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| Der Internist 11·99 M 336 M. Broglie Der Behandlungsvertrag im Rahmen des Patientenrechts Das Thema ist insofern von besonderem Interesse, weil es kein Patientenrecht im Sinne eines eigenständigen Rechts- gebietes gibt. Das Arztrecht ist, im Gegensatz hierzu, als eigenständiges Rechtsgebiet anerkannt, auch wenn es sich zu einem großen Teil aus Vor- schriften anderer Rechtsgebiete zusam- mensetzt. Der Gesetzgeber ist aber gerade damit befaßt, die Patientenrechte im SGB V mit der nächsten Gesundheits- reform zu kodifizieren. Auf das Arztrecht finden beispielsweise die Vorschriften des Bürgerlichen Ge- setzbuches, des Strafgesetzbuches, des Sozialgesetzbuches V Anwendung. Ge- prägt wird das Arztrecht aber durch spezifische Vorschriften, wie z.B. die Landeskammergesetze, die Zulassungs- vorschriften oder das untergesetzliche Vertragsrecht. Dem gegenüber bestimmt sich das Patientenrecht im Sinne einer Gesamt- heit aller Rechte der Patienten ab- schließend aus Bestandteilen bereits vorgegebener Regelungsmaterien. Das Patientenrecht setzt sich zusammen aus Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, beispielsweise des Vertrags- rechts, des Strafrechts, ich denke hier an die Vorschriften über die Körper- verletzung und die Verletzung der Ver- traulichkeit des Wortes oder des Sozi- alrechts; hier fällt einem sofort der Re- gelungsbereich der Ansprüche des Pa- tienten gegen seine gesetzliche Kran- kenversicherung ein. Soweit Rechte des Patienten in Anspruch genommen werden, sind sie fast immer Bestandteil von Regelungen, die nicht primär zur Regelung der Rechtsmaterie „Patien- tenrecht“ gedacht sind. Dem entspre- chend muss man feststellen, dass es kein Patientenrecht gibt. Vielmehr gibt es nur einzelne Rechte, die aus einem Behandlungsvertrag oder besser ge- sagt einem Behandlungsverhältnis re- sultieren. Welche Rechtsnatur hat nun der Behandlungsvertrag? Im Grundsatz ist es ein privatrechtli- ches Rechtsverhältnis. Das gilt selbst dann, wenn es sich nicht um einen Selbstzahler, sondern um einen Kassen- patienten handelt. Beim Kassenpatien- ten sind zwar die versicherungsrechtli- chen Ansprüche gegenüber der Kran- kenkasse ebenso wie die Beziehungen zwischen Leistungserbringern, Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen öffentlich rechtlich geregelt. Das betrifft insbesondere auch den Vergütungsan- spruch der Behandlungsseite, welcher nicht direkt gegenüber dem Kassenpa- tienten besteht, sondern bei Behand- lung durch den Vertragsarzt gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Ver- einigung und bei stationärer Behand- lung im Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse. Streitigkeiten in diesen öffentlich rechtlich zu qualifizierenden Beziehungen gehören deshalb vor die Sozialgerichte. Auch hinsichtlich der Zuzahlungspflicht des Krankenhauspa- tienten gemäß § 39 Abs. 4 SGB V besteht keine direkte Vergütungspflicht zwi- schen diesem und dem Krankenhaus- träger. In diesem Fall erfolgt die Zah- lung zwar zu Händen des Krankenhau- ses. Dieses ist jedoch lediglich Zahlstel- le und hat den Betrag an den eigentli- chen Gläubiger, die Krankenkasse wei- terzuleiten. Das alles ändert nichts daran, dass auch beim Kassenpatienten die unmittelbare Behandlungsbezie- hung rein privatrechtlicher Natur ist. Dies wird noch unterstrichen durch die Regelung des § 76 Abs. 4 SGB V, mit dem auch der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hat, dass die Pflicht zur sorg- fältigen Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten „nach den Vor- schriften des bürgerlichen Vertrags- rechts“ zu erfolgen hat. Für die als pri- vatrechtlich erkannte Natur des Be- handlungsverhältnisses ist es im übri- gen unerheblich, ob die Behandlungs- seite – also beispielsweise der Träger ei- nes in Anspruch genommenen Kran- kenhauses – öffentlich rechtlich organi- siert ist. Bei der näheren Qualifizierung des Behandlungsvertrages legt sich die Rechtsprechung nicht eindeutig fest. Überwiegend ist aber von einem Dienstvertrag auszugehen, der im Falle stationärer Unterbringung durch Ele- mente des Miet-, Beherbergungs-, Kauf- und Werkvertrages ergänzt wird. Diese Elemente verändern aber den grund- sätzlich zivilrechtlichen Charakter des Rechtsverhältnisses in aller Regel nicht. Die exakte Einordnung des Be- handlungsverhältnisses mit seinen arztrechtlichen Besonderheiten in die vom bürgerlichen Recht vorgegebenen Vertragsformen kann Schwierigkeiten bereiten. Die spezifische Besonderheit des ärzt- lichen Behandlungsvertrages ergibt sich daraus, dass einerseits kein Erfolg zu- gesichert ist, andererseits aber der Pati- ent im Falle einer Erfüllung entgegen den Regeln der ärztlichen Kunst einen Schadensersatzanspruch haben soll. Hierauf werde ich später noch zurück- kommen. Im einfachsten Fall kommt zwi- schen Patient und Arzt ein privatrecht- liches Behandlungsverhältnis in der Form des Dienstvertrages gemäß §§ 611ff. BGB zustande. Der privat liqui- dierende Arzt und sein Patient schlie- ßen einen schuldrechtlichen Vertrag ab. Auch der Kassenpatient schließt mit dem Vertragsarzt einen privatrecht- lichen Behandlungsvertrag ab. Kraft dieses Vertrages hat er die gleichen Rechte wie ein Privatpatient. Diese Gleichbehandlung auf der Ebene des Zivilrechts wird durch ein kompli-

