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Der fiese Teddy lässt die Maske fallen! Eine Kindergeschichte von Heiko Halfpaap µ© 2000/2001

Der fiese Teddy läßt die Maske fallen

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Der fiese Teddy lässt die Maske fallen!

Eine Kindergeschichte von

Heiko Halfpaap µ© 2000/2001

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Kapitel 1 Pia ist ein kleines Mädchen, und die Geschich-te, die ich Euch über sie erzählen will, ist noch gar nicht so lange her. Pia war in den Herbstferien bei ihrer Oma auf dem Land. Sie mochte ihre Oma sehr gerne und auch das Haus und den Garten, in dem die Oma wohnt, aber nach einigen Tagen begann sie sich immer zu langweilen. Pia fehlten ihre Freunde aus der Stadt, mit denen sie immer spielte. Natürlich gab es in dem Dorf auch Kinder, aber wer ein kleines Mädchen ist, weiß, dass es gar nicht so einfach ist für ein kleines Mädchen, mit fremden Kindern Freundschaft zu schließen. Es gab zwei Banden, und alle Kinder gehörten einer der beiden Banden an. In der einen Ban-de war ein rothaariger großer Junge der An-führer, der hieß Peter. Wenn Peter Pia sah, rief er immer: "da kommt Frau Pipi", und Pia lief weinend weg. Die anderen Kinder lachten alle. Ja, und die zweite Bande bestand nur aus Doofmännern, und mit denen wollte Pia nichts zu tun haben. In der zweiten Bande war Arne

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der Chef. Die Kinder in Arnes Bande hatten immer alte Pappkisten auf dem Kopf und schossen unentwegt mit Stöcken aufeinander, die ihre Laserkanonen waren. Manchmal be-amten sie sich auch durch den Garten, aber mehr war bei denen nicht los. Pia kletterte oft auf den großen Birnenbaum in Omas Garten und sah dann neidisch zu, wie Peters Bande eine Hütte am Feldrand baute und alle Indianer oder Seeräuber waren. So verbummelte Pia zwei Tage und dachte schon, es würden genauso langweilige Ferien wie im Frühling, doch dann kam der Tag, an dem die Oma anfing, die alte Scheune auszu-räumen. "Komm mir doch ein bisschen helfen, Dirn!" sagte die Oma und meinte damit Pia. Lustlos schlenderte Pia zur Scheune und begann, mit der Oma einen alten Sessel auf die Straße zu zerren, wo ihn der Sperrmüll morgen früh ab-holen sollte. Das Sofa ging noch schwerer herumzuziehen. Pia machte den Motor von dem großen Treg-ger nach, um mehr Kraft zu haben. Dann ka-men die alten Melkkannen an die Reihe und das Bild mit dem Hirsch drauf und die Ofen-rohre und dann dahinter der alte Teddy....

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Kapitel 2 Erst dachte Pia, es wäre eine verhungerte Kat-ze, so verstaubt und voller Spinnweben war der Teddy. "Puh, was ist denn das für ein alter Fleder-wisch!" rief die Oma als sie den Teddy sah. "Na den bring man noch raus und dann wasch dir gut die Hände, Dirn. Ich koche uns schon einmal einen schönen Kakao!" und die Oma marschierte aus der Scheune. Pia stupste vorsichtig den Teddy an, aber es war wirklich keine verhungerte Katze. Dann nahm sie den Teddy an seinem zerlöcherten Arm und hielt ihn in die Höhe. Er sah furcht-bar schmutzig und zerzaust aus. An manchen Stellen hatte er gar kein Fell mehr und aus ei-nigen Löchern sah man das Stroh, mit dem er ausgestopft war. Pia drehte ihn hin und her. Sein Gesicht konnte man nur zum Teil erken-nen, ein schwarzes Tuch verdeckte die Schnauze, so dass man nur seine Augen sehen konnte. Pia sah direkt hinein in die Bärenau-gen, und der Bär sah direkt in Pias Augen und dann war Pia ganz komisch.“ Du armer Ted-

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dy!“ rief sie und strich ihm die Spinnenweben zwischen den Ohren weg. Sie nahm den schmutzigen Teddy und drückte ihn ganz fest an sich, er stank furchtbar. Pia stand allein mit-ten in der Scheune, hielt den Teddy fest und schluchzte, weil der arme Teddy so übel zuge-richtet war. "Wir zwei sind Freunde, und ich pflege dich wieder gesund !" rief Pia und hob das Tuch von Teddys Schnauze, um ihm einen Kuss zu geben, aber unter dem Tuch waren fast nur Löcher und ganz wenig Schnauzenfell, und Pia deckte die Schnauze schnell wieder zu und drückte den Teddy noch fester an sich. "Pia kommst du? Trödel doch nicht so Dirn, es gibt Kuchen und der Kakao wird doch kalt!" rief die Oma aus der Küche. Pia sah entsetzt auf ihren neuen Freund. "Du kannst unmöglich mitkommen, Teddy, Oma würde dich sonst in den Müll werfen", erklärte sie und überlegte. Der Teddy sah ängstlich zu-rück. "Ich weiß, ich verstecke dich in dem al-ten Holzstapel und nach dem Kaffeetrinken komme ich dann gleich wieder und hole dich!" beschloss Pia und rannte mit dem Teddy im Arm zu dem Holzstoß. Sie schob den Teddy vorsichtig in eine Spalte zwischen den Holz-

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scheiten und legte ein Brettchen davor, damit ihn niemand sah. "Bis gleich!" rief sie und strich Teddy noch einmal über den Kopf, dann lief sie zum Haus. Pia war ganz aufgeregt beim Kaffeetrinken. Die Oma erzählte von ihrer bösen Nachbarin und dass sie sich eine neue Schürze kaufen wollte. Pia dachte nur an Teddy und wie sie ihn wieder gesund machen konnte. Zuerst musste er trocknen und dann musste sie sein Fell ausbürsten und dann ja seine Löcher.... "....ach, jetzt regnet es schon wieder in Strö-men, und ich wollte doch die Mohrrüben aus-graben.." hörte Pia ihre Oma sagen und fuhr aus ihren Gedanken auf. "Ach du schreck!" rief Pia und hätte fast den Kakao umgestoßen. "Es regnet ja! Da wird doch der arme Te...alles nass!" verbesserte sich Pia und sprang zum Fenster. "Ja, aber so schlimm ist es nun auch wieder nicht, Dirn. Die Mohrrüben kann ich ja auch noch ein andermal ernten", wunderte sich Pias Oma. Pia überlegte angestrengt und biss sich auf die Unterlippe. "Ach, ich habe das Fenster von der Dachstube vergessen zuzumachen. Ich renn schnell hoch, es zumachen, nicht, dass es rein-

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regnet!" schwindelte Pia und bevor die Oma etwas sagen konnte, rannte sie aus der Küche. Ein richtiger Wirbelwind meine kleine Pia, dachte die Oma und lächelte. Pia sprang an der Haustür in Omas viel zu große Gummistiefel und humpelte damit plat-schend durch die Pfützen, auf denen Blasen schwammen, so doll regnete es. Pia stand vor dem pitschnassen Holzstoß und suchte das kleine Brettchen, das sie vor den Spalt gestellt hatte, hinter dem Teddy saß. Der Regen lief an ihren Zöpfen hinab wie in einer Regenrinne und ihr Kleid war auch schon pit-schenass. Natürlich hatte sie keine Jacke ange-zogen, denn der arme Teddy saß ja hier drau-ßen und wartete auf sie. Sicher war er schon pitschnass. Wo war denn nur das Brett? Pia suchte und suchte, aber es war nicht zu finden. Sie schlurfte um den ganzen Holzstoß, und da "schwubb" stolperte sie und "patsch" lag sie in einer großen schlammigen Pfütze. "So ein Mist!" schrie Pia wütend und griff nach dem Brett über dass sie gestolpert war, um es ganz, ganz weit wegwerfen zu können. Aber da merkte sie, dass das Brett gerade das Brett war, nach dem sie suchte. Verwundert sah sie das Brett an und dann ein Stück höher

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auf den Holzstapel. Genau, hier in die Spalte hatte sie den Teddy gesteckt, aber er war weg! Pia war außer sich. Das gab es doch nicht, wer hatte denn ihren Teddy gestohlen? Sie sah ge-rade noch einmal ganz hinten nach, ob der Teddy vielleicht zwischen die Holzscheite ge-rutscht war, als sie etwas am Genick packte und kräftig durchschüttelte. "Ohne Jacke in dem Regen!" rief ihre Oma streng. "Und wie du aussiehst, ganz dreckig und völlig nass. Dirn, ich hab gedacht, du bist schon vernünftiger!" Oma sah Pia wütend an, dann bekam sie "klatsch, klatsch, klatsch!" den Po voll. "Angeschwindelt hast du mich außer-dem noch, dass man dich keine Minute allein lassen kann! Was wolltest du denn nur bei dem Wetter hier am Holzstoß?" Pia weinte und jammerte: "Ich wollte doch den armen Teddy verstecken, damit er nicht auf den Müll kommt!" "Den alten Drecklumpen, du hast doch so schöne neue Stofftiere mit, da brauchst du den Lumpen nicht noch rumzerren", schimpfte die Oma und zog Pia an einem ihrer Zöpfe ins Haus zurück. Pia wurde in die Badewanne gesetzt und tüch-tig abgeschrubbt, was sie gar nicht leiden

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konnte. Sie musste die ganze Zeit über weinen, aber nicht wegen dem Schrubben, sondern weil vielleicht ein wildes Tier jetzt den armen, kranken, nassen Teddy in seinen Bau zerrte und ihn dort in ganz kleine Fetzen riss, damit der Bau schön warm und weich ist.

