungsringe verstrkt. Er rechnete damit, da sich bald etwas ereignete. Er konnte den Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten.Sie hatten es lngst aufgegeben, ein Entkommen aus der Raumfalle zu suchen. Der Versuch mit dem Transmitter war der Selbsttuschung einiger Techniker entsprungen. Die Enttuschung hinterher war um so grer gewesen.Der Chef der Arge rechnete bereits in Minuten. Er wich nicht mehr von Fridans Seite. Die beiden Mnner beugten sich pausenlos, jeder stndig auf einen blen Schachzug des anderen gefat. Sie hatten einander wortlos den Krieg erklrt. Irgendwann in dem bevorstehenden Getmmel wrde eine Entscheidung fallen.Fridan provoziert den Aufstand gegen die Zentrale noch, berlegte Cleton Weisel. Er kann mich nicht jetzt vor versammelter Mannschaft erschieen.Umgekehrt ging es ebensowenig. Weisel schtzte seine Position ungefhr ein. Jeder Fehler konnte ihm den Kopf kosten.Die Entwicklung hatte sich verselbstndigt. Niemand war in der Lage, sie aufzuhalten. Tanar Fridan hatte sie schulterzuckend mit den Worten kommentiert:Wir htten auf Chircool nicht fnfhundert, sondern fnfzigtausend aussetzen sollen. Dann gbe es keine Versorgungsprobleme, wir htten Zeit, uns um die Raumfalle zu kmmern!Und irgendwann httest du einen legalen Grund, mich abzulsen, ergnzte Weisel. Er bezweifelte nicht, da es Fridan egal war, ob er erlaubte oder unerlaubte Mittel dazu benutzte.Einen letzten Triumph hatte Fridan bisher nicht ausspielen knnen. Noch befanden sich Glador und Karjanta nicht in seinen Hnden. Seine Hscher versuchten stndig, der beiden habhaft zu werden, aber jedesmal kam etwas dazwischen. Wie Spukgestalten verschwanden sie, und die Techniker begannen an Geister zu glauben und brachten sie mit der Raumfalle in Verbindung. Das totale Nichts gewann an Gestalt, wurde in ihrer Phantasie mit Leben erfllt, das die Solaner durcheinanderbrachte.Erste Anzeichen des beginnenden Wahnsinns?Sie kommen! rief ein Techniker an den Bildschirmen. Aber es war lediglich eine Delegation aus zehn Buhrlos, die Weisel zu sprechen wnschte. Unter scharfer Bewachung lie er sie in die Zentrale ein.Was sucht ihr hier? herrschte er sie an. Einer der Buhrlos trat vor.Ich bin Troilus, Sohn des Priamus, erklrte er. Wir sind gekommen, um dir mitzuteilen, da sich die Buhrlos aus den Auseinandersetzungen heraushalten werden. Wir erwarten dafr, da auch wir in Ruhe gelassen werden.Weisel nickte. Die Glsernen wuten Bescheid, da die Solaner bald zum Sturm auf die Zentrale ansetzen wrden. Sie sollten nur kommen. Sie wrden ihr blaues Wunder erleben.Wir sind eine kleine Minderheit, fuhr der Buhrlos fort. Wir stehen nicht auf der Seite der Gewalt!Ihr steht auf der Seite der Schiffsfhrung? forschte Weisel.Wir untersttzen jede Schiffsfhrung, die uns den Erhalt unserer Heimat garantiert, erwiderte Troilus diplomatisch. Wenn du erlaubst, werden wir uns jetzt zurckziehen!Die Buhrlos wandten sich ab und schritten zum Ausgang. Die Techniker blickten ihnen mit gemischten Gefhlen nach. Sie bewunderten die Glsernen, weil sie eine neue Stufe der Evolution erreicht hatten. Auf der anderen Seite hatten sie Mitleid mit ihnen, denn ihr kleines Volk hatte sich im Lauf der Zeit als eine Sackgasse in der Evolution herausgestellt.Die Buhrlos wuten es, aber sie wollten es nicht wahrhaben. Ihr Desinteresse fr verschiedene Vorgnge in der SOL war Resignation, nichts