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Band 100 q Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosefiiden, III. 111 Heft 1 (1942)_] Aus dem van't Ho]l-Laboratorium tier Universitdt Utrecht und der Chemischen Abteilung der N. V. Hollandsche Kunstzi]de lndustrie, Breda/Holland. Deformation und Orientierung isotroper Nitrozellulosefhden. III. Die Doppelbrechung gequollener und imbibierter F~tden)) Von H. R. Kruyt (Utrec12t)*), D. Vermaas (Utrecht) uncl P. H. Hermans (OinneIren). (Eingegangen am 3. Mai 1942) 1. Einleitung. Schon in der Einleitung zum II. Teil haben wit erwfihnt, dab bei der Untersuchung der Dop- pelbrechung in gequollenem bzw. imbibiertem Zustande mit ziemlich verwickelten Erscheinun- gen zu rechnen ist. Die einzige, bis vor kurzem vorhandene theo- retische Grundlage ffir die Do ~) anisotroper Misch- kSrper bildet bekanntlich die Theorie yon Wie- ner. Wie an anderer Stelle schon einmal aus- ffihrlicher diskutiert wurde3), ist kaum zu erwar- ten, dab die in unseren Objekten vorliegenden StrukturverhNtnisse den Voraussetzungen dieser Theorie genfigend entsprechen, so dab die Zu- lfissigkeit einer quantitativen Auswertung tier Doppelbrechungserscheinungen nach der Wie- ner'schen Theorie von vornherein fraglich er- scheint~). Besonders auch A. Frey-Wyssling hat schon mehrfach darauf hingewiesen und theo- retische sowie experimentelle Grfinde dazu ange- ffihrtS). Nach den klassischen Untersuchungen Am- b r o n n's weig man, dab dennoch das polarisations- optische Verhalten von Zellulosegelen in bestimm- ten FNlen wenigstens qualitativ mit der Wie- ner'schen Theorie in Ubereinstimmung steht. Nachdem yon Kratky und Platzek ~) ein erster Ansatz gemacht wurde, die Theorie auch quanti- tativ auf deformierte isotrope Zelluloseffiden an- zuwenden, wurde yon Hermans und Platzek *) H. R. Kruyt verOJ[entlichte in den KoUoid- BeiheJten Band 5, 7914, also vor 28 Jahren mit C. F. van Duin, den ersten seiner und seiner Schfiler zahlreichen Beitriige in der Kolloid-Zeitschrifl und den Kolloid-Beihe[ten. -- Schrifileitung. 1) I. und II. Mitt.: Kolloid-Z. 99, 244, 251 (1942). z) Weiterhin zu benutzende Abkfirzung ffir Doppelbrechung. a) p. H. Hermans und P. Platzek, Z. physik. Chem., Abt. A 185, 269 (1939). 4) Vgl. hierzu auch die Diskussionsbemerkungen zum Vortrag yon W.J. Schmidt zur Tagung der Kolloid-Gesellschaft in Dresden, Juni 1941; Kolloid- Z. 96, 135 (1941). 5) Z. B. A. Frey-Wyssling und Mad. Meyer, Helv. claim, acta 18, 1428 (1935); Kolloid-Z. 90, 33 (1940); vgl. auch P. H. Hermans und P. Platzek, Rec. tray. chim. 58, 1001 (1939). 8) O.l<ratky und P. Platzek, t(olloid-Z. 84, 268 (1938). eine ausffihrlichere Untersuchung fiber diesen Gegenstand verSffentlicht3). Mit Hilfe yon Imbi- bitionsversuchen wurde von diesen Autoren der Verlauf der St~ibchen-Do und der Eigen-Do in Funktion des Dehnungsgrades separat zu be- stimmen versucht. (Mit dem Auftreten einer Spannungs-Do brauchte in diesen Ffillen, wo es sich um in gequollenem Zustande deformierte Gele handelt, nicht gerechnet zu werden; siehe die in Fugnote 3 und 6 zitierten Arbeiten). Neuerdings hat nun aber der eine yon uns (D. Vermaas) dargetan, dab in diesen gelartigen Mischk6rpern neben der klassischen St~ibchen- und Eigen-Do immer prinzipiell noch mit einer dritten Art der Do zu rechnen ist. Diese war bisher fast unbeachtet geblieben, tritt aber wohl immer in mehr oder weniger ausgepr~igter Weise auf und wurde yon ibm als Adsorptions- doppelbrechung bezeichnetT), da sie yon der orientierten Adsorption der Molekfile der Imbi- bitionsflfissigkeit an den inneren Oberflfichen des mizellaren Systems herrfihrt. Diese neue Art der Do wurde in der vorliegenden Untersuchung fiber die Nitrozellulose entdeckt und trat hier in be- sonders ausgeprfigter Weise in Erscheinung; sie konnte sogar, wie welter unten gezeigt werden wird, an sich wieder als NaB ffir die Orientierung herangezogen werdenS). In der vorliegenden Arbeit fiber Nitrozellu- losef/iden haben wir die Do der gequollenen bzw. imbibierten Objekte also aufzufassen als zusam- mengesetzt aus drei Anteilen : der Eigen-Do, tier St~bchen-Do und tier Adsorptions-Do. 7) D.Vermaas, Diss. (Utrecht 1941); Z. physik. Chem. 1942 (im Druck). s) Hermans und Platzek konnten in ihrer so- eben genannten Arbeit fiber Hydratzellulose blog bei der Imbibition mit Alkoholen glatte Formdoppel- brechnngskurven erhalten. Bei der Anwendung von einer ganzen Reihe anderer organischer Fltissigkeiten, mit denen sich die F~den tibrigens ebensogut imbibie- ten liegen, beobachteten sie Anomalien, die sich nun- mehr ebenfalls im Sinne der Adsorptions-Do deuten lassen. Aber auch die von Hermans und Platzek aus den Versuchen mit den Alkoholen gezogenen quantitativen SchluBfolgerungen bleiben von der Entdeckung der neuen Art der Do nicht unbertihrt und bedfirfen mithin einer Revision.

Deformation und Orientierung isotroper Nitrozellulosefäden

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Band 100 q K r u y t , V e r m a a s u n d H e r m a n s , D e f o r m a t i o n i s o t r o p e r N i t r o z e l l u l o s e f i i d e n , I I I . 111 Heft 1 (1942)_]

Aus dem van't Ho]l-Laboratorium tier Universitdt Utrecht und der Chemischen Abteilung der N. V. Hollandsche Kunstzi]de lndustrie, Breda/Holland.

Deformat ion und Orient ierung isotroper Nitrozel lu losefhden. I I I . Die D o p p e l b r e c h u n g gequol lener u n d imbib ie r t e r F~tden))

V o n H. R . K r u y t (Utrec12t)*) , D. V e r m a a s ( U t r e c h t ) uncl P. H. H e r m a n s ( O i n n e I r e n ) . (Eingegangen am 3. Mai 1942)

1. E i n l e i t u n g . Schon in der Einleitung zum II. Teil haben

wit erwfihnt, dab bei der Untersuchung der Dop- pelbrechung in gequollenem bzw. imbibiertem Zustande mit ziemlich verwickelten Erscheinun- gen zu rechnen ist.

Die einzige, bis vor kurzem vorhandene theo- retische Grundlage ffir die Do ~) anisotroper Misch- kSrper bildet bekanntlich die Theorie yon Wie- ner. Wie an anderer Stelle schon einmal aus- ffihrlicher diskutiert wurde3), ist kaum zu erwar- ten, dab die in unseren Objekten vorliegenden StrukturverhNtnisse den Voraussetzungen dieser Theorie genfigend entsprechen, so dab die Zu- lfissigkeit einer quantitativen Auswertung tier Doppelbrechungserscheinungen nach der Wie- ner 'schen Theorie von vornherein fraglich er- scheint~). Besonders auch A. F r e y - W y s s l i n g hat schon mehrfach darauf hingewiesen und theo- retische sowie experimentelle Grfinde dazu ange- ffihrtS).

