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Demographie konkret – Handlungsansätze für die kommunale Praxis Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) Aktion Demographischer Wandel Bertelsmann Stiftung

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Demographie konkret –Handlungsansätze für die kommunale Praxis

KontaktMatthias Ritter, Kommunikation Aktion Demographischer Wandel Telefon 0 52 41 . 81-81 194E-Mail [email protected]

www.aktion2050.de

ISBN 3-89204-850-9 Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Aktion Demographischer Wandel Ber te l sm a n n St i f tungAktion Demographischer Wandel Ber te l sm a n n St i f tung Akt

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www.bertelsmann-stiftung.de

Titel 12.01.2005 14:50 Uhr Seite 2

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IMPRESSUM

Bertelsmann Stiftung

Carl-Bertelsmann-Straße 256

33311 Gütersloh

Telefon 0 52 41. 81 81 194

Fax 0 52 41. 81 6 81 194

www.bertelsmann-stiftung.de

Redaktion

Kerstin Schmidt

Denise Kammeier

Thieß Petersen

Lektorat

Heike Herrberg, Bielefeld

Gestaltung

Nicole Meyerholz, Bielefeld

Fotos

Archive der Kommunen

Veit Mette, Bielefeld

Thomas Kunsch, Bielefeld

Tobias Stäbler

Büro PFE Frankfurt (Oder)

Produktion

MOHN Media

Der besseren Lesbarkeit wegen

haben wir in der Regel auf die

weibliche Sprachform verzichtet.

Die Redaktion bittet alle

Leserinnen um Verständnis.

Informationen zur Aktion

Demographischer Wandel der

Bertelsmann Stiftung finden sich

unter www.aktion2050.de.

Titel 18.06.2005 23:31 Uhr Seite 4

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Inhalt

Vorwort Demographie konkret: Handlungsansätze für die kommunale PraxisAndreas Esche, Kerstin Schmidt, Bertelsmann Stiftung

Der demographische Wandel: Strategische Handlungsnotwendigkeit und Chance für die KommunenDr. Johannes Meier, Bertelsmann Stiftung

Zukunftsorientierte Stadt- und RegionalentwicklungProf. Dr. Bernhard Müller, IÖR Dresden

Segregierte Armut in den Städten – Strategien sozial integrativer lokaler PolitikProf. Dr. Klaus Peter Strohmeier, Ruhr-Universität Bochum

Bürgerschaftliches Engagement und demographischer WandelDr. Adrian Reinert, Stiftung Mitarbeit

Eine Strategie für die KommunenKerstin Schmidt, Bertelsmann Stiftung

Handlungsansätze aus der Praxis

Typ Schrumpfende KommuneSCHWALM-EDER-WEST – Gemeinsam gegen den Bevölkerungsschwund –HOYERSWERDA – Stadtumbau von außen nach innen – BRAUNSCHWEIG – Betreute Wohngruppen – FRANKFURT (ODER) – Die Chancen des Leerstands erkennen –

Typ Stagnierende KommuneBIELEFELD – Selbstbestimmtes Wohnen im Alter – ARNSBERG – Mit den Bürgern den demographischen Wandel gestalten – DRESDEN – Wachsen und Schrumpfen – SOLINGEN – Vision vom besseren Zusammenleben umsetzen –

Typ Wachsende KommuneLANDKREIS OSNABRÜCK – Demographischer Wandel als zentrale Herausforderung – STUTTGART – Familienförderung sichert Einwohner –MÜNCHEN – Frühzeitig informieren und sensibilisieren –ECHING – Älter werden in Eching e. V. –

Die AutorenLiteraturLinks

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3INHALT

Teil_1 11.01.2005 17:58 Uhr Seite 1

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4 VORWORT

In der Broschüre „Demographie konkret“ stellt dieBertelsmann Stiftung gute Beispiele von Kom-munen aus ganz Deutschland vor. Die ausge-wählten Praxisbeispiele dokumentieren, wieStädte und Regionen sich schon heute dendemographischen Herausforderungen stellenkönnen. Mit diesem Band möchten wir ein stär-keres Problembewusstsein schaffen, die kommu-nale Ebene für den demographischen Wandelund dessen Konsequenzen sensibilisieren undgleichzeitig ihre Kreativität wecken.

Auch unsere zwölf Beispiele verdeutlichen, wieunterschiedlich die Kommunen in zeitlicher,quantitativer und qualitativer Hinsicht betroffensind. Das breite Spektrum reicht von der wach-senden Großstadt München bis zur stark schrump-fenden Kleinstadt Hoyerswerda. Allerdings wirddas hier anklingende Klischee nicht von Dauersein: Waren Bevölkerungsabnahmen in den1990er Jahren vor allem ein ostdeutsches Pro-blem, werden zukünftig Kommunen in ganzDeutschland davon betroffen sein. Mit dem Be-ginn der Schrumpfung von immer mehr west-deutschen Städten werden einige ostdeutscheStädte (z. B. in Brandenburg und Sachsen) wie-der leichte Bevölkerungszunahmen verzeichnenbzw. ihre Einwohnerzahlen stabilisieren können.

Dresden etwa ist in den letzten Jahren wiedergewachsen und wird weiter hinzugewinnen.

Die thematischen Schwerpunkte der porträtier-ten Kommunen und Regionen sind – je nach Be-troffenheit – sehr unterschiedlich. Neben denhier dargestellten Themen werden in den jewei-ligen Verwaltungen natürlich auch andere Pro-blemfelder des demographischen Wandels ange-gangen – allerdings gibt es bisher kaum eineressortübergreifende Vernetzung. Eine selteneAusnahme bildet beispielsweise der LandkreisOsnabrück. Während westdeutsche Kommunenhier kaum einen gesamtstrategischen Ansatz vor-weisen können, gibt es in den meisten größerenostdeutschen Städten bereits so genannte„Integrierte Stadtentwicklungskonzepte (INSEK)“.Diese konzentrieren sich zwar hauptsächlich aufStadtumbauprozesse, sind aber in ihrer konzep-tionellen Einbindung verschiedener Akteure undin ihrer integrativen Sichtweise durchaus vor-bildlich.

Die Beiträge dieser Broschüre thematisieren denStadtumbau, die Kinder- und Familienfreundlich-keit, Wohnen im Alter, interkommunale Zusam-menarbeit, Integration von Migranten, bürger-schaftliches Engagement sowie interne Fortbil-

Vorwort

Demographie konkret:Handlungsansätze für die kommunale Praxis

Andreas Esche, Kerstin Schmidt, Bertelsmann Stiftung

Kommunen im demographischen Wandel – das sind Städte und Gemeinden im Wettbewerb um Einwohner, um attrak-tive Standort- und gute Lebensbedingungen. Gleichzeitig sind es Kommunen, denen zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintief greifender Wandel in der Bevölkerungsstruktur bevorsteht. Szenarien prognostizieren für die Bundesrepublik einenRückgang der Bevölkerung vor allem in den Städten, eine rasche Zunahme des Anteils älterer Menschen und eine eben-so schnelle Verringerung des Anteils von Kindern und Jugendlichen. Dabei täuscht die Durchschnittsbetrachtung: DiePhänomene Alterung und insbesondere Schrumpfung treffen die einzelnen Kommunen und Regionen in unter-schiedlichem Maße. Manche werden auch in Zukunft noch wachsen, während andere in ihrem Fortbestehen bedroht seinwerden. Angesichts der weit reichenden Folgen des demographischen Wandels sind gerade Kommunen dazu aufge-fordert, für ihre Situation passende Handlungsstrategien und konkrete Gestaltungslösungen zu entwickeln. Verstärktdurch das Primat der knappen Kassen, stehen sie hier vor einer ihrer zentralen Zukunftsaufgaben.

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5VORWORT

dungskonzepte. Der Bertelsmann Stiftung ist esdabei wichtig, entgegen dem Trend, die positivenGestaltungsmöglichkeiten und strategischenChancen des demographischen Wandels für dieKommunen zu betonen. Auch während der wei-teren Projektarbeit werden wir immer wiederauf gute Umsetzungsbeispiele hinweisen. Dazusoll in den nächsten Monaten eine Datenbankaufgebaut und über das Internet zugänglich ge-macht werden.

Die Vorstellung der guten Beispiele wird im Fol-genden eingeleitet durch Dr. Johannes Meier,Mitglied des Präsidiums der Bertelsmann Stif-tung. Er plädiert für die Notwendigkeit eines po-sitiven Leitbildes und die Herausarbeitung derChancen und innovativen Spielräume, die mitdem demographischen Wandel verbunden sind.

Prof. Dr. Bernhard Müller vom Institut für ökolo-gische Raumentwicklung in Dresden erläutert inseinem Beitrag, dass sich Städte und Gemeindenauf ihre Innenentwicklung und damit auf dieAttraktivitätserhaltung bzw. -steigerung konzen-trieren sollten. Für erforderlich hält er eineAbkehr von der „wachstumsorientierten“ zur„schrumpfungsorientierten Planung“.

Prof. Dr. Klaus Peter Strohmeier von der Ruhr-Universität Bochum stellt fest, dass dieEntwicklungen der letzten Jahre insbesonderedurch die Suburbanisierung viele Kernstädte zu„kinder- und familienleeren Räumen“ gemachthaben. Kinder in Großstädten wohnen hauptsäch-lich in Armutsstadtteilen mit besonders großerArbeitslosigkeit, hohen Anteilen von Alleinerzie-henden und besonders vielen Migranten. DieGründung einer Familie ist in Deutschland zueinem der wesentlichen Armutsrisiken geworden.Welche gravierenden Auswirkungen diese Tat-

sache auf die Stadtgesellschaft hat und welcheHandlungsansätze es zur Stabilisierung vongefährdeten Stadtteilen gibt, legt Prof. Stroh-meier dar. Dabei zeigt sich, dass gerade dassoziale Klima in den Armutsvierteln bisherigeHandlungsansätze scheitern lässt.

Zum ehrenamtlichen Engagement äußert sichDr. Adrian Reinert von der Stiftung Mitarbeit.Nicht nur im Hinblick auf die desolate Haushalts-lage vieler Kommunen, sondern auch in Bezugauf den steigenden Anteil der älteren Mitbürgerin unseren Städten müsse das Potenzial derehrenamtlichen Arbeit besser genutzt werden.Allerdings erscheine die klassische Form desbürgerschaftlichen Engagements in Kirchen,Parteien oder ähnlichen Organisationen nurnoch für wenige attraktiv, weil sie nicht den per-sönlichen Interessen und Neigungen entspreche.Dr. Reinert zeigt, wie sich Engagement dennocherfolgreich fördern lässt.

Das Team der Aktion Demographischer Wandel(www.aktion2050.de) wünscht Ihnen beimLesen dieser Broschüre Spaß und Anregung.Wenn Ihnen weitere „gute Beispiele“ bekanntsind, danken wir schon heute für Ihre Hinweise,die wir bei unserer weiteren Arbeit berücksichti-gen und in die kommunale Landschaft kommu-nizieren wollen.

Unser herzlicher Dank gilt allen, die durch ihreMitarbeit die Realisierung der Broschüre unter-stützt haben.

Teil_1 11.01.2005 17:59 Uhr Seite 3

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Justierung bzw. Neubestimmung zentraler Para-digmen unseres Zusammenlebens:

Neue Paradigmen müssen in neues Handelnübersetzt werden. Dies gilt beispielsweise für dienotwendige Neudefinition der öffentlichen Da-seinsvorsorge: Was muss, was kann und wassollte der Staat nicht mehr tun? Alle Ebenen desStaates sind gefordert, sich dem Paradigmen-wechsel zu stellen. Politik und Gesellschaft bishin zum einzelnen Bürger müssen ihren Gestal-tungsbeitrag leisten.

6 DR. MEIER

Aus solchen Aspekten werden unterschiedlicheHorrorszenarien abgeleitet, die lähmende Un-sicherheit in unserer Gesellschaft erzeugen.Viele Bürger spüren, dass der mit Verteilung vonWachstumsgewinnen bis hin zur Verschuldungüber Jahrzehnte alimentierte gesellschaftlicheKonsens brüchiger geworden ist. Auch wennUmfragen vielfach noch ein starkes Besitz-standsdenken konstatieren und Reformen undEinschnitte vor allem dann bejaht werden, wennman nicht selbst betroffen ist, wächst doch dasBewusstsein, dass uns Jahrzehnte der Konsoli-dierung und Reformen bevorstehen und strate-gisches Handeln notwendig ist, um die Lebens-qualität in Deutschland zu sichern.

Wie aber schaffen wir den notwendigen Sprungvon vager Einsicht zu konkretem Handeln? DieAnalogie zu der Sanierung eines Unternehmensliegt nahe. Diese hat die besten Erfolgschancen,wenn ein positives und konsistentes Leitbildexistiert, das zunächst Perspektive und Hoffnunggibt und zur Handlungsorientierung und Priori-sierung von Maßnahmen dient.

Die Entwicklung eines positiven Leitbildes fürdie Gesellschaft verlangt mehr als oberflächlicheSymptombehandlung. Von Unternehmen kön-nen wir lernen, dass halbherzige Visionen undinkonsistente Aktionslisten meist keinen Erfolghaben. Vielmehr geht es angesichts wachsenderSchuldenstände und sinkender Gestaltungsspiel-räume der öffentlichen Hand zunächst um die

Der demographische Wandel:Strategische Handlungsnotwendigkeit und Chance für dieKommunen

Dr. Johannes Meier, Bertelsmann Stiftung

Von … zu …

einseitiger Wachstums- Konsolidierung und Qualitätsorientie-fokussierung rung (aus weniger mehr machen …)

Ressortzentrierung und Kooperation und integrierterSegmentierung Bearbeitung der Herausforderungen

dem Primat der Einheitlichkeit dem Primat der Chancengleichheitder Lebensverhältnisse mit mit Nutzung des WettbewerbsNivellierung des Wettbewerbs

kurzfristiger Orientierung langfristig orientiertem Handelnder Politik

einem Versorgungsstaat einem Gewährleistungsstaat

Ich-Zentrierung bürgerschaftlicher Verantwortung

Nach Jahrzehnten des kollektiven Ignorierens tritt der demographische Wandel heute zunehmend in das öffentlicheBewusstsein: Die Bevölkerung schrumpft, das Verhältnis von Jungen zu Alten verändert sich dramatisch, insbesondereAkademikerinnen bekommen wenig Kinder, Immigrantenkinder werden nicht ausreichend integriert,Versorgungszusagenerzeugen eine bedrohliche Schieflage im Umlagesystem, wenn die Baby-Boomer in Rente oder Pension gehen, der Durch-schnittswähler ist über 50 Jahre alt.

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7DR. MEIER

Die Kommunen als Gestalter desdemographischen Wandels vor Ort

In den Kommunen wird der demographischeWandel zur erfahrbaren Realität. Vor Ort wirdsich zeigen, ob die Städte und Gemeinden aufdie demographischen Herausforderungen derZukunft vorbereitet sind.

Die demographische Entwicklung fällt je nachKommune und Region höchst unterschiedlichaus, eine grobe Mittelwertbetrachtung derTrends reicht nicht aus. Verstärkt durch Binnen-wanderung und Zuwanderung wird es Wachs-tums-, Stagnations- und Schrumpfungsregionengeben, Kommunen mit hoher Lebensqualitätund Wirtschaftswachstum auf der einen sowiemit hoher Arbeitslosigkeit und geringer Attrak-tivität auf der anderen Seite. Die Spannbreite beider Analyse der Folgen des demographischenWandels und der Entwicklung konkreter Hand-lungskonzepte ist dementsprechend groß. Wich-tig ist dabei, dass die spezifische Situation vorOrt bekannt ist und klar kommuniziert wird. Erstdann kann die Diskussion über Handlungsfelderbeginnen, können politische Beschlüsse gefasstund Maßnahmen umgesetzt werden.

Für die kommunale Situation lassen sich darausdie folgenden fünf Thesen ableiten:

1. Kommunale Leitbilder müssen um dieAspekte des demographischen Wandelsergänzt werdenAuf kommunaler Ebene müssen das Leitbild unddie Perspektiven für die Bevölkerung konkreti-siert und die Maßnahmen an die demographi-schen Gegebenheiten angepasst werden. DieKommunen sind gleichsam Träger des differen-zierten demographischen Wandels. Die Differen-zierung der Handlungskonzepte ist notwendigund bietet zugleich Chancen.

So ist klar, dass ein positives Leitbild und Hand-lungskonzepte für einen Zuzugsraum sich ver-stärkt mit Fragen der Altenpflege und des be-treuten Wohnens auseinander setzen müssen.Andererseits müssen in der Leitbilddiskussionvon Schrumpfungsräumen verstärkt dezentraleInfrastruktur- und alternative Siedlungskon-zepte adressiert werden. In allen Fällen sind einekonsequente Berücksichtigung der Nachhaltig-keit der Finanzierung und insbesondere eine ge-meinsame Betrachtung der Einnahmen- und Aus-gabenseite notwendig. Die absehbaren Ratingsder Kommunen aus Kapitalmarktsicht erzeugenhier unmittelbaren Druck zur Vorbereitung.

2. Die Orientierung an der Region muss kom-munales Handeln bestimmenDer regional unterschiedlich verlaufende demo-graphische Wandel und die sich daraus ergebendeDifferenzierungsnotwendigkeit zwingen kommu-nale Entscheider und Planer, in unterschiedlichenTypen von Kommunen bzw. Regionen zu denken.In einer solchen regionalen Clusterung von Kom-munen liegt die Chance, besser voneinander zulernen sowie attraktive und robuste lokaleIdentitäten zu entwickeln. Die Umzugsmöglich-keiten, die gerade jungen und talentiertenMenschen nicht nur innerhalb Deutschlands

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8 DR. MEIER

offen stehen, zwingen die Kommunen undRegionen, die lokalen Identitäten wie in einemWettbewerb auszugestalten.

Daneben bietet der Zusammenschluss kleinerund mittelgroßer Kommunen die Chance, iminterkommunalen bzw. -regionalen Wettbewerbzu bestehen, weil die Energien nicht vergeudetwerden, gegen den ebenso kleinen Nachbarn zuhandeln, sondern auf die Stärken der Regionkonzentriert werden können.

Insbesondere in Schrumpfungsregionen bestehtdie Notwendigkeit der Konsolidierung von Infra-strukturen. Raumplanung, Mobilitäts- und Ver-kehrsplanung, e-Government müssen gemein-sam mit den Kommunen in demographischrobusten, regionalen Entwicklungskonzeptenintegriert werden, um Innovationen voranzu-treiben. Dazu bedarf es vermehrt interkommu-naler und intersektoraler Kooperation aufmehreren Ebenen. Die Länder können helfen,diese Kooperationen aufeinander abzustimmenund zu lenken.

3. Ressortübergreifende Gesamtkonzeptesind notwendigDa der demographische Wandel nahezu alleLebensbereiche vor Ort betrifft, ist es notwen-dig, für seine Gestaltung eine Gesamtstrategiezu erarbeiten, an der möglichst viele Akteureund Ressorts mitarbeiten. Von den Kommunal-politikern verlangt dies ein Umdenken von derkurzfristig an Wahlperioden orientierten hin zueiner langfristigen Planung. Von der Verwaltungerfordert es die Bereitschaft zur intensiven, res-sortübergreifenden Zusammenarbeit.

Verschärft durch die Gesamtentwicklung der öf-fentlichen Haushalte können die Herausforde-

rungen des demographischen Wandels aufkeinen Fall mit pauschalen Handlungskonzeptenund einheitlichen Standards bewältigt werden.Dies verlangt auch eine kluge Interpretation derEinheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutsch-land, wie sie das Grundgesetz in Artikel 106 vor-sieht. Eine technokratische Interpretation inForm einheitlicher Versorgungsstandards ist aufjeden Fall weniger robust als die ordnungspoli-tischen Rahmenbedingungen für die Bürger insZentrum der Aufmerksamkeit zu stellen.

4. Die Vielfalt der Handlungsfelder erfordertharte PriorisierungAngesichts mangelnder Finanzen und der Kom-plexität des Themas muss vor Ort entschiedenwerden, für welche Handlungsfelder Lösungs-konzepte erarbeitet werden sollen. Dabei kannder Westen in entscheidendem Maße von denErfahrungen der ostdeutschen Kommunen lernen.

An die Stelle politischer Wunschlisten maximalerBeliebigkeit und minimaler Umsetzbarkeit musseine klare Priorisierung und zeitliche Sequen-zierung von präzise definierten Maßnahmentreten. Ein positives Leitbild erlaubt hierbei einekonstruktive Bewältigung der notwendigen Auf-gabenkritik.

5.Führung ist die kritische RessourceWenn die Handelnden auf kommunaler Ebeneden demographischen Wandel und damit ihreeigene Zukunftsfähigkeit und unsere Lebens-qualität im Wettbewerb der Kommunen aktivgestalten wollen, müssen sie schon heute damitbeginnen. Dazu bedarf es starker Führung. Diesemuss zunächst die Bevölkerung in die Entwick-lung eines positiven und realistischen Leitbildeseinbeziehen, welches die individuelle Zielidenti-tät der Region beschreibt. Sie muss dann ein ef-

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fektives Controlling des Fortschritts bei denMaßnahmen zur Erreichung des Leitbildes auf-setzen. Schließlich muss sie kontinuierlich dif-ferenzierte Handlungskonzepte vorantreiben.

Dazu gehört der Mut, die Freiheitsgrade der kom-munalen Selbstverwaltung weit auszunutzen hinzu ressort- und kommunenübergreifender Ko-operation. Außerdem bedarf es großer Ausdauerund permanenter Wiederholung der zentralenBotschaften, da gerade im Kontext von Sanie-rung und Konsolidierung die Führung denBürgern und den Mitarbeitern der Verwaltungimmer wieder die Zusammenhänge, Ursachenund Handlungsmöglichkeiten erklären undihnen Orientierung geben muss.

Die Anforderungen an die Führung bzw. Füh-rungspersönlichkeiten wachsen im Sanierungs-kontext qualitativ und quantitativ. Entsprechendmüssen Personalentscheidungen und die Kom-petenzen, den Veränderungsprozess zu mana-gen, ausgerichtet werden – ein häufig unter-schätzter Aspekt. Hierin liegen Chance und Not-wendigkeit zugleich.

DR. MEIER

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10 PROF. DR. MÜLLER

Der demographische Wandel …In Europa sehen sich viele Kommunen undRegionen bereits heute, insbesondere aber inden kommenden Jahrzehnten vor Problemeeiner demographischen Schrumpfung gestellt.Nach Schätzungen der Europäischen Kommis-sion ist bis zum Jahr 2025 mit einem Bevölke-rungsrückgang in fast der Hälfte aller NUTS-2-Regionen zu rechnen. Betroffen sind nahezu alleMitgliedsstaaten und dort insbesondere dieGebiete mit (teilweise erheblichen) Entwick-lungsproblemen. Ein Grund für diese Entwick-lung liegt in der so genannten „zweitendemographischen Transformation“, die gekenn-zeichnet ist durch ein rasches Abfallen der mitt-leren Geburtenzahl je Frau. Während die „TotaleFruchtbarkeitsrate“ (TFR) in Europa in den1950er Jahren noch bei 2,6 Kindern lag, sank sieim Jahr 2003 auf einen Durchschnittswert von1,4. Dieser liegt weit unter dem Reproduktions-niveau der Bevölkerung und ist kurzfristig nichtzu beeinflussen.

Was für Europa zutrifft, gilt für Deutschland inbesonderem Maße: Bereits seit mehreren Jahr-zehnten sind viele Gebiete von demographischerSchrumpfung betroffen. Und die negativen Be-völkerungstrends haben sich in den letzten Jah-ren räumlich erheblich ausgeweitet. Inzwischensind nicht nur große Gebiete Ostdeutschlands,sondern auch in den westdeutschen Bundeslän-

dern betroffen, z. B. Nordhessen, Südnieder-sachsen, Nordost-Bayern, Saarland sowie Teilevon Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.Dabei ist wiederum nicht in erster Linie die Mi-gration, sondern die natürliche Bevölkerungs-entwicklung der entscheidende Faktor, der zuinsgesamt negativen Salden der Bevölkerungs-entwicklung führt.

Eine stagnierende oder negative demogra-phische Entwicklung hinterlässt einschneidendeSpuren in nahezu allen gesellschafts- und raum-entwicklungspolitisch relevanten Handlungsfel-dern. Dies trifft für die sozialen Sicherungssys-teme, für die Wirtschaft und den Arbeitsmarktsowie für die öffentlichen Finanzen ebenso zuwie für die Bereiche der wirtschaftsnahen Infra-struktur, der Versorgung der Bevölkerung mitöffentlichen und privaten Gütern und dieEntwicklung von Natur und Landschaft. Der de-mographische Wandel ist damit ein Thema vonweit reichender Relevanz für Politik, Wirtschaftund Gesellschaft.

Kommunen und Regionen sind davon in hohemMaße betroffen, denn sie stehen im Brennpunktder öffentlichen Daseinsvorsorge und deszivilgesellschaftlichen Engagements. Durch dendemographischen Wandel bedingt, gehen dieBedarfe in vielen Bereichen zurück, in einigenverändern sie sich strukturell, in anderen

Zukunftsorientierte Stadt-und RegionalentwicklungProf. Dr. Bernhard Müller, IÖR Dresden

Der demographische Wandel in Deutschland mit der rapiden Zunahme von „Schrumpfungsräumen“ in Ost und West hateinschneidende Konsequenzen für Kommunen und Regionen: Die Steuerung der Flächennutzung steht vor neuenRahmenbedingungen, Wohnungsmärkte verändern sich, Mobilität und Infrastruktur unterliegen einem tief greifendenWandel, die technische Ver- und Entsorgung ist immer schwieriger auf dem heutigen Niveau aufrecht zu erhalten. Diedamit verbundenen Probleme sind nur dann zu bewältigen, wenn die kommunalen und regionalen Akteure frühzeitigumdenken, in übergreifenden Kategorien denken und im regionalen Kontext handeln. Es gilt, Anpassungsstrategien zuentwickeln und einen öffentlichen Dialog über die Probleme, aber auch über die Chancen der Schrumpfung zu führen.

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11PROF. DR. MÜLLER

wiederum erweitern sie sich. Gleichzeitig kommtes zu engeren Handlungsspielräumen in Politikund Verwaltung, denn die mit der demographi-schen Schrumpfung verbundenen negativenAuswirkungen auf die ohnehin knappen finan-ziellen Ressourcen von Kommunen schränkenderen Bewegungsspielräume erheblich ein.

Abb. 1: Wachstums- und Schrumpfungs-gebiete in Deutschland (1999–2002)

Die Siedlungsentwicklung hat für Kommunenund Regionen eine besondere Bedeutung. DasProblem besteht darin, dass Siedlungen und diesie verbindenden bzw. die von ihnen vorgehalte-nen Infrastrukturen aus langlebigen Anlagen

bestehen, deren Nutzung sich zwar beidemographischen Schrumpfungsprozessenverändert, die selbst jedoch ein erheblichesBeharrungsvermögen besitzen: Siedlungen undInfrastrukturen schrumpfen nicht mit, es seidenn, sie werden umgebaut, zurückgebaut oderabgerissen.

… und seine Konsequenzen …Welche Folgen hat der demographische Wandelfür Städte und Gemeinden, wie wirkt sich diedemographische Schrumpfung auf die Regional-entwicklung in Deutschland aus? Die Herausfor-derungen lassen sich an den folgenden Beispie-len verdeutlichen.

Erstes Beispiel:Flächenverbrauch und SuburbanisierungBegleiterscheinung der demographischenSchrumpfung, aber auch der Wirtschaftsent-wicklung in Schrumpfungsregionen ist ein zu-rückgehender Flächenverbrauch für Siedlungs-und Verkehrszwecke. Dennoch ist die allgemeineGleichung „Rückgang der Bevölkerung = Rück-gang des Flächenverbrauchs“ falsch, denn dieNeuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungund Verkehr wird weiter anhalten. Die Ursachendafür liegen nicht in erster Linie auf Seiten derNachfrage von privaten Haushalten, Unter-nehmen und der öffentlichen Hand. Entschei-dender ist das Angebotsverhalten der Kom-munen auf den Baulandmärkten. Für vieleStädte und Gemeinden dürfte die anhaltendhohe Bereitschaft, neue Flächen für Siedlungs-entwicklung bereitzustellen, anstatt sich – imregionalen Konsens – auf Innenentwicklung zukonzentrieren, in einen ruinösen Wettbewerbführen.

Quelle: Müller et al. (2004)

0 bis 3 %

-3 bis 0 %

unter -3 %

über 3 %

Bevölkerungsentwicklung

Teil_1 09.11.2004 7:15 Uhr Seite 9

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12 PROF. DR. MÜLLER

Dies gilt insbesondere angesichts neuererEntwicklungstrends im Umland von Städten.Großstädte werden attraktiver. Ihre Wachstums-raten verzeichnen zum Beispiel in vielen Regio-nen Ostdeutschlands seit Ende der 1990er Jahrewieder einen deutlichen Anstieg. Das Tal derstarken, vor allem suburbanisierungsbedingtenNegativentwicklungen der 1990er Jahre scheintdamit erst einmal überwunden zu sein. Auch dieBereitstellung von billigem Bauland in Umland-kommunen ändert nichts daran, dass die Attrak-tivität der suburbanen Kommunen deutlichnachgelassen hat. Die geringen Wiederverkaufs-werte bzw. die allgemeinen Wertverluste derImmobilien in diesen Gebieten schränken dieBereitschaft der Bevölkerung ein, ins Umland derStädte zu ziehen, verringern aber gleichzeitig auchdie Flexibilität der „Stadtflüchtlinge“ der 1990erJahre zu einer Rückwanderung in die Kernstadt.

Zweites Beispiel: WohnenWeniger Menschen benötigen wenigerWohnungen und Wohnfolgeinfrastrukturen. Aufdem Wohnungsmarkt ist bei demographischerSchrumpfung – auch bei Berücksichtigung be-darfssteigernder Entwicklungen (z. B. durch Haus-haltsverkleinerung) – von tendenziell rückläufi-gen Bedarfen auszugehen. Auf den Wohnungs-märkten ist weiterhin mit Leerständen zu rech-nen. Die bisherigen Anstrengungen – etwa imRahmen der Stadtumbauprogramme – werdenkaum ausreichen, um die Leerstandsquoten ver-träglich zu gestalten.

Mittel- bis langfristig ist bei Kinderkrippen,Kindergärten und Schulen mit einem Bedarfs-rückgang zu rechnen, teilweise ist dieser – mandenke an die öffentlichen Diskussionen umSchulschließungen in vielen ostdeutschen Städ-

Quelle: Müller et al. (2004)

Kernstadt Engerer suburbaner Raum Weiterer suburbaner Raum Ländlicher Raum

1,0

0,5

0,01991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

-0,5

-1,0

-1,5

-2,0

-2,5

Abb. 2: Jährliche Bevölkerungsveränderung in Sachsen nach Gebietstypen (1991–2002)

jährlicheBevölkerungs-

veränderung in %

Teil_1 09.11.2004 17:32 Uhr Seite 10

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13PROF. DR. MÜLLER

ten – bereits heute fassbar. Entsprechend demWandel der Altersstruktur verändert sich auchdie Nachfrage an den Wohnungsmärkten. DasPotenzial an Ersthaushaltsgründungen (20- bis30-Jährige) und an Eigentumserwerbern (30- bis45-Jährige) wird in den kommenden Dekadenstark zurückgehen. Betreutes Wohnen wirddemgegenüber erheblich an Bedeutung gewin-nen, da die Zahl der über 75-Jährigen weit überdem heutigen Stand liegen wird.

Drittes Beispiel: Mobilität und VerkehrEine Umwelt schonende Mobilität gehört zu denKernelementen nachhaltiger Siedlungs- undRaumentwicklung. Dafür steht insbesondere deröffentliche Personenverkehr. Hier ergeben sichviele Fragen: Wie wird sich ein Rückgang imSchülerverkehr aufgrund geringerer Schülerzah-len auf das öffentliche Personenverkehrssystemauswirken? Werden ältere Menschen in beson-derer Weise auf den öffentlichen Personenver-

kehr angewiesen sein oder den Individualver-kehr bevorzugen? Wie kann ein Streckennetzfinanziert werden, bei dem mit einer geringerenAuslastung und mit einer geringeren Rentabili-tät einzelner Strecken zu rechnen ist?

Experten empfehlen eine verstärkte verkehrs-trägerübergreifende Integration der Mobilitäts-und Verkehrsplanung, eine verbesserte Integra-tion von Verkehrsentwicklungsplanung undRaumordnung, die Förderung der Nutzung vonSiedlungs- und Standortpotenzialen an hoch-wertig erschlossenen Verkehrsknoten und anAchsen leistungsfähiger schienengebundenerVerkehrsmittel, die Nutzung siedlungsintegrierterEntwicklungspotenziale auf Brachflächen mithohen multimodalen Erschließungsqualitäten,die Entwicklung nachfragegerechter differen-zierter Bedienungsformen im öffentlichen Perso-nenverkehr und im motorisierten Individualver-kehr sowie die Förderung entsprechender Pilot-maßnahmen.

Viertes Beispiel:Technische Ver- und EntsorgungIm Bereich der technischen Ver- und Entsorgungsind die zu erwartenden und teilweise bereitsheute spürbaren Probleme noch gravierender,denn die Bevölkerungsentwicklung führt zueiner passiven Entdichtung, die auch mit Stadt-umbaumaßnahmen nicht aufzuhalten ist undmit negativen infrastrukturellen Folgen verbun-den sein wird. Die Kapazitätsbedarfe gehen indemographischen Schrumpfungsgebieten in we-sentlich stärkerem Maße zurück als dies auf-grund des veränderten Verbraucherverhaltens(z. B. beim Wasserverbrauch) und effizienterertechnischer Lösungen (z. B. bei Energie und Fern-wärmeversorgung) bereits ohnehin der Fall ist.Da die langlebigen Systeme der Ver- und Ent-

Quelle: Müller et al. (2004)

90 2000 2010 2020 2030

Ersthaushaltsgründungen Eigentumserwerb betreutes Wohnen

Abb. 3: Demographisches Potenzial wichtiger Nachfrage-gruppen am Wohnungsmarkt in Sachsen (2000–2030)

Teil_1 09.11.2004 7:16 Uhr Seite 11

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14 PROF. DR. MÜLLER

sorgung kaum an die demographische Entwick-lung anzupassen sind, entstehen höhere Pro-Kopf-Aufwendungen. Diese erhöhen sich durchzusätzliche Aufwendungen für die Aufrechter-haltung der technischen Funktionsfähigkeit derVer- und Entsorgungssysteme und die Kostenvon Umbaumaßnahmen. Die Gebührenbelas-tung wird bei sinkender Siedlungsdichte spürbarzunehmen, da die nicht reduzierbaren Fixkostenauf eine geringere Anzahl von Infrastrukturnut-zern umgelegt werden müssen. Das heißt: Im-mer weniger Einwohner müssen für zunehmendüberdimensionierte Netze bezahlen.

Außerdem ist zu erwarten, dass das hohe Niveauder derzeitigen Versorgungssicherheit und -quali-tät aufgrund des demographischen Wandels undder abnehmenden Siedlungsdichte zukünftiginfrage gestellt werden muss: Ein Festhalten anhöchsten Versorgungsqualitäten in Räumen mitgeringer Dichte wird langfristig zu einer finan-ziell nicht mehr tragbaren Situation führen.

Auch hier sind wegweisende Ideen gefragt: Vor-schläge gehen in die Richtung, in höherem Ma-ße und früher als bisher – und auch über die be-kannte Faustformel hinaus, dass Flächenabrissmöglichst „von außen nach innen“(siehe Bei-trag Hoyerswerda, S. 50) d. h. vom Netzende hererfolgen sollte – versorgungswirtschaftlicheÜberlegungen bei der Erstellung und Fortschrei-bung von Stadtumbaukonzepten zu berück-sichtigen. Stadttechnische Entwicklungskon-zepte könnten in Verbindung mit Stadtentwick-lungskonzepten zur nachfrageorientierten Steue-rung von Ver- und Entsorgungssystemen beitra-gen. In sich entleerenden ländlichen Räumen istin jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit und inwelchem Umfang Sanierungen und Neuan-schlüsse tragbar sind, wenn die Altersstruktur

der Bevölkerung eine starke Schrumpfung er-warten lässt. Weitere Überlegungen reichen vonder stärkeren Förderung autarker dezentralerVer- und Entsorgungslösungen bis hin zu alterna-tiven Tarifmodellen.

… erfordern neue Handlungs-formen in Politik und Verwaltung

Aus dem Blickwinkel einer nachhaltigen Ent-wicklung stellt sich die Frage, ob und unter wel-chen Bedingungen zukünftigen Generationenzugemutet werden kann, erhöhte Pro-Kopf-Aufwendungen zu tragen, z. B. für ineffizienteSiedlungs- und Infrastrukturen, die heute ge-schaffen werden, aber bei zurückgehender Be-völkerung nur noch mit erheblichen Mehrkostenaufrecht erhalten werden können. GezielterRückbau der Bebauung und der dazu gehörigenInfrastruktur werden daher Schlagworte sein,denen sich Raumplanung und Städtebau zukün-ftig in Ost- und Westdeutschland immer häufigerzu stellen haben.

