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194 I I I I I I Das Warmbliiterproblem in der PaHiontologie Von Friedrich Schuh, Mfinster in Westfalen (Vorgetragen bei der Versammlung der Pal/iont. Ges. in M/inchen 1950) Mit 1 Abbildung im Text Mfinchen ist der Ort, wo Herr BROILIbei drei verschiedenen Flugsauriern den Nachweis der Haarbedeckung erbrachte und damit die schon von anderer Seite (z. B. NoPeA 1916, WIEMAN 1925) ge/iuBerte Vermutung, dab es sich bei diesen Tieren um Warmbliiter handelte, unterstfitzte. Auf Grund seiner Unter- suchungen sprach er auch die Meinung aus, dab a 11 e P t e r o s a u r i e r m i t H a a r e n b e d e c k t gewesen seien. Im AnschluB an WATSON (1931), dem es gelang, bei einem Therocephalen aus der unteren Trias S/idafrikas (Karroo- formation} in der Schnauzengegend kleine L6cher nachzuweisen, die auf den Durchtritt von Blutgef~iBen und Nerven hindeuten und ein sensorisches Feld am Ende der Schnauze, ~ihnlich wie bei der ~iuBeren Nase der biammalia, wahr- scheinlich machen, gelang es Bnoiu in Zusammenarbeit mit ScI~n6nnn, bei einem anderen Therocephalen aus der mittleren Trias der Karrooformation einen entsprechenden Nachweis zu f/ihren. Daraus ergibt sich nach BROILI, dab auch bei den Theriodontia mit groBer Wahrscheinlichkeit Haare oder Borsten ange- nommen werden k6nnen. -- Da man die Pterosaurier yon /iltesten Archo- sauriern abzuleiten pflegt, welche bereits im oberen Perm auftreten, so er- wartete Bnoiri auch bei diesen /ihnliche Strukturen, und er spricht die Ver- mutung aus, dab es auch bald gelingen wird, bei den D i n o s a u r i e r n H a a re nachzuweisen. In bezug auf die Pterosaurier hat neuerdings auch RoM[n (1947) erkl/irt, dab Warmblfitigkeit mit groBer Wahrscheinlichkeit an- genommen werden k6nne. Diese Untersuchungsergebnisse sind geeignet, unsere entwicklungsgeschicht- lichen Vorstellungen tiefgreifend zu beeinflussen und unser gebr~uchliches systematisches Gliederungsschema ernstlich in Frage zu stellen. Ich habe reich daher entschlossen, noch einige allgemeine Cresichtspunkte, die mir in diesem Zusammenhang yon wesentlicher Bedeutung zu sein scheinen und die bisher kaum beriicksichtigt wurden, kurz zur Sprache zu bringen. Wir fragen zun~ichst: Ist die Annahmeberechtigt, dab Warm- blfitigkeit mehrmals unabh~ingig entstanden ist? In unserer heutigen Tierwelt finden wir Haare oder Federn nut bei Warm- bliitern, und nut bei solchen Tieren hat eine solche K6rperbedeckung eine vitale Bedeutung. Wir werden daher kaum fehlgehen, wenn wit auch in der geologischen Vergangenheit alle diejenigen Tiere, welche ein Haar- oder Federkleid besessen haben, zu den Warmblfitern rechnen. Nach der heute gebr~iuchlichen Wirbeltierphylogenie werden ffir die Reptilien zwei Strahlungszentren angenommen, eines im Oberkarbon bei den

Das Warmblüterproblem in der Paläontologie

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Das Warmbliiterproblem in der PaHiontologie Von Friedrich Schuh, Mfinster in Westfalen

(Vorgetragen bei der Versammlung der Pal/iont. Ges. in M/inchen 1950)