Nach den klassischen Untersuchungen Am- b r o n n's weig man, dab dennoch das polarisations- optische Verhalten von Zellulosegelen in bestimm- ten FNlen wenigstens qualitativ mit der Wie- ner 'schen Theorie in Ubereinstimmung steht. Nachdem yon K r a t k y und P l a t z e k ~) ein erster Ansatz gemacht wurde, die Theorie auch quanti- tativ auf deformierte isotrope Zelluloseffiden an- zuwenden, wurde yon H e r m a n s und P l a t z e k

*) H. R. K r u y t verOJ[entlichte in den KoUoid- BeiheJten Band 5, 7914, also vor 28 Jahren mit C. F. van D u i n , den ersten seiner und seiner Schfiler zahlreichen Beitriige in der Kolloid-Zeitschrifl und den Kolloid-Beihe[ten. - - Schrifileitung.

1) I. und II. Mitt.: Kolloid-Z. 99, 244, 251 (1942). z) Weiterhin zu benutzende Abkfirzung ffir

Doppelbrechung. a) p. H. Hermans und P. P la tzek , Z. physik.

Chem., Abt. A 185, 269 (1939). 4) Vgl. hierzu auch die Diskussionsbemerkungen

zum Vortrag yon W.J. Schmidt zur Tagung der Kolloid-Gesellschaft in Dresden, Juni 1941; Kolloid- Z. 96, 135 (1941).

5) Z. B. A. Frey-Wyss l ing und Mad. Meyer, Helv. claim, acta 18, 1428 (1935); Kolloid-Z. 90, 33 (1940); vgl. auch P. H. Hermans und P. P la tzek , Rec. tray. chim. 58, 1001 (1939).

8) O . l<ra tky und P. P la tzek , t(olloid-Z. 84, 268 (1938).

eine ausffihrlichere Untersuchung fiber diesen Gegenstand verSffentlicht3). Mit Hilfe yon Imbi- bitionsversuchen wurde von diesen Autoren der Verlauf der S t~ ibchen -Do und der E i g e n - D o in Funktion des Dehnungsgrades separat zu be- stimmen versucht. (Mit dem Auftreten einer S p a n n u n g s - D o brauchte in diesen Ffillen, wo es sich um in gequollenem Zustande deformierte Gele handelt, nicht gerechnet zu werden; siehe die in Fugnote 3 und 6 zitierten Arbeiten).

Neuerdings hat nun aber der eine yon uns (D. Ve rmaas ) dargetan, dab in diesen gelartigen Mischk6rpern neben der klassischen St~ibchen- und Eigen-Do immer prinzipiell noch m i t e ine r d r i t t e n A r t der Do zu r e c h n e n ist. Diese war bisher fast unbeachtet geblieben, tr i t t aber wohl immer in mehr oder weniger ausgepr~igter Weise auf und wurde yon ibm als A d s o r p t i o n s - d o p p e l b r e c h u n g bezeichnetT), da sie yon der orientierten Adsorption der Molekfile der Imbi- bitionsflfissigkeit an den inneren Oberflfichen des mizellaren Systems herrfihrt. Diese neue Art der Do wurde in der vorliegenden Untersuchung fiber die Nitrozellulose entdeckt und trat hier in be- sonders ausgeprfigter Weise in Erscheinung; sie konnte sogar, wie welter unten gezeigt werden wird, an sich wieder als NaB ffir die Orientierung herangezogen werdenS).

In der vorliegenden Arbeit fiber Nitrozellu- losef/iden haben wir die Do der gequollenen bzw. imbibierten Objekte also aufzufassen als zusam- mengesetzt aus drei Anteilen : der E i g e n - D o , tier S t ~ b c h e n - D o und tier A d s o r p t i o n s - D o .

7) D.Vermaas, Diss. (Utrecht 1941); Z. physik. Chem. 1942 (im Druck).

s) Hermans und P la tzek konnten in ihrer so- eben genannten Arbeit fiber Hydratzellulose blog bei der Imbibition mit Alkoholen glatte Formdoppel- brechnngskurven erhalten. Bei der Anwendung von einer ganzen Reihe anderer organischer Fltissigkeiten, mit denen sich die F~den tibrigens ebensogut imbibie- ten liegen, beobachteten sie Anomalien, die sich nun- mehr ebenfalls im Sinne der Adsorptions-Do deuten lassen. Aber auch die von Hermans und P la tzek aus den Versuchen mit den Alkoholen gezogenen quantitativen SchluBfolgerungen bleiben von der Entdeckung der neuen Art der Do nicht unbertihrt und bedfirfen mithin einer Revision.

119. Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosef~iden, III. [- Kollold- LZeitschrift

2. A b w e s e n h e i t e i ne r S p a n n u n g s - D o .

Obgleich schon frfiher gute Grfinde daffir an- geffihrt worden sind, dab beim Dehnen gequolle- ner Zelluloseffiden mit einer echten Spannungs-Do nicht gerechnet zu werden braucht, haben wir uns zuerst davon fiberzeugt dab dieses auch ffir die gequollenen Nitrozellulosef~den tats~ichlich zu- trifft. Ein in dem Gemisch aus 83,3 Vol.-Proz. Alkohol und 16,7 Vol.-Proz. Azeton gequollener isotroper Faden wurde in dem Dehnungsapparate zunehmend deformiert und seine Do bei ver- schiedenen Dehnungsgraden vor und nach elastischer Entspannung des Fadens gemes- sen. Beide Serien yon MeBpunkten fallen, gegen den Dehnungsgrad aufgetragen, fast genau auf dieselbe Kurve. Es daft daraus ge- schlossen werden, dab die Spannungs-Do, falls eine solche fiberhaupt in merklichem Ausmage auftritt, ffir die gequollenen Ffiden vernachlfissigt werden darfg).

3. D o p p e l b r e c h u n g u n d V o l u m g e q u o l l e n e r Ffiden w~ihrend der D e h n u n g .

Bezfiglich der Ausffihrung der Dehnungs- versuche und der MeBgenauigkeit verweisen wir auf die Angaben im I. und II. Tell dieser Arbeit. Im Falle der gequollenen F/iden erhShte sich der Gesamtfehler infolge des Fehlers in tier Bestim- mung des Quellungsgrades q auf etwa 5 Proz. Die gemessene Gesamt-Do (na - - no) eines gequol- lenen Fadens kann bei Abwesenheit yon Span- nungs-Do dargestellt werden durch die yon Ver- m a a s 7) erweiterte Formel von K r a t k y und P la t zek6) :

n a _ _ n ~ _ l e 'E + l s ' S + t a ' A ' . (1) q

Die Buchstaben E, S und A' stellen der Reihe nach die Eigen-, Stfibchen- und Adsorptions-Do bei idealer Orientierung dar; fe, f s und fa sind die jeweiligen Orientierungsfaktoren. Diese nehmen ffir isotrope F/iden den Wert Null und ffir ideal orientierte den Wert 1 an1~

9} Ausftihrlichere Betrachtungen und Angaben fiber diese Versuche finden sieh in der Dissertation des einen yon uns (V.). Die ganz geringe systema- tische Abweichung konnte auf geringe Unterschiede im Quellungsgrad zurtickgefiJhrt werden. Eine Spannungs-Do h~itte gerade eine Abweichung in um- gekehrter Richtung ergeben miJssen.

lo) Es steht nicht ohne weiteres lest, dab die drei Orientierungsfaktoren innerhalb dieses ganzen Spiel- raumes ffir einen gegebenen Orientierungsgrad unter- einander gleich sind, was bei eventuellen quantitativen Schlugfolgerungen aus der Formel (1) eine Schwierig- keit darstellt. Wir wollen uns hier aber mit dieser Frage nicht weiter befassen und fiber sie hinweggehen.

