9
88 G. KOBRICH Bd. 664 und iiber CaC12 getrocknet. Nach dem Abdestillieren des Losungsmittels blieben 0.44 g farblose Fliissigkeit zuriick, die noch 10% @@-Dimethyl-styrol enthielt. - Zu 5.7 g dieses Gemisches wurden bei Raumtemperatur 2.4 g &om in 50 ccm Tetrachlorkohlenstoff langsam getropft. Das Brom reagierte unter Erwarmung. Nach dem Abziehen des Losungsmittels wurde der Riickstand destilliert; 1 g vom Sdp.14 69-72". Das Destillat wurde an 150 g A1203 chromatographiert. Mit Petrolather (40") eluierte man ein 81, das zur weiteren Reinigung noch einmal an 150 g A1203 chromatographiert wurde. Die ersten mit Petrolather eluierten Frak- tionen wurden iiber CaC12 getrocknet. Nach dem Abdampfen des Losungsmittels wurde der Riickstand (0.49 g) 2mal i. Vak. destilliert. Man erhielt reines III vom Sdp.14 70°, n'," = 1.5070. Das IR-Spektrum zeigte eine intensive Bande bei 1027 cm-1. CllH14 (146.2) Ber. C 90.35 H 9.65 Gef. C 90.48 H 9.50 Wittig-Um/agerung von I: In einem SCHLENK-ROhr wurden 18.42 g (100 mMol) Benzyl- phenyl-ather in 200 ccrn Isobuten + 100 cm Tetrahydrofuran gelost. Nach Zugabe von 84 ccm 1.23n atherischer Butyllithium-Losung (103 mMol) bei - 10" farbte sich die Losung sofort gelb. Das SCHLENK-ROhr wurde abgeschmolzen und 6 Tage bei Raumtemperatur aufbewahrt. Nach Hydrolyse dampfte man das Isobuten unter Riihren ab; bither und Tetrahydrofuran wurden weitgehend abdestilliert. Die verbliebene Losung wurde mit Ather und 2n NaOH versetzt und, wie S. 83 angegeben, aufgearbeitet; Ausbeute an Phenol 0.28 g (3 %). Der Neu- tralteil kristallisierte nach dem Abdestillieren des Losungsmittels, die Kristalle wurden mit wenig eiskaltem Petrolather (90- 100") gewaschen und auf Ton getrocknet; Schmp. 65-66.5'. Nach dem Umkristallisieren aus Petrolather (90- 100') wurden lange, farblose Kristalle vom Schmp. 68.5" erhalten, die mit Benzhydrof keine Depression gaben; Rohausbeute 16.5 g ___ (90 %). DEHYDROBENZOL BE1 DER XANTHON-BILDUNG AUS K ALIU M-0 -CHLORBENZOAT von GERT KOBRICH Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Heidelberg Eingegangen am 28. Juli 1962 Die thermische Zersetzung von Kalium-2-chlor-4(bzw. 5)-methyl-benzoat liefert Estergemische neben Dimethylxanthon-Isomeren. Durch IR-spektroskopische Analyse der Reaktionsprodukte wird nachgewiesen, daR Xanthone iiberwiegend nach dem Eliminierungs-Additions-Mechanismus, Ester nach dem additiven Chemismus nucleophiler aromatischer Substitutionen gebildet werden. Das Aus- ma0 beider Reaktionswege wird durch die Stellung der Methylgruppe beeinfluRt. Die Bildung von Xanthon (I) bei der thermischen Zersetzung des Na-Salzes der o-Chlor-benzoesaure wurde bereits von RICHTER') erwahnt. Die Thermolyse des 1) R. RICHTER, J. prakt. Chem. [2] 28, 273 (1883). und zwar S. 278.

Dehydrobenzol bei der Xanthon-Bildung aus Kalium-o-chlorbenzoat

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88 G. KOBRICH Bd. 664

und iiber CaC12 getrocknet. Nach dem Abdestillieren des Losungsmittels blieben 0.44 g farblose Fliissigkeit zuriick, die noch 10% @@-Dimethyl-styrol enthielt. - Zu 5.7 g dieses Gemisches wurden bei Raumtemperatur 2.4 g &om in 50 ccm Tetrachlorkohlenstoff langsam getropft. Das Brom reagierte unter Erwarmung. Nach dem Abziehen des Losungsmittels wurde der Riickstand destilliert; 1 g vom Sdp.14 69-72". Das Destillat wurde an 150 g A1203

chromatographiert. Mit Petrolather (40") eluierte man ein 81, das zur weiteren Reinigung noch einmal an 150 g A1203 chromatographiert wurde. Die ersten mit Petrolather eluierten Frak- tionen wurden iiber CaC12 getrocknet. Nach dem Abdampfen des Losungsmittels wurde der Riickstand (0.49 g) 2mal i. Vak. destilliert. Man erhielt reines III vom Sdp.14 70°, n'," = 1.5070. Das IR-Spektrum zeigte eine intensive Bande bei 1027 cm-1.