Mit 1 Abbildung im Text

Mfinchen ist der Ort, wo Herr BROILI bei drei verschiedenen Flugsauriern den Nachweis der Haarbedeckung erbrachte und damit die schon von anderer Seite (z. B. NoPeA 1916, WIEMAN 1925) ge/iuBerte Vermutung, dab es sich bei diesen Tieren um Warmbliiter handelte, unterstfitzte. Auf Grund seiner Unter- suchungen sprach er auch die Meinung aus, dab a 11 e P t e r o s a u r i e r m i t H a a r e n b e d e c k t gewesen seien. Im AnschluB an WATSON (1931), dem es gelang, bei einem Therocephalen aus der unteren Trias S/idafrikas (Karroo- formation} in der Schnauzengegend kleine L6cher nachzuweisen, die auf den Durchtritt von Blutgef~iBen und Nerven hindeuten und ein sensorisches Feld am Ende der Schnauze, ~ihnlich wie bei der ~iuBeren Nase der biammalia, wahr- scheinlich machen, gelang es Bnoiu in Zusammenarbeit mit ScI~n6nnn, bei einem anderen Therocephalen aus der mittleren Trias der Karrooformation einen entsprechenden Nachweis zu f/ihren. Daraus ergibt sich nach BROILI, dab auch bei den Theriodontia mit groBer Wahrscheinlichkeit Haare oder Borsten ange- nommen werden k6nnen. - - Da man die Pterosaurier yon /iltesten Archo- sauriern abzuleiten pflegt, welche bereits im oberen Perm auftreten, so er- wartete Bnoiri auch bei diesen /ihnliche Strukturen, und er spricht die Ver- mutung aus, dab es auch bald gelingen wird, bei den D i n o s a u r i e r n H a a r e nachzuweisen. In bezug auf die Pterosaurier hat neuerdings auch RoM[n (1947) erkl/irt, dab Warmblfitigkeit mit groBer Wahrscheinlichkeit an- genommen werden k6nne.

Diese Untersuchungsergebnisse sind geeignet, unsere entwicklungsgeschicht- lichen Vorstellungen tiefgreifend zu beeinflussen und unser gebr~uchliches systematisches Gliederungsschema ernstlich in Frage zu stellen. Ich habe reich daher entschlossen, noch einige allgemeine Cresichtspunkte, die mir in diesem Zusammenhang yon wesentlicher Bedeutung zu sein scheinen und die bisher kaum beriicksichtigt wurden, kurz zur Sprache zu bringen.

Wir fragen zun~ichst: I s t d ie A n n a h m e b e r e c h t i g t , dab W a r m - b l f i t i g k e i t m e h r m a l s u n a b h ~ i n g i g e n t s t a n d e n i s t ?

In unserer heutigen Tierwelt finden wir Haare oder Federn nut bei Warm- bliitern, und nut bei solchen Tieren hat eine solche K6rperbedeckung eine vitale Bedeutung. Wir werden daher kaum fehlgehen, wenn wit auch in der geologischen Vergangenheit alle diejenigen Tiere, welche ein Haar- oder Federkleid besessen haben, zu den Warmblfitern rechnen.

Nach der heute gebr~iuchlichen Wirbeltierphylogenie werden ffir die Reptilien zwei Strahlungszentren angenommen, eines im Oberkarbon bei den

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primitiven Cotylosauriern und ein zweites im obersten Perm bei den primitiven Thecodontiern. Wegen dieser phylogenetischen Verkn/ipfung hat auch BRoILI bei den Dinosauriern eine Behaarung vermutet. Nun werden aber die primitiven Thecodontier von primitiven Cotylosauriern abgeleitet und yon diesen zweigen wiederum die Theromorphen {Pelycosauria} ab, von denen die Therapsida ausgehen, die dann mit den Ictidosauriern und den heutigen S~iugern in Ver- bindung stehen. So ergibt sich die Frage: I s t d i e W a r m b l / i t i g k e i t be i d e n T h e c o d o n t i a u n d d e n T h e r a s p i d a u n a b h ~ i n g i g e n t w i c k e l t w o r d e n o d e r s t a m m e n b e i d e W a r m b l i i t e r - g r u p p e n v o n w a r m b l ~ i t i g e n p r i m i t i v e n C o t y l o s a u r i e r n ab?

Ich bin zu der Oberzeugung gekommen, dal] nur das letztere in Frage kommen kann, und will diesen meinen Standpunkt nun kurz begr/inden.

Die chernischen Reaktionen im TierkSrper sind temperaturabh~ingig. Jede Enzymreaktion hat ein Temperaturoptimum, einen Temperaturbereich, in dem sie am raschesten verl~iuft. Damit steht aber auch die Intensit~it der Lebens- vorg~inge in Zusammenhang. Wir k6nnen diese Lebensvorg~inge einteilen in solche, die die K6rpersubstanz aufbauen {Baustoffwechsel) und in solche, die die Aktivit~it des organischen Lebens bedingen (Betriebsstoffwechsel}. Ent- sprechend dieser starkenAbh~ingigkeit der Lebensvorg~inge yon der Temperatur ist die energetische Oberlegenheit der Warmbliiter {Homoiothermen} ~iber die Wechselwarmen (Poikilothermen} ohne weiteres verst~indlich.

