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Copyright © LichtBlick SE 1 1. Einleitung Damit der Strom für den Endkunden ständig verfügbar aus der Steckdose kommen kann, muss eine ganze Branche arbeiten: Die so genannten Erzeuger sorgen dafür, dass Strom aus Brennstoffträgern oder regenerativen Energien erzeugt wird. Die Händler sorgen dafür, dass der Strom von den Kraftwerken gekauft und weiter verkauft wird und Marktpreise für den Strom existieren. Die Lieferanten bilden die Schnittstelle zwischen den Händlern und den Kunden, indem sie Strom zu einem individuellen Produkt machen und an die Endkunden verkaufen. Die Netzbetreiber sorgen dafür, dass der Strom physikalisch vom Erzeuger zum Verbraucher kommt. Sie betreiben die Stromnetze, über die der Strom zum Kunden transportiert wird. Die Strombranche unterscheidet zwischen Grünem Strom ('Öko-Strom') und Grauem Strom. 'Grüner Strom' stammt aus erneuerbaren Energien. 'Grauer Strom' wird aus fossilen oder nuklearen Brenn- stoffträgern gewonnen. Grüner Strom und Grauer Strom unterscheiden sich folglich im Hinblick auf ihre Erzeugung und den damit verbundenen Umweltauswirkungen und Risiken. Die Verteilung, der Handel und der Vertrieb funktionieren hingegen für die ganze Branche nach den gleichen Prinzipien, egal ob Grüner oder Grauer Strom.

Der deutsche Strommarkt. Stromerzeugung, Stromverteilung, Strombeschaffung

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Page 1: Der deutsche Strommarkt. Stromerzeugung, Stromverteilung, Strombeschaffung

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1. Einleitung

Damit der Strom für den Endkunden ständig verfügbar aus der Steckdose kommen kann, muss eine ganze Branche arbeiten:

– Die so genannten Erzeuger sorgen dafür, dass Strom aus Brennstoffträgern oder regenerativenEnergien erzeugt wird.

– Die Händler sorgen dafür, dass der Strom von den Kraftwerken gekauft und weiter verkauft wirdund Marktpreise für den Strom existieren.

– Die Lieferanten bilden die Schnittstelle zwischen den Händlern und den Kunden, indem sieStrom zu einem individuellen Produkt machen und an die Endkunden verkaufen.

– Die Netzbetreiber sorgen dafür, dass der Strom physikalisch vom Erzeuger zum Verbraucherkommt. Sie betreiben die Stromnetze, über die der Strom zum Kunden transportiert wird.

Die Strombranche unterscheidet zwischen Grünem Strom ('Öko-Strom') und Grauem Strom. 'Grüner Strom' stammt aus erneuerbaren Energien. 'Grauer Strom' wird aus fossilen oder nuklearen Brenn-stoffträgern gewonnen. Grüner Strom und Grauer Strom unterscheiden sich folglich im Hinblick auf ihre Erzeugung und den damit verbundenen Umweltauswirkungen und Risiken. Die Verteilung, der Handel und der Vertrieb funktionieren hingegen für die ganze Branche nach den gleichen Prinzipien, egal ob Grüner oder Grauer Strom.

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Kapitel 2 Seite2. Stromerzeugung

2.1 Energieträger und Kraftwerkstypen

2.2 Strukturen des Strommarktes

2.3 Energieszenarien

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2. Stromerzeugung

Strom lässt sich auf unterschiedliche Art und Weise erzeugen:

– konventionell aus fossiler, nicht-erneuerbarer Energie (Erdöl, Erdgas, Braun- und Steinkohle)

– aus nuklearer Energie (Uran)

– regenerativ aus erneuerbaren Energien (Sonne, Wind- oder Wasserkraft, Biomasse, Geothermie)

Die Kraftwerke unterscheiden sich neben den verwendeten Energieträgern durch Wirkungsgrad, Er-zeugungskosten, Umweltbelastungen, Risiken und Zuverlässigkeit in der Bereitstellung.

Energieträger & Kraftwerkstypen

UranErdöl, Erdgas, Torf Braun- und Steinkohle

fossile Energieträger nukleare Energie regenerative Energien

Sonne, Wind-und Wasserkraft, Geothermie, Biomasse

BiomassekraftwerkSolarkraftwerk

Kohlekraftwerk AtomkraftwerkWasserkraftwerk

Windkraftanlage

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2.1 Energieträger und Kraftwerkstypen

Fossile Energieträger und nukleare Energie sind nur begrenzt verfügbar. Teilt man die Menge an be-kannten oder vermuteten Vorräten durch den gegenwärtigen jährlichen Brennstoffverbrauch aller Kraftwerke weltweit, so erhält man im Ergebnis eine Jahreszahl, die in der Fachliteratur als statische Reichweite bezeichnet wird. Sie gibt an, nach wie vielen Jahren die zugrunde gelegte Menge an Vor-räten erschöpft wäre, wenn der jährliche Verbrauch auf dem gegenwärtigen Niveau fortgeführt wird. In derartigen Berechnungen wird zwischen Reserven und Ressourcen unterschieden. Als Reserven bezeichnet man die gesicherten Funde, die wirtschaftlich abzubauen sind. Als Ressourcen bezeich-net man die vermutete Menge weiterer Vorkommen, die noch nicht erschlossen sind bzw. sich derzeit nicht wirtschaftlich erschließen lassen.

Die für Erdöl und Erdgas gemachte Unterscheidung zwischen konventionell und nicht-konventionell bezieht sich auf die Fördermethoden. Diese sind konventionell, wenn sie heutigen technischen Bedin-gungen entsprechen, und nicht-konventionell, wenn sie heute noch unüblich sind (z. B. die Gewinnung von Öl aus Ölsand oder Ölschiefer).

Die statische Reichweite unserer Energieträger ist begrenzt. Unter Berücksichtigung der zu erwarten-den weltweiten Verbrauchszunahme ist die realistische Reichweite möglicherweise erheblich geringer! Nur regenerative Energieträger, also solche, die sich durch die natürlichen Kreisläufe immer wieder selbst regenerieren, sind unbegrenzt verfügbar.

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Bei der Energieumwandlung von Brennstoffträgern in Strom unterscheidet man zwischen Brutto-Stromerzeugung (der Menge Strom, die aus der Energie direkt erzeugt wird) und Netto-Stromerzeugung (Brutto-Stromerzeugung abzüglich des von den Kraftwerken benötigten Stroms für die Erzeugung). 2006 betrug die Netto-Stromerzeugung in Deutschland rund 600 TWh. 61,4 % des deutschen Stroms stammten aus fossilen Brennstoffen, 26,6 % aus nuklearen Brennstoffen und 12 % aus erneuerbaren Energien.

Der erzeugte Strom floss zu 47 % in die Industrie, 26 % wurden in den Haushalten verbraucht. Weite-re 14 % gingen in den Sektor Handel und Gewerbe. Öffentliche Einrichtungen (8 %), Verkehr (3 %) und Landwirtschaft (2 %) verbrauchten insgesamt rund 13 % des erzeugten Stroms.

Der Anteil der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien steigt in Deutschland bedingt durch ge-setzliche Fördermaßnahmen (EEG – Erneuerbare-Energien Gesetz) stetig an.

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Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland verteilte sich in 2006 zu 42,7 % auf Windenergie (30,5 TWh), zu 29,8 % auf Wasserkraft (21,3 TWh), zu 24,7 % auf Biomasse (17,6 TWh) und zu 2,8 % auf Photovoltaik-Anlagen (2 TWh). Von den 71,4 TWh Stromerzeugung aus erneuerba-ren Energien wurden 51,5 TWh über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert. Die Differenz er-klärt sich daraus, dass insbesondere der Strom aus großen Wasserkraftanlagen ohne EEG-Förderung direkt vermarktet wird.

Die zukünftige Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland ist je nach Energiequelle unterschiedlich. Die größten Kapazitäten ergeben sich aus dem Ausbau von On-shore- und Offshore-Windkraftanlagen. Im Bereich der Wasserkraftwerke sind die Potentiale in Deutschland weitgehend erschöpft. Für die Stromerzeugung aus Biomasse sind die Potentiale groß. In Biomassekraftwerken werden feste (z. B. Hausmüll, Gülle, Holzabfälle oder Mais), flüssige (z. B. Rapsöl) oder gasförmige (z. B. Klärgas) Energieträger verbrannt. Bei der Verbrennung wird nur in etwa so viel CO2 freigesetzt, wie vorher beim Wachstum der Pflanzen der Erdatmosphäre entnommen worden ist. Biomasse kann somit einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten und dem Treibhauseffekt entgegenwirken. Für Photovoltaik gibt es in Deutschland noch sehr große Potentiale. Besonders ge-eignet für die Installation von PV-Anlagen sind Dachflächen, da hierbei kein zusätzlicher Flächen-verbrauch entsteht und aufgrund der dezentralen Erzeugung Leitungskapazitäten und Übertragungs-verluste vermieden werden. Die Photovoltaik ist jedoch derzeit noch die mit Abstand teuerste Art der Stromerzeugung. Sie benötigt daher hohe Fördersätze. Für die Stromerzeugung aus Geothermie ha-ben erste Anlagen gerade ihren Betrieb aufgenommen. Bei der Bohrung besteht jedoch das Risiko, dass man nicht weiß, ob und wie viel Wasser mit welcher Temperatur man finden wird. Somit ist das Potential und die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen schwer kalkulierbar.