CllH14 (146.2) Ber. C 90.35 H 9.65 Gef. C 90.48 H 9.50

Wittig-Um/agerung von I : In einem SCHLENK-ROhr wurden 18.42 g (100 mMol) Benzyl- phenyl-ather in 200 ccrn Isobuten + 100 cm Tetrahydrofuran gelost. Nach Zugabe von 84 ccm 1.23n atherischer Butyllithium-Losung (103 mMol) bei - 10" farbte sich die Losung sofort gelb. Das SCHLENK-ROhr wurde abgeschmolzen und 6 Tage bei Raumtemperatur aufbewahrt. Nach Hydrolyse dampfte man das Isobuten unter Riihren ab ; bither und Tetrahydrofuran wurden weitgehend abdestilliert. Die verbliebene Losung wurde mit Ather und 2n NaOH versetzt und, wie S. 83 angegeben, aufgearbeitet; Ausbeute an Phenol 0.28 g (3 %). Der Neu- tralteil kristallisierte nach dem Abdestillieren des Losungsmittels, die Kristalle wurden mit wenig eiskaltem Petrolather (90- 100") gewaschen und auf Ton getrocknet; Schmp. 65-66.5'. Nach dem Umkristallisieren aus Petrolather (90- 100') wurden lange, farblose Kristalle vom Schmp. 68.5" erhalten, die mit Benzhydrof keine Depression gaben; Rohausbeute 16.5 g

___ (90 %).

DEHYDROBENZOL BE1 DER XANTHON-BILDUNG AUS K ALIU M-0 -CHLORBENZOAT

von GERT KOBRICH

Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Heidelberg Eingegangen am 28. Juli 1962

Die thermische Zersetzung von Kalium-2-chlor-4(bzw. 5)-methyl-benzoat liefert Estergemische neben Dimethylxanthon-Isomeren. Durch IR-spektroskopische Analyse der Reaktionsprodukte wird nachgewiesen, daR Xanthone iiberwiegend nach dem Eliminierungs-Additions-Mechanismus, Ester nach dem additiven Chemismus nucleophiler aromatischer Substitutionen gebildet werden. Das Aus- ma0 beider Reaktionswege wird durch die Stellung der Methylgruppe beeinfluRt.

Die Bildung von Xanthon (I) bei der thermischen Zersetzung des Na-Salzes der o-Chlor-benzoesaure wurde bereits von RICHTER') erwahnt. Die Thermolyse des

1) R. RICHTER, J. prakt. Chem. [2] 28, 273 (1883). und zwar S. 278.

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I963 Dehvdrobenzol bei der Xanthonbilduna aus Kalium-o-chlorbenzoat 89

Ca-Salzes2) ergibt I in 15-proz. Ausbeute, wahrend aus dem K-Salz3) ahnliche Aus- beuten an I erhalten werden wie bei der Darstellung aus Salicylsaurephenylester4).

Wegen der groBen Reaktivitat des zur Carboxylgruppe ortho-standigen Halogenatoms bei nucleophilen Substitutionsraktionens) liegt die Vermutung nahe3.6), daB sich zunachst in einer bimolekularen Reaktion nach d e n additiven Chemismus7) ein Aroylsalicylat (11) bildet. Tatsachlich sind neben den Estern4.s) auch die 0-Acyl-Verbindungen der Salicylsaure zur Bildung von I befahigt9.10). Dabei hangt es von den Reaktionsbedingungen ab, ob die Xanthonbildung oder die Di- und Trisalicylidsynthese ablauftg).

Fur die Entstehung von I aus I1 wird eine Reaktionsfolge vorgeschlagen6), nach welcher das aus der Decarboxylierung hervorgehende Anion 111 intramolekular eine Spaltung der Estergruppe zum Phenolat IV herbeifuhrt, das anschlieBend zu I cyclisiert.

Da kurzlich nachgewiesen wurdell), daB bei der zu o-Chlor-benzoesaurephenylester (V) fiihrenden Therrnolyse von Silber-o-chlor-benzoat (VI, Me = Ag) intermediar Dehydrobenzol (VII) auftritt, schien es moglich, dal3 fur die Bildung von I ebenfalls VII verantwortlich ist 12).

2) W. LAWSON, W. H. PERKIN JR. und R. ROBINSON, J. chem. SOC. [London] 125, 626 (1924).