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Kapitel 3 In dieser Nacht träumte Pia von dem Teddy. Es war ein ganz komischer Traum. Mitten in der Nacht kam der Teddy zu dem offenen Dachbodenfenster in ihr Zimmer geklettert. Er schnaufte laut und schimpfte, weil es nicht so einfach ist, das steile Dach hochzuklettern. "Na Frau Pipi!" sagte er, nahm einen ihrer Zöpfe und zerrte zur Begrüßung ordentlich daran. Pia schrie "Autsch!" und kroch in die hinterste Ecke von ihrem Bett. "Du wolltest mich bei dem Unwetter ersäufen, aber so leicht lässt sich der fiese Teddy nicht unterkriegen!" schrie sie der Teddy an und hieb mit seinem Stoffärmchen auf das Kopf-kissen, dass es einen großen schwarzen Dreck-fleck bekam. "Erst tust du nett und dann stopfst du mich in den Holzhaufen, damit ich verschimmeln kann", schimpfte er weiter. "Aber so seid ihr alle, na wartet, der fiese Ted-dy wird es euch schon noch zeigen!" Der Bär stieg zu Pia auf das Bett und fing an, wie auf einem Trampolin im Schlusssprung darauf herum zu hüpfen, dabei sang er:

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"Ich bin der fiese Teddy, bin zu keinem nett nie!

Pia machte "ksch, ksch!" und versuchte den tanzenden und grölenden Teddy von ihrem Bett zu vertreiben, aber der ließ sich gar nicht stören.

"Ich raube und ich stehle, ich schreie und krakehle,"

sang der Teddy weiter und hüpfte immer hö-her.

"Ich ärger die bösen Kinder die alten Teddy Schinder!"

Überall wo Teddy hinsprang, gab es zwei schmutzige Teddypfotenalbdrücke auf der weißen Bettwäsche. Dann sprang der Teddy mit einem ganz großen Satz vom Bett und machte noch auf der Erde einen Purzelbaum. "Jetzt geh ich erst einmal nachsehen, ob ihr hier nicht irgendwo Schokolade versteckt habt!" erklärte der Teddy und marschierte zur

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Tür. Er sprang an die Türklinke und stemmte sich mit einem Bein geschickt gegen den Tür-rahmen, so dass die Tür aufging. Dann ließ er sich wieder auf die Erde fallen und ver-schwand auf dem Flur. Pia atmete erleichtert auf, ihre Knie zitterten richtig, war das ein schrecklicher Alptraum, doch da erschien Teddys Kopf schon wieder in der Türspalte. "Denk ja nicht, dass ich schon mit dir fertig bin, Miststück!" brummte er, dann machte er das Geräusch von einem Pups nach und verschwand endgültig. Pia saß schlotternd in ihrem Bett, aber da es ja nur ein Traum war, drehte sie sich nach einer Weile auf die andere Seite und schlief weiter.

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Kapitel 4 "Dirn, was hast du denn jetzt wieder ange-stellt?" hörte Pia als erstes beim Aufwachen und dachte zuerst, es würde noch zu ihrem komischen Traum gehören. Aber dann machte sie die Augen auf, und in der Morgensonne stand ihre Oma im Morgenmantel vor ihr. "So wenig bekommst du doch nicht zu essen, dass du dich in der Nacht in die Kammer schleichen und alle Lebensmittel durchwühlen musst!" "Aber ich hab doch gar ...." wollte Pia einwen-den. "Oooooch, und wie das Bett aussieht, auf dem bist du wohl mit schmutzigen Schuhen herum-gehopst? Du bist doch sonst so ein liebes Mädchen, was ist nur in dich gefahren?" "Das war ich doch aber nicht....!" "Das du jetzt auch noch schwindeln willst?" du hast ja noch das ganze Gesicht voller Schoko-lade! Wie kann man nur 5 Tafeln Schokolade essen, ist dir wenigstens schlecht geworden?" "Wirklich ich habe nichts gemacht, Oma!"

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"Sooooo, dann komm einmal mit und sieh dir an, wie es in meiner Speisekammer aussieht!" mit diesen Worten packte die Oma Pias Ohr und marschierte mit ihr die Treppe hinunter zur Küche. In einer Ecke der Küche ist noch einmal eine Tür und dahinter eine kleine Kammer, in der die Lebensmittel aufbewahrt werden. Die Tür zur Kammer stand offen und die Lebensmittel lagen alle durcheinander auf der Erde. "Und das warst du auch nicht?" Oma sah Pia wütend an. "Nein, Oma wirklich nicht...!" "Klatsch, klatsch, klatsch!" bekam Pia schon wieder den Po voll, und das bekam sie sonst nie. Pia weinte jämmerlich und musste an ihren komischen Traum denken. Ob der fiese Teddy wirklich zu ihr gekommen war?

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Kapitel 5 Nach dem Frühstück hatte sich Pias Oma wie-der beruhigt. Sie wusch das Frühstücksgeschirr ab, und Pia trocknete ab. Die Oma erzählte wieder von ihrer bösen Nachbarin, die heim-lich mit einer Gartenschere über den Zaun langte und Omas schöne Rosen abschnitt. Pia hörte nur halb zu, sie musste immer noch an den Teddy denken, es konnte doch nicht sein, dass wirklich der Teddy zu ihr ins Zimmer ge-kommen war und die Schokolade genascht hatte. Je länger sie darüber nachdachte, um so sicherer war sie sich, dass Teddys keine Kü-chen verwüsteten. "Ratten!", fiel es Pia ein, sicher hatten sich Ratten in das Haus geschli-chen und sich in der Küche zu schaffen ge-macht. Ich werde die Ratten fangen und Oma beweisen, dass ich nicht der Schokoladendieb bin, beschloss Pia und bekam bei dem Gedan-ken eine Gänsehaut, sie hatte natürlich große Angst vor Ratten. Als der Abwasch fertig war, ging Pia in den Garten. Die Sonne schien, und sie hatte schon bessere Laune. "Ich werde es euch schon zei-

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gen, ihr alten Ratten!" rief sie laut. "Um eins gibt es Essen, nicht vergessen, Dirn!" rief Ihre Oma zurück, die ein bisschen schwerhörig war und Pia falsch verstanden hatte. "Ist gut Oma!" antwortete Pia und kicherte. Sie lief in den Schuppen, weil da so viele Sachen herumlagen, vielleicht gab es da auch eine Rattenfalle. Pia durchwühlte die alte Kommode, in der es jede Menge Schrauben und Nägel gab. Sie kroch auf den alten Heuhaufen in der Ecke, der schon ganz muffig roch, nichts. Sogar bei dem alten Moped von Opa sah sie nach. Kurz, es war einfach keine Rattenfalle zu finden. Pia wischte die Spinnenweben von ihren Zöpfen und klopfte den Staub aus ihrem Kleid. "Ich sehe schon wieder aus, als hätte ich mich im Dreck gewälzt", stellte sie fest und lief verär-gert in den Garten. Am Gartenzaun stand Vol-ker und langweilte sich ganz offensichtlich. Pia sah ihn verdrießlich an. Jetzt läuft mir auch noch der alte Kürbis über den Weg, dachte sie. "Hallo Pia, na was machste!" rief Volker freundlich über den Zaun und wackelte auf-munternd mit seinem großen Kopf, der wirk-lich ein wenig an einen Kürbis erinnerte.

