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[Zeitschr. L Untersuehung 8 H. Fin e k e, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. td. Nahr,- u. Genul~mittel. Der Aufbau der Kohlenhydrate in den Pflanzen. Von Heinrieh Fineke in K61n. Unter den Vorgi~ngen, die am Aufbau der Pflanzensubstanz beteiligt sind, hat ein einze]ner elne alle anderen fiberragende Bedeutung: Die Assimilation des Kohlenstoff's, derVorgang, der zurBildungderKohlenhydrate ffihrt und der der Bildung der Eiweil~stoffe, der Fette und fibrigen organischen Verbin- dungen vorausgeht und ihre Bildung ermSglieht. Ohne die l~berffihrung anorganiseher Kohlenstoffverbindungen in Pflanzensubstanz dutch eine Kette chemiseher Vorgi~nge, deren Energiebedarf -- yon ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen -- nur die chlorophyllhaltige Pflanze herbeischaffen kann, ist kein Leben hSherer Pflanzen, keln Tier- und Mensehenleben mSglich. Durch die Assimilation und die daran anknfipfenden Vorgi~nge werden dem Menschen direkt die pflanzliehe, indirekt die tierisehe Nahrung beschafft. Die in den ersten Jahren des neunzehnten Jahrhunderts gewonnene Erkenntnis, da/~ die organisehe Substanz der Lebewesen yon diesem chemischen Prozel~ ihren Ausgang nimmt, war ein ~[erkpunkt in der Entwickelung tier Biochemie. Die Frage, wie der Vorgang veri~uft, hat auch jetzt, mehr als hundert Jahre naeh dem Erkennen des Problems, eine sichere L6sung nicht gefunden. Unsere jetzigen Kenntnisse und Ansehauungen vom Assimilationsvorgang und die daraus gezogenen und zu ziehenden Schlu~folgerungen sollen bier besprochen werden. Die fiber die Kohlenstoffaneignung der Pftanze bekannten Grundtatsachen sind folgende: Die Quelle des yon den grfinen Pflanzen aufgenommenen Kohlenstoffs ist die Kohlens~ure der Luft oder -- bei Wasserpflanzen -- die im Wasser gelSste Kohlen- si~ure. Die Quelle der zur Reduktion der Kohlens~iure notwendigen Energie ist das Sonnenlicht, das durch den Chlorophyllapparat auf die Reaktionskomponenten iiber- tragen wird. Die Kohlens~ure wird yon den chlorophyllhaltigen Organen der Pflanze bei Einwirkung der Liehtstrahlen aufgenommen, w~ihrend etwa gleiehzeitig eine an- n~hernd gleichgro~e Raummenge Sauerstoff abgegeben wird. Der Vorgang, der an die Gegenwart von Sauerstoff gebunden ist, ffihrt zu einer Vermehrung der Kohlen- hydrate in der Pflanze. H~iufig tritt schon kurze Zeit -- bei einzelnen Pflanzen in einigen Minuten -- nach Beginn der Kohlensii.ureanfnahme und Sauerstoffabgabe St~rkebildung in den Chromatophoren ein; bei anderen Pflanzen erfolgt die Umwand- lung des offenbar zuerst gebildeten Zuckers in Sffirke in anderen Organen und unab- hiingig yore Assimilationsvorgang. Unter Umsti~nden, vor allem bei Dickblattgewgtchsen, kann K o h 1e n h y d r a t- bildung ohne Kohlens~ureaufnahme stattfinden. Einzelne Pfianzenarten vermehren im Dunkeln ihren Gehalt an organischen Si~uren, vor allem an ~pfels~iure, und vermindern ihn im Licht unter Kohlenhydra~bildung. _Ahnliche Vorgi~nge linden helm Reifen von Friiehten statt. Es mul~ dahingestellt bleiben, ob bei der Kohlen- hydratbildung aus organischen Sauren diese als solche reduziert und kondensiert oder oh s~e erst nach vorheriger Verbrennung, Veratmung zu Kohlensiiure, assimiliert werden,

Der Aufbau der Kohlenhydrate in den Pflanzen

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Page 1: Der Aufbau der Kohlenhydrate in den Pflanzen

[Zeitschr. L Untersuehung 8 H. Fin e k e, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. td. Nahr,- u. Genul~mittel.

Der Aufbau der Kohlenhydrate in den Pflanzen.

Von

Heinrieh Fineke in K61n.

Unter den Vorgi~ngen, die am Aufbau der Pflanzensubstanz beteiligt sind, hat ein einze]ner elne alle anderen fiberragende Bedeutung: D i e A s s i m i l a t i o n des K o h l e n s t o f f ' s , d e r V o r g a n g , d e r z u r B i l d u n g d e r K o h l e n h y d r a t e f f i h r t und der der Bildung der Eiweil~stoffe, der Fette und fibrigen organischen Verbin- dungen vorausgeht und ihre Bildung ermSglieht. Ohne die l~berffihrung anorganiseher Kohlenstoffverbindungen in Pflanzensubstanz dutch eine Kette chemiseher Vorgi~nge, deren Energiebedarf - - yon ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen - - nur die chlorophyllhaltige Pflanze herbeischaffen kann, ist kein Leben hSherer Pflanzen, keln Tier- und Mensehenleben mSglich. Durch die Assimilation und die daran anknfipfenden Vorgi~nge werden dem Menschen direkt die pflanzliehe, indirekt die tierisehe Nahrung beschafft.

Die in den ersten Jahren des neunzehnten Jahrhunderts gewonnene Erkenntnis, da/~ die organisehe Substanz der Lebewesen yon diesem chemischen Prozel~ ihren Ausgang nimmt, war ein ~[erkpunkt in der Entwickelung tier Biochemie. Die Frage, wie der Vorgang veri~uft, hat auch jetzt, mehr als hundert Jahre naeh dem Erkennen des Problems, eine sichere L6sung nicht gefunden. Unsere jetzigen Kenntnisse und Ansehauungen vom Assimilationsvorgang und die daraus gezogenen und zu ziehenden Schlu~folgerungen sollen bier besprochen werden.

Die f ibe r d ie K o h l e n s t o f f a n e i g n u n g d e r P f t a n z e b e k a n n t e n G r u n d t a t s a c h e n s i n d f o l g e n d e :

Die Quelle des yon den grfinen Pflanzen aufgenommenen Kohlenstoffs ist die Kohlens~ure der Luft oder - - bei Wasserpflanzen - - die im Wasser gelSste Kohlen- si~ure. Die Quelle der zur Reduktion der Kohlens~iure notwendigen Energie ist das Sonnenlicht, das durch den Chlorophyllapparat auf die Reaktionskomponenten iiber- tragen wird. Die Kohlens~ure wird yon den chlorophyllhaltigen Organen der Pflanze bei Einwirkung der Liehtstrahlen aufgenommen, w~ihrend etwa gleiehzeitig eine an- n~hernd gleichgro~e Raummenge Sauerstoff abgegeben wird. Der Vorgang, der an die Gegenwart von Sauerstoff gebunden ist, ffihrt zu einer Vermehrung der Kohlen- hydrate in der Pflanze. H~iufig tritt schon kurze Zeit - - bei einzelnen Pflanzen in einigen Minuten - - nach Beginn der Kohlensii.ureanfnahme und Sauerstoffabgabe St~rkebildung in den Chromatophoren ein; bei anderen Pflanzen erfolgt die Umwand- lung des offenbar zuerst gebildeten Zuckers in Sffirke in anderen Organen und unab- hiingig yore Assimilationsvorgang.