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Strom ist elektrische Energie, die durch Umwandlung aus anderen Energien erzeugt wird. Je weniger Umwandlungsschritte dabei vollzogen werden, desto geringer ist der Verlust durch den Umwand-lungsprozess, wie etwa durch Reibung innerhalb der Turbine oder des Generators oder durch Wär-meabstrahlung von Kessel und Brenner.

Strom aus Kohle, Öl oder Gas durchläuft einen Umwandlungsprozess von chemischer Energie über thermische Energie (Wärme-Energie) und kinetische Energie (Bewegungsenergie) hin zur elektri-schen Energie. Bei diesem Umwandlungsprozess gehen rund 60 % der Energie verloren. Die Ener-gieträger werden verbrannt, dabei entsteht Wasserdampf von hohem Druck und hoher Temperatur, der eine Turbine antreibt, die wiederum einen Generator in Bewegung setzt, der Spannung erzeugt. Die Qualität der Energieumwandlung beschreibt der Wirkungsgrad, welcher das Verhältnis der nutz-baren Energie zur eingesetzten Energie beschreibt. Je höher der Wirkungsgrad, desto weniger Ver-luste entstehen bei der Umwandlung und desto weniger Energie muss eingesetzt werden, um die gleiche Menge nutzbare Energie zu erzeugen.

Grüner Strom stammt aus erneuerbarer Energie, welche die Natur nahezu unbegrenzt zur Verfügung stellt. Die kinetische Energie aus Wind- oder Wasserkraft wird ohne weitere Zwischenschritte im Wind-rad oder Wasserkraftwerk mittels Generator in Strom umgesetzt. Die Wärmestrahlung der Sonne wird bei der Photovoltaik direkt in Strom umgewandelt. In einem solarthermischen Kraftwerk werden die Sonnenstrahlen über Spiegel auf einen Punkt konzentriert, in dem dadurch hohe Temperaturen er-reicht werden. Mit diesen wird dann, wie in einem konventionellen Kraftwerk, Dampf erzeugt, der eine Turbine antreibt. Diese Technologie ist jedoch eher für sonnenreiche Gegenden geeignet. In Kalifor-nien sind solche Anlagen mit Leistungen bis zu 80 MW bereits seit Jahren in Betrieb.

In Biomasse-Kraftwerken wird aus organischen Abfällen, Holz oder schnell wachsenden Pflanzen Strom erzeugt. Die Biomasse wird entweder verbrannt (Holz) oder es wird durch anaerobe Vergärung Biogas erzeugt, das dann z. B. in Gasmotoren oder Gasturbinen eingesetzt werden kann, um mittels Generator Strom zu erzeugen.

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Strom stammt aus Erzeugungsanlagen ganz unterschiedlicher Größe. Braun- und Steinkohlekraftwer-ke sind ebenso wie Kernkraftwerke Anlagen, die in großen Leistungseinheiten (bis zu 1.300 MW) Strom erzeugen, während Gas- und Dampf-Kraftwerke (GuD) und Wasserkraftwerke im Bereich von bis zu 400 MW Leistung erzeugen. Einzelne Photovoltaik-Anlagen oder Onshore-Windkraftanlagen hingegen erzeugen Strom in kleineren Leistungseinheiten, werden aber üblicherweise in Wind- oder Photovoltaikparks gebündelt und erreichen dann Gesamtleistungen von 10 bis 30 MW.

Die Stromerzeugungsanlagen haben ganz unterschiedliche Wirkungsgrade. Den besten Wirkungs-grad haben Wasserkraftanlagen: Sie wandeln ca. 90 % der kinetischen Energie in elektrische Energie um! Ein Wirkungsgrad von mehr als 50 % wird außerdem bei leistungsstarken Windkraftanlagen reali-siert und mit Hilfe von Gas- und Dampf-Kraftwerken. Durch die Kombination einer Gasturbine und einer Dampfturbine (aus den ca. 500 °C heißen Abgasen aus der Gasturbine wird in einem Abhitze-kessel Dampf erzeugt, der eine Dampfturbine antreibt) lassen sich Wirkungsgrade von bis zu 60 % erreichen. Damit gehören GuD-Kraftwerke zu den effizientesten konventionellen Kraftwerken.

Bei allen anderen konventionellen Kraftwerken gehen mehr als 50 % der Energie aus den fossilen Brennstoffen als ungenutzte Wärme verloren! Hinzu kommt, dass fossile Kraftwerke viel CO2 emittie-ren. Dabei sind alte Braunkohlekraftwerke mit 1,1 Tonnen CO2 pro erzeugte Strommenge (MWhel) die mit Abstand klimaschädigendsten Anlagen. Aber auch moderne Braunkohlekraftwerke emittieren 0,91 t/MWhel und tragen damit stark zur globalen Erwärmung bei. Etwas günstiger sieht die CO2-Bilanz von Steinkohlekraftwerken und Gaskraftwerken aus.

Strom aus Kernenergie wird mit geringem Wirkungsgrad (33 %) CO2-frei erzeugt. Seine Erzeugung setzt die Bevölkerung allerdings schwer kalkulierbaren Risiken durch Unfälle in den Kraftwerken, beim Transport und bei der Wiederaufbereitung von Brennstäben aus. Außerdem ist die Frage nach geeig-neten Endlagerungskonzepten für radioaktive Abfälle immer noch offen.

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Deutschland hat das klimapolitische Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 % bezogen auf das Jahr 1990 zu senken. In Deutschland werden zur Zeit 800 Mio. t/a emittiert. Anders als häufig vermutet hat der Verkehr daran mit 20,1 % einen geringeren Anteil als die Stromerzeugung. Diese hat an der gesamten CO2-Emission in Deutschland den größten Einzelanteil von 45,7 % (Grafik links). Errechnet man den jeweiligen Anteil an absoluten Mengen Tonnen CO2 je Kraftwerkstyp, so zeigt sich, dass die Hauptquelle für CO2 in der Stromerzeugung Braunkohle ist. Jährlich werden 153 Mio. t CO2 aus Braunkohlekraftwerken freigesetzt, um 23,4 % des Stroms (netto – siehe Bild Energieeinsatz) zu erzeugen. Außerdem werden rund 112 Mio. t CO2 aus Steinkohlekraftwerken emittiert, um 20,9 % des Stroms (netto) zu erzeugen. Die Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle verursacht 33 % der gesamtdeutschen CO2-Emissionen. Die Reduktion von CO2 soll auch durch den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung und am Wärmemarkt erreicht werden. Diese ist bis 2020 mehr als zu verdoppeln.

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Seit etwa 1990 wird die Strombranche durch steigendes ökologisches Bewusstsein der Bevölkerung schrittweise verändert:

– Bedingt durch Förderung von erneuerbaren Energien im Stromeinspeisungsgesetz von 1991(2000 vom EEG abgelöst) gibt es einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien (insbeson-dere Windenergie)

– Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat sich seit 1990 mehr als verdreifacht

Im Jahr 2008 lässt sich bereits feststellen, dass einige erneuerbare Energien (Wind Onshore, Was-serkraft) – jenseits der strukturellen Förderung durch öffentliche Mittel – nahe an der Wirtschaftlichkeit sind. Zum Teil lohnt sich schon heute die Konkurrenz zur konventionellen Erzeugung.

Ein besonders hohes Potential haben der Ausbau von Windenergie – insbesondere Offshore - und die Stromerzeugung durch Vergasung von Biomasse:

Ende 2007 waren insgesamt über 22.200 Megawatt (MW) Windleistung installiert. Damit konnten 40 TWh Strom bereitgestellt werden. Bis 2020 sind in Deutschland nach Berechnungen des Bundesver-bandes Windenergie e. V. Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 45.000 MW an Land und 10.000 MW auf hoher See realistisch. Diese 55.000 MW werden dann rund 150 TWh Strom pro Jahr produzieren, ohne CO2-Emissionen und radioaktiven Abfall. Das würde bedeuten, dass be-reits in 12 Jahren jede vierte Kilowattstunde Strom aus einer Windenergieanlage kommen könnte.

Die Stromerzeugung durch Biomasse hat - jenseits der Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung - ihre Potentiale v. a. in der Nutzung von stillgelegten landwirtschaftlichen Flächen und durch die Nut-zung von Abfällen aus der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelerzeugung. Die Anzahl der Biomas-sekraftwerke hat sich zwischen 2001 und 2006 mehr als verdreifacht. Die gesamte Leistung beträgt 1.020 MWel, weitere Ausbauten sind geplant.

Die rot eingezeichneten Linien zeigen das Referenzszenario der Enquete-Kommission (REF 2002) und die beiden Referenzprognosen REF 2005 und REF 2006 von EWI/Prognos bzgl. der Entwicklung der Stromerzeugung aus regenerativen Energien.

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Die unterschiedlichen Kraftwerkstypen eignen sich technisch für verschiedene Anforderungen bzw. zum Einsatz bei unterschiedlicher Last im Stromnetz.

Die permanent benötigte Grundlast lässt sich gut planen und steuern. Diese wird vorzugsweise von Braunkohle- und Kernkraftwerken erzeugt. Für die Grundlast sind aus erneuerbaren Energiequellen insbesondere Wasserkraftwerke geeignet.