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"Na heute ohne Raumanzug oder sind deine Freunde ohne dich in ihrem Raumschiff ab-gehauen?" gab Pia verdrießlich zurück. Volker gehörte zu Arnes Bande und wenn er Pia frü-her gesehen hatte, war er immer dabei gewe-sen, sein Lasergewehr auf sie leerzuschießen und schrie dabei so was wie: "Da ist das Mon-ster, ich hab ihm schon einen seiner Köpfe abgesäbelt...!" oder "Da feuert einer von den Mutanten, schickt noch eine Protonenhandgra-nate hinterher, wir müssen ihn vereisen!" "Nee, die sind mir zu langweilig, die spielen ja immer nur dasselbe. Wollen wir nicht was zu-sammen spielen?" fragte Volker weiter. "Nein, ich habe keine Zeit zum Spielen. Ich muss was gegen die Ratten in unserer Kammer machen", antwortete Pia und wollte schon wei-tergehen. "Was Ratten?" Volkers Augen leuchteten. "So richtig fette, mit langen gelben Zähnen und widerlich dürren Schwänzen?" "Ja, ganz abscheuliche, und ihre Augen leuch-ten im Dunkeln, und sie können in einer Mi-nute fünf Tafeln Schokolade fressen!" Pia war auf einmal stolz auf ihre Ratten. "Voll stark!" rief Volker begeistert. "Hast du sie schon gesehen?"

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"Nee!" Pia machte ein wichtiges Gesicht. Das sind ganz kluge Luder, die lassen sich nicht angaffen, die schlagen blitzschnell zu und "Zack!" weg sind sie", dabei klatschte Pia in die Hände. Volker stand mit offenem Mund da und sah aus, wie ein Kürbis zu Halloween. "Willst du sie fangen, ....lebend fangen,.....und und in einen Käfig tun, ..... und und dann ab-richten und mit ihnen spazieren gehen?“ stot-terte Volker vor Aufregung. "Klar!" sagte Pia, obwohl sie nicht wusste, warum man mit Ratten spazieren gehen sollte. "Mann, wenn ich eine zahme Ratte hätte, dass wäre besser als die Marsmonster! Da wäre ich der Bandenchef und nicht der blöde Arne. Kann ich nicht mitmachen beim Rattenfan-gen?" bettelte Volker. Pia überlegte einen Moment. "Na gut, aber du musst zwei Rattenfallen besorgen, nein, besser vier, es wimmelt bei uns ja nur so von den Viechern. "Klar, mach ich!" rief Volker begeistert und rannte los. Nach ein paar Metern blieb er plötzlich stehen und kam dann langsam zu-rück. "Was ist denn?", wollte Pia wissen.

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"Wenn ich unsere Rattenfallen hole, dann macht es "Schnapp!" und die Falle haut die Ratte tot. Wir brauchen sie doch lebend!" Mist! dachte Pia. Was soll ich mit lebenden Ratten, da hab ich mir was schönes einge-brockt. "Ja, aber man kann sie sich auch prima an den Gürtel hängen , wenn sie tot sind", wand Pia ein. "Die stinken doch dann", widersprach Volker. "Du musst sie natürlich vorher preßkurtieren", erklärte Pia und meinte damit präparieren. "Wie'n das?" fragte Volker missmutig. Pia sah in die Luft und überlegte. "Also, ... al-so, ...also zuerst muss man die tote Ratte am Schwanz nehmen und sie so auf einen Ziegel-stein legen, dass die Schnauze übersteht. Etwa sooo viel." Pia zeigte mit den Fingern wie viel. "Und dann mit einem anderen Ziegelstein or-dentlich draufdonnern! Bum! Bum! Bum!" machte Pia. "Äks!" sagte Volker und rümpfte die Nase. "Und wenn sie dann flachgedroschen sind, muss man sie bei mittlerer Hitze", Pia erhob den Zeigefinger, "im mittleren Backblech drei Stunden lang ausdörren."

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"Ich will sie aber lebend!" schrie Volker, “und außerdem mag ich Ratten." Volker war ganz rot vor Wut und Pia bekam einen Schreck. "Schon gut, schon gut! Ich hab mir das nur ausgedacht mit dem preßkurtieren", stammelte Pia. "Wir haben wirklich Ratten, und die ha-ben unsere ganze Schokolade gefressen. Oma denkt, ich war es!" Pia musste auf einmal weinen. "Platz da! Zurücktreten von der Bahnsteigkan-te! Vorsicht der 8°° Uhr Schnellzug kommt angedampft!" Pia sah verdattert auf und vergaß ganz zu schluchzen. Ein kleiner Junge mit einer riesigen runden Brille kam auf seinem Fahrrad mit Stützrädern angesaust. "So verlassen sie doch die Schienen!" schrie er und ahmte das Geräusch eines Zuges nach. Der Junge fuhr unter lautem "Tuut, tuut!" vor-bei. Wer war denn das?" fragte Pia verwundert. "Bodo!" sagte Volker und tippte sich dabei an den Kopf. "Der hat 'nen Klaps, weißte?" Pia war gerade wieder eingefallen, dass sie ja eigentlich beim Heulen war, als Volker sagte:

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"Und wenn wir uns selber eine Rattenfalle bauen?" "Genau", rief Pia, "das machen wir."

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Kapitel 6 Natürlich gingen Pia und Volker in Omas Schuppen, um die Rattenfalle zu bauen. Im Schuppen gab es immer noch eine Menge Sa-chen, die man gut gebrauchen konnte für eine Rattenfalle und Werkzeug war auch da. Volker wollte zuerst Opas altes Moped als Motor für die Rattenfalle verwenden. Pia war froh, als es nicht ansprang. Dann fing Volker an, alte Bretter aneinander zu nageln und tat dabei sehr wichtig. Pia wusste nicht so recht, was sie machen soll-te. Es war ja nur ein Hammer da. Außerdem sagte Volker auch nicht, wie die Falle mit den Brettern funktionierte, nur immer: "Das kommt dann oben... und das rum... und das siehst du dann schon." Pia wollte sich sicherheitshalber eine eigene Falle ausdenken, falls aus der von Volker nichts wurde. Sie kletterte in dem Schuppen über den alten Heuhaufen, da es ja sein konnte, dass dahinter etwas lag, das gefährlich genug war für eine Ratenfalle.

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Pia war schon halb über den Haufen, als Vol-ker mit "Jauh!" aufheulte und den Hammer wegwarf. Pia schrak herum, sah, wie sich Vol-ker den Daumen hielt und rutschte "schwups" in die Ritze zwischen den Heuballen. "Ihhh!" rief Pia und "Jau!, Jau!" schrie Volker und dann war es ganz staubig und duster. "Pia? Pia, he Pia, wo bist du?" rief Volker ängstlich. "Hier unten! Ich bin in den doofen Spalt ge-rutscht", rief Pia zurück und dachte: Alter Jammerlappen, das ist deine Schuld. Volkers grinsender Kürbiskopf erschien über dem Spalt. "Du siehst ja lustig aus da unten." "Hilf mir lieber raus!" sagte Pia ärgerlich. Und als Ihr Volker die Hand entgegenstreckte, fiel ihr Blick auf etwas ganz sonderbares. "Da bist du ja!" schrie Pia. "Natürlich bin ich es!" wunderte sich Volker. "Teddy, Teddy, da hat dich also doch ein wil-des Tier hier in das Heu gezerrt." Pia griff nach dem Teddy, den sie gestern in dem Holz-stapel versteckt hatte und zog ihn aus dem Heunest, in dem er saß. Volker wollte gerade sagen, dass er kein Ted-dy sei, als er sah, was Pia gefunden hatte. Zwi-schen den Heuballen war eine Nische, in der

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ein alter , hässlicher Teddy mit einem schwar-zen Lappen vor der Nase lag. "Fass das lieber nicht an, Pia. Von altem Müll kann man krank werden . Wer weiß, wer das da hingeworfen hat." "Halt die Klappe!" schrie Pia, presste den Teddy an die Brust und krabbelte aus dem Heu. "Ist ja schon gut", maulte Volker und half ihr vom Heuhaufen herunter. "was is'n das für'n Vieh", wollte Volker ein-lenken als Pia dem Teddy die Heuhalme aus dem Fell las.“ Das ist kein Vieh, sondern mein lieber Teddy. Gestern hat ein wildes Tier ihn verschleppt und wenn ich ihn nicht gefunden hätte, dann hätte es ihn in kleine Stücke gerissen und da-mit seinen Bau ausgepolstert." "Ein wildes Tier?" Volker besah sich jetzt in-teressiert den Teddy. "Was denn für ein wildes Tier?" Pia überlegte einen Moment. "Der Rattenkö-nig!" antwortete sie mit tiefer Stimme. "Der Rattenkönig? fragte Volker. "Ja, bei uns gibt es so viele Ratten, dass sie einen König brauchen. Das ist natürlich die