Unter Umsti~nden, vor allem bei Dickblattgewgtchsen, kann K o h 1 e n h y d r a t- b i l d u n g o h n e K o h l e n s ~ u r e a u f n a h m e stattfinden. Einzelne Pfianzenarten vermehren im Dunkeln ihren Gehalt an organischen Si~uren, vor allem an ~pfels~iure, und vermindern ihn im Licht unter Kohlenhydra~bildung. _Ahnliche Vorgi~nge linden helm Reifen von Friiehten statt. Es mul~ dahingestellt bleiben, ob bei der Kohlen- hydratbildung aus organischen Sauren diese als solche reduziert und kondensiert oder oh s~e erst nach vorheriger Verbrennung, Veratmung zu Kohlensiiure, assimiliert werden,

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27. Band. ] H. Fincko, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. 9 15. Januar 1914,A

oder ob, was f/Jr manche F/ille wahrseheinlicher ist, Kohlens/iure- und Zuckerbildung aus der S/iure gleichzeitig erfolgt, indem ein Tell des Molekfils auf Kosten des anderen TeJles reduziert wird. In solchen F/~llen kann die abgespaltene Kohlens~ure bei ge- nfigender Belichtung sofort assimiliert werden, sodaB Sauerstot:f abgegeben wird. Der Assimilationsvorgang ohne Kohlens/iureaufnahme kann also sowohl yon Sauerstoff- wie von Kohlens/~ureabgabe begleitet sein.

Die Tatsache, dab bei der Kohlens~inreaufnahme seitens der assimitierenden Pflanze soviel Sauerstoff abgegeben wird, wie beim Ubergang yon Kohlensiiure in ein Kohlenhydrat (CH~O)x freiwerden mug, und der Umstand, dab in manehen F£11en die Sfftrkebildung der Kohlens/£ureaufnahme sehnell folgt, lassen darauf schliei~en, dab die Kohlensaure sehr schnell in einen Stoff, der die Zusammensetzung des Zuekers hat, iibergeht.

Chemiseh w a h r n e h m e n kSnnen wir bisher nur das A u s g a n g s p r o d u k t , die Koh lens / i u r e , und die E n d p r o d u k t e , t t e x o s e n oder St / i rke und Sauer- s toff . Aus der Zusammensetzung des Endproduktes ergibt sieh, da_f~ bei dem Assi- milationsvorgange die Bestandteile des W a s s e r s aufgenommen werden. Nach allen Erfahrungen der Chemle kann sieh der Vorgang des l[)berganges der Kohlens/iure in Hexosen, der sich durch die Gleiehung

6 CO~ ~- 6 H20 ~ C6H,206 ~ 60~ wiedergeben 1/it~t, nur unter Bildung yon Z w i s c h e n p r o d u k t e n vollzlehen. Nur bei K e n n t n i s d ieser Z w i s e h e n s t u f e n kSnnen wir zu e i n e m V e r s t / ~ n d - his d e s V o r g a n g e s ge langen . Auf ihreErmittelung sind daher dieBestrebungen der Wissenschaft gerichtet self der Zeit, in der die Bedeutung der Kohlenstoffassimilation klar wurde.

Es ist zweckm£13ig, der ErSrterung des Assimilationsvorganges eine k u r z e B e s p r e c h u n g zweier weiterer wlchtiger Vorg/i.nge, des Abbaues der K o h l e n - h y d r a t e bei der A t m u n g und bei der a l k o h o l i s c h e n G/ i rung, voraus- zuschicken.

Der Z u s a m m e n h a n g zwischen A s s i m i l a t i o n u n d V e r a t m u n g der K o h l e n h y d r a t e ist dadurch gegeben, dab der letztgenannte Vorgang sowohl hin- sichtlich tier Anfangs- und Endprodukte wie hinsiehtlich der energetischen Verh/iltnisse eine U m k e h r u n g des Assimilationsvorganges darstellt, sodag der Gedanke nahe- liegt, da/~ der chemisehe Verlauf beider Vorg~nge sich nur in der R i e h t u n g des Ver l au fe s , nicht in der Art der Zwischenstufen unterseheidet (L6b). Mi t dem Atmungsproze l~ sche in t die a lkoho l i s ehe G/ i rung v e r w a n d t zu sein, sodaB auch sie in den Kreis der Betrachtung gezogen werden sell.

Bei der rein ehemisehen Oxydation yon Zucker (Hexosen) entstehen zun/ichst Hexons~uren, dann Zuckersfiuren; bei weiterer Oxydation finder Spaltung des Mole- kills statt, und es entstehen je nach den Bedingungen verschiedene S£uren, vor allem Weins/iure, Glykols~iure, Oxals/iure, Ameisens~ure und endlich Kohlens£ure.

Da Wein-, Glykol- und Oxals/iure, ferner Apfels/iure, Bernsteins£ure, Fumar- s/iure und andere S/%uren regelm/il~ige Bestandteile der Pflanzen sind und yon ihnen zu Kohtens/~ure oxydiert werden k5nnen, fal]t man sie meistens als Zwischen- p r o d u k t e des K o h l e n h y d r a t a b b a u e s bei der Atmung auf, indem man an- nimmt, dab die Kohlenhydrate zun~chst in S£uren mit hSherer Kohlensmffatomzahl

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1 0 H. Fi n e k e , Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. [Zeitschr. f. Untersuchung I.d. Nahr.- u. Genufimit~el,

und dann in solehe mit niederer Kohlenstoffatomzahl, vor allem in Oxals~iure, fiber- gehen; diese wlrd dann tells aufgespeichert, tells - - vielleicht unter vorheriger Spal- tung in Kohlens/iure und Ameisens/~ure - - zu Kohlens~iure verbrannt. Die Ver- schiedenartigkeit der in den Pflanzen vorkommenden S/i, uren, das Vorkommen yon S/iuren, die nicht direkte Oxydationsprodukte von Zucker sein kSnnen, und die Tat- saehe, da~ grS~ere Mengen der S/~uren, vor allem yon Oxals~ure, unzerstSrt bleiben, zeigen jedoeh, dat~ die VerhKltnisse recht unfibersiehtlich und dab die Wege des Ab- baues aus den angefiihrten Tatsachen nicht sicher abzuleiten sind. Es kann keinem Zweifel unterllegen, daf~ auch bei der rein chemischen Oxydation die organischen S~uren nieht die einzigen Zwisehenstufen sind, sondern dal~ dazwischen reaktions- ffihigere und daher weniger leicht fal~bare Stoffe, z.B. Aldehyde, entstehen; auch in den Pflanzen diirften die S/iuren aus Aldehyden hervorgehen. Bei der rein chemi- schen Zuckeroxydation slnd die letzten fal~baren Vorstufen der Kohlens/i.ure die Oxal- s/iure und Ameisens/iure. Oxals~ure scheint in der Pflanze tells Endprodukt oder l~ebenprodukt, tells Zwischenprodukt zu sein, das bald unver/~ndert bleibt, bald zu Kohlens/iure oxydiert wird. Leiehter als Oxalsaure entsteht aus Zucker Ameisensfi~ure, sodal~ die MSgliehkeit besteht, daf~ sie Zwischenprodukt bei der Kohlenhydratver- brennung ist. Ihr ~aehweis in Pflanzen ist noch nicht mi~ Sicherheit geffihrt women; die meisten Angaben fiber ihr Vorkommen sind irrig und auf Versuchsfehler zurfick- zuffihren. Ieh konnte feststellen, dab in g r f i n e n B1 / i t t e rn v e r s c h i e d e n e r P f l a n z e n A m e i s e n s f i u r e n i c h t v o r h a n d e n ist , d a b v i e l m e h r d e n P f l a n z e n e i n v e r t e i b t e A m e i s e n s ~ u r e in g r f i n e n u n d n i c h t g r f i n e n P f l a n z e n im L i c h t u n d im D u n k e l n z i e m l i e h s e h n e l l v e r s c h w i n d e t l ) . ttieraus geht hervor, dal~ bei der Kohlenhydratoxydation etwa entstehende Ameisen- s~iure sofort zerst6rt wird.