Ffir die Versuche wurde ausgegangen yon iso- tropen Nitrozellulosef/iden von drei verschiedenen Quellungsgraden, aufgequollen in AIkohol und in zwei Alkohol-Azeton-Gemischen, wie sie bereits im I. Tell dieser Arbeit beschrieben worden sind. Die Ffiden wurden im Dehnungsapparat einge- setzt und mit einer Geschwindigkeit yon 4 Proz. der Anfangslfinge pro Min., im jeweiligen Quel- lungsmittel untergetaucht, gedehnt. In bestimm- ten Intervallen wurden Gesamt-Do und Dicke der Ffiden best immt und aus letzterer auch das Volum (bzw. der Quellungsgrad q) berechnet. Die Gesamt-Do ist ebenso wie bei den trockenen Ffiden (II. Teil) negativ.

In Fig. 1 sind die gemessenen Werte der Ge- samt-Do gegen den Dehnungsgrad Vs des einge- spannten Fadens aufgetragen worden; Fig. 2 zeigt den Verlauf des Quellungsgrades q mit dem Dehnungsgrad.

Wegen des komplizierten Charakters der Gesamt-Do ist zu Fig. 1 theoretisch wenig zu sagen. Man kann NoB vermuten, dab der Knick in Kurve I wohl damit zusammenhfingt, dab die Komponente der Stfibchen-Do ffir Quellungs- grade unterhalb yon 2 (vgl. Kurve I in Fig. 2) stark auf Anderungen in q ansprichtn). In den Kurven II und I l l wird tatsfichlich mit steigen- dem Quellungsgrad des Prfiparates der Knick immer weniger ausgepr~igt.

Beachtenswert ist der Verlauf des Quellungs- grades (Fig. 2). Die Kurven II und I l l entspre- chen in ihrer Gestalt vSllig den neuerdings von H e r m a n s 1~) beschriebenen Volum-Dehnungs- kurven wiedergequollener Hydratzelluloseffiden vom Quellungsgrad 2,5. Es hat (wie dort) den Ansehein, als ob sfimtliche Kurven etwa den Endwert q = 2 anstreben.

Es ist darauf hinzuweisen, dab nach einer neuerdings von K r a t k y entwickelten interessan- ten Theorie der Deformationsvorgfinge la) enge Beziehungen zwisehen dem Verlauf des Volums und der Orientierungsvorgfinge im Gel bestehen mfigten. Wir behalten uns vor, auf diesen Gegen- stand spfiter ausfiihrlicher zurfickzukommen.

11) Bekanntlich ist S eine Funktion von q; ffir den idealisierten. Fall steigt S nach der Wiener'schen Theorie yon q = 1 bis q = 2 rasch an, erreicht bei q = 2 ein Maximum und f~illt dann wieder allm~ihlich ab. Da fs �9 S i m m e r positivist, wird der Absolutwert der Gesamt-Do um seinen Betrag vermindert.

an) p. H. Hermans , Cellulosechemie 19, 122 (1941).

1~) Die ,,Theorie der affinen Verzerrung", O . I ( r a t k y , t(olIoid-Z. 96, 301 (1941); B. Baule, O. K r a t k y und R. Treer , Z. physik. Chem., Abt. B 50, 255 (1941).

-30C (n,,-noJ- 70 5

3"

~ - I00

0

Band 100 "] Kruyt , V e r m a a s und Hermans , Deformat ion i so t roper Nitrozellulosef~iden, III. 113 Heft 1 (1942)3

1.0 l s 2.0 2 30 3.S DehnunNgrod V~

Fig. 1. Verlauf der Gesamt-Do in Funktion der Dehnung.

I gequollen in Athylalkohol" (q = 1,30), II gequollen in 83,3 Vol.-Proz. Alkohol -F 16,7 Vol.-

Proz. Azeton (q = 1,90), Ill gequollen in 74,1 Vol.-Proz. Alkohol -b 25,9 Vol.-

Proz. Azeton (q = 2,32).

16 zo s 2b 2; 35

Dehnunssgrod Fig. 2. Verlauf des Quellungsgrades q in Funktion

tier Dehnung; I, II und III wie in Fig. l.

Hier sei NoB bemerkt, dab die in dieser Arbeit aufgefundenen Beziehungen zwischen Volum- und Orientierungsverlauf und insbesondere die auch bei diesen Nitrozelluloseffiden wieder genau zutreffende, vt-Regel (vgl. I. Teil), mit dieser

Theorie nicht in Einklang gebracht werden k6nnen.

4. Wiener ' sche K u r v e n bei den N i t r o z e l l u - loseff iden.

In der bereits erwfihnten Arbeit des einen yon uns 7) ist bereits darauf hingewiesen worden, dab man wegen des Auftretens der Adsorptions-Do im allgemeinen nur dann glatte Wiener ' sche St~ib- chendoppelbrechungskurven ffir imbibierte Gele erwarten kann, w e n n die I m b i b i t i o n mi t c h e m i s c h v e r w a n d t e n F l f i s s i g k e i t e n oder a b g e s t u f t e n G e m i s c h e n zwe ie r S u b s t a n - zen v o r g e n o m m e n wird. Beide Methoden haben wir zur Durchffihrung unserer Versuche benutzt. Die Messungen wurden ausgeffihrt an vier Reihen von Ffiden:

A. Vordehnung in 100 Proz. Athylalkohol; dann sofort die Imbibition, ohne zwischenge- schaltete Trocknung. Messungen nach Imbibition mit Alkoholen und mit fithylalkoholischen L~- sungen von Kalinmquecksilberjodid.

B. Vordehnung in 83,3 Vol.-Proz. Alkohol -b 16,TVol.-Proz. Azeton; das Alkohol-Azeton- Gemisch wurde darauf durch Toluol ersetzt; dann wurde das Toluol zum Teil abdestilliert, durch Ather ersetzt and dieser schlieBlich wieder durch Wasser ersetzt. Dann Messungen wie unter A.

C. Ffiden mit einer Vorbehandlung wie unter B beschrieben. Messungen nut nach Imbibition mit Kaliumquecksi!berjodidl~sungen.

D. Ffiden, die in verschiedenen Medien vor- gedehnt und darauf getrocknet worden waren. Messungen wie unter C.

Jeder Faden wurde stets der Reihe nach in die betreffenden ImbibitionsflLissigkeiten hineinge- bracht und so lange darin belassen, bis die Do sich nicht mehr fiflderte.

M e t h o d e I. I m b i b i t i o n m i t A l k o h o l e n .

Wir benutzten die Alkohole: Athylalkohol (n = 1,36!), n-Propylalkohol (n = 1,388), Iso- amylalkohol (n = 1,408) und Zyklohexanol (n = 1,468). Methylalkohol war nicht brauchbar, well er zu stark quellend wirkte und dadurch miJgliche Retraktionserscheinungen verursachen wfirde14). Benzylalkohol konnte deshalb nicht in die Reihe aufgenommen werden, well er als Benzolderivat eine starke positive Adsorptions- Do verursacht, wfihrend diese f/ir die aliphati- schen und hydroaromatischen Alkohole negativist.

14) Uber die Retraktion bei Aufquellen, siehe P. H. Hermans , Cellulosechemie 19, 117 (1941).

114 Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosef~iden, III. F Kolloid- ' " LZeitschrift

-200

- 100

0

fno-no).10 ~- i . Z 2 6

____o-I#4

1.300 7z/O0 1.6.00 . , n 2

Fig. 3. Doppelbrechung der in 100 Proz. Alkohol vor- gedehnten F~iden der Reihe A nach Imbibition mit Alkoholen in Funktion des Brechungsindexes n= der Imbibitionsflfissigkeit. Die Zahlen neben den Kurven geben den experimentellen Dehnungsgrad v der F~iden.

-qOL

%-no )lOs ~2G

-200

~._I29

0 ~---~00

Z300 ~#00 ~$00 , n 2

Fig. 4. Doppelbrechung der im Gemisch yon 83,3 Vol.- Proz. Alkohol + 16,7 Vol.-Proz. Azeton vorgedehnten F~iden der Reihe B nach Imbibition mit Alkoholen in Funktion des Brechungsindexes n 2 der Imbibitions- flfissigkeit. Die Zahlen neben den Kurven geben den

charakteristischen Dehnungsgrad vt der Ffiden.