Der Behandlungsvertrag im Rahmen des Patientenrechts

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Page 1: Der Behandlungsvertrag im Rahmen des Patientenrechts

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M. Broglie

Der Behandlungsvertrag im Rahmendes Patientenrechts

Das Thema ist insofern von besonderemInteresse, weil es kein Patientenrechtim Sinne eines eigenständigen Rechts-gebietes gibt. Das Arztrecht ist, imGegensatz hierzu, als eigenständigesRechtsgebiet anerkannt, auch wennes sich zu einem großen Teil aus Vor-schriften anderer Rechtsgebiete zusam-mensetzt. Der Gesetzgeber ist abergerade damit befaßt, die Patientenrechteim SGB V mit der nächsten Gesundheits-reform zu kodifizieren.

Auf das Arztrecht finden beispielsweisedie Vorschriften des Bürgerlichen Ge-setzbuches, des Strafgesetzbuches, desSozialgesetzbuches V Anwendung. Ge-prägt wird das Arztrecht aber durchspezifische Vorschriften, wie z.B. dieLandeskammergesetze, die Zulassungs-vorschriften oder das untergesetzlicheVertragsrecht.

Dem gegenüber bestimmt sich dasPatientenrecht im Sinne einer Gesamt-heit aller Rechte der Patienten ab-schließend aus Bestandteilen bereitsvorgegebener Regelungsmaterien. DasPatientenrecht setzt sich zusammenaus Vorschriften des BürgerlichenRechts, beispielsweise des Vertrags-rechts, des Strafrechts, ich denke hieran die Vorschriften über die Körper-verletzung und die Verletzung der Ver-traulichkeit des Wortes oder des Sozi-alrechts; hier fällt einem sofort der Re-gelungsbereich der Ansprüche des Pa-tienten gegen seine gesetzliche Kran-kenversicherung ein. Soweit Rechtedes Patienten in Anspruch genommenwerden, sind sie fast immer Bestandteilvon Regelungen, die nicht primär zurRegelung der Rechtsmaterie „Patien-tenrecht“ gedacht sind. Dem entspre-chend muss man feststellen, dass eskein Patientenrecht gibt. Vielmehr gibtes nur einzelne Rechte, die aus einemBehandlungsvertrag oder besser ge-sagt einem Behandlungsverhältnis re-sultieren.

Welche Rechtsnatur hat nunder Behandlungsvertrag?

Im Grundsatz ist es ein privatrechtli-ches Rechtsverhältnis. Das gilt selbstdann, wenn es sich nicht um einenSelbstzahler, sondern um einen Kassen-patienten handelt. Beim Kassenpatien-ten sind zwar die versicherungsrechtli-chen Ansprüche gegenüber der Kran-kenkasse ebenso wie die Beziehungenzwischen Leistungserbringern, Kassenund Kassenärztlichen Vereinigungenöffentlich rechtlich geregelt. Das betrifftinsbesondere auch den Vergütungsan-spruch der Behandlungsseite, welchernicht direkt gegenüber dem Kassenpa-tienten besteht, sondern bei Behand-lung durch den Vertragsarzt gegenüberder zuständigen Kassenärztlichen Ver-einigung und bei stationärer Behand-lung im Krankenhaus gegenüber derKrankenkasse. Streitigkeiten in diesenöffentlich rechtlich zu qualifizierendenBeziehungen gehören deshalb vor dieSozialgerichte. Auch hinsichtlich derZuzahlungspflicht des Krankenhauspa-tienten gemäß § 39 Abs. 4 SGB V bestehtkeine direkte Vergütungspflicht zwi-schen diesem und dem Krankenhaus-träger. In diesem Fall erfolgt die Zah-lung zwar zu Händen des Krankenhau-ses. Dieses ist jedoch lediglich Zahlstel-le und hat den Betrag an den eigentli-chen Gläubiger, die Krankenkasse wei-terzuleiten. Das alles ändert nichtsdaran, dass auch beim Kassenpatientendie unmittelbare Behandlungsbezie-hung rein privatrechtlicher Natur ist.Dies wird noch unterstrichen durch dieRegelung des § 76 Abs. 4 SGB V, mit demauch der Gesetzgeber zum Ausdruckgebracht hat, dass die Pflicht zur sorg-fältigen Behandlung der gesetzlichKrankenversicherten „nach den Vor-schriften des bürgerlichen Vertrags-rechts“ zu erfolgen hat. Für die als pri-vatrechtlich erkannte Natur des Be-handlungsverhältnisses ist es im übri-

gen unerheblich, ob die Behandlungs-seite – also beispielsweise der Träger ei-nes in Anspruch genommenen Kran-kenhauses – öffentlich rechtlich organi-siert ist.