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größte und gefährlichste Ratte von allen, klar?" "Ja klar. Darf ich ihn auch einmal halten?" bat Volker. "Na ja, vielleicht später einmal, wenn er sich ein bisschen erholt hat", erklärte Pia. "Wenn man es mit dem Rattenkönig aufgenommen hat, braucht man erst einmal ein bisschen Ru-he." "Ja klar", sagte Volker und sah bewundernd Pias Teddy an. "Sind vielleicht ein paar Zah-nabdrücke zu sehen? Ich meine, von den riesi-gen Zähnen vom Rattenkönig", bohrte Volker weiter. "Nein, und jetzt lass ihn. Er hat schreckliche Erlebnisse hinter sich." Pia drehte sich weg und setzte den Teddy oben auf den Schrank. "So von hier aus kann er uns zusehen, und dass du ihn ja nicht anfasst!" "Ja, ja", Volker war jetzt eingeschnappt. "Ich hatte auch einen Teddy, der hieß Spock", er-zählte er stolz. "Der ist immer von meinem Kinderzimmerfenster bis zum Gartentor ge-beamt worden. Einmal hat er eins seiner Glas-augen verloren, da hab ich ihn nicht weit ge-nug geschmissen..., äh gebeamt und da ist er

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auf dem Wegpflaster gelandet. Aber seit vor-gestern ist er weg." "Was macht unsere Rattenfalle? Zeig mir doch einmal, wie sie funktionieren soll", wollte Pia. Volker ging zu seinen Brettern. "Also, das hier ist der Transformator, und da geht dann hier die Hauptleitung über den Konverter zum Hy-perraumbeschleuniger und der projiziert die Ratte dann hier...", Volker ging um die Bretter herum, "nein hier in eine Parallelwelt, aus der wir sie dann jederzeit zurücktransformieren können." Pia stand wie vom Donner getroffen da. "Pia! Piiiia! Dirn das Essen ist fertig!" rief die Oma vom Haus herüber. "Treffen wir uns nach dem Essen wieder hier und bauen wir dann die letzten Spulen in unse-re Falle?" wollte Volker wissen. "Ja, ja", sagte Pia, drehte sich um und rannte verdrossen aus dem Schuppen. "Halt!" rief sie uns flitzte zurück. Da saß er noch, ihr Teddy und starrte auf Volkers Müll-hufen. "Komm mein Schatz", sagte Pia, nahm den Teddy in den Arm und lief mit ihm zum Haus. "Diesmal lasse ich dich nicht mehr al-lein. Du bleibst jetzt immer bei mir und ich passe auch auf, dass der Rattenkönig dich

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nicht kriegt", flüsterte sie ihm in sein zerfran-stes Ohr.

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Kapitel 7 In Omas Haus lief Pia schnell in ihre Kammer und versteckte den Teddy unter der Bettdecke, dann schnell Händewaschen, das Heu aus dem Haar gewischt und das Kleid ausgeklopft. Oma wartete schon mit dem Essen. Heute gab es zu den Kartoffeln und dem Schnitzel Mohr-rüben frisch aus dem Garten. Oma sah Pia kurz an, sah, dass sie ganz schmutzig war und "klatsch, klatsch, klatsch!"... Nein, diesmal nicht schon wieder. Oma hatte gute Laune, weil ihre böse Nachba-rin nicht da war und sagte nur, wie du wieder aussiehst Dirn, als hätte man mit dir den Ka-min gefegt. "Und weißt du Dirn, dann hab ich noch gese-hen, wie Teddy im Garten von der alten Hexe einen Knochen vergraben hat", erzählte die Oma fröhlich beim Essen. "Teddy?" rief Pia entsetzt und hätte fast den Topf mit den Mohrrüben umgestoßen. "Ja, Teddy, das ist doch der schwarze Hund von Lohes, die wohnen zwei Häuser weiter",

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Oma kicherte. "Teddy hat seinen Knochen di-rekt im Blumenbeet verbuddelt." Nach dem Essen ging Pia gleich rauf in ihre Kammer, um nach ihrem Teddy zu sehen. Sie hatte richtig Herzklopfen, als sie die Bettdecke aufschlug, aber da lag ihr Teddy noch und sah ihr vergnügt aus seinen kleinen schlauen Au-gen entgegen. "Du brauchst einen Namen", erklärte Pia und drückte ihren Teddy an die Brust. "Du kannst ja nicht Teddy heißen, so heißt ja schon der Hund." Pia sah auf ihr Bett und da war ein hässlicher nasser Fleck, wo der Teddy gelegen hatte. "Vielleicht soll ich dich Dreckspatz nennen", überlegte sie. Teddy starrte sie verärgert aus seinen Glasaugen an. "Nein, das ist kein guter Name." Da fiel Pia ihr Traum von der letzten Nacht ein. "Genau, ich nenne dich: Fieser Teddy! Das passt zu dir und ist nicht so langweilig, wie Bummi oder Schniefi. Der Fiese Teddy!" rief Pia, "das klingt nach Abenteuer, und du bist ja sogar dem Rattenkönig begegnet." Pia setzte den Fiesen Teddy in die Sonne auf das Fensterbrett.

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"Hier kannst du erst einmal trocknen, und heu-te Abend stopfe ich dann die Löcher in deinem Pelz", versprach Pia. Sie stellte die Vase mit den Strohblumen vor den Teddy, damit die Oma ihn nicht sah, wenn sie in die Kammer kam. "Ich muss jetzt weiter an meiner Rattenfalle bauen, aber du brauchst keine Angst zu haben, hier oben findet dich der Rattenkönig nicht." Pia überprüfte noch einmal, ob man den Fiesen Teddy auch wirklich nicht sah, dann rannte sie die Treppe hinunter. "Ich gehe raus spielen!" rief Pia der Oma in der Küche zu, als sie durch den Flur flitzte. "Mach dich nicht wieder so schmutzig, Dirn. Spiel doch mal was mit deinen Puppen, wie die anderen lütten Mädchen." "Ja, ja ein andermal Omi!" und schon war sie auf der sonnigen Wiese und raschelte mit den Füßen durch das Laub von dem großen Wal-nussbaum.

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Kapitel 8 Im alten Holzschuppen tanzten die Staubkörn-chen über Volkers Müllhaufen, aber Volker war noch nicht wieder da. Pia lief eine Weile im Schuppen auf und ab und wartete, dass ihr eine Idee für eine Rattenfalle kam. Die Idee kam nicht, und Volker ließ immer noch auf sich warten. "Wer weiß, auf welchen Planeten der sich ge-beamt hat, um Kürbisse zu pflanzen!" schimpfte Pia. Dann wurde ihr das Warten zu lange, und sie ging zum Zaun. Da war das Haus von Meiers auf der anderen Straßenseite und Teddy, der gerade daran pinkelte. Ihr wisst ja, der Hund Teddy. Hinter Meiers Haus konnte man schon die Hütte von Peters Bande sehen. "Wo bleibt der blöde Kürbiskopf nur?" Pia war jetzt richtig sauer. "Ich werde dir jetzt mal was streng geheimes zeigen!" Pia drehte sich erschrocken zur Seite, dann verdrehte sie die Augen. Bodo schon wieder. Er stand vor ihr und hielt feierlich etwas in ei-

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nem dreckigen Lappen gewickelt Pia entge-gen. "Na, Bodo, was willst du mit denn schönes zeigen?" fragte Pia verdrießlich. "Ich zeig es nur dir, weil es wirklich streng geheim ist!" betonte Bodo und seine riesigen Augen hinter der Brille leuchteten. "Du wirst doch mit keinem darüber sprechen?" "Neeeein!" Pia wurde die Sache langweilig. Bodo wickelte vorsichtig den Lappen von ei-nem morschen Stock. "Es ist ein Glücksge-wehr", flüsterte er und hielt Pia den Knüppel vor die Nase, damit sie ihn besser sehen konn-te. Na ja, ich war ja auch mal so klein, dachte Pia und wollte nach dem Stock greifen. "Nein, nein!" schrie Bodo. "Du darfst da doch nicht rankommen!" und er zog den Stock weg. Vorsichtig zeigte er ohne die Stelle zu berüh-ren darauf. "Das ist doch der Auslöser! Wenn du da rankommst, ballert es los!" "Ach so, na gerade noch mal gut gegangen, was?" sagte Pia und dachte: Ist der aber schön blöd. Bodo wickelte wieder sehr vorsichtig das Glücksgewehr in den Lappen, als aus Meiers Haus Felix zu ihnen herüber kam.

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"Na, was habt ihr denn da?" wollte Felix wis-sen und zeigte auf Bodos eingewickeltes Glücksgewehr. "Och nur nen alten Stock", sagte Bodo und zwinkerte Pia verschwörerisch zu. "Und was macht ihr hier?" wollte Felix wis-sen. "Ich warte auf Volker", sagte Pia. "Und was willst du von Volker?" fragte Felix und popelte mit dem Finger die blättrige Farbe vom Zaun. "Wir bauen an einer Rattenfalle", Pia macht ein wichtiges Gesicht. "Wo sind denn hier Ratten?" Felix machte große Augen. "Bei meiner Oma. Die Speisekammer ist rand-voll mit den Viechern", erklärte Pia. "Wir wol-len sie fangen, und Volker will mit ihnen spa-zieren gehen." Volker kam gerade den Weg entlang. "Was, Ratten fangt ihr?" rief Felix Volker ent-gegen. "Ja, aber erst mal nicht mehr als 10 Stück, sonst wird das Dressieren zu schwierig", er-klärte Volker und wackelte mit dem Kopf.

