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R ocky ist knapp 50 Zentimeter groß, hat einen watschelnden Gang und keine Angst vor Men- schen. Seit fast fünf Jahren lebt Rocky in einer Tierklinik in Kap- stadt – das liegt in Südafrika. Rocky ist ein Felsenpinguin-Weibchen. Eigentlich leben Felsenpinguine mehr als 2000 Kilometer weiter süd- lich, auf Inseln im Indischen Ozean. Wie Rocky in Südafrika aufs Festland gekommen ist, weiß keiner. Vielleicht hat eine Strömung sie so weit getra- gen. Als sie in die Tierklinik kam, war jedenfalls eines klar: In ihre Heimat darf sie nicht wieder zurück. Sie könnte ja fremde Krankheiten ein- schleppen und ihre Artgenossen an- stecken. Also watschelt sie durch die Klinikgänge und begrüßt die Be- sucher. Normalerweise bleiben die Tiere in der Klinik nicht so lange. Sie wer- den behandelt und, wenn sie geheilt sind, wieder in die Freiheit entlassen. In Kapstadt kümmern sich die Mit- arbeiter der Organisation „Sanccob“ vor allem um zwei Tierarten: einmal um Kaptölpel – das ist ein See- vogel, etwa so groß wie eine 38 Dein SPIEGEL 05 | 2014 Putzen für den Tierschutz: Eine Hilfsorganisation in Südafrika wäscht ölverschmierte Vögel, zieht Pinguin-Babys groß und entlässt die gesunden Tiere wieder in die Freiheit. SEEVÖGEL IN NOT FOTOS: SANCCOB/ NATUREPL.COM Badetag: Nur mit richtig schau- migem Wasser kriegt man die Federn eines verölten Kaptölpels wieder sauber. Beim Waschen sind meist zwei Helfer dabei – einer hält den Vogel, der andere reinigt ihn. »

DEIN SPIEGEL_MAY 2014

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Page 1: DEIN SPIEGEL_MAY 2014

Rocky ist knapp 50 Zentimetergroß, hat einen watschelndenGang und keine Angst vor Men-

schen. Seit fast fünf Jahren lebtRocky in einer Tierklinik in Kap-stadt – das liegt in Südafrika. Rockyist ein Felsenpinguin-Weibchen.

Eigentlich leben Felsenpinguinemehr als 2000 Kilometer weiter süd-lich, auf Inseln im Indischen Ozean.Wie Rocky in Südafrika aufs Festlandgekommen ist, weiß keiner. Vielleichthat eine Strömung sie so weit getra-gen. Als sie in die Tierklinik kam, warjedenfalls eines klar: In ihre Heimat

darf sie nicht wieder zurück. Siekönnte ja fremde Krankheiten ein-schleppen und ihre Artgenossen an-stecken. Also watschelt sie durch dieKlinikgänge und begrüßt die Be -sucher.

Normalerweise bleiben die Tierein der Klinik nicht so lange. Sie wer-den behandelt und, wenn sie geheiltsind, wieder in die Freiheit entlassen.

In Kapstadt kümmern sich die Mit-arbeiter der Organisation „Sanccob“vor allem um zwei Tierarten: einmalum Kaptölpel – das ist ein See-vogel, etwa so groß wie eine

38Dein SPIEGEL 05 | 2014

Putzen für den Tierschutz: Eine Hilfsorganisation in Südafrikawäscht ölverschmierte Vögel, zieht Pinguin-Babysgroß und entlässt die gesunden Tiere wieder in die Freiheit.

SEEVÖGELIN NOT

FOTOS: SANCCOB/ NATUREPL.COM

Badetag: Nur mit richtig schau-

migem Wasser kriegt man die Federn

eines verölten Kaptölpels wieder

sauber. Beim Waschen sind meist zwei

Helfer dabei – einer hält den Vogel,

der andere reinigt ihn.

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Nach wochenlanger Behandlung fällt

der Sprung ins kalte Wasser schwer:

Zwei mit Farbe markierte Brillen -

pinguine kurz vor ihrer Freilassung

(großes Foto oben). Jedes Tier wird von

den Tierschützern gewogen.

