Upload
others
View
1
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
November 2021
Der Arbeitsmarkt in NRW für schwerbehinderte Menschen
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
2
Inhalt
Inklusion als Chance für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ................................................................... 3
Das Wichtigste in Kürze .......................................................................................................................... 4
Die Zahl der Menschen mit einer Schwerbehinderung nimmt zu ............................................................ 5
Mehr Arbeitgeber mit Pflicht zur Einstellung schwerbehinderter Menschen ........................................... 6
Die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist leicht gestiegen .................................................... 7
Mehr als fünf Prozent der Arbeitsplätze sind mit behinderten Menschen besetzt .................................. 8
Öffentliche Verwaltung beschäftigt die meisten schwerbehinderten Menschen ..................................... 9
Die Zahl unbesetzter Pflichtarbeitsplätze ist in NRW gestiegen ........................................................... 10
Hoher Anstieg der Arbeitslosigkeit während der Corona-Pandemie ..................................................... 11
Nur geringer Rückgang der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ......................................... 12
Wachsender Anteil der schwerbehinderten Menschen an der Arbeitslosigkeit .................................... 13
Nur geringe Abgänge schwerbehinderter Arbeitsloser in Erwerbstätigkeit ........................................... 14
Weniger schwerbehinderte Arbeitslose unter 25 Jahren ...................................................................... 15
Deutlich längere Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ........................................................... 16
Schwerbehinderte Arbeitslose suchen überwiegend Helfertätigkeiten ................................................. 17
Häufige Suche im Bereich Schutz und Sicherheit ................................................................................. 18
3
Inklusion als Chance für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
Die Corona-Pandemie traf im Jahr 2020 den deutschen Arbeitsmarkt mit nie gekannter Wucht.
Innerhalb kurzer Zeit kam der Arbeitsmarkt in großen Teilen zum Erliegen. Der erste Lockdown
ab März 2020 führte zu einem historischen Anstieg der Kurzarbeit, dennoch nahm auch die
Zahl der Arbeitslosen deutlich zu. Die Ursache war ein starker Anstieg neu gemeldeter
Arbeitsloser, vor allem aber waren es die fehlenden Möglichkeiten, die Arbeitslosigkeit zu
beenden, welche die Zahl der arbeitslosen Menschen nach oben trieb. Viele Menschen, die
vor der Corona-Pandemie innerhalb kürzester Zeit wieder eine Beschäftigung gefunden
hätten, blieben arbeitslos.
Blickt man auf die Situation der Menschen mit einer Schwerbehinderung, so traf der Aufwuchs
der Arbeitslosigkeit vor allem zu Beginn der Pandemie diese mit einer geringeren Stärke,
danach konnten sie aber deutlich weniger von der bisherigen Erholung des Arbeitsmarktes
profitieren.
Die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen stieg wie die aller arbeitslos gemeldeter
Menschen zum Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 stark an. Der Höchststand
wurde im August 2020 mit 53.571 arbeitslosen Menschen mit einem Grad der Behinderung
von mindestens 50 erreicht.
Trotzdem waren schwerbehinderte Menschen geringer von der Steigerung betroffen als
Arbeitslose ohne Schwerbehinderung. Im April 2020 lag die Arbeitslosigkeit der
schwerbehinderten Menschen gegenüber April 2019 um +8,9 Prozent höher, während die
Steigerung gegenüber dem Vorjahr bei Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung mit +14,9
Prozent noch deutlicher ausfiel. Ein Grund könnte sein, dass schwerbehinderte Menschen in
vielen Betrieben langjährig beschäftigt sind, was die Hürde einer Kündigung erhöht.
Allerdings konnten von der im April 2021 einsetzenden Erholung am Arbeitsmarkt
schwerbehinderte Menschen auch deutlich weniger profitieren. Die Arbeitslosigkeit von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Schwerbehinderung sank im Frühjahr 2021
deutlich stärker als die schwerbehinderter Menschen. Zwar waren im Oktober 2021 weniger
Personen mit Behinderung arbeitslos gemeldet als im Vorjahr. Doch fiel der Rückgang der
Arbeitslosigkeit mit -2,3 Prozent bei Menschen mit Behinderungen schwächer aus als bei
Menschen ohne Behinderung. Hier lag der Rückgang im Vorjahresvergleich bei -11,9 Prozent.
Vor der Corona-Pandemie sank die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen auch aufgrund
des zunehmenden Fachkräfte- und Arbeitskräfte-Engpasses. Schon jetzt bilden sich erste
Anzeichen, dass nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie in den Betrieben die
Suche nach neuen Arbeitskräften in vielen Fällen aufgrund eines schrumpfenden
Bewerberstandes wieder zunehmend erschwert ist.
Menschen mit Behinderung verfügen in der Regel über gute Qualifikationen. Etwa die Hälfte
der arbeitslos gemeldeten schwerbehinderten Menschen haben eine abgeschlossene
Berufsausbildung oder eine akademische Ausbildung. Die Beschäftigung von Menschen mit
einer Behinderung bietet Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ein großes Potential, Fachkräfte
für ihr Unternehmen zu gewinnen.
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
4
Das Wichtigste in Kürze
• Einen anerkannten Grad der Behinderung von mindestens 50 besaßen Ende 2019 in
Nordrhein-Westfalen rund 1.910.271 Einwohnerinnen und Einwohner. Damit ist die
Zahl innerhalb der vergangenen zwei Jahre um rund 92.300 Personen oder 5,1 Prozent
angestiegen. Von den schwerbehinderten Menschen waren 782.424 Personen im
erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und unter 65 Jahren.
• Die Zahl der Arbeitgeber, die verpflichtet sind, schwerbehinderte Menschen
einzustellen, ist gestiegen. Insgesamt waren 2019 in Nordrhein-Westfalen 35.611
Unternehmen betroffen. Das waren 760 Betriebe oder 2,2 Prozent mehr als im Vorjahr.