Wie aber kommt die Warmbliitigkeit zustande? Wenn wir dieser Frage nachgehen, so erkennen wir bald, dal] es unmSglich ist, irgendein K6rperorgan allein hierfiir verantwortlich zu machen, sondern dal] es sich um eine weit- gehende Umkonstruktion des Organismus handelt.

So wird z. B. das Blutbild ein anderes. Das an die BlutkSrperchen (Erythro- cyten} gebundene H~imoglobin wird vermehrt und damit das Blut zum Gas- transport {Sauerstoff oder Kohlens~iure} geeigneter. Die Blutmenge je Kilo- gramm K6rpergewicht nimmt zu. Durch die Ver~inderung des Herzens, das jetzt aus zwei Kammern und zwei Vorkammern besteht, und durch die Ver- st~irkung der T~itigkeit der Herzmuskeln wird das Blutkreislaufsystem ver- bessert und der Blutkreislauf intensiviert. Die resorbierende Oberfl/iche des Darmes, der Lungen und der Nieren wird vergr61]ert.

Die W~irmeerzeugung je Zeiteinheit bei gleichem K6rpergewicht ist bei Poikilothermen sehr viel geringer ais bei Homoiothermen. Bei letzteren kann vielleieht im Durchschnitt der sechsfache Betrag angenommen werden. Nur gleiehgrol]e Tiere lassen sieh unmittelbar miteinander vergleichen. - - Dies ent- sprieht dem sehr viel intensiveren Zellstoffwechsel der Warmbl/Jter, der nat/ir- lieh auch einen entsprechend h6heren Sauerstoffverbrauch bedingt.

W~ihrend also derWarmbliiter durch Intensivierung seines Zellstoffwechsels die W/irme selbst erzeugt, die ffir eine Intensivierung seiner Lebensvorg~inge ben6tigt wird, ist das wechselwarme Tier auf W~irmezufuhr yon aul]en {h6here Lufttemperatur und Sonnenstrahlung} angewiesen. Es gibt aber auch die so aufgenommene W~irme rasch wieder nach aul]en ab, w~ihrend der Warmblfiter Einriehtungen gegen W~irmeverlust (Haare, Federkleid, Fettpolster} ent- wiekelt hat.

Doeh sind alle diese giinstigen Ver/inderungen des warmbl/itigen Organis- mus allein noch nicht entscheidend, denn sie verbfirgen noch nicht dauernd

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optimale Bedingungen fiir die chemisehen Reaktionen in seinem K6rper. Erst die zentral vom Gehirnstamm gesteuerte W~irmeregulierung bringt den vollen Erfolg. Dieses W~irmeregulierungszentrum beeinflul3t sowohl die W~irme- erzeugung, bei der neben anderen Organen besonders die Leber eine Rolle zu spielen scheint, und bei der auch die Muskulatur angeregt wird {Kiiltezittern, Str~iuben der Haare usw., wie auch die W~irmeabgabe {SchweiB, Atmung [i. b. Hacheln], Durchblutung der Haut usw.}.

S c h 1 u 13 f o 1 g e r u n g. Wenn wir bedenken, daft bei den fortgeschrittenen Placentaliern Schwankungen der Bluttemperatur von mehr als 1 ° C schon selten vorkommen, obwohl doch die Auflenbedingungen (besonders Lufttempe- ratur und Luftfeuchtigkeit} auflerordentlich stark wechseln, so werden wir nicht umhin k6nnen, die Erwerbung der Warmbliitigkeit zu den gr6flten Fort- schritten in der tierischen Entwicklung zu rechnen, vielleicht vergleichbar der Bildung eines Innenskelettes an Stelle eines Aul3enskelettes. D a B s i c h e i n s o l c h e r d e n G e s a m t o r g a n i s m u s t i e f g r e i f e n d v e r ~ i n d e r n - d e r E n t w i c k l u n g s s c h r i t t m e h r m a l s v o l l k o m m e n u n a b - h ~ i n g i g v o l l z o g e n h a b e n s o l l t e , e r s c h e i n t i i u l 3 e r s t u n - w a h r s c h e i n l i c h u n d e i n e s o l c h e A n n a h m e i s t d a h e r o h n e z w i n g e n d e G r i i n d e a b z u l e h n e n . Allein schon auf Grund dieser Erwiigung diirfte die Annahme gerechtfertigt sein, dab sieh schon im Ober- karbon, an der Basis des Cotylosaurier-Stamrnbaums, die Spaltung in homoio- therme und poikilotherme Entwicklungs~iste vollzogen hat.