Die Fig. 3 und 4 zeigen das Ergebnis der Messungen an den Reihen A und B. Zu Fig. 3 ist der exper imentel le Dehnungsgrad v, zu Fig. 4 der charakter is t ische Dehnungsgrad vt Parameter .

Die Form der Kurven s t immt qua l i ta t iv mit derjenigen flberein, welche die Theorie der St~ib- chen-Do erwarten l~Bt; sie kann aber noch dutch

den Wer t der Adsorpt ions-Do der verschiedenen Alkohole beeinflugt sein. Aus dem glat ten Ver- lauf der Kurven ist jedoch zu schliegen, dab diese Adsorpt ions-Do entweder ffir alle benutz ten Alko- hole denselben Wer t ha t oder sich mi t dem Bre- chungsindex dieser Alkohole stetig findert.

Man kann sich leicht davon fiberzeugen, dab die Adsorptions-Do des Zyklohexanols negativ sein muB. Ein Faden von vt = 2,81 hat bei Imbibition mit dieser F10ssigkeit eine Gesamt-Do (na--no) ~ - - 375 - 10 -5 und einen Quellungsgrad q = 1,37. Nach Fig. 2 der I I. Mitteilung ist ffir diesen Faden ]e" E = --359.10-~;

alsofe" E = - - 2 6 2 . 1 0 -5 . Nach Formel (1) ergibt q

sich damn : la" A" 4- fs'" S = --113 �9 10-5;

f.s" S ist als St~ibchen-Do positiV, folglich ist ]a" A" negativ und ist I f a ' A ' l > 113.10 -5 . Aller Wahr- scheinlichkeit nach ist die Adsorptions-Do ffir die anderen Alkohole, wie schon gesagt, ebenfallsnegativ.

M e s II. I m b i b i t i o n m i t a l k o h o l i s c h e n K a l i u m q u e c k s i l b e r j o d i d l i J s u n g e n .

Durch Anwendung der alkoholischen Kal ium- quecksilberjodidliJsungen war es m~glich, zu Imbi- bitionsflflssigkeiten mi t wesentlich hi3heren Bre- chungsindizes zu gelangen. Dieser Umstand ha t te zur Folge, dab wir nun W i e n e r ' s c h e Kurven mi t einem deutl ichen Maximum erhielten, also ganz wie es der Theorie entspricht . In den Fig. 5 und 6 sind die Ergebnisse niedergelegt worden. Fig. 5 gil t ffir die F~iden der Reihe A, Fig. 6 ffir diejeni- g e n d e r Reihe B. Die Zahlenwerte neben den

-300

~ z ]'1~ 2 2 s

-16-0 , / ,.~----~" p --..-o~L.,

/.~7

0 100 , -

7./t00 ts /.gO0 > n 2

Fig. 5. Doppelbrechung der F~den der Reihe A in Funktion des Brechungsindexes n= der Imbibitions- flfissigkeit (Kaliumquecksilberjodidl6sungen). Vor- dehnung in 100 Proz. Alkohol. Die Zahlen neben den Kurven geben den experimentellen Dehnungsgrad v

der F~iden.

Bona 10o 1 Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosefhden, ili. i16 Hef t 1 (1942)_]

(no-no)'76 ~

-LIs I / " ~ - " ~"

281

257 -300

Z2~

~ _ ZOO _

74'00 1 . . 500 [GO0 , n2

Fig. 6. Doppelbrechung der F~iden der Reihe B in Funktion des Brechungsindexes n 2 der Imbibitions- fltissigkeit (KaliumquecksilberjodidlOsungen). Vor- dehnung im Gemisch yon 83,3 Vol.-Proz. Alkohol -1-16,7 VoL-Proz. Azeton. Die Zahlen neben den Kurven geben den charakteristischen Dehnungs-

grad v t d e r F~iden.

Kurven haben wieder dieselbe Bedeutung wie in den Fig. 3 und 4. Wir verzichten auf eine Wiedergabe der Megresultate an den F~iden der Reihe C, sie stimmen ganz faberein mit denen der Fig. 6. Die Messungen an den F~den der Reihe D werden im n~ichsten Abschnitt besprochen werden.

Ein Beispiel einer Megreihe an einem Faden aus Reihe B ist in Tabelle I gegeben worden. Der charak- teristische Dehnungsgrad dieses Fadens war vt = 2,57.

Tabel le I.

n 2 d (cm) q P_. 105 d

1,361 1,398 1,433 1,473 1,510 1,535 1,562 1,585 1,602

0,0370 0,0370 0,0370 0,0368 0,0368 0,0368 0,0368 0,0368 0,0368

1,55 1,55 1,55 1,54 1,54 1,54 1,54 1,54 1,54

--152 --207 --247 ~290 --306 --315 --316 --308 --290

Man erkennt aus den Fig. 3 bis 6, dab der Orientierungsgrad der F~iden mit zunehmendem Dehnungsgrad ansteigt. Das Maximum der Dop- pelbrechungskurve liegt um so hOher, je nachdem der Faden weiter gedehnt worden ist. Nach For- reel (1) gibt dieses Maximum die Summe der Eigen-Do und der Adsorptions-Do :

(na--no)max = re" E -k la" A ' , (2) q

da die Stfibchen-Do dann den Wert Null hat. Nach der Wiener ' schen Theorie 15) wird das Maximum erreicht, wenn Imbibitionsflfissigkeit und Ger/ist- substanz denselben Brechungsindex haben. Nach unseren Kurven aus Fig. 5 und 6 sollte dieser Brechungsindex also 1,55 sein. In Wirklichkeit wurde aber mit der Becke 'schen Methode der Wert n 1 = 1,52 far die isotrope Nitrozellulose gefunden (bei Immersion mit Oemischen yon Toluol und Orthobromtoluol). Diese Unstim- migkeit kann erklfirt werden dutch die Annahme, dab die Nitrozellulose den Alkohol aus den Salz- l~sungen bevorzugt adsorbiert1% Auch eine systematische Anderung der Adsorptions-Do mit der Zusammensetzung der Ltisung ktinnte die Ursache sein. Die kleine Abweiehung st~Jrt jeden- falls nicht, weil es doch prinzipiell als unzulfissig zu betrac[aten ist, die Wi e n e r'sche Theorie quan- ti tativ auf die Doppelbrechungserscheinungen in diesen Gelen anzuwenden, wie im folgenden noch n~iher auseinandergesetzt werden soil.

5. Die S t f i b c h e n d o p p e l b r e c h u n g in Ab- h ~ n g i g k e i t yon tier D e f o r m a t i o n .

Die Stfibchen-Do f~ir einen Faden, tier mit einer beliebigen L6sung imbibiert ist, finder man als die Differenz zwischen der gemessenen Do bei lmbibition mit dieser UJsung und dem maxi- malen Wert, den die Do for den betreffenden Faden erreichen kannlT). Die Anderungen in q bei den aufeinanderfolgenden Imbibitionen sind so gering, dab ihr Einflug auf die Stfibchen-Do ver- nachlfissigt werden kann (Tabelle I).

In Fig. 7 sind d ieso ermittelten Werte der Stfibchen-Do for die Ffiden der Reihen A, B und C bei Imbibition mit Athylalkohol gegen den cha-

15) O.Wiener, Abh. S~tchs. Akad. Wiss. 32, 5o7 (1912); A. M6hring, Kolloid-Beih. 23, 162 (1927).

lo) Siehe in diesem Zusammenhang die von J. M. Diehl und G. van I te rson jr. an Chitin aus- geffihrten Versuche: Kotloid-Z. 73, 142 (1935).

17) Dies ist eigentlich nicht ganz richtig; die aus der graphischen Darstellung abgelesene Differenz ent- h~ilt noch einen Anteil 4 ZA' A" 1a~ 1~361-- 1~5501, dessen Wert wir nicht kennen, der aber der St~ibchen-Do gegeniiber wohl verh~iltnism~ifSig gering sein wird.