Kommunale Entwicklungsplanung sowie Landes-und Regionalplanung sind in der Praxis jedochnoch nicht ausreichend auf Schrumpfungspro-zesse vorbereitet. Hier gilt es grundsätzlich um-zudenken: Die aktuellen Entwicklungstendenzenlegen es nahe, dass neben das traditionell wachs-tumsorientierte Planungsparadigma in Raum-ordnung und Städtebau zukünftig ein „Paradig-ma der Schrumpfung“ treten muss. Die wachs-tumsorientierte „Verteilung“ von Zuwächsen,die vorwiegend auf Neuausweisungen und Neu-bau orientierten Instrumente und die ordnungs-orientierte Steuerung der Flächennutzung undbaulichen Entwicklung allein werden nicht mehrausreichen, um wirksame Antworten für die Her-ausforderungen der Schrumpfung zu finden.

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Planungsansätze sind stärker in Richtung auf ein„Schrumpfungsparadigma“ hin zu orientieren,das auf Bestandsentwicklung, Stabilisierung, Re-vitalisierung und qualitative Entwicklung sowiedie Wiedernutzung von Flächen und Gebäudensetzt, Planung als Management von Prozessender Schrumpfung versteht, strategische Planungund integrierte Konzepte nutzt und über inter-kommunale Kooperation, Ausgleichsregelungen,Mehrebenenkooperation sowie intersektoraleKoordination zu steuern versucht.

Dabei gewinnt die Region als Handlungsebenean Bedeutung. Da Schrumpfungsprozesse nichtallein auf kommunaler Ebene bewältigt werdenkönnen, ist es nicht nur nahe liegend, sondernunter den gegebenen Rahmenbedingungenauch stärker als bisher geboten, funktional engverflochtene Räume aus planerischer Sicht alseine Einheit aufzufassen. Stehen Umbau undRückbau auf der Tagesordnung von Kommunen,dann gilt es, Anpassungskonzepte im regionalenVerbund zu entwickeln und umzusetzen.

wachstumsorientierte Planung schrumpfungsorientierte Planung

Wachstum steht im Vordergrund, räumliche Planung Umbau steht im Vordergrund, kosteneffizienteals „Verteilung“ von quantitativen Zuwächsen Bestandsentwicklung, Stabilisierung, Revitalisierung,(Siedlungs- und Verkehrsfläche, Einwohner, qualitative Entwicklung (Wohnumfeld, Infrastruktur,Arbeitsplätze etc.) Verkehr etc.)

vorwiegend auf Neuerschließung von Flächen und Bedeutung von Brachflächen, Wiedernutzung vonNeubau ausgerichtete baurechtliche und raumpla- Flächen und Gebäuden, differenzierter Rückbau,nerische Instrumente; Infrastrukturentwicklung als Anpassung von Infrastruktur an veränderte BedarfeVorleistung und Anreiz für Investitionen

zuwachsorientierte Steuerung (Flächennutzung Initiierung und Organisation von Rückbau, Sanierungund bauliche Entwicklung) und Entwicklung bei knapperen finanziellen Ressourcen

Planung als Grundlage zur Verteilung von Zu- Planung als Management von Prozessen der wächsen, Trennung von Raumfunktionen (Wohnen, Schrumpfung, kleinteilige funktionale DurchmischungArbeiten etc.)

ordnungsorientierte Steuerung der Flächennutzung strategische Planung und integrierte Konzepte, Folgen-und baulichen Entwicklung, Ausweisungen von Sied- abschätzungen, Berücksichtigung des Lebenszykluslungsflächen, Schutz von Freiflächen von Einrichtungen und der demographischen Verände-

rungen, Modellprojekte, Nutzungsoptionen, Aktivierung,vertragliche Regelungen, Effizienz

interkommunaler Wettbewerb (Einwohner, Betriebe interkommunale Kooperation, Ausgleichsregelungen,etc.), sektorale Anreize, intersektorale Rahmen- Mehrebenenkooperation, intersektorale Koordinationsteuerung

Quelle: Müller, Siedentop (2004)

Kennzeichen einer wachstums- und einer schrumpfungsorientiertenPlanung

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KontaktProf. Dr. Bernhard Müller

Leibniz-Institut für ökologische

Raumentwicklung e.V. (IÖR)

Dresden

Telefon:

03 51 . 4 67 92 11

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.ioer.de

16 PROF. DR. MÜLLER

Die Region gewinnt dabei insbesondere als räumliche Plattformfür eine effizienzorientierte Anpassung von Siedlungsstrukturen anBedeutung. Wenn mehrere Kommunen gleichzeitig vor der Frageder Schließung von Schulen oder einem Rückbau von technischerInfrastruktur stehen, dann ist es im Sinne des „Überlebens“ vonEinrichtungen bzw. einer langfristigen und bedarfsorientiertenAufrechterhaltung öffentlicher Dienstleistungen angebracht, Pro-bleme nicht nur auf der Ebene jeder einzelnen Kommune zu bear-beiten, sondern nach regionalen Potenzialen der Problemlösung zusuchen. Gleiches gilt für den Wohnungsbau und eine Vielzahlanderer Bereiche. Dass solche Anpassungsstrategien regionaleAusgleichsmechanismen erfordern und auf die Zusammenarbeitvon öffentlichen Stellen, Privaten und zivilgesellschaftlichen Grup-pen angewiesen sind, versteht sich von selbst.

Bei alldem darf aber nicht vergessen werden, dass Schrumpfungs-prozesse auch Chancen bieten: Chancen der Erneuerung und Mo-dernisierung (z. B. Wettbewerb, städtebauliche Erneuerung), derQualitätsverbesserung (z. B. Wohnumfeld, Freiraumqualität, natur-nahe Landschaften, Naherholung, individuelle Zeitregime) sowiehinsichtlich der Mobilisierung endogener Potenziale von Regionen(z. B. neue Wirtschaftszweige und Initiativen).

Diese Chancen können jedoch nur genutzt werden, wenn dieAkteure im politischen Raum die mit der demographischenEntwicklung verbundenen Probleme offen thematisieren, ihrekleinteiligen Auswirkungen kennen und berücksichtigen sowieregional differenziert nach Möglichkeiten suchen, die Probleme ineiner effizienten Art und Weise zu bewältigen.

Ein umfassender gesellschaftlicher Dialog über Fragen derGleichwertigkeit, der Prioritätensetzung und der Zumutbarkeit vonEntwicklungen ist notwendig. Ihn anzupacken und mutigeKonzepte zur Gestaltung des Umbruchs unter Zugrundelegungdemographischer Entwicklungen zu erarbeiten, ist eine aktuelleHerausforderung.

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Segregierte Armut in denStädten – Strategien sozialintegrativer lokaler PolitikProf. Dr. Klaus Peter Strohmeier, Ruhr-Universität Bochum

Segregation ist städtisch, und es hat sie immergegeben. Neu ist jedoch die zunehmende Korre-lation ihrer unterschiedlichen Dimensionen. Inden Stadtteilen, wo heute die meisten „Auslän-der“ leben, leben auch die meisten armen „In-länder“, und dort gibt es mittlerweile auch diemeisten Kinder.

Der Suburbanisierungsprozess der letzten dreiJahrzehnte hat zu einer regionalen Umvertei-lung der Bevölkerung nach Lebenslagen (Armund Reich) und nach Lebensformen (Menschenmit bzw. ohne Kinder) geführt. Das Umland derGroßstädte ist zur Familienzone der mobilenMittelschichten geworden, aus den Kernstädtendagegen ist die Familie mit Kindern weitgehendverschwunden. Im Umland ist der Kinderanteildeutlich höher als in den Städten, die Bevölke-rung wächst infolge von Wanderungsgewinnen.

Die meisten Haushalte in den Kernstädten sindheute kleine Nichtfamilienhaushalte. Die hierverbliebenen Familienhaushalte sind vielfachallein erziehende Mütter und (kinderreiche)nicht deutsche Familien. Die meisten findet mankonzentriert in den euphemistisch „Stadtteilemit besonderem Entwicklungsbedarf“ genanntenArmutsinseln der inneren Stadt und in den Groß-siedlungen des sozialen Wohnungsbaus. Überallin Europa ist in diesen armen Vierteln zu beob-

achten, dass die traditionellen informellen Soli-darpotenziale infolge anhaltender bzw. steigen-der Arbeitslosigkeit, materieller Not und sozialerAusgrenzung verschwinden (Dubet und Lapey-ronnie 1994).

Armut in Deutschland ist heute vor allem dieArmut der Kinder, der Jugendlichen, der jungenFrauen und der Familien. Dabei geht es in denseltensten Fällen um absolute Armut, bei der dasExistenzminimum nicht mehr gewährleistet wäre,sondern um „relative Armut“. Sie stellt ein Maßan sozialer Ungleichheit bzw. Benachteiligungdar, das als ungerecht oder inakzeptabel ange-sehen wird und durch eine gesellschaftliche Be-wertung definiert ist.

Als Indikator für Unterversorgung und sozialeBenachteiligung kann die Einkommensarmutgelten. Als „arm“ bezeichnen wir jemanden, derweniger als die Hälfte des „bedarfsgewichteten“durchschnittlichen Nettoeinkommens für sich zurVerfügung hat. Anhand dieses Kriteriums kön-nen wir z. B. für Nordrhein-Westfalen feststellen:Das Armutsrisiko der weiblichen Bevölkerung isthöher als das der männlichen. Das höchste Ar-mutsrisiko haben Kinder, und es gilt: Je jüngerdie Kinder sind, desto höher der Anteil der Armen.40 Prozent der Bevölkerung, die in Armut lebt,sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

Der demographische Wandel verstärkt soziale SegregationAktuelle Szenarien der Bevölkerungsentwicklung prognostizieren für die Bundesrepublik einen Rückgang vor allem inden Städten, eine rasche Zunahme des Anteils der alten Menschen und eine ebenso schnelle Verringerung des Anteilsvon Kindern und Jugendlichen (Statistisches Bundesamt 2003). Damit setzt sich eine mit der Suburbanisierung seit den1970er Jahren begonnene Entwicklung fort. In den schrumpfenden Städten beobachten wir eine zunehmende Polari-sierung von Lebensbedingungen, Lebenslagen und Lebensformen, ablesbar an einem Anwachsen der sozialen, ethni-schen und demographischen Segregation.

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Eine weitere Art der Armutsmessung geht vomSozialhilfebezug aus. Im Ruhrgebiet z. B. lebenknapp zwei Drittel der Sozialhilfebeziehenden inFamilien, davon der größere Teil in Familienallein erziehender Mütter. In den ländlichenRäumen ist die Sozialhilfedichte wesentlichgeringer als in den Großstädten: Im Kreis Klevebezieht jedes 60. Kind unter sieben JahrenSozialhilfe, in der Stadt Essen jedes sechste, inder Essener Innenstadt jedes dritte.

Arme Kinder leben in armen Familien. Jeweniger Kinder in einer Stadt (bzw. einem Kreis)leben, desto mehr davon sind arm. In der StadtEssen, die mit Bochum in NRW den geringstenAnteil von Kindern an der Bevölkerung hat,leben die meisten Kinder in den innenstadtna-hen Wohngebieten im armen Norden, im Alt-baubestand ehemaliger Werkssiedlungen und inGroßsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus;dort sind auch die Armutsquoten der Kinder diehöchsten (Strohmeier und Kersting 2003). Indiesen Stadtteilen treten mehrere Merkmale so-zialer Benachteiligung kumuliert auf. Die Stadt-teile mit den höchsten Anteilen von Kindern(und Familien) an der Bevölkerung sind zugleichjene mit besonders hohen Armutsquoten, hoherArbeitslosigkeit, hohen Anteilen von Alleinerzie-henden und besonders vielen Aussiedlern undAusländern. Einige dieser Stadtteile sind zugleichdie mit der höchsten Gewaltkriminalität.

Wir finden hier die niedrigsten Niveaus lokalerIntegration und Identifikation der Bevölkerungmit ihrer Stadt und dem Stadtteil, erkennbardaran, dass bei Kommunalwahlen zwei Drittelder Wahlberechtigten nicht wählen. Im Zusam-menhang damit steht eine relativ hohe Mobilitätbzw. Fluktuation bei schrumpfender Bevölke-rungszahl. In den ärmsten Stadtteilen wirdinfolge von Zu- und Fortzügen rein rechnerischdie Bevölkerung alle drei bis fünf Jahre einmalkomplett ausgetauscht. Die „Unterschicht derDienstleistungsgesellschaft“ (Dubet und Lapey-ronnie 1994) lebt heute in prekären ökonomi-schen Verhältnissen, ohne die traditionellenSolidaritäten, sozial isoliert und sozialräumlichsegregiert, ohne lokale Identifikation, in Stadt-teilen, deren „soziale Bandbreite“, das sozialeÄhnlichkeitsprofil, allein durch die Einkommens-armut der Bewohner bestimmt wird. Armutallein aber stiftet keine sozialen Beziehungenund schon gar keine Solidarität (Strohmeier1983).

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Segregation gefährdet das Human-vermögen der Stadtgesellschaft

Jede Gesellschaft ist darauf angewiesen, dassihre nachwachsende Generation mit denwichtigsten Daseins- und Sozialkompetenzenund Motiven („Humanvermögen“) ausgestattetwird, um diese Gesellschaft einmal fortzusetzen.Die Sachverständigen des Fünften Familien-berichts der Bundesregierung (1994) haben –vergeblich – eine neue Familienorientierung vonPolitik, Wirtschaft und Gesellschaft gegen die„strukturelle Rücksichtslosigkeit“ der Gesell-schaft und das Schwinden der LebensformFamilie gefordert.

Nachteile des Lebens mit Kindern in einer „indi-vidualisierten“ Gesellschaft erfahren Familien inder Gemeinde und im Stadtteil. Die gesellschafts-politische Frage nach der Zukunft des „Human-vermögens“ stellt sich deshalb als eine Heraus-forderung der lokalen Politik. In Familien alleinerziehender Mütter lebt mehr als die Hälfte allersozialhilfeabhängigen Kinder unter 16 Jahren.Allein erziehende Sozialhilfeempfängerinnenkönnen vielfach nicht an beruflichen Qualifizie-rungsmaßnahmen teilnehmen, weil das Problemder Kinderbetreuung nicht gelöst ist.

Kinder, die in Armutsstadtteilen aufwachsen,erfahren eine abweichende gesellschaftlicheNormalität: Arbeitslosigkeit, soziale Ausgren-zung, Apathie, gesundheitliche Beeinträchti-gungen, Familien ohne Vater, Arbeitslosengeldoder Sozialhilfe als Regeleinkommen. Die „natür-liche“ Einstellung der Menschen zur Welt sindunter diesen Voraussetzungen Misstrauen undein geringes Selbstwertgefühl; Rückzug undApathie bzw. „Gestaltungspessimismus“ sindunter diesen Bedingungen eine durchaus „ratio-nale“, also vernünftige und nachvollziehbareHaltung.

Die Mehrheit der Kinder in den großen Städtenwird künftig unter solchen Voraussetzungenaufwachsen. Sie haben kaum eine Chance, dieNützlichkeit jener Kompetenzen, die das„Humanvermögen“ ausmachen – Solidarität,Empathie, Vertrauensfähigkeit und Vertrauens-würdigkeit – zu erfahren, die als das Ergebniseiner erfolgreichen Sozialisation in einem par-tizipationsfreundlichen Umfeld die „Grundaus-bildung“ für erfolgreiches Handeln in allen ge-sellschaftlichen Bereichen und für sozialeZugehörigkeit darstellen. Dieses „kulturelle“Kapital und das „soziale Kapital“ hilfreicher so-zialer Beziehungen sind der entscheidendeStartvorteil von Kindern aus den bürgerlichenMittelschichten.

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Handlungsansätze zur Stabili-sierung gefährdeter Stadtteile

Was ist zu tun? Gefragt ist zum einen eine„Bildungsoffensive“. Unter den jungen Erwach-senen in der Sozialhilfe haben zwei Drittel keineBerufsausbildung, ein Viertel hat keinenSchulabschluss. Solange dreimal so viel nichtdeutsche wie deutsche Kinder die Schule ohneAbschluss verlassen, gilt: die besten Schulen undbesonders motivierte Lehrer in die armen Vier-tel! Auch eine Beschäftigungsoffensive ist nötig,denn Arbeit ist in unserer Gesellschaft der zen-trale Integrationsmechanismus. Hier geht es umInvestitionen in die nachwachsende Generation.Wo es keinen ersten Arbeitsmarkt gibt, machtdie Rede vom zweiten keinen Sinn.

Isolation, resignative Apathie und Gestaltungs-pessimismus in den armen Vierten sollen in denaktuellen Programmen zur „sozialen Stadt“durch „Bürgerbeteiligung“ bekämpft werden.Mit welchen Handlungsansätzen aber ist esmöglich, sozial ausgegrenzte und (deshalb) re-signativ apathische Bevölkerungsgruppen in die„Ortsgesellschaft“ zurückzuholen? Der Wegführt über die Initiierung und Unterstützung ele-mentarer Formen der sozialen Integration vonBewohnern in benachteiligten Lebenslagen insoziale (z. B. nachbarschaftliche) Netzwerke, wosie sich als anerkannt und dazugehörig erfahren.Bürger, die dazugehören, nehmen am sozialenund politischen Geschehen in der GemeindeAnteil.

Viele lokale Projekte versuchen derzeit, armeStadtteile zu revitalisieren und sozial ausge-grenzte Bevölkerungsgruppen zu integrieren.Bundesweit sind diese Projekte versammelt imProgramm „Stadtteile mit besonderem Entwick-

lungsbedarf – Soziale Stadt“. Das Programmrichtet sich vor allem auf die Wohngebiete derstädtischen Unterschichten im Ballungsraum. Eskann nicht die Ursachen des Niedergangs – De-industrialisierung und Arbeitslosigkeit – bekämp-fen, aber an deren Folgen arbeiten. Angestrebtwerden die Partizipation und die soziale (Re)Inte-gration der Bürger.

Als Ergebnis dieser Bürgerbeteiligung erhoffendie Initiatoren sich die Entstehung selbst helfen-der Strukturen und sozialer Vernetzungen imStadtteil. Charakteristische Elemente der Hand-lungsansätze sind die Beteiligung der Bewohneran planerischen Entscheidungen sowie an derBeseitigung von infrastrukturellen Mängeln undsozialen Problemen in ihrem unmittelbarenWohnumfeld. Bürgerbeteiligung ist das Ziel undzugleich das Mittel, mit dem dieses Ziel erreichtwerden soll. Gleichzeitig ist sie besondersschwierig: Weder die traditionellen noch dieneuen plebiszitären Formen der Bürgerbeteili-gung erreichen die Menschen in diesen benach-teiligten Stadtteilen.

Projekte im Armutsmilieu haben besonders mitApathie und Passivität, Resignation und Miss-trauen der Bewohner zu kämpfen. Hoffnungslo-sigkeit und Misstrauen basieren ja auf soliderErfahrung. Die „Inaktivität armer Leute“ beruhtauf bewussten Entscheidungen: Menschen en-gagieren sich in Projekten und Programmen,„wenn sie nach einem Vergleich der zu erwar-tenden Kosten und Nutzen von Handlungsalter-nativen zum Schluss kommen, dass das Engage-ment ausreichenden Gewinn verspricht. Dabeisteht auf der Kostenseite die nicht selten ausErfahrungen gewonnene Angst vor Misserfolgenund Sanktionen, die Einschätzung, dass die

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Aktion unmittelbar mit ihnen nichts zu tun habe;auf der Nutzenseite – oft ebenfalls erfahrungs-gestützt – der zu erwartende Erfolg, das Gefühlder Zugehörigkeit zu einer aktiven Gruppe, dieAnerkennung bedeutungsvoller Menschen“(Oelschlägel 1992).

Das soziale Klima in Armutsstadtteilen behindertdie Aktivierung der Bewohner in besonderemMaße. So kann soziale Kontrolle hemmendwirken; auch ist die Umwelt den meisten so ver-traut, dass sie sie als selbstverständlich hin-nehmen und kaum alternative Vorstellungenentwickeln. In dieser Lebenswelt haben sieRoutinen entwickelt, deren Störung Angst aus-löst. So sind Rückzug, Misstrauen und auch„Passivität“ durchaus rational. Entscheidend ist,ob und wie notorisch misstrauische Menschenmit dem nötigen Vertrauen ausgestattet werdenkönnen, das sie in die Lage versetzt, sich aufFormen der Partizipation einzulassen, die für sieauf den ersten Blick riskant und insgesamt we-nig nützlich erscheinen.

Bei Vertrauensbeziehungen ist in der Regel dermögliche Verlust im Fall enttäuschten Vertrauensviel höher als der Gewinn im Regelfall gerechtfer-tigten Vertrauens. Dennoch sind Vertrauensfä-higkeit und Vertrauenswürdigkeit die Kennzeichensozialer Integration in modernen Gesellschaftenebenso wie ein Ergebnis erfolgreicher Sozialisa-tionsprozesse. Für Menschen, die „dazugehö-ren“, ist es rational im Sinne von „vernünftig“,anderen zu vertrauen. Menschen, die vertrauen,erwarten nicht ernsthaft, dass sie verlieren oderenttäuscht werden. Vertrauensfähigkeit istunmittelbar verknüpft mit Selbstvertrauen.

Menschen, die unter Armutsbedingungen leben,verhalten sich am ehesten im Sinne des miss-trauisch Gewinn und Verlust abwägenden,rational kalkulierenden homo oeconomicus. Siewerden nur dann bereit sein, eine Vertrauenerfordernde soziale Beziehung einzugehen,wenn der erwartbare Nutzen deutlich größer istals der zu riskierende Verlust und wenn derErfolg kurzfristig absehbar ist (vgl. Hardin 1992).Solche Situationen sind in der sozialen Welt aberextrem selten. Habituell misstrauische Akteureüberschätzen notorisch ihr Verlustrisiko, wasdazu führt, dass sie nichts riskieren und sichzurückziehen. Wer prinzipiell misstraut, reduziertzwar für sich das Risiko von Enttäuschung undVerlust, kann aber auch nichts gewinnen.

Die Vertrauenden auf der einen und dieMisstrauischen auf der anderen Seite bleibenjeweils unter sich. Auch das ist ein Aspekt vonSegregation und sozialer Ausgrenzung. Ge-wohnheitsmäßig misstrauische Personen benöti-gen viele Erfolgserlebnisse, um ihre Vertrauens-fähigkeit, ihr Selbstvertrauen und ihre Partizipa-tionsbereitschaft zu steigern. Das dauert injedem Fall lange, was für die Langfristigkeitlokaler Projekte spricht. Die Programme der„sozialen Stadt“ enden hingegen in der Regelnach zehn Jahren.

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Sozial integrative Stadtteilpolitik:Entwicklung von Vertrauensbeziehungen imArmutsmilieu Die deutsche Sprache kennt nur einen Begriff fürVertrauen. Im Englischen gibt es größere Differen-zierungsmöglichkeiten: „Confidence“ und „Trust“.Confidence ist „Sozialvertrauen“, ist Zutrauen indie eigene soziale Kompetenz und in die der ande-ren. Es ist die Voraussetzung jedes sozialen Han-delns in einer komplexen Welt und schließt Selbst-vertrauen ein (vgl. Luhmann 1988). Sozialver-trauen basiert wiederum auf „Vertrautheit“, einerunvermeidlichen Begleiterscheinung des Lebensin Gemeinschaft. Sozial isolierten Menschen fehltdiese Vertrautheit. „Trust“ bezeichnet demgegen-über „Personvertrauen“, eine rationale Strategieder optimalen Ausnutzung von Chancen unter derVoraussetzung von Sozialvertrauen. Beide Be-griffe bedingen einander: Sozialvertrauen, das ausVertrautheit entsteht, ist die Voraussetzung vonPersonvertrauen. Letzteres ist dort rational, d. h.eine vernünftige Handlungsoption, wo Sozialver-trauen möglich ist. Vertrautheit wiederum ist einNebenprodukt von bestätigtem Personvertrauenund somit eine Frage der Lebenserfahrung. Vor-aussetzung und Ergebnis von Vertrauen ist sozialeOrdnung.

In riskanten Situationen, z. B. an fremden Orten,ist es (eine soziale Ordnung vorausgesetzt) durch-aus rational, blanko einem anderen Menschen zuvertrauen: Auf lange Sicht werden die Gewinnedes bestätigten Vertrauens die Verluste durch ent-täuschtes Vertrauen übersteigen. Vertrauen zuzeigen, ist also eine Investition rationaler Akteurein ihre soziale Umwelt (Gambetta 1988). Sie gibtdie Chance, dass Vertrautheit in sozialen Be-ziehungen entsteht, und aus dieser kann sich län-gerfristig Sozialvertrauen entwickeln – insgesamt

also ein sich selbst verstärkender Mechanismus.Was folgt daraus für die „soziale Stadt“? Esbraucht zunächst Zeit, bis die „Gestaltungspessi-misten“ ein Niveau der Vertrauensfähigkeit oderdes „Sozialvertrauens“ erreichen, das ihnen(wieder) die Teilnahme an Aktivitäten in der Orts-gesellschaft ermöglicht. Hier bieten nur solcheProjekte eine hinreichende Chance, die denMenschen einen unmittelbaren, kurzfristig er-wartbaren Nutzen bringen und das Risiko zu ver-lieren bzw. enttäuscht zu werden, gering halten.

Was die Bewohner motivieren kann, ergibt sichaus den von ihnen empfundenen Mängeln: EineSteigerung ihrer Identifikation mit dem Stadtteilerreicht man vor allem über ihre Beteiligung ander Verbesserung der individuellen wirtschaft-lichen Lage, der Wohnverhältnisse oder derWohnumfeldbedingungen (vgl. z. B. Tobias undBöttner 1992).

Bei geringem Risiko und relativ sicherem Nutzenvertrauen auch misstrauische und apathischeAkteure zunächst quasi blanko den am Projektbeteiligten Menschen. In diesen Beziehungenentsteht nebenbei Vertrautheit, aus der sich einegesteigerte, schon auf Erfahrung gegründeteBereitschaft ergibt, erneut Vertrauen zu inves-tieren. Bei wiederholt erfolgreicher Investitionentstehen allmählich soziale Netzwerke und So-zialvertrauen.

Offene Partizipationsangebote (z. B. Bürgerzen-tren, Stadtteilkonferenzen) bieten sozial nichtintegrierten Menschen keinen unmittelbarenund kurzfristigen Nutzen und werden deshalbvon ihnen kaum angenommen. Dieser „Mach-mit“- oder „Entscheide-mit“- Projekttyp hat nurein geringes Aktivierungspotenzial für gestal-

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tungspessimistische Akteure; denn er spricht inerster Linie sozial schon integrierte und mitSozial- und Selbstvertrauen ausgestattete Men-schen an.

Erfolg versprechender erscheinen dagegen sogenannte „Selbermacherprojekte“, z. B. Aktionen,in denen die Bewohner einer Hochhausanlage(wie in Hamburg-Kirchdorf-Süd geschehen)gemeinsam die Eingangsbereiche und die Flureihres Hauses umgestalten und renovieren, sowieArbeitsbeschaffungs- und Qualifizierungspro-jekte mit einem deutlichen Nachbarschaftsbe-zug: Die Bürger werden hier an der Produktionöffentlicher Güter beteiligt und gleichzeitig istfür sie ein persönlich-unmittelbarer, kurz-fristiger Nutzen ihrer Mitwirkung absehbar.Selbermacherprojekte vernetzen Menschen undsparen zugleich Kosten, weil Leistungen inEigenarbeit erbracht werden, die eigentlich Auf-gabe der Gemeinde oder der Wohnungsunter-nehmen sind. Sie sind auch für misstrauischeund desintegrierte Personen niedrig schwelligePartizipationsangebote, wenn Aufwand undNutzen kalkulierbar sind. Die zunächst eigen-nützig motivierte Beteiligung schafft zusätzlichsoziale Vernetzungen, selbst helfende Strukturenund Mechanismen sozialer Kontrolle sowieIdentifikation mit dem Viertel. Dies wiederumkann längerfristig weitere administrative Inter-vention im Stadtteil entbehrlich machen und istdaher auch wirksame Prävention.

Partizipation und „Selbermachen“ schaffen sowomöglich auch eine Voraussetzung weiterge-hender politischer Beteiligung in solchenStadtteilen, die wegen ihrer geringen Repräsen-tation in der lokalen Politik heute quasi „demo-kratiefreie Zonen“ darstellen.

Kontakt Prof. Dr. Klaus Peter Strohmeier

Ruhr-Universität Bochum,

Zentrum für interdisziplinäre

Ruhrgebietsforschung (ZEFIR)

Telefon:

02 34 . 3 22 87 06

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.ruhr-uni-bochum.de

www.sozialberichterstattung.de

www.familienberichterstattung.de

PROF. DR. STROHMEIER

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24 DR. REINERT

Es gibt allerdings auch andere, weniger eupho-rische Erfahrungen und Befunde: In der ebenfallsim Auftrag des Bundesministeriums für Familie,Senioren, Frauen und Jugend erstellten Zeitbud-getstudie wurde der Anteil ehrenamtlich tätigerErwachsener beispielsweise nur mit 18 Prozentermittelt (Bundesministerium für Familie, Senio-ren, Frauen und Jugend/Statistisches Bundesamt2003: 21)

Unstrittig ist, dass eine Verstärkung des bürger-schaftlichen Engagements immer notwendigerwird und das diesbezügliche Potenzial in unsererGesellschaft bei weitem noch nicht ausge-schöpft ist.

Gerade wegen der weit reichenden Folgen desdemographischen Wandels kommt einer aktivenEngagementförderung zukünftig noch größereBedeutung zu. Der wachsende Anteil ältererMenschen wird zu einer Zunahme von Aufgabender Unterstützung, Betreuung und Pflege füh-ren, die alleine schon aus finanziellen Gründennicht alle professionell erbracht werden können.Hinzu kommen der tendenzielle Bedeutungsver-lust vieler traditioneller familiärer Stützstruk-turen durch zunehmende Singularisierung oderauch größere räumliche Entfernungen und Mo-

bilitätserfordernisse. Auf der anderen Seite stel-len die vielen jungen und aktiven Alten ein im-menses Potenzial für bürgerschaftliches Engage-ment dar, das in der Vergangenheit viel zu seltenzielgruppengerecht angesprochen wurde.

Unsere Gesellschaft wird aber nicht nur älter, son-dern auch bunter. Die wachsende Zahl Nichtdeut-scher oder nicht deutschstämmiger Menschen inder Bevölkerung stellt eine zweite besondereHerausforderung für die Engagementförderungdar. Nicht erst seit den Veröffentlichungen desamerikanischen Sozialwissenschaftlers Robert D.Putnam wissen wir, welch große Bedeutungzivilgesellschaftliche Netzwerke für die sozialeIntegration und die Bildung und Bestätigungvon Sozialkapital in der Gesellschaft haben.Engagementförderung darf daher nicht nur aufdie leichter erreichbaren Bevölkerungsgruppenzielen, sondern muss sämtliche Gruppen zu er-reichen versuchen.

In diesem Beitrag werden zunächst Verände-rungen im Engagementverhalten und in denzugrunde liegenden Einstellungen beschriebenund dann Handlungsmöglichkeiten für die För-derung bürgerschaftlichen Engagements auflokaler Ebene dargestellt.

Bürgerschaftliches Engagementund demographischer WandelDr. Adrian Reinert, Stiftung Mitarbeit

Persönliches Engagement in der Kommune ist die Grundlage einer aktiven Bürgergesellschaft. Viele Bereiche sozialer Ar-beit könnten ohne dieses freiwillige Engagement nicht geleistet werden. Ähnlich sieht es im Sportwesen, im Kulturbereich,in der Jugendarbeit oder im Umweltschutz aus.

Der 2. Freiwilligensurvey des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend konstatiert eine steigendeBereitschaft zum freiwilligen Engagement: 70 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland sind demnach überihre beruflichen und privaten Verpflichtungen und Aktivitäten hinaus in Gruppen, Vereinen, Organisationen undöffentlichen Einrichtungen aktiv beteiligt; das sind 4 Prozentpunkte mehr als 1999 (1. Freiwilligensurvey). Besondersbemerkenswert: Der größte Zuwachs an Engagierten ist mit 6 Prozent in der Gruppe der Menschen ab 55 Jahren zu ver-zeichnen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2004).

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Veränderungen des EngagementsDie in den letzten Kommunal- und Landtags-wahlen zurückgegangene Wahlbeteiligung unddie stets sinkenden Mitgliederzahlen traditio-neller Großorganisationen wie Gewerkschaften,Kirchen und Parteien sollten nicht zu einerfalschen Verallgemeinerung führen. Weder sinddie Deutschen generell politikverdrossen, nochist das bürgerschaftliche Engagement in Deutsch-land generell rückläufig. Im Gegenteil: Nicht nurder bereits zitierte Freiwilligensurvey, sondernauch die Ergebnisse einer aktuellen repräsenta-tiven Befragung der Forschungsgruppe Wahlenzum demokratischen Engagement der Deut-schen deuten in entgegengesetzte Richtung(Bertelsmann Stiftung 2004).

Trotz der großen Unzufriedenheit mit Spitzenpo-litikern, wie auch mit Gewerkschaftsfunktionä-ren oder Unternehmenschefs, ist mit 77 Prozentder Befragten eine überwältigende Mehrheit derAuffassung, die parlamentarische, auf Mitma-chen angewiesene Demokratie sei die besteStaatsform. Viele Bürger engagieren sich in Ver-einen, Verbänden und freien bürgerschaftlichenGruppen. 53 Prozent der Befragten gaben in derStudie der Forschungsgruppe Wahlen an, Mit-glied in einem Verein zu sein, 11 Prozent enga-gierten sich nach eigenen Angaben in so ge-nannten unkonventionellen bürgerschaftlichenInitiativen.

Auffällig ist jedoch der Trend, dass die Bürger ihrEngagement offensichtlich stärker projektorien-tiert, flexibel, lebensnah und zeitlich begrenztplatzieren. Gründe dafür dürften in der allge-meinen Abnahme der klassischen Milieuorien-tierung (kirchliches Milieu, gewerkschaftlichesMilieu u. ä.), dem gesellschaftlichen Wertewan-del und nicht zuletzt auch in steigenden Mobi-

litätsanforderungen liegen. Neben traditionelleOrganisationen sind andere Formen derMitwirkung getreten, wie freie bürgerschaftlicheGruppen und Initiativen (Abbildung 1).

Auslösendes Moment sind häufig individuelle Be-troffenheit, persönlich erlebte Mängel oder Miss-stände. Das Engagement ist themenspezifisch unddifferenziert. Man verpflichtet sich nicht lebens-lang, sondern kann das Engagement jederzeitwieder beenden. Die zumeist überschaubareGruppengröße ermöglicht ein Gemeinschafts-gefühl und die Erfahrung, dass die eigene Mitwir-kung wertvoll ist und gebraucht wird.

Das Engagement wird nicht als altruistischePflichterfüllung verstanden, sondern wird mit per-sönlichen Neigungen und Interessen in Einklanggebracht. Persönlicher Bezug und Autonomie imHandlungsfeld sind freiwillig Engagierten wichtig.

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH:

Partizipation in Deutschland 11/2003; n=345;138

544

2441

2311

2226

820

141

03

Sport

Politik

Freizeit, Kultur

Soziales, Gesundheit

Kinder, Schule, Jugend

Kirche, Religion

andere Bereiche, k. A.

Verein / Verband

bürgerschaftliche Gruppe

Abb. 1: Bereiche für Engagement in Verein und bürgerschaftlichen Gruppen 2003

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26 DR. REINERT

Dass die neuen Motive die alten nicht einfachersetzen, sondern sich vielmehr unterschiedlicheMotivbündel zeitgleich überlagern, wurde u. a.in der so genannten Geislingen-Studie anschau-lich dargestellt (Ministerium für Arbeit, Gesund-heit und Sozialordnung Baden-Württemberg1995). Vieles spricht indes dafür, dass sich dieTendenz zu den neuen Motiven weiter ver-stärken wird, da sie besonders in den jüngerenGenerationen stärker ausgeprägt sind.

Laut den Ergebnissen des Freiwilligensurveyssind Männer etwas mehr bürgerschaftlich enga-giert als Frauen. Das sollte nicht fehlinterpretiertwerden in der Richtung, dass Männer generellaktiver sind als Frauen. Eine Erklärung könntedarin liegen, dass Berufstätige tendenziell mehrengagiert sind als nicht Berufstätige. Da dermännliche Anteil der Berufstätigen immer nochhöher ist als der weibliche, ist hier auch ein hö-herer Anteil von Aktiven zu finden.

Weiterhin deuten die Ergebnisse des Freiwilligen-surveys darauf hin, dass der Anteil engagierterMänner mit dem Alter steigt, der Anteil enga-gierter Frauen ab 60 Jahre hingegen abnimmt(Abbildung 2). Hier könnte die Erklärung sein,dass Männer nach ihrem Ausscheiden aus demBerufsleben ein stärkeres Bedürfnis verspüren,andere Aufgaben zu übernehmen und die ausdem Berufsleben noch gewohnte Anerkennungnicht aufzugeben, sondern in anderenTätigkeitsfeldern auszubauen. Währenddessensind Frauen noch immer diejenigen, die – auchim Alter – sich aktiv um die Familienpflege undinsbesondere um die Betreuung ältererFamilienmitglieder kümmern. Diese Aufteilungder Geschlechterrollen wird auch durch dieErgebnisse der Zeitbudgetstudie in der Tendenzbestätigt.

Handlungsmöglichkeiten vor Ort –Was ist zu tun?