Die unregelmäßig im Netz nachgefragte, aber planbare Mittellast bedarf bereits flexibler Einsatzmög-lichkeiten von Kraftwerken. Die Kraftwerke müssen relativ schnell regelbar sein. Für die Mittellast wer-den überwiegend Steinkohle- und Gaskraftwerke eingesetzt.

Die schwer prognostizierbare Spitzenlast wird durch kurzfristiges Zu- oder Abschalten oder kurzfristi-ge Leistungserhöhung oder -verminderung einzelner Kraftwerke bereitgestellt.

Durch das Erreichen der Klimaschutzziele, die Einführung des CO2-Emissionshandels und den damit verbundenen notwendigen Umbauten des Kraftwerksparks (Ausstieg aus der Kernenergie, Reduktion der Kohlekraftwerke, Effizienzgewinn durch Kraft-Wärme-Kopplung, Ausbau der erneuerbaren Ener-gien) wird sich Einsatz, Betriebsweise und Struktur des Kraftwerkspark stark verändern. So werden Kraftwerke durch Kraft-Wärme-Kopplung effizienter und damit ressourcen- und CO2-ärmer betrieben werden, Gaskraftwerke werden zukünftig auch in der Grundlast eingesetzt und die erneuerbaren E-nergien werden in Kombination mit intelligenten Regelungs- und Steuerungstechnologien auf der An-gebots- und Nachfrageseite in das System der Energiebereitstellung mehr und mehr eingebunden.

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2.2 Strukturen des Strommarktes

Für das Verständnis der Eigenheiten des Strommarktes in Deutschland ist eine Kenntnis der Besitz-verhältnisse von Erzeugungsanlagen und Verteilnetzen notwendig. Resultierend aus historisch ge-wachsenen Strukturen gibt es eine Konzentration der Stromerzeugung bei den vier größten Unter-nehmen der Branche (E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW). Diese besitzen über 75 % der Kraftwerks-kapazität.

Neben den großen Erzeugern gibt es weitere Kraftwerkskapazitäten von Stadtwerken und industriel-len Eigenerzeugern, insbesondere Erdgas- und Steinkohlekraftwerke (überwiegend Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen). Ein Teil der Stadtwerke und Regionalversorger ist durch finanzielle Beteiligung der vier großen Unternehmen in deren Konzernstrategie eingebunden. Eine derartige Interessens-bündelung in wenigen Händen führt zu einer erheblichen Machtkonzentration im Erzeugungsmarkt und birgt das Risiko der Marktpreisbeeinflussung.

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2.3 Energieszenarien

Die beschränkte Lebensdauer von Kraftwerken (je nach Kraftwerkstyp 20 bis 40 Jahre) hat zur Folge, dass im Abstand von wenigen Jahrzehnten immer wieder darüber nachgedacht werden muss, welche Kraftwerke stillzulegen und welche zu modernisieren bzw. zu ersetzen sind. Die Betreiber von Kraft-werken planen ihre Investitionen ausgehend von politischen Rahmenbedingungen, anhand von Be-darfsprognosen und Rentabilitätsberechnungen für den jeweiligen Anlagentyp. Diese hängen u. a. davon ab, welche anderen Kraftwerkstypen es am Markt gibt. Durch den im Jahr 2000 getroffenen Beschluss der deutschen Bundesregierung zum Atomausstieg wird sich die Kraftwerkslandschaft in der Zukunft ändern. Noch ist nicht abschließend geklärt, wie der zukünftige Kraftwerkspark aussehen soll. Hierzu gibt es unterschiedliche Szenarien.

Die oben gezeigte Sterbelinie der deutschen Kraftwerke (KW) zeigt, welche Kapazitäten aufgrund von Alterung der Anlagen bis zum Jahre 2030 ohne Neubauten ausfallen würden. Der beschlossene A-tomausstieg sowie die typische Laufzeit der unterschiedlichen Kraftwerkstypen liegen den Annahmen zugrunde. Den Wegfall der Kapazitäten müssen die Erzeuger substituieren. Dazu gibt es unterschied-liche Möglichkeiten, die sich in den folgenden Szenarien darstellen lassen.

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Szenario 1 'Business as usual'

Dieses Szenario geht davon aus, dass der Kernenergieausstieg umgesetzt wird wie im Ausstiegsge-setz beschlossen. Die abzuschaltenden Anlagen werden überwiegend durch neue Steinkohle- und Gaskraftwerke ersetzt. Die erneuerbaren Energien werden gemäß den Ausbauzielen der Bundesre-gierung weiter ausgebaut.

Szenario 2 'sehr starker Ausbau erneuerbarer Energien'

Durch einen erheblich schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien ließe sich der Neubau von Kohlekraftwerken stoppen und damit die CO2-Emissionen drastisch reduzieren. Dieses Szenario bräuchte ein konsequentes politisches Umdenken und würde die Stromerzeugungskosten erhöhen, da dieses Szenario ohne starke Nutzung der Photovoltaik kaum realisierbar ist. Die Klimaschutzziele (40 % Reduktion von CO2 gegenüber 1990 bis zum Jahr 2020) könnten hiermit erreicht werden.

Szenario 3 'Energieeinsparung 1 % pro Jahr ab 2010'

Durch drastische Einsparungen des Energieverbrauchs (1 % jährlich!) könnte man den gesamten Stromverbrauch in Deutschland so weit senken, dass die Klimaschutzziele auch ohne erheblichen Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht würden.

Szenario 4 'Neubau von Kernkraftwerken'

Derzeit wird die Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken politisch diskutiert. Das Szenario zeigt, dass die Klimaschutzziele selbst bei langfristiger Weiternutzung veralteter Kernkraftwerke auf heutigem Niveau und Neubau von Reaktoren ohne den Ausbau von regenerativen Energien nicht erreichbar sind.

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Das im August 2007 in Meseberg beschlossene Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundes-regierung (IEKP) sieht eine 40 %ige Reduktion der CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 und einen Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf 25 - 30 % bis 2020 vor. Dieser weitreichende Beschluss hat erhebliche Auswirkungen auf die Branche. Die Grafik zeigt die Entwick-lung der CO2-Emissionen für die im vorhergehenden Bild dargestellten Erzeugungsszenarien im Ver-gleich zum Reduktionsziel.

Es zeigt sich, dass dieses Ziel nur auf zwei Wegen zu erreichen ist: entweder durch eine Reduktion des Energieverbrauchs um 1 % pro Jahr oder durch einen radikalen Ausbau von Erzeugungskapazitä-ten aus erneuerbaren Energien (oder eine Kombination beider Möglichkeiten).

Unter der Voraussetzung, dass der Atomausstieg wie beschlossen umgesetzt wird und die dadurch wegfallenden Erzeugungskapazitäten überwiegend durch neue fossile Kraftwerke ersetzt werden, werden die Klimaschutzziele weit verfehlt. Eine Laufzeitverlängerung der Kraftwerke oder der Bau von neuen Kernkraftwerken, die den Anteil von Kernenergie am Strommix konstant hielten, würden eben-falls zu einer Verfehlung der Klimaschutzziele führen.

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Kapitel 3 Seite3. Stromverteilung

3.1 Regulierungsinstanzen und -mechanismen

3.2 Netzebenen

3.3 Netzstabilität

3.4 Übertragungsnetzbetreiber

3.5 Verteilnetzbetreiber

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3.1 Regulierungsinstanzen und -mechanismen

Der Strommarkt ist seit 1998 ein liberalisierter Markt. Im Bereich Erzeugung, Handel und Vertrieb von Strom stehen die Akteure im Wettbewerb, bei dem Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Der Netzbetrieb (Übertragung und Verteilung) unterliegt seit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahr 2005 der Regulierung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) in Bonn, die parallel auch für die Gas- und Telekommunikationsnetze und das Eisenbahnnetz zuständig ist. Daneben gibt es in einigen Bundesländern auch Landesregulierungsbehörden. Da im Netzbereich kein Wettbewerb zum Beispiel durch Aufbau paralleler Netze sinnvoll ist, sollen unangemessene Monopolpreise durch Kon-trolle und Regulierung verhindert werden. Dazu müssen alle Netzbetreiber gemäß Netzentgeltverord-nungen nach einer dort festgelegten Kalkulationsmethode ihre Netzentgelte (Gebühren für die Nut-zung der technischen Infrastruktur von der Steckdose bis zum Übertragungsnetz) im Voraus geneh-migen lassen.

Die Regulierungsbehörden haben in den vergangenen Jahren die beantragten Netzentgelte z. T. er-heblich gekürzt. Ab dem Jahr 2009 tritt als neues Verfahren die so genannte Anreizregulierung in Kraft. Dazu wird auf Basis verschiedener statistischer Methoden für jedes Unternehmen anhand sei-ner Netzkosten im Vergleich zu den Netzkosten vergleichbarer Unternehmen ein Effizienzwert ausge-rechnet. Bei festgestellten Ineffizienzen, d. h. zu hohen Kosten bei gleicher Leistung, begrenzt die Regulierungsbehörde die Erlöse aus Netzentgelten und gibt Höchstpreise vor. So wird der Netzbetrei-ber gezwungen, im Laufe von mehreren Jahren seine Kosten für den Netzbetrieb zu verringern bzw. seine Effizienz zu steigern.