8*

116 Kruyt , V e r m a a s u n d H e r m a n s , D e f o r m a t i o n i s o t r o p e r N i t r o z e l l u l o s e f i i d e n , III. [ Kolloid- kZeitschrift

+200

§ 100

�9 5". 10 "r

i

/

ZO 2 0 ,.gO

rakteristischen Dehnungsgrad vt aufgetragen wor- den. Die F~den haben nicht alle denselben Quel- lungsgrad, w~ihrend die Stfibchen-Do durch q stark beeinflugt werden kann. In der Fig. 7 ist deshalb jedesmal durch einen Pfeil angegeben worden, in welcher Richtung der gemessene f s S

korrigiert werden magte, wenn wit alle Werte zurtickffihren wollen auf den Fall eines Quellungs- grades q = 1,40. Obwohl in dieser Weise keine genauen Resultate zu erwarten sind, kSnnen wir aus Fig. 7 dennoch die Folgerung ziehen, dab f t i r d ie R e i h e n B u n d C die S t f i b c h e n d o p p e l - b r e c h u n g n a h e z u l i n e a r v o m c f i a r a k t e = r i s t i s c h e n D e h n u n g s g r a d abh~ing t .

Die MeBpunkte der Reihe A fallen bei nied- rigen Dehnungsgraden niedriger, bei h6heren

T a b e l l e II.

Quellungsmedium, in welchem die Vordehnung vor- genommen wurde

100 Proz. Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . 100 Proz. Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Proz. Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . 100 Proz. Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . 83,3 Proz. Alkohol -F 16,7 Proz. Azeton . . . . . 83,3 Proz. Alkohol + 16,7 Proz. Azeton . . . . . 83,3 Proz. Alkohol + 16,7 Proz. Azeton . . . . . 83,3 Proz. Alkohol -k 16,7 Pr0z. Azeton . . . . . 69 Proz. Alkohol + 31 Proz. Azeton . . . . . 69 Proz. Alkohol-k 31 Proz. Azeton . . . . .

Beim Vergleich der Zahlen aus der letzten Spalte der Tabelle I I mit den in Fig. 7 aufgetrage- nen St/ibchendoppelbrechungswerten der Reihen A, B und C erkennt man sofort, dab die zwischen- geschaltete Trocknung eine Erniedrigung der St~bchen-Do verursacht hat. An dieser Stelle kSnnen wit also bereits die Schlugfolgerung machen, dab tier W e r t de r S t f i b e h e n d o p p e l - b r e c h u n g o f f e n b a r n i c h t e i n d e u t i g v o m c h a r a k t e r i s t i s c h e n D e h n u n g s g r a d vt be- s t i m m t wi rd .

Vt

1,26 1,57 2,09 2,24 1,33 2,41 2,68 3,04 1,22 1,51

Fig. 7. St~ibchendoppelbrechung in Funktion des charakteristischen

Dehnungsgrades.

A : Reihe A (Vordehnung in 100 Proz. Athylalkohol),

@ : Reihe B (Vordehnung in 83,3 Vol.- o Proz. Alkohol -k 16,7 Vol.-

Proz. Azeton),

@ : Reihe C (wie Reihe B).

Die Pfeile geben die Richtung der Korrektion ffir den Quellungsgrad an.

Dehnungsgraden hSher als diejenigen der Reihen B und C. Auf diesen wichtigen Befund werden wir in dem 6. Abschnitt nfiher zurfickkommen.

Die Megresultate ffir die Ffiden der Reihe D sind der Ubersichtlichkeit halber nicht in Fig. 7 eingetragen, sondern in tier Tabelle I I unterge- bracht worden. Diese Ffiden, die zwischen der Dehnung und der Imbibition einer Trocknung unterworfen wurden, haben wir NoB gemessen bei Imbibition mit 100 Proz. Alkohol und mit der SalzlSsung, in welcher die Gesamt-Do ihren hSchsten Wert erreicht (n 2 = 1,550). Die Diffe- renz gibt wieder die Stfibchen-Do, abgesehen von dem (wahrscheinlich geringen) Fehler, verursacht durch die Nichtbeachtung der Anderung der Ad- sorptions-Do.

1,35 1,29 1,40 1 , 4 2 1,33 1,46 1,45 1,40 1,37 1,39

( • - ) 1,361" - - 43 --108 --212 --226 - - 44 --219 --246 ---299 - - 20 - - 61

lO s

- - 45 --110 -- 258 --275 - - 49 --294 --341 ---391 - - 27 - - 94

l s S �9 105

-+-2 @ 2 +46 +49 + 5 +75 -195 --92 - 1 7 -~33

6. D i e A d s o r p t i o n s d o p p e l b r e c h u n g i n A b - h / i n g i g k e i t y o n d e r D e f o r m a t i o n .

Durch Benutzung tier Formel (1) sind wit im- stande, die Adsorptions-Do in Funktion des Deh- nungsgrades zu bestimmen, wenn die St/ibchen-Do Null ist, also ftir diejenigen Imbibitionsmittel, deren Brechungsindex n 2 gleich oder nahezu gleich dem Brechungsindex n 1 der Nitrozellulose ist. Wir brauchen dann auger den Werten der Oesamt-Do und des Quellungsgrades NOB noch die Eigen-Do des Fadens zu kennen. Diese kSnnen wir der

Band 100 ~ Kruyt, Vermaas und Hermans , Deformation isotroper Nitrozellulosef~iden, III. 117 Heft 1 (1942)_]

Fig. 2 des I I. Teiles dieser Arbeit ent- nehmen, da die mittlere Orientierung der gedehnten Ffiden sich bei der Trocknung im allgemeinen nicht merklich indert. Nur bei in 100 Proz. Alkohol gedehnten Fiden, die zwi- schen tier Deformation und der Im- bibition nicht getrocknet worden sind, kann man Abweichungen erwarten dutch die in dem I. Teil beschriebene ,, Entquellungsretraktion".

Diese Berechnungen haben wir ausgeffihrt ffir die Fiden der Reihen A und B, imbibiert mit Toluol und Tetrachlor~ithan und ffir die Fiden der vier Reihen A--D bei Imbibition mit der Kaliumquecksilberjodidl~i- sung, in welcher die Gesamt-Do ihren Maximalwert erreicht. Man finder in dieser Weise fa �9 A'. Die wahre Ad- sorptions-Do fa" A errechnet man hieraus dutch Multiplikation mit dem

Faktor ~q-l~llTa). Dafa . A noch stark

abh~ingig ist vom Quellungsgrad q, haben wir mit Hilfe der in der oben -72o~ zitierten Arbeit des einen yon uns (V.) 7) gegebenen experimentellen Be- ziehung zwischen f a ' A und q die-80~ Werte der Adsorptions-Do stets zu- rfickgeffihrt auf den Fall des Quel- lungsgrades q = 1,40.

In Fig. 8 sind die Ergebnisse fCir -q00 den Fall tier Imbibition mit Toluol zusammengesfellt worden. Als Deh- nungsmag ist der charakteristische O Dehnungsgrad v~ gewihlt worden. -, Fig. 9 gibt die Resultate bei Imbi- bition mit Tetrachlorithan.

Man sieht, dab die MeBpunkte tier F~iden der Reihe B in beiden Figuren mit einiger Streuung auf einer geraden Linie liegen. Die zwei stark abweichenden Werte ffir vt = 1,77 und vt = 3,26 stehen wahrscheinlich in Zusammenhang mit den extrem niedrigen Werten des Quellungsgrades ffir diese F~iden (1,17 und 1,19 gegen 1,30--1,50 ffir die ibrigen Ffiden der Reihe B). Die Dreiecke, welche die MeBergebnisse der in 100 Proz. Alkohol gedehnten F~iden der Reihe A wiedergeben,-liegen

17a) Die Adsorptions-Do ist ja eine Eigenschaft der ImbibitionsflOssigkeit, und man bezieht sie da- her zweckm~igigerweise auf die der Fliissigkeit ent- sprechende Volumfraktion des Gels.

~.,4.10s (kor~. ) o

~r i

+2000 o

+1006 o 11."