Um die Engagementbereitschaft aller zu er-höhen, sind Appelle mit dem erhobenen Zeige-finger wenig hilfreich. Notwendig sind vielmehrpraktische Hilfen und Unterstützungsstrukturen.Dafür gibt es gerade auf kommunaler Ebenevielfältige Ansatzmöglichkeiten.

1. Engagement fördernde InfrastrukturEngagement braucht Unterstützungsstrukturen.In den letzten Jahren ist in vielen Städten und Ge-meinden ansatzweise eine Engagement förderndeInfrastruktur in Form von Selbsthilfekontaktstel-len, Freiwilligenagenturen (-börsen, -zentren)und Seniorenbüros entstanden. Freiwilligenagen-turen etwa leisten Öffentlichkeitsarbeit für dasEngagement, bringen Organisationen und anEngagement Interessierte zusammen, beratenOrganisationen bei der Entwicklung eines be-wussten und zeitgemäßen Umgangs mit Freiwil-ligen und organisieren trägerübergreifende Ver-netzung und Fortbildungsangebote.

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH:

Partizipation in Deutschland 11/2003; n=345;138

Abb. 2: Freiwilliges Engagement nach Alter und Geschlecht

3642 45

31 3523

Männer Frauen

18 - 34 35 - 59 ab 60 18 - 34 35 - 59 ab 60Jahre

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27DR. REINERT

Es gilt, diese Engagement fördernde Infrastruk-tur bedarfsgerecht weiter zu entwickeln und ihreArbeit untereinander sinnvoll abzustimmen.Empfehlenswert ist beispielsweise eine gemein-same Internetplattform, in der die örtlichenVereine und Initiativen ihre Arbeit vorstellen undInteressierte sich über Angebote für bürger-schaftliches Engagement informieren können.

Erschwerende bürokratische Vorschriften müssenabgebaut, Kosten und Aufwand, die aus demEngagement entstehen, im Bedarfsfall unbürokra-tisch erstattet werden können. Öffentliche Räu-me sollten den Bürgern kostenlos zur Verfügungstehen.

Zu einer fördernden Infrastruktur tragen auchBürgerstiftungen und Spendenparlamente ganzwesentlich bei, indem sie die Solidarität undSpendenbereitschaft der Bürger für konkrete An-liegen in der eigenen Kommune aktivieren. Überdie finanziellen Mittel hinaus stiften sie mit ihrerArbeit neue Formen der Zusammenarbeit undIdentifikation im Gemeinwesen.

Wenn Politik und Verwaltung in den Kommunensich der Aufgabe stellen, die Infrastruktur zuverbessern, müssen sie einen solchen Prozessvon Anfang an transparent und mit der Betei-ligung der Betroffenen gestalten. Angesichtssich weiter verknappender Finanz- und Perso-nalressourcen auf der einen und wachsenderRessourcen an ungenutztem Wissen und Könnender Älteren auf der anderen Seite, ist geradeauch eine Einbindung der älteren Generation inden Problemlösungsprozess und ihre spätereehrenamtliche Einbindung anzustreben.

2. Bürgerorientierung wirdQuerschnittsaufgabe Bürgerorientierung ist eine Querschnittsauf-gabe. „Tun wir genug, um bürgerschaftlichesEngagement zu unterstützen?“ und „Wie kön-nen wir Bürgern mehr Verantwortung übertra-gen?“ müssen zentrale Leitfragen in sämtlichenVerwaltungsbereichen sein. Der erreichte Standsollte regelmäßig überprüft werden.

Um das Bewusstsein für die Querschnittsaufga-be zu schärfen, sollte innerhalb der Verwaltungeine federführende Stelle – möglichst hoch undzentral angesiedelt – die Initiativen und Projekteanstoßen und vorantreiben. Diese Stelle darfnicht isoliert arbeiten, sondern muss die Bürger-schaft von Beginn an aktiv einbeziehen.

3. Stadtteilbezogene Initiativen In größeren Städten kommt dem Stadtteil einespezielle Bedeutung zu: der Vorteil der räum-lichen Nähe und des unmittelbaren persönlichenBezugs. Für regelmäßigen Austausch und Ver-netzung zur Förderung des bürgerschaftlichenEngagements bieten sich folgende, durchausmiteinander kombinierbare Formen an:· Stadtteilkonferenz/Runde Tische mit fester Zu-

sammensetzung· regelmäßige Stadtteilforen mit offener

Teilnehmendenschaft· Stadtteil-Initiativkreise als Zusammenschluss

von Initiatoren und Trägern

Anzustreben ist eine möglichst breite Einbe-ziehung unterschiedlicher Akteure: Handel, Ge-werbe, Gastronomie, Kirchen, Vereine, Initia-tiven, Politik, Verwaltung, Schulen, Kindertages-stätten, Arztpraxen etc. Bei aller Regelmäßigkeitund Kontinuität sollte eine offene und flexibleNetzwerkstruktur erhalten bleiben, die auch pro-

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jektspezifische Mitmachmöglichkeiten bietet –nicht alle müssen alles machen.

Gemeinsame Aktionen und Projekte schaffennicht nur öffentliche Aufmerksamkeit und Inte-resse, sondern auch neue Kontakte und Folge-aktivitäten. Nach einer gemeinsamen Aktionsollten die Teilnehmenden noch mal zusam-menkommen, um auszuwerten, anzuerkennenund zu feiern. Beispiele für Projekte auf Stadt-teilebene sind: Aktionstage und -wochen zu be-stimmten Themen, Bürgerengagementtage,Selbsthilfetag, Stadtteilfest, Kulturfest, Multikul-turelle Woche, Seniorenwoche, Aktivbörse,Jugendwoche, Nacht der Jugend, Stadtteilaus-stellung, Stadtteilspaziergänge, 24-Stunden-Lauf, Matching Fund, „Day of Caring“ (Tag fürdie Gemeinschaft, für den Stadtteil). SolcheAktionen und Projekte können – vor allem inkleineren Städten und Gemeinden – natürlichauch auf gesamtstädtischer Ebene angebotenwerden.

Besonderer Unterstützung bedürfen benachtei-ligte Stadtteile. Hier empfehlen sich metho-dische Ansätze, wie sie im Rahmen der Gemein-wesenarbeit und des Quartiersmanagements zurEntwicklung von Selbsthilfepotenzialen und sta-biler nachbarschaftlicher Netze angewendetwerden. Ein wichtiges Hilfsmittel ist dabei dieaktivierende Befragung.

Gravierende demographische und soziale Unter-schiede zwischen wohlhabenden und benachtei-ligten Stadtteilen gehen oftmals mit gravieren-den Unterschieden in der demokratischen Teil-habe (z. B. bei der Wahlbeteilung) und im ehren-amtlichen Engagement einher. Eine besondereHerausforderung ist hier die Frage, wie Men-schen aus Stadtteilen mit einer z. B. überwie-

gend älteren und wohlhabenden Bürgerschaftfür das Engagement in den Stadtteilen gewon-nen werden können, in denen mehrheitlich jün-gere, kinderreiche und sozial schwache Familienwohnen.

4. Zielgruppenspezifische AnspracheZielgruppenspezifische Mitmachformen zur För-derung des ehrenamtlichen Engagement richtensich z. B. speziell an Kinder und Jugendliche, wieSpielplatzparty, Spielplatzgestaltung, Stadtteil-detektive, Kinder-Stadtteil-Versammlung, Ju-gendräume mit Jugendlichen planen und um-bauen oder Brachflächen gemeinsam gestalten.Bei Aktionen für Kinder und Jugendliche sollteimmer auch die Zusammenarbeit mit Eltern undSchulen angestrebt werden.

Gerade angesichts des demographischenWandels müssen für Kinder und Jugendlicheneue Wege der Beteiligung gefunden werden.Dafür sprechen gute Argumente:· Da es immer weniger junge Menschen gibt,

werden ihre Belange in einer auf dem Mehr-heitsprinzip beruhenden Staatsform tenden-ziell an Gewicht und Bedeutung verlieren. DieFolgen aktueller politischer Entscheidungensind jedoch langfristig von der nachwach-senden Generation zu tragen.

· Eine solidarische Gesellschaft, die wir an-gesichts der Bevölkerungsentwicklung mehrdenn je brauchen, wird nur entstehen, wennein generationsübergreifender Konsens überdie zentralen gesellschaftlichen Werte in einemdiskursiven Prozess entwickelt wird.

· Um die Innovationskraft junger Menschen fürdie gesellschaftliche Weiterentwicklung zu ge-winnen, müssen Kinder und Jugendliche früh-zeitig den Raum bekommen, neue Ideen zuentwickeln und diese einzubringen.

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· Frühes gesellschaftliches Engagement entfaltetoffensichtlich prägende Wirkung für den wei-teren Lebensweg. Alltagserfahrungen wieUntersuchungen belegen, dass ein großer Teil

derjenigen, die als Erwachsene aktiv sind, diesbereits in jungen Jahren waren. JugendlichePartizipation ist ein wichtiger und nachhaltigerZugangsweg zur Bürgerbeteiligung.

Die Initiative „mitWirkung!“ will dazu beitragen, dass sich mehrjunge Menschen engagiert und informiert in gesellschaftspolitischeDiskussionsprozesse einbringen. Folgende Ziele werden verfolgt:· Herstellung von Transparenz über die gegenwärtige Partizipa-

tionssituation von Kindern und Jugendlichen in deutschenKommunen und Vornahme einer Ist-Analyse

· Erarbeitung nachhaltiger Strategien für die Aktivierung jungerMenschen in Städten und Gemeinden im Rahmen eines Praxis-moduls

· kontinuierliche Weitergabe der Projektergebnisse an Entscheidungs-träger in Bund, Ländern, Kommunen sowie NGOs

Zurzeit werden im Rahmen des Projektes in über 40 deutschenStädten aller Größenordnung Schüler, Lehrer, Schulleitungen undVerwaltungsmitarbeiter zum Umsetzungsstand der Kinder- undJugendbeteiligung befragt. Ergebnisse werden im Sommer 2005veröffentlicht und können dann unter www.mitwirkung.netabgerufen werden.

ProjektpartnerPartner des Projektes sind UNICEF und das Deutsche Kinderhilfs-werk. Mit Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg ist eineenge Zusammenarbeit vereinbart; eine Kooperation mit weiterenBundesländern wird angestrebt. Darüber hinaus unterstützt derStädte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen aktiv die Arbeit indiesem Bundesland.

Beteiligte KommunenDie Bertelsmann Stiftung arbeitet zurzeit mit 43 Kommunen zusam-men. Berlin, Hamburg und München sind ebenso dabei wie Bützowin Mecklenburg-Vorpommern (8.300 Einwohner) oder Eggstätt inBayern (2.700 Einwohner).

Vernetzung mit Wissenschaft und PraxisDas Projekt wird von einem Beirat aus Wissenschaft und Praxisbegleitet. In dem Beirat arbeiten Politikwissenschaftler, Pädagogen,Politikdidaktiker, eine Kinderbeauftragte sowie Vertreter vonUNICEF und dem Kinderhilfswerk zusammen. Außerdem werdenJugendliche aus den beteiligten Städten eine Fokusgruppe bildenund das Projektteam beraten.

AusblickDie Initiative „mitWirkung!“ hat als Hauptzielgruppe Kinder undJugendliche definiert, beschränkt sich aber nicht auf diese. Denn dieBeteiligung junger Menschen setzt gemeinsame Entscheidungs-prozesse voraus. Dies erfordert seitens der Akteure aus Verwaltung,Politik, Jugendarbeit und Schulen die Bereitschaft, Macht zu teilenund Kooperation zuzulassen, gleichzeitig aber auch jungeMenschen auf dem Weg zu mehr Verantwortung zu unterstützen.Ältere Menschen könnten im Hinblick auf die Förderung jugendli-cher Beteiligung eine wesentliche Rolle spielen.

Ber te l sm a n n St i f tungINFO

mitWirkung! – eine Initiative der Bertelsmann Stiftung zur Stärkung der Kinder- und Jugendpartizipation

Kontakt: [email protected]

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Eine bei Überlegungen zur Engagementför-derung vielfach vernachlässigte, aber angesichtsdes demographischen Wandels zunehmendwichtige Gruppe sind Migranten. Für ihre Akti-vierung gibt es keine Patentrezepte, zumal essich keineswegs um eine homogene Gruppehandelt, sondern die Lebenswelten von Migran-ten ebenfalls nationalitäts-, alters-, geschlechts-,schicht- und bildungsspezifisch geprägt sind.Wichtig ist eine direkte und möglichst konkreteAnsprache, die auch die Interessen und Res-sourcen der Migranten beachtet. Erfolg verspre-chend ist die Gewinnung von Multiplikatoren,die etwa aus dem gleichen Herkunftsland kom-men oder sich in der Herkunftssprache ver-ständigen können.

5. Stärkung des Engagements ältererMenschenSchon heute zeichnet sich das Engagement älte-rer Menschen durch Breite und Vielfalt aus. Un-zählige lokale Vereine und Projekte könntenohne dieses freiwillige Engagement nicht weiterbestehen. Neben traditionellen Formen habensich ganz neue Handlungsfelder der Selbstorga-nisation und der Interessenvertretung sowiegenerationsübergreifender Aktivitäten entwickelt,wie Senior Experten Service (SES), Alt hilft jungoder Mentoring.

Viele Menschen, die aus dem Erwerbslebenausscheiden, sind nicht nur bereit, sondern auchpersönlich sehr daran interessiert, ihre vielfälti-gen Erfahrungen und Kompetenzen nutzbrin-gend einzusetzen. Neben dem Gefühl, in kon-kreten Situationen anderen Menschen helfen zukönnen und insofern noch „gebraucht zu wer-den“, verschafft ihnen das Engagement auchneue Kontakte und Teilhabe an Gemeinschaft.Hinzu kommt, dass gerade bei älteren Menschen

ihre Identifikation mit der Heimstadt die Bereit-schaft fördert, sich vor allem projektbezogenideell und materiell zu engagieren. Für die Kom-mune ist das eine große Chance, bürgerschaft-liches Engagement z. B. im kulturellen Bereich zuwecken und zu fördern.

Gerade in der Phase vor dem Übergang von derArbeit in den Ruhestand sollten entsprechendeInformations-, Beratungs- und Qualifizierungsan-gebote zur Verfügung gestellt und die Selbsthilfe-kompetenzen gestärkt werden. Dabei kommt esauf eine sinnvolle Vernetzung von lokalen Verei-nen und Verbänden, Einrichtungen und Trägernder Weiterbildung an. Eine koordinierende Auf-gabe können hierbei die Seniorenbüros über-nehmen.

Neben dem Engagement für andere ist auchnachbarschaftliche und gruppenbezogeneSelbsthilfe zu unterstützen. Diese reicht von derEntwicklung von Telefonketten und gegenseiti-gen Unterstützungssystemen über Seniorenge-nossenschaften bis hin zu Ansätzen ambulantbetreuten Wohnens, wie sie wegweisend KlausDörner in Gütersloh entwickelt hat. Erleichtertwerden solche Formen durch neue genera-tionsübergreifende Wohnmodelle, wie sie etwadas Forum für gemeinschaftliches Wohnen imAlter (www.fgwa.de) seit Jahren dokumentiertund weiterentwickelt.

6. Bewusster Umgang mit FreiwilligenFreiwillige sind eine unschätzbar wertvolleRessource. Sie müssen auch als solche behandeltwerden. Dazu gehören eine sinnvolle Aufgaben-stellung, gute Informationen, eine Struktur, dieLernen und Wachsen fördert, eine Einführungund Trainings sowie die Möglichkeit derMitsprache. Je klarer Einsatzbereiche, Bedarfe

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und Aufgaben definiert sind, desto besser kön-nen sich Interessierte Aufgaben nach ihrenBedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen aus-suchen. Ebenso sind ehrliche Angaben über denvoraussichtlich erforderlichen Zeitaufwand unddie Rahmenbedingungen ganz wichtig: Kosten-erstattung,Versicherungsschutz, Fortbildung etc.Freiwillige Mitarbeit soll Freude bereiten und alssinnvoll erlebt werden. Die Freiwilligen sind nurzufrieden, wenn sie das Gefühl haben, dass ihreArbeit wertvoll ist und gebraucht wird – undmachen dann zudem die beste Werbung für dieAnsprache neuer Freiwilliger.

Neben dem Wunsch, Verantwortung für einewichtige Sache zu übernehmen, und dem Kon-takt zu anderen Menschen ist gerade heute fürviele Freiwillige ein wichtiges Antriebsmotiv,neue Erfahrungen machen und eigene Horizonteerweitern zu können. Wer Freiwilligenarbeitfördern will, muss diesen Gruppen auch Mög-lichkeiten der persönlichen Entwicklung, Fortbil-dung und Qualifizierung bieten.

7. AnerkennungskulturZu einem bewussten Umgang mit Freiwilligengehört die Entwicklung einer Anerkennungskul-tur. Anerkennung darf sich nicht auf die Überrei-chung von Anstecknadeln und Plaketten zu be-stimmten Anlässen beschränken. Menschenfühlen sich anerkannt, wenn ihre Leistung er-kannt und sie ernst genommen werden mit dem,was sie sagen und tun. Sie erwarten Bestätigungund Rückmeldung – nicht nur zu kalendarischfeststehenden Terminen.

Gleichwohl sind Veranstaltungen zu solchenfeststehenden Terminen, wie z. B. der Interna-tionale Tag der Freiwilligen oder andere rele-vante Daten, durchaus wichtig, dokumentieren

sie doch die Anerkennung nach außen und in derÖffentlichkeit. Wenn diese Ehrungen nicht im-mer nach dem gleichen Ritual ablaufen, sondernsich an Profil und Interessen der Geehrten aus-richten, ist das eine besondere Form der Wert-schätzung.

Die Zertifizierung zum Nachweis ehrenamtlicherTätigkeit, wie sie z. B. in einigen Kommunen ein-geführt wurde, sind ebenfalls positive Formender Anerkennung. Verschiedene Kommunen ha-ben Ehrenamtspässe oder Bonushefte für ehren-amtlich Aktive eingeführt, die Vergünstigungenetwa im öffentlichen Personennahverkehr undbei der Nutzung kommunaler Einrichtungen er-möglichen.

8. Differenzierte und zeitlich abgestufteAngebote Nicht alle Menschen können und wollen sich dau-erhaft engagieren. Unterschiedlichen Motiv-mustern muss durch differenzierte Angebotsfor-men entsprochen werden, wozu gerade auch zeit-lich abgestufte Mitmachmöglichkeiten gehören.

Nicht jedes Ehrenamt ist teilbar und in vielen Be-reichen, z. B. Pflege und Betreuung, ist Konti-nuität eine wichtige Bedingung. Dies trifft aberlängst nicht auf alle Bereiche zu. Es ist leichter,neue Aktive für konkrete Aktionen und Projekteals für allgemeines Engagement zu gewinnen.Deshalb empfiehlt es sich, Angebote zeitlichbefristeter oder begrenzter Mitarbeit zu schaf-fen, die dann bei beiderseitigem Interesse späterausgedehnt werden kann. Die Zukunft liegt inflexiblen Zeitmodellen, die einerseits den Anfor-derungen der Organisationen, andererseits denWünschen der am Engagement Interessiertengerecht werden.

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9. Prinzip der MitverantwortlichkeitBesondere Bedeutung wird in Zukunft der Stär-kung der Selbstverantwortlichkeit durch Über-gabe von Entscheidungskompetenzen zukommen.Hinzuweisen ist etwa auf die Schwimmbäderund Büchereien, die von Bürgern in Eigenregieübernommen wurden, oder die Übernahme vonPatenschaften für Grünflächen oder Spielplätze.Diese Beispiele sind auf andere Bereiche über-tragbar. Wer von Bürgern verantwortliches Han-deln erwartet, muss ihnen Verantwortung über-tragen und sie wirksam an allen wichtigen poli-tischen Entscheidungen beteiligen. Menschenkönnen Verantwortungsbewusstsein nur dannentwickeln, wenn sie auch Gelegenheit haben,Verantwortung auszuüben.

„Weniger und älter“ wird zukünftig vor allem imkulturellen Bereich noch mehr bürgerschaftlichesEngagement älterer Menschen erfordern. Dasgilt für alle Bereiche kultureller Administrationsowie in der Kulturpolitik, z. B. in Kulturbeirätenund -ausschüssen. Dazu zählen aber auch dasfinanzielle Engagement in Fördervereinen, dieGründung von Stiftungen, das Mäzenatentumund das Sponsoring durch ältere und wohl-habende Menschen in der Kommune.

10. Aktivierende Bürgerbeteiligung Aktivierend wirken auch die Anwendung undWeiterentwicklung von neuen Formen derBürgerbeteiligung an kommunalen Entschei-dungsprozessen. Je nach Akzentuierung zielensie schwerpunktmäßig auf den Ausgleich diver-gierender Interessen (z. B. Runder Tisch, Foren,Zukunftskonferenz), die Entwicklung von Krea-tivität und Kompetenz (z. B. Zukunftswerkstatt,Open Space), die Aktivierung im Stadtteil (z. B.Gemeinwesenarbeit, Planning for Real), eine

möglichst repräsentative Beteiligung derBevölkerung (z. B. Planungszelle, Bürgergutach-ten) oder die Ansprache besonderer Zielgruppen(z. B. Anwaltsplanung, Zielgruppenworkshops).Dazu gehören ebenso neue Beteiligungsformenvia Internet. Sehr positive Erfahrungen wurdenin den letzten Jahren bei der Aufstellung kom-munaler Bürgerhaushalte gemacht (www.buergerhaushalt.de).

Abgesehen von einer Verbesserung der kommu-nalen Entscheidungsgrundlagen können dieseFormen ganz wesentlich dazu beitragen, dassBürger sich mit Fragen ihres Gemeinwesens be-fassen und untereinander vernetzen. Grundbe-dingungen für das Gelingen sind, dass der Pro-zess ergebnisoffen angelegt ist, alle potenziellberührten Interessen faire Einflusschancenhaben und, last but not least, dass Aussicht aufWirkung besteht.

Neuverteilung von Arbeit und ZeitBei allen Vorschlägen und Beispielen müssen wiruns im Klaren sein: Freiwilliges bürgerschaftlich-es Engagement – besonders unter dem Aspektdes demographischen Wandels und speziell derwachsenden Zahl der Älteren in unseren Städten– ist nicht „der billige Jakob des Wohlfahrts-staates“. Wer ehrenamtliches Engagement aufdie Funktion der Kostenentlastung öffentlicherHaushalte reduziert, verkennt dessen besonderezwischenmenschliche, ideelle und soziale Quali-tät und erzeugt ein völlig falsches Konfliktver-hältnis zwischen ehrenamtlich und bezahlt Täti-gen und deren Interessenvertretungen. Im ehren-amtlichen Engagement liegen immense Chan-cen für Staat und Gesellschaft und müssen alssolche auch gesehen und kommuniziert werden.

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Die vorhandene Erwerbs- und Nichterwerbsar-beit sachgerecht so zu organisieren, dass nachindividuellem Wunsch und Bedarf genügend„Humanzeit“ für soziale und zwischenmensch-liche Anliegen bleibt, ist eine zentrale gesell-schaftliche Zukunftsaufgabe. Kreative Lösungs-ideen und Konzepte hierfür sind zahlreich (vgl.Giarini/Liedtke 1998).

Auch hier werden die Veränderungen nicht inEinheitslösungen für alle, sondern in einer Viel-zahl unterschiedlicher und flexibel an die jewei-lige Situation angepasster Arbeitsformen beste-hen und eher von den kleinen lokalen Projektenals von den großen Organisationen ausgehen.Ansätze wie das von Gerd Mutz entwickelte sogenannte Münchner Modell mit einer von Kom-mune und Land, Arbeitsmarktverwaltung, Tarif-parteien sowie sozialen, ökologischen und kul-turellen Einrichtungen gemeinsam getragenenStiftung Bürgerschaftliches Engagement zeigen,dass es dafür auch – und vor allem – auf kom-munaler Ebene vielfältige Handlungsmöglichkei-ten gibt.

Der demographische Wandel, die Tatsache, dasswir in den meisten Kommunen „weniger, älterund bunter“ werden, ist kein Hindernis für dasbürgerschaftliche Engagement, sondern viel-mehr eine große Chance: Für die Förderung undForderung des bürgerschaftlichen Engagementsgibt es zwar keine Patentrezepte, wohl aber eineVielzahl von Anregungen und Hilfen.

KontaktDr. Adrian Reinert

Stiftung Mitarbeit, Bonn

Telefon:

02 28 . 60 42 40

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.mitarbeit.de

www.buergergesellschaft.de

DR. REINERT

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34 STRATEGIEZYKLUS

Nun stehen viele Kommunen vor der Aufgabe,ein strategisches und ressortübergreifendesGesamtkonzept zur Gestaltung des demo-graphischen Wandels zu erarbeiten. Angesichtsder Vielfalt möglicher Themen stellt sich dieFrage, wie hier konkret vorzugehen ist. Wie ver-läuft ein solcher Prozess, bei dem möglichst vielelokale Akteure eingebunden sein sollen? Wiewerden die verschiedenen Zielgruppen einbezo-gen? Wie wird die Öffentlichkeit informiert? Anwelcher Stelle sind strategische Entscheidungender Politik notwendig? Diese Fragen und anderesollen im Folgenden beantwortet werden. ImMittelpunkt stehen weniger die inhaltlichenHandlungsmöglichkeiten, sondern vielmehr, wiedie mit dem demographischen Wandel verbun-denen und notwendigen Veränderungsprozessegestaltet werden.

Das Gesamtkonzept: Ressort-übergreifend und strategisch

In den Kommunen betreffen die Auswirkungendes demographischen Wandels nahezu alleHandlungsfelder der Stadtentwicklung. DerWirtschaftsstandort ist ebenso betroffen wie dieFörderung von Kindern und Jugendlichen unddie Anpassungen im Infrastrukturbereich. Bei sokomplexen Herausforderungen sind Prioritätennotwendig: Eine Kommune kann sich nicht umalle Themen kümmern, sondern muss zuerstZiele und Prioritäten festlegen bzw. konkreteinige Schlüsselprojekte auswählen, die vor-rangig umgesetzt werden sollen.

Die Erarbeitung einer Gesamtstrategie verlangtvon Kommunalpolitikern ein Umdenken von derkurzfristigen, an Wahlperioden orientiertenAgenda hin zu einer langfristigen Planung. Vonder Verwaltung erfordert dies die Bereitschaft zuressortübergreifender Zusammenarbeit.

Der demographische Wandel eignet sich beson-ders gut, im Rahmen eines strategischenManagementprozesses behandelt zu werden.Der folgende Strategiezyklus verdeutlicht diePhasen des Prozesses.

Die Art und Weise, wie Kommunen den demographischen Wandel gestalten, wird über ihre Zukunftsfähigkeit und dieLebensqualität ihrer Bürger entscheiden. Patentlösungen gibt es angesichts der großen regionalen Unterschiede undindividuellen Problemlagen nicht. Notwendig sind vielmehr Lösungen, die den ortsspezifischen Gegebenheiten Rechnungtragen. In der Praxis brauchen wir eine kommunale Politik, die bei allen Entscheidungen die Auswirkungen desdemographischen Wandels berücksichtigt.

Eine Strategie für die KommunenKerstin Schmidt, Bertelsmann Stiftung

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35STRATEGIEZYKLUS

Trends der kommunalenEntwicklung erkennen –Öffentlichkeit sensibilisieren

Zu Beginn des Prozesses sollte genau überlegtwerden, wie die lokale Öffentlichkeit mit denverschiedenen Zielgruppen erreicht und dasThema in den Köpfen platziert werden soll. VieleKommunen bestätigen, dass in dieser Phase einebesondere Auftaktveranstaltung (z. B. „Zukunfts-forum Demographie“) sehr öffentlichkeitswirk-sam ist. Zu empfehlen ist die Einbindung exter-ner Referenten. Die Bedeutung des demographi-schen Wandels sowie seine Auswirkungen aufdie kommunale und regionale Ebene sollten anmöglichst vielen Beispielen dargestellt werden.

Ziel dieser Phase ist es, eine positive Aufbruch-stimmung zu erzeugen und die lokalen Akteurezu begeistern.

Das Thema mit seinen unterschiedlichen Fa-cetten und Handlungsbedarfen „verführt“ zu sehrkomplexen und inhaltstiefen Darstellungen.Diese haben an der passenden Stelle natürlichihre Berechtigung. Doch gerade zu Anfang ist fürdie Kommunikation eine knappe Darstellung derSachverhalte wichtiger und oft hilfreicher, umauf kommunaler Ebene Verbündete zu gewinnenund eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Diesbestätigen Kommunen, die sich bereits intensivmit dem demographischen Wandel beschäftigen.

Strategiezyklus für die Entwicklung einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie

Einbindungaller Akteureund Ressorts

Transparenz über die demoraphischeEntwicklung herstellen

Ziele vereinbaren &Schwerpunktthemenidentifizieren

Handlungskonzepte entwicklen &implementieren

Wirkung analysieren

Vorbereitungs- undSensibilisierungsphase

0 1

2

3

4

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36 STRATEGIEZYKLUS

1. Transparenz herstellen undlokale Akteure informieren Schlüsselfragen dieser Phase:· Anhand welcher Zahlen lässt sich die

demographische Entwicklung der Kommuneam besten verdeutlichen? (Analyse des Ist-Zustands und der Entwicklung in den nächstenJahren)

· Welche demographische Problemlage ergibtsich daraus für die Kommune? Wie sind dieverschiedenen kommunalen Politikfelderbetroffen?

Ein gesamtstrategisches Konzept ist nur dannsinnvoll, wenn es auf der Analyse des Ist-Zu-standes aufbaut. Dazu müssen gesamtstädtischeund auch quartiersbezogene Analysen miteinan-der verknüpft werden. Wenn eine Kommunezum Beispiel von starken Abwanderungen be-troffen ist, so müssen deren Gründe genaues-tens untersucht werden: Sind es die Nachbarge-meinden, die Einwohner mit billigen Bodenpreisenanziehen, oder sind es eher Fernwanderungen,die meist arbeitsmarktmotiviert sind? Erst wenndies geklärt ist, können Prognosen über die zu-künftige Einwohnerentwicklung erfolgen bzw.verschiedene Szenarien erstellt werden.

Ein geeignetes Instrument zur Beurteilung derIst-Situation ist der „Wegweiser Demographi-scher Wandel“, den die Bertelsmann Stiftunggemeinsam mit der Gemeindeprüfungsanstalt(GPA) in Nordrhein-Westfalen und dem Städte-und Gemeindebund NRW entwickelt hat. Erdient als Frühwarnsystem und kombiniertKennzahlen zur allgemeinen Bevölkerungsent-wicklung mit Zahlen zu spezifischen, vomdemographischen Wandel betroffenen Politik-feldern.

2. Ziele vereinbaren und ersteHandlungsfelder benennenSchlüsselfragen dieser Phase:· Welche Ziele werden in der Kommune bei der

Gestaltung des demographischen Wandels ver-folgt?

· Welche Themen haben Priorität?

Aufbauend auf der Analyse der Ist-Situation undder zukünftigen Entwicklung muss eine Kom-mune zunächst klären, welche Ziele sie bei derGestaltung des demographischen Wandels ver-folgt: weiter zu wachsen (obwohl Kommuneninsgesamt schrumpfen), zu stagnieren oderlangsamer zu schrumpfen. Auf der Basis dieserZiele lassen sich dann politische Strategien ab-leiten, an denen sich kommunale Handlungs-konzepte orientieren können.

Wird das Wachstumsziel verfolgt, lässt sichdaraus die Strategie ableiten, Maßnahmen zurAttraktivitätssteigerung des Standortes zu er-greifen. Dies kann sich auf die lokale Arbeits-marktpolitik ebenso beziehen wie auf Investitio-nen in die Familienpolitik.

Ein gutes Beispiel für klare Zielorientierung istdie Stadt Dortmund. Sie hat das Ziel, eine kinder-und familienfreundliche Stadt zu werden. Mitdem Familienprojekt sollen dort die Vorausset-zungen für die Vereinbarkeit von Familie undBeruf verbessert werden. Die bereits vorhande-nen Ganztagsplätze im Grundschulbereich wer-den bis zum Beginn des Schuljahres 2004/05 auf1.600 Plätze aufgestockt, Betreuungsangebotefür Kinder bis zu sechs Jahren weiter ausgebaut.Trotz gegenteiliger Vorhersagen und bundes-weiter Entwicklungstrends ist in Dortmund seitzwei Jahren ein leichter Bevölkerungsanstieg zubeobachten – den aktuelle Prognosen bestätigen.

Strategiezyklus für die Entwicklung einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie

Teil_2 09.11.2004 7:32 Uhr Seite 14

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3. Handlungskonzepte erarbeiten und umsetzenSchlüsselfragen dieser Phase:· Welche konkreten Projekte, Maßnahmen und

Konzepte sollen umgesetzt werden?· Wann ist mit ersten Ergebnissen zu rechnen?

Bei der Entwicklung und Umsetzung vonHandlungskonzepten kommt es angesichts derVielfalt von Möglichkeiten darauf an, einigewenige Pilotprojekte auszuwählen (z. B. denAusbau der Ganztagsbetreuung bei Kindern imAlter von drei bis sechs Jahren). Damit wirdverdeutlicht, wie das komplexe Thema inkonkrete und machbare, umsetzungsfähigeProjekte münden kann.

4. Langfristige Wirkungenanalysieren und bewertenSchlüsselfragen dieser Phase:· Zu welchen Ergebnissen haben die Maßnah-

men geführt?· Wo sind Nachbesserungen notwendig? Wo

muss gegengesteuert werden?

In dieser Phase steht die Erfolgsbewertung imMittelpunkt. Zu welchen Ergebnissen bzw. Er-folgen haben die Maßnahmen geführt? Inwie-fern konnte die demographische Entwicklungbeeinflusst werden? Fundierte Antworten sindhier sicherlich erst nach einigen Jahren der Um-setzung möglich.

Der demographische Wandel birgt die historisch seltene Chanceeines umfassenden Innovationsprozesses für unsere Gesellschaft.Chancen und Potenziale für eine lebenswerte Zukunft erkennen undnutzen: Das ist erklärtes Ziel der Aktion Demographischer Wandel.

1.Kommunen und Regionen im Demographischen WandelIn diesem Projektmodul unterstützt die Bertelsmann Stiftung Kom-munen und Regionen bei der Gestaltung des demographischenWandels. Das Modul zielt auf die Herstellung von Transparenz überdie demographische Entwicklung in den Kommunen ab sowie aufdie Erarbeitung von Handlungskonzepten für eine ressortübergrei-fende Gesamtstrategie.

Wegweiser Demographischer Wandel – ein kennzahlenbasier-tes Frühwarnsystem zur Erkennung der primären Handlungsfelder.Zurzeit wird im Rahmen des Projektes die demographische Ent-wicklung aller Kommunen Deutschlands ab einer Größe von 5000Einwohnern erhoben, um ein möglichst umfassendes Bild zu be-kommen. Die Ergebnisse einer Clusteranalyse bilden die Grundlagefür die Entwicklung der Handlungskonzepte.

Ber te l sm a n n St i f tungINFO

Aktion Demographischer Wandel – Ein Leitprojekt der Bertelsmann Stiftung

STRATEGIEZYKLUS

Kontakt: www.aktion2050.de

In enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Kommunen gehtes darum, ressortübergreifende Gesamtkonzepte zu entwickelnund die Kommunen bei diesem Strategieprozess zu unterstützen.Bei der Auswahl der Kommunen wurde darauf geachtet, die ver-schiedenen demographischen Problemlagen zu berücksichtigen.

Trainings für kommunale Entscheider in Politik und Verwaltungsollen den Akteuren vor Ort helfen, mit bewährten Methoden undInstrumenten die praktische Arbeit zu gestalten. Hierbei wird mitverschiedenen Partnern zusammengearbeitet, um viele Akteure zuerreichen.

Neues Alter in der Stadt – in diesem Schwerpunkt werdenKonzepte für eine zukunftsorientierte Seniorenpolitik entwickelt.Dabei geht es zum einen um die Ist-Analyse der kommunalenSeniorenpolitik, zum anderen um die Entwicklung konkreter Hand-lungsleitfäden für eine Neuausrichtung vor Ort.

2.Politik prospektiv gestaltenDieses Projektmodul wendet sich an die Ebenen Land und Bund.Durch den Aufbau und die Veröffentlichung eines demographi-schen Indikatoren-Kataloges soll das Wissen über die Folgen desdemographischen Wandels nicht nur politischen Entscheidern ver-fügbar gemacht werden, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit.Auf dieser Grundlage soll ein System der Folgenabschätzung im-plementiert werden, um ein zielgerichtetes politisches Handeln imBund und in den Ländern zu ermöglichen.

Teil_2 11.01.2005 17:39 Uhr Seite 15

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38 STRATEGIEZYKLUS

Auf die richtige Mischung kommtes an: Eine Doppelstrategie fürdie Praxis

In der kommunalen Praxis wird häufig eine Dop-pelstrategie verfolgt: zum einen die Anpassungan die Folgen des demographischen Wandels(„Anpassungsstrategie“), zum anderen Maß-nahmen, die diesen Folgen entgegenwirken undsie dadurch abmildern („Präventionsstrategie“).Beispiel für eine Anpassungsstrategie wäre derAusbau seniorengerechten Wohnens oder derRückbau von Infrastrukturen; eine Präventions-strategie würde etwa die Ganztagsbetreuungfördern zur besseren Vereinbarkeit von Familieund Beruf. Durch diese Doppelstrategie werdendie Zieldimensionen „weiter wachsen“ bzw.„Status quo beibehalten“ mit der absehbarenSchrumpfung verbunden. Die Kommune ergreiftalso gleichzeitig Maßnahmen, die auf die An-passung der Infrastruktur gerichtet sind, undgegensteuernde Maßnahmen, die die Einwoh-nerzahl steigern oder halten sollen.