• Im Jahr 2019 waren in Nordrhein-Westfalen 262.682 schwerbehinderte Beschäftigte
registriert, dies waren 1.777 Beschäftigte oder 0,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
• Die Besetzungsquote der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten und ihnen
gleichgestellten Menschen betrug im Jahr 2019 landesweit 5,12 Prozent. Insgesamt
wurden jahresdurchschnittlich 293.500 Pflichtarbeitsplätze als besetzt angerechnet.
Gleichzeitig blieben aber 60.051 Pflichtplätze unbesetzt.
• Mit den ersten Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie stieg die
Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen schlagartig an. Dabei waren die
schwerbehinderten Menschen geringer von der Steigerung betroffen als die
Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung. Im April 2020 lag die Arbeitslosigkeit der
schwerbehinderten Menschen gegenüber April 2019 um +8,9 Prozent höher,
gegenüber +14,9 Prozent bei Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung.
• Von der darauffolgenden Erholung ab April 2021 konnten die schwerbehinderten
Menschen aber nur gering profitieren. Die Arbeitslosigkeit der Menschen ohne
Schwerbehinderung sank im Frühjahr 2021 deutlich stärker als die der
schwerbehinderten Arbeitslosen. Im Oktober 2021 lag die Arbeitslosigkeit der
schwerbehinderten Menschen um -2,3 Prozent unter dem Wert im Oktober 2020, aber
noch +8,7 Prozent über dem Wert von Oktober 2019. Die Arbeitslosigkeit der
Menschen ohne Schwerbehinderung hingegen sank gegenüber Oktober 2020 sehr
deutlich um -11,9 Prozent, lag aber noch um +7,2 Prozent über dem Wert von Oktober
2019.
• Nachteilig für die Chancen auf dem Arbeitsmarkt wirken sich neben den
gesundheitlichen Einschränkungen häufig das Alter und eine lange Dauer der
Arbeitslosigkeit aus. Alles in allem führt es zu geringeren Aufnahmen einer
Erwerbstätigkeit als bei Personen ohne Schwerbehinderung.
5
Die Zahl der Menschen mit einer Schwerbehinderung nimmt zu
• Einen anerkannten Grad der Behinderung von mindestens 50 besaßen Ende 2019 in
Nordrhein-Westfalen rund 1.910.271 Einwohnerinnen und Einwohner. Damit stellt die
Gruppe den beachtlichen Anteil von 10,6 Prozent an der Gesamtbevölkerung von
Nordrhein-Westfalen. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre ist die Zahl um rund
92.300 Personen oder 5,1 Prozent angestiegen. Die Bevölkerung wuchs im gleichen
Zeitraum um 0,2 Prozent.
• Von den schwerbehinderten Menschen waren 782.424 Personen im erwerbsfähigen
Alter zwischen 15 und unter 65 Jahren. Mit dem Alter steigt das Risiko einer
Schwerbehinderung. Nur 3,6 Prozent der Behinderungen sind angeboren. In aller
Regel entstehen Behinderungen im Laufe des (Erwerbs-)Lebens durch Krankheiten
(94,0 Prozent), in wenigen Fällen auch durch Unfälle (1,5 Prozent).
• In den kommenden zehn Jahren werden zunehmend Menschen aus den
geburtenstarken Alterskohorten in die Altersgruppe von 55 bis unter 65 Jahre eintreten.
Bleibt das Risiko einer Schwerbehinderung innerhalb der Altersgruppen gleich, wird
allein aufgrund dieses Effekts die Zahl schwerbehinderter Menschen im
erwerbsfähigen Alter steigen.
• Männer sind in Nordrhein-Westfalen insgesamt stärker betroffen als Frauen. Während
bei 10,8 Prozent der männlichen Einwohner eine Schwerbehinderung anerkannt
wurde, waren es bei den Frauen 10,5 Prozent.
• Als schwerbehindert gelten Personen, denen in Nordrhein-Westfalen von den
Kommunen ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr zuerkannt wird. Jeder vierte
Betroffene in Nordrhein-Westfalen hatte einen Behinderungsgrad von 100, insgesamt
rund 452.400 Personen oder 23,7 Prozent. Bei gut einem Drittel aller
schwerbehinderten Menschen wurde ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt,
insgesamt rund 621.400 Personen oder 32,5 Prozent.
8.278 27.071 42.441 60.121 80.321
192.560
406.981
1.092.498
unter 6 Jahre 6 bis unter 15 Jahre 15 bis unter 25 Jahre 25 bis unter 35 Jahre 35 bis unter 45 Jahre 45 bis unter 55 Jahre 55 bis unter 65 Jahre 65 Jahre und mehr
0,8% 1,9% 2,2% 2,6%3,8%
7,3%
15,2%
28,7%
Schwerbehinderte Menschen in der Bevölkerung – nach Altersgruppen; NRW; Stand: Dezember 2019
Quelle: IT.NRW
Schwerbehinderte Menschen
NRW1.910.271
10,6%
Anteile an der Bevölkerung
der Altersgruppe
Männer
Frauen
952.606
10,8%
957.665
10,5%
Dezember 2019
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
6
Mehr Arbeitgeber mit Pflicht zur Einstellung schwerbehinderter Menschen
• Die Zahl der Arbeitgeber, die verpflichtet sind, schwerbehinderte Menschen
einzustellen, ist von 2018 bis 2019 um 760 oder 2,2 Prozent gestiegen. Insgesamt
waren es 2019 in Nordrhein-Westfalen 35.611 Unternehmen. Durch den stetigen
Beschäftigungsaufwuchs erreichten häufiger Unternehmen die Schwelle von 20
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Voraussichtlich wurde dieser Trend durch die
Corona-Pandemie im Jahr 2020 kurzzeitig gestoppt, da die
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und auch die Zahl der Betriebe in dieser
Zeit stagnierten. Daten hierzu liegen aber erst im April 2022 vor.