Lebende Pflanzen entwickeln aueh bei Sauerstoffabschlul~ Kohlens/iure, indem ein Teil des Kohlenhydratmolekfils auf Kosten des anderen Teites oxydiert wiM; neben Kohlensfiure entsteht Alkohol. P [ e f f e r erwog zuerst den Gedanken, daft diese s a u e r s t o f f f r e i e Z u c k e r s p a l t u n g , die sogenannte intramolekulare Atmung, g e n e t i s c h m i t d e r Z u c k e r s p a l t u n g be l de r A t m u n g z u s a m m e n h / i n g e . Es sei mSglieh, dal~ die Stoffwechselvorg/inge, die beim Fehlen yon freiem Sauerstoff die Produkte der intramolekularen Atmung entstehen lassen, auch wfihrend der Atmung in T/itigkeit, vielleicht ihre Ursache seien. Da nun d i e V o r g ~in g e d e r i n t r a- m o l e k u l a r e n A t m u n g mi t d e n e n de r a l k o h o l i s c h e n H e f e g ~ r u n g ve r - wan d t sind w bei beiden entstehen Kohlens~ure und Atkohol - - , so bestehen mSg- licherweise Beziehungen zwlsehen allen drei Vorg~ngen. Man wird diese Bezlehung nicht dahin deuten dfirfen, daft bei der Atmung A l k o h o l als Zwischenprodukt ent- steht, der dann - - etwa fiber Oxals/iure - - zu Kohlens~ure oxydiert wfirde. W'ahr- seheintieher ist es, daf~ Z w i s c h e n p r o d u k t e , d ie der B i l d u n g des A l k o h o l s bei de r G / i r u n g v o r a u s g e h e n , aueh bei d e r a e r o b e n u n d a n a e r o b e n A t m u n g e n t s t e h e n , und daf~ sic bei der aeroben Atmung vSllig zu Kohlensfiure oxydiert werden, w~i.hrend bei der anaeroben Atmung und der G~irung aus ihnen eben Alkohol und Kohlens/~ure entstehen.

Uber den V e r l a u f de r Z u c k e r s p a l t u n g bei de r a l k o h o l i s c h e n G / i r u n g gab zuerst B a e y e r (1870) ein ansehauliches Bild in derselben Arbeit, in

~) Diese Versuche sind noch nieht v¢rOffentlicht

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27. hand. ] H. F incke , Kohlenhydratauf~au in den Pfianzen. 11 15. J ' anua r 1914.J

der er auch seine nachher eingehender behandelte Assimilationstheorie entwickelte. B a e y e z verwies darauf, dal~ zum Beispiel Glykol sieh in Acetaldehyd umlagern kann, u n d e r erkl~rte dies so, da~ sich intermediiir Wasser abspaltet und wieder anlagert, wodurch eine Sauerstoffwanderung zustande kommt:

CH~. OH CH~ CI~I~ CH~

I - , II --> c / H / o H ---> I OHm. OH C H . OH \ O H CH . O

Ebenso finde bei der Giirung eine Reduktion des einen Tells des Zuckermolekiils und eine Oxydation des anderen Teiles statt; die Anh~iufung des Sauerstoffs an einem Teile der Kette fiihre zu ihrer Sprengung, wobei vermutlich zuniiehst zwei Molekfile Milchsaure entsti~nden. Eine Wiederholung des Vorganges bei der Milchs~ure fiihre zu Alkohol und Kohlensii.ure:

CH~ CH s J l

C H . O H --> CH~.HO I . . . . . . . . . . .

COOH COg Arbeiten yon B u e h n e r und seinen Mitarbeitern sehienen sp~iter die Annahme

der Milchs~ure als Zwischenprodukt zu stiitzen~ doch nimmt man neuerdings an, da~ nicht Milchs~iure, sondern ein labilerer Stoff gleicher empirischer Zusammensetzung (Methylglyoxal, Glyeerinaldehyd, Dioxyaceton oder ein ~hnlicher Stoff) das in Alkohol und Kohlens~ure zerfallende Zwischenprodukt sei, wobei man zwischen der Milchs~iure (bezw. dem an ihre Stelle zu setzenden Stoff) einerseits und Alkohol und Kohlens~ure andererseits noch weitere Zwischenprodukte vermutet. So erklii.rt S c h a d e den Zerfall etwa folgendermai~en :

Zucker ¢

Zwischenprodukt (Milchsiiure ?)

Acetaldehyd CH a . CHO H . COOH Ameisensi~ure

L ~ /

C~H s . OH CO s Da a-Oxyshuren sich leicht in Aldehyd und Ameisensaure zersetzen, soll sich

aus Milchs£ure Acetaldehyd und Ameisens~ure bilden; diese soll dann den Aeet- aldehyd zu Alkohol reduzieren. Mehrere Forseher beobaehteten tatsachlieh die Bildung yon Aeetaldehyd bei der alkoholisehen G~irung; F ran z e n und S t e p p u h n fanden, da~ Helen aus Zucker Ameisensi~ure bilden und dai~ Helen Ameisens~ure auch ver- g~ren kSnnen. 17eube rg stellte lest, dal~ Helen Aldehyde zu den entsprechenden Alkoholen reduzieren, und da~ die dureh Oxydation yon Milchs~ure entstehende Brenztraubens~iure durch ein Ferment der Here, das auch in hSheren Pflanzen ent- haltea ist, sehr leicht in Acetaldehyd und Kohlensiiure gespalten wird. Alle diese Befunde sprechen dafiir, da~ die Zuckerspalmng wenigstens ~ihn]ich wie oben an- gegeben verliiuft.

Legt man diese Erklilrung dem Verlauf des Kohlenhydratabbaues bei der Atmung der Pflanzen zugrunde, so folgt, dM~ durch Spaltung des Zuekermolekiils Acetaldehyd und Ameisensiiure entstehen, und dal~ auf diese Spaltungsprodukte dann

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[Zeitschr. f. Untersuchung 12 It. Fincke, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. [d. Nahr.-u. Genu~mittel.

erst der Sauerstoff einwirkt. Itierbei wird Ameisens~ure sofol~ zu Kohlens~iure. Die Verbrennung des Acetaldehydes fiber Essigs~iure ist unwahrscheinlich, da EssigsiCure sehr schwer oxydlerbar ist. K o s t y t s c h e w land Acetaldehyd bel Zugabe yon Chlor- zink in Zuckerverg~irungsprodukten. Da Chlorzink den ~Tbergang von Glykol in Acetaldehyd begfinstigt, kSnnte auch das dem Acetaldehyd isomere Glykol Zwischen- produkt sein. So wfirde sich das h~iuflge Vorkommen yon Glykolsiiure und Oxal- siiure zwanglos erklaren. Die Anwendung des S c h a d e'schen Schemas auf den KoMenhydratabbau bei der Atmung wfirde dana lauten:

Zucker $

Zwischenprodukt (Milchsi~ure ?)

Acetaldehyd ~ Glykol Ameisens~iure $ $

Glykols~,ure Kohlensi~ure

Oxalsi£ure 4

Kohlen s~iure Wahrscheinlicher noch ist es, dal~ sich statt der vermuteten Zwischenprodukte

Aeetaldehyd uad Ameisens~ure labilere Molekfilgruppen bilden, die leicht in die ge- nannten Verbindungen fibergehen oder sich leicht zu Alkohol und Kohlensiiure umsetzen.

Bei diesen Er6rterungen ist zu berficksichtigen, dal~ die chemischen Vorg{inge in den Pflanzen offenbar ebenso wie yore Chemiker angestellte Versuehe yon •eben- produkten begleitet sein k5nnen, die zwar zuweilen Andeutungen fiber den Reaktions- verlauf geben, abet auch auf Irrwege fiihren kSnnen.