Der Landkreis Osnabrück (siehe S. 90) praktizierterfolgreich diese Doppelstrategie. Dort werdensechs verschiedene Handlungsfelder bearbeitet,mit denen insgesamt den Folgen des demo-graphischen Wandels langfristig und pro-aktivbegegnet werden soll.

Sensibilisierung der lokalenAkteure durch intelligenteKommunikation

Kommunen können umfangreiche Handlungs-konzepte, wie sie der demographische Wandelerfordert, nicht alleine verwirklichen. Sie sindauf die gesellschaftlichen Kräfte wie Familien,Arbeitgeber, soziale Träger, Vereine, Verbändeetc. angewiesen. Diese gilt es zu mobilisierenund einzubinden. Daher ist eine offene Kom-munikation besonders wichtig. Das komplexeThema erfordert eine ebenso komplexe Kom-munikationsstrategie. Diese sollte beachten,· dass es gerade zu Beginn des Prozesses

wichtig ist, den Sachverhalt knapp darzu-stellen, da detaillierte Analysen die lokalen Ak-teure eher verstören,

· dass die Problematik für die Zielgruppe trans-parent und handhabbar aufbereitet werdenmuss,

· dass bei der Ausgestaltung der Prozesse dieInhalte durch die jeweils entsprechendeKommunikationsform (z. B. Impulsvorträge, Zu-kunftswerkstätten, Thesenpapiere, begleitendePresse- und Öffentlichkeitsarbeit) transportiertwerden müssen.

Für jeden Schritt im Strategiezyklus sind auch in-tensive Überlegungen zur Kommunikation anzu-stellen. Damit ist eine gut durchdachte und ziel-gruppenorientierte Kommunikation ein wich-tiger Erfolgsfaktor für das kommunale Gesamt-konzept. Der demographische Wandel stellt inseiner Vielfalt erhebliche Anforderungen an dieKommune, über die notwendigen Weichenstel-lungen für die Zukunft zu entscheiden. Gleich-zeitig liegt darin aber auch die Aussicht, kom-munale Zukunft neu zu denken und die damitverbundenen Chancen zu ergreifen.

Teil_2 10.11.2004 19:56 Uhr Seite 16

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Im Folgenden werden Kommunen dargestellt, dieschon heute erste Antworten auf die Herausforde-rungen des demographischen Wandels gefundenhaben. Bei der Suche nach den Kommunen wa-ren vor allem diese Kriterien ausschlaggebend:

· Ist das Konzept bereits umgesetzt? Gibtes schon praktische Erfahrungen?Die Umsetzungsrelevanz ist entscheidend,denn diese Publikation soll nicht Konzepte dar-stellen, die lediglich „auf dem Papier“ existieren,sondern strategische Ansätze, die sich bereitsin der Praxis bewährt haben. Alle dargestelltenKommunen haben zumindest erste Erfahrun-gen mit ihren Konzepten sammeln können.

· Vereint das Konzept verschiedeneAspekte des demographischen Wandels?Weiteres Kriterium ist ein ressortübergreifenderAnsatz, der verschiedene Facetten des demo-graphischen Wandels berücksichtigt. Dies giltinnerhalb von Politikfeldern sowie für dengesamten strategischen Ansatz.

· Sind verschiedene Akteure und insbeson-dere die Kommunalpolitiker eingebunden?Die Erfahrungen aus anderen kommunalenProjekten der Bertelsmann Stiftung habengezeigt, wie wichtig die Einbindung der Ak-teure aus Verwaltung, Politik und Bürgerschaftfür eine effiziente Umsetzung ist. Beim Themademographischer Wandel ist besonders auffäl-lig, dass die Verwaltung zwar oft über Kennt-nisse der kommunalen demographischen Ent-wicklung verfügt, ihre Brisanz aber nur unzu-reichend an die politischen Entscheidungs-träger weitergibt bzw. vermitteln kann. Deshalbsind in dieser Publikation Beispiele aufgeführt,bei denen alle relevanten Akteure ausreichendeingebunden sind.

· Wird der Grundsatz der finanziellenNachhaltigkeit beachtet?Aufgrund der bereits heute katastrophalenfinanziellen Lage der Kommunen liegt ein ent-scheidendes Augenmerk auf der finanziellenNachhaltigkeit der dargestellten Projekte.

Das Ergebnis ist ein breites Spektrum der Hand-lungsansätze als Antwort auf die jeweils indi-viduelle demographische Entwicklung. Aus demgesamten Bundesgebiet sind zwölf kommunaleBeispiele zusammengetragen worden, darunterkleine, mittlere und große Städte, Landkreiseoder Regionen. Aufgrund ihrer bisherigen undabsehbaren zukünftigen Entwicklung haben wirsie in schrumpfende, stagnierende bzw. stabileund wachsende Kommunen eingeteilt. Die nach-stehende Tabelle gibt einen Überblick.

HANDLUNGSANSÄTZE

Handlungsansätze aus derPraxis

Teil_2 10.11.2004 8:49 Uhr Seite 17

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40 HANDLUNGSANSÄTZE

Kommune Bundes- Bevölkerung Einwohnerentwicklung Geburtenrate Überschuss Wanderungssaldoland (%) (je 1.000 Einw.) Geborene (+)/ (je 1.000 Einw.)

Gestorbene (-)(je 1.000 Einw.)

2003 1987/1997 1997/2003 2003 2003 2003

Deutschland 82.531.671 + 5,3 + 0,6 8,6 - 1,8 + 1,7

Schrumpfende Kommunen

Braunschweig NS 245.076 - 1,5 - 1,5 8,2 - 3,6 + 9,9

Frankfurt (Oder) BB 67.014 - 9,6*1 - 14,0 7,0 - 3,5 - 16,5

Hoyerswerda SN 45.011 - 19,4*1 - 19,0 5,6 - 6,9 - 23,5

Schwalm-Eder-West*2 HE 31.992 k. A. k. A. 8,5 - 2,0 + 0,9

Stagnierende Kommunen

Dresden SN 483.632 - 10,7*1 + 5,3 9,3 - 0,7 + 7,8

Bielefeld NW 328.452 + 5,3 + 1,6 9,5 - 1,1 + 12,1

Solingen NW 164.543 + 3,5 - 0,3 8,3 - 3,3 + 2,1

Arnsberg NW 76.985 + 6,5 - 2,0 9,7 - 1,7 - 3,6

Wachsende Kommunen

München BY 1.247.873 + 1,7 + 3,5 10,1 + 1,0 + 9,5

Stuttgart BW 589.161 + 6,0 + 0,7 8,9 - 0,4 + 1,6

LK Osnabrück NS 358.041 + 18,4 + 2,9 9,8 + 0,2 + 3,1

Eching BY 12.841 + 27,2 + 8,6 10,2 + 8,5 - 9,7

Datenquelle: Statistische Landesämter, Bundesagentur für Arbeit

Demographische Entwicklung der dargestellten Kommunen

Teil_2 10.11.2004 20:25 Uhr Seite 18

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41HANDLUNGSANSÄTZE

*1Bevölkerungsentwicklung 3.10.1990/1997

*2Zahlen beziehen sich alle auf den

Bevölkerungsstand vom 31.12.2002

*3Vorausberechnung bis 2016

Anteil der unter Anteil der über Bevölkerungsvorraus- Ausländerrate Arbeitslosen- Kommune18-Jährigen (%) 65-Jährigen (%) berechnung (%) quote

(Jahresdurch-schnitt)

1987 2003 1987 2003 2020 2003 2003

19,4 18,2 14,9 18,0 + 0,3 8,9 10,5 Deutschland

Schrumpfende Kommunen

15,0 15,3 18,6 19,8 - 12,8*3 7,7 11,8 Braunschweig

k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. 20,2 Frankfurt (Oder)

k. A. 14,9*4 k. A. 19,9*4 k. A. 1,4*4 24,6 Hoyerswerda

k. A. k. A. k. A. 19,1 - 0,6*5 4,4 8,3*5 Schwalm-Eder-West

Stagnierende Kommunen

k. A. 14,7*4 k. A. 18,9*4 k. A. 4,3*4 14,5 Dresden

16,9 18,0 17,4 19,3 - 5,8 12,6 13,1 Bielefeld

16,6 18,7 17,4 19,5 - 5,0 13,8 9,1 Solingen

19,1 20,0 15,7 19,4 - 2,9*6 7,3 7,9*6 Arnsberg

Wachsende Kommunen

13,2 14,9 15,8 16,5 + 5,2 24,1 6,8 München

15,1 15,5 17,0 17,4 + 2,5 24,0 7,1 Stuttgart

21,5 22,1 14,2 16,8 + 2,1*3 4,6 7,0 LK Osnabrück

21,6 19,9 7,1 11,6 + 8,0*7 12,3*7 4,4*7 Eching

*4Anteil im Jahr 2002

*5Daten für den Schwalm-Eder-Kreis

*6Daten für den Hochsauerlandkreis

*7Daten für den Landkreis Freising

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42 ÜBERSICHT

Typ SchrumpfendeKommune

Typ StagnierendeKommune

Typ WachsendeKommune

SCHWALM-EDER-WEST

HOYERSWERDA

BRAUNSCHWEIG

FRANKFURT (ODER)

BIELEFELD

ARNSBERG

DRESDEN

SOLINGEN

LANDKREIS OSNABRÜCK

STUTTGART

MÜNCHEN

ECHING

Mecklenburg-Vorpommern

Schleswig-Holstein

Hamburg

Bremen

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Saar-land

Baden-Württemberg

Bayern

Hessen

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Berlin

Thüringen Dresden

Bielefeld

München

Stuttgart

Frankfurt (Oder)Osnabrück

Arnsberg

Eching

Brandenburg

Hoyerswerda

Schwalm-Eder-West

Solingen

Braunschweig

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Typ Schrumpfende Kommune

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44 SCHWALM-EDER-WEST

Demographie-Profil

Typ:Ländliche, strukturschwa-che Region mit kontinuier-lichem Einwohnerrückgang

Strategie:InterkommunaleKooperation stärkt dieeinzelne Kommune.

Demographische ProblemlageDie Bevölkerungsentwicklung war eng mit der Bedeutung vonSchwalm-Eder-West als Braunkohlestandort verknüpft. 1922 wurdehier ein Braunkohlekraftwerk der Preussen-Elektra-AG gebaut, daszusammen mit den Bergbaubetrieben bis zu 2.200 Menschen amStandort Borken Arbeit gab. Die wirtschaftliche Prosperität spiegeltesich in dem Infrastrukturangebot der Kommunen wider: Die hohenkommunalen Einnahmen ermöglichten ein hohes Ausstattungsni-veau. So wurden im heutigen Gebiet der Stadt Borken das ersteHallenbad im ländlichen Raum und das zweite Dorfgemeinschafts-haus in Hessen gebaut.

Nach einem schweren Grubenunglück im Jahr 1988 endete dieBraunkohleförderung abrupt. Die Schließung des Standorts bedeu-tete einen massiven Wegfall von Arbeitsplätzen. Es folgte eine Ab-wanderungswelle, die immer noch andauert. Zwar konnte dieRegion in der ersten Hälfte der 1990er Jahre aufgrund der inner-deutschen Ost-West-Wanderung Einwohner hinzugewinnen unddamit die Abwanderung kompensieren, aber seit 1997 ist der Be-völkerungsschwund offensichtlich. Lediglich die Gemeinde Wabernkann durch die relative Nähe zu Kassel einige Einwohner gewin-nen, während Jesberg und Neuental einen weitaus stärkeren Rück-gang zu verzeichnen haben. Auch in Zukunft wird die Einwohner-zahl der gesamten Region durch eine rückläufige Geburtenzahlund eine Zunahme von Sterbefällen weiter abnehmen. Insbeson-dere wird eine gravierende Veränderung der Altersstruktur er-wartet, die gekennzeichnet ist von der Abnahme der jüngeren undZunahme der älteren Einwohner. Eine besondere Herausforderungwird daher sein, das hohe Niveau der Infrastrukturangebote an dieveränderten Bedingungen anzupassen.

Auf der Suche nach neuen Leitbildern neuePartner finden

Der Wegfall des größten Arbeitgebers vor Ort war für die Regioneine große Herausforderung. Auf der Suche nach neuen Leitbildernstellte die Stadt Borken Anfang der 1990er Jahre den „Borken-Plan“auf, der den Strukturwandel einleitete. Während in der Vergangen-heit nur punktuell mit den Nachbarkommunen zusammengear-beitet worden war, bot das bundesweite Forschungsprojekt „Stadt

SCHWALM-EDER-WEST– Gemeinsam gegen den Bevölkerungsschwund –

Im Zweckverband Inter-kommunale Zusam-menarbeit Schwalm-Eder-West haben sichdie nordhessischen Ge-meinden Bad Zwesten,Jesberg, Neuental,Wabern und die StadtBorken (Hessen) zusam-mengeschlossen. Wei-tere Mitglieder in demZweckverband sind derSchwalm-Eder-Kreisund der Förderverein.Insgesamt leben knapp34.000 Menschen indieser Region, davonca. 14.900 in der StadtBorken (Hessen).

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45SCHWALM-EDER-WEST

2030“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung dieGelegenheit, ein interkommunales Entwicklungskonzept zu erar-beiten. Diese Kooperation kam allerdings eher aus der „Not“ her-aus zustande, um die Mindestzahl von 20.000 Einwohnern alsTeilnahmevoraussetzung zu erreichen.

Unterschiede sind kein HemmnisDie Kommunen sind hinsichtlich ihrer Wirtschaftsstruktur sehrunterschiedlich. Die wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt Bor-ken sind heute die Bauwirtschaft, die Recycling-, Umwelt- undEnergietechnik sowie die Logistik, insbesondere als Zulieferunter-nehmen des Fahrzeugbaus. Wirtschaftliche Standbeine des zweit-größten Ortes, der Gemeinde Wabern, sind eine Zuckerfabrik, eineMülldeponie, die Sand- und Kiesindustrie, Handwerks- und Groß-handelsbetriebe. Bad Zwesten als Heilbad und Luftkurort ist aufdie Gesundheitsbranche spezialisiert und hat als Klinikstandortüberregionale Versorgungsfunktionen. Jesberg und Neuental sindhauptsächlich Wohnstandorte und landwirtschaftlich geprägt.

Aufgrund der unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Kom-munen gab es anfänglich viele kritische Stimmen zum geplantenMiteinander. Allein die Konstellation des industriell geprägtenBorkens und des Kur- und Klinikstandortes Bad Zwesten ließ an derMöglichkeit einer sinnvollen Zusammenarbeit zweifeln. AndereDiskussionen betrafen die Haushaltssituationen der Kommunen,denn keine Gemeinde will die Schulden der anderen übernehmen.

Dialogorientierter ProzessDie interkommunale Zusammenarbeit beteiligte von Anfang anunterschiedliche Akteure. Neben den Bürgermeistern der Kommu-nen und verschiedenen Forschungsinstituten spielte vor allem dieBevölkerung eine große Rolle. In verschiedenen Veranstaltungenmit bis zu 200 Personen wurde zunächst eine Stärken-Schwächen-Analyse des Raumes Schwalm-Eder-West durchgeführt. Daraufaufbauend erfolgte die Entwicklung verschiedener Szenarien. Aufdieser Basis konnte das Entwicklungskonzept „Vision 2030Schwalm-Eder-West“ gemeinsam erarbeitet werden. Auch dasErgebnis wurde mit einer breiten Öffentlichkeit diskutiert.

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46 SCHWALM-EDER-WEST

Schüler gestalten die RegionDaneben fand ein Schülerwettbewerb der Jahrgangsstufen 2 bis10 statt. Die beteiligten Schulklassen bekamen die Fragestellung„Wie stellt ihr euch die Zukunft der Region vor?“ und beantwor-teten sie in Form von Wandzeitungen, Kunstobjekten, Aufsätzen,Modellen u. Ä. Die Ergebnisse sind in das interkommunale Ent-wicklungskonzept eingeflossen und wurden in einer Wander-ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.

Bürger nehmen EinflussAuch in Zukunft sollen Bürgerveranstaltungen regelmäßig statt-finden. Die Bürger selbst haben den Prozess der interkommunalenZusammenarbeit zum Anlass genommen, um den Förderverein„Schwalm-Eder-West e. V.“ zu gründen. Auf diese Weise will mandie Weiterentwicklung und die Umsetzung der Kooperation för-dern, aber auch eigene Projekte initiieren.

Gründung des Zweckverbands festigtinterkommunale Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit der Kommunen endete nicht mit dem Ablaufdes Projektes „Stadt 2030“. Die Gemeinden entschlossen sich, dieKooperation weiterzuführen und zu intensivieren: Im Herbst 2003wurde der „Zweckverband Interkommunale ZusammenarbeitSchwalm-Eder-West“ gegründet.

Mit dem Eingehen dieser relativ festen Verpflichtung soll dasabstrakt formulierte Leitbild auf eine Realisierungsebene gebrachtwerden. Das oberste Organ des Verbands, die Verbandsversamm-lung, setzt sich aus den Vertretern der Mitgliedskommunen zusam-men. Wie viele Vertreter die Stadt oder eine Gemeinde entsenden,ist abhängig von der Einwohnerzahl. Daneben gehören Vertreterdes Fördervereins und ein Vertreter des Landkreises der Versamm-lung mit beratender Stimme an. Auch die Finanzierung und dieVerteilung von Einnahmen erfolgt auf Grundlage der Einwohner-zahl. Die Koordinations- und Geschäftsstelle des Zweckverbandsist im Rathaus der Stadt Borken (Hessen) angesiedelt.

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47SCHWALM-EDER-WEST

Schwalm-Eder-West als attraktiven Standortprofilieren

Ein Hauptziel ist es, die Region als einen attraktiven Standort desWohnens, der Wirtschaft, der Gesundheit, der Landwirtschaft, derFreizeit und des Tourismus zu profilieren. Drei wesentlicheEntwicklungsziele sind vereinbart worden, die in ihrer Gesamtheitdem Ausbau interkommunaler und privater Kooperationenverpflichtet sind:· Bindung der Bevölkerung an den Raum (z. B. durch Innenent-

wicklung der Orte vor der Ausweisung neuer Baugebiete)· Erhalt und Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen (z. B.

durch Ausbau des Kompetenzfeldes „Gesundheit“)· Ausbau und Stärkung des Bereichs Freizeit, Tourismus,

Gesundheit (z. B. durch Konzentration auf die Zielgruppe 50+und Familien mit Kindern)

Größe bedeutet MachtAlle Beteiligten empfinden bislang die interkommunale Zusam-menarbeit als sinnvoll. Verbunden wird diese Einschätzung miteiner Hoffnung auf Kostenersparnis, aber bereits jetzt hat sich da-neben die Erkenntnis durchgesetzt, dass Größe auch Macht be-deutet. So ist z. B. die Position des Zweckverbands bei den Ver-sicherungen eine stärkere als die jeder einzelnen Gemeinde. Diekleineren Gemeinden profitieren von den Hilfestellungen, wie dengrößeren Personalressourcen der Stadt Borken (Hessen), währendBorken seine Infrastruktur besser auslasten kann. DerZweckverband hat bereits heute Projekte initiiert, für die dieeinzelnen Mitgliedskommunen zu klein wären, um dieentsprechenden Ressourcen aufzubringen:

Interkommunal:Gewerbegebiet und GründerzentrumUm Großinvestoren anlocken zu können, muss eine Kommune eineentsprechende Gewerbefläche ausweisen können. Nicht jede derMitgliedskommunen verfügt über solche Ressourcen, zumal zweiKommunen mit Teilen ihrer Gemeindeflächen in einem Naturparkliegen. Daher wird in Wabern ein 28 Hektar großes Areal als inter-kommunales Gewerbegebiet gemeinsam geplant, erschlossen und

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48 SCHWALM-EDER-WEST

vermarktet. Arbeitsteilung heißt dabei vor allem Verteilung derKosten. Auch die späteren Einnahmen durch Gewerbesteuern wer-den geteilt. Nach demselben Prinzip entsteht in einem nur teilweisegenutzten Wirtschaftsgebäude in Borken ein interkommunalesGründerzentrum. Die Vorstudien sind bereits abgeschlossen unddie konkrete Planung läuft.

Stadtumbau WestIm Rahmen des ExWoSt-Forschungsvorhabens „StadtumbauWest“ (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen)will man bis 2007 Handlungsansätze für den Umgang mitBevölkerungsrückgängen und Alterungsprozessen in einem struk-turschwachen, ländlichen Raum finden. Die Kommunen konzen-trieren sich dabei auf zwei Impulsprojektbereiche:

· InfrastrukturanpassungDer Rückgang der Bevölkerung und deren Alterung wirken sichauf die Nachfrage nach Infrastruktureinrichtungen aus. Diesemüssen an die veränderte Auslastung angepasst werden. Dabeigeht es auch darum, neue Betriebsformen zu finden. Schwer-punktmäßig wird man sich mit der Nutzung der Dorfgemein-schaftshäuser und des Öffentlichen Personennahverkehrsbeschäftigen. Für das Bahnhofsgelände in Wabern ist bereits eineNutzungskonzeption in Arbeit.

Insbesondere im Bereich Tourismus sollen neue Potenziale undAngebote entwickelt werden, beispielsweise der NaturparkKellerwald, der Kurbetrieb Bad Zwesten, das Borkener undNeutaler Seenland sowie das Hessische Braunkohle-Bergbau-museum.

· Boden- und ImmobilienmanagementLeer stehende Wohn- und Wirtschaftsgebäude sind sichtbareZeichen des Einwohnerrückgangs. Diese Gebäude sollen imVerbund der Gemeinden revitalisiert werden. Außerdem erfolgtder Aufbau eines interkommunalen Informationssystems fürGewerbe- und Wohnbauflächen, die gemeinsame Entwicklungvon Gewerbeflächen und deren Vermarktung. Darüber hinaussollen gezielte Stadtumbaumaßnahmen in den Gemeindengefördert werden (z. B. Alter Markt in Borken, Ortskern-

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49SCHWALM-EDER-WEST

Ansprechpartner/inWerner Wittich

Zweckverband Schwalm-Eder-

West/Stadt Borken (Hessen)

Telefon:

0 56 82 . 80 81 02

E-Mail:

[email protected]

Sigrid Köhler

Projektkoordination

Stadtumbau West für den

Zweckverband Schwalm-Eder-West

Telefon:

0 56 82 . 80 81 66

E-Mail:

[email protected]

Revitalisierung in Bad Zwesten, Umwandlung des Maximilian-Schlösschens in ein Senioren-Dienstleistungszentrum in Jesberg).

Grundverständnis bei diesen beiden Schwerpunkten ist, einenzusätzlichen Flächenverbrauch zu minimiert.

Zusammenarbeit der kommunalenVerwaltungen

Es wird geprüft, inwieweit die Kommunen unter Beibehaltung ihrerSelbstständigkeit im gesamten Bereich der kommunalen Verwal-tung zusammenarbeiten können. Erste Schritte für die gemein-same Nutzung der Personalressourcen sind: die gemeinsame Nut-zung technischer Einrichtungen, ein besserer Bürgerservice im Pass-,Einwohner- und Meldewesen, die Einrichtung eines zentralen Ein-kaufs, ein gemeinsames Versicherungsmanagement, die Zusam-menführung und Verwaltung der Kindertagesstätten und -horte,eine gemeinsame Verwaltung der kommunalen Einrichtungen undBetriebe, die Zusammenarbeit der Bauhöfe und die Schaffungeiner einheitlichen EDV-Struktur. Für den Zweckverbund werdenein eigenständiges Intranet und ein gemeinsamer Internetauftrittaufgebaut.

UmsetzungIm Gegensatz zu anderen Zweckverbänden, die meist aus Kern-städten und deren Umlandgemeinden gebildet werden, gibt es imZweckverband Schwalm-Eder-West keine klare Hierarchie. DerZweckverband lebt stattdessen von der Gleichberechtigung. Einklarer Vorteil ist die überschaubare Größe der Mitgliedskom-munen. Durch eine flache Ämterstruktur innerhalb der Kommunensind die Angelegenheiten des Zweckverbands „Chefsache“, d. h.der Ansprechpartner vor Ort ist der jeweilige Bürgermeister bzw.der Landrat.

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Die kreisfreie StadtHoyerswerda liegt imFreistaat Sachsen inder Oberlausitz. DerFluss Schwarze Elsterteilt die Stadt in Alt-stadt und plattenbau-dominierte Neustadt.Größter Arbeitgeberist das stadteigeneKlinikum. Für dieRegion ist Hoyers-werda Dienstleistungs-und kulturelles Zen-trum.

50 HOYERSWERDA

HOYERSWERDA– Stadtumbau von außen nach innen –

Demographische ProblemlageNach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Lausitz das Kohle- undEnergiezentrum der ehemaligen DDR. Mit der Ansiedlung derBraunkohleveredlung am benachbarten neu geschaffenen Indus-trieort Schwarze Pumpe begann Hoyerswerda zu wachsen. Um dieArbeiterfamilien unterzubringen, errichtete man die Neustadt unddort erstmals einen modernen Wohnstadtbereich in Plattenbau-weise. Zwischen 1955 und 1981 verzehnfachte sich die Bevölke-rung nahezu von 7.500 auf fast 71.000 Einwohner. Dabei bliebHoyerswerda eine reine Wohnstadt mit äußerst wenigenGewerbebetrieben.

Der Strukturumbruch infolge der Wende verursachte einen enor-men Bevölkerungsrückgang. Lebten 1990 noch knapp 65.000Menschen in der Stadt, sind es heute nur noch 44.000. In diesemZeitraum hat Hoyerswerda also etwa 32 Prozent seiner einstigenEinwohner verloren. Ausschlaggebend ist die verstärkte Abwan-derung vor allem junger Menschen, pro Jahr knapp 2.000.

Auch in Zukunft werden weitere Verluste zu verzeichnen sein,sodass die Stadt von einem Rückgang auf 30.000 Einwohner biszum Jahr 2020 ausgeht. Gleichzeitig steigt in der verbleibendenBevölkerung der Anteil der über 60-Jährigen, der bereits heute mit30,5 Prozent überdurchschnittlich hoch ist. Das Durchschnittsalter,das 1990 noch bei 35,2 Jahren lag, ist bis 2001 bereits auf 43,8Jahre gestiegen.

Mit dem Rückgang der Einwohnerzahlen entstand ein dauerhafterWohnungsleerstand. Den aktuellen Leerstand und die Prognosenzur Entwicklung der Bevölkerungs- und Haushaltsstruktur berück-sichtigend, ergibt sich ein notwendiger Rückbauumfang von ins-gesamt 10.000 Wohnungen. Dies entspricht 35,6 Prozent desursprünglich am Markt vorhandenen Wohnraumangebotes inHoyerswerda.

Demographie-Profil

Typ:Kleinstadt mit kontinuier-lichen Bevölkerungsver-lusten im struktur-schwachen Raum

Strategie:Ganzheitliche Strategiestellt Maßnahmen desklassischen Stadtumbaus(Rückbau, Aufwertung) inden Zusammenhang mitden wirtschaftlichen undinfrastrukturellenEntwicklungskonzepten.

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51HOYERSWERDA

Stadtumbau ist nicht nur RückbauDie Stadt Hoyerswerda beschäftigt sich bereits seit 1994 intensivmit dem komplexen Prozess des Stadtumbaus. Im Jahr 1999 wurdenach eingehenden Beratungen durch den Stadtrat das städtebau-liche Entwicklungskonzept 2030 verabschiedet. Damals wurdebereits die Notwendigkeit des massenhaften Rückbaus von Wohn-raum erkannt.

Der Umbau der Stadt soll aber nicht nur mit dem Rückbau vonGebäuden verbunden werden. Ziel ist vielmehr die Weiterentwick-lung der Stadt im Rahmen dieses Umbauprozesses. Hoyerswerdabetrachtet die Auswirkungen des Einwohnerrückgangs ganzheit-lich. Mit den Beschlüssen zum Integrierten Stadtentwicklungskon-zept (INSEK) – Teilbereiche Wohnen und Wirtschaft – in den Jahren2003 und 2004 wurde die Aufgabe des Stadtumbaus weiter ver-tieft und fortgeschrieben. Zurzeit arbeitet die Stadt an einem wei-teren Konzept zum Thema Infrastruktur. Das INSEK der StadtHoyerswerda wurde durch die Entscheidungsträger beim Bund unddem Freistaat Sachsen als äußerst präzise und realitätsnah be-wertet.

Chance zur attraktiven Kleinstadt:Wohnkonzept

Das Entwicklungskonzept Wohnen beinhaltet sowohl städte-bauliche als auch wohnungswirtschaftliche Aspekte. EinSchwerpunkt ist angesichts des hohen Leerstandes der geplanteRückbau.

Die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur ist in den einzelnenStadtteilen sehr unterschiedlich. Deshalb wurde für jeden Stadtteilein eigenes Leitbild aufgestellt. Grob lassen sich für größereBereiche aufgrund ihrer Baugeschichte folgende Tendenzenabbilden.

Die entscheidenden Akteure im Stadt-umbauprozess haben inzwischen ge-meinsam und einvernehmlich ein Rück-bauvolumen von 8.500 Wohnungenunter Berücksichtigung folgender Krite-rien abgestimmt:· Rückbau vorrangig von außen nach

innen, d. h. vom Stadtrand ausgehend· Rückbau vorrangig von unbeliebten

Wohnungstypen· Rückbau vorrangig bei 5- bis 11-ge-

schossigen Gebäuden· Entdichtung in den Wohngebieten

durch punktuellen Rückbau· Rückbau vorrangig von Gebäuden

ohne Komplexmodernisierung

Die Rückbaukriterien vereinen sich über-wiegend auf die gleichen Objekte. Dabeibeschränkt sich Rückbau nicht nur aufWohngebäude, sondern umfasst auchEinrichtungen der sozialen Infrastruktur.

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52 HOYERSWERDA

Neustadt: Von der Monotonie der Plattenbauten zur modernen StadtDie Neustadt von Hoyerswerda ist eine reine Planstadt. Hierkamen nahezu alle in der DDR entwickelten industriellen Bau-weisen des mehrgeschossigen Wohnungsbaus zum Einsatz. Eslassen sich zwei Gebiete unterscheiden:Die Wohnkomplexe, die bis Mitte der 1960er Jahre fertig gestelltwurden, liegen heute im inneren Kernbereich der Neustadt, sindrecht großzügig gestaltet und bieten zwischen den Häusern einenentsprechenden Freiraum. Der Großteil dieser Gebäude ist bereitskomplexmodernisiert und wird durch die Bewohner zurzeit sehrgut angenommen. Die Nähe zum Zentrum und die Verbindunguntereinander über großzügige Grünachsen tragen wesentlich zurBeliebtheit bei.

Aus der Analyse der Bevölkerungsentwicklung und der Tendenz zuzunehmend kleineren Haushalten wird ein Rückgang der Ein-wohnerzahl in diesem Gebiet von 10 bis 15 Prozent prognostiziert.Dem begegnet die Wohnungswirtschaft mit punktuellen Rück-bauten sowie der Änderung von Wohnungszuschnitten im Rahmender Komplexmodernisierung von Gebäuden.

Die ab Mitte der 1960er Jahre errichteten Wohnkomplexe am Stadt-rand zeugen dagegen von einer extrem hohen Nutzungsdichte. DieAbstände zwischen den Gebäuden wurden auf ein Mindestmaßreduziert, die Küchen und Bäder in den Wohnungen sind ohneFenster. Der Rückgang der Bevölkerung und der Wunsch nachbesseren Wohnformen führte hier zu einem extrem hohen unddauerhaften Leerstand. Für dieses Wohngebiet ist daher ein groß-flächiger Rückbau vorgesehen. Ob die Flächen wieder bebaut wer-den, hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung ab; es ist abernicht ausgeschlossen, dass sie ungenutzt bleiben und neue land-schaftsparkähnliche Freiräume entstehen werden.

Ziel ist es, die Neustadt als eine intensiv durchgrünte, moderneStadtform im inneren Kern zu erhalten, aber auch zu größererUrbanität weiterzuentwickeln und in teilweise neu strukturiertenGebieten die ortsnahe Verknüpfung von Arbeiten, Wohnen undFreizeit zu ermöglichen.

vorher nachher

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53HOYERSWERDA

Altstadt: ein neues GesichtBis 1990 konzentrierten sich bauliche Maßnahmen auf den Aufbauder Neustadt. Die Altstadt war zunehmend vom Verfall der Bausub-stanz gekennzeichnet, die im Zweiten Weltkrieg entstandenenBaulücken wurden nicht geschlossen.

Die gesellschaftlichen Veränderungen nach 1990 und ihre Möglich-keiten des individuellen Bauens und die Wohneigentumsbildungeröffneten der Altstadt von Hoyerswerda eine neue Perspektive.Unter dem Blickwinkel des Ziels, den Charakter der historisch ge-wachsenen Kleinstadt zu erhalten, sind die Maßnahmen des Stadt-umbaus hier sehr viel kleinteiliger einzustufen und gegenüber derNeustadt stärker durch Neubaumaßnahmen geprägt. Knapp 25Millionen Euro wurden seit 1991 in die bauliche Erneuerung derAltstadt investiert. Dabei wurde deutlich, wie eine Stadt im Verlaufnur weniger Jahre ihr Gesicht positiv verändern kann.

Noch immer gibt es große freie Flächen, die bebaut werden können,und Bereiche, die der Aufwertung bedürfen. Mit Neuordnungskon-zepten, einer Vielfalt in den Planungsansätzen und nicht zuletzt mitder Förderung des individuellen Wohnbaus in der Altstadt gegenüberdem Neubau auf der „Grünen Wiese“ lassen sich in den kommendenJahren hier viele weitere Zuwächse für die Urbanität verwirklichen.Die Stadt geht davon aus, dass die heutige Einwohnerzahl vonetwa 8.500 Menschen, also 19 Prozent der Gesamtbevölkerungder Stadt, in diesem Gebiet in Zukunft stabil bleiben wird.

Ortsteile mit DorfcharakterDie Ortsteile Bröthen/Michalken, Dörgenhausen, Schwarzkollmund Zeißig sind dörflich geprägt und der Tradition der Sorben ver-bunden. Priorität in der baulichen Entwicklung hatte bisher dieErhaltung der alten Ortskerne und das harmonische Nebeneinan-der von alter und ergänzender Neubebauung.

Der Ortsteil Knappenrode ist mit seinen besonderen Merkmaleneiner ehemaligen Werksiedlung strukturell wie eine typische Lau-sitzer Bergbausiedlung aus dem Anfang des 20. Jahrhundertsgestaltet. Knappenrode ist ebenfalls vom Bevölkerungsrückgangbetroffen. Ziel der Stadtentwicklung ist es, den Ortsteil auf einerstabilen Größe von etwa 850 Einwohnern zu halten.

vorher nachher

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54 HOYERSWERDA

Neue Hoffnung säen: WirtschaftskonzeptDie Neugestaltung von Altstadt und Neustadt im Rahmen desINSEK durch Stadtumbau, Komplexmodernisierungen und Wohn-umfeldgestaltung führt zu mehr Lebensqualität der Bürger und da-mit auch zu einem stärkeren Heimatgefühl. Der Negativtrend inder Bevölkerungsentwicklung kann aber nur aufgehalten werden,wenn es gelingt, den Einwohnern von Hoyerswerda neue Hoffnungauf einen Aufschwung der Wirtschaft in der Region zu geben, demArbeitsplatzrückgang entgegenzuwirken und neue Arbeitsplätzezu schaffen. Die Kapazitäten in den strukturbestimmenden Bereichen· der medizinische Versorgung, Ausbildung und Forschung,· der angewandte Biotechnologie,· der erneuerbare Energien und· der Informationstechnologiesollen ausgebaut werden. Als erstes Ergebnis der regionalenwirtschaftlichen Zusammenarbeit wurde die Entwicklungsgesell-schaft Scheibe mbH gegründet. Die mit der Herausbildung desLausitzer Seenlandes einhergehende touristische Entwicklung inder Region wird auf die gesamte Stadt als Dienstleistungs- undHandelsstandort vorteilhafte Rückkopplungen haben.

Projekt: Jugend hat VisionenDie vermehrte Abwanderung von Jugendlichen in den Westen hatnicht nur Auswirkungen auf die demographische Entwicklung,sondern auch auf die Wirtschaft. Mit den Jugendlichen geht einwesentlicher Wirtschaftsfaktor verloren. Der Verein StadtZukunft e. V. will daher gemeinsam mit der Stadt Hoyerswerda im Projekt„Jugend hat Visionen“ Jugendliche mit den regionalen Unter-nehmen zusammenbringen. So sollen die Jugendlichen auf die durch-aus vorhandenen Chancen in der Region aufmerksam gemachtwerden. Das Projekt versteht sich als Informationsplattform undWissensforum und ist langfristig angelegt.

