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Molekulare Computer DOI: 10.1002/ange.200906834 Datenverarbeitung mit einzelnen Molekülen** He Tian* Datenverarbeitung · Logikgatter · Molekulare Funkti- onseinheiten · Molekulare Elektronik In lebenden Systemen werden Informationen auf molekula- rer oder supramolekularer Ebene durch Molekɒle oder io- nische Substrate [1] verarbeitet, transportiert, gespeichert oder abgerufen. Die Informationsverarbeitung auf molekularer Ebene ist potenziell dazu geeignet, molekulare Computer zu entwickeln, die wesentlich kleiner und leistungsfȨhiger sind als heutige Computer. [2] Diese „Bottom-up“-Strategien zur Informationsverarbeitung [2, 3] haben Wissenschaftler veran- lasst, molekulare Systeme zu entwickeln, [4–10] welche die von FestkɆrperhalbleiterschaltungen ausgefɒhrten Logikfunktio- nen nachahmen. Bislang wurden gewɆhnliche Boolesche Funktionen mithilfe von molekularen Systemen implemen- tiert. [4–10] Um jedoch die KomplexitȨt der Datenverarbeitung auf molekularer Ebene zu erhɆhen, ist es notwendig, die ɒblichen molekularen Logikelemente zu verknɒpfen, um komplexe Schaltkreise hervorzubringen. [4–19] Dies ist durch ein rationales Design neuer molekularer Systeme [11, 17] oder die Anwendung neuer Konzepte auf bekannte Molekɒle zu erreichen. [16, 18] Eine wichtige Funktion in der Informationstechnologie ist die Signalkodierung/-dekodierung. Bei Computern entspricht die Kodierung dem Vorgang der Konvertierung einer Zei- chenfolge in ein spezielles Format zur effizienten Ƞbertra- gung oder Speicherung. Die Dekodierung ist der entgegen- gesetzte Vorgang – die Umformung eines kodierten Formats zurɒck in die ursprɒngliche Zeichenfolge. Kodierung und Dekodierung werden bei der Datenɒbertragung, -vernetzung und -speicherung eingesetzt; also Funktionen, die besonders fɒr drahtlose Kommunikationssysteme geeignet sind. Die Bedeutung der Kodierung/Dekodierung hat die Forschung zu chemischen Systemen vorangetrieben, die Multiplexing-/De- multiplexing-Funktionen imitieren [15, 16] und auch bei Kodie- rungs-/Dekodierungsoperationen einsetzbar sind. Neueste VerɆffentlichungen ɒber molekulare Ausfɒhrungen des 4-zu- 2-Encoders und des 2-zu-4-Decoders, [17, 18] die ɒber Anwen- dungspotenzial in Erfassung, Kennzeichnung und Bearbei- tung von Daten verfɒgen, brachten die molekulare Logik einen Schritt vorwȨrts zu einer Datenverarbeitung auf mo- lekularer Ebene. Ein 4-zu-2-Encoder wandelt bei der Da- tenverarbeitung vier Input-Bits in zwei Output-Bits um. Ein 2-zu-4-Decoder ɒberfɒhrt zwei kodierte Inputs in vier lesbare Outputs. Die Wahrheitstabellen fɒr einen 4-zu-2-Encoder und einen 2-zu-4-Decoder zeigt Abbildung 1. Man kann die Bedeutung ermessen, welche die Ver- knɒpfung der Funktionen von Encoder und Decoder in ein- zelnen Molekɒlen bei der Datenɒbertragung und Informati- onsverarbeitung hat. Molekulare Logikschaltungen wurden auf einfache Weise mithilfe eines rationalen Strukturdesigns hergestellt, wobei auf ein aufwendiges physikalisches Ver- binden mehrerer einfacher Gatter verzichtet werden kann. [2, 8] Molekɒle sind darɒber hinaus leicht auf Elektroden zu im- mobilisieren und in eine Schaltung einzugliedern. 2008 zeigten Gust und Mitarbeiter, [17] dass die molekulare Triade 1 (Abbildung 2), in der eine photochrome Dithienyl- ethen(DTE)-Einheit kovalent an zwei photochrome Fulg- imid(FG)-Gruppen gebunden ist, als 4-zu-2-Encoder und 2- zu-4-Decoder wirken kann. Entscheidend ist dabei die Tat- sache, dass die beiden Photochrom-Typen in 1 unabhȨngig und reversibel durch Bestrahlung mit Licht von unter- schiedlicher WellenlȨnge zwischen ihren Formen mit ge- schlossenem und offenem Ring isomerisiert werden kɆnnen, die Absorptionsmaxima bei verschiedenen WellenlȨngen fɒr den jeweiligen Zustand aufweisen. Die Bestrahlung einer LɆsung von 1 in 2-Methyltetra- hydrofuran mit grɒnem Licht (l = 460–590 nm) erzeugt die Triade mit allen drei Photochromen in den offenen Formen (FG o -DTE o ) und Absorptionsmaxima bei 286, 331 und 387 nm. Bestrahlung der LɆsung mit l = 302 nm isomerisiert selektiv die DTE-Gruppe und liefert eine vorwiegend mit FG o -DTE c angereicherte LɆsung (offene Form von FG und geschlossene Form von DTE), die Absorptionsmaxima bei 362 und 604 nm aufweist. Bestrahlung von FG o -DTE o bei l = Abbildung 1. a) Wahrheitstabelle fɒr einen 4-zu-2-Encoder. b) Wahr- heitstabelle fɒr einen 2-zu-4-Decoder. [*] H. Tian Key Laboratory for Advanced Materials and Institute of Fine Chemicals East China University of Science & Technology Shanghai 200237 (China) Fax: (+ 86) 21-6425-2288 E-Mail: [email protected] [**] H.T. dankt der NSFC/China (20972053) und dem National Basic Research 973 Program (2006CB806200) fɒr Unterstɒtzung. Weiterer Dank gilt Prof. V. Balzani, Dr. D.-H. Qu und den Gutachtern fɒr hilfreiche Diskussionen und wertvolle Anmerkungen; einige SȨtze des Texts beruhen auf ihren Kommentaren und VorschlȨgen. Highlights 4818 # 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2010, 122, 4818 – 4820