+

2,oo sbo Fig. 8. Adsorptionsdoppe]brechung (korrigiert auf q = 1,40)

bei Imbibit ion mit Toluo], in Funktion yon yr. A : Reihe A (Vordehnung in 100 Proz. A]kohol), O : Reihe B (Vordehmmg in 83,3Vol.-Proz. Alkoho] -I- 16,TVol.-

Proz. Azeton).

D.A 10x(/<or~.)

o ~ 1 7 6

I

zoo z)o 2.oo' 2.5o sbo sso

Fig. 9. Adsorptionsdoppelbrechung (korrigiert auf q = 1,40) bei Imbibition mit Tetrachlor~ithan, in Funktion yon yr.

~X : Reihe A (Vordehnung in 100 Proz. Alkohol), @ : Reihe B (Vordehnung in 83,3Vol.-Proz. Alkohol -I- 16,7Vol.-

Proz. Azeton).

bei h6heren Dehnungen ebenfalls auf der Geraden, weisen aber bei niedrigen Dehnungsgraden eine be- trfichtlich hi3here Do auf. Hieraus daft man jedoch nicht ohne weiteres auf Nichtzutreffen der ,,vt- Regel" schlieBen. Die Fiden der Reihe A wurden nfimlich unmittelbar nach der Dehnung zu den Imbibitionsversuchen benutzt, also ohne zwi- schengeschalteter Trocknung; das vt wurde aber nach der Trocknung eines Stfickes der jeweiligen Fiden bestimmt. Infolge der Entquellungs-

118 Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosef~tden, III. F Kolloid- LZeitschrift

retraktion dieser F~iden ist die mittlere Orientie- rung vor dem Trocknen eine etwas htihere als nach der Trocknung, so dab in den Fig. 8 und 9 Doppel- brechungswerte gegen ein vt aufgetragen worden sind, das eine etwas zu niedrige Orientierung des nicht getrockneten F~[dens vort~iuscht.

Um das Zutreffen der vt-Regel zu prfifen, mfif3te man also F~iden in die Messungen beziehen, die einer Trocknung unterworfen worden sind. Solche F~iden haben wir nun in der Reihe D. Ffir diese F~iden bestimmten wir fa" A, korrigiert auf q = 1,40, bet Imbibition mit der Kaliumqueck-

-600

-SO0

- < iO0

-300

-200

-lO0

~.,A. 70mfl<or,~ ) o

~ o

+o 4. ~

0

zoo 2bo Fig. 10. Adsorptionsdoppelbrechung (korr~giert auf q = 1,40)bet Imbi- bition mit alkoholischer Kalium- quecksilberjodidl6sung, in Funktion des experimentellen Dehnungsgra-

des v.

A : Reihe A, Dehnung in 100 Proz. Alkohol,

O : Reihe B, Dehnung in 83,3 Vol.- Proz. Alkohol + 1(5,7 Vol.-Proz. Azeton, .

(~ : Reihe C, Dehnung in 83,3 Vol.- Proz. Alkohol + 16,7 Vol.-Proz. Azeton,

~ : Dehnung in 100 Proz. Alkoh01, dann getrock- net,

[] : Reihe D Dehnung in 83,3 Vol.- Proz. Alkohol + 16,7 Vol.-Proz. Azeton, dann getrocknet,

• : Dehnung in 69 Vol.- Proz. Alkohol + 31 Vol.-Proz. Azeton, dann getrocknet.

, V

-6'00

-SO0

-qO0

-300

-200

-ZOO

300

silberjodidlOsung yon n~ = 1,550. Die Fig. 10 und 11 zeigen die Doppelbrechungswerte in Funktion des experimentellen Dehnungsgrades v und des charakteristischen Dehnungsgrades yr. In diesen Figuren sind auBerdem die Resultate gleichartiger Messungen an den F~iden der Reihen A--C niedergelegt worden.

W~ihrend, gegen v aufgetragen (Fig. 10), die Werte der Adsorptions-Do deutlich in zwei Reihen auseinanderfallen, ist solches in der Fig. 11 viel weniger der Fail. Man muB dabei noch bedenken, dab die Werte yon fa" A mit einem ziemlich gror Ben Fehler behaftet sein kOnnen. Schon durch die MeBfehler bet den Dickenmessungen kann

fe E eine Abweichung von 5 Proz. enthalten; diese q

wirkt sich i n fa �9 A als ein Fehler von etwa 9 Proz. aus. Die gestrichelten Kurven in Fig. 11 geben die Fehlergrenzen an, welche mit einem m6glichen Fehler in der Dickenmessung zusammenh~ngen, (In Fig: 10 ist dies der Ubersichtlichkeit halber unterlassen worden.)

Aus dem Vergleich der Fig. 10 und 11 kann man die Folgerung ziehen, dab in e r s t e r N~ihe- r u n g das V e r h a l t e n der A d s o r p t i o n s d o p - p e l b r e e h u n g bet der D e f o r m a t i o n d u r c h eine v t - B e z i e h u n g b e s c h r i e b e n wi rd , na - m e n t l i c h bet den h ~ h e r e n D e h n u n g s g r a - den. Es gibt wohl einige Abweichungen auBer- halb der Fehlergrenzen, diese sind aber nicht deutlieh mit der Vorgeschichte der F~iden ver- knfipft. Eine Ausnahme bilden die in 100 Proz.

/ii o ~ ,

I x o i l

i ' i l l I

/ o

1.00 150 200 2S0 300 3.,5"0

Fig. II. Adsorptionsdoppelbrechung '(korfigiert auf q = !,40) bei Imbibition mit alkoholischer KaliumquecksilberjodidlOsung,

in Funktion des charakteristischen Dehnungsgrades yr. Zeichenerkl~irung wie in Fig. 10.

Ban d 100 7 Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosefiiden, III. 119 Heft 1 (1942)_1

Alkohol vorgedehnten Ffiden bei niedrigeren Dehnungsgraden. Diese haben eine h~Jhere Ad- sorptions-Do als die im Alkohol-Azeton-Gemisch deformierten Ffiden. Diese "Erscheinung wird vielleicht nicht NoB durch die Entquellungs- retraktion verursacht: der getrocknete, in 100 Proz. Alkohol vorgedehnte Faden vom Dehnungs- grad vt = 1,26 hat eine betrfichtlich hiShere f a A als die im Alkohol-Azeton-Gemisch vorgedehnten Ffiden mit ungef~ihr 'gleichen charakferistischen Dehnungsgraden.

7. D i s k u s s i o n der E rgebn i s s e . Die wichtigsten Resultate der in dieser und

der II. Mitteilung beschriebenen optischen Unter- suchungen sind wie folgt zusammenzufassen:

I. Die (negative) Eigen-Do der getrockneten Ffiden wird nach der vt-Regel vom charakteristi- schen Dehnungsgrad vt eindeutig bestimmt und n i m m t l i n e a r m i t d i e s e m z u . Sicis talsonach vt gemessen unabMngig vom Quellungszustand, in welchem die Deformation stattfand.

2. Die Adsorptions-Do tier in Alkohol-Aze- ton-Gemischen gedehnten Ffiden nimmt gleich- falls nahezu linear mit dem charakteristischen Dehnungsgrad vt zu ; sie ist unabh~ngig von einer eventuellen zwischengeschalteten Trocknung. Die in 100 Proz. Alkohol gedehnten Ffiden weichen in dem Sinne von den erstgenannten F~iden ab, dab die Doppelbrechungswerte bei den niedrigen Dehnungsgraden h/Jher liegen. Bei h~Jheren Deh- nungsgraden liegen die Adsorptionsdoppelbre- chungswerte sfimtlicher Fadenreihen auf der- selben Kurve, wenn gegen vt aufgetragen.

3. Die St~ibchen-Do der in 83,3 Vol.-Proz. Alkohol -k 16,7Vol.-Proz. Azeton gedehnten Ffiden nimmt ebenfalls linear mit vt zu, ist abet in hohem Mage abh~ingig yon der Vorgeschichte der F~den. Eine Trocknung vor den Imbibitions- versuchen hat eine betrfichtliche Erniedrigung der St~ibchen-Do zur Folge. Bei in 100 Proz. Alkohol deformierten Ffiden, die nicht getrocknet wurden, nimmt f sS zuerst langsamer, oberhalb v t - - 1,5 schneller zu als ffir die im Gemisch gedehnten Ffiden.