An die Teilnehmenden der verschiedenen Schulformen (Gymnasi-um, Berufsschule, Mittelschule) wurden Unterprojekte vergeben,die die Schüler mit Unterstützung von Studierenden der FH Lausitzaus Cottbus bearbeiten. Bereits realisierte Projekte sind z. B. einBewerbungsprojekt (Wie bewerbe ich mich richtig? Welche Unter-

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55HOYERSWERDA

AnsprechpartnerStefan Skora

Bürgermeister für Finanzen,

Ordnung und Bauwesen der Stadt

Hoyerswerda

Telefon:

0 35 71 . 45 65 00

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.hoyerswerda.de

Michael Köllner

Amt für Planung, Hochbau und

Bauaufsicht der Stadt

Hoyerswerda

Telefon:

0 35 71 . 45 65 10

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.hoyerswerda.de

nehmen bilden aus?), das Projekt Begleitung eines Unternehmens(Unternehmensgründung und Unternehmensprozesse) oder dieGründung einer Schülerfirma. Weitere Informationen gibt es unterwww.jugend-hat-visionen.de und www.stadtzukunft.de.

Grundstein für die Generationsaufgabe„Stadtumbau“

Die Entwicklung in Hoyerswerda macht einen sehr anspruchs-vollen Stadtumbauprozess notwendig. Diese Umgestaltung wirdnicht von heute auf morgen möglich sein – es ist eine Generations-aufgabe. Weite Teile der Neustadt und der Altstadt sind aber be-reits modernisiert worden. Bis heute umfasst der Rückbau etwa3.000 Wohnungen. Das Prinzip „Rückbau von außen nach innen“ist zwar angesichts der Baugeschichte der Stadt leichter zu ver-wirklichen als anderswo, betont aber zusätzlich das Ziel, letztlicheine kompakte Stadt zu erhalten.

Der ganzheitliche Ansatz zeigt deutlich, dass Hoyerswerda sichallen Herausforderungen des Bevölkerungsrückgangs stellt. Nichtnur das Problem Leerstand will man lösen, sondern Beachtungfinden gleichzeitig die Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur,die Finanzen usw. Mit dem wirtschaftlichen Konzept soll demAbwärtstrend in der Wertschöpfung entgegengewirkt werden.Durch die Definition von Leitbildern für jeden Stadtbereich ist einekonkrete Planung der Stadtentwicklung möglich.

Kosten und Finanzierung des StadtumbausDie gegenwärtigen Kenntnisse zur erforderlichen Finanzausstat-tung für den Umbau der Stadt Hoyerswerda gehen von einemBedarf von rund 62 Millionen Euro aus. Diese Mittel werden bis2015 benötigt, um die bisher gesteckten Ziele erreichen zu kön-nen. Dabei geht es vor allem um zwei Bereiche: zum einen um denRückbau von Wohngebäuden und baulichen Anlagen der Infra-struktur, die leer stehen und nicht mehr gebraucht werden, zumanderen um die Aufwertung der verbleibenden Stadtstrukturen,die eine Verbesserung der Architektur bzw. des Umfeldes erfahrenmüssen.

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Braunschweig ist mitetwa 240.000 Ein-wohnern die zweit-größte Stadt Nieder-sachsens. Die Stadt istnicht nur wirtschaft-liches und kulturellesOberzentrum derRegion, sondern zu-dem ein Forschungs-zentrum erstenRanges.

56 BRAUNSCHWEIG

BRAUNSCHWEIG– Betreute Wohngruppen –

Demographie-Profil

Typ:Schrumpfende undalternde Großstadt imStrukturwandel

Strategie:Die Stadt unterstütztInitiative eines Vereins,der betreute Wohn-gruppen als Alternativezur klassischen Heim-unterbringung einrichtet.

Demographische ProblemlageSeit 1990 nimmt die Bevölkerung in Braunschweig ab. Mitte der1990er Jahre verlor die Stadt über 2.500 Einwohner pro Jahr. In-zwischen hat sich dieser Trend abgeschwächt. Dabei fällt auf, dassdie Einwohnerentwicklung der deutschen Bevölkerung negativverläuft, die der ausländischen Bevölkerung – mit Ausnahmezweier Jahre – in den vergangenen 14 Jahren positiv. Aufgrundihrer überregionalen Attraktivität zieht die Stadt insbesonderejunge Menschen an, gleichzeitig verliert sie jedoch Einwohner anihr Umland. Hauptverantwortlich für den Einwohnerrückgang istaber der Sterbeüberschuss, der im Jahr 2003 -932 Personen betrugund auf einen Faktor zurückzuführen ist: Das aktuelle Geburten-niveau ist das niedrigste seit Mitte der 1970er Jahre.

Ein besonderes Problem ist die Alterung der Stadtgesellschaft. DerAnteil der über 60-Jährigen ist seit 1990 von 23,7 auf 27,2 Prozentgestiegen. Damit leben – in absoluten Zahlen – knapp 3.900 Per-sonen dieser Alterskohorte mehr in der Stadt. Und ein weitererkräftiger Anstieg ist zu erwarten. Infolge dieser demographischenEntwicklung wird die Nachfrage nach stationärer Infrastrukturüberproportional steigen.

Wohnen im AlterDie meisten älteren Menschen möchten so lange wie möglich inihrem vertrauten Lebensumfeld bleiben. Wenn aufgrund der per-sönlichen Lage ein Verbleiben in der eigenen Wohnung oder imeigenen Haus nicht mehr möglich ist, müssen andere Optionengefunden werden. Neben der klassischen Heimunterbringung gibtes viele neue Formen des Wohnens im Alter – betreute Wohngrup-pen sind eine davon.

Für viele ältere Menschen ist die betreute Wohngruppe der letzteAusweg, um den Umzug in ein Pflegeheim zu vermeiden. Wennschon ein Wohnungswechsel erforderlich wird, so bietet dieWohngruppe Normalität, gute Lebensqualität, Selbstbestimmungund gleichberechtigte Auseinandersetzung mit anderen.

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57BRAUNSCHWEIG

Betreute WohngruppenSeit 1988 haben zwei freie Träger mit Unterstützung der StadtBraunschweig acht betreute Wohngruppen mit insgesamt 32Plätzen geschaffen. Federführend ist der Verein ambet e. V., der mitgroßem Engagement diese Wohnform in Braunschweig eingeführthat und sieben Gruppen betreut. Die Stadt unterstützt diese Initia-tive insbesondere durch das Sozialdezernat und das Seniorenbüroals einen Teil ihrer Planung für die ältere Generation.

Den Alltag selbst gestaltenIn den betreuten Wohngruppen leben drei bis vier Senioren ineinem gemeinsamen Haushalt zusammen. Alle haben ihren eige-nen separaten Wohn- und Schlafraum, in den sie sich zurückziehenkönnen. Die Orientierung auf eine kleine Haushaltsgröße stellt An-sprüche an alle Mitglieder: So sind die Bewohner weitestgehend indie Haushaltsführung mit einbezogen; diese Mithilfe und Mitver-antwortung für den gemeinsamen Haushalt bedeutet eine auf denAlltag bezogene sinnvolle Aktivierung, die sich zugleich positiv aufden Gesundheitszustand der Älteren auswirkt.

Neben der Förderung von Eigenständigkeit und Verantwortungsollen die Wohngruppen den Senioren einen emotionalen Halt bie-ten. Dazu gehört auch, dass die vorhandenen sozialen Beziehungenerhalten bleiben und neue aufgebaut werden. Eine wichtige Rollespielt hier die Integration in das soziale Leben des Wohnquartiers.So besuchen die Bewohner beispielsweise die Seniorenkreise derKirchengemeinde und halten Kontakt zur Nachbarschaft im Haus.Wichtig ist zudem, dass sie selbst über die Auswahl neuer Mitbe-wohner entscheiden können.

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58 BRAUNSCHWEIG

Sozialpädagogische Betreuung undHauswirtschaftskraft

Dem Grundsatz der Selbstorganisation entspricht auch, dass fach-liche Hilfe nicht den ganzen Tag in der Einrichtung anwesend ist.In allen Wohngruppen arbeiten jeweils eine sozialpädagogischeBetreuungskraft und eine Hauswirtschaftskraft.

Die sozialpädagogische Kraft ist die zentrale Bezugs- und Betreu-ungsperson für die Bewohner. Zu ihren Aufgaben gehören regel-mäßige Gruppen- oder Einzelgespräche, in denen individuelle Pro-bleme, aber auch gruppeninterne Konflikte besprochen werden.Außerdem gibt sie Anleitung bei täglichen Verrichtungen, machtVorschläge für die Tagesstrukturierung, hilft bei Sozialhilfe-, Wohn-geldanträgen usw. und regt die Bewohner zur Teilnahme am Ge-meinschaftsleben an.

Eine Hauswirtschaftskraft unterstützt die Senioren bei der Haus-arbeit (Kochen, Wäschepflege, Reinigung usw.). Die Mitglieder derWohngruppe zahlen für die sozialpädagogische Betreuung und dieHauswirtschaftskraft einen Pauschalbetrag.

Frei wählbarer Pflegedienst Benötigt ein Bewohner Pflegeleistungen, so kann er den Dienst-leister selbst wählen. Auch bei längerer und schwerer Pflegebe-dürftigkeit wird ein Verbleiben in der Wohngruppe ermöglicht. Diepflegerischen Hilfen werden selbst getragen, können aber ggf.durch die Pflegeversicherung, die Krankenkasse oder das Sozial-amt übernommen werden. Mit dieser Konstellation wird die Stan-dardleistung der betreuten Wohngruppe (Miete und Service) klarvon Pflegeleistungen getrennt.

Zwischen individueller Be-schäftigung und Gemein-schaftsleben – Skizze einesTagesablaufsMorgens werden die Bewohner bei Be-darf vom Pflegedienst versorgt. Zwi-schen Frühstück und Mittagessen gehenalle ihren individuellen Beschäftigungennach. Einmal pro Woche werden nachdem Frühstück gemeinsam die Mahl-zeiten der nächsten Woche geplant.Gegen Mittag kommt die Hauswirt-schaftskraft, um das Essen zu kochen.Die meisten Mitglieder der Wohngruppehelfen dabei oder finden sich zumindestin der Küche ein. Während und nach demEssen bespricht die sozialpädagogischeKraft mit ihnen die aktuellen Tagesereig-nisse. Sie verlässt gegen 13.30 Uhr dieWohnung, die Hauswirtschaftskraft bleibtin der Regel bis ca. 16 Uhr. Um 18 Uhrkommt eine Pflegerin in die Wohnung,um bei Bedarf Grundpflege durch-zu-führen, Medikamente zu stellen, Abend-essen zuzubereiten und Bewohner fürdie Nacht fertig zu machen.

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59BRAUNSCHWEIG

Ansprechpartner/inDr. Bernd Gröttrup

Sozialdezernent Stadt

Braunschweig

Telefon:

05 31 . 4 70 22 10

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.braunschweig.de

Birgit Raute

ambet e. V.

Telefon:

05 31 . 2 56 57 31

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.ambet.de

Gemeinsames Qualitätsmanagement vonStadt und Verein

Im Herbst 2003 vereinbarten der Verein ambet e. V. und das Sozial-amt der Stadt Braunschweig einen Vertrag über ein Qualitätsma-nagement. Dieser beinhaltet eine Vergütungsvereinbarung undlegt Qualitätsstandards für betreute Wohngruppen fest. Die Prü-fung wird im Sozialamt von der Abteilung für besondere sozialeAufgaben ausgeführt, die auch über die Hilfe zur Pflege entschei-det und daher für die Gewährung der Mittel für die sozialpäda-gogische Betreuung in den Wohngruppen zuständig ist.

UmsetzungserfolgeNicht alles Neue ist mit Mehrkosten verbunden: Die Kosten derPflegewohnungen liegen im Schnitt unter den durchschnittlichenBeiträgen der entsprechenden stationären Angebote. Sowohl fürdie Bewohner als auch für die Pflegeversicherung ist die Unter-bringung in dieser Wohnform also günstiger als im Pflegeheim.Dagegen entfallen auf den Träger der Wohnungen Mehraufwen-dungen.

Auch im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit halten die betreutenWohnungen dem Vergleich mit den Pflegeheimen stand. Die Er-fahrungen der letzten 14 Jahre in Braunschweig haben gezeigt,dass die Fluktuation in den Pflegewohnungen äußerst gering ist.Eine zunehmende Pflegebedürftigkeit führt nicht zu einem Auszugaus der Wohnung. Abgesehen von den Sterbefällen ist es bishernur einmal zu einem Auszug gekommen – zurück in die eigeneWohnung.

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Die kreisfreie Stadt inBrandenburg liegt ander Grenze zu Polen.Seit Ende des ZweitenWeltkriegs teilt dieOder die ursprünglicheStadt in das deutscheFrankfurt am linkenund das polnischeSlubice am rechtenFlussufer. Heute sindbeide Städte und ihrUmland durch dreiBrücken verbundenund beherbergen die1991 wieder gegrün-dete Europa-Universi-tät „Viadrina“.

60 FRANKFURT (ODER)

FRANKFURT (ODER) – Die Chancen des Leerstands erkennen –

Demographische ProblemlageFrankfurt (Oder) hat zwischen 1990 und 2003 etwa 22 Prozent derBevölkerung (19.000 Einwohner) verloren. Gemäß der aktuellenBevölkerungsprognose des Landes Brandenburg wird die Einwoh-nerzahl von heute 67.000 bis 2020 auf etwa 59.000 zurückgehen.Zu DDR-Zeiten hatte es noch ganz anders ausgesehen: Mit Ansie-delung eines Halbleiterwerkes in den 1960er Jahren stieg die Ein-wohnerzahl auf über 80.000 Menschen an. Die DDR-Planer wolltenFrankfurt sogar zu einer Großstadt ausbauen und legten dement-sprechende Infrastrukturen an. Seit der Wende verzeichnet Frank-furt wie viele Städte in Ostdeutschland jedoch eine anhaltendeAbwanderung von vor allem jungen Einwohnern und einen deut-lichen Rückgang der Geburten auf aktuell 472 Lebendgeburten imJahr 2003 (7,0 Geburten pro 1.000 Einwohner). Die Auswirkungendes Einwohnerrückgangs sind in Frankfurt greifbar:· Seit 2000 mussten acht von 47 Kindertagesstätten und acht von

32 allgemein bildenden Schulen schließen.· Zwischen 1997 und 2003 ging der Fernwärmeverbrauch um 30

Prozent zurück; damit ist der wirtschaftliche Betrieb der Anlagenin den nächsten Jahren stark gefährdet. Der jährliche Ertragsaus-fall wird nach heutigen Schätzungen mehr als eine Million Eurobetragen.

· Ähnliche Entwicklungen sind in der Abwasserentsorgung und derTrinkwasserversorgung zu befürchten.

Ein großes Problem ist der hohe Leerstand in Wohngebäuden. Ob-wohl sich die Situation u. a. infolge von Gebäudeabrissen stabili-siert hat, stehen rund 6.200 Wohnungen leer. Stark betroffen sindvor allem die unsanierten Bestände in den Plattenbaugebieten„Neuberesinchen“ (31,6 Prozent), „Nord“ (29 Prozent) und „Süd“(25 Prozent) am Stadtrand. Ohne gegensteuernde Maßnahmenwürde der Leerstand bis 2015 auf 28 Prozent im Stadtdurchschnittansteigen.

Insgesamt hat sich der Wohnungsbestand trotz der Abrissmaß-nahmen durch den Neubau von Einfamilienhäusern leicht erhöht.Die Wohneigentumsquote ist aber mit 15 Prozent noch immer sehrniedrig, sodass künftig weiter von einem Nachholbedarf im Ein-familienhausbau und anderen eigentumsbildenden Maßnahmenausgegangen werden kann.

Demographie-Profil

Typ:Schrumpfende Mittel-stadt in der Grenzregion

Strategie:Das strategische Gesamt-konzept Stadtumbau willdie Wohnqualität erhöhenund damit Einwohner inFrankfurt (Oder) binden.

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61FRANKFURT (ODER)

Schwerpunkt StadtumbauAufgrund der geschilderten Bevölkerungsentwicklung und derdamit verbundenen Leerstandsproblematik ist demographischerWandel in Frankfurt gleichbedeutend mit Stadtumbau. Um denStadtumbauprozess zu lenken, hat sich eine Arbeitsgruppe beste-hend aus Vertretern der betroffenen Fachämter der Stadtverwal-tung, der Wohnungsunternehmen, der Ver- und Entsorgungsunter-nehmen, des Mietervereins und weiteren Akteuren aus der Woh-nungspolitik und der Stadtentwicklung gebildet.

Gesamtstädtisches KonzeptIn enger Verzahnung mit dem wohnungswirtschaftlichen und -politischen Konzept ist ein Stadtumbaukonzept erarbeitet, 2002von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen und 2004fortgeschrieben worden. Darin sind stadtplanerische Leitlinien ausgesamtstädtischer Sicht sowie differenzierte Entwicklungszieleund Maßnahmen für die einzelnen Wohngebiete festgelegt worden.Ziele sind die Konsolidierung des Wohnungsmarktes und die Stär-kung der Innenstadt. Dazu sollen der Wohnungsbestand deutlichreduziert und die verbleibenden Wohnungen und das Wohnumfeldaufgewertet werden. Nur auf diese Weise können die positivenAspekte der Schrumpfung genutzt werden, sodass die Wohn- undLebensqualität der Stadt insgesamt steigt.

Teilräumliche Entwicklungskonzepte Zunächst wurden die Wohngebiete Frankfurts bewertet und in dreiHandlungsbedarfskategorien eingeteilt: Gebiete ohne Handlungs-bedarf (konsolidierte Gebiete), Gebiete mit Umstrukturierungsbe-darf und Gebiete mit dringendem Umstrukturierungsbedarf. InGebieten mit Umstrukturierungsbedarf sollen vor allem durch Auf-wertungsmaßnahmen die Wohnqualität verbessert und nur punk-tuell Wohneinheiten abgerissen werden. Gebiete mit dringendemUmstrukturierungsbedarf haben Förderpriorität. Zu ihnen zählendie Plattenbausiedlungen „Neuberesinchen“, „Nord“ und „Süd“. Inden teilräumlichen Entwicklungskonzepten werden diese Gebieteuntersucht und die Maßnahmen konkretisiert. Dabei waren auf-wändige Abstimmungen notwendig, um die verschiedenen Belan-ge von Stadt, Wohnungsunternehmen, Mietern, den Betrieben der

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62 FRANKFURT (ODER)

stadttechnischen Ver- und Entsorgung sowie weiteren Akteuren ab-zugleichen und so zu wirtschaftlich, technisch und inhaltlich trag-fähigen (zukunftsfähigen) Konzepten zu gelangen.

Kosten- und FinanzierungskonzeptFür alle Maßnahmen liegt ein bis 2015 reichendes und abgestimm-tes Kosten- und Finanzierungskonzept vor mit Aussagen über diefinanziellen Beiträge von Bund, Land und Stadt. Die Gesamtkostendes Stadtumbaus werden mit 258,5 Millionen Euro beziffert, diezum größten Teil von den beiden großen Wohnungsunternehmen zutragen sind. Der städtische Beitrag wird voraussichtlich 11,77 Millio-nen Euro betragen.

StadtumbaumanagementZiel des Stadtumbaumanagements ist es, die notwendigen Orga-nisationsstrukturen zu schaffen, die einerseits die Fachaufgabenerfordern und die andererseits Führungs- und Entscheidungsfähig-keit, vorausschauende Planung, das Zusammenspiel der Akteuresowie eine zureichende Information und Kommunikation mit denBürgern gewährleisten. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem neuentstandenen Amt des Stadtumbaumanagers zu.

Maßnahmen des StadtumbausAbrissBis 2010 ist der Abriss von 7.500 Wohnungen geplant, von denenbereits 1.357 Wohneinheiten (Stand: Ende Mai 2004) entfernt wur-den. Im Stadtumbaukonzept sind die Abrissobjekte für diesen Zeit-raum zum größten Teil konkret benannt. Um mögliche Verunsiche-rungen infolge von Planungskorrekturen auszuschließen, wird je-doch seit 2003 die Verbindlichkeit aller Maßnahmen nur für die jeweilsfolgenden drei Jahre bestimmt (Beschluss der Stadtverordnetenver-sammlung).

Für die Zeit nach 2010 wurden Abrisspotenzialflächen ausgewiesen.Dadurch erhalten Stadt und Wohnungsunternehmen einen hinrei-chenden Spielraum, um flexibel auf die Stadt- und Wohnungsmarkt-entwicklung reagieren zu können.

vorher nachher

Bildquelle Büro PFE

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63FRANKFURT (ODER)

Besondere Schwierigkeiten gibt es in Bezug aufdie technische Infrastruktur. Alleine die Netzan-passung wird mit 800 Euro pro abgerisseneWohneinheit veranschlagt und kann bislang nuraus dem Aufwertungsprogramm, d. h. zulastender Aufwertungsmaßnahmen gefördert werden.Bei 1.000 Wohneinheiten im Jahr entstehen folg-lich Kosten von 0,8 Millionen Euro. Diese beinhal-ten allerdings nur den relativ einfachen Verbleibder Leitungen im Erdreich. Müssen Infrastruktur-systeme entfernt werden, da das Grundstückneu bebaut werden soll, oder sind benachbarteGebäude weiter zu versorgen, so sind diese An-passungsmaßnahmen mit hohem technischenund finanziellen Aufwand verbunden.

Abriss betrifft aber nicht ausschließlich Wohnge-bäude, sondern ebenso Infrastruktureinrichtungenwie Schulen oder Kindertagesstätten. Die Höhedieser Kosten wird auf drei Millionen Euro ge-schätzt.

AufwertungsmaßnahmenFrankfurt verfügt seit 2004 über einen Gesamt-katalog „Aufwertung“ mit derzeit ca. 80 kon-kreten Einzelmaßnahmen. Unter anderem gehtes um die Nachnutzung von Abrissflächen, sodie Neugestaltung von Kernbereichen im Stadt-teil „Nord“ oder die Überplanung und Neuglie-derung von wichtigen städtischen Wegen,Plätzen und Straßen, wie die „Nördliche Oder-promenade“, die Wegebeziehungen an der Bahn-hofstraße oder die Rosa-Luxemburg-Straße.

Ein wesentlicher Teil künftig frei werdender Flä-chen ist städtebaulich-strategisch nicht für eineerneute bauliche Entwicklung vorgesehen, so-dass insbesondere der Grün- und Freiflächenpla-

nung eine Schwerpunktrolle im Stadtumbau zu-kommt. Zudem sollen über dieses Instrumenta-rium vorhandene Freiräume aufgewertet sowiedie soziale Infrastruktur verbessert werden;Beispiele dafür sind Schulhofsanierungen undSpielplatzgestaltungen. Aufwertungsmaßnahmensind beispielsweise auch Wohnhofgestaltungen,die Renaturierung und landschaftsgestalterischeNeugestaltung von Fließgewässern oder dieUnterstützung bei der Sanierung städtebaulich-architektonisch bedeutender Gebäude. Räum-liche Schwerpunkte werden im Stadtzentrumsowie in den zentralen Bereichen der weiterenStadtumbaugebiete „Nord“, „Süd“ und „Neu-beresinchen“ gesetzt.

EigenheimbauEin Teil der durch den Abriss frei werdendenFlächen wird als Baufläche für Einfamilien- bzw.Reihenhäuser ausgewiesen. Bis 2015 sollen imStadtgebiet ca. 1.500 Wohneinheiten entstehen.Mit diesen Potenzialen und weiteren Maßnah-men, wie der Bereitstellung kostengünstigerBaugrundstücke, könnte es gelingen, Frankfurtzu einem attraktiven Wohnstandtort in der Regionzu entwickeln und zugleich der weiteren Subur-banisierung entgegenzuwirken. Diese Über-legung beinhaltet einen weiteren Aspekt: Durchdie Schrumpfung sind technische und sozialeInfrastrukturen unterausgelastet; attraktive, ziel-gruppenorientierte Wohnangebote und -bedin-gungen könnten die Abwanderung mindern,Anreize für Zuzüge schaffen und in der Folge diewirtschaftlichen Rahmenbedingungen für dieInfrastruktur Frankfurts stabilisieren.

Teil_3 09.11.2004 7:52 Uhr Seite 21

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64 FRANKFURT (ODER)

AnsprechpartnerWilfried Redlich

Amt für Strategie, Wirtschafts-

und Stadtentwicklung der Stadt

Frankfurt (Oder)

Abteilung Stadtentwicklung

Telefon:

03 35 . 5 52 60 10

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.frankfurt-oder.de

Frank Strohecker

Stadtumbaumanager der Stadt

Frankfurt (Oder)

Telefon:

03 35 . 5 52 60 17

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.frankfurt-oder.de

Bürgerbeteiligung und ÖffentlichkeitsarbeitDer Stadtumbauprozess der Stadt Frankfurt (Oder) wird durch einebreite Information der Einwohner begleitet. Dabei stehen vor allemdie Chancen, die der Umbau für die Stadt birgt, im Vordergrund.Auf zentralen Veranstaltungen wurden die Bürger über die Zieleund Maßnahmen informiert; in den besonders betroffenen Ge-bieten finden Stadtteilversammlungen statt.

Insbesondere konfliktträchtige Maßnahmen werden frühzeitig vonder Stadt und den Wohnungsunternehmen begleitet. Dazu gehört,dass die betroffenen Mieter frühzeitig detaillierte Informationenüber die baulichen Maßnahmen, die Ersatzwohnbereitstellung unddas Umzugsmanagement erhalten.

Die Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet die enge Zusammenarbeit mitden Medien, den Aufbau des Büros „Forum Stadtumbau“ imStadtzentrum als Anlaufstelle für Bürger und als Präsentationsortdes Stadtumbaus, die regelmäßigen Publikationen der Stadtver-waltung zum Stadtumbau, den Aufbau einer speziellen Internet-seite und öffentliche Veranstaltungen wie Stadtteilkonferenzen.Ziel dieser Aktivitäten ist es, Bürger und Mieter aktiv in den Stadt-umbauprozess einzubinden, ihre Interessen aufzunehmen und siefür die Umsetzung zu gewinnen.

Das schlüssige Gesamtkonzept der Stadt legt langfristig Ziele fest.Es gründet auf eine offene Kommunikation und betont die Chan-cen des Stadtumbaus für eine nachhaltige Verbesserung der Wohn-und Lebensbedingungen.

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65

Typ StagnierendeKommune

Teil_3 09.11.2004 7:54 Uhr Seite 23

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Die Stadt am Teuto-burger Wald zählt mitknapp 330.000 Ein-wohnern zu den 20größten Städten Deutschlands. Bielefeldist Oberzentrum derRegion Ostwestfalen-Lippe, in der etwazwei Millionen Men-schen leben.

66 BIELEFELD

BIELEFELD– Selbstbestimmtes Wohnen im Alter –

Demographische ProblemlageBielefeld gewinnt vor allem durch Zuzug aus dem In- und Auslandhinzu. In den letzten Jahren konnten diese Wanderungsgewinneden vorhandenen Sterbeüberschuss und die Verluste der Umland-wanderungen überkompensieren. Langfristig kann sich die Stadtaber dem bundesweiten Rückgang und der Alterung der Bevölke-rung nicht entziehen.Aktuelle Bevölkerungsprognosen gehen davonaus, dass die Einwohnerzahl bis 2020 auf etwa 300.000 zurückge-hen wird (ohne Berücksichtung von Wanderungen). In Zukunftwerden auch Wanderungsgewinne die natürlichen Verluste nichtmehr ausgleichen können.

Bereits heute sind mehr als 25 Prozent der Stadtbevölkerung über60 Jahre alt. Etwa fünf Prozent sind 80 Jahre und älter und gehörensomit zu den so genannten Hochbetagten. Der Anteil der älterenBürger im Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl wird in den näch-sten Jahren steigen. Neben vielen anderen Herausforderungen desdemographischen Wandels ist es daher von großer Bedeutung,sich bereits heute darüber Gedanken zu machen, wie Wohnen imAlter zukünftig aussehen kann.

Kommunale Wohnungsgesellschaft in derVerantwortung

Als mehrheitlich kommunales Unternehmen übernimmt dieBielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (BGW), mit über11.000 Mietwohnungen das größte Wohnungsunternehmen inOstwestfalen-Lippe (OWL), eine besondere Verantwortung für dieStadtentwicklung. Gemeinsam mit einem freien Träger und derStadt Bielefeld hat die BGW ein Konzept für Senioren entwickelt,das auch im Alter ein selbstbestimmtes Wohnen in der eigenenWohnung ermöglicht.

Bedeutete Wohnungsbau für Senioren bisher hauptsächlich barri-erefreies Wohnen, so werden die Ansprüche der künftigen älterenGenerationen hinsichtlich des Service und der Betreuung steigen.Diesen Ansprüchen trägt die BGW mit ihrem Konzept bereits heuteRechnung.

Demographie-Profil

Typ:Schrumpfende undalternde Großstadt

Strategie:Kommunale Wohnungs-gesellschaft baut Senio-renanlagen und will soselbstbestimmtes Woh-nen im Alter mit hoherVersorgungssicherheitermöglichen.

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67BIELEFELD

Unzufriedenheit mit rechtlichen Regelungenführt zur Neukonzeption

Die Idee für die Seniorenwohnanlagen des Bielefelder Modells ent-stand aus der Konfrontation mit den Förderbestimmungen desLandes Nordrhein-Westfalen. Diese sahen eine verbindliche Koppe-lung von altersgerechten Wohnungen und Dienstleistungen mitden so genannten Betreuungsnachweisen vor.

Die nachzuweisenden Betreuungsleistungen beinhalteten (1) An-sprechpersonen für die Bewohner, (2) Aufgaben der Hausordnung,(3) Nacht- und Notbereitschaft, (4) hauswirtschaftliche und (5)pflegerische Hilfen. Die Kosten für die Vorhaltungen der Leistungen1 bis 3 können nach den Förderbestimmungen des Landes NRW indie Miete mit einfließen. Für die Mieter bedeutet dies eine monat-liche Zusatzbelastung von bis zu 100 Euro, unabhängig davon, obdie Leistungen genutzt werden. Diese Regelung entsprach aller-dings nicht den Prinzipien des BGW. In Zusammenarbeit mit demVerein Freie Altenarbeit e. V. suchte man nach einer Lösung, umeine Vorhaltung der Dienstleistungen kostenneutral zu ermög-lichen. Erst bei Inanspruchnahme wird die Dienstleistung einzelnabgerechnet.

Hoher Pflegebedarf einiger Mieter garantiertVersorgungssicherheit ohne Betreuungspau-schale für alle

Diese Möglichkeit ergab sich durch die Bildung einer Wohngruppefür pflegebedürftige Menschen. In der ersten Seniorenwohnanlagein der Dahlemer Straße, die 1996 bezogen wurde, sind fünf Wohn-einheiten zu einer Gruppenwohnung zusammengelegt. Aufgrunddes Einzugs einer Wohngemeinschaft mit pflegebedürftigen Perso-nen ist Pflegepersonal in der Wohnanlage für 24 Stunden gebunden.Für alle anderen Mieter der Anlage ist damit ein Versorgungskon-zept mit einer Betreuung rund um die Uhr sichergestellt; sie könnendarauf im Bedarfsfall zurückgreifen, ohne bereits im Vorfeld einezusätzliche finanzielle Belastung tragen zu müssen. Dabei hatjeder Mieter die Freiheit, einen Anbieter zu wählen; dies muss nichtder Dienstleister der Wohnanlage sein.

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68 BIELEFELD

Dienstleistungen der Seniorenanlage sind aber nicht nur denBewohnern vorbehalten, sondern richten sich auch an das Umfelddes Wohnquartiers. Auf diese Weise haben die Nachbarn einenDienstleister vor Ort und können in der eigenen Wohnung bleiben.Die Stadt Bielefeld hat dieses Konzept bewilligt, da es für deneinzelnen Menschen in der Seniorenwohnanlage und in der nähe-ren Umgebung eine größere Versorgungssicherheit bietet als inden Förderrichtlinien vorgesehen.

Ein Konzept macht SchuleInzwischen sind Seniorenwohnanlagen an verschiedenenStandorten in Bielefeld mit verschiedenen Kooperationspartnernentstanden, und weitere sind in Planung. Die Grundzüge des Kon-zeptes sind aber in allen Anlagen gleich:

· Hilfe und Pflege in der WohngruppeHerzstück der Seniorenwohnanlage ist die Betreuung von alten,kranken oder behinderten Menschen durch Fachkräfte des je-weiligen Kooperationspartners. Um die personalintensive, 24-Stunden-Betreuung sicherzustellen, sind fünf bis sechs Mieter mithohem Pflegebedarf notwendig. Diese rekrutieren sich haupt-sächlich aus dem Kundenstamm des Dienstleisters. In den erstenWohnanlagen lebten die Pflegebedürftigen in einer gemein-samen Wohnung, in den neueren Objekten verfügen sie übereigene Wohnungen. Daneben gibt es in den Anlagen Gästezim-mer, die auch für Kurzzeit- oder Verhinderungspflege (wenn diePflegekraft aus Krankheits- oder sonstigen Gründen ausfällt) ver-wendet werden können. Im Bedarfsfall können die Mieter deranderen Wohnungen, aber auch die Menschen im näherenUmfeld der Seniorenanlage auf die Pflegekräfte zurückgreifen.

· Regelmäßige Beratungsangebote im HausIn einem Büroraum werden regelmäßig Beratungen überGesundheitsvorsorge, Informationen über Hausnotruf,Unterstützung bei Kostenanträgen (Pflegekasse, Krankenkasse,Sozialamt usw.) angeboten. Außerdem werden Hauswirtschafts-und Pflegedienste vermittelt.

Seniorenwohnanlagen der BGW:· Dahlemer Straße: 55 barrierefreie Woh-

nungen (2 Zimmer, Küche, Bad, Balkon),Servicestützpunkt von „Alt und Jung e. V.“

· Jöllenbecker Straße: 27 barrierefreieWohnungen (2 Zimmer, Küche, Bad,Balkon), Servicestützpunkt der AWO

· Heinrichstraße: 42 barrierefreie Woh-nungen (2-3 Zimmer, Küche, Bad, Bal-kon), Servicestützpunkt des Johannes-werks

in Planung:· Eikumer Straße: 42 barrierefreie Woh-

nungen (2-3 Zimmer, Küche, Bad, Bal-kon), Baubeginn 2005

· Westerfeldstraße: 24 barrierefreieWohnungen (2-3 Zimmer, Küche, Bad,Balkon), Baubeginn 2005, Möglichkeitder Eigentumsbildung

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69BIELEFELD

· Unterstützung von SelbsthilfeaktivitätenDie Unterstützung von Selbsthilfeaktivitätenist ein vorrangiges Ziel. Im Gemeinschaftraumwird daher ein vielfältiges Programm angebo-ten, z. B. Hobbygruppen, Gesundheitstrainingoder Kochgruppen.

· Begegnung der GenerationenUm eine Gettoisierung zu vermeiden, ist der Aus-tausch mit jungen Menschen von großer Be-deutung. Nachbarschaftsfeste, ein generations-übergreifendes Kulturprogramm und vielesmehr bieten einen Rahmen für den Generatio-nenaustausch. Der Gemeinschaftsraum bzw.die Wohnküche ist Mittelpunkt der Wohnan-lage und dient als Begegnungsstätte für Be-wohner und Nachbarschaft. Hier können Mahl-zeiten gemeinsam oder durch eine von denMietern organisierte Hauswirtschaftskraftzubereitet und gegessen werden.

· Beratung von Angehörigen und FreundenDie überwiegende Zahl der Senioren ist beimEinzug gesundheitlich fit und aktiv. Bei schwe-rer Krankheit oder Pflegebedürftigkeit könnendie Mieter im Haus wohnen bleiben. Durchgezielte Schulung von Angehörigen undFreunden soll die Hilfe durch das nahe Umfeldgestärkt werden. Zusätzlich können ambulanteDienste eingesetzt werden.

· HausnotrufdienstVerschiedene Einrichtungen bieten einenHausnotrufdienst an. Bei Bedarf kann derMieter einen Notruf zu dem Pflegedienst in derWohngruppe im Haus einrichten oder zu einemanderen Dienstleister, der einen Hausnotrufbetreibt. Über die Beratung im Haus istsichergestellt, dass alle Mieter, die einenHausnotruf wünschen und benötigen, diesenauch erhalten.

Versorgungssicherheit ohne Betreuungspauschale – Übersicht Leistungen· Sicherheit durch Dauermietvertrag· barrierefreie Wohnungen· gemeinsame Kochmöglichkeiten · Aufenthaltsräume· Gästezimmer· Servicestützpunkt· Tag und Nacht Versorgungssicherheit· Behandlungspflege im Bereich der ärztlich verordneten Anwendungen· Begleitung von Aktivitäten, Hobbys, Kultur und Freizeit· Eingliederungshilfe für jüngere Menschen (Frührentner)· Familienverhinderungspflege· Unterstützung von Selbsthilfeaktivitäten· Begegnungen der Generationen· Vermittlung von Hauswirtschafts- und Pflegediensten· Förderung der Selbsthilfe und Dienstleistungsvielfalt

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70 BIELEFELD

· Vermittlung von Hauswirtschafts- und PflegedienstenNeben dem im Haus tätigen Pflegedienst werden alle anderenPflegedienste angesprochen. Der Mieter hat Wahlfreiheit undkann den Dienstleister wählen, der am besten seinen persön-lichen Bedürfnissen entspricht. Bei Unzufriedenheit mit einemAnbieter kann er den Dienstleister wechseln.

· Multikulturelle SeniorenhilfeDie besonderen Wünsche und Belange kultureller, religiöser undethnischer Herkunft der einzelnen Mieter werden in denSeniorenwohnanlagen beachtet.