Bei der näheren Qualifizierung desBehandlungsvertrages legt sich dieRechtsprechung nicht eindeutig fest.Überwiegend ist aber von einemDienstvertrag auszugehen, der im Fallestationärer Unterbringung durch Ele-mente des Miet-, Beherbergungs-, Kauf-und Werkvertrages ergänzt wird. DieseElemente verändern aber den grund-sätzlich zivilrechtlichen Charakter desRechtsverhältnisses in aller Regel nicht.

Die exakte Einordnung des Be-handlungsverhältnisses mit seinenarztrechtlichen Besonderheiten in dievom bürgerlichen Recht vorgegebenenVertragsformen kann Schwierigkeitenbereiten.

Die spezifische Besonderheit des ärzt-lichen Behandlungsvertrages ergibt sichdaraus, dass einerseits kein Erfolg zu-gesichert ist, andererseits aber der Pati-ent im Falle einer Erfüllung entgegenden Regeln der ärztlichen Kunst einenSchadensersatzanspruch haben soll.

Hierauf werde ich später noch zurück-kommen.

Im einfachsten Fall kommt zwi-schen Patient und Arzt ein privatrecht-liches Behandlungsverhältnis in derForm des Dienstvertrages gemäߧ§ 611ff. BGB zustande. Der privat liqui-dierende Arzt und sein Patient schlie-ßen einen schuldrechtlichen Vertrag ab.

Auch der Kassenpatient schließt mitdem Vertragsarzt einen privatrecht-lichen Behandlungsvertrag ab. Kraftdieses Vertrages hat er die gleichenRechte wie ein Privatpatient.

Diese Gleichbehandlung auf der Ebenedes Zivilrechts wird durch ein kompli-

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ziertes öffentlich rechtliches Einbet-tungssystem ermöglicht. Der Vertrags-arzt ist Mitglied der KassenärztlichenVereinigung. Die Kassenärztliche Verei-nigung schließt für den Arzt mit dem So-zialversicherungsträger einen öffentlichrechtlichen Vertrag, den sogenanntenGesamtvertrag ab, aufgrund dessen siedie Dienste ihrer Mitglieder zur Verfü-gung stellt und abrechnet. Der Kassenpa-tient schließlich ist Mitglied der öffent-lich rechtlich organisierten Krankenkas-se, die als Sozialversicherungsträger mitZwangsmitgliedschaft ausgestattet ist.

Auch beim Kassenpatienten wirdnicht die Krankenkasse, sondern der Pa-tient selbst Vertragspartner. Insbeson-dere bei der stationären Krankenhaus-pflege läßt die Rechtsprechung zwar bis-lang noch die Möglichkeit offen, in wie-weit lediglich ein Behandlungsvertragzwischen Krankenkasse und Behandler-seite, also Arzt und Krankenhaus, zu-stande kommt, welches im ZweifelSchutzwirkung im Sinne von § 328 BGBzugunsten des Patienten entfalten kann.Ursprünglich ging die Rechtsprechungdavon aus, dass es dem Sachleistungs-prinzip widerspricht, wenn der Kassen-patient wie der Privatpatient Partei desBehandlungsvertrages wird. Im Gegen-satz zum privat versicherten Patientenübernimmt die Krankenkasse ebennicht nur die finanziellen Lasten, son-dern stellt die ärztliche Versorgung ih-rer Mitglieder sicher. Das hat sich je-doch zwischenzeitlich geändert.

Heute wird man wohl die Rechtspre-chung überwiegend dahingehend deu-ten können, dass auch bei der statio-nären Krankenhauspflege der Kassen-patient Partei des Behandlungsvertra-ges wird.

Ich halte dies im übrigen auch für zu-treffend, da sich die Annahme einesgesonderten zivilrechtlichen Behand-lungsverhältnisses zwischen Kasse undBehandlungsseite kaum mit den anson-sten in diesem Verhältnis öffentlichrechtlich zu qualifizierenden Beziehun-gen in Einklang bringen läßt.