Datenverarbeitung mit einzelnen Molekülen

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Molekulare ComputerDOI: 10.1002/ange.200906834

Datenverarbeitung mit einzelnen Molek�len**He Tian*

Datenverarbeitung · Logikgatter · Molekulare Funkti-onseinheiten · Molekulare Elektronik

In lebenden Systemen werden Informationen auf molekula-rer oder supramolekularer Ebene durch Molek�le oder io-nische Substrate[1] verarbeitet, transportiert, gespeichert oderabgerufen. Die Informationsverarbeitung auf molekularerEbene ist potenziell dazu geeignet, molekulare Computer zuentwickeln, die wesentlich kleiner und leistungsf�higer sindals heutige Computer.[2] Diese „Bottom-up“-Strategien zurInformationsverarbeitung[2, 3] haben Wissenschaftler veran-lasst, molekulare Systeme zu entwickeln,[4–10] welche die vonFestk�rperhalbleiterschaltungen ausgef�hrten Logikfunktio-nen nachahmen. Bislang wurden gew�hnliche BoolescheFunktionen mithilfe von molekularen Systemen implemen-tiert.[4–10] Um jedoch die Komplexit�t der Datenverarbeitungauf molekularer Ebene zu erh�hen, ist es notwendig, die�blichen molekularen Logikelemente zu verkn�pfen, umkomplexe Schaltkreise hervorzubringen.[4–19] Dies ist durchein rationales Design neuer molekularer Systeme[11, 17] oderdie Anwendung neuer Konzepte auf bekannte Molek�le zuerreichen.[16, 18]