Die Eigen-Do f e E reprfisentiert den Ord- nungszustand aller im Gel anwesenden anisotrop polarisierbaren Molekfilglieder. Sie findert sich sowohl mit variierender Orientierung der kristalli- nen Bereiche als mit Orientierungs~inderungen in den amorphen Bereichen. Hingegen ist zu erwar- ten, dab die Adsorptions-Do fa" A vor allem emp- findlich sein wird ffir das Geschehen in den amor- phen Oebieten des Gels. Sie wird sich findern, wenn die mittlere Lage der M01ekfilglieder zur

'Achsenrichtung des Fadens sich findert, aber auch wenn bei gleichbleibendem Quellungsgrad das Mengenverh/iltnis amorph:kristallin einer Ande- rung unterworfen wird. Eine Vergr6gerung der Menge amorphen Materials auf Kosten des kri: stallinen Anteils wird sich fiugern in einer Er- h/Jhung yon fa �9 A.

Die Beziehung zwischen der Stfibchen-Do und der Orientierung im Gel ist verwickelter. Zuerst spielt bier das wohl oder nicht Vorhandensein einer ,,Ordnung in kteinsten Bereichen" der kri- stallinen Gebiete im isotropen Gel eine grol3e Rolle18). 1st eine solche Ordnung vorhanden und bleibt diese wfihrend der Dehnung bestehen, so kann die Anderung der Stfibchen-Do bei tier De- formation doch nur dann als Mal3 ffir die Orien- tierung der kristallinen Bereiche betrachtet wer- den, wenn das VerMltnis amorph:kristallin sich nicht wesentIich ~ndert. Es ist nun leider nicht m6glich, positive Aussagen zu machen fiber dieses Verhfiltnis. Wohl kann man erwarten, dab es sich bei der Dehnung fortw/ihrend ~indern mug. Man kann sich eine Dehnung um das Dreifache tier Aus- gangsI/inge, wie sie im optirrialen Fall bei den Nitrozelluloseffiden erreichbar ist, bei einem nied- rigen Quellungsgrad wie q = 2 fiberhaupt nur dann vorstellen, wenn man annimmt, daft wfih- rend tier Deformation kristalline Bereiche an be- stimmten Stellen neu gebildet werden und an anderen Stellen in amorphe Bereiche fibergehen. Die An,derung des durchschnittlichen Mengen- verhfiltnisses amorpher zu kristalliner Nitrozellu- lose kann sowohl zugunsten tier Menge amorpher wie der Menge kristalliner Substanz sein.

Eine Abspiegelung dieses Verhaltens kann man erkennen aus den q--vs-Kurven der Fig. 2. Eine Vergr/Sf;erung des Quellungsgrades wfihrend der Dehnung deutet auf eine Zunahme des quell- baren amorphen Materials, Volumverkleinerung dagegen auf ein Vorherrschen des Kristallisa- tionsvorgangs. In Alkohol-Azeton-Oemischen nimmt bei der Dehnung die Menge des amorphen Materiales anf~nglich zu, bei h~iherer Dehnung gewinnt die Kristallisation die Oberhand. Es ist zu erwarten, dab die Kristallisationstendenz in den gespannten F/iden sich um so besser aus- wirken kann, je nachdem die Kettenteile sich freier gegeneinander bewegen k6nnen (natfirlich ohne dabei zu lose zu werden, das heil~t in L~Ssung zu gehen). Dies fiugert sich deutlich im Verhal- ten des Fadens bei der Dehnung in 100 Proz. Aikohol. In diesem Medium, das eher als Imbi-, bitions- wie als Quellungsmittel wirkt, finder im

18) p. H. Hermans und P. Pla tzek, siehe Fug- note 3.

120 Kruyt , V e r m a a s und Hermans , Deformat ion i so t roper Ni t roze l lu losef~den, I l l . [- Kolloid- LZeitschrift

Anfang wieder eine Zunahme der Menge amorphen Materiales start (Zunahme des Quellungsgrades); bei hbheren Dehnungsgraden bleibt der Quellungs- grad nun aber konstant. Die M/Jglichkeit der Rekristallisation ist also tatsfichlich geringer als im azetonhaltigen Medium.

Es ist auch klar, dab die relative Zunahme des Quellungsgrades bei der Dehnung in Alkohol gr~i- Ber sein muB als im Alkohol-Azeton-Gemisch. Der Anfangsquellungsgrad in der ersten Flfissigkeit ist ja kleiner, die Fadenmolek~ile behindern sich gegenseitig mehr als bei Anwesenheit yon Azeton im Quellungsgemisch, das System muB zur Orientierung zuerst mehr aufgeloekert werden. Diese Auflockerung (Vergr6Berung der Menge amorpher Nitrozelluloseketten) mug eine Er- hShung der Adsorptions-Do bei den niedrigen Dehnungsgraden zur Folge haben. Diese haben wir tatsfichlich gefunden (Fig. 8--11); bei der Dehnung in 100Proz. Alkohol n i m m t f a A anffing- lich stfirker zu als im Alkohol-Azeton-Gemisch.

Man kann also mit ziemlich groBer Wahr- scheinlichkeit feststellen, dab bei der Dehnung eines isotropen Nitrozellulosefadens in 100 Proz. AIkohol zuerst ein Losreigen yon Molekfilteilen aus den kristallisierten Bereichen stattfindet unter gleichzeitiger Orientierung dieser Kettenteile19). Erst wenn eine genfigende Menge amorpher Nitro- zellulose die kristallinen Bereiche umgibt, werden auch letztere orientiert. Eine Bestfitigung dieser Hypothese haben wit in der Stfibchendoppelbre- chungskurve (Fig. 7), aus der hervorgeht, dab die Orientierung der kristallinen Bereiche beim An- fang der Dehnung ffir die in 100 Proz. Alkohol ge- quollenen F~den langsamer geschieht als ffir die im Alkohol-Azeton-Gemisch gequollenen Ffiden. Mit zunehmendem Dehnungsgrad nimmt die Orientierungsgeschwindigkeit des kristallinen An- tells in Alkohol zu; dagegen bleibt sie bei der Deformation im azetonhaltigen Quellungsmittel w~ihrend des ganzen Dehnungsvorgangs nahezu konstant. Die drei Vorgfinge: Losl6sen und An- wachsen von kristallinem Material, Orientierung der Molekfilteile in den amorphen Bereichen und Orientierung der kristallinen Bereiche gehen also bei der Deformation in Alkohol-Azeton-Gemischen

'gleichzeitig und untrennbar vor sieh, wfihrend sie bei der Dehnung in AIkohol einigermaBen zeitlich getrennt sind.

Es ist nicht m/Jglich, aus den in dieser Arbeit mitgeteilten optischen Messungen eine Aussage hinsichtlich der absoluten Werte der Orientie-

19) Diese Orientierung geht hervor aus dem so- fortigen Ansteigen der Eigendoppelbrechung bei kleinen Dehnungsgraden ffir die in Alkohol gequollenen F~iden.

rungsfaktoren re, fa und fs zu machen. Die dazu erforderliche Eigen-Do unserer Nitrozellulose bei idealer Orientierung ist nicht bekannt. Es w~ire m6glich, die gefundenen fe" E-Werte mit den in der Literatur vorliegenden Angaben fiber die Do yon Nitroramie verschiedener Nitrierungs- grade zu vergleichen. Eine Berechnung des Faktors fe auf dieser Grundlage scheint uns aber wenig zuverl~ssig~~

Uber den Wert der Adsorptions-Do einer Imbibitionsflfissigkeit bei idealer Orientierung des Oels IfiBt sich fiberhaupt nichts sagen. Es bleibt dann die Stfibchen-Do noch fibrig. Diese kann man prinzipiell nach der Wiener 'schen Theorie berechnen, wie H e r m a n s und P l a t z e k dies ffir ihre Hydratzellulosegele ausgeffihrt haben. Obgleich dabei tatsfichlich nicht unver- nfinftige Resultate erhalten wurden, sind diese aber doch mit einer gewissen Willk~ir behaftet. Es ist auch nicht zu erwarten, dab unsere Ffiden eine St~ibchen-Do aufweisen, die quantitativ nach W i e n e r zu berechnen ist, denn das Gel gen/igt gewiB nicht den yon der Theorie geforderten Be- dingungen (lange durchgehende St~ibchen, scharfe Phasengrenzen); auBerdem ist es bisher nicht miSglich, eine Methode anzugeben, welche die zur Berechnung ben~tigten Werte des relativen Volu- mens der Phasen liefern kbnnte.