A u s den fiber A t m u n g u n d G i i r u n g b e k a n n t g e w o r d e n e n T a t - s achen da r f man schl ie i~en, dab bei der V e r a t m u n g der K o h l e n - h y d r a t e in der P f l a n z e der A n g r i f f des von a u ~ e n h l n z u k o m m e n d e n S a u e r s t o f f s e r s t n a c h w e i t g e h e n d e r S p a l t u n g des Z u c k e r m o l e k f i l s e i n t r i t t und dal~ a l s S p a l t s t i i c k e , d ie de r O x y d a t i o n u n t e r l i e g e n , Z w e i k o h l e n s t o f f a t o m k e t t e n e ine w e s e n t l i c h e R o l l e s p i e l e n , ttin- sichtlich der hypothetisehen Zwischenprodukte mit drei Kohlenstoffatomen, die sich bei der Garung durch das Auftreten yon Milchsaure und Glycerin anzuzeigen scheinen, mul~ die Frage often gelassen werden, ob es sich um Umwandlungsprodukte yon Z w i s c h e n p r o d u k t e n mit Dreikohlenstoffatomkette oder ob es sich um reine N e ben p r o d u k t e handelt, denen iihnlich zusammengesetzte Zwischenprodukte nlcht entsprechen.

Wollen wir versuchen, aus dem Verlaufe des K o h l e n h y d r a t a b b a u e s einen ScMul~ auf die Art des A u f b a u e s zu ziehen, so kSnnen wir ats Grundlage nur das Entstehen yon Zuckerspatmngsprodukten mit zwei Kohlenstoffatomen und den erst nach eingetretener Spaltung erfolgenden Angriff des Sauerstoffs benutzen. Diese beiden Tatsachen lassen sich, wie nachher gezeigt wird, in ihrer Umkehrung auf den Assimilationsvorgang anwenden. Die Annahmen, da~ Drelkohlenstoffatom- ketten sowie Acetaldehyd und Ameisens~ure Zwischenprodukte sind, scheinen fiir den Assimilationsvorgang dagegen nicht anwendbar zu sein.

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27. Band. ] 15. Januar 1914.J H, Fin ck e, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. 13

Wenden wir uns nun zum A s s i m i l a t i o n s v o r g a n g selbst, so mul~ zunachst die Frage, ob wir sichere Kenntnis yon Zwischenprodukten zwisehen Kohlens/iure und Zucker haben, verneint werden. Es wurde eine Reihe yon Theorlen fiber den Vor- gang aufgestellt, unter denen die L i e b i g ' s c h e , die die o r g a n i s c h e n S ~ u r e n als Zwischenstufe ansieht, und die Baeyer ' sehe , die F o r m a l d e h y d Ms solehe annimmt, die wichtigsten sind. B a u r nimmt an, dab sich zun~chst O x a l s ~ u r e und hieraus weiterhin F o r m a l d e h y d bilde; er schliel~t sich also einerseits der seit Jahrzehnten fast allgemein geltenden Annahme, dal~ die Zuckerbildung durch Konden- sation yon Formaldehyd gesehehe, an, greift aber andererseits auf die alte L i e b i g ' - sche Erkl~irung zurfick. Auch G l y o x y l s ~ u r e wurde als mSgliches Zwischen- produkt genannt. Keine der aufgestellten Theorien hat sich bisher beweisen lassen.

L i e b i g entwickelte seine Erkl~rung in einem Aufsatze fiber , ,Die W e c h s e l - w i r t s e h a f t " l ) , in dem er die :Notwendigkeit der Mineralstoffe fiir das Gedeihen der Pflanzen darlegte und mit ihrem Anteil an dem Aufbau der Pfianzensubstanz begrfindete. Aueh ffir die Bildung der Kohlenhydrate aus der Kohlens~ure der Luft hielt er die Mineralstoffe ffir notwendig; mit einer Erkl~rung hierfiir verband er die Deutung des Assimilationsvorganges: Die anorganischen Basen dienen zur Bindung der organischen S~iuren. ,,Die organischen S/iuren selbst mfissen in dem Organismus der Pflanze gewisse Lebensfunktionen vermitteln. Wenn man sich nun erinnert, dal~ die unreifen Frfichte, die Weintrauben z. B., des grol~en S~uregehaltes wegen nicht geniel3bar sind, daft diese Ffftchte im Sonnenlichte sieh ganz so ver- halten wie die Bl£tter, insofern sie n~mlich das Verm5gen besitzen, Kohlens~ure aufzunehmen und Sauerstoff auszugeben, dab mit der Abnahme der S~ure die Zu- nahme an Zucker erfolgt, so I~I~t slch kaum der Gedanke zurfickweisen, dat3 der Kohlenstoff der organischen S~iuren in der unreifen Frueht zu einem Bestandteit des Zuekers in der gereiften wird, dab also dutch ein Austreten von Sauerstoff, unter Hinzutreten der Bestandteile des Wassers, die S~iure iibergeht in Zucker.

Die Weins~ure in den Weintrauben, die Citronens~iure in den Kirsehen und Johannisbeeren, die _~pfels~ure in den Sommer~pfeln, welehe auf den B~iumen reifen, w~ren hiernaeh die Zwisehenglieder des 1Jberganges des Kohlensaure in Zucker; beim Mangel an der geeigneten Temperatur und der Einwirkung des Sonnenlichtes wfirden sie die hierzu nStigen Ver~inderungen nicht erleiden . . . .

Man beobachtet leieht, dal~ Kohlens~ure und Oxalsaurehydrat eine gleiehe Menge Sauerstoff enthalten. Wir kSnnen uns deshalb Oxals~urehydrat entstanden denken aus Kohlens~ure, in deren Zusammensetzung eine gewisse Menge Wasserstoff auf- genommen worden ist.

Wenn durch die fortdauernde Einwirkung der niimlichen T~tigkeiten aus der Oxals~ure neue QuantitAten Sauerstoff ausgeschieden werden, so haben wir Weins~iure oder ~_pfels~ure . . . . . Dureh ein einfaches Austreten von Wasser aus den Elementen der Apfels~ure entsteht Citronens~ure; wir wissen, dal~ wir dureh den blol~en Ein- flu~ der W~rme aus Citronens~ure Akonitsiiure, aus J~pfelshure Flechtens~ure und Maleins~ure hervorzubringen vermSgen . . . . Wit kSnnen nun die Weins~ure, Citronen- s~ure, _~pfels~ure betrachten als Verbindungen yon Oxals~ure mit Zucker, mit Gummi, mit Holzfaser oder den Elementen derselben:

Weins~ure Oxals~ure Trockner Traube~zueker

2 (C12H15015) --~ C12018 - ~ C12H2¢O12

~) Liebig 's Annalen 1843, 46, 58.

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14 H. F in ck e, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. [zoi~sclrr. f. Un~ersuehuns [d. Nahr.- u. Genuffmittel.

in der Art also, dab durch Hinzutreten neuer Quantitgtten Wasserstoff alle diese S{iuren zur Bildung yon Zucker, Amylon und Gummi dienen kSnnen; bei diesem ~bergang miissen, wie sich yon selbst versteht, die Alkalien, die mit der Siiure verbunden waren, wieder frei werden; sie mfissen die Fiihigkeit erlangen, dieselbe Rolle aufs neue zu spielen . . . . .

G ay- L u s s a c beobachtete zuerst, dab Oxalsfiure, WeinsKure, Citronens~ure, Zucker, Holzfaser eta. durch Beriihrung mit Alkali in einer hSheren Temperatur wieder zurfickgeffihrt werden in Kohlens~ure.

Diese Zersetzungsweise ist gerade der umgekehrte ProzeB, der in den Pflanzen vor sich geht: In dam letzteren treten zur Kohlenstoffverbindung, zur Kohlens~ure die Elemente des Wassers, as entsteht Oxals~ure, Weinsi~ure etc. i n f o l g e e ine r A b s c h e i d u n g von S a u e r s t o f f " .