weiter.Dennoch, Weisel hatte ein dumpfes Gefhl. Die Augen dieses Glsernen, sie hatten eine lebendige Sprache gesprochen. Mehrmals hatte er unbewut Gesten mit den Fingern gemacht, die Weisel nicht deuten konnte. Er verstand sie nicht, die Weltraumsprache dieser Menschen.Sagt euch der Begriff Solanokraten etwas? fragte der Chef der Arge unvermittelt.Troilus drehte sich um. Die Bewegung wirkte auf Grund seiner Gestalt sehr plump. Wre er ein gewhnlicher Mensch gewesen, htten sie ihn jetzt errten sehen. So aber lie seine von filigranen Blutgefen durchzogene Glashaut es nicht zu.Wir haben ihn gehrt, aber wir knnen ihn nicht einordnen, sagte er mit fester Stimme. Er interessiert uns auch nicht!Die Buhrlos zogen ab, und Weisel gab die Anweisung an jene Techniker, die sich gleichmig ber das Schiff verteilt hatten, da die Buhrlos sich in ihren Wohnbereichen oder den Auenbezirken des Schiffes aufzuhalten hatten. Der Schwerpunkt der Auseinandersetzung lag eindeutig um die Hauptzentrale herum.Er hielt sie fr uneinnehmbar. Ohne grere Schden anzurichten, konnte sie niemand erobern. Obwohl, wer garantierte dafr, da die Solaner es nicht doch schafften?Sirenen heulten auf, Meldungen gingen ein. Der uere Sicherheitsring wurde in die ersten Feuergefechte verwickelt.Feindberhrung, nannte Fridan es, und Weisel stimmte ihm zu. Beide hatten sie die Hand am Strahler, belauerten sich.Weisels Pulsschlag beschleunigte sich sprbar. Seine Halsadern traten hervor.Leicht war es nicht, was sie zu tun hatten. Aus einer ihm verstndlichen Notwendigkeit heraus kmpften Menschen gegen Menschen.In seinen Augen war es unvermeidbar. Die Waffen waren sein einziger Trumpf. Bis jetzt.Aber er wartete auf die beiden Geiseln. Auf Glador und Karjanta. Er sah Fridan an und wute, sie wrden kommen.

*

Es war die Wahrheit, die er verkndete. Seine Worte ffneten auch den letzten Solanern die Augen. Seine Anhngerschaft war vollstndig. Nie htte er es sich trumen lassen. Alle Solaner standen hinter ihm.Die Vorgnge um ihn herum, die in Zusammenhang mit seinem Auftreten standen, sie waren der deutlichste Beweis fr das, was er predigte.Die SOL war am Sterben, aber sie war nicht tot. Das Schiff besa Leben, und dieses Leben mute erhalten werden. Das Generationenschiff und seine Bewohner bildeten eine atmende Einheit, die nur so lange existieren konnte, wie beide Komponenten gesund waren.Im Augenblick sah es so aus, als wrden beide absterben, wenn nicht etwas geschah.Es geschah etwas.Bisher hatte es Techniker gegeben, die da und dort eingriffen und Fehler behoben, Ersatzteile verwendeten oder aus zwei beschdigten Beibooten ein einziges, intaktes machten. Aber sie waren nicht nur Techniker, sondern auch Technokraten. Und in ihrer Grundhaltung hatten sie sich verselbstndigt. Sie standen nicht mehr auf dem Boden dessen, auf dem sie einmal angefangen hatten. Damals. Sie waren zum Selbstzweck verkommen, ihr einziges Ziel war die Machterhaltung. Dabei hatten sie sich immer weiter von dem entfernt, was ihre Existenz als Solaner ausmachte. In ihren Herzen schlummerte keine Begeisterung mehr, was sie taten, war die Aufrechterhaltung eines leblosen Gerippes.Es hatte bereits Zge des Todes angenommen.Es ist unsere letzte Chance, es zu ndern. Sonst wird das Volk der Solaner untergehen! rief Glador eindringlich.Eine Rckkehr zur Demokratie der Anfangsjahre war unmglich. Bereits damals hatte sich