Die Wiener 'sche Theorie gibt ffir den Fall eines Systems mit einer Gerfistsubstanz vom Brechungsindex n 1 = 1,52 und einem Dispersions- medium yon n~ = 1,361 bei einem relativen Volu-

1 (alas ist also der men der festen Phase dl = 1 ~

idealisierte Fall unserer Nitrozellulose bei voll- stfindiger Orientierung, imbibiert mit Athyl- alkohol beim Quellungsgrad q = 1,4) eine Stfib- chen-Do S = 379 �9 10 -5. Unser hiJchst orientierter Faden (vt = 3,26) gab fs �9 S = 211 �9 10 -5. Dieser Faden hatte aber gewig einen hbheren Orientie-

I 211 rungsfaktor a s ~ ~ 0,56, wie aus den anderen

Messungen (z. B. den Rbntgendaten) hervorgeht. Die wirkliche Stfibchen-Do ist also betr~ichtlich kleiner als der ideale theoretische Wert, was wohl auf Rechnung des Umstandes zu stellen ist, dab ein Teil der Nitrozellulose die amorphen Bereiche des Oels bildet. Eine Berechnung lehrt, dab dieser Umstand tatsfichlich die St~ibchen-Do erheblich herabsetzen kann~l). "

so) Siehe dazu P. H. Hermans, Kolloid-Z. 98, 62 (1941).

2~) Augerdem enth~lt die den experimentellen Kurven entnommene Differenz noch den unbekann- ten Anteil ]a(A'~,36~--A'~,55o), der nicht in Rechnung gebracht werden kann.

B a n d 100 -] Kruyt, Vermaas und Hermans, Deformation isotroper Nitrozellulosef~den, III. 121 Heft 1 (1942)3

Es ist noch nicht recht deutlich, was der Grund daffir ist, dab zuvor getrocknete F~iden eine kleinere St~ibchen-Do fs ' S aufweisen als die sofort nach der Dehnung imbibierten F~iden. Es kann aber wenig Zweifel darfiber bestehen, dab auch dieser Effekt in Zusammenhang mit einer Anderung im Mengenverh~iltnis amorpher zn kri- stalliner Nitrozellulose stehen muB.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. In Athylalkohol und Gemischen von Athylalkohol und Azeton gedehnte Nitrozellulose- f~iden werden auf ihr polarisationsoptisches Ver- halten w~ihrend und nach der Deformation lain untersucht:

2. Es wird gezeigt, dab die Rolle der Span- nungsdoppelbrechung bei diesen Objekten ver- rlachlasslgt werden daft.

3. Durch Imbibition der gedehnten F~den mit einer Reihe yon Alkoholen bzw. L6sungen von Kaliumquecksilberjodid in Athylalkohol ist es m~glich, glatte Doppelbrechungskurven zu erhalten, die qualitativ denjenigen entsprechen, welche die Wiener 'sche Theorie der St~bchen- doppelbrechung voraussagt. Ein quantitativer Vergleich zwischen gemessener und berechneter St~ibchendoppelbrechung ist aber nicht m~glich.

Eine ,,vt-Beziehung ~' ffir die St~ibchendoppel- brechung existiert nicht.

4. Die Adsorptionsdoppelbrechung wird in ihrer Abh~ingigkeit vom Dehnungsgrad bestimmt bei Imbibition mit Toluol, Tetrachlor/ithan und einer alkoholischen ' Kaliu mquecksilberj odid- liJsung. Oegen den experimentellen Dehnungs- grad v aufgetragen, fallen die gemessenen Werte dieser Doppelbrechungsart ffir Ffiden, die in den verschiedenen Quellungsmedien gedehnt werden, in zwei Reihen auseinander, wfihrend sie als Funktion des charakteristischen Dehnungs- gradesvt nahezu auf derselben Kurve liegen Nur bei den niedrigsten Dehnungsgraden weichen die Werte ffir die in 100 Proz. Alkohol gedehnten F~den etwas ab.

5. Die letztgenannte Abweiehung ffihrt zu einer Bestfitigung der Hypothese, nach welcher im Gel bei der Dehnung ein f o r t w ~ h r e n d e s Losl/Jsen yon Molek f i l t e i l en aus den kr i - s t a l l i n e n B e r e i c h e n und e r n e u t e s Kri - s t a l l i s i e r e n a n d e r e r Molekf i l t e i l e start- finder. In 100 Proz. Alkohol als Quellungsmittel hat w~hrend der Deformation der Ubergang des kristallinen Materials in amorphe Nitrozellulose die Oberhand, w/ihrend die Anwesenheit von Azeton im Quellungsmedium einen gfinstigen Einflug auf die Kristallisation hat, namentlich bei den h6heren Dehnungsgraden.

T h e o r e t i s c h e Betrachtungen fiber das Ffirben yon Al izar in auf Wolle. V o n R o b e r t H a i l e r ( R i e h e n , S e h w e i z ) . * ) ( E i n g e g a n g e n a m 30. Mai 1942)

Im Prinzip ist zwischen der Ffirberei mit Ali- zarin auf vegetabilischen Fasern einerseits und animalischen Fasern andererseits kein Unter- schied. Beide brauchen sowohl Farbstoff als auch eine Mittelsubstanz, die Beize, zur Produktion des teehnisch brauehbaren f~rbenden Effektes. In den Einzelheiten allerdings weiehen die Ffirbe- methoden da und dort erheblieh voneinander ab.

Wir wissen, dab zum Ffirben von vegetabili- schem Material eine ganze Anzahl yon Methoden zum selben Ziel ffihrt. Man kann normalerweise zunfiehst die Beize auf dem Substrat ablagern, um dann in einer Suspension des Farbstoffes anszu- f~irben; es gelingt aber auch auf dem umgekehrten Wege, zuerst den Farbstoff auf dem Substrat niederzuschlagen, um nachtrfiglieh mit den Beizen

*) R. Haller hat seine Reihe yon VerOllentlichun- gen iiber die Kolloidchemie der Fgirbevorg?inge bereits in Band 17 der Koltoid-Zeitschri[t, 7912, also vor 30 Jahren, begonnen. - - Schri[tleitung.

zu behandeln. Letzteres Verfahren ist unter dem Namen , , E r b a n - S p e c h t ' s c h e s " Verfahren be- kannt.

Auch bei der Wolle ffihrt der Weg durch Vor- behandeln mit der Beize und Nachbehandeln mit dem Farbstoff zu brauchbaren Resultaten.' In beiden F~illen wird grunds~itzlich Alizarin in L/Jsung ffir die Prozedur verwandt; im Falle der Pflanzenfaser eine L6sung von Alizarin in Ammo- niak, ffir die Wolle das in Wasser 1/Ssliche Na:Salz der Alizarin monosulfos~ure.

Ein groBer Unterschied in den Applikationen l~gt sich aber doch feststellen. Vor aIlem ist die Anwesenheit yon Kalk ffir die Erzeugung eines widerstandsf~higen Rot auf Baumwolle unentbehr- lich ; auf Wolle ist der Kalk dufchaus entbehrlich. Bei Baumwolle mug ein Dispersionsmittel zur Erlangung des leuchtenden Rot anwesend sein, ohne dasselbe bleibt die F~rbung unansehnlich; bei WoIle ist ein Dispersionsmittel entbehrlich, da