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3.2 Netzebenen

Das deutsche Stromnetz ist ein Gesamtnetz, das aus Leitungen (Höchst-, Hoch-, Mittel- und Nieder-spannungsleitungen) und Anlagen unterschiedlicher Art besteht und in das europäische Verbundnetz integriert ist. Dieses Netz muss permanent auf einer gleich bleibenden Frequenz von 50 Hz betrieben werden. Dazu muss jederzeit der beim Kunden verbrauchte Strom im gleichen Moment erzeugt und in das Netz eingespeist werden. Ein technisch einwandfreies, stabiles Netz garantiert, dass die Verbrau-cher ihre Geräte ohne Störungen benutzen können.

Das Höchstspannungsnetz (380 - 220 kV) verteilt den in Kraftwerken erzeugten Strom in ganz Deutschland und Europa. Angeschlossen sind Kraftwerke mit einer Leistungsklasse von bis zu 1.300 MW (380 kV) bzw. bis zu 700 MW (220 kV). Das Hochspannungsnetz (110 kV) dient der Versorgung größerer Regionen oder Ballungszentren. Der Strom im Hochspannungsnetz kommt aus Kraftwerken mit einer Leistung von bis zu 150 MW (z. B. größere Windparks) oder über Transformatoren aus dem Höchstspannungsnetz. Es versorgt insbesondere größere Industriekunden und den Schienenverkehr. Mittelspannungsnetze verteilen den Strom aus den Hochspannungsnetzen in kleinere Regionen und Stadt- bzw. Industriegebiete. Sie versorgen klassische Gewerbebetriebe (z. B. Kaufhäuser, mittel-ständische Industriebetriebe). An das Mittelspannungsnetz sind nur kleinere Kraftwerke (z. B. Block-heizkraftwerke) angeschlossen. Niederspannungsnetze verteilen den Strom aus dem Mittelspan-nungsnetz zur Versorgung einzelner Haushalte und kleinerer Gewerbebetriebe in die Wohngebiete hinein. In das Niederspannungsnetz speisen z. B. kleine Photovoltaikanlagen ein.

Das Stromnetz ist hierarchisch in Ebenen gegliedert, um Verluste durch den Transport (rund 4 % auf dem Weg vom Kraftwerk zum Kunden) zu reduzieren. Die auftretenden Verluste werden durch die Netzbetreiber in Graustromqualität ausgeglichen. Sie lassen sich auch durch eine verstärkte dezentra-le Einspeisung ins Netz reduzieren. Die dezentrale Erzeugung vermeidet den Transport des Stroms über weite Strecken vom Großkraftwerk zum Verbraucher.

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3.3 Netzstabilität

Sämtliche Einspeisungen aus den verschiedensten Erzeugungsanlagen "vermischen" sich im Strom-netz. Hierfür wird oft das Bild des 'Stromsees' genutzt, in den alle Kraftwerke einspeisen, in dem sich die Herkunft bzw. die 'Qualität' des Stroms ('Grüner' Strom oder 'Grauer' Strom) beim Verbraucher aber nicht mehr unterscheiden lässt.

Die Sollfrequenz für entnommenen Strom liegt bei einer Frequenz von 50 Hz. Diese Eigenschaft brau-chen Endverbraucher für einen reibungslosen Einsatz ihrer technischen Geräte. Die tatsächliche Fre-quenz im Netz schwankt aufgrund von unplanbarem Verbraucherverhalten und unplanbaren Einflüs-sen in der Erzeugung minimal um das Soll.

Das Prinzip der Frequenz-Leistungs-Regelung von Stromnetzen lässt sich vereinfacht mit einem See bzw. einer Badewanne vergleichen, in der der Wasserspiegel (= Sollfrequenz) trotz unregelmäßigem Wasserzulauf (=Stromerzeugung) und -ablauf (= Stromverbrauch) immer konstant gehalten werden soll.

Die Primärregelung erfolgt automatisch im Kraftwerk (z. B. durch Drosselung einer Turbine) innerhalb von Sekunden. Der zeitlich längere Ausgleich von Lastschwankungen im Netz erfolgt durch Zu- und Abschalten von Regelkraftwerken. In Deutschland werden insgesamt 7.000 MW positive Regelleis-tung (zusätzliche Leistung für den Engpassfall) und 5.500 MW negative Regelleistung (Senkung der Produktion bzw. künstliche Erhöhung des Verbrauchs) vorgehalten.

Die Leistung der Regelkraftwerke muss im Wettbewerb ausgeschrieben und bei Inanspruchnahme vergütet werden. Die Anzahl der qualifizierten Anbieter für Regelenergie ist in Deutschland sehr be-grenzt: Sie wird vor allem durch die vier großen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) bzw. deren Kraft-werksgesellschaften angeboten. Die Kraftwerke, die Regelenergie zur Verfügung stellen, sind fast ausschließlich konventionelle Kraftwerke, so dass Regelenergie als 'Grauer' Strom bereitgestellt wird.

Im Vorfeld lässt sich nur schwer prognostizieren, wie viel Regelenergie zu welchem Zeitpunkt benötigt wird. Daher erfolgt die Verrechnung der Regelenergie erst im Nachhinein. Jedem Stromlieferanten wird anteilig und verursachergerecht sein Anteil an den Regelenergiekosten in Rechnung gestellt.

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3.4 Übertragungsnetzbetreiber

Für die Anbindung des deutschen Stromnetzes an das Ausland sorgen die vier größten Unternehmen der Branche. Sie betreiben die deutschen Übertragungsnetze. Die Übertragungsnetzbetreiber sind die Hauptverantwortlichen für eine stabile Stromversorgung in Deutschland. Sie sorgen dafür, dass die Frequenz im Netz an jedem Punkt in Deutschland zu jeder Zeit konstant ist, indem sie in jedem Au-genblick das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch regeln. In diesem Zusammenhang spricht man von einer Regelzone, die technisch das Höchstspannungsnetz des jeweiligen ÜNB um-fasst.

Der deutsche Strommarkt wird erheblich durch Importe und Exporte bestimmt. Einerseits ist Deutsch-land bei Spitzenlast Netto-Importeur und bei Grundlast Netto-Exporteur, andererseits dient Deutsch-land als Transitland. Die handelbare Leistung wird durch einen Engpass von Austauschkapazitäten (Verbindungsleitungen zwischen den Ländern) begrenzt. Zurzeit existieren für den internationalen Stromhandel nutzbare Austauschkapazitäten von rund 13 bis 15 GW. Daher gibt es zahlreiche Pla-nungen für eine Erweiterung der Austauschkapazitäten (z. B. zu den Niederlanden und nach Norwe-gen). Die zukünftige Entwicklung der Austauschkapazitäten hängt von der Kraftwerksparkentwicklung im In- und Ausland und dem Ausbau der Übertragungsnetze ab.

Zur Zeit laufen seitens der EU politische Bemühungen, eine verstärkte Trennung von Monopolbereich (Netzbetrieb) und Wettbewerbsaktivitäten (Handel, Vertrieb, Erzeugung) durch eine eigentumsrechtli-che Entflechtung (ownership unbundling) durchzusetzen. Danach sollen die großen Energiekonzerne ihre Transportnetze in gesellschaftsrechtlich unabhängige Betreibergesellschaften ausgliedern. Ein Verkauf der Netze an große Investoren (z. B. Versicherungen oder branchenfremde Konzerne) soll eine größere Unabhängigkeit der Übertragungsnetze von den Energieproduzenten sicherstellen.

Übertragungsnetzbetreiber - Garanten der Systemstabilität

VET

EnBW

A

NL

DK

CZ

CH

F

PL

RWE

E.ON

XY

ÜNB - Übertragungsnetzbetreiber

RWE Transportnetz Strom GmbH

E.ON Netz GmbH

EnBW Transportnetze AG

Vattenfall Europe Transmission GmbH (VET)

Kuppelstellenzum Ausland

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3.5 Verteilnetzbetreiber

Neben den vier Übertragungsnetzbetreibern gibt es bundesweit ca. 830 Verteilnetzbetreiber. Diese betreiben die Mittel- und Niederspannungsnetze im regionalen oder städtischen Bereich und sind zur Zusammenarbeit mit den vor- oder nachgelagerten Netzbetreibern verpflichtet, um die Stromversor-gung bis zum Verbraucher sicherzustellen. Im liberalisierten Strommarkt kommen den Verteilnetz-betreibern wesentliche Aufgaben zu, die für ein reibungsloses Zusammenspiel der Marktakteure uner-lässlich sind. Hierzu gehören insbesondere die folgenden Aufgaben: – Organisation eines effizienten und diskriminierungsfreien Netzzugangs gemäß den gesetzlichen

und behördlichen Vorgaben,– Erhebung und Aufbereitung sämtlicher im Verteilnetz entstehender Erzeugungs- und Verbrauchs-

lastgänge im Rahmen der so genannten Netzbilanzierung.Insbesondere die im Rahmen der Netzbilanzierung entstehenden Verbrauchs- und Erzeugungslast-gänge bilden eine unerlässliche Datenbasis für die verursachungsgerechte Abrechnung zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern. Der Verteilnetzbetreiber hat dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Entnahmen in dem von ihm betriebenen Stromnetz im 1/4-Stunden-Raster eindeutig den aktiven Lie-feranten (beispielhaft Lieferant rot, grün und schwarz in der Grafik) zugeordnet werden. Dabei werden die Verbrauchslastgänge der Sondervertragskunden einzeln gemessen und für die Kleinkunden hilfs-weise Standardlastprofile benutzt. Die Verbrauchslastgänge werden lieferantenscharf zusammenge-rechnet und getrennt von den Einspeiselastgängen der Kraftwerke an den ÜNB übermittelt. Damit ist der ÜNB in der Lage, im Nachhinein die am Tag vor der Kundenbelieferung beschafften Mengen des Lieferanten mit den am Tag nach der Kundenbelieferung verbrauchten Mengen jedes Lieferanten zu vergleichen und die Differenz in Form von Ausgleichsenergie abzurechnen. Der Einbau, der Betrieb und die Wartung der Messeinrichtungen (Zähler) sowie die Durchführung der Jahresablesung war bisher Aufgabe des Verteilnetzbetreibers und wird in Zukunft ebenfalls für den Wettbewerb geöffnet. Dies eröffnet jedem Endverbraucher die Möglichkeit, auch in diesem Bereich seinen Dienstleister frei wählen zu können. Durch die Einführung "intelligenter" Stromzähler werden detaillierte Informationen über das konkrete Verbrauchsverhalten gesammelt, die eine individuelle Strompreiskalkulation ermöglichen.