• Der Zuwachs lag in Nordrhein-Westfalen flächendeckend vor. Die höchsten
Steigerungen gab es im Rheinland mit +2,7 Prozent. In Südwestfalen hingegen stieg
die Zahl der Unternehmen nur um +0,8 Prozent.
Hintergrund
Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen sind nach § 154 Abs. 1
Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) dazu verpflichtet, auf mindestens fünf Prozent dieser
Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Zur Berechnung des Umfangs dieser
Beschäftigungspflicht haben die Arbeitgeber jährlich bis zum 31. März die entsprechenden Daten des
Vorjahres bei der für ihren Sitz zuständigen Agentur für Arbeit anzuzeigen.
Für jeden Arbeitgeber wird geprüft, ob er der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter
Menschen nachgekommen ist. Ist dies nicht der Fall, so hat er eine Ausgleichsabgabe zu entrichten
(siehe Hintergrund Seite 10).
Aus allen Anzeigen wird die Quote der besetzten Pflichtarbeitsplätze für eine Region oder eine Branche
errechnet (Ist-Quote). Teilweise können schwerbehinderte Menschen auch auf mehr als einem
Pflichtarbeitsplatz angerechnet werden (siehe Hintergrund Seite 8).
32.529
33.170
34.047
34.851
35.611
+ 2,2%
2015 2016 2017 2018 2019
Arbeitgeber mit Verpflichtung zur Einstellung schwerbehinderter Beschäftigter sowie deren Entwicklung nach Arbeitsmarktregionen NRW in Prozent; Zeitreihe 2015 bis 2019
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Münsterland
+ 2,3% Ostwestfalen-Lippe
+ 2,2%
Südwestfalen
+ 0,8%
Ruhrgebiet
+ 2,1%
Rheinland
+ 2,7%
+ 1,6%
Bergisches
Land
Veränderung 2019 gegenüber 2018
Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen
+ 760
7
Die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist leicht gestiegen
• Im Jahr 2019 waren 262.682 schwerbehinderte Beschäftigte registriert, dies waren
1.777 Beschäftigte oder 0,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Darunter befanden sich
rund 224.400 Menschen mit einem anerkannten Grad der Behinderung von
mindestens 50, rund 35.400 gleichgestellte Personen und etwa 1.800 Auszubildende.
• Die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist in Nordrhein-Westfalen nicht
flächendeckend gestiegen. So waren im Ruhrgebiet ein Rückgang mit einem Minus
von -0,6 Prozent und im Münsterland mit -0,1 Prozent zu verzeichnen. In Südwestfalen
stieg dagegen die Zahl der beschäftigten behinderten Menschen mit einem Plus von
+4,3 Prozent am stärksten an, obwohl die Zahl der Betriebe mit Beschäftigungspflicht
am geringsten wuchs.
Hintergrund
Als schwerbehindert zählen Menschen, wenn der anerkannte Grad der Behinderung mindestens 50
erreicht. Behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von unter 50 aber mindestens 30 sollen
schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie ansonsten einen geeigneten Arbeitsplatz
nicht erlangen oder behalten können (§ 2 Absatz 3 SGB IX). Die Gleichstellung wird auf Antrag des
Behinderten durch die Bundesagentur für Arbeit festgestellt (§ 151 Absatz 2 SGB IX).
242.362
261.732
256.611
260.905262.682
+ 0,7%
2015 2016 2017 2018 2019
Schwerbehinderte Beschäftigte sowie deren Entwicklung nach Arbeitsmarktregionen NRW in Prozent; Zeitreihe 2015 bis 2019
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
+ 1.777 Veränderung 2019 gegenüber 2018
Schwerbehinderte Beschäftigtelaut Anzeigeverfahren nach 71 Abs. 1 SGB IX
Münsterland
- 0,1% Ostwestfalen-Lippe
+ 1,6%
Südwestfalen
+ 4,3%
Ruhrgebiet
- 0,6%
Rheinland
+ 0,5%
+ 2,2%
Bergisches
Land
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
8
Mehr als fünf Prozent der Arbeitsplätze sind mit behinderten Menschen besetzt
• Insgesamt wurden im Jahr 2019 jahresdurchschnittlich 293.500 Pflichtarbeitsplätze als
besetzt angerechnet. Dies wurde von rund 262.700 schwerbehinderten oder ihnen
gleichgestellten Personen erreicht. Die Möglichkeit der Mehrfachanrechnung führt zu
einer geringeren Personenzahl als der Zahl besetzter Pflichtarbeitsplätze (siehe
Hintergrund unten).
• Die Besetzungsquote der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten und ihnen
gleichgestellten Menschen betrug im Jahr 2019 landesweit 5,12 Prozent und ist damit
gegenüber dem Vorjahr gesunken. Dies folgt einem bereits seit mehreren Jahren
andauernden Trend.
• Bei öffentlichen Arbeitgebern waren rund 82.100 Arbeitsplätze mit schwerbehinderten
oder ihnen gleichgestellten Menschen besetzt. Dies ergibt eine Quote von 7,0 Prozent.
Bei privaten Arbeitgebern wurden 211.400 besetzte Arbeitsplätze gezählt, was einer
Quote von 4,6 Prozent entspricht.
• Im Bundesvergleich ist Nordrhein-Westfalen nach Hessen das Bundesland mit der
zweithöchsten Besetzungsquote. Zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern und Berlin
erfüllten damit im Jahr 2019 lediglich vier Bundesländer in der Summe die
Verpflichtung, fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu
besetzen. Der bundesdeutsche Durchschnitt lag bei 4,6 Prozent.
Hintergrund
Die Bundesagentur für Arbeit kann nach dem § 159 Absatz 1 SGB IX die Anrechnung eines
schwerbehinderten Menschen auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze
für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere
Schwierigkeiten stößt. Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird nach § 159
Absatz 2 SGB IX auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet.