Die Ausfiihrungen L i e b i g s waren ffir den damaligen Stand der organischen Chemic, deren geringe Entwickelung zu dieser Zeit sich aus ihnen selbst ergibt, eine befriedigende Erkl{irung. Bis in die neueste Zeit hinein ist die Ansicht L i e b i g ' s , dab die organischen S~iuren Zwischenprodukte seien, mehrfach wieder aufgenommen worden, wenngleieh die Begrfindung durch L ie big mit der S~ureabnahme und Zueker- aufnahme in reifenden Frfichten nicht als stichhaltig angesehen weMen kann. Es wird dem entgegengehalten, daB bei manchen Pflanzen gerade im Licht S~iureabnahme und im Dunkeln, also w~hrend die Pflanze lediglieh atmet, S[turezunahme erfolgt, wenngleich zugegeben wird, dab die Pflanze gelegentlieh auf Umwegen, etwa fiber Kohlensi~ure, aus den organischen Siiuren Zucker bilden kann. Die Pflanze hat ja auch die F~ihigkeit, Stoffe zu Koblensiiure abzubauen oder in anderer Weise als Niihrstoffe zu verwenden (z. B. Glycerin), die nicht normale Pflanzenbestandteile sind. Trotz dieser und anderer Einwande kann die L i e b i g ' s c h e Erkliirung, so unwahr- scheinlich sie erscheint, nicht als vSllig widerlegt angesehen warden, vor allem nieht hinsichtlich der Annahme, dab O x a l s K u r e Zwischenprodukt sei.

Am meisten gegen sie zu sprecben scheint mir der Umstand, dal~ sich mit der schrittweisen Reduktion der Kohlensi~ure schwer vereinigen l~Bt, dab KohlensKure- aufnahme und Sauerstoffgabe in gleichen Raummengen fast gleichzeitige Vor- g~nge sind.

Die Annahme L i e b i g ' s wurde durch die Baeyer'scheAssimilationshypothese, die slch noch jetzt weitgehender Anerkennung erfreut, abge]Sst.

In seiner 1870 erschienenen klassischen Arbeit , , ~ b e r die W a s s e r e n t - z i e h u n g u n d ih re B e d e u t u n g ffir d a s P f l a n z e n l e b e n u n d d i e G i ~ r u n g " gibt B ae ye t 1) eine ~ Zusammenfassung der wiehtigsten Reaktionen, die durch Wasser- abspaltung zu erkl~ren sind, wenn man die Sauerstoffverbindungen yon Hydroxyl-

sabstitutionsprodukten ableitet (z. B. -- C\ frO von--C~Ott,OH =CO yon = C ~ o H/OH) \ H \ H

Reaktionen, die tells Anhydridbildungen, tells Kondensationen sind. Von letzteren zog er besonders die Kondensation des FormMdehyds in den Kreis seiner Betrachtung. Die Konstitution des Zuckers war damals noch niebt bekannt, wohl diejenige des Formaldehyds und die Tatsache, da~ in alkalischer LSsung aus Formaldehyd ein zuckerartiger Stoff entsteht.

1) Bet. Deutsch.-Chem. Gesellsch., 1870 3, 63.

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27. Band. ] 15. Januar 1914.1 H. F i n c k e, Kohlenhydrataufbau in den Pfianzen. 15

B a e y e r kam zu dem Schlusse, dal3 aus dem in w~isseriger LSsung annehm- baren Hydrat des Formaldehyds, CH{OH)2, durch Kondensation yon 6 Molekfilen unter Austritt yon 6 Molekfilen Wasser entweder die Verbindung CI t O . [C(OH)H]4. CH~. OH oder ein Seehsring [CH(OH)]~ entstehen mfisse, und sagte: ,,Die Zusammen- setzung des Traubenzuekers mu$ naeh allen vorliegenden Erfabrungen entweder mit einer tier beiden obigen Formeln fibereinstimmen oder wenigstens ihnen nahe ver- wandt sein, und daher liegt die Vermutung nahe, dal3 die Bildung des Zuckers im PflanzenkSrper mit der besprochenen Reaktion im Zusammenhang steht." B a e y e r wandte sieh dann gegen die L i e b i g ' s e h e Annahme, dal~ Kohlens[iure fiber die organischen Pflanzens~uren, die man zwar als Reduktionsprodukte der Kohlens~mre auffassen k6nne, durch eine allm~ihliche Synthese in Zucker iibergeffihrt werden, well sonst gerade w~ihrend der Assimilation eine S[iureanh~ufung stattfinden miisse, und er schlol3 sigh der schon frtiher ausgesprochenen Ansicht an, ,,dal~ der Zucker sieh direkt aus der Kohlens/iure bildet". Bezfiglich des Reaktionsvorganges sagte er unter Hinweis auf die Jxhnlichkeit zwischen Blutfarbstoff und Chlorophyll: ,,Darnach mul3 es auch als wahrscheinlieh erscheinen, daI3 das Chlorophyll ebenso wie das H~mo- globin Kohlenoxyd bindet. Wenn nun Sonnenlieht Chlorophyll trifft, welches yon Kohlens~iure umgeben ist, so scheint die Kohlens~iure dieselbe Dissoziation wie in hoher Temperatur zu erleiden, es entweieht Sauerstoff, und das Kohlenoxyd bleibt mit dem Chlorophyll verbunden. Die einfachste Reduktion des Kohlenoxyds ist die zum Aldehyd tier Ameisens~iure, es braucht nur Wasserstoff aufzunehmen:

CO ~- H~ =: COH 2, und dieser Aldehyd kann sich unter dem Einflul~ des Zellinhaltes ebenso wie durch Alkali in Zucker umwandeln."

Die Ausftihrungen B a e y e r ' s haben besonderen Reiz nicht nur dadureh~ dal~ er bier die Zuckerkonstitution rlchtig voraussagte und die in alkalischer LSsung ein- tretende Formaldehydkondensation richtig deutete, sondern besonders deshalb, weil er ohne siehere Kenntnis der Zuckerkonstitution d ie Erkl~irung ffir die Zucker- bildung in tier Pflanze gab, die auch jetzt naeh mehr als 40 Jahren noch die bevor- zugte ist.

Die Annahme, dal~ sich aus der Kohlensgure zun[iehst Kohlenoxyd bilde, alas dann dureh Reduktion in Formaldehyd oder - - nac~ anderer Vermutung - - dureh Wasseraufnahme in Ameisensaure fibergehe, hat sich zwar nicht aIs haltbar erwiesen, da dann aueh Kohlenoxyd assimiliert werden mtit~te, was nicht tier Fall ist. Doeh lfit~t sich die Formaldehydbildung aueh in anderer Weise erkl~iren.

i'qach E r l e n m e y e r kSnnten Kohlens~ure und Wasser zun~chst Ameisens~iure nnd Wasserstoffsuperoxyd bilden. C z a p e k halt es ffir wahrscheinlich, dal~ die Re-

OK duktionswirkung als Ersetzung der Hydroxyle des Kohlens~urehydrates CO~oI_ I

durch Wasserstoff anzusehen ist. dehyd entsteht.

\OH Auch S t o k l a s a nimmt an, dag

und dann Formaldehyd gebildet wird.

Dies bedingt, daI~ zuerst Ameisens[iure, dann Formal-

I t I-I

o/--o \OH \n

aus der Kohlensiiure zuniichst Ameisens~iure Rein chemisch 1/iBt sich, wenn auch ziemlich

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16 H. Fin c k e, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. [zeits~hr. f. Untersuehung /d. Nahr.- u. Genut imit te l .

sehwierig, Kohlens~iure fiber Ameisens~ure zu Formaldehyd reduzieren. Da Ameisen- s~ure im PflanzenkSrper sowohl im Licht wie im Dunkeln der ZerstSrung anheim- fiillt, kann man aus dem :Nichtvorhandensein von Ameisens~ure in der Pflanze keinen Schlul~ ziehen. Wiirde Ameisensi~ure jedoch Zwischenprodukt der Assimilation sein, so mfil~te die Pflanze im Licht aus Amelsens/iure Sauerstoff frei machen. Es ist mir bei mehreren Versuchen nicht gelungen, dies zu beobaehten; unter bestimmten Be- dingungen hindern vielmehr ameisensaure Salze selbst in sehr verdfinnten LSsungen die Kohlensiiureassimilation. Das Verhalten der Ameisens~iure spricht nicht daffir, dat~ sie Assimilationszwischenprodukt ist.