Allerdings wird man nicht annehmen k6nnen, dab die ersten Warmbliiter bereits jene vollkommene Homoiothermie besaflen wie unsere heutigen fort- geschrittenen Placentalier, aber di'e neue Entwicklungsrichtung ist schon da- reals aufgetreten und hat sich dann stufenweise vervollkommnet, und diese Vervollkommnung diirfte in erster Linie auf der Verbesserung der zentralen Steuerung beruhen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dab auch bei den heute lebenden primitiven Placentaliern wie den Edentaten, besonders soweit sie in tropischen Gegenden leben, bei wechselnder Aul3enternperatur noch betr~ichtliche Unter- schiede der K6rpertemperatur auftreten k6nnen und dab besonders die Mono- tremen eine relativ groBe Abh~ingigkeit ihrer Innentemperatur yon der Aul]en- temperatur zeigen. Sehr eigenartig sind die Verh~iltnisse bei den Flederm~iusen, deren K6rpertemperatur in der Ruhezeit stark absinkt, um dann beim Er- wachen durch intensive Muskelbewegungen rasch gesteigert zu werden; Ver- hiiltnisse iibrigens, die wit auch beim Erwachen der Winterschl~ifer finden, nut dab der ausl6sende Reiz in beiden Fiillen verschieden ist.

T r o t z d i e s e r U n v o l l k o m m e n h e i t e n s i n d d i e V o r t e i l e e i n e r g e s t e u e r t e n K 6 r p e r t e m p e r a t u r i m m e r n o c h g e - w a 1 t i g, besonders in nichttropischen Riiumen, da durch sie die energetische Leistungsf~ihigkeit der Organismen auBerordentlieh gesteigert wird.

Wir fragen nun welter: W i e w i r k t s i c h d i e H o m o i o t h e r m i e auf d ie g a n z e K 6 r p e r g e s t a l t und d a m i t a u c h auf das I n n e n - s k e l e t t a u s ?

Der Unterschied in der Art der Fortbewegung zwischen den poikilothermen und den homoiothermen Landwirbeltieren veranlaBte die Bezeichnung ,,K r i e c h t i e r e" fiir die letzteren. (Der Rumpf ist an der Lokomotion mall-

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~ebend beteiligt. Die Beine dienen meist nur als Stfitzen und zum Nachschieben. Sie sind gelegentlich verkfimmert oder in Verlust geraten [Schlangen]. Die auf dem Lancle lebenden Warmblfiter dagegen werden yon ihren Ffil3en ~etragen und haben sich zum Teil zu Langstreckenliiufern entwickelt.)

Es kann, wie mir scheint, kaum einen Zweifel dar/iber geben, dal3 dieser fundamentale Unterschied, der im allgemeinen in der K6rperhaltung bei der Fortbewegung zwischen wechselwarmen und warmbliitigen Landwirbeltieren besteht, e n e r g e t i s c h b e d i n g t i s t , denn das Tragen des K6rpergewichtes auf Beinen erfordert einen relativ grol3en und besonders dauernden Energie- aufwand. Dazu kommt noch, dab die neue K6rperhaltung vielfach mit einer st/irkeren Bewe~lichkeit des Tieres in der Landschaft Hand in Hand geM. Da ab,er die dem Warmblfiter zur Verf/igung stehende Energie meist um ein Viel- faches gr613er ist als die des wechselwarmen Tieres, so leuchtet ohne weiteres ein, dab sich nut der Warmblfiter die bodenfreie K6rperhaltung auf die Dauer leisten kann. Mit dieser ener.~etischen Auffassung stem im Einklang, dafl wechselwarme Landtiere im allgemeinen tr~ige sind.

Monotreme Landtiere mit unvollkommener Homoiothermie und mit reptilienhafter Gestaltung des Schultergfirtels scheinen in K6rperform und Bewegun~ noch gewisse Ankl~inge an Kriechtiere zu zei~en. Gewisse Gruppen in den Tropen lebender Reptilien andererseits weichen offenbar infolge optimaler Klimabedingun~en in ihrer K6rperhaltung vom normalen Kriech- tiertypus ab.

Auf Grund dieser Erw~igun~en scheint es mir wahrscheinlich, dab wir i n d e r K 6 r p e r h a l t u n g , d i e s i c h i m S k e l e t t b a u w i e d e r s p i e g e l t , ein w i c h t i ~ e s A n z e i c h e n f f i r d i e R e g u l a t i o n s f ~ i h i g k e i t d e r K 6 r p e r t e m p e r a t u r i m Sinne der Homoiothermie erblicken k6nnen.