5,18 5,185,15 5,15
5,12
2015 2016 2017 2018 2019
Anteil der besetzten Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen (Ist-Quote); Zeitreihe: NRW; Zahl der Arbeitgeber mit 20 oder mehr Arbeitsplätzen und deren Erfüllung der
Beschäftigungspflicht; Stand: 2019 | Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Arbeitgeber mit 20 oder
mehr Arbeitsplätzen
35.611
Mit beschäftigten
schwerbehinderten
Menschen
27.674 | 77,7%
Ohne beschäftigte
schwerbehinderten
Menschen
7.937 | 22,3%
Pflichtquote erfüllt Pflichtquote nicht erfüllt
15.435 | 43,3% 20.176 | 56,7%
NRWJahresdurchschnitt 2019
Anteil der besetzten Pflichtarbeitsplätze
für schwerbehinderte Menschen
Beschäftigungspflicht 5 Prozent
9
Öffentliche Verwaltung beschäftigt die meisten schwerbehinderten Menschen
• Die höchste Zahl an schwerbehinderten Menschen war im Jahr 2019 in der öffentlichen
Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung beschäftigt. Mit 61.687 besetzten
Pflichtarbeitsplätzen erreichten die Unternehmen eine Besetzungsquote von 7,7
Prozent.
• Danach folgten die Unternehmen, die sich mit der Verwaltung und Führung von
Betrieben beschäftigen bzw. der Unternehmensberatung angehören. Mit 46.120
besetzten Pflichtarbeitsplätzen erreichte diese Branche eine Quote von 5,9 Prozent.
Wie die folgende Seite zeigt, gibt es in dieser Branche aber gleichzeitig die höchste
Zahl noch unbesetzter Pflichtarbeitsplätze. Dies hängt wohl damit zusammen, dass in
Konzernverwaltungen häufiger erfahrenere Beschäftigte arbeiten, bei denen aufgrund
des gesetzteren Alters eher die Gefahr der Schwerbehinderung besteht. In den
Unternehmensberatungen sind dagegen eher jüngere Arbeitskräfte anzutreffen.
• Die höchste Besetzungsquote errechnete sich im Kohlenbergbau mit 12,4 Prozent.
Beinahe jeder achte Beschäftigte zählt somit rechnerisch zu den schwerbehinderten
Menschen. Es ist aber zu beachten, dass dort in den letzten Jahren durchgehend
Personal abgebaut wurde, schwerbehinderte Menschen aber aufgrund der hohen
gesetzlichen Hürden eher seltener entlassen wurden. Zudem können Personen mit
einem Bergmannsversorgungsschein ebenfalls angerechnet werden, auch wenn sie
keine schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellte Personen sind.
Hintergrund
Das Gesetz über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen ermöglicht
besondere fürsorgliche Maßnahmen für Bergleute, die nach längerer beruflicher Tätigkeit nicht mehr
oder nur mit Gefahr vorzeitiger voller Erwerbsminderung Untertagearbeit ausüben können.
61.687
46.120
16.173
10.544
9.359
8.345
8.160
8.050
7.353
7.190
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung
Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben;Unternehmensberatung
Gesundheitswesen
Sozialwesen (ohne Heime)
Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)
Maschinenbau
Herstellung von Metallerzeugnissen
Metallerzeugung und -bearbeitung
Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime)
Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)
Besetzte Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen – nach Wirtschaftsabteilungen; NRW; Stand: 2019
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Besetzte Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen
293.461
nach Wirtschaftsabteilungen
Verwaltung und Führung von Unternehmen; Unternehmensberatung
Jahresdurchschnitt 2019
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
10
Die Zahl unbesetzter Pflichtarbeitsplätze ist in NRW gestiegen
• Die Besetzungsquote ist eine arbeitgeberbezogene Quote. So können, obwohl
insgesamt das Ziel der Besetzungsquote erreicht wurde, noch unbesetzte Pflichtplätze
bei einzelnen Arbeitgebern vorhanden sein. Diese summierten sich auf insgesamt
60.051 Plätze. Das waren rund 340 Arbeitsplätze oder 0,6 Prozent mehr als im Jahr
2018. Die Zahl der Soll-Arbeitsplätze wuchs allerdings stärker um 1,0 Prozent.
• Rechnerisch waren in NRW 21,6 Prozent der Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte
Menschen unbesetzt. Vor allem private Unternehmen kommen der Verpflichtung in
beträchtlichem Maße nicht nach. Dort gab es 57.173 unbesetzte Pflichtarbeitsplätze,
was einem Anteil von 26,1 Prozent entspricht. In öffentlichen Unternehmen blieben
lediglich 2.878 Pflichtplätze unbesetzt, ein Anteil von 4,9 Prozent.
• Wie schon im vergangenen Jahr lag die höchste Zahl an nicht besetzten
Pflichtarbeitsplätzen in Unternehmen der Verwaltung und Führung von Betrieben sowie
den Unternehmensberatungen vor. Knapp 6.900 Pflichtplätze waren dort im Jahr 2019
nicht besetzt. Danach folgten die Personaldienstleistungen und die beiden großen
Handelsbereiche, der Groß- und der Einzelhandel.
Hintergrund
Solange Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nicht beschäftigen,
entrichten sie laut § 160 SGB IX für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte
Menschen eine Ausgleichsabgabe in Höhe von maximal 320 Euro. Die Ausgleichsabgabe darf nur für
besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben
verwendet werden.