Vertragsverhältnis beiniedergelassenen Ärzten

Vergleichsweise unproblematisch ge-staltet sich das Vertragsverhältnis beiden niedergelassenen Ärzten. Vertrags-

Krankenhausträger sind. Der Kranken-hausträger verspricht gegen Leistungdes großen Pflegesatzes, der auch beiSelbstzahlern möglich ist, alle Leistun-gen, auch die ärztlichen. Soweit die Ärztenicht Organ des Krankenhausträgerssind, gelten sie als Erfüllungsgehilfen;für beide haftet die Klinik gemäß §§ 31,278 BGB. Im Belegkrankenhaus hinge-gen berechnet der Belegarzt seine Lei-stungen gesondert. Hier ist § 23 Bundes-pflegesatzverordnung einschlägig. Fürseine Leistungen und die der ihm nach-geordneten Ärzte ist der Belegarzt Ver-tragspartner, im übrigen das Belegkran-kenhaus, das dann natürlich nur denkleinen Pflegesatz berechnen darf. DerPflegesatz ist das Entgelt für die Nutzungstationärer und teilstationärer Leistun-gen. Gemäß § 11 Absatz 1 Bundespflege-satzverordnung werden mit den Fallpau-schalen die gesamten Leistungen einesKrankenhauses hinsichtlich eines be-stimmten Behandlungsfalles vergütet.Die Höhe der Fallpauschale wird anhandvon Punktwerten festgelegt.

Ambulante Behandlungim Krankenhaus

Die ambulante Krankenbehandlung imKrankenhaus führt im Regelfall dann zueinem Vertrag zwischen dem Patientenund dem Klinikträger, wenn die Ärzteals Gehilfen für den Träger einzustehenhaben. Ist allerdings einem Chefarzt dieErlaubnis erteilt worden, als Nebentätig-keit eine Ambulanz zu betreiben, beste-hen arztvertragliche Beziehungen aus-schließlich mit dem Chefarzt. Inwieweitdaneben mit dem Krankenhausträgerhinsichtlich der äußeren Gegebenheiten,also beispielsweise wegen des Zugangszur Ambulanz und der räumlichen Si-cherheit unter dem Gesichtspunkt einesVertrages mit Schutzwirkung zugunstenDritter Ansprüche bestehen können, istnoch nicht entschieden.Auch wenn mankeine unmittelbare vertragliche Bezie-hung zwischen Krankenhaus und Pati-ent in diesem Fall bejahen will, so wirdman doch zumindest einen Vertrag mitSchutzwirkung zugunsten des Patientenannehmen können, aus dem dieser eige-ne Rechte herleitet.

Selbstzahler in Krankenhäusern

Viele Krankenhäuser ermöglichen esSelbstzahlern, die persönliche Leistung

partner des Patienten wird hier derPraxisinhaber als behandelnder Arzt.Das gilt auch dann, wenn der in derPraxis vorsprechende Patient nicht denInhaber, sondern einen vertretendenKollegen, etwa den Urlaubsvertreter an-trifft. Führen mehrere niedergelasseneÄrzte gemeinsam ihre Tätigkeit aus, sokommt es für die Frage nach dem rich-tigen Vertragspartner nicht anders alsbei anderen Berufsständen auf das Er-scheinungsbild und die Art des gemein-samen Auftretens nach außen imRechtsverkehr an. Entscheidendes Merk-mal ist, ob mehrere Ärzte nicht nur inloser räumlicher Gemeinschaft, abertrotzdem getrennt, sondern nach außenals Einheit auftreten und im wesentli-chen gemeinsame Einrichtungen nut-zen. Im ersteren Fall wird Vertragspart-ner nur der konkret um Rat aufgesuch-te Arzt, im zweiten dagegen im Zweifel,also wenn die Parteien nichts anderesvereinbaren, sämtliche an der Gemein-schaft beteiligten Ärzte mit der Folgeeiner gesamtschuldnerischen vertragli-chen Haftung. Ob die eine oder die an-dere Erscheinungsform vorliegt, beur-teilt sich nach dem Gesamterschei-nungsbild des Auftretens im Rechtsver-kehr. Hierbei kann neben der Tatsache,dass es sich etwa um Ärzte gleicheroder zumindest artverwandter Fachge-biete handelt, auch die Verwendung ge-meinsamer Briefbögen, Stempel etc. fürdas Vorliegen einer echten Gemein-schaftspraxis sprechen. Entsprechendden Grundsätzen zur Sozietätsbildungbei anderen Berufsständen kann auchunter Umständen bei der ärztlichen Ge-meinschaftspraxis bei länger andau-ernder ärztlicher Betreuung des Patien-ten ein erst nach begonnener Behand-lung neu in die Praxis hinzutretendesärztliches Mitglied für Fehler vertrag-lich einzustehen haben, die im Rahmender gleichen, fortgesetzten Behandlung,aber vor seinem Beitritt verursachtwurden. Dies ist von besonderer Bedeu-tung für die Inanspruchnahme vonÄrzten im Rahmen der Arzthaftung.

Stationäre Behandlung

Die stationäre Behandlung im Kranken-haus ist durch das Krankenhausgesetzund die Bundespflegesatzverordnunggeregelt worden. Regelfall ist danach dersogenannte totale Krankenhausvertrag,dessen alleinige Parteien Patient und

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eines bestimmten Chefarztes oder sei-ner nachgeordneten Ärzte vertraglichzu vereinbaren. Dieses Angebot wirdvom Krankenhaus bzw. vom erstbehan-delnden Chefarzt zugleich im Namenaller liquidationsberechtigten Ärzteunterbreitet. Macht der Patient hiervonGebrauch, so kommt ein Vertrag mitden leitenden Ärzten der verschiede-nen Sparten zustande. Jedem Arzt stehtdann der Vergütungsanspruch aus eige-nem Recht originär zu. Das Angebotdes Krankenhauses wird regelmäßigdarin bestehen, die wahlärztlichen Lei-stungen gemäß § 22 Bundespflegesatz-verordnung anzubieten. Diese Möglich-keit ist gesetzlich vorgegeben und bietetdem Patienten zwei Schuldner, nämlichsowohl den Chefarzt als auch den Kran-kenhausträger. Es handelt sich um densogenannten Arzt-Zusatzvertrag. Die-ser stellt in der Praxis den Regelfall dar.