Eine wichtige Funktion in der Informationstechnologie istdie Signalkodierung/-dekodierung. Bei Computern entsprichtdie Kodierung dem Vorgang der Konvertierung einer Zei-chenfolge in ein spezielles Format zur effizienten �bertra-gung oder Speicherung. Die Dekodierung ist der entgegen-gesetzte Vorgang – die Umformung eines kodierten Formatszur�ck in die urspr�ngliche Zeichenfolge. Kodierung undDekodierung werden bei der Daten�bertragung, -vernetzungund -speicherung eingesetzt; also Funktionen, die besondersf�r drahtlose Kommunikationssysteme geeignet sind. DieBedeutung der Kodierung/Dekodierung hat die Forschung zuchemischen Systemen vorangetrieben, die Multiplexing-/De-multiplexing-Funktionen imitieren[15,16] und auch bei Kodie-rungs-/Dekodierungsoperationen einsetzbar sind. NeuesteVer�ffentlichungen �ber molekulare Ausf�hrungen des 4-zu-2-Encoders und des 2-zu-4-Decoders,[17,18] die �ber Anwen-

dungspotenzial in Erfassung, Kennzeichnung und Bearbei-tung von Daten verf�gen, brachten die molekulare Logikeinen Schritt vorw�rts zu einer Datenverarbeitung auf mo-lekularer Ebene. Ein 4-zu-2-Encoder wandelt bei der Da-tenverarbeitung vier Input-Bits in zwei Output-Bits um. Ein2-zu-4-Decoder �berf�hrt zwei kodierte Inputs in vier lesbareOutputs. Die Wahrheitstabellen f�r einen 4-zu-2-Encoderund einen 2-zu-4-Decoder zeigt Abbildung 1.

Man kann die Bedeutung ermessen, welche die Ver-kn�pfung der Funktionen von Encoder und Decoder in ein-zelnen Molek�len bei der Daten�bertragung und Informati-onsverarbeitung hat. Molekulare Logikschaltungen wurdenauf einfache Weise mithilfe eines rationalen Strukturdesignshergestellt, wobei auf ein aufwendiges physikalisches Ver-binden mehrerer einfacher Gatter verzichtet werden kann.[2,8]

Molek�le sind dar�ber hinaus leicht auf Elektroden zu im-mobilisieren und in eine Schaltung einzugliedern.

2008 zeigten Gust und Mitarbeiter,[17] dass die molekulareTriade 1 (Abbildung 2), in der eine photochrome Dithienyl-ethen(DTE)-Einheit kovalent an zwei photochrome Fulg-imid(FG)-Gruppen gebunden ist, als 4-zu-2-Encoder und 2-zu-4-Decoder wirken kann. Entscheidend ist dabei die Tat-sache, dass die beiden Photochrom-Typen in 1 unabh�ngigund reversibel durch Bestrahlung mit Licht von unter-schiedlicher Wellenl�nge zwischen ihren Formen mit ge-schlossenem und offenem Ring isomerisiert werden k�nnen,die Absorptionsmaxima bei verschiedenen Wellenl�ngen f�rden jeweiligen Zustand aufweisen.

Die Bestrahlung einer L�sung von 1 in 2-Methyltetra-hydrofuran mit gr�nem Licht (l = 460–590 nm) erzeugt dieTriade mit allen drei Photochromen in den offenen Formen(FGo-DTEo) und Absorptionsmaxima bei 286, 331 und387 nm. Bestrahlung der L�sung mit l = 302 nm isomerisiertselektiv die DTE-Gruppe und liefert eine vorwiegend mitFGo-DTEc angereicherte L�sung (offene Form von FG undgeschlossene Form von DTE), die Absorptionsmaxima bei362 und 604 nm aufweist. Bestrahlung von FGo-DTEo bei l =

Abbildung 1. a) Wahrheitstabelle f�r einen 4-zu-2-Encoder. b) Wahr-heitstabelle f�r einen 2-zu-4-Decoder.

[*] H. TianKey Laboratory for Advanced Materials andInstitute of Fine ChemicalsEast China University of Science & TechnologyShanghai 200237 (China)Fax: (+ 86)21-6425-2288E-Mail : [email protected]

[**] H.T. dankt der NSFC/China (20972053) und dem National BasicResearch 973 Program (2006CB806200) f�r Unterst�tzung. WeitererDank gilt Prof. V. Balzani, Dr. D.-H. Qu und den Gutachtern f�rhilfreiche Diskussionen und wertvolle Anmerkungen; einige S�tzedes Texts beruhen auf ihren Kommentaren und Vorschl�gen.