Dein SPIEGEL 05 | 2014

39

Namibia

Chile

Angola

Südafrika

Deutschland

Feuerland

Galápagos-inseln

SÜDAMERIKA

AFRIKA

Australien

Neuseeland

Antarktis

Äquator

WO PINGUINE LEBEN

Page 3: DEIN SPIEGEL_MAY 2014

Mit einer Zahnbürste werden die emp-findlichen Federn abgeschrubbt. Fürmanche Vögel ist das zu viel – sie sindso gestresst, dass sie die Reinigungnicht überleben.

Bei Sanccob werden die Tiere erstgewaschen, wenn sie kräftig genugsind. Zuerst hilft eine Dusche mitSpeiseöl, das zähe Rohöl zu lösen.Danach benötigt man meist mehrereWasserbäder und literweise fettlösen-des Spülmittel, bis aus verschmiertenwieder saubere Federn werden.

Anschließend dürfen sich die Vögelerholen. Und das mehrere Wochenlang. „Selbst wenn die Tiere wiedergesund sind, ist ihr Lebensraum mög-licherweise immer noch gefährdet.Auch darum behalten wir sie eine Wei-le“, sagt die Leiterin der Naturschutz-abteilung bei Sanccob, Venessa Strauss.

Ob es in 50 Jahren noch afrikani-sche Pinguine geben wird, kann nie-mand sagen. Fest steht: Von Jahr zuJahr werden es weniger. Das ist dieschlechte Nachricht. Die gute lautet:Fast alle Pinguine, die bisher zuSanccob gekommen sind, konntenwieder erfolgreich ausgewildert wer-den. Bei den Kaptölpeln ist es immer-hin die Hälfte. Christa Roth

Beinahe täglich werden halb verhun-gerte Küken in die Klinik gebracht. Ge-nauso wie ausgewachsene Pinguine,die geschwächt oder verletzt sind. So-gar Eier landen in der Klinik, etwa weilaufdringliche Touristen die Pinguin- Eltern beim Brüten vertrieben haben.

Die Eier liegen dann schön warmin einem Brutkasten, die Küken wer-den mit Fischbrei gefüttert. Für diegroßen Tiere gibt es Sardinen, Makre-len oder Heringe. Die Helfer müssendabei gut aufpassen: Pinguine sindzwar klein, aber wild. Und wenn sieaufgeregt sind, beißen sie auch mal zu.

Die anderen Patienten, die Kaptöl-pel, leiden ebenfalls, weil der Menschihnen Probleme bereitet. Wenn Tan-ker vor der Küste Öl verlieren, wirddas für die Seevögel lebensgefährlich:Das Öl lässt den Vogelkörper schnellauskühlen, weil es die Federn ver-klebt. Fische fangen ist dann un -möglich. Und weil der Vogel ständigversucht, das Öl aus seinem Gefiederherauszuputzen und es dabei ver-schluckt, vergiftet er sich schnell.

Öl aus Federn herauszuwaschen ist für Vogel und Mensch sehr anstren-gend. Häufig sind dafür zwei Helfernötig. Und man braucht viel Geduld.

Gans. Und um Brillenpinguine, diean der Küste Südafrikas leben. Siesind vom Aussterben bedroht.

Vor etwa hundert Jahren soll es biszu drei Millionen Brillenpinguine ge-geben haben. Heute sind noch gut50000 übrig. Warum so viele afrika-nische Pinguine gestorben sind, wis-sen Forscher nicht genau. Sie vermu-ten aber, dass es mehrere Ursachengibt.

Früher galten Pinguin-Eier als be-sonders lecker. Statt ausgebrütet zuwerden, landeten sie auf dem Teller.Sogar Pinguin-Kot wurde gesammelt,weil der sich gut als Dünger eignet.Dadurch fehlten den Pinguinen ge -eignete Stellen zum Nestbau. Dennin den getrockneten Kot graben sieHöhlen, die ihre Brut vor Feinden wieRobben und Hunden schützen.

Heute bedroht die Überfischungder Weltmeere die Tiere. Das bedeu-tet, dass mehr Fische gefangen wer-den als nachwachsen können. DiePinguine müssten nun viel weitereWege zurücklegen, um noch genü-gend Fisch zu finden, erklärt der Bio-loge Richard Sherley: „Deshalb lassen Pinguin-Eltern ihre Küken leiderschon früh allein.“ F

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Flauschiges Waisenkind: Dieses süße

Knäuel wird mal ein stattlicher Vogel.

Die Helfer ziehen es mit der Hand groß.

Strand-Visite: Ein Tierschützer unter-

sucht einen jungen Kaptölpel. Danach

wird das Tier in die Klinik gebracht.

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