Von verschiedenen Forschern ist auf die MSglichkelt hingewiesen worden, dal~ die an sieh zweifellos schwer reduzierbare Kohlens~iure sich an einen Bestandteil des Chlorophyllapparates anlagert und in dieser Verbindung leichter zu Formaldehyd redu- zierbar ist. lq~here Anhaltspunkte haben sich hierftir zwar nicht ergeben, doch hat diese Annahme mehr W'ahrscheinlichkeit ffir sieh als diejenige, da$ freie Kohlensi~ure reduziert wird. Vor allem spricht daffir die optische Aktiviti~t der Assimilations- produkte, da die Entstehung aktiver Stoffe sich nur durch die Beteiligung anderer aktiver Stoffe bei der Synthese erkliiren l~il~t.

Die bereits kurz erw~ihnte Ansicht B a u r ' s geht dahin, da$ aus Kohlensi~ure zun~iehst Oxals~ure entsteht, die dann in ~olgender Weise zerf~llt:

(COOH), z --> HCOOH --~ CO~. Die gebildete Ameisens~iure zersetzt sich Ieieht naeh der Gleichung

HCOOH ~ CO 2 -~- H~. Der so entstehende Wasserstoff kann Oxalsi~ure zu Glykols/iure reduzieren, die

leicht in Ameisens/~ure und Formaldehyd zerfi~llt CH 2 . OH I ---> HCOOH dr COH~.

COOH -&pfelsi~ure und Citronensiiure entstehen naeh B au r dureh Kondensation der

Glykols~ture und sind vorfibergehende Aufspeieherungsformen derselben. Die Haupt- stufen der Assimilation sind nach B a u r also:

Kohlens~ure --+ Oxals•ure --> Glykols/iure ---> Formaldehyd ---> Zueker. Der yon B a u r angenommene ~¥eg ist schon deshalb unwahrseheintieh, weil er

einen unnStigen Umweg einschl~igt: Zur Bildung yon Formaldehyd solIen zuniichst 2 Molekfile Kohlensiiure zusammentreten und dann soll wieder Spaltung, Trennung der zusammengetretenen Koblenstoffatome erfolgen, bevor die endgfiltlge Kondensation eintritt. Sind Oxals/iure und Glykols/~ure wirklich Zwischenprodukte, so ist es wahr- scheinlicher, dal~ sich aus der letzteren Glykolaldehyd bildet, der nicht weniger leich~ zu Zucker kondensierbar ist wie Formaldehyd. In jedem Falle spricht gegen die Bau r ' s ehe Annahme die aucb gegen die Liebig 'sche Hypothese angeffihrte Tat- saehe, dab die der Kohlens~ureaufnahme entsprechende Sauerstoffabgabe sehr sehnetl erfolgt.

G e h e n d i e h e u t i g e n A n s c h a u u n g e n f iber die A r t des E n t s t e h e n s des F o r m a t d e h y d s in d e n P f l a n z e n a u s e i n a n d e r , so b e s t e h t doeh f a s t ~ b e r e i n s t i m m u n g in t ier A n n a h m e , d a ~ F o r m a l d e h y d Z w i s e h e n - p r o d u k t ist. Der Grund liegt offenbar vor allem darin, dab die kfinstliche Bil- dung von Zueker aus Formaldehyd die am lii, ngsten und meisten bekannte ist. Man darf wohl sagen, da]il die Beweiskraft der kfinstlichen Kondensierbarkeit des Formal-

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27. Band. | H. F i n e k e , Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen, 1 7 15. Januar 1914:J

dehyds zu Zucker fiberschatzt wird, denn diese Kondensation ist weder der einzige Weg, der zum Zueker ffihrt, noch ist sic ein sehr glatL verlaufender Weg. Wfirde man versuchen, Formaldehyd zu Zucker zu kondensieren bei Gegenwart vieler anderer Stoffe, wie sie in der Zelle stets vorhanden sind, so wfirde die Ausbeute sieher eine noch schleehtere sein als sic es bei der Kondensation reinen Formaldehyds ist.

Die M6glichkeit der rein chemisehen Entstehung yon Formaldehyd ist wieder- holt untersucht worden. Es hat sich ergeben, daf~ Kohlens~iure leichter zu Ameisen- siiure reduzierbar ist wie Ameisens~ure zu Formaldehyd. Ferner ist erwiesen, dal~ aus Kohlens~ure bei Gegenwart yon Wasser dutch dunkle elektrische Entladung oder ultraviolette Strahlen Formaldehyd entsteht (LSb, S t o k t a s a ) , doch ist es n i c h t ge- gelungen, mit Hilfe des Sonnenlichtes Kohlens~ure in Formaldehyd fiberzufiihren (Euler ) . Umgekehrt land LSb , daf~ dureh Elektrolyse aus Glykose Formaldehyd und Pentose entstehen; die Zuckersynthese aus Formaldehyd ist somit ein umkehr- barer Vorgang und L S b nimmt an, dal~ der Vorgang der Kohlensiiureassimilation, fiber Formaldehyd als Zwischenprodukt verlaufend, die chemische Umkehrung des Atmungsvorganges ist. Doeh verli~uft die Bildung yon Formaldehyd aus Kohtens/iure einerseits wie aus Zucker andererseits nieht leicht und glair genug, und die Be- dingungen ihrer Bildung ~ind zu verschieden yon den Verh/iltnissen in der assimilie- renden Pflanze, als daf~ man diesen Versuchen eine fiberzeugende Kraft zuerkennen k6nnte.

Es sind zahlreiche Versuche angestellt worden, um das hypothetische Zwischen- produkt in Pftanzen naehzuweisen. Wiederholt ist die Auffindung yon Formaldehyd in belichteten grfinen Pflanzen behauptet worden, doch stellten sich die Behauptungen sparer als irrig heraus. Ich konnte nachweisen, dat~ lebende wie getStete Pflanzen- substanz Formaldehyd auch in utarker Verdfinnung binder; damit ist die MSglichkeit, Formaldehyd aufzufinden, so gut wie genommen. Da Pflanzen nut sehr verdfinnte FormaldehydlSsungen ohne merkliche Sch~idlgung vertragen, nimmt man an, da~ der gebildete Formaldehyd schnell kondensiert und so eine Schi~digung vermieden wird. Dennoch lassen sich auch hiergegen Bedenken ~ul~ern, denn es ist nicht wahrseheinlich, dai~ der ~ul~erst reaktionsfiihige Formaldehyd gehindert werden kSnnte, zum Teil andere Reaktionen einzugehen, die auch rein chemisch leichter verlaufen als die Kondensation. Die gro~e Reaktionsf/ihigkeit des Formaldehyds, die sich in dem Ver- schwinden des kiinstlich toter Pflanzensubstanz zugesetzten Formaldehyds zelgt, .spricht gegen die Annahme, da~ Formaldehyd Zwischenprodukt des Zuckeraufbaues ist; mindestens miiglten in diesem Falle in den Pflanzen neben dem Zucker andere Kondensationsprodukte des Formaldehyds, zum Beispiei Produkte der Einwirkung auf Aminoverbindungen, auftreten. Verlaufen doch aueh andere Verg/~nge in den Pflanzen nicht ohne Nebenprodukte. Solche Produkte, die sich yore Formaldehyd ableiten, sind aber nicht in Pflanzen nachgewiesen worden.