N o c h e i n w i c h t i ~ e r G e s i c h t s p u n k t mul3 kurzges t re i f twerden . Unter den gegenw/irtig lebenden Landreptilien gibt es mit Ausnahme gewisser Schlangen und Varaniden keine besonders ~roI3en Formen (die Krokodile als wasserbewohnende Tiere scheiden bei dieser Betrachtung aus). Weitaus die Mehrzahl ist sogar ausgesprochen klein, Dage~en sind groi3wfichsige Siiuge- tiere in nicht geringer Zahl vorhanden. Dies ist ffir uns ohne weiteres verst/ind- lieh, denn gesteigertes K6rpergewicht erfordert auch bei der Bewegung erh6hten Energieaufwand, und zwar ~anz besonders, wenn die Kfrpermasse frei fiber dem Boden getragen wird. E s w~i re n u n h 6 c h s t m e r k w f i r d i g u n d v o l l k o m m e n u n v e r s t ~ i n d l i c h , w e n n i m M e s o z o i k u m a u s - g e r e c h n e t d i e e n e r g i e a r m e n P o i k i l o t h e r m e n R i e s e n - f o r m e n e n t w i c k e l t h i i t t e n , d i e s i c h n o c h d a z u in b o d e n - f r e i e r H a l t u n g b e w e g t h a b e n s o l l t e n . Es wurde auch bisher kein ernsthafter Versuch zur Begrfindung dieser Behauptun~ unternommen.

Folgerungen iiir das Entwicklungsschema Auf Grund obiger Oberle~ungen und der an~effihrten Tatsachen werden wir

mindestens alle Flu~saurier und alle grol3en Bipedier, aber auch alle Formen, welche ihren zum Teil schweren K6rper frei auf vier Ffil3en ~etra~en haben, unbedenklich zu den Warmblfitern stellen. Hierzu ~eh6ren in erster Linie die Pterosaurier, Ornithischier und Saurischier, weiter ein Teil der Thecodontier, ferner die ~anze Gruppe yon Wirbeltieren, die zur Unterklasse der Synapsida

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ges te l l t werden mit den Ic t idosaur iern , The raps ida und Pe lycosaur ia , die im Perm eine betr~ichtliche Rol le spielen und sogar schon im Oberkarbon vor- kommen. ROMER {1947) nennt die Synaps ida bezeichnenderweise , ,Mammal l ike rept i les" , Endl ich wi rd auch ein Tell der Co ty losaur i e r dem K6rpe rbau en tsprechend zu den Warmbl~i tern gestel l t werden k6nnen.

Dies al les en tspr ich t bestens der oben ausgesprochenen These, dal] die Warmbl i i t igke i t , die eine grunds/ i tz l iche Umkons t ruk t ion des Organismus be- deutet , nu t einer e inmal ig erworbenen Entwick lungs tendenz entsprechen kann und dab daher a l le W a r m b l i i t e r phylogenet isch zusammenh, ingen miissen.

Auf Abb, 1 wurde unter Verwendung der En twick lungsdars te l lungen yon A, S. ROMER (1947} versuchsweise ein neues Schema entworfen, das, wie mir scheint, ungezwungen die von mir bier entwickel te Auffassung mit den fr/ iheren phylogenet i schen Untersuchungsergebnissen verbindet ,

Nur bei den Crocod i l i e rn ergeben sich v ie l le icht gewisse Schwier igkei ten, Da aber die Crocod i l i e r an das Wasser leben in heil3en Kl imabere ichen ange- pal] t sind, so w~ire denkbar , dab bier ein ers ter Schr i t t zur Homoio the rmie nachtr , ig l ich wieder ver lo ren ging. In bezug auf die ganz an das Wasse r l eben angepal] ten Forrnen wie I ch thyop te ryg ie r und Synap tosau r i e r wage ich keine verpf l ichtende Aussage zu machen, Der Nachweis, dab die I ch thyosaur ie r lebendgeb~irend waren, ist von keiner ausschlaggebenden Bedeutung, doch k6nnte die Gr6Be der im Saur ie r le ib gefundenen, sehr vol ls t , indig en twicke l ten Embryonen eher ffir Warmbl i i t i gke i t sprechen,