3) G. KOBRICH, Chem. Ber. 92, 2985 (1959). 4) C. GRAEBE, Liebigs Ann. Chem. 254, 265 (1889), und zwar S. 279; A. F. HOLLEMAN,

Org. Syntheses, COIL Vol. I, 537 (1932). 5 ) K. W. ROSENMUND und H. HARMS, Ber. dtsch. chem. Ges. 53, 2226 (1920); W. R. H.

HURTLEY, J. chem. SOC. [London] 1929, 1870; K. C. JOSHI und S. C. BAHEL, J. Indian chem. Soc. 38, 877 (1961) [C. A. 56, 15483 (1962)l.

und zwar S. 652.

6 ) J. K. KOCHI, J. org. Chemistry 26, 932 (1961). 7) Ubersichten bei J. SAUER und R. HUISGEN, Angew. Chem. 72, 294 (1960); J. F. BUNNETT,

8) M. SCHOPFF, Ber. dtsch. chern. Ges. 25, 3642 ( I 892). 9) W. BAKER, W. D. OLLIS und T. S. ZEALLEY, J. chem. SOC. [London] 1951, 201 ; R. AN-

10) M. SPEKTOR, [Chem.-pharmaz. Ind.] 1933, 195 [C. 1934 11, 16851. 11) G. KOBRICH, Angew. Chem. 74, 428 (1962). 12) Nach einer Mitteilung von Dr. A. KREBS an Prof. G. WITTIC wurde kurzlich von E. J .

MCNELIS, Abstr. Papers Meeting, Amer. chem. SOC. 1961, 89, ein Reaktionsverlauf in diesem Sinne postuliert.

Quart. Rev. (chem. SOC., London) 12, 1 (1958).

SCHUTZ, Ber. dtsch. chem. Ges. 52, 1875 (1919).

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90 G. KOERICH Bd. 664

1st die Reaktionsfolge I11 --f I V + I richtig, so rnuf3 geklart werden, ob das Carb- anion 111 bzw. die Metallverbindung IIIa (Me = K) nach (1) undloder ( 2 ) entsteht; dies ist rnittels eines weiteren Substituenten im Substrat rnoglich. Irn ersten Falle ware dessen Position irn Endprodukt eindeutig festgelegt, im zweiten Falle wiirde sich der Substituent durch die Moglichkeit zur Addition an beide C-Atorne der ,,Dreifach- bindung" 13) auf zwei benachbarte Positionen des Reaktionsproduktes verteilen.

THERMOLYSE VON KALIUM-2-CHLOR-4- UND -5-METHYL-BENZOAT (v111 BZW. XIII)

Die thermische Zersetzung von Kaliurn-2-chIor-4-merhyl-benzoat (VIII) unter den friiher3) beschriebenen Bedingungen (offenes Rohr, Verdiinnung mit Seesand) ergibt nur Spuren eines Xanthonderivates; vielrnehr entsteht a u k r 3.1 % d. Th. p-Tolylsaure und 4.6 % m-Kresol als Hauptprodukt (37 % d. Th.) ein Gemisch zweier Ester. Deren Verseifung fiihrt zu p-Tolylsaure (IR-Spektrurn, Mischprobe), 2-ChIor-4-methyl- benzoesaure (IR-Spektrum) und m-Kresol, welches innerhalb der IR-spektroskopischen Nachweisgrenze (< 1 %, bez. auf m-Kresol) frei von p-Kresol ist. Sornit haben die Ester IX und X vorgelegen, und zwar nach der Elementaranalyse im Verhaltnis 87 : 13.

Thermolysiert man VIII ohne Verdiinnungsrnittel i. Vak., so entstehen neben dem Estergemisch 6 % d. Th. Dimethylxanthon, welches chromatographisch abgetrennt wird. Es erweist sich als ein Gernisch der beiden Isorneren XI und XII. Mittels der un- abhangig nach einern Verfahren von ULLMANN 14) synthetisierten Vergleichsproben 1aBt sich das Verhaltnis der Isomeren irn Gemisch IR-spektroskopisch ermitteln (65 % XI neben 35% XII).

13) Zum Bindmgszustand im Dehydrobenzol vgl. R. HUISGEN, W. MACK und L. MORIUS, Tetrahedron [London] 9, 29 (1960); H. E. SIMMONS, J . Amer. chern. SOC. 83, 1657 (1961).

14) F. ULLMANN und M. ZLOKASOFF, Ber. dtsch. chem. Ges. 38, 21 1 1 (1905).