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"Kann ich nicht auch mitmachen?" fragte Felix "Ich brauche auch nur eine Ratte, kann auch eine kleine sein." bettelte Felix. "Hm, hm", machte Volker und kletterte über den Zaun. Pia sah Volker fragend an. "Ja, oder?" "Von mir aus", Volker tat ganz wichtig. "Aber du kannst nur eine Ratte abhaben, wenn wir genug fangen." "Ja, klar!" jubelte Felix und hopste über den Gartenzaun. "Wo ist denn euere Rattenfalle?", wollte er gleich wissen. "Im Schupp... , nein, nein." Volker überlegte einen Moment. "Große Erfindungen werden nicht in einem Schuppen gemacht. Im Labora-torium!" erklärte er ernst. "Das Laboratorium ist als Schuppen getarnt, um Spione abzulen-ken." "Gibt es auch Spione?" Felix staunte. "Jede Menge", flüsterte Volker geheimnisvoll. Pia verdrehte die Augen zum Himmel. "Nun lasst uns endlich eine wirkliche Rattenfalle bauen. Komm, ich zeig dir Volkers Müllhau-fen", sie nahm Felix beim Arm und führte ihn zum Schuppeneingang. Volker huschte schnell an den zweien vorbei und fing zu erklären an, was von den Brettern

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die Spule für den Fusionsreaktor war und wo der Partikelbeschleuniger hingehört. Pia tippte sich hinter seinem Rücken an den Kopf und Felix kicherte. "Ich weiß was!" sagte Pia, hob den schweren rostigen Hammer von dem Küchentisch und hielt ihn hoch. "Wir machen hier einen Strick dran und oben einen Haken und dann das da unten fest." Volker erklärte immer noch: "... die Hyper-strahlen kommen hier durch, werden da ge-bündelt um... " "Und dann, wie soll es dann funktionieren", Felix versuchte sich Pias Falle vorzustellen. "Also pass auf, ich male es dir auf." Pia nahm ein Stück Holzkohle aus dem Bratwurstgrill und fing an, damit über den Schuppenboden zu kratzen. Bald war eine Zeichnung fertig.

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Pias Zeichnung:

"So!" sagte Pia und betrachtete stolz ihr Werk. "Das hier ist der Köder, der ist in den Strick gewickelt." "Klasse!“ rief Felix“ und wenn die Ratte den Köder frisst, bums, bekommt sie den Hammer auf den Kopf..." "Genau!" Pia war natürlich stolz auf sich. "... man könnte auch den Dimensionsspalter hier anbringen... ", brabbelte Volker immer

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noch und kroch dabei geschäftig um seine Bretter. „He Kürbis, du latschst auf meine Zeichnung“, rief Pia erbost. Volker sah erstaunt auf den Boden. „Das haut nie hin!“ „Ach nein, aber dein Schrotthaufen, das soll funktionieren, ja?“ Pia trat gegen Volkers Bretter. Volker nahm Felix den Hammer aus der Hand, der schon probierte, ein Stück Strick daran zu binden. „Das ist die Ratte“, sagte Volker mit hoher Stimme und stupste das Stück Holzkohle mit dem Fuß an. Er hielt den Hammer darüber und ließ ihn fallen. „Kraks“ machte es . „Du hast die Ratte gefangen!“ kicherte Pia. Felix hob den Hammer an. „Das ist nur noch Rattenmatsche“, stellte er fest und schmierte die Krümel der Holzkohle mit dem Hammer breit. „Was sollen wir mit zermatschten Ratten?“ Volker warf die Hände in die Luft. „Dann sind sie halt schon halb presskutiert,“ überlegte Pia. „Ich will sie dressieren und nicht zermat-schen!“ schrie Volker.

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„Was ist denn presskurtiert?“ aber Felix be-kam keine Antwort. „Vielleicht verirren sich die Ratten ja in dei-nem Müllhaufen und finden nicht mehr raus!“ schrie Pia zurück. „Pfff Mädchen!“ machte Volker. „Ich will auch keine zermatschten Ratten“, überlegte Felix. „Ihr alten Holzköpfe“, heulte Pia los und rann-te aus dem Schuppen. „So ne Heultriene“, Volker fasste Felix am Arm. „Komm, hilf mir hier mit dem Fasen-konverter. Ich krieg den Nagel...äh den Frakti-albolzen nicht durchgedroschen.“ „Holzkopf!“ sagte Felix und rannte hinter Pia her.

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Kapitel 9 Pia stand schluchzend im Garten. „Was`n los?“ „Ach Bodo, bist du immer noch da?“ „Nein nicht immer noch, schon wieder . In-zwischen war ich der 8°° Uhr und der 2°° Uhr Zug. Der 2°° Uhr Zug ist sogar ein D – Zug.“ Bodo hob das Fahrrad, auf dem er saß, vorne hoch und ließ es runterhüpfen. „Da musst du ja 6 Stunden warten, um nach dem 8°° Uhr Zug als 2°° Uhr Zug einmal um die Häuser zu fahren.“ „Nein, nein, der 2°° Uhr Zug hatte Verspä-tung“, erklärte Bodo eifrig. „Herrje“, dachte Pia. „Was habt ihr denn für einen Ärger?“ Bodo ließ nicht locker. „Vergiss es!“ rief Felix hinter Pia. „Da bist’e noch zu klein dafür. Tut mir leid, Pia, Volker ist wirklich bescheuert. Aber mit dem Ratten-matsch hat er Recht.“ “Wie sollen wir sie denn sonst fangen?“ Pia zerrte an Felix, als ob er die Ratte wäre. „Angeln!“

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Beide sahen erstaunt zu Bodo, der die Pedale an seinem Fahrrad prüfte. „Wie soll man denn Ratten angeln? Und wie kriegen wir die ins Wasser?“ überlegte Felix weiter. „Die brauchen doch gar nicht ins Wasser!“ rief Pia aufgeregt. „Wir nehmen einfach einen Strick und Angelhaken und hängen Schokola-de daran...“ „... und wenn die Bestien zuschnappen, hängen sie an unserer Angel fest“, jubelte Felix. „Ich muss jetzt weiter!“ stellte Bodo fest. „Hab gerade grünes Licht bekommen“, und damit sauste er unter: „Tut, tut!“ davon. „Hast du eine Angel?“ fragte Pia. „Hm, ich nicht, aber mein Onkel angelt.“ Felix kratzte sich am Kopf. „Der gibt die mir nie. Die durfte ich nicht einmal halten, als wir zu-sammen Angeln waren. Aber der hat einen Haufen Haken, und ich weiß, wo die liegen, Haken kann ich besorgen.“ „Ich hab’ die Falle fertig!“ rief Volker aus dem Schuppen. „Dann kannst du dir deinen Hintern wegbea-men!“ rief Pia mit honigsüßer Stimme zurück. Felix kicherte. „Wenn der wüsste, jetzt schnappen wir uns die Biester. Ich hol die Ha-

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ken, und du besorgst den Strick aus dem Schuppen.“ “Los!“ rief Pia und rannte zum Schuppen. Fe-lix sprang über den Zaun und wäre beinahe in Bodo gerannt, der mit einem schweren Güter-zug unterwegs war. „Ich brauche schnell den Strick!“ rief Pia noch vor der Schuppentür. „Wir wissen wie wir die Ratten kriegen!“ Pia riss die Tür auf und... „Bums!“ war es dunkel. „Rattenkönig gefangen!“ jubelte Volker. Pia tat der Kopf weh. „Warte ich helfe dir.“ Volker nahm ihr den alten Maleimer ab, der ihr über den Kopf geflogen war. „Was soll denn der Mist? Setz deinen Kürbis-hut gefälligst selber auf!“ Pia warf den Eimer weg. Der Eimer hing an einem langen Strick, der oben über der Tür über einen Balken führ-te. „Ich habe den Eimer oben über die Tür ge-stellt, da auf den Balken.“ Volker trat von ei-nem Bein auf das andere vor Freude. „Der kippte nur nicht runter, weil der Strick an der Tür ihn festhielt. Wenn einer die Tür auf-macht,...saus, bums!“ machte Volker. Pia zerrte an dem Eimer. „Der reicht doch nicht mal bis auf den Boden! Volker meinst

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du, der Rattenkönig ist so groß wie ich? Au-ßerdem machen Ratten keine Türen auf, die kommen doch durch unterirdische Gänge und...“ „Da bin ich wieder und hier die Haken...“ ,Felix kam in den Schuppen gehetzt, „...was soll’n das sein?“ „Das ist Volkers tolle Falle, die hab’ ich gera-de auf den Kopf bekommen.“ Pia band den Strick an der Schuppentür los. „Aber wir brauchen doch keine Tür, da kann doch auch der Köder hin...“ Volker hatte vor Aufregung rote Flecken auf seiner riesigen Stirn. „Seht doch einmal, die Ratten fressen den Köder, der zwischen den Strick gebunden ist, der Strick gibt nach und der Eimer saust von der Decke. Wir müssen nur einen Nagel oder eine Öse an die Zimmerdecke machen, wo der Strick durchläuft. Wenn die Falle zu-schnappt, sitzt die Ratte unter dem Blechei-mer, den kann sie nicht durchnagen!“ Volker hämmerte mit der Faust gegen den Eimer zum Beweis, wie fest der war. „Hier der Strick!“ Pia hatte ihn ab. „Könnte hinhauen...“ überlegte Felix. „Wir brauchen nur noch was, was die Ratten gerne fressen!“ rief Volker eifrig.