6.922
4.764
4.235
3.906
2.797
2.165
1.985
1.958
1.768
1.693
Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben;Unternehmensberatung
Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften
Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)
Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)
Lagerei sowie Erbringung von sonstigen Dienstleistungen für den Verkehr
Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie
Maschinenbau
Sozialwesen (ohne Heime)
Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln
Gebäudebetreuung; Garten- und Landschaftsbau
Unbesetzte Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen – nach Wirtschaftsabteilungen; NRW; Stand: 2019
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Unbesetzte Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen
nach Wirtschaftsabteilungen
60.051
Verwaltung und Führung von Unternehmen; Unternehmensberatung
Jahresdurchschnitt 2019
11
Hoher Anstieg der Arbeitslosigkeit während der Corona-Pandemie
• Die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren auf dem Arbeitsmarkt in Nordrhein-
Westfalen. Die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen stieg seit April
2020 mit den ersten Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie stark an.
Erst im Oktober 2020 sank die Veränderungsrate der Arbeitslosigkeit gegenüber dem
jeweiligen Vormonat wieder ab.
• Der zweite Lockdown ab November 2020 hatte dagegen kaum Auswirkungen auf die
Entwicklung der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen. Die Veränderung
gegenüber dem Vorjahr sank sogar noch leicht ab.
• Seit August 2021 lag die Arbeitslosigkeit der schwerbehinderten Menschen wieder
unter dem Vorjahresniveau. Sie sinkt aber eher zögerlich im Vergleich zu den
Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung, wie die folgende Seite zeigen wird. Im Oktober
2021 waren 51.354 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet, rund 2,3 Prozent
weniger als im Oktober 2020, aber 8,7 Prozent mehr als noch im Oktober 2019.
Hintergrund
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen mit Covid-19 erließ der Minister für Arbeit, Gesundheit und
Soziales Karl-Josef Laumann am 13. März 2020 die „Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit
dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Corona-Schutz-Verordnung)“. Darin wurden unter anderem
Regelungen getroffen, die in Unternehmen zu einer starken Reduzierung ihrer Geschäftstätigkeit
führten. Dadurch stiegen innerhalb eines Monats von März auf April zum einen die Inanspruchnahme
von Kurzarbeit, aber auch die Zahl der Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen explosionsartig an.
48.5
48
48.2
59
48.3
02
50.6
88 5
1.6
16 52.3
06
52.8
80 53.5
71
52.7
57
52.5
42
51
.91
5
51.9
27
53.4
38
53.1
41
52.6
86
52.9
23
52.4
79
52.5
41
52.6
68
52.5
55
51.8
38
51.3
54
Schwerbehinderte Arbeitslose und deren Entwicklung gegenüber Vorjahr; NRW; Zeitreihe Januar 2020 bis Oktober 2021
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
+2,0% +2,5% +3,1%
+8,9% +8,9%+10,1%
+11,0% +11,2% +11,4% +11,2% +11,0% +10,4% +10,1% +10,1%+9,1%
+4,4%
+1,7%+0,4%
-0,4%-1,9% -1,7% -2,3%
-4,0%
-2,0%
0,0%
+2,0%
+4,0%
+6,0%
+8,0%
+10,0%
+12,0%
+14,0%
Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Dez 20 Jan 21 Feb 21 Mrz 21 Apr 21 Mai 21 Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21
Beginn der
Eindämmungsmaßnahmen
gegen die Corona-Pandemie
Veränderung zum Vorjahr in %
Schwerbehinderte Arbeitslose
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
12
Nur geringer Rückgang der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen
• Mit den ersten Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie stieg die
Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen schlagartig an. Dabei waren die
schwerbehinderten Menschen geringer von der Steigerung betroffen als Arbeitslose
ohne Schwerbehinderung. Im April 2020 lag die Arbeitslosigkeit der schwerbehinderten
Menschen gegenüber April 2019 um +8,9 Prozent höher, gegenüber +14,9 Prozent bei
Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung. Was waren die Gründe? Schwerbehinderte
Menschen sind in vielen Betrieben langjährig beschäftigt, was die Hürde einer
Kündigung erhöht. Des Weiteren werden auch spezielle Kündigungsregelungen für
schwerbehinderte Menschen dazu beigetragen haben.
• Der zweite Lockdown ab November 2020 führte bei den Arbeitslosen ohne
Schwerbehinderung nochmals zu einer wachsenden Arbeitslosigkeit gegenüber dem
Vorjahr, während die Arbeitslosigkeit der schwerbehinderten Menschen stagnierte.
• Von der darauffolgenden Erholung ab April 2021 konnten die schwerbehinderten
Menschen aber nur gering profitieren. Die Arbeitslosigkeit der Menschen ohne
Schwerbehinderung sank im Frühjahr 2021 deutlich stärker als die der
schwerbehinderten Arbeitslosen. Im Oktober 2021 lag die Arbeitslosigkeit der
schwerbehinderten Menschen um -2,3 Prozent unter dem Wert im Oktober 2020, aber
noch +8,7 Prozent über dem Wert von Oktober 2019. Die Arbeitslosigkeit der
Menschen ohne Schwerbehinderung hingegen sank gegenüber Oktober 2020 sehr
deutlich um -11,9 Prozent, lag aber noch um +7,2 Prozent über dem Wert von Oktober
2019.
Entwicklung der Arbeitslosigkeit gegenüber Vorjahr in %, Vergleich der schwerbehinderten Arbeitslosen und den Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung; NRW; Zeitreihe Januar 2020
bis Oktober 2021 | Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
-11,9%
-2,3%
-15,0%
-10,0%
-5,0%
0,0%
+5,0%
+10,0%
+15,0%
+20,0%
+25,0%
+30,0%
Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Dez 20 Jan 21 Feb 21 Mrz 21 Apr 21 Mai 21 Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21
Arbeitslose ohne Schwerbehinderung Schwerbehinderte Arbeitslose
Jeweils Veränderung zum Vorjahr in %
Geringere Reaktion der
Arbeitslosigkeit schwerbehinderter
Menschen auf den ersten Lockdown
Schwächere Erholung der
Arbeitslosigkeit schwerbehinderter
Menschen nach dem zweiten
Lockdown
Beginn der
Eindämmungsmaßnahmen
gegen die Corona-Pandemie
13
Wachsender Anteil der schwerbehinderten Menschen an der Arbeitslosigkeit
• Die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen stieg innerhalb der Corona-Pandemie an.