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1963 Dehydrobenzol bei der Xanthonbildung aus Kalium-o-chlorbenzoat 91

Unter gleichen Bedingungen liefert Kalium-2-chlor-5-methyl-benzoat (XIII) ent- sprechende Endprodukte in anderen Mengenverhaltnissen. Man isoliert 18.5 % d. Th. Dimethylxanthon, welches nach der IR-Analyse ein Gemisch der Isomeren XIV und XI1 im Verhaltnis 53 :47 darstellt, und die Ester XV und XVI (Verhaltnis 1 : 2) in zusammen 15-proz. Ausbeute.

X I \

Die Phenolkomponente der Ester XV und XVI ist im Gegensatz zu den aus VIII erhaltenen Estern IX und X nicht einheitlich; man findet neben p-Kresol ca. 2 % m-Kresol.

Die Verhaltniswerte unterliegen Schwankungen von einigen Re].- 7;. Mittels Testmischung wurde jedoch festgestellt, daR durch das chromatographische Trennverfahren insbesondere das Isomerenverhaltnis der Xanthone keine Anderung erfahrt.

DISKUSSION DER ERGEBNISSE

Die thermolytisch aus VIII und XI11 entstehenden Xanthone sind Isomerengemische, in denen jeweils der gleiche Substituent in zwei benachbarten Positionen erscheint, was fur eine Arin-Zwischenstufe kennzeichnend ist 1s). Somit diirfte in beiden Fallen zunachst 3.4-Dehydro-toluol (XVII) gebildet werden, welches sich an VIII bzw. XI11 addiert und analog 111 + IV + I die Endprodukte bildet.

15) Zusammenfassungen bei H. HEANEY, Chem. Reviews 62, 81 (1962); R. HUISGEN und J . SAUER, Angew. Chem. 72, 91 (1960); E. F. JENNY, M . C. CASERIO und J. D. RORERTS, Experientia [Basel] 14, 349 (1958); G. WITTIG, Angew. Chem. 69, 245 (1957).

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92 G . KOBRICH Bd. 664

Die Moglichkeit, daB das nach ( I ) oder (2) gebildete Additionsprodukt lIIa (Me = K) in Dehydrobenzol (VII) und Substrat (VI; Me = K) zerfiillt, llBt sich ausschlieBen: Kalium-2-benzoyloxy-5-methyl-benzoat (A) liefert bei der Thermolyse neben den Haupt- produkten Benzoesaure und (isomerenfreiem) p-Kresol 2.7-Dimethyl-xanthon (XIV) und Benzoeslure-p-kresylester (B), die innerhalb der spektroskopischen Nachweisgrenze (< I %) frei von Benzoesaure-m-kresylester bzw. XI1 sind; die beim Auftreten von XVII zu erwar- tenden Reaktionsprodukte sind also nicht entstanden.

CO-01, I l 3 C 0 +Wq + ~ ' 6 1 i 5 " 0 2 1 i - + XIV

0 -<'( )-CslI, OH L- 0 " 1 - ~ ' 6 1 ~ 5

I I

133ca :\

Wegen der gleichen Zwischenstufe ware jeweils das gleiche Isornerenverhaltnis zu erwarten. Die gefundenen Quotienten betragen jedoch 65 : 35 bzw. 47 : 53; d. h., es entsteht immer iiberwiegend dasjenige Isornere, welches bei einer SN2-Reaktion zu erwarten ware. Somit konkurriert rnit der Dehydrotoluol-Bildung die Substitution nach dern additiven Chernisrnus. Urn deren Anteil abzuschatzen (bei beiden Reaktio- nen irn Mittel 18 %), muB man beriicksichtigen, daB XVII nucleophile Reaktions- partner zu rnehr als 50% rneta-standig addiert, so z. B. verschiedene Arnine zwischen 53 und 62%16.17) und das Anion des Phenylacetylens zu 57x17). Legt man den am ehesten vergleichbaren, am Ag-Salz von VIII unter ahnlichen Bedingungen 11) errnittelten Wert von 61 % zugrunde, so sollte der additive Chernisrnus bei der Bildung von XI m 8 % und bei der Entstehung von XIV zu 28 % beteiligt sein. Dieses Ergebnis steht scheinbar irn Widerspruch zu der Erfahrung, daR eine para-standige Methylgruppe (wie in XIII) den nucleophilen Austausch nach dern additiven Chernisrnus verzogert 18)

und daher eine konkurrierende Arin-Bildung begiinstigt 19).