· Förderung der Selbsthilfe und Dienstleistungsvielfalt stattbetreutes WohnenUm den Mietern eine zusätzliche Gebühr für das betreute Woh-nen zu ersparen, aber dennoch die Kosten für die Pflegebäder

Projekt „Leben und Wohnen im Alter“ – Bedarfsgerechte Wohnmodelle für die ZukunftIn Kooperation mit dem Kuratorium Deutsche Altershilfe will die Bertelsmann Stiftung mit diesemProjekt Alternativen zur traditionellen Heimunterbringung weiterentwickeln und verbreiten, die denWohnbedürfnissen älterer Menschen entsprechen und gleichzeitig den zukünftigen gesellschaftlichenund volkswirtschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen.

Die einzelnen Projektziele sind:· Ein systematischer Überblick über das Gesamtangebot neuer Wohnformen im Alter· Information und Aufklärung über die Möglichkeiten und Grenzen dieser Wohnformen· Einstufung tragfähiger und bedarfsgerechter Wohnformen für die Zukunft· Modifizierung und Weiterentwicklung ausgewählter Wohnmodelle· Bekanntmachung und Etablierung von best practice Modellen in der Öffentlichkeit· Einbeziehung von Erfahrungen aus dem Ausland

Kontakt: [email protected], www.bertelsmann-stiftung.de

Ber te l sm a n n St i f tungINFO

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71BIELEFELD

AnsprechpartnerWerner Stede

Bielefelder Gemeinnützige

Wohnungsgesellschaft mbH

Telefon:

05 21 . 88 09 01

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.bgw-bielefeld.de

und den Pflegestützpunkt zu sichern, kooperiert die BGW mitzahlreichen Anbietern in Bielefeld bezüglich eines entsprechen-den Servicesystems. Die vom jeweiligen Dienstleister angemie-teten Räume können auch von anderen Institutionen genutztwerden, z. B. für Wohnberatung, soziale Beratung und Gesund-heitsdienste. Letztendlich ist die Eigeninitiative der Mieter undderen Angehöriger ein entscheidendes Instrument für ein gelun-genes und kostengünstiges Miteinander in der Seniorenwohn-anlage.

„Selbstbestimmt“ heißt „wählen können“Jeder Mieter des Hauses oder Bewohner der Nachbarschaft nimmtnach Interesse und seinen Ressourcen entsprechend am Leben inder Gemeinschaft teil. Alle Versorgungsleistungen sind jederzeitzu- und abwählbar. Die Möglichkeit, andere Dienstleister in An-spruch zu nehmen, bleibt ebenso unberührt wie die, sich ganz oderteilweise von Nachbarn oder Verwandten pflegen zu lassen.

Ziel: flächendeckende VersorgungWährend die ersten zwei Anlagen in der Dahlemer Straße und derJöllenbecker Straße öffentlich gefördert sind, ist das Wohnprojektin der Heinrichstraße nur zum Teil durch die öffentliche Handfinanziert, um Haushalten ohne Wohnberechtigungsschein einenEinzug zu ermöglichen. Bisher sind sämtliche Objekte Neubauten,aber die BGW möchte in Zukunft auch im Bestand Wohnen mitVersorgungssicherheit realisieren. Bei Großmodernisierungen vonWohnanlagen wird jeweils ein Gebäude komplett umgebaut,sodass hier in allen Geschossen barrierefreie Wohnungen entste-hen. Dieses Gebäude wird gemäß dem Konzept der Seniorenanla-gen auch Gemeinschaftseinrichtungen im Erdgeschoss und einenServicepoint vorhalten. In allen anderen Gebäuden der Anlagesollen zumindest die Erdgeschosswohnungen barrierefrei gestaltetwerden. Ziel ist eine flächendeckende Versorgung vornehmlich inBGW-Wohnquartieren, von der aber auch Nicht-BGW-Mieter derNachbarschaft profitieren.

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72 ARNSBERG

ARNSBERG– Mit den Bürgern den demographischen

Wandel gestalten –

Demographie-Profil

Typ:Industriell geprägte Mit-telstadt, deren Einwohner-zahl stagniert bzw. auf-grund des allgemeinenGeburtenrückgangs inZukunft schrumpfen wird

Strategie:Mithilfe eines gesamt-strategischen Ansatzesunter intensiver Beteili-gung der Bürger versuchtArnsberg, Einwohner inder Stadt zu halten undneue Einwohner zugewinnen.

Demographische ProblemlageWährend Arnsberg in der ersten Hälfte der 1990er Jahre aufgrundvon Zuwanderung aus den neuen Bundesländern und dem Auslandwachsen konnte, sinkt die Einwohnerzahl in den vergangenen Jah-ren kontinuierlich. Für diese Entwicklung sind vor allem die rück-läufigen Geburtenzahlen, aber auch Stadt-Umland-Wanderungenverantwortlich. Prognosen, die diese Strukturen fortschreiben, gehenvon einem Rückgang um -9,6 Prozent bis zum Jahr 2020 aus.

Der Schrumpfungsprozess wird demnach einschneidender ausfal-len als im Landesdurchschnitt NRW. Neben der absoluten Ab-nahme der Einwohnerzahl wird sich insbesondere die altersstruk-turelle Zusammensetzung verändern: Die Gruppe der 3- bis 6-Jährigen nimmt um 21 Prozent, die der 10- bis 19-Jährigen um 28Prozent ab, während der Anteil der über 80-Jährigen um 47 Prozentanwachsen wird.

Neuorientierung in der Stadtentwicklung:Aktionsplan 2020Anfang des Jahres 2000 wurde in der Stadtentwicklung eine Neu-orientierung eingeleitet. Im Rahmen des Stadtentwicklungspro-gramms (STEP) „Arnsberg erneuert sich“ und des Kompass-Projek-tes der Bertelsmann Stiftung wurde erstmals eine differenziertePrognose der Einwohnerentwicklung erstellt.

Unter Beteiligung der Bürgerschaft und zentraler lokaler Akteurewurde zunächst ein Leitbild für die Stadt und ihre Stadtteile ent-wickelt und darauf aufbauend die strategische Ausrichtung der Stadtbestimmt. Arnsberg verfolgt mit den Zielen „Menschen in der Stadthalten/Neue Einwohner gewinnen!“ und „Anpassung an den Wan-del“ eine Doppelstrategie.

Die anschließende Bestimmung von Gestaltungsfeldern und dieEntscheidung für entsprechende Maßnahmenprogramme, die in-zwischen umgesetzt werden, mündete in den Aktionsplan Arns-berg 2020: „Den demographischen Wandel in Arnsberg positivgestalten“. Parallel dazu wurden die Berichte „DemographischerWandel in Deutschland und Arnsberg“ und „Zukunft Wohnen in

Die Stadt Arnsbergliegt im nordrhein-westfälischen Hoch-sauerlandkreis und istVerwaltungssitz derBezirksregierung Arns-berg. In den 15 Stadt-teilen leben zurzeit ca.78.000 Einwohner.Neheim im Nordwes-ten und Alt-Arnsbergim Südosten sind mitjeweils etwa 20.000Einwohnern die größ-ten Ortsteile, währenddie meisten anderenweitaus kleiner unddörflicher geprägtsind. Die Mittelstadtist industriell geprägt.

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73ARNSBERG

Arnsberg“ erarbeitet, im Rat vorgestellt und beraten sowie in vie-len Veranstaltungen der Öffentlichkeit vorgestellt.

Kommunikativer ProzessIn Arnsberg gelang eine kommunikative Gestaltung des Prozessesunter Beteiligung von lokalen Akteuren und interessierten Bür-gern. Die fach- und themenübergreifende Strategie, das auf einenKulturwandel abzielende Leitbild und das Handlungsprogrammwurden gemeinsam von Öffentlichkeit (z. B. Forum), Politik (z. B.Klausurtagung), Verwaltung und Experten erarbeitet und diskutiert.

Angebot und Nachfrage Bei den Planungen der einzelnen Fachressorts der Stadtverwaltungund im Rat der Stadt Arnsberg werden „Angebot und Nachfrage“(z. B. bei altersspezifischen öffentlichen Einrichtungen, bei Ver- undEntsorgung, bei Wohnformen im Alter) im Hinblick auf die zukünf-tige demographische Entwicklung der Bevölkerung Arnsberg ver-stärkt berücksichtigt. Dies gilt sowohl auf Ebene der Stadtentwick-lung und Stadtplanung (z. B. Zuordnung von Baugebieten, Ziel-gruppenorientierung) als auch auf der Ausführungsebene (Boden-management, Verkehrsplanung, Ausbauentwürfe) sowie bei deneinzelnen Fachdiensten, ihren bürgerorientierten Einrichtungenund Programmen.

Die zentralen Handlungsfelder · Demographischer Wegweiser:

Ein „demographischer Wegweiser“ für die Arbeit der Verwaltungbietet Prognoseverfahren und indikatorenunterstützte Informa-tionen zur Bevölkerungsentwicklung.

· Attraktivitätspolitik Einwohner/Wirtschaft:Das Stadtentwicklungsprogramm „Arnsberg erneuert sich“ zieltauf die Steigerung der Attraktivität für Einwohner (junge Familienund „Talente“) und als Wirtschaftsstandort. Aber auch die poli-tischen Handlungsprogramme richten sich danach aus, z. B. Ver-besserung der kulturellen Infrastruktur durch neue Kleinkunst-bühne („KulturSchmiede“) und „Phantasiewerkstatt“ für Kinder.

Leitlinien des „culture-chan-ging-government“Die Stadt orientiert sich am Prinzip des„culture-changing-government“ mit fol-genden Leitlinien. Erstens gilt es denMenschen die Chance zu geben, dendemographischen Wandel vor Ortmitzugestalten, Diskriminierungen, ins-besondere des Alters, zu beenden undneue Leitbilder für das Alter zu erarbei-ten. Zweitens sollen neue Potenziale vonjungen Menschen, von Migranten und inbesonderer Weise von Senioren erkanntund gezielt genutzt werden; dafür gilt es,bestehende Barrieren in Köpfen undInstitutionen zu beseitigen. Drittens gehtes darum, lokale Akteure zu gewinnen,städtische Kreativität zu nutzen, Frei-räume bei der Produktion öffentlicherGüter zu schaffen und neue Formen desWettbewerbs zu ermöglichen. Viertenssoll das Thema „demographischer Wan-del“ ganzheitlich behandelt werden.

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74 ARNSBERG

· Vereinbarkeit Familie und Beruf:Kinderbetreuungsangebote werden ausgebaut, z. B. die Ganztags-betreuung an Grundschulen von 2001 bis 2004 um 300 Prozent.Zu Beginn des Schuljahres 2004/2005 stehen 874 Plätze zurGanztagsbetreuung an den Schulen zur Verfügung.

· Lokale Bildungsoffensive:Unter dem Leitgedanken „Kinder stark machen“ wurde eine lokaleBildungsoffensive gestartet. Sie beinhaltet einen mehrjährigen Qua-litätsentwicklungsprozess in allen städtischen Kindergärten unterdem Motto „Bildung von Anfang an“, das Modellvorhaben „Selbst-ständige Schule“ und ein Netzwerk zur Unterstützung der Schu-len und ihrer Entwicklung.

· Integrationskonzept:Ein neues Integrationskonzept zielt darauf ab, die höhere Pro-blembelastung ausländischer Jugendlicher zu reduzieren. Es gehtzunächst um die Verringerung der Schulabbrecher ohne Ab-schluss sowie die Reduzierung der Jugendgerichtshilfequote. Zu-dem versucht Arnsberg, die Migration vor Ort zu steuern, um z. B.dem Facharbeitermangel zu begegnen. Allerdings setzt das staat-liche Recht hier Grenzen.

· Senioren-Selbstorganisation:Ein herausragender Arbeitsbereich ist die Stärkung der Selbstorga-nisation der Senioren. Im „Arnsberger Senioren-Netzwerk“bringt sich die ältere Generation bis ins hohe Alter in die Gemein-schaft ein.

· Anpassungsfähige Verwaltungsstrukturen:Im Rahmen der ständigen Modernisierung der Stadtverwaltungwurden hinsichtlich des demographischen Wandels anpassungsfä-hige Strukturen geschaffen (Stichworte: Personalmanagement,eGovernment, Beyond-Budgeting, intelligentes Unterstützungs-system für selbst tragende Anpassungsprozesse und Selbstorga-nisation).

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75ARNSBERG

· Regionalisierungsinitiative:Eine Regionalisierungsinitiative soll die interkommunale Zusam-menarbeit und Arbeitsteilung in der Region im Hinblick auf dendemographischen Wandel fördern. Beispiele: Bildung eines regio-nalen Bildungsbüros, Wirtschaftsförderungen, Personalbörse,Umsetzung Arbeitsmarktreformen.

Fokus:Das Potenzial einer älter werdenden Gesellschaft nutzen –Stärkung der Selbstorganisation der SeniorenDas bürgerschaftliche Engagement konnte in allen Handlungs-feldern gesteigert werden. Aber insbesondere die Stärkung derSelbstorganisation der Senioren ist in Arnsberg ein großer Erfolg.

Damit soll dem zunehmenden Potenzial an Interessen, Fähigkeiten,Macht und bürgerschaftlichem Engagement in dieser Bevölkerungs-gruppe entsprochen werden. Der „Seniorenbeirat“ agiert als einedezentrale, Engagement fördernde Einrichtung in einem Netzwerk,nicht als formelles Gremium. Weitere Themen sind „Wohnen imAlter“ und die Weiterbildung von Senioren als „Senior Partner“ beiProjekten und Organisationen des bürgerschaftlichen Engagements.Durch Kooperation der Krankenhäuser wurde in Arnsberg eine ge-riatrische Klinik eingerichtet.

Das starke bürgerschaftliche Engagement der älteren Generationin Arnsberg beruht auf verschiedenen Erfolgsfaktoren:· der besonderen Wertschätzung des Alters in der und für die

Gesellschaft, d. h. der Atmosphäre in der Stadt,· dem Öffnen von Beteiligungsmöglichkeiten, die ein gestalte-

risches freiwilliges Engagement ermöglichen,· dem Engagement in Gemeinschaft und nicht als Einzelkämpfer –

wie es beim Ehrenamt oft der Fall ist sowie · der städtischen Angebote von Qualifizierung und Unterstützung

der Bürgerarbeit älterer Menschen (qualifiziertes Engagement).

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76 ARNSBERG

Die Kunst, eine altersfreundliche Kommune zu gestalten, gehört nicht zumStandardrepertoire einer Verwaltung.Arnsberg will die Potenziale der Älteren für die Weiterentwicklung der Stadtgesellschaft nutzen. Auftaktwar ein Bürgerforum zu der Frage „Wie möchte ich in Arnsberg leben, wenn ich älter bin?“ Die Ausein-andersetzung mit dieser Frage führte zu einer Neuausrichtung der kommunalen Seniorenpolitik. Mitdem Arnsberger-Senioren-Netzwerk beschreitet die Stadt innovative Wege. Dieses Netzwerk fördert ineiner Zusammenarbeit von Stadt, engagierten Senioren und Seniorenbeirat das bürgerschaftliche Enga-gement und vernetzt die unterschiedlichen Initiativen miteinander.

Verwaltung: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Koordinierungsstelle „Wendepunkt“ initiieren undunterstützen das bürgerschaftliche Engagement.Engagierte Senioren: In Projektgruppen führen engagierte Senioren in Eigenregie Projekte in denunterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen durch und unterstützen sich dabei gegenseitig.Außerdem beraten sie den Seniorenbeirat.Seniorenbeirat: Der Seniorenbeirat hat sich vom formellen Beteiligungsgremium zur Selbstorganisa-tion gewandelt, d. h. neben dem zentralen Seniorenbeirat gibt es nun sechs dezentrale Räte auf Stadt-teilebene.

Als selbst organisierte Projekte sind beispielsweise zu nennen:· „Computer-Club 55 Plus“: Senioren beschaffen und reparieren Computer für Schulen· Betreuung von Schulkindern· die Realisation von zwei Senioren-Wohnprojekten unter aktiver Beteiligung der Vereine „Mit Freu(n)de

ins Alter“ und „IMAGE – Im Alter gemeinsam“· die Seniorenzeitung „Sicht“

Mit Hilfe des bundesweiten Modellprojektes EFI – Erfahrungswissen für Initiativen soll die Selbst-organisation der Senioren weiter gestärkt werden. Das Qualifizierungsprojekt bildet Senioren zuSeniorTrainern aus, die dann ihr Wissen und ihre Erfahrung in bürgerschaftliche Projekte einfließen las-sen und so als Multiplikatoren dienen.

Für ihre vorbildhafte Seniorenpolitik ist die Stadt Arnberg im Oktober 2004 mit dem ersten Platz desOtto-Mühlschlegel-Preises der Robert-Bosch-Stiftung geehrt worden. Ausgezeichnet wurde dasArnsberger-Senioren-Netzwerk vor allem aufgrund seines gesamtstrategischen Ansatzes, der Übertrag-barkeit und des hohen Engagements der älteren Generation in Arnsberg.

Wie das Engagement der Senioren in Arnsberg konkret aussieht, schildert eine Reportage desWissensmagazin GEO in der Mai-Ausgabe dieses Jahres (abrufbar im Internet unter www.arnsberg.de/bus/Demographie_GEO-Artikel_Mai_2004.pdf).

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77ARNSBERG

AnsprechpartnerKlaus Fröhlich

Zukunftsagentur und Stadtent-

wicklung der Stadt Arnsberg

Telefon:

0 29 32 . 2 01 16 89

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.arnsberg.de

Bürgerumfragen bestätigen AktionsplanDaten, Fakten und Bürgerumfragen bestätigen den Erfolg desAktionsplans 2020. Die Ergebnisse zeigen, dass der demographi-sche Wandel zunehmend als Gemeinschaftsaufgabe aller kommu-nalen Akteure wahrgenommen wird. Die Stadt Arnsberg gilt alshochwertiger Standort für junge Familien bzw. als attraktiverLebensort.

Der Blickwinkel auf ältere Menschen verändert sich. Immer mehrältere Menschen engagieren sich freiwillig. Die Zahl öffentlicherInitiativen, Projekte und Organisationen älterer Menschen ist ge-wachsen. Der demographische Wandel wird von den Verwaltungs-mitarbeitern als Thema der Gesamtverwaltung wahrgenommen.Leitbild und Handlungskonzept dienen letztlich nicht nur derGestaltung des demographischen Wandels, sondern sind auchBeurteilungsmaßstab für weitere Initiativen und Programmvor-schläge aus Politik, Verwaltung, Bürgerschaft oder von lokalenAkteuren.

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Dresden ist Hauptstadtdes Freistaats Sachsen.Die im Zweiten Welt-krieg stark zerstörteStadt ist bekannt fürihre reichen Kunst-sammlungen und fürihre Baudenkmäler.Die Landeshauptstadtbeherbergt unter-schiedliche Universi-täten und Forschungs-einrichtungen.

78 DRESDEN

DRESDEN – Wachsen und Schrumpfen –

Demographie-Profil

Typ:Großstadt, deren Ein-wohnerzahl sich nachstarker Abwanderungstabilisiert und diesowohl Wachstums- alsauch Schrumpfungspro-zesse bewältigen muss

Strategie:Dresden nutzt dieDoppelstrategie, um denkonträren Entwicklungenzu begegnen.

Demographische ProblemlageWie fast alle ostdeutschen Kommunen hatte auch Dresden nachder Wende mit einem Einwohnerrückgang zu kämpfen. Bis 1999sank die Zahl der Einwohner mit Hauptwohnsitz um 17.000 auf472.000, ohne Berücksichtigung der Gebietsreform sogar um48.000 auf 441.000. Damit erlebte Dresden im Vergleich zuanderen Städten dennoch einen relativ moderaten Bevölkerungs-verlust. Hauptverantwortlich waren ein hoher Sterbeüberschussund große Wanderungsverluste. Etwa 30.000 Menschen haben dieStadt zwischen 1991 und 2000 verlassen, zunächst in RichtungWesten, dann aber vor allem in die Umlandgemeinden. DieseSuburbanisierungsverluste konnten insbesondere nach der Anglie-derung von Nachbargemeinden und dem Angebot zahlreicher Ein-familienhausstandorte gestoppt werden.

Seit dem Jahr 2000 wurde erstmals seit vielen Jahren wieder einepositive Bevölkerungsentwicklung konstatiert. Heute leben etwa478.000 Menschen in der Stadt. Die Bevölkerungsprognose gehtvon einem weiteren Anstieg der Einwohnerzahl aus: Im Jahr 2015soll sie bei 483.000 Personen liegen. Falls diese Prognose nicht ein-trifft, sind Leerstandszahlen zu erwarten, die ein erhebliches Ein-greifen der Stadtentwicklung erfordern. Doch auch die aktuellenZahlen von Brachen, Lücken und Leerständen sind für die weitereStadtentwicklungspolitik maßgeblich.

Wandel in den Stadtteilen Neben Außenwanderungen waren starke Wanderungen innerhalbder Stadt zu verzeichnen, die durch die Sanierung der Altbauge-biete und den Neubau in den Stadtrandgebieten verstärkt wurden.Beide Wanderungsprozesse zusammen führten zu einem tief grei-fenden Wandel: So erlitten 11 von 63 Stadtteilen einen Bevölke-rungsverlust von 20 Prozent und mehr. Insgesamt zeichnet sich zu-nehmend deutlich ab, dass die Abwanderung aus den Plattenbau-gebieten immer größer wird. Diese überdurchschnittlich hohe Ab-wanderung relativiert sich allerdings durch die Tatsache, dass dieWohnungsbelegung in diesen Gebieten Anfang der 1990er Jahreauch überdurchschnittlich hoch war. Die Stadtteile mit Einwohner-zuwachs befinden sich überwiegend in den Randlagen der Stadtund in Altbaugebieten mit sichtbaren Sanierungserfolgen undguter Wohnlage.

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79DRESDEN

Strukturgruppe 1990–2000 Trend in 3 bis Trend länger Handlungsbedarf5 Jahren als 5 Jahre

große Plattenbauge- dramatische Verluste besonders 3–5 % Verluste weitere Verluste langfristig sehr groß biete seit 1995, gesamt -31 % im Jahr und intensiv

kleine Plattenbauge- kontinuierliche Verluste, im Jahr 0,5–2 % Verluste leichte Gewinne unterstützend, diffe-biete, gute Wohnlage ca. -1,5 %, gesamt -13 % im Jahr renziert nach Lage

kleine Plattenbaugebie- erhebliche Verluste seit 1993, im Jahr 1–2 % Verluste Stabilisierung längerfristig groß,te, sonstige Wohnlage ca. -2 bis -2,5 %, gesamt -19 % im Jahr lagedifferenziert

Ortschaften große Gewinne, im Jahr 1–3 % Gewinne weitere leichte beobachtend+2 bis +6 %, gesamt +27 % im Jahr Gewinne

Sanierungsgebiete bis 1997 -14 %, seit 1998 +3 2–5 % Gewinne Stabilisierung gebietsdifferenziertbis +5 % Gewinne pro Jahr im Jahr unterstützend

Innenstadt seit 1995 Verluste von -3 bis 1–2 % Verluste weitere leichte längerfristig groß -4 % im Jahr, gesamt -12 % im Jahr Verluste und intensiv

Innenstadtrandgebiete dramatische Verluste von -3 bis 1–2,5 % Verluste weitere leichte längerfristig groß,-5 % im Jahr, gesamt -25 % im Jahr Verluste lagedifferenziert

konsolidierte Gebiete bis 1998 kontinuierliche Verluste, gesamt 1–2,5 % Gewinne Stabilisierung beobachtend-11 %, seit 1999 Gewinne, gesamt +7 % im Jahr

übrige Gebiete ausgeglichene Entwicklungsbilanz 0,5 % Gewinne Stabilisierung beobachtend im Jahr

Die starken Wanderungsbewegungen gehen teil-räumlich mit sozialen Segregationsprozesseneinher: In einigen Gebieten bildet sich aufgrundverstärkter Fortzüge der besser gestellten Haus-halte ein hoher Anteil von Haushalten mit gerin-gem Einkommen, Arbeitslosen und Sozialhilfe-empfängern heraus.

Prognosen für die Bevölkerungsentwicklung derStadtteile sind nur begrenzt möglich. Die An-nahmen für die verschiedenen Stadtteiltypen be-ruhen auf dem Entwicklungstrend seit 1991, derberechenbaren natürlichen Bevölkerungsentwick-lung und der für die nächsten drei bis fünf Jahreeinschätzbaren Bautätigkeit. Danach wird der

Trend bis 2010 fortgeschrieben. Darüber hinaussind keine gesicherten teilräumlichen Voraussa-gen möglich. Demnach zeigen sich für die meis-ten Stadtteiltypen Stabilisierungstendenzen bzw.leichte Bevölkerungsgewinne. Lediglich für diegroßen Plattenbaugebiete und in geringemMaße für die Innenstadt und die Innenstadt-randgebiete müssen Bevölkerungsverluste ange-nommen werden, wenn durch städtebaulicheund stadtentwicklungspolitische Maßnahmenkeine Gegensteuerung bzw. Anpassung an diesozialstrukturellen Anforderungen erfolgt.

Zusammenfassend lassen sich folgendeStrukturgruppen für die Stadt bilden:

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80 DRESDEN

Die Stadt legt Prioritäten festAuf der Basis einer umfassenden Analyse der Situation sind inDresden Leitbilder und Ziele der Stadtentwicklung definiert worden.Im Integrierten Stadtentwicklungsplan werden gesamtstädtischeProblem- und Handlungsfelder ausgewiesen und Prioritäten für dieentwicklungsrelevanten Stadtteile festgelegt. Oberste Priorität hatdie Entwicklung der Innenstadt zu einem städtebaulich-funktionalenund gestalterisch hochwertigen, dichten Zentrumsbereich. Ortsteil-zentren und die jahrelang vernachlässigten Innenstadtrandgebietebilden die zweite Prioritätsstufe.

Wachstums- und Schrumpfungsprozessenutzen

Die gegenwärtige Stadtentwicklung Dresdens ist von zwei gegen-sätzlichen Prozessen gekennzeichnet. Auf der einen Seite gibt esein moderates partielles Wachstum mit einer entsprechenden bau-lichen Vervollkommnung des Stadtgefüges in kleinen Schritten.Aufder anderen Seite steht der Prozess der partiellen funktionellenund baulichen Schrumpfung mit Brachfallen und Leerstand. Dieseteilräumlich divergierenden Entwicklungen nimmt die Stadtpla-nung zum Anlass, gewollte strukturelle Veränderungen desStadtkörpers zu forcieren und – durch die Erarbeitung eines neuenFlächennutzungsplanes – auch planerisch festzuschreiben.

· Analyse und Bekenntnis zur DoppelstrategieDie Entwicklungen in den Stadtteilen müssen genauestens analy-siert und für eine nachhaltige Perspektive der Landeshauptstadtgenutzt werden. Dabei muss eine Gesamtstrategie sowohl dieWachstums- als auch die Schrumpfungsprozesse berücksichtigen.Neben der Unterstützung des wirtschaftlichen und baulichenWachstums, die der Schrumpfung entgegenwirkt, muss auf denkonkreten Verlauf unvermeidlicher Schrumpfungsprozesse plane-risch Einfluss genommen werden.

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81DRESDEN

Im Hof eines Gründerzeitquartiers entstanden neun Reihen-

häuser in Bauherrengemeinschaft. Die bauliche Anlage erhielt

den Bauherrenpreis 2003.

· Leitbild der „Europäischen Stadt“Ungesteuerte Schrumpfungsprozesse gefährden die QualitätenDresdens als traditionelle Stadt europäischer Prägung. Das Leit-bild „Europäische Stadt“ ist aber ein wichtiger Standortvorteilund Wirtschaftsfaktor der Landeshauptstadt. Deshalb muss eineStrategie auf das Ziel einer kompakten Stadt mit einem funk-tionsfähigen und attraktiven Stadtzentrum ausgerichtet sein. DieWachstumspotenziale sind daher auf den Erhalt, die Vitalisierungund weitere Verdichtung der traditionellen städtischen Struktu-ren zu lenken. Der Prozess der Schrumpfung soll dazu genutztwerden, die Ausuferungen in das landschaftliche Umland zustoppen, eine Entdichtung in den Randzonen der Stadt zu be-wirken und das Stadtgefüge mithilfe großräumiger grüner Ein-schnitte im Inneren gezielt neu zu gliedern und aufzuwerten.

· Bauen im BestandDas verbleibende Wachstumspotenzial soll mehr als bisher aufdas Bauen im Bestand (Bestandssicherung, Sanierung, Wieder-nutzung, Modernisierung, Um- und Ausbau von Originalsubs-tanz) gerichtet werden. Die Stadt will entsprechende Investitions-entscheidungen unterstützen und alle einschlägigen Förderpro-gramme nutzen. Um die Stadt von innen heraus zu stärken unddie Vorteile des städtischen Wohnens sichtbar zu machen, gilt esräumliche Schwerpunkte des Bauens im Bestand und in der Revi-talisierung von Brachen zu setzen (z. B. Innenstadt, örtliche Zen-tren, Umgebung von S-Bahnhöfen).

· RenaturierungMit gezielter Renaturierung von Brachflächen soll der Bau-flächenüberschuss in der Stadt reduziert werden. Anstelle einervon Zufall getragenen Durchlöcherung des traditionellen Stadt-gefüges sollen mithilfe günstig gelegener Brachen planmäßiggrüne Zäsuren in der Stadtstruktur entwickelt werden, die denStadtkörper gliedern, die Erholungsfunktionen ausbauen und derstadtökologischen Aufwertung dienen. Sie sollten bewusst zueinem zusammenhängenden System geführt werden.

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82 DRESDEN

vorher nachher

Natürliche Anknüpfungspunkte sind in ersterLinie die Quertäler der Elbe, die im August2002 alle vom Hochwasser der Flüsse und Bä-che betroffen waren, und in denen die vorhan-dene Bebauung ohnehin im Konflikt mit demHochwasserschutz steht. Zusätzliche Ansatz-punkte sind die weiteren Elemente des Gewäs-sernetzes wie die Bachläufe und Flutgräben imbebauten Stadtgebiet, die Altelbarme undFlutrinnen der Elbe, vorhandene Ansätze fürGrünzüge im Bestand und die Bahntrassen, diezu großen Teilen von ausgedehnten Brachenbegleitet werden.

· RückbauflächenDie zur Beseitigung des Wohnungsüberhangesund zur Stabilisierung des Wohnungsmarkteseingeleiteten und als Stadtumbau bezeich-neten geförderten Abrissmaßnahmen – vor-wiegend im Bestand der Plattensiedlungen –sind nicht nur dazu einzusetzen, den Woh-nungsleerstand zu reduzieren, die Wohndichtein den Plattensiedlungen zu verringern, derenWohnumfeldbedingungen zu verbessern sowieVerwerfungen im Stadtbild und in der Stadt-struktur rückgängig zu machen, sondern auchin geeigneten Fällen bei der Komplettierungdes gesamtstädtischen Grünsystems mitzu-wirken.

· Zusammenarbeit mit denUmlandgemeindenDie interkommunale Arbeitsgemeinschaft mitden Nachbargemeinden und alle Formen derNachbarschaftsbeteiligung bei Investitionsvor-haben sind noch stärker dafür zu nutzen,regionale Rahmenbedingungen für eine nach-haltige Entwicklung im obigen Sinne innerhalbdes Stadtgebietes von Dresden zu setzen. Zielmuss es sein, ein Regionsbewusstsein zu

entwickeln und Standortkonkurrenzen zwi-schen den Kommunen beispielsweise bei ge-werblichen Ansiedlungen zurückzudrängen.Günstige Voraussetzung ist hier die seit demJahr 2000 bestehende regionale Zusammen-arbeit der Stadt – bisher als informelle Koope-ration – mit 14 Umlandgemeinden im Rahmender „Region Dresden“. Arbeitsschwerpunktesind der Informationsaustausch und künftigauch die konzeptionelle Abstimmung zurErarbeitung Integrierter Stadtentwicklungs-konzepte und zu deren Umsetzung bei Stadt-umbauprojekten.

Indikatorensystem zurEntscheidungsfindung

Eine Methode zur Umsetzung von Stadt-entwicklungszielen, die sich nicht auf konkreteEinzelmaßnahmen beschränkt, sondern auf demintegrierten Ansatz einer Bündelung von Maß-nahmen beruht, ist ein kontinuierliches Moni-toring, verbunden mit einem Controlling derErgebnisse und der Steuerung von Intensität undForm der Umsetzungsinstrumente. Für eine der-artige Evaluierung der Stadtentwicklungspro-zesse wird in Dresden ein Indikatorensystemaufgebaut. Damit soll einerseits ein teilräum-liches Beurteilungsschema – auch als „Früh-warnsystem“ bedenklicher Entwicklungen –sowie ein gesamtstädtischer Index der Lebens-qualität im Vergleich mit anderen Städten erar-beitet, aber auch eine Kontrolle aller Prozesseunter Nachhaltigkeitsaspekten erreicht werden.Hierfür werden Kennzahlen zu den Bereichen„Wohnen/Flächennutzung“, „Soziales/Kultur“,„Gesellschaft/Bevölkerung“, „Mobilität/Verkehr“,„Wirtschaft“ und „Umwelt/Natur“ erhoben.Das Indikatorensystem wurde erstmals imStadtentwicklungsbericht 2003 angewendet.

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83DRESDEN

AnsprechpartnerinDr. Barbara Reinhardt

Abteilungsleiterin

Stadtentwicklung der

Landeshauptstadt Dresden

Telefon:

03 51 . 4 88 35 40

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.dresden.de

Vorrangig soll das Indikatorensystem jedoch dazu genutzt werden,Entscheidungen zu Prioritätensetzungen bei der Mittel- und Res-sourcenplanung der Stadt unter dem integrierten Ansatz der fach-lich und politisch beschlossenen Stadtentwicklungsziele vorzube-reiten und argumentativ zu unterstützen.

Auswirkungen auf den Haushalt Stadtumbau ist bisher vor allem eine wohnungswirtschaftliche,städtebauliche und stadtentwicklungsplanerische Angelegenheit.Die Stadt Dresden hat eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines„Integrierten Stadtentwicklungsprogramms (INPROG)“ einge-richtet. Dadurch soll die Umsetzung des Integrierten Stadtentwick-lungskonzeptes unter Beachtung der aktuellen Ressourcenentwick-lungen gewährleistet werden. Vor allem stadtentwicklungs- undhaushaltsplanerische Entscheidungen sollen auf diese Weise stärkerverknüpft werden.

Methodisch werden dabei zunächst von den Ämtern vorgeschla-gene und ämterübergreifend abgestimmte Leitprojekte festgelegt,deren Umsetzungsmöglichkeiten geprüft und aus denen – nachvorgegebenen Kriterien – Schlüsselprojekte bestimmt werden. IhreFixierung im Finanz- und Haushaltsplan ist durch Kontrakte mitden projektverantwortlichen Ämtern zu sichern. Damit sollenPlanungssicherheit geschaffen, gleichzeitig aber auch die Zieldis-kussionen in der Stadt Dresden umsetzungsorientierter und reali-tätsbezogener durchgeführt werden.

„Kräutersiedlung – gelungener Stadtumbau durch Rückbau und

Aufwertung“ in einem Großplattenbaugebiet im Westen von Dresden. Da

das Wohngebiet in der Hauptwindrichtung der Stadt liegt, wird neben

den gestalterischen und funktionalen Qualifizierungen für den Stadtteil

durch die Auflockerung, Entdichtung und Entsiegelung auch ein

wesentlicher ökologischer Beitrag für die Gesamtstadt geleistet.

Teil_4 09.11.2004 8:27 Uhr Seite 19

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Die kreisfreie StadtSolingen mit rund163.000 Einwohnernliegt im BergischenLand in Nordrhein-Westfalen. Die Wirt-schaft in Solingenwurde von der Schneid-warenindustrie ge-prägt, die der Stadtden Beinamen „Klin-genstadt“ verliehenhat. Im Laufe der Zeitsind weitere Zweigeder Metall und Kunst-stoff verarbeitendenIndustrie hinzugekom-men. So haben vieleZulieferer der Automo-bilindustrie hier ihrenFirmensitz.

84 SOLINGEN

SOLINGEN– Vision vom besseren Zusammen-

leben umsetzen –

Demographische ProblemlageDie Einwohnerzahl Solingens ist im letzten Jahrzehnt zwar leicht,aber kontinuierlich gesunken. Zwischen 1992 und 2003 verlor dieStadt knapp 3.000 Einwohner. Prognosen gehen davon aus, dasssie bis zum Jahre 2020 um weitere 4,4 Prozent schrumpfen wird.

Der Anteil der ausländischen Einwohner an der Gesamtbevölkerungbeträgt etwa 14 Prozent. Der Anteil der Zugewanderten ist aberweit höher: Unter Berücksichtigung von Aussiedlern und Eingebür-gerten liegt die Quote bei 20 Prozent. In der Altersgruppe der unterDreijährigen haben 38 Prozent der Kinder einen Migrationshinter-grund. Viele der Bewohner mit Migrationshintergrund sind gutintegriert. Teilweise leben sie schon über 40 Jahre hier; sie enga-gieren sich in Vereinen, haben einen guten Kontakt zu ihren Mit-bürgern.

Allerdings zeigt die Statistik, dass Menschen mit Migrationshinter-grund wesentlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind, siehäufiger Sozialhilfe beziehen und niedrigere Bildungsabschlüsseaufweisen. Zuwanderer und ihre Nachkommen sind also auch inSolingen stärker von Benachteiligungen betroffen, die sich auf Ge-sundheit, Lebensqualität und Zukunftschancen auswirken.