Zur Aufkli~rung der Formaldehydfrage hat man versucht, Pflanzen mit Formal- dehyd zu ern/ihren. ~Tach zahlreichen vergebliehen Versuchen ist es B o k o r n y sowie G r a f e gelungen, mit Formaldehydderivaten sowie mit gasfSrmigem Formaldehyd Gewichtsvermehrung yon Pflanzen aueh im Dunkeln zu erzielen. Diese Ergebnisse sind die einzigen, die sich zur Stiitze der Formaldehydhypothese anffihren lassen, doch kommt auch ihnen eine sichere Beweiskraft nieht zu, denn sic ]assen die MSglichkeit offen, daf~ die Pflanze sich normalerweise eines anderen Weges bedient, und dal~ der zugeffihrte Formaldehyd nieht sofort, sondern auf einem Umwege ausgenutzt wird. Die Formatdehyd-

~¢. 1~. 2

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I-Zei~sehr. £ Untersuehung 18 It. F in e k e, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. [d. Iqahr.- u. Genufimi~tel.

erniihrung hatte auch nicht den Erfolg normaler Ernahrung. G r a f e land, da$ sich dabei in sonst starkebildenden Pflanzen keine Stiirke, sondern nur Zucker bildete und da$ gleichzeitig die S/iuremenge in den Formaldehydpflanzen stark vermehrt wurde; in einem Falle glaubt G r a f e nachgewiesen zu haben, dab Ameisens£ure entstanden sei; er vermutet, dab bei der Formaldehydern~hrung sich ein Tell des Formaldehyds ebenso zersetzt, wie es rein chemisch bewirkt werden kann: Bildung yon je einem Molekiil Methylalkohol und Ameisens/iure aus zwei Molekiilen Formatdehyd. Hiernach ist die Annahme naheliegend, da$ den Pflanzen kiinstlich zugeffihrter Formaldehyd erst auf Umwegen zu Zucker wird.

Zusammenfassend kann man sagen, da$ die F o r m a l d e h y d h y p o t h e s e w e d e r b e w i e s e n n o c h w i d e r l e g t , a b e r k e i n e s w e g s so w a h r s c h e i n l i c h i s t , wie im a l l g e m e i n e n a n g e n o m m e n wird.

Die gegen die Formaldehydhypothese sprechenden Bedenken lassen die Frage gerechtfertigt erschdnen, ob sich an ihre Stelle eine a n d e r e A n n a h m e mi t g r S B e r e r W a h r s c h e i n l l c h k e i t setzen liiBt.

Mehrere Schwierigkeiten lassen sich aus dem Wege r~umen, wenn man annimmt, dab als erstes Assimilationsprodukt statt des Formaldehyds G 1 y k o I a 1 d e h y d

CH~. OH CH . OH i bezw. dessen Isomeres iI entsteht.

C H . O CH . OH Auch die Formaldehydhypothese mui~ mit dem Glykolaldehyd als Zwischen-

produkt rechnen, der auf dem Wege vom Formaldehyd zur Hexose das erste Konden- sationsprodukt ist. Demgegeniiber stelle ich die Vermutung auf, daiil d i e e r s t e E in - w i r k u n g t ier a s s i m i l i e r e n d e n P f l a n z e a u f d ie a u f g e n o m m e n e K o h l e n - s~ure zu e i n e r V e r k n f i p f u n g z w e i e r K o h l e n s t o f f a t o m e und d a n n zum G l y k o l a i d e h y d f i ih r t .

Glykolaldehyd ist bereits ein Zucker; er ist der einfachste Stoff dieser Gruppe. Er besitzt nicht die iibergroge Reaktionsf£higkeit des Formaldehyds und wirkt, wenn er fiberhaupt sch/idigend auf Pflanzen wirken kann, sicher nicht in gleichem Ma~e giftig wie dieser. Glykolaldehyd ist leichter als Formaldehyd zu Hexosen kondensier- bar. GlykolMdehyd als wesentliches Zwischenprodukt der Assimilation erkl/~rt die Tatsache, dab die Mehrzahl der einfacheren Pflanzenstoffe, vor a]lem der verschieden- artigea S£uren, der Aldehyde, der Zuckerarten usw. eine gerade Kohlenstoffatomzahl besitzen. Zu vielen verbreiteten Pflanzenstoffen (z. B. Glykols/~ure, Oxals/iure, Acet- aldehyd, Xthylalkohol, Glykokoll, Betain, Bernsteins/~ure) steht Glykolaldehyd in ein- fachen Beziehungen.

Bei der ErSrterung der Vorg/inge des Kohlenhydratabbaues durch die Atmung waren wlr zu dem Ergebnis gekommen, da$ hierbei zun/~chst weitgehende Aufspaltung der Kohtenstoffkette mindestens bis zu Zweikohlenstoffatomverbindungen eintritt, dat3 solche bei dem Abbau eine wesentliche Rolle spielen und" dal~ auf sie erst der Sauer- stoff einwirkt, sodas Spaltung und Bildung yon Kohlensi~ure eintritt. Die Umkehrung dieses Vorganges ist: Ausreichende Reduktion der Kohlens/iure unter gleichzeitiger Verkniipfung zu Zweikohlenstoffatomverbindungen und nachfolgende Kondensation zu Hexosen. Ein solcher Vorgang ist nur denkbar, wenn Glykolaldehyd als Zwischen- produkt angenommen wird.

N e u b e r g fand, dab Oxybrenztraubens~iure CH~. O H . CO. COOH dutch Here in Glykolaldehyd und Kohlens£ure gespalten wird. Dies l~iSt an die M5glichkeit

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27. Band. ] H. F incke Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. 19 15, J anua r 191J:.J

denken, dab Glykolaldehyd auch beim Kohlenhydratabbau beteiligt ist. Die MSglieh- keit seines Zer~alles in Methan und Kohlensiiure C~H~Oe ~ CH~ -J- COz fiihrt zu der Frage, ob er Zwischenprodukt bei der CelIuloseg~rung ist.

Die Bildung yon Glykotaldehyd bei der Assimilation kann durch Reduktion yon Oxals~ure erkliirt werden, wobei die aus Kohlensi~ure entstandene Oxalsii, ure zu. erst Glyoxylsfiure, dann Glykolsiiure bilden mfil~te. Ein solcher, sieh an die B auer'sche Hypothese anschlie~ender Entstehungsweg ist aus den gegen die Annahme der Oxal- s~iure als Zwischenprodukt angeftihrten Griinden wenigstens als normaler Verlauf unwahrscheinlich. /q~her liegend und mit der Tatsaehe, da~ der Assimilationsvorgang sehnell verliiuft, besser in Einklang zu br]ngen ist die Annahme, da~ zwei Molekfile Kohlens~mre mi~ einem anderen Molekularkomplex in Zusammenhang treten und dann

Man kann sieh diesen Vorgang in folgender unter Verknfipfung reduziert werden. Weise vorstellen:

OH OH o = C<oH / c < o ~

R+ oH -~ R \ ~ ~og+O~ 0 ~ C ~ 0 H ~ 0 H

~ 0 H o ~ ~ R \ o ~ c < o ~ -~ ~ + o ~ + It o ~ \ 6 ~OH -- C~H

oder: OH OH

<i R + , OH ~ R OH + 0 = c <~OH ~ O H 0~,

OH -- C ~ H H /_0 ~/c, <oR /o C<o~H C~0H .. C ~ H

alsdann"

c~ H 0H

II 0H\ C~ H

\ \

--~ C6H1~O 6 oder

tc/H I\OH /

C~--~0 \

H Nimmt man so an, dag dureh Zusammenwirken mlt einem grSgeren Molekai

zwei Kohlensiiuremolekfile gleiehzeitig verknfipft und so welt reduziert werden, dag, entspreehend der I-Iexosenzusammensetzung, auf ein Kohlenstoffatom zwei Wasserstoff- und ein Sauerstoffatom kommen, so gelangt man zuniiehst zu einem Isomeren des

c<~i Glykolaldehyds, dem hypothetlsehen Alkohol II 0It"

c% H 2*

Page 13: Der Aufbau der Kohlenhydrate in den Pflanzen

fZeitsehr. L Untersuehung 20 H. Fin cke, Kohlenhydrataufbau in den Pflanzen. [d. Nahr.- u. Genul~mittel.