DaO der Bildungsweg der Ester IX und X bzw. XV und XVI nicht iiber Dehydrotoluol verlauft, zeigt die jeweils einheitliche Phenolkomponente. Ihre Entstehung diirfte auf eine stellungsspezifische Verkniipfung des Sauerstoffs am Halogen-tragenden Kohlenstoffatom nach dem additiven Chemisrnus zuriickgehen. Das bei der Verseifung der Ester XV und XVI in geringer Menge nachgewiesene meta-Isomere laBt es als moglich erscheinen, daB die Chlor- tragenden Ester X und XV ihre Entstehung einer teilweisen Absattigung der nach (5) gebildeten Anionen mit Wasserstoff verdanken; dieser sollte bei Anwesenheit von Methylgruppen leicht verfiigbar sein. Da in den aus VIII erhaltenen Estern kein p-Kresol nachgewiesen werden konnte, erscheint dieser Reaktionsverlauf jedoch fragwiirdig. Es ist denkbar, daB zu- nachst nach dem additiven Chemismus ein Polykondensationsprodukt entsteht 20), welches homolytisch unter COz-Abspaltung zerfallt und durch Absattigung mit Wasserstoff die Ester in dem durch die Kettenlange vorgezeichneten Verhaltnis liefert.

16) R. HUISGEN und J. SAUER, Chem. Ber. 91, 1453 (1958); F. SCARDIGLIA und J. D. ROBERTS,

17) F. SCARDIGLIA und J. D. ROBERTS, Tetrahedron [London] 3, 197 (1958). 18) C. W. L. BEVAN, E. D. HUGHES und C. K. INGOLD, Nature [London] 171, 301 (1953). 19) J. SAUER, R. HUISGEN und A. HAUSER, Chem. Ber. 91, 1461 (1958). 20) Vgl. K. KRAUT, Liebigs Ann. Chem. 150, 1 (1869).

J. org. Chemistry 23, 629 (1958).

Page 6: Dehydrobenzol bei der Xanthon-Bildung aus Kalium-o-chlorbenzoat

1963 Dehydrobenzol bei der Xanthonbildung aus Kalium-o-chlorbenzoat 93

Der hohere Halogengehalt in dern aus XI11 entstehenden Esteranteil Iegt nahe, daB mit der Verlagerung der Methylgruppe, aus der zur Carboxylgruppe para-standigen Position (in VIII) in die p-Stellung zurn Chloratom (in XIII), die Beweglichkeit des Halogens fur einen additiven Austausch infolge Negativierung des Reaktionszentrums absinkt. Die hiermit verbundene (relative) Positivierung des die Carboxylgruppe tragenden Kohlenstoffatoms erleichtert die Abspaltung von C02. Beide Effekte sollten die Arin-Bildung begiinstigen, wie durch den hoheren, vorwiegend iiber die Zwischen- stufe XVII entstandenen Xanthonanteil bestatigt wird. Eine Abschatzung ergibt, daB aus VIII etwa 13 %, aus XI11 aber 42 % der identifizierten Reaktionsprodukte iiber Dehydrotoluol entstanden sind, wenn man voraussetzt, daB sich dessen Additions- reaktionen zu 61 % meta-standig vollziehen.

Diese Ergebnisse lassen es als sicher erscheinen, daB bei der Bildung von Xanthon (I) aus Kalium-o-chlorbenzoat intermediar Dehydrobenzol auftritt.

Herrn Prof. G . WITTIG sei fur die Forderung der Arbeit, der DEUTSCHEN FORSCHUNGS- GEMEINSCHAFT fur die Bereitstellung von Sachmitteln vielmals gedankt.

B E S C H R E I B U N G D E R V E R S U C H E

(Mitbearbeitet von W. DRISCHEL)

Die Schrnelzpunkre wurden mit einem Gerat der Fa. BUCHI bestirnmt und sind korrigiert.

Kalium-2-chlor-4(bzw. 5 ) -methyl-benzoat Knliun1-2-chlor-4-nierh~l-benzout (VIII). - 29.4 g 2-Chlor-4-methyl-benzoesaure21) werden

mit 2 n KOH neutralisiert, i. Vak. eingedunstet und iiber P2Os bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Ausbeute 35.0 g (97 %).