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Kapitel 4 Seite4. Strombeschaffung

4.1 Stromhandel

4.2 Zusammensetzung des Strompreises

4.3 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

4.4 Anbieterwechsel

4.5 Verbrauchsprognosen

4.6 Zertifizierung

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4. Strombeschaffung

Zwei wesentliche Kennzeichen des liberalisierten Strommarktes sind, dass Endkunden ihren Stromlie-feranten frei wählen können und dass Marktplätze für den Handel mit Strom entstehen. Eine wesentli-che Voraussetzung für ein funktionierendes Marktmodell ist eine Trennung der finanziellen von den technischen Aspekten.

Die finanzielle Seite umfasst den Stromhandel und den Stromvertrieb sowie die damit verbundenen vertraglichen und organisatorischen Aspekte. Mit der Wahl des Stromlieferanten legen die Endkunden fest, wer für sie den Strom einkauft und mit wem sie den Strombezug abrechnen. Der Lieferant kauft den Strom auf der Höchstspannungsebene ein, denn auf dieser Ebene werden alle Geschäfte abge-wickelt (Handelspunkt).

Die technische Seite des Strommarktes ist die Welt der Netze und Anlagen. Hier wird der Strom er-zeugt, übertragen und an die Kunden verteilt. Da der Kunde den Strom nicht am Handelspunkt (Höchstspannungsnetz) sondern physikalisch vor Ort (Niederspannungsnetz) entnimmt, wird diese Transportleistung durch die Netzbetreiber gegen Zahlung des Netzentgeltes (Benutzungsgebühr) sichergestellt. Aus Gründen der Vereinfachung zahlt der Kunde das Netzentgelt an seinen Lieferanten und dieser leitet es an die Netzbetreiber weiter. Jeder Kunde zahlt ausgehend von der Höchstspan-nung so viele Anteile an Netzentgelten, wie er Übertragungsebenen nutzt. Für einen Endkunden macht das je nach Wohnort rund ein Drittel des Strompreises aus.

Zahlung der NetznutzungZahlung des Strombezugs

Das Strommarktmodell -Trennung von Technik und Finanzen

Lieferant

Hoch-/Mittel-spannungs-netz

Nieder-spannungs-netz

Endkunde

Höchst-spannungs-netz

Zahlung der Stromlieferung

Stromerzeugung

Stromerzeugung

Stromerzeugung Stromverbrauch

Zahlung der Netznutzung

NetzbetreiberErzeuger

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4.1 Stromhandel

Jenseits der technischen Welt entstanden nach der Liberalisierung des Strommarktes Marktplätze zum Handel von Strom. Diese Marktplätze helfen, die Austauschbeziehungen zwischen Händlern, Lieferanten und Kraftwerksbetreibern zu organisieren bzw. zu koordinieren. Ein Großteil des Handels findet bilateral ggf. mit Hilfe von Dienstleistern (Makler bzw. Broker) als Vermittler statt. Diese Praxis wird als over-the-counter-Handel (OTC) bezeichnet. Ein weiterer Marktplatz ist die Leipziger Strom-börse EEX (European Energy Exchange). An der Strombörse werden Kauf- und Verkaufgebote in einen anonymen Handelsraum gestellt. Über einen Abgleich der Gebote wird versucht, Angebot und Nachfrage bei einem maximalen Handelsvolumen in Übereinstimmung zu bringen. Der OTC-Handel mit Strom und die Börse bilden gemeinsam den Großhandelsmarkt. Insbesondere der an der Strom-börse gebildete Preis wird als Indikator für den aktuellen Marktpreis verwendet und soll die gewünsch-te Transparenz im Markt herstellen. Die Stromhändler reduzieren durch ihre Dienstleistung die Trans-aktionskosten, die anfallen würden, wenn jeder Lieferant seine Verträge alleine mit einem möglichen Kraftwerksbetreiber abschließen würde.

Die am Großhandelsmarkt für Strom gehandelten Produkte sind weitgehend standardisiert. Sie wer-den durch eine bestimmte Leistung und über einen definierten zukünftigen Lieferzeitraum beschrie-ben. Bestimmte Stromqualitäten werden an der Strombörse nicht gehandelt, es handelt sich bei Bör-senstrom immer um Strom unbekannter Qualität, so genannten 'Grauen' Strom. An den Großhan-delsmärkten werden handelstäglich diese standardisierten Produkte mit Lieferperioden für die folgen-den Jahre, die folgenden Quartale sowie die folgenden Monate und Wochen gehandelt. Es bilden sich also handelstäglich Preise für Lieferungen, die in der Zukunft liegen. Diese Produkte können z. B. genutzt werden, um langfristig den Lieferbedarf zu beschaffen. Neben den standardisierten Produkten gibt es auch nicht-standardisierte Produkte, diese werden OTC gehandelt. Kurzfristig für den nächsten Tag benötigte Mengen werden am Spotmarkt gehandelt. Der Börsenpreis ist immer auch Referenz-preis für OTC abgeschlossene Verträge. Die Preise für längerfristig im voraus OTC-abgeschlossene (auch regenerative) Stromlieferungen orientieren sich also auch immer an der Preisentwicklung der Börse (Börsenpreis = Referenzpreis).

Stromhändler und Marktplätze

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Die Großhändler unterteilen die gehandelten Produkte in die so genannten Base- und Peak-Lieferungen sowie Fahrpläne.

Die unterschiedlichen Strom-Produkte werden an jedem Werktag (Handelstag) für Lieferungen in der Zukunft gehandelt. Am so genannten Terminmarkt werden z. B. heute Stromlieferungen mit einer Fälligkeit in der ferneren Zukunft (z. B. Lieferjahr 2010) gehandelt.

Base-Lieferungen erfolgen mit konstanter Leistung über jeden Tag des gesamten Lieferzeitraums (Monat, Quartal, Jahr). Die Preise für Base-Lieferungen sind regelmäßig günstiger als die für Peak-Lieferungen.

Peak-Lieferungen erfolgen mit konstanter Leistung werktags über den gesamten Lieferzeitraum (Mo-nat, Quartal, Jahr) im Zeitraum von 8 bis 20 Uhr (unabhängig davon, ob der Werktag ein Feiertag ist oder nicht).

Während Base- und Peak-Produkte mit einer konstanten Leistung geliefert werden, können so ge-nannte Fahrpläne unterschiedliche Leistungswerte je Stunde enthalten, diese werden üblicherweise über den Zeitraum eines Kalenderjahres geliefert. Solche Fahrplan-Lieferungen werden ausschließlich am OTC-Markt gehandelt.

Neben dem Terminmarkt gibt es den Spotmarkt, an dem heute Strommengen für die Auslieferung morgen bzw. in den nächsten zwei bis drei Tagen gehandelt werden.

Da der Großhandelsmarkt damit Preise für zukünftige Lieferperioden anbietet, die aufgrund des Zu-sammenwirkens sehr vieler Anbieter (z. B. Kraftwerksbetreiber) und Nachfrager (z. B. Industriekunden bzw. Lieferanten an Endkunden wie z. B. Stadtwerke) zustande kommen, gelten diese als wichtige Referenz für alle sonstigen Stromlieferverträge.

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Ausgehend von der Prognose über den Strombedarf ihrer Kunden kaufen Lieferanten den Strom ein. Die Planung und der sich daran ausrichtende Einkauf erfolgen nach einer durch den Lieferanten ge-wählten Strategie. Teile der als sicher angenommenen Stromnachfrage für die kommenden Jahre werden sukzessiv, zum Teil frühzeitig im voraus eingekauft. Wie oben bereits benannt, heißt der lang- und mittelfristige Markt für solche Handelsgeschäfte Terminmarkt. Auschlaggebend für den Einkauf am Terminmarkt ist die Entwicklung des Base- und Peak-Preises am Großhandelsmarkt, z. B. der EEX. Dies gilt auch für Lieferanten von Grünem Strom, denn der börslich gehandelte Preis ist für alle Anbieter der Referenzpreis für die Beschaffung.