Im Zeitraum vom November 2020 bis Oktober 2021 waren in Nordrhein-Westfalen
durchschnittlich 52.455 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren
1.180 Personen oder 2,3 Prozent mehr als im Jahresdurchschnitt 2020. Auch der Anteil
der schwerbehinderten Menschen an allen Arbeitslosen stieg wieder an und liegt nun
im gleitenden Jahresdurchschnitt mit 7,2 Prozent auf dem Niveau des Jahres 2018.
Der Anteil der schwerbehinderten Arbeitslosen sank zuvor im Jahr 2020 und auch im
Jahreswechsel 2020 / 2021 deutlich ab, als es einen höheren Zugang an Arbeitslosen
ohne Schwerbehinderung gab.
• Die höchsten Anteile an schwerbehinderten Arbeitslosen gemessen an allen
Arbeitslosen lagen mit 9,3 Prozent in Südwestfalen und mit 8,1 Prozent im Münsterland
vor. Dagegen wies das Bergische Land einen Anteil von 6,5 Prozent und Ostwestfalen-
Lippe von 6,7 Prozent auf.
• Von den arbeitslosen Männern wiesen mit 31.185 Personen rund 7,7 Prozent eine
Schwerbehinderung auf. Bei den Frauen sind es mit 21.270 lediglich 6,5 Prozent.
• Von den durchschnittlich 52.466 schwerbehinderten Arbeitslosen waren 40,7 Prozent
oder 21.346 Arbeitslose bei den Agenturen für Arbeit und 59,3 Prozent oder 31.110
Arbeitslose bei den Jobcentern registriert. Dabei sind die schwerbehinderten
Arbeitslosen im Regelfall in den Agenturen für Arbeit überrepräsentiert. Im Durchschnitt
aller Arbeitslosen lag der Anteil im Zeitraum von November 2020 bis Oktober 2021 bei
9,0 Prozent, im Jahr 2019 sogar bei 9,8 Prozent. Der Hauptgrund ist der hohe Anteil
älterer schwerbehinderter Arbeitsloser im Rechtskreis SGB III. Ältere Menschen
profitieren von einer längeren Bezugsmöglichkeit des Arbeitslosengeldes, ein
Übergang in die Grundsicherung erfolgt daher erst später als bei jüngeren
Personengruppen.
48.355
47.736
47.07647.266
51.276
52.455
6,7% 6,8% 7,2% 7,4% 7,0% 7,2%
-1,9% -1,3% -1,4%+0,4%
+8,5%
+2,3%
-4,0%
-2,0%
0,0%
+2,0%
+4,0%
+6,0%
+8,0%
+10,0%
2016 2017 2018 2019 2020 GJW Okt 2021
Schwerbehinderte Arbeitslose und deren Anteil an allen Arbeitslosen; NRW; Zeitreihe 2016 bis gleitender Jahreswert (GJW) Oktober 2021
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Anteile der schwerbehinderten Menschen
an allen Arbeitslosen
Münsterland
8,1% Ostwestfalen-Lippe
6,7%
Südwestfalen
9,3%
Ruhrgebiet
7,3%
Rheinland
6,9%
6,5%
Bergisches
Land
Schwerbehinderte Arbeitslose
Anteil an allen Arbeitslosen
Jeweils Veränderung zum Vorjahr in %
Männer
Frauen
31.185
7,7%
21.270
6,5%
GJW Okt 2021
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
14
Nur geringe Abgänge schwerbehinderter Arbeitsloser in Erwerbstätigkeit
• Um die Situation der schwerbehinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt in Nordrhein-
Westfalen zu beschreiben, ist auch eine Einschätzung über die Chancen auf eine neue
Arbeitsstelle erforderlich. So haben in der Zeit vom November 2020 bis Oktober 2021
insgesamt 82.458 schwerbehinderte Personen ihre Arbeitslosigkeit beenden können.
Davon konnten 16.519 Personen eine Erwerbstätigkeit beginnen. Weitere 11.964
Personen nahmen an einer Ausbildung oder einer Maßnahme teil.
• Die restlichen Beendigungen der Arbeitslosigkeit führten überwiegend in die „Nicht-
Erwerbstätigkeit“. Hierzu zählen beispielsweise eine Arbeitsunfähigkeit oder der
Beginn des Rentenbezugs. Aber auch die Abmeldungen wegen fehlender
Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt oder aufgrund fehlender Mitwirkung beim
Vermittlungsprozess werden hier eingerechnet.
• Gegenüber den Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung sind die Chancen der
schwerbehinderten Arbeitslosen auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gering.
Arbeitslose ohne Schwerbehinderung konnten mehr als doppelt so häufig eine
Erwerbstätigkeit aufnehmen oder eine Ausbildung oder sonstige Maßnahme beginnen.
So betrug die Chance auf Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durchschnittlich 5,7
Prozent, bei den schwerbehinderten Arbeitslosen lediglich 2,6 Prozent.
Hintergrund
Die Chancen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit werden durch die Abgangsrate definiert. Die Summe
aller Abgänge eines Zeitraumes, hier November 2020 bis Oktober 2021, wird mit dem gleitenden
Durchschnittsbestand des Vormonats, hier Oktober 2020 bis September 2021, in Beziehung gesetzt
und auf den Monat herunter gebrochen.