KC8H&lOz (208.7) Ber. K 18.73 C1 16.95 Gef. K 18.70 C1 16.71

a) Thermolyse bei Norrnaldruck: 10.0 g V f f f , mit 50 g reinem, bei 200" getrocknetem See- sand vermischt, werden in der friiher,) beschriebenen Apparatur zersetzt (Eeginn bei 290°, Ende nach ca. 2 Stdn. bei 360"), wobei die nachgeschaltete Kuhlfalle bei - 10" gehalten wird. Nach dem Abkuhlen wird die gesamte Apparatur rnit Ather extrahiert und der Extrakt 3rnal mit je 10 ccm 2 n NaOH ausgezogen. - Die wuJrige Phuse wird, nach Versetzen rnit Trocken- eis, ausgeathert. Aus dieser Atherlosung erhalt man nach Destillation 240 mg (4.6 %) rn-Kresol (IR-Spektrum) vom Sdp.12 91 -92". Die waBrige Losung ergibt beim Ansauern keinen Nieder- schlag. - Der nach Waschen der urherischen Phuse mit gesattigter NaHCO3-Losung, Trock- nen mit CaClz und Abdestillieren des Athers verbleibende Ruckstand (2.97 g) ergibt bei der Destillation nach einem Vorlauf (0.23 g vom Sdp.o.8 70- 125") 2.06 g (37.3 %) Ester-Gernisch (IX + X) vom Sdp.o.8 127--155", nho = 1.5728.

Verseifung der Esrer: 0.9 g voranstehendes Destillur werden rnit 1.0 g KOH in 10 ccm Wasser I2 Stdn. unter RiickfluB gekocht und nach Erkalten mit Ather extrahiert. Die wahige

2 1 ) A. A. GOLDBERC und A. H. WRAGG, J. chem. SOC. [London] 1958, 4227.

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94 G. KOBRICH Bd. 664

Phase wird mit Trockeneis versetzt und 3mal mit Ather ausgezogen. Aus der Atherlosung erhalt man nach Destillation 3 10 mg m-Kresol (IR-spektroskopisch frei von p-Kresol) vom Sdp.12 91'. Beim Ansauern der wlh igen Phase mit 2 n HCI werden 530 mg Gemisch aus p-Tolylsaure wid 2-Chlor-4-methyl-benzoesaure erhalten (IR-Spektrurn). Nach mehrmaligem Umkristallisieren schmilzt die p-Tolylsaure bei 170.5- 174" (Mischprobe 175- 176"). Das IR-Spektrum ist mit Ausnahme einiger schwacher, zusatzlicher Banden, die der schwer ab- trennbaren C1-haltigen Slure zuzuordnen sind, identisch mit dem des authent. Materials.

C15H13,87C10.1302 (230.7)

Der feste Pyrolyseruckstand liefert nach der Extraktion mit 20-proz. Natronlauge neben Spuren von Kresol 200 mg (3.1 %) p-Tolylsaure; Schmp. 175.5- 177" (Mischprobe) nach Sublimation und Kristallisation aus Athanol.

b) Thermolyse unter vermindertem Druck: 10.0 g VIII zersetzt man in einern geraumigen zylindrischen GefaR rnit 2 nachgeschalteten, auf -70" gekiihlten Fallen bei 12Torr und der unter a) angegebenen Temperatur. Der Neutralanteil (3.2 g gelbes 01) wird an einer Al20,- Saule (MERCK, neutral; 15 x 3 cm) chromatographiert. Mit Benzol erhalt man 2.4 g des unter a) beschriebenen Ester-Gemisches, mit Ather 330 mg (6.3 %) gelbliches Dimethylxanthon- Gemisch, in dem 35 % 2.6-Isomeres XI1 enthalten sind (IR-spektroskopisch nach S. 96 er- mittelte Werte 34.8 und 35.2 %). Das Gemisch wird aus Petrolather umkristallisiert und liefert nach der fraktionierten Sublimation bei 12 Torr im letzten Anteil einige mg 3.6-Dimethyl- xanthon (XI) vom Schmp. 169- 172" (Mischprobe, IR-Spektrum). Beim Einengen der Mutter- lauge erhllt man ein Gemisch von 2.6- und 3.6-Dimethyl-xanthon (XI1 bzw. XI) vom Schmp. 105- 109" (IR-Spektrum).

Ber. C 78.07 H 6.06 C1 2.00 Gef. C 78.34 H 5.94 CI 2.25

ClsH1902 (224.3) Ber. C 80.33 H 5.40 Gef. C 80.57 H 5.50

2-Chlor-5-methyI-benzoesaure22). - 42.5 g 3-Amino-4-chlor-toluol2~) werden diazotiert und in das Nitril iibergefiihrt 24). Das mit Wasserdampf destillierte Nitril schmilzt nach Abpressen auf Ton bei 52-54"; Ausbeute 16.5 g. Diese werden mit 60 g KOH in 120 ccm Wasser nach Zusatz von 5 ccm Dioxan 48 Stdn. unter RiickfluR gekocht, mit dem gleichen Vol. Wasser sowie mit Aktivkohle versetzt und nach Filtration mit konz. Salzsaure angesauert. Ausbeute 15.8 g 2-Chlor-5-methyl-benzoesaure vom Schmp. 147- 148" (aus Wasser).