Integration als Querschnitts- undGemeinschaftsaufgabe

Mit seinem 2001 im Rat beschlossenen Interkulturellen Gesamt-konzept nimmt Solingen beim Thema Integration eine Vorreiter-rolle ein. Ziel ist es, das Thema Integration nicht nur auf sozialerEbene zu behandeln, sondern als Querschnittsaufgabe in allen Poli-tikfeldern der Verwaltung zu verankern und bei Planungsfragen,strategischen Entscheidungen und Fragen der Stadtkonzeption mitzu berücksichtigen.

Die Frage der Zuwanderung gehört in die Wirtschaftsförderungund Personalentwicklung genauso wie in den Gesundheitsbereich,die Beschäftigungsförderung, die Kulturförderung, den Sport, dieStadtentwicklung und in das Thema Wohnen. Ein weiterer Leitge-danke war, ein Netzwerk aller beteiligten gesellschaftlichen Kräfteund Institutionen zu schaffen und diese Kräfte stärker im Sinne des

Demographie-Profil

Typ:Großstadt mit relativ stabiler Bevölkerungs-entwicklung

Strategie:Interkulturelles Gesamt-konzept soll die Zusam-menarbeit der kommu-nalen und nichtkommu-nalen Akteure organisie-ren und damit die Inte-gration von Einwohnernmit Migrationshinter-grund verbessern.

Teil_4 09.11.2004 8:27 Uhr Seite 20

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85SOLINGEN

Subsidiaritätsprinzips in die Arbeit einzubeziehen. Migration istsomit nicht nur ein Querschnittsthema innerhalb einer Kommune,sondern auch eine Gemeinschaftsarbeit von kommunalen undnicht kommunalen Akteuren.

„ZuwI“ verschafft den Migranten mehr GehörDer Ausschuss für Zuwanderer- und Integrationsangelegenheiten(ZuwI) in Solingen war als Ausschuss mit Beschlussbefugnis einPilotprojekt in NRW. Unter anderem aus diesen Erfahrungen wur-den die Handlungsempfehlungen des Innenministeriums NRW zurBeteiligung von Zugewanderten an der Kommunalvertretung ab-geleitet, die für die nächste Legislaturperiode landesweit die Ein-richtung von Integrationsräten ermöglichen.

Ab November 2004 wird der Solinger Ausschuss abgelöst durcheinen „Zuwanderer- und Integrationsrat“, der die Interessen derausländischen Bewohner in der Kommune vertritt. Der Zuwan-derer- und Integrationsrat gewährleistet weiterhin eine enge Ver-zahnung von ausländischen Vertretern und Ratsmitgliedern, dieMehrheitsverhältnisse wurden aber zugunsten der ausländischenVertreter verändert. Zukünftig arbeiten zehn Vertreter derMigranten mit neun Ratsmitgliedern und beratenden Vertreterndes Arbeitgeberverbandes, des DGB, der Wohlfahrtsverbände unddes Arbeitsamtes zusammen. Der Zuwanderer- und Integrationsratkann sich ebenso wie der Ausschuss mit allen wichtigen Themender Integrationspolitik in der Gemeinde befassen und Anträge anden Rat oder an andere Ausschüsse richten. Im Rahmen desHauhaltsansatzes bewilligt er Zuschüsse an ausländische Vereineund für Projekte zum besseren Zusammenleben von Ausländernund Deutschen.

Anders als bisher haben jetzt auch Doppelstaatler und eingebür-gerte Deutsche bis zu zwei Jahren nach ihrer Einbürgerung dasaktive Wahlrecht.

Die Arbeitsgruppe Wohnen führte eineBefragung in einem exemplarischenStadtteil durch, um die Sichtweise derdort lebenden Bevölkerung direkt einzu-beziehen. Entsprechend der prozentua-len Zusammensetzung im Stadtteil wur-den 208 deutsche (75,1 Prozent) und 69nicht deutsche Haushalte (24,9 Prozent)befragt. Einige Ergebnisse:· Während 66 Prozent der deutschen

Haushalte über zehn Jahre im Stadtteilleben, ist der Anteil der nicht deutschenHaushalte mit dieser Wohndauer sehrgering.

· Der Wohnflächenverbrauch pro Personliegt in deutschen Haushalten bei 37,6qm, in nicht deutschen bei 21,5 qm.

· Der durchschnittliche deutsche Haus-halt umfasst 2,63 Personen, der nichtdeutsche 4,07 Personen.

· Nur in Einzelfällen wird das Zusam-menleben von Deutschen und Migran-ten als belastend empfunden.

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86 SOLINGEN

Der Weg zum InterkulturellenGesamtkonzeptIm Dezember 1999 entschied der Verwaltungs-vorstand in Absprache mit den Dezernenten, inVorbereitung auf das Interkulturelle Gesamtkon-zept Arbeitsgruppen zu folgenden Schwerpunk-ten einzurichten:· Beschäftigung· Gesundheit· Jugendhilfe/Schule/Bildung· Wohnen · Sprache

Von Beginn an war klar, dass die Erarbeitung und die Umsetzungdes Interkulturellen Gesamtkonzeptes nur in Zusammenarbeit mitVereinen, Initiativen und Verbänden erfolgen konnten. So wurdendie Arbeitsgruppen mit Fachleuten aus der Kommunalverwaltungund aus den entsprechenden Institutionen besetzt (Krankenhaus,Arbeitsamt, Wohnungsbaugesellschaft usw.). Verzichtet wurde aufdie direkte Beteiligung der Politik. Zu den Vertretern der Migran-tenorganisationen wurden enge Kontakte hergestellt und Beteili-gungsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen geschaffen, z. B.auf den Hearings. Ihren Vorschlägen galt besondere Aufmerksam-keit. Nicht zuletzt hatten einige der Fachleute in den Arbeitsgruppenselbst einen Migrationshintergrund.

Ergänzend zu den Arbeitsgruppen kam regelmäßig eine Steuerungs-gruppe zusammen mit Wissenschaftlern, den Moderatoren, demVorsitzenden des Ausschusses für „Zuwanderer- und Integrations-angelegenheiten“ (ZuwI) und seinem Stellvertreter.

Nach rund zwei Jahren Arbeit lag der 50-seitige Abschlussberichtder Arbeitsgruppen vor. Seine Umsetzung wurde nach heftigenDebatten zunächst im „ZuwI“ und dann im Rat beschlossen. SeitJanuar 2003 arbeitet eine Gruppe mit Vertretern aus Verwaltungund Institutionen an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen.

Die Schwerpunkte der Arbeit liegen zurzeit in folgenden Bereichen:· Sprachförderung wird in Kindergärten und Schulen sowie für El-

tern und Multiplikatoren aus den Migrantengruppen angeboten.Die allgemeine Sprachkompetenz soll durch muttersprachlichen

Deutschkurse für MütterBei der Einschulung eines Kindes ist dieMotivation der fremdsprachigen Mutter,Deutsch zu lernen, offenbar besondershoch. Daraus ergab sich die Idee, imRahmen der Einschulung alle Eltern aufentsprechende Möglichkeiten aufmerk-sam zu machen. Beim Einschulungs-jahrgang 2004 bekundeten 120 Mütterihr Interesse an einem Deutschkurs.

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87SOLINGEN

AnsprechpartnerinAnne Wehkamp

Ausländerbeauftragte der Stadt

Solingen

Telefon:

02 12 . 2 90 22 25

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.solingen.de

Unterricht und in Eltern-Kind-Gruppen gefördert werden. Darüberhinaus sollen Sprachlernangebote besser vernetzt werden.

· Der mobile Übersetzungsdienst stellt die Kommunikation inner-halb der Verwaltung sicher und wird auch von Kindergärten,Schulen und anderen Einrichtungen angefragt. Ein weitererSchwerpunkt sind Übersetzungen, z. B. im Gesundheitsbereich,um Beschwerden abzuklären und Präventionsangebote beispiels-weise in Faltblättern bekannt zu machen.

· Bei der Beschäftigungsförderung gilt die besondere Aufmerksam-keit dem Übergang Schule-Beruf. In Zusammenarbeit zwischenSchulen, Arbeitsamt, Jugendhilfe, Wirtschaftsförderung, RAA undBeschäftigungsförderung wurden Beratungsangebote fürSchüler ab der achten Klasse installiert. Dass junge Migranteneine Ausbildung bei der Stadtverwaltung machen können, wurdedurch Öffentlichkeitsarbeit stärker bekannt gemacht. Flyer wer-ben dafür, den Anteil der Auszubildenden ausländischer Herkunftinnerhalb der Verwaltung zu erhöhen.

· 50 Prozent der Jugendlichen bezeichnen das Zusammenlebenzwischen Ausländern und Deutschen als schwierig. Angebote zurKonfliktschlichtung und -vermeidung für Jugendliche sollen denSchutz vor Gewalt und das Sicherheitsgefühl erhöhen.

· Auf Belange und Sichtweisen von Migranten in allen Bereichenstärker Rücksicht zu nehmen, schließt auch Themen ausStadtplanung und Wohnen ein. So werden z. B. in Zusammen-arbeit mit den Wohnungsbaugesellschaften andere Wohnbedürf-nisse (beispielsweise Wohnküchen) berücksichtigt oder beiBefragungen zur Stadtkonzeption Interviewer mit Migrations-hintergrund eingesetzt.

UmsetzungserfolgeFür messbare Verbesserungen oder eine Kosten-Nutzen-Analyse istes zurzeit noch zu früh. Ein erster, nicht zu unterschätzender Erfolgdes Interkulturellen Gesamtkonzepts besteht darin, dass ein funk-tionierendes fach- und institutionenübergreifendes Netzwerkgeschaffen wurde, das die Integration praktisch vorantreibt und imVerwaltungsdenken verankert.

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88 PROJEKTINFO

Erfolgreiche Integration ist kein ZufallStrategien Kommunaler Integrationspolitik

ZielsetzungIntegration ist eine der größten Herausforderungen und eine Zukunftsaufgabe der Kommunen.Integration kann zudem, so auch der kürzlich veröffentlichte Bericht des Zuwanderungsrates, "zurStabilisierung der Bevölkerungsentwicklung" beitragen. Die Bertelsmann Stiftung und dasBundesministerium des Innern haben daher einen bundesweiten Wettbewerb "Erfolgreiche Integrationist kein Zufall. Strategien kommunaler Integrationspolitik" ausgeschrieben, an dem sich 107 Kommunenbeteiligt haben. Ziel des Wettbewerbs ist es, anhand von Qualitätskriterien gute Beispiele für eine kom-munale Integrationspolitik auszuwählen und diese allen deutschen Kommunen in Form eines Leitfadenszur Verfügung zu stellen.

ProjektablaufEine Jury von elf Fachleuten aus Politik, Wissenschaft und Praxis hat nun 23 Städte, Kreise undGemeinden als Endrundenteilnehmer ausgewählt. Diese können sich bis zum 1. Januar 2005 mit einerausführlicheren weiteren Bewerbung qualifizieren. Die Jury wird anschließend 15 Kommunen bereisenund im April 2005 die Preisträger auswählen, die dann im Rahmen der Preisverleihung im Juni 2005ausgezeichnet werden.

Beteiligte KommunenFolgende Kommunen überzeugten die Jury durch ihre erfolgreichen Integrationsstrategien: Arnsberg,Belm, Berlin – Bezirk Lichtenberg, Bremen, Darmstadt, Dresden, Erfurt, Essen, Frankfurt a.M., Hamm,Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Kyritz, Kreis Mettmann, München, Nürnberg, Osnabrück, Rheine,Saarbrücken, Solingen, Stuttgart, Viernheim, Kreis Vogtland und Werdohl.

Vernetzung mit Wissenschaft und PraxisEin Expertenhearing, bestehend aus rund 30 Vertretern, hat sich an der Entwicklung derWettbewerbskriterien beteiligt. Die Jury wurde aus der Mitte der Experten gebildet und besteht, unterdem Vorsitz von Dr. Lale Akgün (MdB), aus den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände sowie derWissenschaft und der Integrationspraxis.

AusblickAus den 107 Bewerbungen werden Best practice Beispiele identifiziert und Handlungsempfehlungenabgeleitet. Weitere Informationen unter: www.erfolgreiche-integration.de.

Kontakt: [email protected] oder [email protected]

Ber te l sm a n n St i f tungINFO

Teil_4 09.11.2004 13:10 Uhr Seite 24

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Typ WachsendeKommune

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Der Landkreis Osna-brück liegt im Süd-westen Niedersachsensund ist mit 2.121 Qua-dratkilometern Flächefast so groß wie dasSaarland. In den 34kreisangehörigenGemeinden, darunteracht Städte und vierSamtgemeinden, lebenjeweils zwischen 7.000und 45.000 Menschen.

90 LANDKREIS OSNABRÜCK

LANDKREISOSNABRÜCK

– Demographischer Wandel als zentrale Herausforderung –

Demographie-Profil

Typ:Bisher wachsender Land-kreis mit junger Bevölke-rung, der langfristig ver-mutlich von einer Stag-nation der Einwohner-zahlen und einer sichstark ändernden Alters-struktur ausgehen muss

Strategie:Entwicklung eines gesamtstrategischenKonzepts, dessen ressort-übergreifende Handlungs-felder sowohl die Ein-wohnerzahl langfristigstabilisieren als auch dieInfrastruktur an die negativen Folgen der sichändernden Altersstrukturanpassen sollen

Demographische ProblemlageSeit 1988 ist die Bevölkerung des Landkreises um ein Fünftelgewachsen. Der prozentuale Bevölkerungszuwachs liegt damitweit über dem Landes- und Bundesdurchschnitt. Ausschlaggebenddafür waren zwei Faktoren: ein Wanderungsgewinn von real mehrals 52.000 Einwohnern und ein Geburtenüberschuss von knapp11.000 Personen. Außergewöhnlich ist darüber hinaus die relativjunge Bevölkerung: 22,6 Prozent der 357.323 Einwohner (Stand:30. Juni 2003) sind unter 18 Jahren alt.

Nach einer aktuellen Prognose des „Institutes für Entwicklungs-planung und Strukturforschung an der Universität Hannover (ies)“wird der Landkreis bis 2020 um weitere vier Prozent wachsen.Allerdings verläuft das Wachstum in den kreisangehörigenGemeinden und Städten nicht gleichmäßig, sondern aufgrund derunterschiedlichen Ausgangslagen wird es eine erhebliche Spann-breite von -8 bis +32 Prozent geben. Zudem ist klar, dass sich auchder Landkreis Osnabrück langfristig auf Stagnation oder sogarSchrumpfung seiner Einwohnerzahlen einstellen muss, da er in denletzten Jahren vor allem von der Zuwanderung durch Aus- undÜbersiedler profitiert hat, die deutlich abnehmen wird. Letztlichverändert sich die Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis instarkem Maße: Bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der Kinder(Altersgruppe 0–6 Jahre) um 16,3 Prozent abnehmen, die Zahl deralten Menschen (80 Jahre und älter) um 86,2 Prozent steigen.

Ressortübergreifende ArbeitsgruppeIn dem Bewusstsein, dass die Politik heute handeln muss, um diesenTrend zu bremsen oder sogar umzukehren, hat der Landkreis bereitsim Frühjahr 2003 die interne Arbeitsgemeinschaft „Demographie“gegründet. Unter der Federführung des Referates für strategischeSteuerung und Kreisentwicklung sind darin Mitarbeiter der Fach-dienste Soziales, Jugend, Schulen sowie Planen und Bauen, der Bil-dungskoordinator, die Kreisfrauenbeauftragte, Mitarbeiter derVolkshochschule Osnabrücker Land und der Wirtschafts-förderungsgesellschaft Osnabrücker Land mbH vertreten. Aufgabeder Arbeitsgemeinschaft ist die Strukturierung der Themen, dieunter den Begriff „Demographischer Wandel“ fallen, sowie die Ent-wicklung fachübergreifender Handlungsstrategien und Projekte.

Teil_5 09.11.2004 8:48 Uhr Seite 2

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91LANDKREIS OSNABRÜCK

Demographischer Wandel alsHandlungsschwerpunkt

Als erste Maßnahme hat der Landkreis seine mittelfristigen Entwick-lungsziele (MEZ) dem Problemfeld „Demographischer Wandel“angepasst. Ein neues MEZ lautet nun: „Standortqualitäten aus-bauen, sichern und auf den demographischen Wandel ausrichten“.Den Entscheidern im Landkreis ist klar: Standortvorteile lassen sichnur bewahren, wenn langfristige Investitionsentscheidungen imHinblick auf die zukünftige demographische Entwicklung getroffenwerden. Für das Jahr 2004 ist die Bewältigung des demogra-phischen Wandels zudem als Handlungsschwerpunkt festgelegtworden. Der Kreis versteht seine Funktion als Initiator und Mode-rator gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden, damit diesevor Ort konkrete Weichenstellungen vornehmen können.

Handlungsstrategien entwickelnUm den demographischen Wandel zu gestalten, wendet der Land-kreis Osnabrück eine Doppelstrategie an: einerseits der prognosti-zierten Bevölkerungsentwicklung entgegenwirken und anderer-seits ihre negativen Folgen in verschiedenen Infrastrukturbe-reichen berücksichtigen. Bisher sind sechs Handlungsfelder defi-niert und mit Handlungsoptionen versehen worden. Teilweise gibtes schon konkrete Projektplanungen; einige Projekte sind bereitsin der Durchführungsphase.

Handlungsfeld 1:kinderfreundliches Lebensumfeld bietenFamilien benötigen ein stabiles, haltendes Umfeld in Form vonfamilienergänzenden Diensten, solidarischen Nachbarschaften,flexiblen Arbeitsbedingungen etc. Für ein kinderfreundliches Um-feld will der Landkreis Osnabrück deshalb z. B. hinwirken auf einebessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, den Ausbau der Be-treuungsangebote für Kinder und den Bau von Mehrgenerationen-häusern als Treffpunkte.

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92 LANDKREIS OSNABRÜCK

Handlungsfeld 2:Neubürger integrierenIntegration in Bildungssystem und Arbeitsweltmuss erfolgreich gelingen, wenn Zuwandererdemographische Vorteile statt sozialer Lastenmitbringen sollen. Integration heißt dabei, sichauf Neues einzulassen. Man muss aufeinanderzugehen – von beiden Seiten. Die hierfür sowichtige Offenheit und Bereitschaft will derLandkreis Osnabrück fördern, aber auch fordern.Wichtig ist dabei: Integration umfasst hier nichtnur Ausländer oder Spätaussiedler, sondern auchdiejenigen, die als Binnenwanderer z. B. aus derStadt Osnabrück in den Landkreis oder zwischenden Gemeinden umziehen.

Handlungsfeld 3:Infrastrukturen wandelbar machenDie Kapazitäten der Schulen und Kindertages-stätten müssen dem örtlichen Bedarf angepasstwerden. Die Infrastruktur muss so gestaltet wer-den, dass eine Andersnutzung möglich ist: EinKindergarten muss ohne zu großen Aufwand z. B.als Seniorentreffpunkt genutzt werden können.Das Konzept der Mehrgenerationenhäuser passtebenfalls in diesen Kontext. Daneben müssenneue Wohnformen für Ältere konzipiert und dieAltenpflege an den veränderten Bedarf ange-passt werden.

Handlungsfeld 4:Siedlungen und Standorte an sinkendenBedarf anpassenAls Folge von Überalterung und Fortzug werdenin manchen Ortslagen Wohnungen und Wirt-

schaftsgebäude leer stehen. Anstatt neue Bau-gebiete auszuweisen, gilt es für Eigentumsbil-dung im Bestand zu werben oder den Rückbau zuerwägen und neue Lösungen für die Versorgungmit Infrastruktur zu finden. Als mögliche Ant-wort auf den sinkenden Bedarf an peripherenStandorten und daraus folgender Aufgabe vonVersorgungsangeboten wird der Aufbau vonmobilen, bedarfsgerechten Dienstleistungen,bedarfsgerechte Flexibilität des öffentlichenNahverkehrs oder die Förderung von Selbstorga-nisation gesehen.

Handlungsfeld 5:lebenslanges Lernen und altersgerechteArbeitswelt fördernDie Erwerbsfähigenzahl wird nach 2018, dieZahl der real Beschäftigten bereits ab 2010sinken. Auch die Wirtschaftsförderung ist des-halb aufgefordert, die Alterung der Bevölkerungim Blick zu haben. Dies geschieht in Zusammen-arbeit mit Unternehmen, Arbeitnehmervertre-tungen, Bildungseinrichtungen sowie den Städ-ten und Gemeinden. Ein wichtiges Projekt indiesem Handlungsfeld ist die lebensbegleitendeQualifizierung von Arbeitnehmern, um derenFlexibilität für die Wahrnehmung altersange-passter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ver-bessern.

Handlungsfeld 6:öffentliche Dienstleistungen an verän-derten Bedarf anpassenDurch die notwendige Haushaltskonsolidierungsind Organisations-, Aufgaben- und Strukturver-

Ha

ndlungsfelder

Han d lu n gsfeld

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Neubürgerintegrieren

Infrastrukturenwandelbar

machen

Siedlungen undStandorte an

sinkenden Bedarfanpassen

ÖffentlicheDienstleistungenan veränderten

Bedarf an-passen

LebenslangesLernen und

altersgerechteArbeitswelt

fördern

Kinder-freundlichesLernumfeld

bieten

Den demographischen Trend (Kindermangel und Rückgangdes Zuzugs) bemsen und umkehren

Die negativen Effekte des demographischen Wandels abfedern

Strategien des Landkreises

1

2

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93LANDKREIS OSNABRÜCK

änderungen bei den öffentlichen Leistungen unabdingbar. Hier giltes, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Bund und Länder müs-sen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, das Personal beruf-lich und örtlich flexibler einsetzen zu können.

Impulsprojekt:Zukunftswerkstatt für JugendlicheIm Mittelpunkt des Schulprojektes „Meine Kommune 2020“ stan-den die Vorstellungen von Jugendlichen über das Leben im Land-kreis im Jahre 2020 und ihre Ansprüche an einen attraktiven Fami-lienstandort. An sechs Gymnasien wurden im Politikunterricht der10. bis 12. Klasse Szenarien über das zukünftige Wohnen, Arbeitenund Leben entwickelt. Das Spektrum der Arbeiten reichte von eineraufwändigen Umfrage unter 400 Schülern eines Schulstandortesüber eine vergleichende Studie zur Familienfreundlichkeit in ver-schiedenen Wohnquartieren einer Kleinstadt bis zur Analyse derwirtschaftlichen Bedeutung älterer Menschen.

Bei einer zentralen Zukunftswerkstatt präsentierten anschließendrund 100 Schüler ihre Ergebnisse und erarbeiteten gemeinsamePositionen. Im Zentrum der Schülerwünsche stand immer wiederdie Kinder- und Familienfreundlichkeit der Gesellschaft und dasMiteinander von Jung und Alt. Erfreulich war, dass die Jugend-lichen dabei nicht einfach nach staatlicher Initiative riefen, sonderneigene Ideen für Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagemententwickelten. Ihre Ideen und Erwartungen wurden bereits in diekommende Strategiediskussion des Landkreises eingebracht.

UmsetzungDer Zuschnitt der Handlungsfelder zeigt, dass der LandkreisOsnabrück den demographischen Wandel als zentrale Heraus-forderung erkannt hat, die nahezu alle Lebensbereiche und Politik-felder betrifft. Besonders im Bereich der Bevölkerungsentwicklung,so die Überzeugung, gilt es Zukunftsfähigkeit zu beweisen undVorteile im Wettbewerb der Kommunen auszubauen.

AnsprechpartnerDr. Dirk Heuwinkel

Landkreis Osnabrück

Referat für strategische Steuerung

und Kreisentwicklung

Telefon:

05 41 . 5 01 30 65

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.landkreis-osnabrueck.de

Carsten Große Starmann

Landkreis Osnabrück

Referat für strategische Steuerung

und Kreisentwicklung

Telefon:

05 41 . 5 01 30 63

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.landkreis-osnabrueck.de

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Stuttgart ist die größteStadt in Baden-Würt-temberg und rangiertunter den deutschenGroßstädten auf Platz7. Ihre wirtschaftlicheProsperität verdanktdie Region globalagierenden Unterneh-men wie DaimlerChrysler, Bosch undPorsche sowie einemstarken Mittelstand.

94 STUTTGART

STUTTGART– Familienförderung sichert Einwohner –

Demographie-Profil

Typ:Wachsende westdeutscheGroßstadt in einer pros-perierenden Region

Strategie:Der kompakte familien-politische Ansatz soll dasLeben in der Stadt fürjunge Familien wiederattraktiv erscheinen las-sen, die besten Zukunfts-chancen bieten und soeine Abwanderung insUmland verhindern.

Demographische ProblemlageStuttgarts Problem ist nicht eine negative Einwohnerentwicklung,sondern vielmehr die für Kernstädte typische Umschichtung derBevölkerungsstruktur durch Suburbanisierungsprozesse. Währendvor allem deutsche Familien ins Umland abwandern, gibt es eineZuwanderung von Ausländern sowie jungen Menschen zurAusbildung. Ergebnis ist ein hoher Anteil alter Menschen,Auszubil-dender und Studenten,Alleinerziehender, Menschen mit Migrations-hintergrund und sozial Schwacher.

Die Stadt hat bereits heute einen Ausländeranteil von 25 Prozent,rund 35 Prozent der Kinder haben keinen deutschen Pass. Bis 2030wird der Ausländeranteil auf über 40 Prozent steigen. Der AnteilAlleinerziehender liegt bei 21 Prozent und in 80 Prozent der Haus-halte gibt es keine Kinder unter 18 Jahre. Von den verbleibenden20 Prozent haben 10 Prozent nur noch ein Kind.

Für die Zukunft muss Stuttgart als Stadtgesellschaft Strategienentwickeln, um die jungen Familien zu halten. Trotz eines großenEngagements im Wohnungsbau nehmen aber die Suburbani-sierungstendenzen nicht ab. Dabei gelten Förderprogramme so-wohl dem Mietwohnungsbau als auch der Eigentumsförderung.Inzwischen setzt sich die Erkenntnis durch, dass Stuttgart beimBau von Einfamilienhäusern nicht mit den Umlandgemeinden kon-kurrieren kann. Zudem ist der Flächenumfang für neue Bauland-ausweisungen im Stadtgebiet naturgemäß äußerst begrenzt. Alsogilt es andere Wege zu beschreiten, um junge Familien an die Stadtzu binden. Dazu gehören auch familienpolitische Ansätze.

In den letzten Jahren ist die Landeshauptstadt kontinuierlich aufheute rund 590.000 Menschen gewachsen. Für das Jahr 2020 gehtdas Statistische Landesamt Baden-Württemberg von einemWachstum von 2,9 Prozent aus. In der gesamten Region Stuttgartleben 2,6 Millionen Menschen und damit genauso viele wie in denBundesländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

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95STUTTGART

Defizite in der Vereinbarkeit von Familie undBeruf

Die Idee der im Folgenden vorgestellten familienpolitischen An-sätze ist nicht direkt als Gegenstrategie zur Suburbanisierung ent-standen. Ansatzpunkt war vielmehr die Erarbeitung eines Konzep-tes für ein praxisorientiertes Kommunales Gender MainstreamingManagement (KGMM) unter der Leitung der Stabsstelle für indi-viduelle Chancengleichheit von Frauen und Männern der Landes-hauptstadt Stuttgart. Bei der Erprobung des Modells im Pilotbe-reich „Amt für öffentliche Ordnung“ wurde der Frage nachgegangen,ob amtsspezifische Probleme wie hohe Fehlzeiten, Fluktuation,mangelnde Motivation in Zusammenhang mit Ungleichheitenzwischen Männer und Frauen stehen.

Bei der systematischen Erhebung und Auswertung aller personal-wirtschaftlichen Daten ließen sich geschlechtsspezifische Auffällig-keiten wie höhere Fehlzeiten und häufigere Fluktuation besondersbei Frauen in Zusammenhang mit einer erschwerten Vereinbarkeitvon Familie und Beruf aufzeigen. In einer Mitarbeiterbefragung be-stätigte sich der Bedarf an einer Vielzahl von flankierenden Ser-viceleistungen, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu kön-nen und so eine leistungsfördernde Arbeitsatmosphäre zu schaffen.

Flankierende ServiceleistungenDie Thematik Vereinbarkeit von Familie und Beruf rückte so zu-nächst für den Arbeitgeber Landeshauptstadt Stuttgart in den Mit-telpunkt. Im Rahmen einer konkreten Umsetzungsstruktur werdenfolgende Maßnahmen durchgeführt:· die Einrichtung von zwei Notfallplätzen im Betriebskindergarten

für Fälle, in denen die reguläre Betreuung ausfällt,· die Möglichkeit, Kantinenessen für die Kinder mit nach Hause zu

nehmen,· eine niederschwellige Anlaufstelle („Hotline“) für alle Probleme

beim familienbedingten Aus- und Wiedereinstieg,· ein Kooperationsverbund für Ferienbetreuungsangebote,· eine über Internet zu erreichende Intranetbörse für die Be-

schäftigten während der Elternzeit, mit Jobbörse, Chatroom,Mitarbeiterinfos usw.

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96 STUTTGART

Großes Augenmerk liegt auf der Einrichtung eines Stellenpools fürfrühzeitige Reintegration von beurlaubten Mitarbeiterinnen (kurzerAusstieg) in Verbindung mit einer konsequenten Berufswegplanung.Aus dem Pool sollen zusätzliche Stellenanteile unter bestimmtenRahmenbedingungen auf Zeit genommen werden können, um bei-spielsweise eine Teilzeitstelle zur Vorbereitung auf eine Führungs-position von 50 auf 75 Prozent „anzureichern“ oder den Wechselauf eine andere Position mit 25 Prozent „auszuprobieren“. Dierund tausend Beurlaubten und damit potenziellen Wiedereinstei-gerinnen stellen eine wichtige Ressource dar, die optimal gefördertund genutzt werden soll.

Um sich über die konkreten Erfahrungen mit personalpolitischenInstrumenten auszutauschen, wird vierteljährlich sehr erfolgreichein Netzwerk von Entscheidungsträgern aus Verbänden,Wirtschafts-unternehmen und Kommunen einberufen.

Befragung der Stuttgarter FamilienNachdem die Stadt als Arbeitgeber familienpolitische Maßnahmenentwickelt hat, sollten auch die kommunalen Dienstleitungen fürdie Familien Stuttgarts überprüft werden. Dabei ging man davonaus, dass auch alle Bürger die Serviceleistungen rund um die Ver-einbarkeit von Familie und Beruf als unzureichend empfinden. Ineiner Fragebogenaktion wurden 5.000 Personen nach ihrem Be-darf an Kinderbetreuung befragt. Die Auswertung zeigte, dass sichEltern ein flexibleres Angebot wünschen und durchaus bereit sind,dafür ein entsprechendes Entgelt zu zahlen – nachts und am Wo-chenende durchaus mehr als tagsüber und wochentags.

Bürger wünschen flexiblere BetreuungDie Stadt stellte also auch als kommunaler Dienstleister fest, dassdie bisherigen Betreuungsangebote nicht mehr zeitgemäß sind.Gefragt ist eine flexible Kinderbetreuung. Eines der neu entwickel-ten Angebote findet zum Beispiel jeden Samstagmorgen in Zusam-menarbeit mit der Musikschule statt. In der ersten Stunde liegt derSchwerpunkt auf musikalischer Früherziehung, in den zwei wei-teren auf Kinderbetreuung. Zusätzliche Kinderbetreuung in den

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97STUTTGART

Abendstunden mit gemeinsamem Essen derEltern und Kinder zeigt neue Wege für die städ-tischen Einrichtungen auf.

Im Rahmen eines Pilotprojekts soll die „innova-tivste Kita 2005“ gesucht werden. Auf ihremWeg zum selbstständigen, bedarfsorientiertenWirtschaften wird sie durch ein betriebs-wirtschaftliches Managementcoaching unter-stützt.

Phantasievolle Eigeninitiativen mit dem Zieleiner Betreuungsvielfalt durch Deregulierung zufördern, bedeutet auch, in der Personalgewin-nung neue Wege zu gehen. Viel versprechend isthierbei die Gründung eines Fördervereins, der esErzieherinnen durch einen Minijob ermöglichensoll, im Bedarfsfall abends eine Betreuung imeigenen Kindergarten oder im Krankheitsfall beidem Kind zu Hause anzubieten. Dieses Angebotentstand vor allem aus der Erfahrung, dassEltern ihre Kinder ungern in Einrichtungen unter-bringen, die sie noch nicht kennen. In konkreter

Planung ist zudem die Einrichtung eines Kinder-hotels.

Flexible Kinderbetreuung als Standortfaktorkommt auch zunehmend berufstätigen Frauenauf Tagungen oder bei Messebesuchen in Stutt-gart zugute: Sie können ihre Kinder mitbringen.Diese werden von 8 bis 17.30 Uhr betreut. Gear-beitet wird an einem Ausbau der Betreuungunter dem Motto „Kinder- statt Damenpro-gramm“ für Managerinnen.

Mit dem Familienportal dieFamilien Stuttgarts unterstützen

Zusätzlich richtet die Landeshauptstadt Stutt-gart unter www.stuttgart.de/familienportaleinen virtuellen Marktplatz für Familien ein. DasEU-geförderte Projekt soll zum einen dieVereinbarkeit von Familie und Beruf unter-stützen, zum anderen den Markt der Kinder-betreuung transparenter machen. Das Portalumfasst drei Dienstleistungsblöcke:

· Kinderbetreuung www.stuttgart.de/kits:Dieser Baustein ist im September 2004 onlinegegangen. Mithilfe einer Suchmaske könnenhier das individuell gewünschte Betreuungs-angebot und in einem nächsten Schritt zukünf-tig freie Plätze abgefragt werden. Dabei kanndifferenziert nach regelmäßiger oder unregel-mäßiger Betreuung, einem bestimmten Tag,Möglichkeiten im Stadtteil oder nach einer be-stimmten pädagogischen Ausrichtung gesuchtwerden. Neben Kindergärten, Kindertages-stätten und Ferienbetreuungsmöglichkeitenwerden auch die Angebote der Schulen, Musik-schulen, Sportvereine, Spielplätze und alle kul-turellen Angebote für Kinder nutzerfreundlichaufbereitet.

Entwicklung des familienpolitischen Konzepts

Entwicklung derfamilienpolitischen

Maßnahmen fürdie Mitarbeiter

der Stadtverwaltung

Interne Unter- suchung zeigtmangelnde Unterstützung für Familien

Untersuchungob Defizite

auf stadtweiteProblemehindeuten

Familien- politisches Gesamtkonzept für alle Bürgerder Stadt

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98 STUTTGART

· Betreuung und Pflege von Angehörigen:Über diese Suchmaske lassen sich alle kommunalen Dienstleis-tungsangebote finden, die Familien bei der Pflege ihrerAngehörigen unterstützen. Die Gruppe der „jungen Alten“ sollsich über Freizeitmöglichkeiten oder ehrenamtliche Arbeitinformieren können.

· Haushaltsnahe Dienstleistungen:In diesem Bereich wird die Möglichkeit geboten, nach haushalts-nahen Dienstleistungen wie etwa Einkaufsservice zu suchen. DieAngebote sind sowohl kommerzieller als auch kommunaler, ehren-amtlicher oder nachbarschaftlicher Art.

Umsetzung zur kinder- und familienfreund-lichsten Großstadt Deutschlands

Stuttgarts strategischer Ansatz lässt sich auf viele kommunaleThemenfelder übertragen. Die Kommune muss als Dienstleister aufVeränderungen in der Bedürfnisstruktur einer Stadtgesellschaftreagieren. Diese Veränderungen sind auch innerhalb derOrganisation der Stadtverwaltung festzustellen. Stuttgart reagiertauf die veränderten Wünsche der Mitarbeiter durch entsprechendeMaßnahmenbündel innerhalb der Verwaltung und überträgt dieLeistungen, die sich intern bewährt haben, auf das Serviceangebotfür die Gesamtbevölkerung der Stadt. Stuttgart stellt sich demWettbewerb um Familienfreundlichkeit als Standortfaktor.

Als Impulsgeber und Förderer, als Ratgeber und Lobby wurden dasKuratorium „Kinderfreundliches Stuttgart“ und ein Fördervereingegründet. Das Kuratorium besteht aus über 50 Persönlichkeitenaus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport, Wissenschaft und Medien. Soist z. B. die baden-württembergische Ministerin für Kultur, Jugendund Sport, Dr. Annette Schavan, ebenso Mitglied wie Vertreter derDeutschen Bank, von Daimler Chrysler und der Robert-Bosch-Stif-tung. Nachdem fünf Zielbereiche definiert wurden, arbeiten nuninsgesamt 15 interdisziplinäre Arbeitsgruppen an Umsetzungspro-jekten. Dazu sind bereits Erfolgs- und Messkriterien entwickelt undverbindlich verabschiedet worden.

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99STUTTGART

AnsprechpartnerinDr. Ursula Matschke

Stabstelle für individuelle

Chancengleichheit von Frauen

und Männern der

Landeshauptstadt Stuttgart

Telefon:

07 11 . 2 16 33 38

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.stuttgart.de

Inzwischen sind einige konkrete Projekte bereits angelaufen. DieArbeitsgruppe „Familienfreundliche Unternehmenspolitik“ plant bei-spielsweise ein Netzwerk von Unternehmen, das anhand einerCheckliste zur familienfreundlichen Personalpolitik konkrete bestpractice-Module darstellen und Ansprechpartner in einem „Suche– Biete“-Beratungssystem vermitteln wird. Die Akteure der Gruppe„Ernährung und Bewegungsförderung“ entwickeln ein kommu-nalpolitisches Konzept zum Thema gesunde Ernährung an Schulen.Die Projektgruppe „Nachfrageorientierte Öffnungszeiten der Kin-derbetreuungseinrichtungen" wird unter Einbeziehung von be-triebswirtschaftlichem und pädagogischem Know-how die innova-tivste Kindertagesstätte ein Jahr lang experimentieren lassen unddann auspreisen.