Highlights

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397 nm erzeugt FGc-DTEo; die Mischung zeigt Absorptions-maxima bei 270, 324 und 511 nm sowie eine Emission bei630 nm, die der geschlossenen Form der FG-Gruppe zuge-schrieben wird. Bestrahlung von FGo-DTEo mit sowohl l =

302 nm als auch l = 397 nm (oder alternativ mit einer ein-zelnen Wellenl�nge bei l = 366 nm) erzeugt vorwiegend dieFGc-DTEc-Spezies, in der sowohl die FG- als auch die DTE-Gruppe in ihrer geschlossenen Form vorliegen. FGc-DTEc hatAbsorptionsmaxima bei 266, 357, 535 und 598 nm und zeigtkeine Emission bei 630 nm infolge der intramolekularenFluoreszenzl�schung zwischen der geschlossenen FG- undder geschlossenen DTE-Gruppe.

Die von 1 ausge�bte 4-zu-2-Encoderfunktion hat vierInputs und zwei Outputs. Die vier photonischen Inputs, In0 bisIn3, entsprechen der Einstrahlung bei 460–590, 397, 302 bzw.366 nm. Die beiden photonischen Outputs, Out0 und Out1,sind Absorptionen bei 475 bzw. 625 nm. Der 2-zu-4-Decoderverwendet zwei photonische Inputs, In0 und In1 (Einstrahlungbei 397 bzw. 302 nm), und vier photonische Outputs, Out0 bisOut3 (Transmission bei 535 nm, Emission bei 624 nm, Ab-sorption bei 393 nm bzw. Absorption bei 535 nm). Nach ge-eigneter Auswahl der experimentellen Bedingungen befolgtdieses Molek�l die Wahrheitstabellen in Abbildung 1, die f�reinen molekularen 4-zu-2-Encoder und 2-zu-4-Decoder cha-rakteristisch sind.

Die Besonderheit dieses Systems besteht darin, dass alleInputs und Outputs photonisch sind; dies bedeutet, dass keinematerielle Verbindung zum Logikelement notwendig ist unddass auf der Basis dieses Systems monolithische dreidimen-sionale Arrays von molekularen Einheiten m�glich sind.[17]

Wie aus �hnlichen Untersuchungen bekannt ist, m�ssen imFall von photochromen Verbindungen, die f�r komplizierteLogiksysteme eingesetzt werden, eventuelle Memory-Effektebeseitigt werden, um das System zur�cksetzen zu k�nnen.[9]

Aus diesem Grund stellt die Anwendung eines photochromenSystems als molekulares Logikelement immer noch eineHerausforderung dar, weil die Funktionsf�higkeit der Lo-gikfunktionen haupts�chlich von der Effizienz der Photoiso-merisierung oder anderer lichtinduzierter Prozesse abh�ngt.[9]

Wie Balzani und Mitarbeiter[18] k�rzlich gezeigt haben,kann auch der einfache und gut untersuchte Metallkomplex[Ru(bpy)3]

2+ (bpy = Bipyridin; Abbildung 3) durch die ent-sprechende Kombination von elektronischen und photoni-schen Inputs und Outputs sehr wichtige und komplexe

Funktionen sowohl als molekularer 4-zu-2-Encoder als auchals 2-zu-4-Decoder ausf�hren. Dieses Konzept nutzt diespektroskopischen Eigenschaften von [Ru(bpy)3]

2+, die mit-hilfe einer Kombination von chemischen, photochemischenund elektronischen Impulsen hervorgerufen werden.

Die von einer [Ru(bpy)3]2+-L�sung in Acetonitril ausge-

�bte 4-zu-2-Encoderfunktion hat vier Inputs und zwei Out-puts. Die drei elektronischen Inputs und der photonischeInput, In0 bis In3, entsprechen der Oxidation bei + 1.4 V, derAnregung bei l = 450 nm, der Reduktion bei �1.4 V sowieder Oxidation und anschließenden Reduktion bei wechseln-den Potentialen von + 1.4 V bzw.�1.4 V. Die beiden Outputs,Out0 und Out1, sind die Absorption bei l = 530 nm und dieEmission bei l = 620 nm. Die Einelektronenoxidation (In0 =