CsH7C102 (170.6) Ber. C 56.32 H 4.13 CI 20.78 Gef. C 56.44 H 4.27 CI 20.61

2 2 ) Synthesen dieser Saure wurden aus p-Chlor-toluol iiber FRIEDEL-CRAFTS-Reaktionen mit Acetyl- bzw. Oxalylchlorid beschrieben: A. CLAUS, J. prak.t. Chem. [2] 46, 20 ( I 892). Schmp. 167"; bzw. R. SCHOLL, K. MEYER und A. KELLER, Liebigs Ann. Chem. 513, 295 (1934), Schmp. 163- 166". In diesen Arbeiten wird als Strukturbeweis die Oxydation zu 4-Chlor-isophthalsaure angefiihrt. Da der Eintritt an dem zum Chlor o-standigen C-Atom den Substitutionsregeln widerspricht, haben wir die Saure auf anderem Wege synthetisiert. Sie ist mit der nach CLAUS bzw. nach SCHOLL dargestellten Verbindung nicht identisch, bei der es sich urn verunreinigte 5-Chlor-2-methyl-benzoeslure (Schmp. 168.5 bis 169.5") [K. v. AUWERS und W. HARRES, Z. physik. Chem., Abt. A 143, 1 (1929), und zwar S. 16.1 handeln diirfte. - D. PELTIER, Bull. SOC. chim. France 1958, 994, hat der 2-Chlor-5- -methyl-benzoeslure ohne nahere Angaben den Schmp. 150" zugeschrieben, was mit dem von uns ermittelten Wert annahernd iibereinstimmt.

2 ) ) F. ULLMANN und 0. VON GLENCK, Ber. dtsch. chem. Ges. 49, 2494 (1916). 24) Vgl. A. I. VOGEL, A Text-Book of Practical Orgunic Chemistry, 3. Aufl., Longmans,

Green & Co., Ltd., London 1961, S. 607.

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1963 Dehydrobenzol bei der Xanthonbildung aus Kalium-o-chlorbenzat 95

Thermolyse: 6.0 g des analog S. 93 aus voranstehend beschriebener Saure dargestellten, trocknen Kaliumsalzes X I I I werden, wie S. 94 beschrieben, bei 320-330" zersetzt, wobei teilweise Verkohlung eintritt. Nach Aufharen der Gasentwicklung (ca. 15 Min.) wird 30 Min. auf 350" erhitzt. Bei der analog S. 94 durchgefiihrten Aufarbeitung erhllt man 1.6 g gelben, halbfesten Neurra/anfeil. Dessen chromatographische Auftrennung an einer Al203-Saule (20 x 2.5 cm) ergibt mit Benzol 0.7 g gelbes 01 (Aufarbeitung s. unten) und mit Ather 0.6 g (18.5%) gelbliches, von 90- 114" schmelzendes Dimefhy/xanthon-Gemisrh. Djeses besteht nach der IR-spektroskopischen Analyse (S. 96) aus den Isomeren XIV und XI1 im Verhaltnis 53 :47 (gefundene Werte 52.5 bzw. 52.8% XIV).

C15H1902 (224.3) Ber. C 80.23 H 5.40 Gef. C 80.29 H 5.61

Das gelbe 0 1 ergibt nach der Destillation 0.51 g (15%) Esfer-Gemisch vom Sdp.o.1 115 bis 124". Aus 220 mg davon erhalt man nach Verseifung rnit 0.5 g KOH und Destillation 70 mg Kresol-Cemisch vom Sdp.14 92" und 110 mg Gemisch aus m-Tolylsaure und 2-Chlor-5-merhyl- benzoesuure vom Schmp. 114- 120" (IR-Spektrum). Nach der Elementaranalyse liegen die Ester XV und XVI im Verhaltnis 33 :67 vor.

C15H13.67C10.3302 (237.6)

Auf Grund der IR-Spektren von Testmischungen IaRt sich abschatzen, daR das Kresol-

Ber. C 75.81 H 5.80 CI 4.92 Gef. C 75.96 H 5.94 CI 5.04

Gemisch aus ca. 98 % para- und ca. 2 % mera-Isomerem besteht.

Bei einem anderen Ansatz wurden aus 13.8 g XI11 3.85 g Neutralanteil erhalten, welcher 1.5 g Dimethylxanthon- und 1.38 g Ester-Gemisch lieferte. Der alkalische Auszug des Pyrolyse- riickstandes ergab 220 mg m-Tolylsaure vom Schmp. 106- 109" sowie 220 mg p-Kresol, in welchem ca. 2 % mera-Isomeres enthalten waren.