Dieser Alkohol ist zweife]tos unbesti~ndig und wird sieh im Augenbticke des Frei- werdens entweder sogteieh zur Hexose kondensieren, oder er }agert sich zum Glykol- aldebyd um, der dann seinerseits Kondensationen unterliegen kann.

Glykolaldehyd ist blsher nicht in Pflanzen nachgewiesen worden, doch kann hieraus um so weniger die Unrichtigkeit der Glykolaldehydhypothese gefolgert werden, als die analytischen Verfahren zum Glykolaldehydnachweis nicht scharf sind. Dal~ seine Entstehung niebt ausgeschlossen ist, zeigt die erwiihnte Angabe ~ e u - be rg ' s , dal~ er bei einer zuekerfreien I-Iefegfi, rung beobachtet wurde. Im Gegensatz dazu ist die Bildung yon Formaldehyd dutch einen enzymatischen Vorgang nicht bekannt und unwahrscheinlich. Die Entstehung yon Glykolaldehyd und Koblens~ure dutch Zerfall von Oxybrenztraubensgture zeigt auch, wie in Sukkulenten oder reifen- den Frfichten Zucker- und Kohlens~urebildung aus S~iuren erfolgen kSnnte. Auch auf die Bildung yon Glykolaldehyd durch Zerfall yon DioxymaleinsKure, die beim Behandeln yon Weins~ure mit Wasserstoffsuperoxyd und Ferrosalz entsteht, sei hin-

CH. OH gewlesen, zumal bei diesem Zerfall intermedi~r der Alkohol ]I entstehen mu~:

CH. OH C(0H)C00H CH. OH C0~

C(0H)C00H CH. OH C0~

CH. OH CH~OH il I C H . OH CH. O

_~hnlich dfirfLe der Weg sein, auf dem die S/iurebildung der Zuckerbildung vor- bergeht. Im f ib r igen haben die S ~ u r e n in den P f I a n z e n v e r m u t l i c h b e s o n d e r e A u f g a b e n zu e r f~ i l l en ; n a e h B e d a r f k S n n e n sie i n A u f b a u - oder A b b a u v o r g ~ i n g e h i n e i n g e z o g e n werden , wie sie a u e h l e i c h t a l s N e b e n p r o d u k t e des A u f b a u e s o d e r A b b a u e s e n t s t e h e n .

Dureh die Annahme, da$ Glykolaldehyd bei den chemisehen Vorgangen in den Pflanzen, vor a11em bel der Kohlenhydratbildung, sowohl aus Kohlensaure wie aus den organischen Pflanzens~iuren, das wesentlichste Zwisehenprodukt ist, lassen sich somit manehe Erseheinungen befriedigender und einfaeher erkl~ren, wie durch die Formaldehydhypothese. Diese hat sieh gegenfiber der experimentellen ~achprfifung reeht sprSde verhalten, hat doch allein die Frage des Formaldehydvorkommens in den Pflanzen eine Unmenge yon Arbeit verschlungen, die keine Frfiehte gezeigt hat. Aueh die Glykolaldehydannahme wird der experimentellen Prfifung vielleieht Sehwierig- keiten bereiten, abet ich hege die ttoffnung, da$ diese Priifung wenigstens zu einer Erweiterung unserer Kenntnisse ffihrt.

Zusammenfassung der Ergebnisse:

1. Unsere tats/icblichen Kenntnisse fiber den chemischen Verlauf der Kohlen- s~ureassimilation beschr~inken sich auf das Ausgangs- und Endprodukt; die Zwischen- produkte kennen wir nicht.

2. Kohlenhydratabbau durch Atmung und G~rung und Kohlenhydrataufbau kSnnen als ~hnliehe, in verschiedener Richtung verlaufende Vorg/~nge betraehtet werden. Es ist zweckmat~ig zu versuchen, die Ergebnisse der Untersuchung der einzelnen Gebiete aufeinander anzuwenden.

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27. Band. I Fr . H i i h n , Chemie der Zellmembran. 2 1 15. Januar [914. ]

3. Die bisherigen Erkliirungen des Assimilationsvorganges sind unbefriedigend; sie haben sich der experimentellen Prfifung gegenfiber unzug~nglich gezeigt, sedag sie weder bewiesen noch widerlegt sind.

4. Die Synthese bei der Assimilation kann so erkli~rt werden, dab mit der Reduktion der KohlensKure die Bildung einer Zweikohlenstoffatomkette g l e i c h z e i t i g erfolgt, dab so als t{auptzwisehenprodukt Glykolaldehyd entsteht und hieraus (oder seinem Isomeren) dureh Kondensation Zucker und andere Pflanzenstoffe werden.

5. Die Annahme, dab Glykolaldehyd das wesentlichste Zwischenprodukt des Zuckeraufbaues ist, steht mit den uns bekannten Tatsaehen besser im Einklang als die Formaldebydhypothese. Es gilt dies ffir den Zuekeraufbau sowohl aus Kohlen- si~ure wie aus Pflanzens£uren.

6. Die Glykolaldebydannahme bedarf noch des Beweises.

Die Chemie der pflanzlichen Zellmembran. Eine historisch-kritische Betrachtung.

Von

Ft . Hiihn in Osnabriick.

Wi~brend noch Ende der 80-er Jahre des vorigen Jahrhunderts yon R. ReiB dariiber geklagt wurde, dab das Gebiet der Cellulose in der Chemieals ein sehr ver- nachliissigtes bezeichnet werden mfisse, ist die Literatur der Cellulosechemie gegenwfirtig derartig angeschwollen, dab ihr eingehendes Studium und ein aufmerksames Verfolgen der neu hinzukommendea VerSffentlichungen n5tig ist, um fiber die versehiedenen, oft einander ganz entgegengesetzten Ansichten, die auf diesem Gebiete vertreten werden, auf dem Laufenden zu bleiben.

Es ist deshalb vielleicht nicht unangebracht, den Lesern dieser Zeitschrift einen kurzen Uberblick fiber die Theorien der Cellulosechemie zu vermitteln. Gerade in der dem Altmeister J. K Snig gewidmeten Nummer dieser Zeitschrift einen die Chemie der pflanzlichen Zellmembran behandelnden Aufsatz zu br~ngen, erseheint um so mehr als Ehrenpflicht, als J. K Sn ig in der Reihe jener Forscher, denen wit Aufkl~rung und Erfolge auf diesem so sehwierigen Gebiet der Pfianzenehemie verdanken, mit an erster Stelle steht.

Die Cellulose wurde 1844 vou P a y e n Ms eine der Sffirke isomere Substanz yon der Zusammensetzung (C6HloO~)n erkannt, nachdem B r a c o n n o t bereits 18t9 entdeckt hatte, dab bei der Itydrolyse dieser Substanz Glykose entsteht, und nach- dem H. v. Mo h l im Jahre 1840 seine Beobachtungen ,,Uber die blaue Fiirbung der vegetabilischen Zeltmembran durch Jod" verSffentlicht hatte. Die P a yen 'sche An- sicht wurde durch Untersuchungen von M u l d e r gestiitzt, der zu dem Ergebnis gelangte, dab die Membranen aller ]ugendliehen Pflanzenorgane aus Cellulose in nahezu reinem Zustande bestehen. Auch H. v. Mohl sehlieBt sich in seinem 1847 erschienenen Au~satze ,,Bildet die Cellulose die Grundlagen s~mtlicher vegetabilisehen Membranen?" der Payen 'schen Einheitstheorie an, indem er dieienigen F~lle, in welchen die Blaufi~rbung der Cellulose durch Jod und Sehwefelsi~ure erschwert