Gespaltener Klinikvertrag

An Stelle des totalen Krankenhausver-trages mit Wahlleistungen kann auchein sogenannter gespaltener Klinikver-trag abgeschlossen werden. In diesemRahmen schuldet das Krankenhaus nurdie pflegerischen und untergeordnetenmedizinischen Tätigkeiten. Der Arzt istdann nicht Gehilfe des Krankenhauses,sondern ausschließlicher Vertragspart-ner für seinen Bereich.Auf die Spaltungdes Vertragsverhältnisses und die dar-aus folgende Alleinhaftung des Arztesmuss der Patient aufmerksam gemachtwerden, wenn sie wirksam sein soll.An-dernfalls kann sich der Klinikträgernach Treu und Glauben nicht auf dieSpaltung berufen.

Der Unterschied der drei Vertrags-typen wird bedeutend beim Einstehenmüssen für Gehilfen. Beim totalenKrankenhausaufnahmevertrag, auchmit Arzt-Zusatz-Vertrag, bleiben dieÄrzte Vertreter, Erfüllungs- oder Ver-richtungshilfen der Klinik. Einschlägigsind die §§ 31, 89, 278, 831 BGB. DerChefarzt ist regelmäßig berufener Ver-treter des Krankenhauses, welcher immedizinischen Bereich weisungsfrei ist.Für ihn haftet die Klinik zwingend,ebenso für die Gehilfen bei der Ver-tragserfüllung. Bei der außervertragli-chen Haftung kann sich die Klinikdurch den Nachweis entlasten, dass siebei der Auswahl und Überwachung desArztes ihren Pflichten nachgekommen

fältigen spezifisch arztrechtlichen Be-sonderheiten in die Rechtsnormen desBGB zum Teil erhebliche Schwierigkei-ten bereitet, geht die Rechtsprechungim Regelfall von einer Haftung nachden Grundsätzen der positiven Ver-tragsverletzung eines nicht näher quali-fizierten Behandlungsvertrages aus.Nähere Details über Vertragsformenund Ausformung der Anspruchsgrund-lage lassen sich den einschlägigen Ent-scheidungen meist nicht entnehmen. Esdürfte aber auch einhellige Meinungsein, dass es für die Praxis der Arzthaf-tung letztlich auf diese dogmatischeFrage nicht entscheidend ankommt.

Die Begründung der Haftung folgt demvertraglichen Rahmen im wesentlichenden Vorgaben im deliktischen Bereich.

Unterschiede ergeben sich allenfalls beiden Verjährungsfristen, die im Regelfallbei positiver Vertragsverletzung 30 Jah-re betragen. Schmerzensgeld wird nurbei deliktischer Haftung und im Rah-men des § 844 BGB gezahlt. Speziellevertragliche Rechtsbehelfe, wie sie dasBGB bei Schlechterfüllung von Lei-stungspflichten vorsieht, spielen so gutwie keine Rolle. Lediglich für die Fälle,in denen die Behandlungsseite in ersterLinie Herstellung und Lieferung vonSachen schuldet, wird die Anwendungwerkvertraglicher Regeln in Betrachtgezogen. So stuft die RechtsprechungZahnarztverträge, welche prothetischeLeistungen beinhalten, zwar als Dienst-verträge ein, wendet jedoch in demjeni-gen Vertragssegment, in dem keineHeilbehandlung erfolgt, es sich viel-mehr nur um die technische Anferti-gung und deren nicht durch Befindlich-keiten des Patienten beeinflusste Män-gel handelt, Gewährleistungsrecht desWerkvertrages, also §§ 633ff. BGB an.

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Es stellt sich die Frage, ob die Haftungs-verteilung oder andere Details des Be-handlungsvertrages bzw. der hieran an-knüpfenden Rechtsfolgen durch all-gemeine Geschäftsbedingungen abge-wandelt werden können. AllgemeineGeschäftsbedingungen sind alle für ei-ne Vielzahl von Verträgen vorformu-lierten Vertragsbedingungen, die voneiner Vertragspartei, also dem Verwen-der der anderen Vertragsspartei, also

ist. Anders sieht es beim gespaltenenKrankenhausvertrag aus, bei dem derVertragspartner selbst und für die ihmzuzuordnenden Gehilfen ausschließlichhaftet. Außerdem spielt die Einordnungbei der Beamtenhaftung eine Rolle. Be-amtete Chefärzte haften nach §§ 839,Absatz 1, Satz 2 BGB nur subsidiär, dasheißt nur, wenn keine anderweitige Er-satzmöglichkeit besteht. Diese ist abergerade gegeben, wenn es sich um einenArzt-Zusatz-Vertrag handelt, da dieHaftung des öffentlich rechtlichen Kli-nikträgers bestehen bleibt.