Vergleichspraparate

1.6- und 3.6-DiinefhyI-.uanfhon. - Nach U L L M A N N ~ ~ ) versetzt man 5.0 g VIII und 7.0 g m-Kresol rnit 0.6 g Narrium in 13 ccm Methanol und 100 mg Narurkupfer C, erhitzt allmahlich auf 200" und halt 20 Min. bei dieser Temperatur. Nach Abkiihlen wird rnit 50ccm Ather versetzt und 2 ma1 mit verd. Na~CO3-Losung ausgeschiittelt. Der mit Kohle gekochte, waRrige Anteil liefert beim Ansauern 4.3 g 2-Carboxy-5.3'-dimefhyI-diphenyliirher vom Schmp. 93.5 bis 95.5' (aus Ligroin). 3.0 g dieser Saure erhitzt man mit 15 ccm konz. Schwefelsiiure 1 Stde. im siedenden Wasserbad, gieBt nach Abkiihlen auf 150 g zerkleinertes Eis, extrahiert den zentri- fugierten, grauen Niederschlag 2mal mit 2n NaOH, wascht mit Wasser, zentrifugiert jeweils ab und trocknet iiber P2O5. Ausbeute I .5 g Dimethylxanthon-Gemisch. Das in heijem Ligroin geloste Gemisch scheidet beim Erkalten krist. 3.6-Dimerhyl-xanfhon (XI) vom Schmp. 171.5 bis 173" (2malige Umkristallisation) ab (Lit.25) 170- 172").

C15H1202 (224.3) Ber. C 80.33 H 5.40 Gef. C 80.46 H 5.20

Aus der ersten Murferlauge kristallisieren bei weiterem Stehen farblose Nadeln von 1.6- Dimerhyl-xanrhon; Schmp. 117.5- 11 8" (aus Petrolather); nach IR-Spektrum isomerenfrei.

Gef. C 80.05 H 5.51

2 5 ) W. BAKER, B. GILBERT, W. D. OLLIS und T. S. ZEALLEY, J. chem. SOC. [London1 1951, 209, und zwar S. 212.

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2.6-Dimethyl-xanthon (XII). - Analog voranstehender Vorschrift erhalt man aus p-Kresol 4.9 g 2-Carboxy-S.I'-dirnethyl-diphenylather vom Schmp. 136- 138" (aus Athanol + 211 HCI). 3.0 g dieser Slure liefern nach 1.5stdg. Erhitzen rnit 15 ccm konz. Schwefeisiiure im siedenden Wasserbad 2.7 g XI1 vom Schmp. 117.5-1 18' (aus Ligroin).

Gef. C 80.60 H 5.54

2.7-Dimethyl-xanthon (XIV). - Analog entstehen aus 5.0 g XIII und 7.0 g p-Kreso12.75 g XIV vom Schmp. 141.5-142" (am Ligroin; Lit.26) 143").

Gef. C 80.53 H 5.36

IR-spektroskopische Untersuchungen Fur die Untersuchungen wurde ein PERKIN-ELMER-GeTat, Modell 21 (Spaltprogramm 927)

benutzt. Vier Isomerenmischungen der betreffenden Dimethylxanthone mit einem definierten Gehalt

zwischen 30 und 70% an einem Isomeren werden als ca. 3-prOZ. Losungen in frisch dest. CS2 vermessen ; im Vergleichsstrahlengang befindet sich eine Kiivette gleicher Schichtdicke (300 p) mit reinem Losungsmittel. Abgelesen werden die Intensitaten 1 fur XI1 bzw. XIV bzw. XI bei 752 bzw. 762 bzw. 737 cm-1.

Nach der aus dern BEERschen Gesetz und der Randbedingung (Mol-% XI1 + Mo1-x XIV = konst.) folgenden Gleichung log I X I V / I ~ I I = A + B.Mo1-x XI1 (A, B = konst.) ergibt sich beim Auftragen von log Ix~v/Ix~r gegen Mo1-Z XI1 eine Gerade, aus der das Isomerenverhaltnis der Reaktionsprodukte graphisch ermittelt wird (ebenso verfahrt man rnit dem Isomerenpaar XI und XII). Bei Doppelbestimmungen lagen die Differenzen der ge- fundenen Werte stets unter 0.5 %. Das so ermittelte Isomerenverhaltnis wird aus den reinen Komponenten hergestellt und liefert im Bereich von 2-15 p ein IR-Spektrum (in KBr), das mit dem des Reaktionsprodukts identisch ist.

26) A. SCHONBERG und W. ASKER, J. chem. SOC. [London] 1946, 609.