1) von [Ru(bpy)3]2+ erzeugt [Ru(bpy)3]

3+, das weder eineAbsorption bei l = 530 nm (Out0 = 0) noch eine Emission beil = 620 nm (Out1 = 0) aufweist. Anregung von [Ru(bpy)3]

2+

bei l = 450 nm (In1 = 1) f�hrt zu einem Spin-erlaubten ange-regten Zustand **[Ru(bpy)3]

2+, der durch eine schnelle undeffiziente strahlungslose Desaktivierung in den Spin-verbo-tenen, langlebigen angeregten Zustand *[Ru(bpy)3]

2+ �ber-geht, welcher bei l = 620 nm (Out1 = 1) luminesziert. DieEinelektronenreduktion (In2 = 1) von [Ru(bpy)3]

2+ erzeugtreduziertes [Ru(bpy)3]

+ mit einer Absorption bei l = 530 nm(Out0 = 1). Die Reaktion zwischen dem oxidierten [Ru-(bpy)3]

3+ und dem reduzierten [Ru(bpy)3]+ kann zur Bildung

einer [Ru(bpy)3]2+-Spezies im Grundzustand und einer an-

geregten *[Ru(bpy)3]2+-Spezies f�hren. Unter geeigneten

experimentellen Bedingungen hat das Vierkomponentenge-misch, erzeugt durch Oxidation und nachfolgende Reduktionvon [Ru(bpy)3]

2+ mithilfe alternierender Potentiale von+ 1.4 V und�1.4 V (In3 = 1), eine Absorption bei l = 530 nm,die h�her als der festgelegte Grenzwert ist (Out0 = 1), undeine Emission bei l = 620 nm (Out1 = 1). Demzufolge ent-steht eine f�r einen molekularen 4-zu-2-Encoder charakte-ristische Wahrheitstabelle wie in Abbildung 1a.

Der 2-zu-4-Decoder verwendet zwei elektronische Inputs,In0 und In1, die der Oxidation bei + 1.4 V bzw. der Reduktionbei �1.4 V entsprechen. Die vier Outputs sind Absorptionenbei l = 450 nm (Out0), l = 310 nm (Out1) und l = 530 nm(Out2) sowie eine Emission bei l = 620 nm (Out3). Vor derAnwendung irgendeines Inputs (In0 = 0, In1 = 0) liegt derAnfangszustand [Ru(bpy)3]

2+ vor, der eine Absorptionsbandebei l = 450 nm (Out0 = 1) zeigt. Bei In0 = 1 und In1 = 0 ist dasSystem im oxidierten Zustand [Ru(bpy)3]

3+, der eine Ab-sorptionsbande bei l = 310 nm oberhalb des festgelegtenGrenzwerts aufweist (Out1 = 1). Bei In0 = 0 und In1 = 1 be-findet sich das System im reduzierten Zustand [Ru(bpy)3]

+

mit einer Absorptionsbande bei l = 530 nm oberhalb des

Abbildung 3. Chemische Struktur von [Ru(bpy)3]2+ sowie eine schema-

tische Darstellung eines molekularen Encoders und Decoders.

Abbildung 2. Chemische Struktur der Triade 1 mit s�mtlichen Photo-chromen in der offenen Form. Die Fulgimid(FG)- und Dithienylethen-(DTE)-Gruppen sind blau bzw. rot gekennzeichnet.

AngewandteChemie

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Grenzwerts (Out2 = 1). Mit In0 = 1 und In1 = 1 ist das Systemim elektrostation�ren Zustand, der, wie zuvor erw�hnt, �bervier Spezies verf�gt. Unter entsprechend gew�hlten experi-mentellen Bedingungen hat das System eine Emission bei l =

620 nm (Out3 = 1) und Absorptionen des elektrostation�renZustands bei l = 450, 310 und 530 nm, die unterhalb derGrenzwerte der drei Outputs geregelt werden k�nnen. Diebeiden elektronischen Inputs, In0 und In1, werden in vierphotonische Outputs, Out0 bis Out3, umgewandelt, wie es f�reinen 2-zu-4-Decoder charakteristisch ist.