Vertraglicher Haftungsumfang

Nachdem ich nun in groben Zügen dieStrukturen des Behandlungsvertragesdargestellt habe, will ich als nächstesauf die Frage des vertraglichen Haf-tungsumfanges eingehen.

Schutzgüter und Haftungsumfangfolgen in der Arzthaftpflicht im wesent-lichen den allgemeinen Regeln. Eine ge-wisse Besonderheit ergibt sich aller-dings aus der zentralen Ausrichtungdes Vertrages auf den Heilerfolg. Ge-schützt ist damit in erster Linie die kör-perliche Integrität des Patienten. Dasgilt auch, soweit Dritte, z.B. Eltern im ei-genen Namen für ihr Kind einen Be-handlungsvertrag abgeschlossen ha-ben. In diesen Fällen sind der Geltend-machung eigener Schäden des Ver-tragspartners Grenzen gesetzt. Grund-sätzlich ist die Einstandspflicht des Arz-tes auf den Schaden des Patientenbeschränkt, erstreckt sich aber nichtauf Vermögensnachteile seines Ver-tragspartners. Im Wege der Vertrags-auslegung hat die Rechtsprechung dortAusnahmen zugelassen, wo Eltern be-rechtigt sein sollen, den vom Arzt ver-schuldeten Mehraufwand an Pflege undVersorgung des durch die Behandlunggeschädigten Kindes geltend zu ma-chen. Das gilt zumindest soweit derKinderschaden sich für sie als vermehr-ter Pflegeaufwand niederschlägt. Eshandelt sich dabei in der Sache um ei-nen eigenen, nur verlagerten Schadendes Kindes. Vertraglich können aller-dings auch Schutzgüter Dritter einbe-zogen sein, wenn der mit dem Patientengeschlossene Vertrag ersichtlich auf de-ren Schutz angelegt ist. Dies dürfte al-lerdings die Ausnahme sein.

Da die exakte Einordnung des Be-handlungsverhältnisses mit seinen viel-

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dem Patienten, bei Abschluß eines Ver-trages gestellt werden. Allgemeine Ge-schäftsbedingungen liegen nicht vor,soweit die Vertragsbedingungen zwi-schen den Vertragsparteien im Einzel-fall ausgehandelt wurden.

Allgemeine Geschäftsbedingungen eineszivilrechtlich zu beurteilenden Behand-lungsverhältnisses unterliegen regel-mäßig der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz.

Sie sind allerdings bei der Behandlungdurch niedergelassene Ärzte selten.Wenn allgemeine Geschäftsbedingun-gen verwendet werden, beinhalten die-se meist Klauseln über spezielle Hono-rarvereinbarungen. Hier steht sicher-lich die Besorgnis im Raum, dass derArzt sich durch Verwendung allgemei-ner Geschäftsbedingungen standeswid-rig verhalten könnte.

Allgemeine Aufnahme-und Vertragsbedingungen

Gängig sind dagegen allgemeine Auf-nahme- und Vertragsbedingungen beider stationären Krankenhausbehand-lung. Insoweit will ich nur auf das Mu-ster allgemeiner Vertragsbedingungenfür Krankenhausbehandlung der Deut-schen Krankenhausgesellschaft, die so-genannten AVB, verweisen. Die Verwen-dung von allgemeinen Geschäftsbedin-gungen bei Honorarvereinbarungenverstößt im Regelfall gegen § 2 der Ge-bührenordnung für Ärzte. Zwar kanngemäß § 2 Absatz 1 durch Vereinbarungeine von der Gebührenordnung abwei-chende Gebührenhöhe festgelegt wer-den. Für die Bemessung der Gebührenim Zusammenhang mit Schwanger-schaftsabbrüchen bestehen allerdingsspezielle Regelungen, die im Regelfalldie Verwendung von allgemeinen Ge-schäftsbedingungen ausschließen. Auchist die Vereinbarung einer abweichen-den Punktzahl, egal ob in AGB’s oder imEinzelfall unzulässig. Ebenso dürfenNotfall- und akute Schmerzbehandlungnicht von einer gesonderten Honorar-vereinbarung abhängig gemacht wer-den. Gemäß § 2 Abs. 2 Gebührenord-nung für Ärzte ist eine Honorarverein-barung auch nur nach persönlicher Ab-sprache im Einzelfall zwischen Arztund Zahlungspflichtigem vor Erbrin-gung der Leistung in einem Schrift-

auch insoweit, die Krankenhausaufnah-mebedingungen sehr genau zu lesen.Insbesondere fehlt es manchen Auf-nahmebedingungen an Allgemeinver-ständlichkeit, so dass die Unklarheiten-regel des § 5 AGB greift, nach der Zwei-fel bei der Auslegung allgemeiner Ge-schäftsbedingungen zu Lasten des Ver-wenders der AGB gehen.