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Pia fuchtelte mit dem Strick rum. „Ich denke, wir wollen sie angeln! Wo sind denn jetzt die Angelhaken?“

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Kapitel 10 Felix setzte sich im Schneidersitz auf den Schuppenboden und schüttelte eine kleine Blechdose, aus der es leise klapperte. „Wie angeln?“ Volker drehte den Eimer um und setzte sich darauf. Felix erzählte von der Idee, wie man Ratten angelt, als es an die Schuppentür hämmerte. „Auweia, meine Oma!“ rief Pia und versteckte den Strick hinter dem Rücken. Felix steckte schnell die Blechbüchse ein, und Volker sah besorgt auf das Ungetüm, seine er-ste Falle, ihr wisst schon, der Bretterhaufen. „Gibt das Ärger?“ fragte er und deutete auf das Durcheinander. „Ich habe gehört, ihr habt einen Rattenzirkus!“ rief jemand hinter der Schuppentür. „Kann ich mitmachen?“ „Puh!“ nicht die Oma, dachte Pia erleichtert. „Wer is’n da?“ rief Felix zurück. „Ich bin es, Uta. Peter lässt keine Mädchen mehr in seiner Bande mitmachen, und Bodo hat erzählt, dass ihr Ratten habt. Peter ist ein Arsch!“

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Noch einer, dachte Pia. Bevor sie etwas sagen konnte, rief Volker schon: „Klar, komm nur rein. Hier gibt es genug Ratten für alle. Du musst sie nur blitzschnell hinter den Ohren packen und darfst sie ja nicht loslassen, sonst beißen sie dir sofort die Finger ab. Habs, habs, habs!“ machte Volker und hielt sich beide Hände vor den Mund, damit man sein Kichern nicht hören konnte. „Könnt ihr sie nicht erst einsperren?“ rief Uta durch die Tür. „Ich habe keine Angst vor Rat-ten, nur damit sie mich erst kennenlernen kön-nen“, fügte sie schnell dazu. „Wie sollen wir die denn alle kriegen? Wir stehen bis zu den Knien im Gewimmel!“ rief Felix prustend zurück. Danach war es still. „Komm rein!“ rief Pia, der es zu blöd wurde. „Hier gibt es nur zwei Ratten, und die heißen Volker und Felix. Langsam ging die Tür auf, und Utas Sommer-sprossennase erschien in dem Türspalt. „Schade, dass du meine Falle abgebaut hast“, stellte Volker fest. „Vielleicht sollten wir Mädchen fangen und keine Ratten.“ Pia schubste ihn vom Eimer und rief noch einmal: „Na komm schon rein, wir haben noch keine Ratten.“

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Und dann mussten sie Uta noch einmal die Geschichte von Omas Ratten erzählen, und Volker erzählte von seiner Falle und Felix vom Rattenangeln. Pia nahm in der Zwischenzeit die Blechbüchse und untersuchte die Angelhaken. „Pass damit bloß auf, die haben Widerhaken!“ rief Felix besorgt. „Wenn du dir so ein Ding in den Finger piekst, bekommt man den Haken nicht mehr heraus. Alle begutachteten die An-gelhaken. „Das sind Drillinge“, erklärte Felix und nahm einen großen Haken mit drei Spitzen. „Sind die für drei Fische auf einmal?“ „Nein, Uta, die sind für die ganz großen Raub-fische“, sagte Felix. „Genau das, was wir für die gefährlichen Bie-ster brauchen!“ meinte Pia. „Von den kleinen Haken reißen die sich doch gleich los!“ „Mann, wenn da eine Ratte reinbeißt, das tut bestimmt furchtbar weh im Mund“, sagte Uta. Pia drehte einen der großen Drillinge vorsich-tig zwischen den Fingern. „Wenn ich eine Ratte wäre und an einem so furchtbaren Haken hängen würde, wäre ich erst recht richtig böse“, überlegte Uta weiter.

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„Wie wollen wir die denn von den Haken überhaupt wieder ab bekommen?“ „ Ach, das geht schon“, meinte Felix. Mein Onkel macht die kleinen Fische auch immer gleich wieder ab und wirft sie zurück ins Was-ser. Ratten sind ja nicht einmal so glitschig.“ „Kannst du das?“ Uta fasste ganz vorsichtig an eine Spitze. „Klar!“ sagte Felix und dachte: Hoffentlich fangen wir nicht wirklich eine Ratte. „Und was ist mit meiner Falle?“ fragte Vol-ker. „Wir können sogar noch Wasser in den Eimer machen, dann stinken die Ratten nicht mehr so, wenn wir sie fangen.“ “Cool!“ fand Felix. “Erst die Dusche und dann, zack, unter den Eimer.” „Wir machen beides!“ beschloss Pia. „Bei Oma gibt es so viele Ratten, da ist es gut, wenn zwei Fallen auf einmal zuschlagen. Au-ßerdem , wenn die schlauen Biester den Braten von einer Falle widdern, schlägt die zweite zu.“ „Genau!“ „Prima, so machen wir es!“ fanden die ande-ren.

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„Und du machst wirklich den Haken aus dem Rattenmaul?“ fragte Uta noch einmal und sah bewundernd zu Felix. „Wir können ja auch nur den Eimer nehmen?“ Felix zuckte mit den Schultern. „Jetzt haben wir zwei Fallen, jetzt machen wir das auch richtig“, Pia wollte endlich die Fallen aufbauen. „Du kennst dich mit dem Angeln aus und hängst die Ratten ab. Oder hast du Schiss?“ „Quatsch!“ Felix machte vor, wie der die Rat-ten packen wollte und blitzschnell von dem Haken drehte. „Wir binden gleich mehrere Haken an einen Strick, da fangen wir gleich ein paar auf einen Streich!“ Pia begann schon, den ersten Haken festzuknoten. Herrje, dachte Felix und knotete den nächsten Haken fest. „Unter meinen Eimer passen auch ein paar Ratten!“ rief Volker schnell. „Wir müssen nur den Köder groß genug machen, dann stürzen sich mehrere darauf.“ Was denn überhaupt für ein Köder?“ wollte Uta wissen. „Na Schokolade!“ sagte Pia.

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„Ich hab’ noch jede Menge Schokolade!“ Uta lief zur Tür. „Ich esse keine Schokolade, ich habe sogar noch Weihnachtsmänner von zwei Jahren.“ „Das hätte ich wissen müssen“, Volker stöhn-te. „Wir hatten in unserem Raumschiff nie Proviant.“ „Ihr habt mich ja nie mitspielen lassen“, rief Uta und rannte in den Garten. Volker fand einen neuen Strick, den er an den Eimer band. Dann suchte er etwas, dass man an die Decke schrauben konnte, wo der Strick durchging. Es klopfte schon wieder gegen die Schuppen-tür.