Werden s�mtliche Prozesse miteinander verbunden, kann[Ru(bpy)3]

2+ durch die Kombination der elektronischen undphotonischen Inputs und Outputs sowohl als 4-zu-2-Encoderals auch als 2-zu-4-Decoder fungieren. Vor jeder Input-Ope-ration wird das System auf den Ausgangszustand zur�ckge-setzt. Da die Oxidations- und Reduktionsvorg�nge reversibelund �ußerst effizient sind, arbeitet der molekulare 4-zu-2-Encoder und 2-zu-4-Decoder mit entsprechend guter Rever-sibilit�t und Effizienz. Die Eleganz dieses Ansatzes beruhtauf seiner Einfachheit und Kreativit�t sowie auf der eindeu-tigen Interpretation der Logikfunktion.

Es sollte betont werden, dass keine chemischen Reagen-tien an den Abl�ufen der oben angef�hrten molekularenLogikeinheiten beteiligt sind.[17, 18] Diese Forschungsarbeitener�ffnen betr�chtliche M�glichkeiten f�r zuk�nftige An-wendungen, die auf einer komplexeren Datenverarbeitungmithilfe einzelner funktioneller Molek�le beruhen. Obwohlder Aufbau eines molek�lbasierten Computers gegenw�rtigunrealistisch und auch auf l�ngere Sicht �ußerst gewagt er-scheint, k�nnten einfache Datenverarbeitungsaufgaben tat-s�chlich von molekularen Systemen durchgef�hrt werden. Zueinigen speziellen Problemen, die herk�mmliche elektroni-sche Schaltungen nicht l�sen k�nnen, geh�ren zum Beispieldie Markierung und Verfolgung nano- und mikroskopischerObjekte[20] und die Beobachtung und Steuerung biologischerProzesse.[21] Die M�glichkeiten der molekularen Logik f�rweitere Anwendungen k�nnten in einer molekularen Tasta-turverriegelung verwirklicht werden.[13, 14] M�gliche Anwen-dungen von molekularen Encodern und Decodern zur Mar-kierung und zum Erfassen nano- und mikroskopischer Ob-jekte sowie zur Datenverarbeitung sind ebenfalls vorstellbar.

Obwohl viele Hindernisse auf dem Gebiet der moleku-laren Logik zu �berwinden sind, bevor eine molekulare Da-tenverarbeitung oder Rechnereinheiten, die auf chemischenSystemen beruhen, mit herk�mmlichen Halbleiterprozesso-ren konkurrieren k�nnen, ist das Konzept eines „molekularenComputers“ und die Forschung auf diesem Gebiet von großerBedeutung. Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Methodenzum Aufbau von „molekularen Computern“.[2] Die erste istder Einsatz von Molek�len als nanoskalige Komponenten inminiaturisierten elektrischen Schaltkreisen, wobei es haupt-s�chlich auf die Schaltkreisarchitektur ankommt. H�tte diesErfolg, w�ren hochdichte molekulare Schaltungen m�glich,was enorme Auswirkungen auf die Informationsverarbeitungund die Informatik h�tte.[22] Die zweite Methode orientiertsich an der Informationsverarbeitung in lebenden Organis-men und beruht auf dem „intelligenten“ Verhalten der ent-wickelten molekularen Systeme, deren Funktion in L�sungdurch die Kombination von chemischen, photochemischen

und elektronischen Input- und Output-Signalen bestimmt ist;diese Strategie liegt den in diesem Highlight beschriebenenForschungsarbeiten zugrunde. Gegenw�rtig ist schwer zu sa-gen, welche Methode aussichtsreicher ist. Die zweite Strate-gie f�llt mehr in das Fachgebiet der Chemiker, die jetztnachgewiesen haben, dass die Integration komplexer Logik-funktionen auf Molek�lebene verwirklicht werden kann. Dieherausragenden Leistungen auf diesem Fachgebiet belegen,dass auch Forscher, die „Bottom-up“-Ans�tze in Informatikund Nanotechnologie verfolgen, noch Inspiration aus derklassischen Chemie sch�pfen k�nnen.[2, 18]

Eingegangen am 4. Dezember 2009,ver�nderte Fassung am 5. Januar 2010Online ver�ffentlicht am 11. Juni 2010

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