Da sowohl das Stromprodukt Base als auch das Stromprodukt Peak starken Schwankungen im Zeit-verlauf unterliegen und sich die Preisentwicklung für Strom nicht prognostizieren lässt, verfolgen Händler die Strategie der Risikostreuung beim Einkauf. Ähnlich wie bei einem Fondsparplan werden monatlich Käufe getätigt. Welche Mengen zu welchem Zeitpunkt gekauft (oder verkauft) werden (müssen), bestimmt sich nach der Marktentwicklung, dem Kundenbedarf und den Regeln des firmen-eigenen Risikocontrollings. Dadurch können die finanziellen Risiken aus stark schwankenden Markt-preisen begrenzt werden.

Die Graphik zeigt die handelstägliche Preisentwicklung im Zeitraum Juli 2002 bis Juli 2008 für die Produkte Jahrespeak und Jahresbase am Terminmarkt EEX, die jeweils für einen Lieferzeitraum von bis zu 6 Jahre in der Zukunft handelbar sind.

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Die mittel- und langfristigen Einkäufe von Strom werden am Terminmarkt abgewickelt. Der Spotmarkt dagegen ist der Marktplatz für kurzfristige Handelsgeschäfte. Hier wird bei sich verändernden Progno-sen (z. B. durch Witterungsschwankungen) erst kurz vor Auslieferung 'heute für morgen' bzw. für die nächsten Tage Strom gehandelt.

Die Preise am Spotmarkt schwanken sehr stark. Extrema entstehen hier u. a. auf Grund von kurzfris-tigen Angebotsverknappungen, ausgelöst z. B. durch ungeplante Ausfälle von Kraftwerken oder einen extremen Anstieg der Nachfrage bei extremer Hitze/Kälte oder Ausfall von Übertragungskapazitäten zum Ausland.

Lieferanten nutzen den Spotmarkt nicht nur zum Einkauf von Strom, sondern auch zum Verkauf von zu großen 'vorrätigen' Mengen im eigenen Portfolio. Stellt sich heraus, dass die mittel- und langfristig erworbenen Mengen an Strom den Bedarf der eigenen Kunden übersteigen, so können die über-schüssigen Mengen zur Optimierung des Strompreises für den Endkunden durch Handel am Spot-markt verkauft werden. Zur Begrenzung finanzieller Risiken kann dadurch ein Teil der unvermeidbar auftretenden Differenzmengen und der daraus resultierenden Kosten für die anteilige Regelenergiebe-reitstellung durch den Übertragungsnetzbetreiber vermieden werden.

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4.2 Zusammensetzung des Strompreises

Der Strompreis setzt sich vereinfacht aus folgenden Bestandteilen zusammen:

– 1/3 des Strompreises fällt für die Netznutzung an. Darunter fallen die Gebühr an die Netzbetrei-ber für die Instandhaltung der Netze, die Beschaffung der Netzverluste, die Ablesung der Zählerund die Abrechnung der Netzentgelte.

– 1/3 des Strompreises setzen sich aus Steuern (Stromsteuer, Mehrwertsteuer) und Abgaben (ge-setzlicher Mindestanteil an erneuerbaren Energien laut EEG, Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung gemäß KWKG, Konzessionsabgabe an die Kommune) zusammen.

– 1/3 des Strompreises entfällt auf die Strombezugskosten, Aufschläge für das im Einkauf zu be-wältigende Risiko (Prognoseabweichung, Absicherung von Preisrisiken), die anfallenden Ver-triebs- und Abwicklungskosten und die unternehmenseigene Marge.

Folglich sind 2/3 des Strompreises durch gesetzliche Vorgaben und die Netzentgelte (diese variieren nach Spannungsebene der Entnahme und nach Wohnort des Endverbrauchers) festgelegt. Das letzte Drittel des Strompreises wird zu über 80 Prozent durch die Strombeschaffungskosten dominiert.

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4.3 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Ein wesentliches staatliches Förderinstrument im Strommarkt ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es regelt die Abnahme und Vergütung von Strom, der aus Wasserkraft, Windkraft, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Deponie-, Klär-, Grubengas oder Biomasse gewonnen wird.

Dieser Strom muss durch den Verteilnetzbetreiber, an dessen Netz diese Erzeugungsanlagen ange-schlossen sind, abgenommen und nach Mindestsätzen vergütet werden (1) – dabei gibt es unter-schiedliche Vergütungssätze je nach Erzeugungsart. Der Verteilnetzbetreiber liefert den Strom an den Übertragungsnetzbetreiber (2) und erhält von diesem die Erstattung seiner Ausgaben für die Einspei-sung. Anschließend erfolgt ein bundesweiter Ausgleich der Abnahmemengen und Vergütungszahlun-gen durch die Übertragungsnetzbetreiber (3). Nach dem EEG sind alle Lieferanten verpflichtet, ent-sprechend ihrem Absatz an Endkunden den EEG-Strom von den Übertragungsnetzbetreibern zu ei-nem bundesweit einheitlich festgelegten Anteil abzunehmen und zu bezahlen (4). Für diese Vergütung gilt kein Marktpreis, sondern es werden die Kosten umgelegt, die als Vergütung an die Erzeuger (Einspeiser) ausgezahlt werden (EEG-Band). Die prognostizierte Abnahmequote für das Jahr 2008 liegt bei 18,33 % zu 11,92 Ct/kWh.

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4.4 Anbieterwechsel

Mit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahre 1998 wurde den Endverbrauchern erstmals das Recht eingeräumt, ihren Stromanbieter frei zu wählen. Zu Beginn der Liberalisierung (1998 - 2005) wurde es den Verbänden der Stromwirtschaft überlassen, freiwillige Vereinbarungen über die Bedin-gungen der Netznutzung zu treffen. Die operative Abwicklung des Wechsels von einem Stromanbieter zum anderen war damals sehr mühsam, denn dieser Prozess war nicht standardisiert:

– Jeder Lieferant muss(te) mit jedem Netzbetreiber, in dessen Netz er Kunden beliefert, individuelleinen Rahmenvertrag verhandeln und unterschreiben.

– Jeder Netzbetreiber hatte individuelle Formalitäten, um eine Anmeldung des Kunden durchzufüh-ren.

– Außerdem gab es teilweise Wechselgebühren, die der neue Lieferant zu zahlen hatte.

Das aufwändige Verfahren bei gleichzeitig geringen Verkaufsmargen führte dazu, dass im Zeitraum 1998 - 2002 lediglich 1,7 Mio. Haushalte (ca. 4 %) den Lieferanten wechselten (Quelle: VDEW-Kundenfokus). Folglich suchte man nach einem Weg zur Standardisierung des Geschäftsprozesses Lieferantenwechsel. Die Bundesnetzagentur beschloss im Juli 2006 die Prozesse des Lieferanten-wechsels zu standardisieren und als verbindlich für alle Marktteilnehmer vorzuschreiben.

Immer mehr Verbraucher wechselten im Laufe der Jahre zu neuen Stromanbietern. Allein im ersten Halbjahr 2007 wechselten ca. 520.000 Haushaltskunden den Anbieter für Strom (Quelle: Bundesnetz-agentur). Der Wechsel ist ohne Risiko möglich: Der neue Anbieter übernimmt nach Auftragserteilung die kompletten Abwicklungsformalitäten, der Stromzähler muss nicht umgebaut werden und eine Un-terbrechung der Stromversorgung ist nicht zu befürchten.

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Der Beschluss zum Abwicklungsprozess des Lieferantenwechsels (GPKE 2006) regelt den Ge-schäftsprozess, der in Gang gesetzt wird, sobald ein Kunde einen Vertrag mit einem neuen Lieferan-ten abschließt: Der neue Lieferant nimmt den Vertrag entgegen und kündigt für den Kunden beim alten Lieferanten. Dabei überprüft dieser, ob die Kündigung problemlos erfolgen kann. Anschließend wird der neue Kunde beim Netzbetreiber zur Netznutzung angemeldet. Der Netzbetreiber überprüft, ob er den Lieferanten bereits kennt, denn dann gibt es einen Rahmenvertrag, in dem der neue Kunde zusätzlich erfasst wird. Gibt es keinen Rahmenvertrag, muss dieser erst neu abgeschlossen werden. Gleichzeitig meldet der alte Lieferant seinen alten Kunden beim Netzbetreiber ab. Zum Zeitpunkt der Umstellung vom alten Vertrag auf den neuen Vertrag wird der Zählerstand abgelesen (entweder durch den Kunden selber oder durch den Service des Netzbetreibers) oder rechnerisch abgegrenzt, der alte Vertrag wird endabgerechnet und der neue Vertrag tritt in Kraft.

Mit dieser standardisierten Abwicklung wurden durch den Beschluss der Regulierungsbehörde Fris-ten, Inhalte, beteiligte Partner und die Datenübermittlungsformate geregelt. Dieser schwierige und aufgrund der vielen Beteiligten schwer zu steuernde Prozess läuft seitdem deutlich reibungsloser und effizienter als in der Vergangenheit und wird langsam massengeschäftstauglich.

Für den Lieferanten ergibt sich aus den zahlreichen Kundenwechseln die Notwendigkeit, mit jedem Kundenwechsel die Prognosen für den Stromeinkauf zu aktualisieren. Dabei muss der Lieferant un-terschiedliche Kundengruppen unterscheiden: Kleinkunden und Sondervertragskunden.