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Kapitel 11 „Parole?“ rief Volker, dann fiel ihm ein, dass es ja auch die Oma sein könnte. „Rattenzahn beißt jeden lahm!“ kam die Ant-wort zurück. „Cool!“ meinte Felix. „Komm rein Uta!“ rief Volker erleichtert. „Ich habe noch Arne und Tobias mitgebracht, die wollen auch mitmachen“, erklärte Uta. Die vier Rattenjäger sahen einander an. Auf einmal kommen alle angerannt, dachte Pia und zuckte mit den Schultern. „Von mir aus“, meinte Felix. „Dürfen wir, Pia?“ fragte Arne kleinlaut. „Aber ich bin jetzt der Bandenchef!“ rief Vol-ker. „Wieso du?“ Pia sprang auf. „Sind die Ratten bei deiner Oma oder wimmelt es bei uns von den Bestien?“ „Ok, Pia ist der Chef, aber von mir kommt die Idee mit der Eimerfalle“, beharrte Volker, „und der eingebauten Rattendusche.“

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„Rattendusche?“ wunderte sich Tobias, na und dann wurde die ganze Geschichte von den Rat-ten und den Fallen noch einmal erzählt. Es klopfte schon wieder. „Parole!“ brüllte Volker ganz automatisch. Es war wirklich die Oma. Sie stand in der Tür und freute sich, dass ihre Enkelin so viele neue Freunde hatte. „Warum spielt ihr denn nicht draußen, Dirn? Es ist doch so schönes Wetter.“ Der Schuppen war so voller Kinder, dass Oma die Sache mit den Rattenfallen gar nicht mit-bekam. „Och Oma, wir spielen, dass das unser Haus ist, weißt du...!“ schwindelte Pia. „Na schön, Dirn, ich muss noch einmal ins Dorf einkaufen. Macht keinen Unfug, ja?“ und damit war die Oma verschwunden. „Das war knapp!“ stellte Pia fest. „Wo wollt ihr die ganzen Ratten überhaupt reintun?“ fragte Arne. „Vielleicht lassen wir sie erst mal eine Weile an den Haken und unter dem Eimer“, meinte Felix, weil er sie dann nicht abmachen musste. „Ich meine natürlich nur, bis sie ein bisschen zahm sind und auf uns hören.“ „Quatsch, wenn man an einer Angel hängt, wird man doch nicht zahm!“

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„Ich hatte einmal ein Meerschwein, das ist ge-storben. Der Käfig steht noch im Keller“, überlegte Tobias. „Gut, hol du den Käfig und wir gehen in die Speisekammer und bauen die Fallen auf, so-lange Oma einkaufen ist.“ Pia hob vorsichtig den Strick mit den Haken an. Es waren sieben. Sieben gefährliche Drillinge. Tobias drehte sich an der Schuppentür noch einmal um. „Wir brauchen doch noch einen Namen für unsere Bande!“ „Wie wäre es mit Volkers Bande?“ meinte Volker. „Auch wenn Pia der Chef ist“, sagte er schnell. „Quatsch!“ rief Uta. „Wir sind die Rattenfän-gerbande!“ „Cool!“ fand Felix. “Rattencatcher!” sagte Volker, “das ist gut!“ „Ok!“ Pia war es egal und die anderen waren begeistert. Tobias rannte den Käfig holen und der Rest der Rattencatcher machte sich auf in Omas Vorratskammer. „Zieht die Schuhe aus!“ befahl Pia, „sonst wird Oma sauer, wenn alles dreckig ist, und ich bekomme es wieder ab.

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Kapitel 12 Zur gleichen Zeit: Der Fiese Teddy saß auf der Fensterbank und trocknete in der Nachmittagssonne. Teddy, der Hund, machte einen kleinen Spa-ziergang. Er durfte natürlich nicht einfach so allein über die Felder springen, Hasen ärgern und an alle parkenden Autos pinkeln. Aber Teddy war ein sehr kluger Hund und wusste genau, dass Herr und Frau Lohe sich nach dem Essen immer eine Stunde auf das Sofa legten. Und das war Teddys schönste Zeit. Kaum hör-te er die Wohnzimmertür klappen, streckte er die Schnauze hoch in die Luft und ging spazie-ren. Oma war inzwischen in dem kleinen Super-markt und stand an der Theke. Herr Meier, der Verkäufer lächelte ihr entgegen. Herr Meier, hieß wirklich Meier und ärgerte sich immer, wenn die Kinder riefen: „Herr Meier, wir kau-fen ihre Eier!“ Er kramte geschäftig in einer Pappkiste und zeigte der Oma sein Sortiment an Rattenfallen.

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„Sie haben da wirklich sehr schöne Rattenfal-len, Herr Meier, aber wie ich schon sagte, ich brauche wirklich keine.“ Oma wollte höflich sein und wunderte sich, was heute mit Herrn Meier los war. Vielleicht wird er die Dinger nicht los, sagte sie sich. „... und dann hätten wir hier auch noch sehr wirkungsvolles Gift, das bringt die stärksten Nager um. Sehr bewährt, sehr bewährt. Da wird man auch der größten Rattenplage Herr.“ „Ich habe aber keine Ratte, Herr Meier!“ „Ja natürlich, ja natürlich, Frau Clüver, wer hat schon Ratten! In einem ordentlichen Haushalt gibt es doch kein Ungeziefer nicht?“ Herr Meier grinste dümmlich. Arme Frau, dachte er sich. Das ganze Dorf spricht von ihrer Ratten-plage und sie schämt sich, eine Falle zu kau-fen. Die zwei dicken Frauen hinter Oma tu-schelten. „Aber man kann ja nie wissen, manchmal ist es gut, etwas im Haus zu haben..., so für alle Fälle“, erklärte Herr Meier weiter. Oma wollte saure Gurken und kein Rattengift. Wer weiß, was die wieder im Fernsehen gese-hen haben? Irgendso einen Gruselfilm mit Rat-ten, dache Oma. Oma hatte keinen Fernseher,

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sie wollte auch keinen, auch kein Rattengift. Oma wollte saure Gurken! „Und dann gibt es hier noch prima Gitter! Na-gerfest! Garantiert, mit Prüfsiegel! Die kann man vor die Fenster machen, da beißt sich nichts mehr durch.“ Der hat doch nen Knall, dachte Oma. „Oder das hier, ist für den Abfluss. Einfach draufschrauben, da kommt keine Ratte mehr durch...!“ „Saure Gurken bitte!!!“ rief die Oma und be-kam ganz rote Backen vor Aufregung. „Die passen da auch nicht durch...äh, Ent-schuldigung! Natürlich, hier, die nehmen sie doch immer.“ „Ja“, sagte Oma. „Danke!“ „...und wenn sie dann doch was gegen Rat-ten...“ Oma knallte die Ladentür zu und stampfte nach Hause. Der Fernsehen ist ein rechter Teu-felskram, dachte sie auf dem Heimweg, das macht die ganze Welt verrückt. Zum Schluss schüttet der Meier einem das Rattengift noch heimlich ins Essen, nur weil er seinen Mist nicht los wird. Ich habe meinen Lebtag noch keine Ratte gesehen...

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Unterwegs begegnete sie Teddy, Teddy, dem Hund, auf seinem Spaziergang. „Pass auf, dass dich der Meier nicht vergiftet! Immer schön bellen, sonst denkt der Esel, du bist eine Rat-te!“ rief Oma Teddy zu. Teddy hatte es eilig. Die Stunde war um und er musste schnell wie-der vor der Tür liegen. Er schüttelte sich kurz und rannte schnell weiter.

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Kapitel 13 In der Küche war die Hölle los. Aufgeregt rannten die Kinder durcheinander. Volker hat-te den Küchentisch in die Speisekammer ge-schoben. Jetzt stand er auf ihm und popelte mit einem großen Haken ein Loch in die Decke. „Was willst du denn mit der alten Klingel?“ Uta hatte ganz braun verschmierte Hände von der Schokolade. „Damit sich die Ratten nicht so lang an den Haken herumquälen müssen!“ erklärte Felix. „Die hab ich in der Schublade im Schuppen gefunden.“ „Da brauchen wir doch auch noch einen Klin-gelknopf , wo die Ratten draufdrücken kön-nen!“ „Quatsch, wir binden die Klingel an die An-gelschnur, und wenn die Ratten richtig daran herumzerren, klingelt das auch so.“ Felix hatte die Klingel schon an der Schnur verknotet. „Kürbis, bist du total bescheuert!“ Pia zerrte an Volkers Bein. Der Küchentisch lag voller Putzkrümel. Volker sah ärgerlich nach unten. „Weißt du, wie schwer das hier reingeht? Hol

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lieber das Beil aus dem Schuppen, damit kön-nen wir ordentlich dagegen donnern.“ „Ich donner dir gleich eins auf den Kürbis!“ Pia war außer sich. „Was meinst du, was los ist, wenn Oma das sieht!“ „Auweia!“ Uta sah jetzt erst, was Volker da machte. „Aber der Haken muss doch hier rein!“ vertei-digte sich Volker mit hochrotem Kopf. „Da ist doch sowieso ein Haken, da wo die Lampe daran hängt“, Felix zeigte auf die Dek-kenlampe. „Du kannst doch den Strick da durchstecken“. Uta half Pia, den Putz wegzukehren. „Wir müssen die Falle noch verstecken, Oma kommt ja gleich vom Einkaufen. Bevor ich ins Bett gehe, stelle ich alles richtig hin.“ „Ok, Pia, wir sind fertig“, Felix zeigte stolz auf die ausgelegte Angelschnur. „Wir können sie hier unter das Regal schie-ben,“ Arne lag auf dem Bauch und versteckte die Angelschnur. Nur, wo sie am Regal fest-gebunden war, sah man sie noch. „Fertig!“ verkündete Volker stolz.“ Der Eimer steht auf dem obersten Regalbrett, da muss dann nur noch Rattenduschwasser rein, und du