gezeigt, da die Solaner unfhig waren, die demokratischen Grundregeln ihrer Vorfahren zu bernehmen. Es hing mit ihrer Entwicklung zusammen, die sich nie in verantwortungsbezogenen Bereichen abgespielt hatte.In den 64 Jahren, die seither vergangen waren, hatte sich dieser Proze zwangslufig fortgesetzt. Die Abhngigkeitsstrukturen hatten sich immer deutlicher ausgeprgt.Glador kannte jedes Detail auswendig. Es bereitete ihm keine Mhe, die Bezge zwischen scheinbar allein dastehenden Ereignissen herzustellen und diese in die Zukunft zu transponieren, die seine Gegenwart war. Sein Gedankengerst stimmte fast in jeder Beziehung mit den tatschlichen Zustnden berein, und wenn er weiterdachte, kam er auf jene Zustnde, die in zehn, zwanzig Jahren sein wrden.Wenn alles so weiterlief wie bisher.Glador glaubte persnlich nicht daran, da die SOL an ihrem Ende angelangt war. Mit der Zeit wrde sich ein Weg finden lassen, das absolute Nichts zu besiegen und in den gewohnten Weltraum zurckzukehren. Vielleicht war die Raumfalle auch eine zeitbedingte Erscheinung und lste sich irgendwann auf.Der Heimatpfleger hob seine Stimme an. Die Stunde war gekommen. Zgerte er weiter, wrden ihn die Schergen Weisels in ihre Hnde bekommen und verschwinden lassen.Glador erschien es rtselhaft, wie er in den letzten Tagen immer wieder unbeschadet entkommen war. Alles sah wie Zufall aus, aber der Solaner wurde den Eindruck nicht los, da ein Unbekannter seine Hand im Spiel hatte. Einer, der ihn untersttzte, sich aber nicht zeigen durfte? Einer von der Arge!Ich werde das Schiff retten, versprach er, ich werde es heilen. Es ist meine Berufung. Dazu bin ich geboren. Aber ich bedarf eurer Untersttzung. Ich werde ein System aufbauen, in dem es fr alle wichtigen Funktionen der Heimat eine eigene Gruppierung geben wird!Sie brauchten Piloten, die mit den Beibooten umgehen konnten, wenn es galt, das Schiff mit Versorgungsgtern zu bestcken, wie es immer geschehen war. Sie brauchten technisch begabte Leute, die sich speziell um die anfallenden Reparaturen kmmerten. Sie bentigten besonders ausgebildete Mnner und Frauen, die alle technischen und positronischen Vorgnge in ihrer Gesamtheit verstanden und die Anweisungen an die untergeordneten Chargen weitergaben. Jeder mute dem nchsthheren Rechenschaft ablegen. Und ber allen stand ein einzelner Mann, der sie unablssig kontrollierte.Einer, den alle Solaner schtzten und zu denen er von Zeit zu Zeit sprach.Ein Kastensystem wrde sich herausbilden, es wrde Solaner mit speziellen Aufgaben und speziellem Wissen geben. Nicht diese Techniker der Arge mit ihrem technischen Allgemeinverstand, der sich immer mehr als Unverstand entpuppte.Glador wurde die Frage gestellt, wer denn die Solaner ausbilden sollte. Bestimmt nicht die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, die das Vertrauen der Bewohner verloren hatten.Elvin Glador erzhlte ihnen, welche verschiedenen technischen Ausbildungen er in seiner Jugend durchgemacht hatte. Er sprach zum ersten und letzten Mal davon.Da vertrauten sie ihm endgltig, und die Worte seiner Rede eilten wie der Wind durch alle Teile des Schiffes.Heile die SOL, baten sie erneut.Ich habe bereits damit begonnen, ohne da ihr es gemerkt habt, erffnete er ihnen. Bald werdet ihr die Fortschritte sehen.Wieder mute er unauffllig verschwinden, um nicht den Hschern der Arge in das Netz zu gehen. Seine Anhnger u