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Verbrauchslastgänge verschiedener Kundenarten

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

4.5 Verbrauchsprognosen

Der Lieferant muss grundsätzlich zwischen Kleinkunden (Haushalte und Kleingewerbe) und Sonder-vertragskunden (Großgewerbe und Industrie) unterscheiden. Während sich der Stromverbrauch von Kleinkunden relativ gut prognostizieren lässt, ist er bei Sondervertragskunden z. T. sehr stark schwankend.

Kleinkunden sind im Energiewirtschaftsgesetz als diejenigen Kunden definiert, deren Jahres-verbrauch weniger als 100.000 kWh beträgt. Um den Verbrauch dieser Kunden als Viertelstundenwert auszuweisen, werden so genannte Standardlastprofile verwendet. Diese wurden aus einer Vielzahl langjähriger echter Messungen gewonnen und vom VDEW (Verband der Elektrizitätswirtschaft) als repräsentativ für bestimmte Kundengruppen erklärt. Beispielhaft sind das VDEW-Haushaltsprofil H0 und das VDEW-Gewerbeprofil G1 in der Grafik gezeigt. Mit Hilfe dieser Standardlastprofile wird das Verbrauchsverhalten der Kleinkunden im Viertelstundenraster so berechnet, dass der Jahres-verbrauch aus der Ablesung und die Fläche unter der Kurve identisch sind. Wenn man den Verbrauch eines einzelnen Haushaltskunden aber tatsächlich misst, so weist dessen Lastgang einen deutlich anderen Verlauf auf.

Bei den Sondervertragskunden (Kunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100.000 kWh) müssen andere Stromzähler eingebaut werden, die das tatsächliche Verbrauchsverhalten des Kunden als echte Viertelstundenwerte aufzeichnen und über Funk- oder Telefonnetz an den Netzbetreiber übermitteln.

Beispielhaft ist der gemessene Verbrauchslastgang eines Sondervertragskunden und zweier Stan-dardprofile für Haushaltskunden bzw. kleine Gewerbekunden in der Grafik für den Zeitraum einer Wo-che dargestellt. Durch die Addition aller gemessenen Lastgänge bzw. berechneten Standardlastprofile können die Netzbetreiber sicherstellen, dass sämtliche Einspeisungen und Verbräuche im Zeitraster einer Viertelstunde zur Verfügung stehen und kein Strom im Netz rechnerisch "verloren geht".

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Kundenbedarfsprognose (mittelfristig)

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

Auf Basis der Standardlastprofile (für die Kleinkunden) und der gemessenen Lastgänge (für die Son-dervertragskunden) erstellt der Stromlieferant im Viertelstundenraster die kurz-, mittel- und langfristige Bedarfsprognose für die Summe aller seiner Kunden. Je genauer der prognostizierte Verbrauchslast-gang ist, umso optimaler kann der Lieferant seinen Stromeinkauf planen und durchführen. Stecken große Unsicherheiten in der Bedarfsprognose, kann dies zu erheblichen finanziellen Risiken beim Lieferanten führen.

Im Verlaufe eines Tages oder auch einer Woche schwankt der Kundenbedarf an Strom erheblich. Für die Planung des Lieferanten bestehen weitere Unsicherheiten darin, dass neue Kunden hinzugewon-nen werden und alte Kunden kündigen. Dazu kommen TV-Sonderereignisse wie Fußballmeisterschaf-ten u. ä. – diese haben natürlich ebenfalls Auswirkungen auf die Bedarfsprognose des Lieferanten. Da die Lieferanten in der Verpflichtung stehen, diesen unterschiedlichen Bedarf der Kunden zu jedem Zeitpunkt zu decken, muss die Bedarfsprognose regelmäßig erneuert werden.

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Ankauf Stromprodukte zur Deckung des Kundenbedarfs

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

Zur Beschaffung des Stroms "zerlegen" Händler den Prognoselastgang in Standardprodukte (Base, Peak), Restmengenfahrplan und das EEG-Band.

Das EEG-Band wird als prozentualer Anteil an der Bedarfsprognose des Lieferanten auf Basis des durch die ÜNBs berechneten Prozentsatzes und Preises zwangsweise an die Lieferanten geliefert und in Rechnung gestellt.

Um das finanzielle Risiko aus täglich schwankenden Marktpreisen zu verringern, wird die ermittelte Base-Menge (im Beispiel 40 MW) nicht komplett an einem Tag gekauft, sondern z. B. verteilt über fünf verschiedene Zeitpunkte beschafft. Die erforderliche Peak-Menge (im Beispiel 35 MW von Montag -Freitag lieferbar) wird z. B. über drei verschiedene Zeitpunkte verteilt beschafft. Damit ist das Risiko, zum 'falschen' Zeitpunkt (d. h. zu teuer) die gesamte Menge eingekauft zu haben, gestreut.

Der Restmengenfahrplan resultiert aus der Bedarfsprognose abzüglich der geplanten Standardpro-dukte und hat eine so individuelle Struktur, dass dieser nicht über die Börse sondern nur bilateral un-mittelbar ab Erzeuger oder Zwischenhändler gekauft werden kann (OTC). Der Restmengenfahrplan wird üblicherweise komplett an einem Tag mittels einer zeitgleichen Anfrage bei mehreren Händlern angefragt und beim preiswertesten gekauft.

Die Energiebeschaffung erfolgt schrittweise über ein oder mehrere Jahre und muss vor Beginn der eigentlichen Belieferung der Endkunden abgeschlossen sein.

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Ermittlung der kurzfristig erforderlichen Spotmengen

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

Idealerweise liegen am Tag nach der Belieferung die aktuellen Messwerte der lastganggemessenen Sondervertragskunden und die Lastprofile der Kleinkunden vor. Basierend darauf wird die Mittelfrist-prognose für den/die nächsten Tag/e in Form einer Kurzfristprognose aktualisiert. Daraus resultieren-de Abweichungen können für den/die Folgetag/e am Spotmarkt nachgekauft bzw. verkauft werden. Entsprechende Gebote müssen bis 12 Uhr an die Börse übermittelt werden. Die positive oder negati-ve Bestätigung des Kaufs/Verkaufs inklusive der erzielten Preise erfolgt bis 13.30 Uhr. Anschließend müssen alle zur Deckung des Kundenbedarfs für den nächsten Tag erforderlichen Kaufs-/Verkaufsgeschäfte bis 14.30 Uhr abgeschlossen werden und gegenüber dem ÜNB verbindlich ange-meldet werden.

Den kurzfristigen Handel zum Ausgleich der Differenzmengen kann man nur am Spotmarkt betreiben. Damit optimiert der Lieferant seine Energiebeschaffungskosten, da die Abweichungen ohne Spot-markthandel zwangsläufig zur einer Erhöhung der Menge an Ausgleichsenergie führen würde, deren Preis zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht bekannt ist. Die erforderliche Energie wird anonym an der Börse gehandelt und als 'Grauer Strom' geliefert bzw. aufgenommen. Die Optimierung am Spot-markt substituiert also Mengen, die sonst in gleicher Menge und gleicher Qualität ('Grauer Strom') allerdings mit einem höheren finanziellen Risiko als Ausgleichsenergie anfallen würden.

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Ermittlung der angefallenen Ausgleichsenergiemengen

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

Auch wenn die Kurzfristprognose nach bestem Wissen erstellt wird – die tatsächliche Last aller Kun-den weicht dennoch stets von der Planung ab. Das Bild zeigt den auf Basis der Kurzfristprognose getätigten Stromeinkauf (blau) und den am Tag danach gemessenen Istlastgang der Kunden (rot). Die durch den ÜNB errechnete Differenz wurde am Tag der Belieferung als Regelenergie geliefert und wird im Nachgang als Ausgleichenergie mit dem Lieferanten verrechnet. Dabei können sowohl Kosten (Zukauf von Fehlmengen durch den Lieferanten vom ÜNB) als auch Erlöse (Verkauf von Über-schussmengen durch den Lieferanten an den ÜNB) auftreten. Die erforderliche Energie beschafft bzw. verkauft der ÜNB als 'Grauen Strom' bei Kraftwerksbetreibern.

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Mehr-/Mindermengenausgleich bei Kleinkunden

Ablesung für

Lieferant A

Ablesung für

Lieferant C

Ablesung für

Lieferant D

Bilanzierung fürLieferant A

Bilanzierung fürLieferant B

Bilanzierung fürLieferant C

Bilanzierung fürLieferant D

Ergebnis Bilanzierung

Tägliche Mengenermittlung durch den Netzbetreiber auf Basis der Standardlast-profile und des geschätzten Jahresbedarfs (über alle Kunden je Lieferant A bis D).

Ergebnis Jahresablesung

Feststellung der tatsächlich gelieferten Mengen durch jährliche Zählerablesung (über alle Kunden je Lieferant A bis D).

resultierende Mehr-/Mindermengen:

zu viel bilanziert = Mehrmenge (Erlöse) oderzu wenig bilanziert = Mindermengen (Kosten)(saldiert über alle Kunden je Lieferant A bis D).