Fassen wir zusammen, so ergibt sieh, dab die Warmbl i i t e r im Mesozoikum auf dem Lande mit gr61]ter Wahrsche in l ichke i t , v ie l le icht mit Ausnahme der rein t ropischen Gebiete, berei ts die unumschr~inkte Herrschaf t ausgeiibt haben. Dagegen haben die echten Rept i l i en vermut l ich keine wesent l ich gr61]ere Rol le gespie l t als heute. Nach ihrer ganzen Organ isa t ion waren sie unfiihig, in gr61]erem Umfange das Land zu erobern. D a s R e p t i 1 i e n z e i t a 1 t e r i s t z u e i n e m T r a u m b i l d z e r r o n n e n , W a s wir an der W e n d e vom Mesozoikum zum K~inozoikum erleben ist das Auss te rben pr imi t iver W a r m - b l i i t e r typen und die Entwick lungss t rah lung der P lacen ta l i e r .

Literaturhinweise

BROILI, F. (1927): Ein Exemplar yon Rhamphorhynchus mit Resten von Schwimmhaut. - - Sitzb. math.-naturw. Abt. Bayr. Akad. Wiss. M/inchen, S. 2 9 4 8 .

- - (1927): Ein Rhamphorhynchus mit Spuren yon Haarbedeckung. - - Ebenda, S. 49 bis 67 (in dieser Schrift zahlreiche wichtige Literaturangaben).

- - (1938): Beobachtungen an Pterodactylus. -- Ebenda, S. 139--154. - - (1939): Ein Dorygnathus mit Hautresten. - - Ebenda, S. 129--132. - - (1941/42): Haare bei Reptilien. - - Anatomischer Anzeiger 92, Jena, S. 6 2 4 8 .

BROILI und SCHRODER (1935): Beobachtungen an Wirbeltieren der Karrooformation VII. Ein neuer Bauriomorphe aus der Cynognathuszone. - - Sitzb. math.-naturw. Abt. Bayr. Akad. Wiss. Miinchen, S. 21-~q6.

BUDDENBROCK, W. VON (1939): Grundril3 der vergleichenden Physiologie. - - Berlin, Ver- lag Gebrfider Borntraeger.

DODERLEIN, L. (1923): Anurognathus Ammoni, ein neuer Flugsaurier. - - Sitzb. math.- naturw. Abt. Bayr. Akacl. Wiss. Miinchen, S. 150 f.

KRIPP, D. VON (1943): Ein Lebensbild yon Pteranodon ingens auf flugtechnisdaer Grund- lage. - - Nova Acta Leopoldina, NF. 12 Nr. 83, Halle (Saale), S. 217--246.

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ROMER, A. S. (1947): Vertebrate Paleontology. (3. Aufl.) - - The University of Chicago Press, Chicago-Illinois.

WANDERER, K. (1908): Rhamphorhynchus Gemmingi H. V. M. Ein Exemplar mit teil- weise erhaltener Flughaut aus dem K. mineraL-geol. Museum zu Dresden. - - Palaeontographica 55.

WATSON, M. S. (1931): On the Skeleton of a Bauriamorph.-Reptile. - - Proceeding of the Zoological Society of London, S. 1163--1205.

WIEMAN, C. (1923--1925): Ober Dorygnathus und andere Flugsaurier. - - Bulletin of the Geological Institution of the University of Upsala, Vol. XIX, S. 23--54.

- - (192~-1925): Aus dem Leben der Flugsaurier. - - Ebenda, S. 115--127.

D i s k u s s i o n s b e m e r k u n g e n von Herrn R. DEHM: 1. In der Gegenwart ist die Warmbl~itigkeit bei S~iugetieren ein graduelles Merkmal,

am unvollkommensten bei Monotremata, mehr bei Marsupialia, noch besser bei primitiven Eumammalia und vollendet bei den h6heren. Diese Reihe erweckt den Eindruck, dab das Merkmal erst im Laufe der S~iugetierentwicklung ausgebildet worden ist.

2. Bei allen Gruppen, bei welchen Warmbliitigkeit festgestellt oder vermutet worden ist (Mammalia, Aves, Cynodontia, Pterosauria) handelt es sida um hochentwickelte sehr differenzierte Sp~itformen, wonach gleichfalls das Merkmal eher ein sp[ites als ein generelles friihzeitiges ist.

Der Au to r {Miinster in West~alen, Staufenstral3e 44} w~ire ~iir Zuschriften mit weiteren krit ischen S te l lungnahmen dankbar, da er beabsichtigt, sich noch eingehender mit diesem Fragcnkomplex zu beschiiftigen,