16.519
2,6%11.964
1,9%
8.011
1,3%
Abgänge schwerbehinderter
Menschen aus der Arbeitslosigkeit
Insgesamt
82.458
Vergleich:
Arbeitslose ohne
Schwerbehinderung
in Erwerbstätigkeit
in Ausbildung und sonstige
Maßnahme-Teilnahme
in Nicht-Erwerbstätigkeit
Sonstiges / Keine Angabe
Insgesamt
1.365.792
356.367
4,3%
398.319
4,8%
470.225
5,7%
140.881
1,7%
Abgänge schwerbehinderte Arbeitslose nach Abgangsgrund sowie Abgangsrate je Monat; gleitender Jahreswert (GJW) Oktober 2021
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
45.964
7,3%
Im Kreis
Summe
Abgangsrate (Monat)
Abgangsrate (Monat)
13,1%
Abgangsrate (Monat)
16,6%
15
Weniger schwerbehinderte Arbeitslose unter 25 Jahren
• Schwerbehinderte Arbeitslose sind deutlich älter als Arbeitslose ohne
Schwerbehinderung. Etwa 45,6 Prozent der schwerbehinderten Arbeitslosen waren im
Zeitraum November 2020 bis Oktober 2021 bereits 55 Jahre oder älter. Von den
Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung waren es lediglich 19,5 Prozent. Während der
Anteil der schwerbehinderten Personen an allen Arbeitslosen wie bereits beschrieben
7,2 Prozent ausmachte, lag er bei den Älteren ab 55 Jahren bei 15,3 Prozent.
• Die Corona-Pandemie wirkte sich zunächst auf alle Altersgruppen aus. Vor allem die
Arbeitslosigkeit jüngerer schwerbehinderter Menschen unter 25 Jahren wuchs im Jahr
2020 gegenüber 2019 mit einem Plus von 17,7 Prozent rasant an. Dies hing auch mit
der geringen Basisarbeitslosigkeit des Jahres 2019 zusammen. Im bisherigen Jahr
2021 bis Oktober sank dagegen deren Arbeitslosigkeit mit -0,8 Prozent wieder leicht
ab.
• Anders verhält es sich mit den älteren schwerbehinderten Arbeitslosen ab 55 Jahren.
Deren Zahl wuchs im Jahr 2020 gegenüber 2019 ebenfalls deutlich um 9,4 Prozent an,
konnte aber daraufhin nicht von der Erholung auf dem Arbeitsmarkt profitieren. Im
Oktober 2021 lag die Zahl im gleitenden Jahresdurchschnitt weitere 5,0 Prozent über
dem Wert des Jahres 2020.
• Nicht nur in der Arbeitslosigkeit, auch in der Bevölkerung steigt der Anteil der Älteren,
wenn auch deutlich langsamer. Es ist nicht selten, dass schwerbehinderte Personen
während ihrer Arbeitslosigkeit das 55. Lebensjahr erreichen und somit dieser
Personengruppe zugerechnet werden. Somit schmälert häufig neben den
vorhandenen gesundheitlichen Problemen noch das Alter der Arbeitslosen die
Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden.
85
90
95
100
105
110
115
120
125
2016 2017 2018 2019 2020 GJW Okt2021
Schwerbehinderte Arbeitslose nach Alter; NRW; Zeitreihe 2016 bis gleitender Jahreswert (GJW) Oktober 2021 als Indexwerte (2016=100)
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Schwerbehinderte Arbeitslose
nach Alter
Gleitender Jahreswert (GJW)
Oktober 2021
Insgesamt
52.455
1.701
26.820
23.935
15 bis unter 25 Jahre
25 bis unter 55 Jahre
55 Jahre und älter
Ind
exw
ert
e (
2016 =
100)
119
116
108
100
55 Jahre und älter
15 bis unter 25 Jahre
Schwerbehinderte
Arbeitslose insgesamt
25 bis unter 55 Jahre
3,2%
51,1%
45,6%
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
16
Deutlich längere Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen
• Die Corona-Pandemie führte dazu, dass nicht nur der Zugang zur Arbeitslosigkeit in
den ersten Monaten deutlich anstieg, sondern auch die Möglichkeiten zur Beendigung
der Arbeitslosigkeit einbrachen. Viele Unternehmen mussten kurzarbeiten, was dazu
führte, dass nur noch Schlüsselpositionen im Betrieb besetzt werden durften.
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen konnten nicht stattfinden, welche ebenfalls die
Arbeitslosigkeit zeitlich befristet beendet hätten.
• Dadurch gab es einen markanten Verlauf der bisherigen Dauer der Arbeitslosigkeit. Im
Jahr 2020 wurden viele Menschen trotz des massiven Einsatzes der Kurzarbeit
arbeitslos. Im Bestand stieg der Anteil der Menschen an, die erst kurze Zeit arbeitslos
waren. Die bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit sank ab, stärker bei den Menschen
ohne Schwerbehinderung, da die Zugänge zur Arbeitslosigkeit dort höher lagen.
• Die Zugänge zur Arbeitslosigkeit gingen danach deutlich zurück, so dass die Zahl der
Menschen im Bestand abnahm, die nur kurze Zeit arbeitslos waren. Dadurch stieg die
bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit wieder an und lag im Betrachtungszeitraum bei
den schwerbehinderten Arbeitslosen und bei den Arbeitslosen ohne
Schwerbehinderung im gleitenden Jahreswert Oktober 2021 über den Werten des
Jahres 2019. Der Abstand dieser beiden Personengruppen ist weiterhin enorm. Die
bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen lag bei 696 Tagen,
die der Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung bei 579 Tagen.
Hintergrund
Betrachtet wird hier die Arbeitslosigkeit im Bestand. Dabei wird die durchschnittliche bisherige Dauer
aller Personen an einem bestimmten Stichtag berechnet, die Arbeitslosigkeit dauert also noch an. Eine
weitere Möglichkeit ist die Berechnung der Arbeitslosigkeits-Dauer beim Abgang. Hier wird die Dauer
aller beendeten Arbeitslosigkeits-Zeiten eines bestimmten Zeitraumes einbezogen.
Bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit in Tagen; NRW; Zeitreihe 2010 bis gleitender Jahreswert (GJW) Oktober 2021
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit in TagenNRW
Schwerbehinderte
Arbeitslose insgesamt
Arbeitslose ohne
Schwerbehinderung
Fü
r 2016 k
ein
e D
ate
n v
orh
an
den
672
652 658
682
703717 719
707
687
667
696
534551 549
560
577593 589 593
562
524
579
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 GJW Okt2021
17
Schwerbehinderte Arbeitslose suchen überwiegend Helfertätigkeiten
• Mit rund 28.700 suchen knapp 55 Prozent aller schwerbehinderten Arbeitslosen eine
Tätigkeit als Helferin oder Helfer. Es gibt somit keinen signifikanten Unterschied zu den
Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung. Mit rund 15.900 schwerbehinderten Menschen
sucht knapp jede bzw. jeder Dritte eine Tätigkeit auf dem Niveau einer dualen
Berufsausbildung. Höherwertige Tätigkeiten streben rund 4.600 Personen an.
• Wenn Menschen eine Helfertätigkeit suchen, liegt im Regelfall kein adäquater
Berufsabschluss vor oder der ursprüngliche Beruf kann aufgrund der gesundheitlichen
Probleme nicht mehr ausgeübt werden. Für die Suche nach Helfertätigkeiten bestehen
schon aufgrund der großen Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt rechnerisch
geringere Chancen auf eine Beschäftigungsaufnahme. So standen für jede gemeldete
Arbeitsstelle auf Helferniveau im Zeitraum von November 2020 bis Oktober 2021 rund
12,8 Arbeitslose zur Verfügung, bei den Fachkräften auf dem Niveau der dualen
Berufsausbildung waren es lediglich 2,6 Arbeitslose.
• Hinzu kommen bei schwerbehinderten Arbeitslosen noch die gesundheitlichen
Einschränkungen und in vielen Fällen ein hohes Alter und eine längere Dauer der
Arbeitslosigkeit. Zusammengenommen sind dies vier Hemmnisse, die die Chancen auf
eine Beschäftigung beeinflussen. Vor dem Hintergrund der wieder zunehmenden
Fachkräfteengpässe sind die Arbeitgeber dennoch gut beraten, alle Alternativen auf
dem Arbeitsmarkt zu nutzen und auch den schwerbehinderten Menschen eine Chance
zu geben.
Helfer
Fachkraft
Spezialist
Experte
28.740
15.941
2.524
2.043
379.263
194.568
32.589
37.016
54,8%
30,4%
4,8%
3,9%
55,8%
28,6%
4,8%
5,4%
Schwerbehinderte Arbeitslose nach
Anforderungsniveau des Zielberufes
Vergleich:
Arbeitslose ohne
Schwerbehinderung
Schwerbehinderte Arbeitslose und nicht schwerbehinderte Arbeitslose nach Anforderungsniveau; NRW; gleitender Jahreswert (GJW) Oktober 2021
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Insgesamt
52.455
Insgesamt
679.414
Ohne Angabe
3.207 35.9776,1% 5,3%
Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen
18
Häufige Suche im Bereich Schutz und Sicherheit
• Nach wie vor suchen viele schwerbehinderte Arbeitslose Tätigkeiten im Schutz-,
Sicherheits- und Überwachungsbereich. Das waren rund 8.500 Arbeitslose mit
weiterhin steigender Tendenz. Hierzu zählen beispielsweise Spielhallenaufsichten und
Pförtnerinnen und Pförtner. Die Meldungen freier Arbeitsstellen sind aber gering. In der
Zeit von November 2020 bis Oktober 2021 wurden in Nordrhein-Westfalen lediglich
5.250 Arbeitsstellen gemeldet, nur 1,4 Prozent aller Stellenmeldungen.
• Bei den schwerbehinderten Menschen, die Helfertätigkeiten suchen, ist es aufgrund
der großen Konkurrenzsituation umso wichtiger, dass sie sich für Tätigkeiten zur
Verfügung stellen, die auch nachgefragt werden. Für die drei am häufigsten gesuchten
Beschäftigungen auf Helferniveau wurden in der Zeit vom November 2020 bis Oktober
2021 immerhin gut ein Viertel aller freien Arbeitsplätze auf dem Helfer-Arbeitsmarkt
gemeldet, rund 25.400 Arbeitsstellen von insgesamt 91.300. Die stärksten gesuchten
Berufe sind neben dem eher gering angebotenen Bereich Schutz- und Sicherheit die
Berufe der Unternehmensorganisation und Berufe im Bereich Verkehr und Logistik.
Somit sind zumindest Beschäftigungsmöglichkeiten für die rund 14.700
schwerbehinderten Menschen vorhanden, die eine Helfertätigkeit in diesen Bereichen
suchen.
8.488
6.623
4.109
3.599
3.034
2.613
2.352
1.913
1.778
1.467
Schutz-, Sicherheits- und Überwachungsberufe
Berufe Unternehmensführung und -organisation
Verkehr, Logistik (außer Fahrzeugführung)
Verkaufsberufe
Reinigungsberufe
Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe, Theologie
Führer von Fahrzeug- und Transportgeräten
Lebensmittelherstellung und -verarbeitung
Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe
Gebäude- und versorgungstechnische Berufe
Schwerbehinderte Arbeitslose – Top 10 der Zielberufe (Berufshauptgruppen) sowie Anteile an allen Arbeitslosen und an allen gemeldeten Arbeitsstellen im Bestand; NRW; gleitender
Jahreswert (GJW) Oktober 2021 | Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Top 10 der Zielberufe nach BerufshauptgruppenNRW
16,2%
12,6%
7,8%
6,9%
5,8%
5,0%
4,5%
3,6%
3,4%
2,8%
Anteil an allen
schwerbehinderten
Arbeitslosen
1,4%
4,4%
9,6%
6,8%
2,4%
5,1%
5,7%
3,4%
3,0%
3,0%
Anteil an den
gemeldeten
Arbeitsstellen
19
HerausgeberinBundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen Arbeitsmarktbeobachtung/Presse und MarketingNovember 2021www.arbeitsagentur.de