Ablesung für

Lieferant B

50.000 kWh/a 120.000 kWh/a 90.000 kWh/a 115.000 kWh/a

45.000 kWh/a 100.000 kWh/a 80.000 kWh/a 150.000 kWh/a

5.000 kWh/a 20.000 kWh/a 10.000 kWh/a -35.000 kWh/a

Zur Prognose des Verbrauchs von Kleinkunden ohne Leistungsmessung (Haushalte, Gewerbe) wer-den Standardlastprofile verwendet, die unter der Annahme eines geschätzten Jahresverbrauchs (meist der des Vorjahres) den idealisierten Lastverlauf im 1/4-Stunden-Raster repräsentieren. Für diesen Lastgang beschafft der Lieferant den Strom für einen Lieferzeitraum in der Zukunft. Auch der Netzbetreiber verwendet dieses Lastprofil um die Netznutzung in Rechnung zu stellen.

Da nicht davon auszugehen ist, dass der Verbrauch eines Kleinkunden dem des Vorjahres exakt ent-spricht, treten für alle Kleinkunden nach erfolgter Jahresablesung so genannte Mehr- bzw. Minder-mengen auf. Diese Differenzmengen werden durch den örtlichen Netzbetreiber aufgenommen bzw. geliefert und mit dem Lieferanten im Nachgang verrechnet. Dabei gleichen sich die Mehr- und Min-dermengen über die Summe aller Kunden eines Lieferanten oft mengenmäßig weitestgehend aus. Den erforderlichen Strom für den Mehr-/Mindermengenausgleich beschafft bzw. verkauft der Netz-betreiber am Markt als 'Grauen Strom'.

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Zertifizierung

4.6 Zertifizierung

Die EU verpflichtet die Energieversorgungsunternehmen in ihren Mitgliedstaaten dazu, den Anteil der einzelnen Energiequellen am Erzeugungsmix, den der Lieferant im vorangegangenen Jahr verwendet hat, kenntlich zu machen. Für Strom aus erneuerbaren Energien haben die Länder unabhängige Stel-len benannt, welche befähigt sind, die Herkunftsnachweise für den Strom zu überwachen. Diese Ü-berwachung und Dokumentation wird allgemein als Zertifizierung bezeichnet. In Zertifikaten für Grü-nen Strom werden die Energiequelle, der Zeitpunkt und Ort der Erzeugung sowie bei Wasserkraftwer-ken die Leistung des Kraftwerkes angegeben. Das zentrale Element der Zertifizierung ist die Zuord-nung des Stroms eines bestimmten Kraftwerks zu einzelnen Produkten und Stromanbietern. Dabei findet allerdings keine Verfolgung physikalischer Stromflüsse statt. Vielmehr geht es um eine Zuord-nung der innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erzeugten und verbrauchten Strommenge. Jede aus erneuerbaren Energien erzeugt Kilowattstunde Strom erhält bei ihrer Erzeugung einen Herkunfts-nachweis. Dieser wird beim OTC-Handel mitgeliefert. Der Lieferant weist für die Zertifizierung Her-kunftsnachweise in der Menge nach, wie Endkunden Grünen Strom verbrauchen.

Die Zertifizierung wird beispielsweise durch den TÜV NORD durchgeführt. Hauptkriterium für die TÜV-Zertifizierung ist der Nachweis, dass der prognostizierte Strombedarf auf Kundenseite durch den ent-sprechenden Einkauf von Grünem Strom aus regenerativen Stromerzeugungsanlagen vollständig abgedeckt wird. Bei Mengen, die zum Ausgleich kurzfristig auftretender Abweichungen beispielsweise im Rahmen sogenannter Spotgeschäfte gekauft und verkauft werden, ist sicherzustellen, dass in Summe mehr Grüner Strom verkauft als Grauer Strom zugekauft wird. Die Beschaffung der Netzver-lusten, von Differenzmengen aus Ausgleichsenergie und Mehr- und Mindermengen bei Haushalts- und Gewerbekunden obliegt den Netzbetreibern und geht nicht in die Betrachtung ein.

Neben dieser TÜV-Zertifizierung definiert das ok-power-Label für Grünen Strom zusätzliche ökologi-sche und aus energiepolitischer Sicht sinnvolle Kriterien für die Stromqualität. Die Umweltverträglich-keit und das Alter der Kraftwerke sind hier besonders hervorzuhebende zusätzliche Kriterien.. Das ok-power-Label wird vom Öko-Institut, dem WWF und der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ver-geben.

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5. Fazit

Stromerzeugung

Der überwiegende Teil unseres Stroms wird durch den Einsatz endlicher Energieressourcen erzeugt. Dazu werden größtenteils zentrale Großkraftwerke betrieben, die sich zu über 75 % in der Hand von vier Unternehmen befinden und damit ein Anbieteroligopol bilden. Da viele Kraftwerke in den nächsten Jahren altersbedingt ersetzt werden müssen, bietet sich die Chance, den zukünftigen Stromerzeu-gungsmix in Deutschland deutlich ressourcenschonender, effizienter und damit umweltverträglicher zu gestalten. Eine Entwicklung zu kleineren, damit verbrauchsnäheren und in der Energieausbeute effi-zienteren Erzeugungsanlagen zur Vermeidung unnötiger Transportleitungen, Netz- und sonstiger Ver-luste ist notwendig. Angesichts des Klimawandels werden die Themen Energieeffizienz und weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich zunehmen.

Stromverteilung

Das Stromnetz stellt – bildlich gesprochen – eine große Badewanne dar, bei der sämtliche Zuflüsse (Einspeisungen) und sämtliche Abflüsse (Verbräuche) zu jedem Zeitpunkt ausgeglichen sein müssen, um den Wasserspiegel (Spannung/Frequenz) konstant zu halten und damit die Systemstabilität zu garantieren. Da der Bedarf der Stromkunden nicht exakt vorhersehbar ist, werden die entstehenden Abweichungen vom Übertragungsnetzbetreiber durch Regelkraftwerke im Sekunden-/Minutenbereich ausgeglichen. Die Stromnetze bilden ein natürliches Monopol, da der Bau paralleler Netze nicht wirt-schaftlich wäre. Die Kosten für den Bau, die Instandhaltung und den Betrieb durch die Versorgungs-unternehmen unterliegen der staatlichen Kontrolle durch die Regulierungsbehörden. Die Netzentgelte müssen auf ein solches Maß reduziert werden, dass Monopolrenditen und Quersubventionierung un-terbunden werden. Durch eine konsequente Trennung der Bewirtschaftung der Netze von der Stro-merzeugung und dem Geschäftsfeld der Versorgung von Endkunden mit Strom (sogenanntes ow-nership unbundling) ist die Neutralität der Netze auf allen Spannungsebenen sicherzustellen.

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Strombeschaffung

Seit der Liberalisierung 1998 kann jeder Stromkunde in Deutschland seinen Stromlieferanten frei wäh-len. Seitdem existieren "Marktplätze" für den Kauf und Verkauf des zur Handelsware gewordenen Stroms. Die Leipziger Strombörse spielt dabei eine herausragende Rolle, da die Börsenpreise für standardisierte Stromprodukte als Preisindikator für die gesamte Branche verwendet werden. Strom-lieferanten optimieren ihren Stromeinkauf, indem sie eine Vielzahl von Kaufgeschäften zu unterschied-lichen Zeiten und mit unterschiedlichen Vertragspartnern (Stromerzeugern oder Stromhändlern) ab-schließen. Damit können sie die 'Erzeugungsqualität' und den Einkaufspreis des Stroms beeinflussen und verschiedenartige Endkundenprodukte anbieten.

Energiepolitik

Durch die Liberalisierung des Strommarktes sollten eine Verstärkung des Wettbewerbs bei Erzeugung und Belieferung sowie sinkende Preise für die Endkunden erreicht werden. Letzteres ist auch vor dem Hintergrund weltweiter Preissteigerungen für Brennstoffe nicht eingetreten. Ein verstärkter Wettbe-werb ist aber notwendig, um die historisch bedingten oligopolistischen Strukturen der Energiewirt-schaft zu lockern. Die steigende Zahl von Lieferantenwechseln zeigt, dass Endverbraucher sich ver-stärkt informieren, Angebote vergleichen und von ihrem etablierten Versorger zu neuen Marktteilneh-mern wechseln. Durch die gezielte Wahl von 'Grünem Strom' dokumentieren Verbraucher ihr Verant-wortungsbewusstsein und ihre Bereitschaft zur aktiven Mitgestaltung einer regenerativen Energiezu-kunft. Wenn eine große Anzahl von Verbrauchern sich für 'Grünen Strom' entscheidet, stärkt das un-mittelbar den Wettbewerb und die Nachfrage nach 'Grünem Strom' und hat damit nachhaltigen Ein-fluss auf die zukünftige Struktur der Energieversorgung in Deutschland.

Page 41: Der deutsche Strommarkt. Stromerzeugung, Stromverteilung, Strombeschaffung

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Glossar

BHKW - Blockheizkraftwerk

BNetzA (Bundesnetzagentur) - Regulierungsbehörde u. a. für die Strom- und Gasnetze

EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) - regelt die Vergütung von 'Grünem Strom' zu einem festen Preis

EEX (European Energy Exchange) - Leipziger Strombörse

KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) - Technik, die Energieverluste bei der Stromerzeugung reduziert, indem die Abwärme weiterverwendet wird.

KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz) - regelt die Vergütung der Einspeisung von KWK-Strom ins Netz

OTC ('over the counter') - außerbörslicher Handel am Großhandelsmarkt

ÜNB (Übertragungsnetzbetreiber) - betreibt die Stromnetze auf der Höchstspannungsebene