Kuratorium „Kinderfreundliches Stuttgart“ Ziele und Aufgabengebiete

Vereinbarkeit Beruf und Familie

1. Familienfreund-liche Arbeitsbe-dingungen in Betrieben und Universitäten

2. Nachfrage-orientierte Öffnungszeitenin Kindertages-stätten

Freiräume,Platz für Kinder

1. Vermieter-,Makleraktionen

2. Kinderfreund-liche Haus-ordnung

3. Abenteuerräume in der Stadt

Spiel, Spaß,Aussenkomm-unikation

1. Aussen-kommunikation

2. Kinder undJugendtheater

3. Jugendkunst-schule

Sicherheit undGesundheit

1. Gesundheit und Prävention

2. Ernährung/Bewegungs-förderung

3. Sicherheit

Sonderthema

Messbarkeitvon Kinder-undFamilien-freundlichkeit

Kinderent-wicklungund Bildung

1. Entwicklung von„Förderkultur“,vorbildliche Schu-len in Stuttgart

2. Sprachförderungin Kindergärten

3. Musikförderung

4. Förderung natur-wissenschaftlicherKenntnisse

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Die bayerische Landes-hauptstadt ist eine dergrößten Städte Deutsch-lands. Ende 2003 leb-ten 1,4 Millionen Men-schen in München; derAusländeranteil betrug 21 Prozent.

100 MÜNCHEN

Demographie-Profil

Typ:Wachsende Großstadt improsperierenden Raum

Strategie:München schult bereitsjetzt die Verwaltung, umsich frühzeitig auf dendemographischenWandel einzustellen unddie Stadt fit zu machenfür künftigeHerausforderungen.

Demographische ProblemlageDie Bevölkerung Münchens wird in den kommenden Jahren weiter-hin leicht steigen. Hauptgrund hierfür sind die Zuzüge aus dem In-und Ausland. Insbesondere durch die Arbeits- und Ausbildungs-migration ist die Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen in Münchenüberrepräsentiert. Der Anteil der Menschen ab 65 Jahren wird sichbis 2015 zwar nur geringfügig erhöhen, allerdings wird die Alters-gruppe der über 75-Jährigen zunehmen: 2015 werden etwa 18.000Menschen über 75 Jahre mehr in der Stadt leben als heute.Insbesondere der Anteil der älteren Ausländer wird sich erhöhen,ihr Anteil unter den 75- bis 100-Jährigen wird voraussichtlich von3,6 Prozent auf 7,8 Prozent steigen.

Die Zahl und der Anteil von Kindern und Jugendlichen wird nurwenig zurückgehen. Bereits seit den 1980er Jahren leben mehrältere Menschen in der Stadt als Kinder und Jugendliche. Insge-samt wird sich die Altersstruktur also nur geringfügig verändern –allerdings unter der Voraussetzung anhaltender wirtschaftlicherProsperität. Die Geburtenrate ist mit 1,2 sehr niedrig, doch Mün-chen profitiert von der Zuwanderung aufgrund der günstigen Ar-beitsplatz- und Ausbildungssituation. Sollte sich diese verschlech-tern, könnte auch die Entwicklung in München einen anderenVerlauf nehmen.

Im Vergleich zur gesamtdeutschen Entwicklung sind demnach dieFolgen des demographischen Wandels in München voraussichtlichnur abgeschwächt zu spüren. Problematisch werden jedoch diegesamtgesellschaftlich wirkenden strukturellen Veränderungensein: Vor allem die Disparitäten zwischen Arm und Reich werdenstärker werden und sich auch räumlich niederschlagen. Zusätzlichgibt es eine generelle Tendenz zur Verkleinerung der Haushalte, zurZunahme biografischer Brüche und der Ausdünnung familialerNetzwerke. Damit wird der innere Zusammenhalt der Stadtgesell-schaft noch mehr als bisher zum Thema werden.

MÜNCHEN– Frühzeitig informie ren und sensibilisieren –

Teil_5 09.11.2004 9:00 Uhr Seite 12

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Definition von HandlungsfeldernDie Münchner Stadtverwaltung erstellt seit vie-len Jahren Bevölkerungsprognosen auf der Basisvon Geburten- und Sterberaten sowie Wande-rungsbewegungen. Obwohl die demographi-schen Veränderungen in München zunächst imVergleich zu anderen Städten nicht so gravie-rend erscheinen, hat sich im Herbst 2002 eineArbeitsgruppe aus verschiedenen Bereichen derStadtentwicklungsplanung gebildet, um sich mitdiesem Thema auseinander zu setzen. DieErgebnisse waren Schwerpunktthema in deraktuellen Fortschreibung der Stadtentwicklungs-konzeption „Perspektive München“.

Dieser Text, der Prognosen vorstellt und Hand-lungsfelder benennt, wurde im Rahmen derStadtentwicklungskonzeption dem Stadtrat undden Bezirksausschüssen vorgelegt. Münchenwill auf diese Weise die Chancen nutzen, die sichaufgrund des relativ späten Einsetzens desdemographischen Wandels ergeben. So kannsich die Stadt gründlich mit den Herausforderun-gen auseinander setzen und frühzeitig Weichenstellen.

Für die nahe Zukunft ist eine referatsübergrei-fende Arbeitsgruppe geplant, die die Handlungs-felder für den Umgang mit dem demographi-schen Wandel konkretisieren und Vorschläge fürMaßnahmen entwickeln soll. Auch die Ergebnis-se dieser Gruppe werden dem Stadtrat zur Infor-mation und Beschlussfassung vorgelegt werden.

Wissen weitergeben, um zu infor-mieren und zu sensibilisieren

Die wichtigsten Erkenntnisse im Zusammenhangmit dem demographischen Wandel in Münchenwerden gegenwärtig durch Mitarbeiterinnen desReferats für Stadtplanung und Bauordnung inFortbildungsveranstaltungen an die Kollegen derStadtverwaltung weitergegeben. Zunächst refe-ratsintern, später auch innerhalb der gesamtenStadtverwaltung sollen die Mitarbeiter für dieProblematik sensibilisiert werden. Ein wichtigerAspekt dieser Fortbildungen ist, dass die Mitar-beiter im Rahmen eines Workshops herausgefor-dert werden, die Aussagen zum demographischenWandel auf ihren persönlichen Arbeitsbereich zubeziehen sowie Ideen zu entwickeln, wie sie selberdazu beitragen können, die Stadt optimal aufden Wandel vorzubereiten.

Zielgruppe der Veranstaltung sind alle, deren Ar-beitsfeld vom demographischen Wandel betrof-fen ist oder sein wird. Letztlich kommt es bei derUmsetzung der Strategien auf die Sachbearbei-ter vor Ort an, die in ihrer praktischen Arbeitdirekt mit den Effekten des demographischenWandels konfrontiert sind – sei es bei der Pla-nung von Infrastruktureinrichtungen, bei der Ge-staltung von Grünflächen, in der Bauleitpla-nung, bei der Konzipierung und Umsetzungsozialer Maßnamen, bei der Förderung bürger-schaftlichen Engagements, bei der Reform derVerwaltung oder bei der Arbeit mit Migranten,um nur einige Beispiele zu nennen. So ist dieZielgruppe sehr weit gefasst und schließt allehierarchischen Ebenen ein.

101MÜNCHEN

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102 MÜNCHEN

Schwerpunkte derStadtentwicklung imdemographischen Wandel

Als erstes Ergebnis einer Analyse der Folgen fürdie Stadtentwicklung werden in der Fortbildungfünf Prioritäten kommunalen Handelns heraus-gestellt:

1. Investitionen in Bildung, Qualifizierungund ArbeitsmarktInvestitionen in Humankapital werden lang-fristig wichtiger als Infrastrukturinvestitionen.Daher gilt es z. B. die Ganztagskinderbetreu-ung auszubauen und Arbeitsformen und -zei-ten zu flexibilisieren, um die Erwerbsbeteili-gung von Müttern zu ermöglichen, die Quali-tät im Bildungsbereich zu sichern und denSpracherwerb von Migrantenkindern (undderen Eltern) zu fördern. Schule und Ausbil-dung müssen an den Wandel angepasst wer-den. Außerdem wird es immer wichtiger wer-den, Jugendliche ohne Schulabschluss in dieArbeitswelt zu integrieren. In bestimmten Be-rufsbereichen, wie Pflege, Dienstleistungen,Medizin, werden zukünftig mehr Arbeits-kräfte benötigt, daher sollte hier in die Aus-bildung investiert werden.

2. Stärkung der Familien mit KindernLeistungen zur Stabilisierung bzw. Verbesse-rung der Rahmenbedingungen von Familienmüssen weitergeführt werden, wenn es polti-sches Ziel ist, eine ausgewogene Bevölkerungs-struktur in der Stadt zu erreichen. Dazu ge-hören unter anderem nachfragegerechteDienstleistungen vor allem im BereichKinderbetreuung, Bemühungen um ein kin-derfreundliches Wohnumfeld und bezahlbarefamiliengerechte Wohnungen.

3. Leistungen für ältere MenschenDie Anzahl allein lebender, hochbetagterMenschen wird zunehmen und darunter derAnteil der Kinderlosen. Daher wird der Bedarfan professioneller ambulanter Pflege steigen.Für Senioren müssen präventive Gesundheits-programme geschaffen, bezahlbare Heim-plätze gesichert, die Tagespflegeangeboteausgebaut und gerontologische Angeboteaufgebaut werden.Außerdem sollte alternati-ven Wohnmodellen für ältere Menschen – z. B.Hausgemeinschaften – Raum gegeben wer-den. Barrierefreiheit im Wohnbereich und imöffentlichen Raum wird wichtiger werden. Eswird mehr ältere Migranten geben und dieLebensentwürfe älterer Menschen vervielfäl-tigen sich, das heißt: Die Einrichtungen müs-sen in Zukunft veränderten Bedürfnissen ge-recht werden.

4. Wohnungspolitik, Stadtstruktur,Regional- und FlächenentwicklungDie Zahl der Haushalte wird steigen, weil derAnteil kleiner Haushalte zunehmen wird:mehr Rentner, mehr Singles, weniger Familienmit Kindern. Die Pro-Kopf-Wohnfläche wirdebenfalls steigen: Kleinere Haushalte weisenim Schnitt höhere Pro-Kopf-Wohnflächen auf,zudem ziehen Menschen im Alter selten inkleinere Wohnungen um, und die individu-ellen Ansprüchen an Wohnfläche werdennach wie vor größer. Dies gilt in München inbesonderem Maße, da hier die Bevölkerungund dadurch der Wohnflächenbedarf zusätz-lich wachsen. Das heißt: In München kannkeine Entspannung auf dem Wohnungsmarktals Folge des demographischen Wandelserwartet werden.

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103MÜNCHEN

AnsprechpartnerinnenSabine Malecek und

Dr. Ruth Mächler

Referat für Stadtplanung und

Bauordnung

Landeshauptstadt München

Telefon:

0 89.2 33 - 2 52 21 oder

0 89.2 33 - 2 40 56

E-Mail:

[email protected]

[email protected]

Internet:

www.muenchen.de

Die allgemeine Polarisierung und Differenzierung in der Gesell-schaft wird sich auch auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln –bundesweit und in München. Denn die Schere weitet sich zwischen denen, die auf billigen Wohnraum angewiesen sind,und denen, die es sich leisten können, spezielle Wohnwünschezu verfolgen. Das „obere“ Segment wird durch den Markt gere-gelt werden. Für Politik und Stadtplanung ist es wichtig, dafürzu sorgen, dass die Menschen am „unteren“ Rand geeignetenund bezahlbaren Wohnraum vorfinden können. Dies ist in Mün-chen aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes von be-sonderer Bedeutung.

5. Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und derGenerationenbeziehungenEs ist anzunehmen, dass Veränderungen in der Altersstrukturund in den Familienstrukturen (mehr Einpersonenhaushalte,weniger Familien mit Kindern, Abnahme verwandtschaftlicherBezüge) zu Konflikten führen werden. Studien zeigen, dass dieGenerationensolidarität vor allem auf der Beziehungsebenegestärkt werden kann. Die Stadt ist in der Lage, Bedingungendafür zu gestalten: durch die Förderung von generationsüber-greifendem bürgerschaftlichen Engagement, durch Wohnungs-politik, durch die Gestaltung des Wohnumfelds und desöffentlichen Raums, sodass Begegnungen und Kommunikationzwischen den Generationen ermöglicht und gefördert werden.

UmsetzungserfolgeDie vorgestellten Trends und Handlungsfelder dienen als Anstößefür die Mitarbeiter der Stadtverwaltung, sich mit den vorhandenenMöglichkeiten zur Gestaltung des demographischen Wandels aus-einander zu setzen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sichimmer neue kreative Umsetzungsmöglichkeiten finden lassen unddass lebhafte Diskussionen in Gang gesetzt werden. So kann esgelingen, eine Verwaltung frühzeitig auf kommende Entwicklungenvorzubereiten und sich als Stadtverwaltung der Herausforderungdes demographischen Wandels offensiv zu stellen.

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Die Gemeinde Echingist die südlichste Ge-meinde im LandkreisFreising und grenzt un-mittelbar an den Land-kreis München. Die13.000 Einwohnergroße Kommune istbesonders für Pendlerals Wohnort attraktiv,da eine S-Bahn denOrt mit der bayeri-schen Landeshaupt-stadt verbindet.

Demographische ProblemlageNicht zuletzt aufgrund ihrer günstigen Lage konnte Eching in derVergangenheit wachsen: Seit 1987 hat die Gemeinde über 38Prozent Einwohner hinzugewonnen. Auch in Zukunft wird sie vonZuzügen profitieren. Das Internationale Institut für EmpirischeSozialökonomie (INIFES) geht in einer Studie im Auftrag des Land-kreises Freising davon aus, dass Eching bis 2021 über 17.000 Ein-wohner zählen wird.

Das Bevölkerungswachstum wird hier durchaus kritisch gesehen:Einwohnerzuwächse, steigender Verkehr und das Näherrücken derGroßstadt bedrohen die bewährten Gemeindestrukturen und ins-besondere die bisherige Wohnqualität. In der zweiten Fortschrei-bung des Gemeindeentwicklungsprogramms im Jahr 2002 setztsich Eching deshalb das Ziel, „kontrolliert“ zu wachsen. Nur durcheine strategische Baulandausweisung können Auslastung undAusweitung von Infrastrukturmaßnahmen geplant und rechtzeitigdurchgeführt werden. Daher ist es wichtig, ein durchschnittlichesBevölkerungswachstum von zwei Prozent jährlich nicht zu über-schreiten.

In der Vergangenheit hat Eching durch Baulandausweisung vorallem junge Familien angezogen. Die Gemeinde weist aber aucheinen stabilen Anteil an Einwohnern mittleren und höheren Altersauf. Während das schnelle Bevölkerungswachstum zwischen 1960und 1970 vorübergehend eine relativ junge Bevölkerungsstrukturzur Folge hatte, bewirken das abgemilderte gleichmäßige Wachs-tum und die sich heute abzeichnende geringere Bevölkerungsfluk-tuation die „Normalisierung“ des Altersaufbaus im Übergang zueiner beginnenden Alterung der Bevölkerung.

Bereits die Bevölkerungsprognose 1986 anlässlich der ersten Fort-schreibung des Gemeindeentwicklungsprogramms zeigte ein dras-tisches Ansteigen der älteren Bevölkerung. Die Gemeinde erkannteschon damals den Handlungsbedarf zur Verbesserung der Wohn-und Lebenssituation älterer Bürger.

104 ECHING

ECHING– Älter werden in Eching e. V. –

Demographie-Profil

Typ:Kleinstadt im prosperie-renden Raum, die in Zu-kunft weiter wachsenwird, aber deren Bevölke-rungszusammensetzungälter werden wird

Strategie:Der Verein „Älter werdenin Eching e. V.“ koordi-niert über ein Altenser-vice-Zentrum die kommu-nale Altenarbeit.

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Das Projekt Alten Service Zentrum (ASZ)Eching – Erste Bestandsaufnahme

Die damalige örtliche Versorgung bei Hilfe- und Pflegebedürftig-keit erfolgte durch zwei Gemeindeschwestern, die ambulantehäusliche Betreuung und Pflege durchführten. Allerdings fehlteeine stationäre Einrichtung, sodass der Umzug in ein Heim immermit einem Ortswechsel verbunden war.

Im Alter in der eigenen Wohnung lebenDie Diskussion um künftige Versorgungsangebote in Eching fielzeitlich zusammen mit einem generellen Strukturwandel in derAltenhilfe. So wurde die Diskussion „ambulante versus stationäreVersorgung“ neu entfacht. Die Gemeinde gab eine Befragung beider „Arbeitsgruppe für Sozialforschung“ (München) in Auftrag,um herauszufinden, wie die Bürger im Alter leben wollen. Das Er-gebnis: Die Mehrheit möchte im Alter in einer eigenen Wohnungund möglichst lange selbstbestimmt leben.

Auch in Eching wurde die stationäre Langzeitpflege nicht mehr alsdie einzige Lösung bei Pflegebedürftigkeit betrachtet, sondernman überlegte, ob bei entsprechenden Alternativen auf einPflegeheim verzichtet werden könnte. Kurzzeitpflege, Tagespflegeund präventive Altenarbeit wurden in der Gemeinde diskutiert,entsprechende Einrichtungen besucht und die jeweiligen Vor- undNachteile gegenübergestellt.

Neue Wege in der kommunalen AltenarbeitIm Mai 1986 beschloss derGemeinderat einstimmig dieErrichtung eines Alten ServiceZentrums (ASZ) in zentralerLage. Der Entscheidungspro-zess wurde wesentlich vomdamaligen Bürgermeister unddem späteren ersten Vorsit-zenden des Vereins „Älterwerden in Eching e.V.“ vor-angetrieben. Für die Gemeinde

105ECHING

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war es wichtig, die in Echingtätigen Einrichtungen der Alten-arbeit bei der Ausarbeitung derKonzeption miteinzubeziehen.

Parallel wurde ein künftiger Betreiber gesucht. Dazu fanden mitallen frei gemeinnützigen Trägern Gespräche statt; allerdings konnten die Verbände den Ansprüchen der Gemeinde nicht gerechtwerden. Daher sah der Gemeinderatsbeschluss im April 1988 dieErrichtung eines Alten Service Zentrums in Trägerschaft eines neuzu gründenden Vereins vor, in dem ältere Echinger Bürger Mitgliedwerden können.

Bürger gründen TrägervereinDer Trägerverein „Älter werden in Eching e.V.“ wurde im Mai 1989von 92 Bürgern gegründet. Er finanziert sich nicht über Zuschüsseder Gemeinde, sondern die Gemeinde bezahlt Entgelte für die vomTrägerverein übernommenen Aufgaben der kommunalen Alten-hilfe; dies ist eine kommunalpolitische Besonderheit Echings. Hin-zu kommen Erlöse aus Dienstleistungen (z. B. Pflegeentgelte, Ge-bühren für Veranstaltungen oder Vermietungen), die jährlichenMitgliedsbeiträge sowie Spenden. Inzwischen hat der Verein 550Mitglieder. Die meisten sind ältere Bürger der Gemeinde, aber esgibt auch viele jüngere Mitglieder, deren Engagement oft aus derSorge um ältere Familienangehörige entsteht.

Alten Service Zentrum in der Mitte derGemeinde

Durch die Gründung des Bürgervereins war es möglich, eineEinrichtung zu schaffen, die nicht an eine Konfession oder einebestimmte Weltanschauung gebunden ist. Das Alten Service Zen-trum, das 1995 seinen Betrieb aufgenommen hat, spricht so alleälteren Menschen in Eching an und hat sich zu einer festen Größeim Gemeindeleben entwickelt. Es befindet sich im Zentrum, sodassalle Geschäfte des täglichen Bedarfs sowie Ärzte und Ämter leichtzu erreichen sind. Zu den Angeboten des ASZ zählen:· Leitstelle zur Koordinierung und Beratung;· Betreutes Wohnen: In den 2-Zimmer-Wohnungen ist Pflege und

106 ECHING

Leben undWohnen

im Alter derZukunft

Singularisierung des Alters(Zunahme allein stehender ältererMenschen) und Verringerung desPotentials pflegender Angehöriger

Problem derPersonalgewinnungund -bindung

Veränderte Erwartungen:(möglichst lange in vertrauter Um-

gebung leben / selbstbestimmtesLeben auch bei Hilfs- und Pflege-

bedürftigkeit, im Alter etwasNeues probieren)

Zunehmende Lebenserwartungund steigender Pflegebedarf

Zunehmende Schwierigkeit derFinanzierung des Versorgungs-systems (gestiegene Anforde-

rungen – weniger Beitragszahler)

Das Alter umfasst nicht mehreine einheitliche Gruppe (drittesund viertes Alter / mehr Älteremit Migrationshintergrund)

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Unterstützung bei Bedarf rund um die Uhr möglich;· Kurzzeitpflege für Pflegebedürftige, die vorübergehend zu Hause

nicht betreut werden können;· Tagespflege für Pflegebedürftige, die tagsüber Hilfe benötigen:

Sie werden morgens abgeholt und verbringen den Tag mit Akti-vitäten, die geistige und körperliche Fähigkeiten erhalten bzw.wiederherstellen. Die Tagespflege zielt auf ein Verbleiben imeigenen Haushalt;

· Ambulante Pflege durch Pflegefachkräfte und Laienpfleger;· Mobile Soziale Hilfsdienste durch Zivildienstleistende und frei-

willige Helfer, die Einkaufs-, Reinigungs- und Fahrdienste über-nehmen;

· Begegnungsstätte mit breit gefächertem Veranstaltungspro-gramm mit Kursen, Vorträgen, Ausflügen und anderen Ange-boten für die Echinger Bevölkerung.

Die Trägerschaft des Bürgervereins hat immense Vorteile. Sieermöglicht flexible Strukturen und Organisationsformen, sodassdas Angebot des ASZ dem sich verändernden Betreuungsbedarfangepasst werden kann. Außerdem können alle am Ort bereitstätigen Einrichtungen auch organisatorisch eingebunden und einegemeinsame Arbeit aller Dienste in einer weitgehend konkurrenz-freien Situation verwirklicht werden.

Das professionelle Behandlungs- und Betreuungsangebot in derGemeinde kann durch Selbsthilfeeinrichtungen ergänzt werden, imSinne einer Aktivierung der älteren Mitmenschen. Die beteiligtenOrganisationen und vor allem die (älteren) Echinger Bürger kön-nen auf die Arbeit der Einrichtung im Rahmen des Vereins demo-kratisch Einfluss nehmen.

UmsetzungDas Echinger Konzept beweist, dass kommunale Altenarbeit auchunabhängig von den eingefahrenen Konzeptionen der großenVerbände der freien Wohlfahrtspflege möglich ist. Es steht für eineneue Perspektive der Zusammenarbeit verschiedener Konfessionenund Interessengruppen im Rahmen einer örtlichen Organisation.

107ECHING

AnsprechpartnerinSiglinde Lebich

Alten Service Zentrum Eching

Telefon:

0 89 . 3 27 14 20

E-Mail:

[email protected]

Internet:

www.asz-eching.de

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108 AUTOREN

Andreas EscheProjektleiter der Aktion Demographischer WandelBertelsmann Stiftung, Gütersloh

E-Mail: [email protected]

Dr. Johannes MeierMitglied des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Bernhard MüllerProfessor für Raumentwicklungan der TU Dresden und Direktor des Leibniz-Instituts für ökologischeRaumentwicklung e.V. (IÖR) Dresden

E-Mail: B.Mü[email protected]

Kerstin SchmidtProjektmanagerinKommunen und Regionen im demographischen Wandel Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Klaus Peter StrohmeierProfessor für Soziologie,insbesondere Stadt- und Regionalsoziologie,und geschäftsführender Direktor des Zentrums für interdisziplinäreRuhrgebietsforschung (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum

E-Mail: [email protected]

Dr. Adrian ReinertGeschäftsführer der Stiftung MitarbeitBonn

E-Mail: [email protected]

Die Autoren

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109LITERATUR

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Müller, Bernhard, et al.:Demographische Entwicklung im FreistaatSachsen – Analyse und Strategien zur Raum-entwicklungs- und Raumplanungspolitik.Gutachten im Auftrag der Sächsischen Staatskanzlei.Dresden 2004.

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Reinert, Adrian:Bürgerschaftliches Engagement und Demographischer Wandel

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):Politische Partizipation in Deutschland.Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage.Gütersloh 2004.

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Bundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend:Kurzzusammenfassung 2. Freiwilligensurvey2004 – Ehrenamt, Freiwilligenarbeit, Bürger-schaftliches Engagement.Berlin 2004.www.bmfsfj.de

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Giarini, Orio, und Patrick M. Liedtke:Wie wir arbeiten werden.Der neue Bericht an den Club of Rome.Hamburg 1998.

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Literatur

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110 LITERATUR

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Dubet, Francois, und Didier Lapeyronnie:Im Aus der Vorstädte.Der Zerfall der demokratischen Gesellschaft.Stuttgart 1994.

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Mutz, Gerd:„Strukturen einer Neuen Arbeitsgesellschaft“.Aus Politik und Zeitgeschichte.Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament B 9/99 (26. Februar 1999).

Pröhl, Marga, Heidi Sinning und StefanNährlich (Hrsg.):Bürgerorientierte Kommunen in Deutschland.Anforderungen und Qualitätsbausteine. Band 3.Gütersloh 2002.

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Stiftung MITARBEIT/ParitätischerWohlfahrtsverband NW:Logbuch für Schatzsuchende. Ein Lesebuch fürfreiwilliges soziales Engagement.Bonn 1997.

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111LITERATUR

Von der Hand in den Mund. Armut undArmutsbewältigung in einer westdeutschenGroßstadt.Essen 1992.

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Weiterführende Literatur

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Bertelsmann Stiftung – AktionDemographischer Wandel (Hrsg.):Kommunen und Regionen im DemographischenWandel. Finanzpolitische Nachhaltigkeiten undHandlungsfähigkeiten auf kommunaler sowieregionaler Ebene. Impulspapier (vorläufig).Gütersloh 2004. (Auch online unterwww.aktion2050.de/medien/impulspapier.pdf)

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112 LITERATUR

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114 LITERATUR

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Seitz, Helmut:Kommunalfinanzen bei schnell schrumpfenderBevölkerung in Ostdeutschland. Eine politik-orientierte deskriptive Analyse.Berlin, Frankfurt (Oder) 2002. (Auch onlineunter www.makro.euv-frankfurt-o.de/declinefinale.pdf)

von Loeffelholz, Hans Dietrich:Bevölkerungsentwicklung undKommunalfinanzen im Ruhrgebiet.Ein Problemaufriss. Hrsg. RWI.Essen 2002. (Auch online unter www.projektruhr.de/de/home/teaser_popup/rwi_gutachten.pdf)

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115LITERATUR

Weitere Leseempfehlungen ausder Bertelsmann Stiftung

(www.bertelsmann-stiftung.de/verlag)

Adamaschek, Bernd und Marga Pröhl (Hrsg.):Regionen erfolgreich steuernRegional Governance – von der kommunalenzur regionalen Strategie2. Auflage 2003, 214 SeitenBroschurISBN 3-89204-681-6

Bertelsmann Foundation (ed.):Computers for the Cities of TomorrowInternational Cases for Decision-makers„Cities of Tomorrow“1. Auflage 1998, 184 SeitenBroschurISBN 3-89204-365-5

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):Die Bundesländer im Standortwettbewerb 20031. Auflage 2003, 144 SeitenBroschur, inklusive CD-ROMISBN 3-89204-713-8

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):Internationales Standort-Ranking 2004Wachstum und Beschäftigung1. Auflage 2004, 160 SeitenBroschurISBN 3-89204-777-4

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):Leistungssteigerung und Fortschritt imöffentlichen Bereich: Organisationskulturund WettbewerbCarl Bertelsmann-Preis 20041. Auflage 2004, 44 SeitenBroschurISBN 3-89204-776-6

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):Politische Partizipation in DeutschlandErgebnisse einer repräsentativen Umfrage1. Auflage 2004, 176 SeitenBroschurISBN 3-89204-787-1

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):Ratsarbeit besser machen 2 – RechtlicheAspekteLändervergleich der Kommunalverfassungenvon Dr. Walter Unger1. Auflage 2003, 110 SeitenBroschurISBN 3-89204-723-5

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):ToP® – Fit für BeteiligungEin Moderationshandbuch für JugendlicheEin Praxishandbuch auf der Grundlage desWerks „Youth as Facilitative Leaders –Technology of Participation® (ToP®) GroupFacilitation Methods“ des Institute of CulturalAffairs, USA1. Auflage 2004, 148 SeitenRingbindung, inklusive CD-ROMISBN 3-89204-717-0

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116 LITERATUR

Czerwanski, Annette, Dorit Grieser, ClaudiaSolzbacher und Witlof Vollstädt (Hrsg.):Förderung von Lernkompetenz in der SchuleBand 2Praxisbeispiele und Materialien1. Auflage 2004, 224 SeitenBroschur, inkl. Materialien auf CD-ROM undDVD, 2. Auflage erscheint im Januar 2005ISBN 3-89204-666-2

Dettling, Warnfried:Die Stadt und ihre BürgerNeue Wege in der kommunalen SozialpolitikGrundlagen, Perspektiven, Beispiele1. Auflage 2001, 440 SeitenBroschurISBN 3-89204-588-7

Hackenberg, Helga (Hrsg.):Lokale Arbeitsmarktpolitik – Stand undPerspektivenGesamtbericht des Netzwerkprojektes „BiK -Beschäftigungsförderung in Kommunen“ derBertelsmann Stiftung1. Auflage 2003, 270 SeitenBroschurISBN 3-89204-748-0

Meinhold-Henschel, Sigrid, Kerstin Schmidtund Claudia Walther (Hrsg.):Innovation gestalten – Handlungskonzepte fürLebensqualitätStrategien für die Zukunft vor Ort – Band 4 2004, 81 Seiten Online verfügbar unter www.bertelsmann-stiftung.de/medien/pdf/Band04_InnovationGestalten.pdf

Bertelsmann Stiftung, Bundesvereinigungder Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.):Erfolgreich mit älteren ArbeitnehmernStrategien und Beispiele für die betrieblichePraxis1. Auflage 2003, 184 SeitenBroschur, 2. Auflage erscheint im Februar 2005ISBN 3-89204-738-3

Bertelsmann Stiftung, Bundesvereinigungder Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.):Beschäftigungschancen für ältere ArbeitnehmerInternationaler Vergleich und Handlungsem-pfehlungen2. Auflage 2004, 230 SeitenDieser Titel ist vergriffen, aber noch alskostenloser Download unterwww.bertelsmann-stiftung.de/verlag erhältlich.ISBN 3-89204-740-5

Bertelsmann Stiftung, Städte- undGemeindebund NRW (Hrsg.):Ratsinformationssysteme erfolgreich einführenEin Leitfaden für Politik und Verwaltung1. Auflage 2004, 136 SeitenISBN 3-89204-722-7Nur als Download verfügbar unterwww.bertelsmann-stiftung.de/verlag.

Czerwanski, Annette, Claudia Solzbacherund Witlof Vollstädt (Hrsg.):Förderung von Lernkompetenz in der Schule,Band 1Recherche und Empfehlungen2. Auflage 2005, 154 SeitenBroschur, 2. Auflage erscheint im Januar 2005ISBN 3-89204-660-3

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Osner, Andreas (Hrsg.):Personalentwicklung in der PolitikMandatsträger qualifizieren – Nachwuchsfördernca. 170 Seiten, Broschurinkl. CD-ROMErscheint im Frühjahr 2005ISBN 3-89204-724-3

Pröhl, Marga (Hrsg.):Good Governance für Lebensqualität vor OrtInternationale Praxisbeispiele für Kommunen1. Auflage 2002, 134 SeitenBroschurISBN 3-89204-677-8

Pröhl, Marga und Sigrid Meinhold-Henschel (Hrsg.):Stadt macht Schule Entwicklungsperspektiven für die kommunaleSchullandschaft 67 SeitenBroschüre Online verfügbar unter www.stiftung.bertelsmann.de/medien/pdf/StadtmachtSchule.pdf

Pröhl, Marga und Andreas Osner (Hrsg.):Ratsarbeit besser machenEin Handbuch für kommunale Mandatsträger,sachkundige Bürger und Verwaltungschefs3., erweiterte Auflage 2004, 168 SeitenBroschurISBN 3-89204-686-7

Pröhl, Marga, Heidi Sinning und StefanNährlich (Hrsg.):Bürgerorientierte Kommunen in Deutschland –Anforderungen und QualitätsbausteineBand 3, Ergebnisse und Perspektiven desNetzwerkes CIVITAS2. Auflage 2003, 396 SeitenBroschurISBN 3-89204-448-1

Schmidt, Renate und Liz Mohn (Hrsg.):Familie bringt Gewinn.Innovationen durch Balance von Familie undArbeitswelt1. Auflage 2004, 202 SeitenBroschurISBN 3-89204-778-2

van Suntum, Ulrich und Dirk Schlotböller:Arbeitsmarktintegration von ZuwanderernEinflussfaktoren, internationale Erfahrungenund Handlungsempfehlungen1. Auflage 2002, 238 SeitenDieser Titel ist vergriffen, aber noch alskostenloser Download unter www.bertelsmann-stiftung.de/verlag erhältlich.ISBN 3-89204-583-6

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LinksPfad Organisation Beschreibungwww.aktion2050.de „Aktion 2050“ der Homepage der Aktion Demographischer Wandel der Bertels-

Bertelsmann Stiftung mann Stiftung mit Informationen zu den Projektbausteinen

www.bib-demographie.de/ BiB – Bundesinstitut für Publikationen und Projekte zu bevölkerungswissenschaft-

index2.html Bevölkerungsforschung beim lichen Themen, z. B. das Projekt „Determinanten und Indika-

Statistischen Bundesamt toren der Integration und Segregation der ausländischen

Bevölkerung (Integrationssurvey)“

www.dbresearch.de/ Deutsche Bank Research Verschiedene Publikationen zum Thema

servlet/reweb2.ReWEB?rwkey=u109 „Demographischer Wandel“

www.demographie.schleswig-holstein.de Landesregierung Die Landesregierung informiert über die Konsequenzen des

Schleswig-Holstein demographischen Wandels für das Land. Die Studie „Zukunfts-

fähiges Schleswig-Holstein“ ist als Download verfügbar.

www.ils.nrw.de Institut für Landes- und Stadtent- Beiträge zur demographischen Entwicklung in NRW

wicklungsforschung des Landes

Nordrhein-Westfalen (ILS NRW)

www.inwis.de Institut für Wohnungswesen, Das Institut forscht z. B. zu den Themen Wohnungsleerstand,

Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalisierung und Konsequenzen der Alterung der

Regionalentwicklung GmbH an der Gesellschaft für die Immobilienmärkte.

Ruhr-Universität Bochum (IWIS)

www.iu-bremen.de/ „Jacobs Center for Lifelong Lear- Das von der Jacobs Foundation gestiftete Zentrum wird

de/jacobs/ ning and Institutional Development“ sich in Forschung, Lehre und Consulting der lebenslangen

der Internationalen Universität Entwicklung und Bildung des Menschen und dem institu-

Bremen tionellen Wandel widmen.

www.kern.de Technologie-Region K.E.R.N. Die K.E.R.N.-Region ist vom Bundesamt für Bauwesen und

(Kiel-Eckernförde-Rendsburg- Raumordnung als eine Modellregion zum Themenschwer-

Neumünster-Plön) punkt „Infrastruktur und demographischer Wandel“ ausge-

wählt worden. Das Leitziel der K.E.R.N. lautet „Lebensqualität

ein Leben lang“, im Vordergrund steht der Baustein „Senio-

renorientierter Wirtschaftsraum K.E.R.N.“

www.regionale-anpassung.de/ Gemeinsames Projekt von IfS (Institut Modellprojekt „Anpassungsstrategien für ländliche/periphere

moro für Stadtforschung und Strukturpolitik), Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang in den neuen

Bundesministerium für Verkehr, Bau- Ländern“

und Wohnungswesen, Bundesamt für

Bauwesen und Raumordnung

www.wegweiser-buergergesellschaft.de Stiftung Mitarbeit Umfassende Informationen zum Thema

Bürgerschaftliches Engagement

www.zukunftsradar2030.de Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz Demographischer Wandel in Rheinland-Pfalz: neben Arbeit,

Generationen und Markt ist auch Kommune ein Schwerpunkt-

thema.

Teil_5 11.01.2005 18:57 Uhr Seite 30

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Demographie konkret –Handlungsansätze für die kommunale Praxis

KontaktMatthias Ritter, Kommunikation Aktion Demographischer Wandel Telefon 0 52 41 . 81-81 194E-Mail [email protected]

www.aktion2050.de

ISBN 3-89204-850-9 Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Aktion Demographischer Wandel Ber te l sm a n n St i f tungAktion Demographischer Wandel Ber te l sm a n n St i f tung Akt

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www.bertelsmann-stiftung.de

Titel 12.01.2005 14:50 Uhr Seite 2