Formularmäßige Aufklärung

Ein weiteres Problem stellt die Aufklä-rung durch Überlassen vorgedruckterAufklärungsformulare dar. Ich will andieser Stelle nicht auf die Einzelheitender Aufklärung eingehen, da dies alleinein abendfüllendes Thema ist. Es musszumindest darauf hingewiesen werden,dass der Patient ein subjektives Rechtauf ein Aufklärungsgespräch durch denArzt hat, der den Eingriff auch vor-nimmt. Eine bloße Formularaufklärungohne Aufklärungsgespräch ist regelmä-ßig nicht ausreichend. Es fehlt deshalbbei dem anschließenden Eingriff regel-mäßig an einer wirksamen Einwilli-gung des Patienten, so dass die vomArzt vorgenommene Körperverletzungauch rechtswidrig ist.

Die formularmäßige Aufklärung istaber nicht zu verwechseln mit derDokumentation einer erfolgten Auf-klärung.

Da der Arzt im Zweifel den Nachweisder Aufklärung zu führen hat, wird erregelmäßig versuchen, sich vom Pati-enten eine schriftliche Bestätigungdarüber zu beschaffen, dass ein Auf-klärungsgespräch stattgefunden hat.Der Arzt kann seine Position in einemeventuellen Haftungsfall verbessern,wenn er auch schriftlich den Inhalt desAufklärungsgesprächs belegen kann.Er kann dies einerseits dadurch errei-chen, dass er eine entsprechende Auf-klärungsübung vorträgt, der auch ineinem Prozeß wesentliche Indizwir-kung zukommt. Dies kann dadurch ge-schehen, dass er sich bei dem Aufklä-rungsgespräch an eine vorformulierteStichwortliste hält, die er gemeinsammit dem Patienten durchspricht. Wirdder Vordruck vom Patienten unter-schrieben, spricht der erste Anscheindafür, dass die ausgewiesenen Risi-ken auch Gegenstand des Gesprächswaren.

stück zu treffen. Dieses muss neben derNummer und der Bezeichnung der Lei-stung, dem Steigerungssatz und demvereinbarten Betrag auch die Feststel-lung enthalten, dass eine Erstattung derVergütung durch Erstattungsstellenmöglicherweise nicht in vollem Um-fang gewährleistet ist. Die Erklärungdarf auch keine weiteren Vereinbarun-gen enthalten. Außerdem hat der Arztdem Zahlungspflichtigen, der ja im Re-gelfall der Patient ist, einen Abdruckder Vereinbarung auszuhändigen. Wei-tere Einschränkungen ergeben sichfür bestimmte Leistungskomplexe, bei-spielsweise physikalisch-medizinischeLeistungen, Laboratoriumsuntersuchun-gen des Abschnitts M der Gebühren-ordnung und für die Strahlendiagno-stik gemäß Abschnitt O der Gebühren-ordnung.

Kliniken benutzen regelmäßig Auf-nahmebedingungen, welche die typi-schen Fragen des Aufnahmevertrageseinheitlich regeln. Obwohl das Ver-tragswerk beim Bundeskartellamt alsKonditionenempfehlung angemeldetworden ist, weist es deutlich defensivenCharakter auf. Der haftungsbegrenzen-de Charakter ist eindeutig erkennbar.

Das Gesetz zur Regelung des Rechts derallgemeinen Geschäftsbedingungen fin-det auf die Krankenhausaufnahme-bedingungen gleichwohl Anwendung.Danach sind unangemessene und denPatienten benachteiligende Klauselnunwirksam.

Die Rechtsprechung hat frühere AVBfür unwirksam gehalten, etwa die rück-wirkende Erhöhung der Pflegesätzeoder die Freistellung von der Haftungbei Entlassung gegen ärztlichen Rat.Die jetzt vorgesehene Haftungsbe-schränkung auf Vorsatz und grobeFahrlässigkeit sowie der Verlust vonHaftungsansprüchen, wenn sie nichtinnerhalb von 3 Monaten bei der Ver-waltung geltend gemacht werden, dürftefür manchen Patienten ebenfalls über-raschend sein. Es wäre deshalb durch-aus denkbar, dass Patienten sich auchhier auf die Unwirksamkeit berufenkönnen. Manche Krankenhäuser neh-men noch andere Haftungsausschluß-klauseln in die Aufnahmebedingungenmit auf oder erlauben die innere Lei-chenschau, wenn ein wissenschaftlichesInteresse besteht. Es empfiehlt sich

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Das Einwilligungsformular ist einIndiz für das Aufklärungsgespräch. Esbeweist für sich allein noch nicht denInhalt des Gesprächs oder dass der Pa-tienten die Aufklärung verstanden hat.

Klinikaufnahmebedingungen

Abreden in Klinikaufnahmebedingun-gen über die Sektion unterfallen eben-falls dem AGB-Gesetz. Dafür, dass dieKlauseln wirksam sind, ist es auch hiernotwendig, dass die Klauseln nicht über-raschend oder unangemessen sind. DerPatient und später auch dessen Angehöri-ge sind deshalb zwingend auf die Klauselhinzuweisen.Damit es sich nicht um einefingierte Erklärung nach § 10, Ziffer 5AGB-Gesetz handelt, muss vor der Sekti-on, auch wenn der Patient einverstandenwar, zusätzlich dem Angehörigen eineangemessene Frist zur Abgabe einer aus-drücklichen Erklärung eingeräumt sein

Der Bundesgerichtshof hat in einemFall eine Sektionsklausel der Universi-tät Mainz für eine nach Treu undGlauben angemessene Vereinbarungangesehen. Dabei hat er die abstrak-ten Interessen der nächsten Angehöri-gen am fortwirkenden Persönlich-keitsrecht und der Wissenschaft ein-ander gegenübergestellt. Allerdingskonnte der BGH wegen einiger Be-sonderheiten des zugrundeliegendenSachverhaltes nicht prüfen, ob es sichauch um eine überraschende Klauselhandelt.

RechtsanwaltMax BroglieHauptgeschäftsführerBerufsverband Deutscher InternistenSchöne Aussicht 5D-65193 Wiesbaden

und der Angehörige ist bei Beginn derFrist auf die Bedeutung seines Verhal-tens besonders hinzuweisen. Nimmtman diese Voraussetzung ernst, so istdurch eine Sektionsklausel in den Auf-nahmebedingungen der Klinik nicht vielfür eine Sektion gewonnen. Der vomAGB-Gesetz gewollte Aufmerksamkeits-druck vermag für die nächsten Angehöri-gen bisweilen schwer zu ertragen sein, erist jedoch wegen des Gesetztes und sei-nes Zweckes hinzunehmen. In der Lite-ratur zum AGB-Gesetz werden deshalb„Widerspruchsklauseln“ regelmäßig ver-worfen. Zustimmungsklauseln werdenunterschiedlich beurteilt, teilweise aberebenso kritisch abgelehnt.

Wenn schon eine Sektionsklausel inKlinikaufnahmebedingungen auftaucht,sollte sie nicht versteckt oder an späte-rer Stelle erscheinen, sondern deutlichhervorgehoben werden.

M. Broglie

Was darf der Chefarzt im Rahmender Werbung machen?

Das Berufsrecht untersagt dem Arzt,für sich zu werben und sich anzupreisen.In der Musterberufsordnung istdie Frage folgendermaßen geregelt:

§ 27 MusterBO:Der Arzt darf für seine berufliche Tätigkeit

oder die berufliche Tätigkeit anderer Ärzte

nicht werben. Sachliche Informationen

sind in Form, Inhalt und Umfang gemäß den

Grundsätzen des Kapitels D Nrn. 1–6

zulässig.

Der Arzt darf eine ihm verbotene Werbung

durch andere weder veranlassen noch

dulden. Das gilt auch für die anpreisende

Herausstellung von Ärzten in Ankündi-

gungen von Sanatorien,Kliniken, Institutionen

oder anderen Unternehmen. Der Arzt darf

nicht dulden, dass Berichte oder Bildberichte

mit werbender Herausstellung seiner ärzt-

lichen Tätigkeit unter Verwendung

seines Namens, Bildes oder seiner Anschrift

veröffentlicht werden.

§ 28 MusterBO:Veröffentlichungen medizinischen Inhalts

oder die Mitwirkung des Arztes an auf-

klärenden Veröffentlichungen in den Medien

sind zulässig, soweit die Veröffentlichung

und die Mitwirkung des Arztes auf sachliche

Information begrenzt und die Person sowie

das Handeln des Arztes nicht werbend

herausgestellt werden. Dies gilt auch für

öffentliche Vorträge medizinischen Inhalts.

Zurückhaltung und Unaufdringlichkeitsollen den ärztlichen Dienst kennzeich-nen. Andererseits müssen auch die ver-änderten und neuartigen Rahmenbe-dingungen berücksichtigt werden, un-ter denen viele ärztliche Tätigkeiten er-folgen. Insbesondere das Publikums-interesse in einer durch verdichteteKommunikation geprägten Gesellschaftverlangt nach Hinweisen und Auf-schlüssen. In einem sich verschärfen-den Wettbewerb um Patienten gewinnt

das Interesse an sachdienlichen Infor-mationen zusätzlich an Gewicht. Daserfordert die Transparenz der Lei-stungsangebote, vor allem bei hochspe-zialisierten und kostenintensiven Dien-sten, wie sie in modernen Krankenhäu-sern angeboten werden. Man könnte sa-gen, der betriebswirtschaftliche Auf-wand und der innovative Antrieb desSpezialisten drängen an die Öffentlich-keit, um zu einer vorhandenen Nach-frage zu finden. Ein striktes Werbever-bot, welches auch sachdienliche Infor-mation unterbindet, trifft ärztliche An-bieter wie Patienten gleichermaßenempfindlich und stört das Fortschrei-ten der Medizin. Die beginnende Ab-schwächung des berufsrechtlichen Wer-beverbotes für Ärzte und die Vielzahlder Richtersprüche zu diesem Themawerfen deshalb ein bezeichnendes Lichtauf den Wandel des ärztlichen Selbst-verständnisses.