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musst ihn so...“Volker machte vor, wie es rich-tig war...“ ankippen“. „Hier, den Strick mit dem Köder für die Ei-merfalle legen wir...“ Tobias kam nicht wei-ter, die Kammertür flog auf und die Oma mit den sauren Gurken erschien. „Das geht aber zu weit Dirn!“ Oma machte ein entsetztes Gesicht, ihre Vorratskammer war bis in die letzte Ecke mit Kindern vollge-stopft. „Ja Oma, die Kinder wollten doch so gerne sehen, wo unsere Ratten die Schokolade ge-funden haben..“ stotterte Pia. „Wir haben bei uns keine, keine, keine Raaa-aatten!“ rief die Oma mit puderrotem Kopf. Die Rattencatcher machten, dass sie davon kamen. „Wenn die Fallen zuschnappen, holst du uns gleich!“ flüsterte Volker im Vorbeige-hen Pia ins Ohr. „Ich muss jetzt nach Hause!“ sagte Felix und klopfte Pia auf die Schulter. „Auf Wiederse-hen Frau Clüver!“ Die Oma schob mit Pia den Küchentisch zu-rück in die Küche. „Was machst du denn im-mer nur für Sachen, Dirn?“ sagte die Oma und aß das Glas saure Gurken.

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Pia deckte eifrig den Abendbrottisch und er-klärte der Oma, dass es nicht so einfach ist, wenn man ein paar nette Freunde haben will. „Das sind Jungs, weißt du Oma und...da muss man sich schon ein spannendes Abenteuer ausdenken, damit die mit einem spielen.“ „Die Uta ist doch ein nettes Mädchen, spiel doch mit ihr mit deinen Puppen.“ „Du Oma, hast du nicht Stopfgarn für mich, ich muss da noch was flicken“, fiel es Pia ein. „Hast du dir die Strümpfe zerrissen?“ fragte Oma besorgt. „Die kann ich doch für dich stopfen.“ „Nein Oma, meine Puppe hat ein Loch im Kleid, und ich möchte das wirklich allein schaffen!“ Oma freute sich, dass ihre Enkelin doch nicht nur Unfug im Kopf hatte. Pia freute sich, dass sie dem Fiesen Teddy die Schnauze stopfen konnte. Ich habe es ihm schließlich verspro-chen, dachte sie beim Essen.

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Kapitel 14 Auf dem Fensterbrett saß brav der Teddy. „So Teddy, jetzt mache ich dich wieder gesund,“ sagte Pia entschlossen und stellte das Nähzeug auf die Bettdecke. Teddys schwarze Knopfau-gen funkelten erwartungsvoll im Abendlicht. „Was ich heute alles erlebt habe,“ Pia setzte sich den Teddy auf den Schoß, und nahm ganz vorsichtig das Tuch von seiner zerschundenen Schnauze. „Du musst jetzt tapfer sein, Teddy, es kann ein bisschen weh tun, weißt du? Wenn ich dir dein Fell flicken soll, muss ich die Na-del nehmen, aber du bist ja ein tapferer kleiner Bär!“ Pia begann, so gut sie nur konnte, die Löcher im Fell zu stopfen. Das Stopfgarn hatte auch fast die Farbe von dem Teddyfell und Pia war mächtig stolz, dass sie Teddy so schön helfen konnte. Beim Stopfen erzählte Pia ihrem Fie-sen Teddy was alles passiert war. Natürlich schimpfte sie ein bisschen über Kürbis, der fast die Zimmerdecke zerlöchert hatte.

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„Fertig!“ stellte Pia fest und hob Teddy hoch in die Luft. Jetzt bist du so schick, jetzt brauchst du nur noch was zum Anziehen!“ Pia sah sich um, auf der alten Truhe saßen ihre Puppen. Die Puppen hatten alle Kleider an. Pia sah grübelnd auf ihre Puppen, dann zum Fie-sen Teddy. „Ach, du bist der Fiese Teddy, wer sagt denn, dass du keine Frau bist? Mädchen sind sowie-so schlauer als Jungs, weißt du Teddy,“ dabei drückte Pia ihre Nase an Teddys frisch ge-stopfte Schnauze. „Es heißt der Teddy, aber nie die Teddy, also ist Teddy ein Überwort. Wie, wie, Hund, der Hund und der Hund kann trotzdem eine Frau-Hund sein. Hast du nicht gesehen, hatte Teddy das schöne rote Kleid von der Puppe Susi an. „Oder der Vogel, Vögel sind auch Frauen, jede Menge...“ Pia besah sich den Teddy grübelnd. Wenn er jetzt doch ein Teddy-Mann war? Pia unter-suchte ihn zwischen den Beinen, aber da war nichts. „Mit dem Namen das haut jetzt ja auch nicht mehr so richtig hin.“ Es war eine schwie-rige Sache, wenn der Teddy eine Teddyfrau ist. „Frau Fieser Teddy!“ Pia warf Teddy in die Luft, dass sein neues Kleid sich wie ein Fallschirm aufblähte.

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„Du bist Frau Fieser Teddy, der Schrecken al-ler doofen Jungs!“ Pia drückte Frau Teddy an sich und rannte die Treppe herunter. „Wo willst du denn jetzt noch hin Dirn?“ Oma saß im Wohnzimmer neben der riesigen Standuhr und häkelte. „Ich geh noch eine Runde spazieren, Oma! Hier mit meiner Frau Teddy!“ Pia schwenkte den fiesen Teddy in seinem bezaubernden Kleid kurz durch die Luft.“ Gut Dirn, aber nicht so lange, du musst dann schlafen gehen. Es wird ja auch bald dunkel.“ In der Diele fiel Pia beinahe über ihren Pup-penwagen. „Komm ich fahre dich spazieren!“ erklärte sie ihrer Frau Fieser Teddy, setzte sie in den Wagen und los ging’s. Die Dorfstraße war in ein zauberhaftes Rosa getaucht, und am Himmel rollte eine riesige purpurrote Sonne in ihr Bett. „Das gibt ein schönes Feuerchen“, kicherte Pia und stupste Teddy in den Bauch. „wenn die Sonne in ihr Bett kriecht, da würden wir gerne zusehen, was?“ „Was hast du gesagt?“ Bodo hantierte mit sei-nem Fahrrad herum.

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„Ach nichts, Bodo, ich habe mich nur mit Frau Teddy unterhalten. Mit Frau Fieser Teddy!“ betonte Pia. „Ich sehe noch mal meine Lock durch, Pia weißte, ich muss jetzt rein.“ „Bis morgen Bodo, ach...“Pia grinste, „hast du noch dein Glücksgewehr?“ „Pssst!“ machte Bodo und hob seinen Pullover hoch. Der Stock steckte vorn in seinem Gürtel. “Tu dir nicht weh mit dem Ding“, kicherte Pia, dann war sie bei dem Haus von Lohes. Teddy war im Garten, nein jetzt schon nicht mehr, er war mit einem Satz über den Zaun gesprungen und kam mit wedelndem Schwanz auf Pia zugerannt. „Na Teddy!“ und damit meinte Pia den Hund. Teddy blieb kurz stehen, schnupperte und dann stellten sich seine Nackenhaare auf. Ted-dy sah auf einmal richtig gefährlich aus, er zeigte seine Zähne und knurrte Pia an. „Was ist denn los, Teddy? Wir kennen uns doch, wir waren doch schon oft zusammen spazieren.“ Nein Moment! Teddy knurrte nicht Pia an, Teddy knurrte den Kinderwagen an und jetzt begann er zu bellen.

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Pia wurde es unheimlich, so hatte sie Teddy noch nicht erlebt. Teddy sprang hoch und hätte beinahe in den Fiesen Frau Teddy gebissen. Frau Lohe kam aus dem Haus geschossen. „Teddy, sofort hier!“ schrie sie aufgeregt, was heißen sollte, das Teddy zu ihr gehen soll. „Teddy! Platz!“ schrie jetzt auch Herr Lohe, und wie er das schrie. Herr Lohe war Soldat. Teddy platzte nicht, er bellte noch immer und sprang an dem Puppenwagen hoch, dass Pia eine Heidenangst bekam. Herr Lohe war inzwischen über den Zaun ge-sprungen und zerrte den jaulenden Teddy auf das Grundstück. „Es tut uns leid, Pia“, stotterte Frau Lohe, „wir wissen auch nicht, was in Teddy gefahren ist, der macht so was sonst nie.“ Pia schob mit zitternden Beinen ihren Pup-penwagen weiter und sah noch einmal ver-wundert zurück zu Lohes Haus. Im Nachbar-grundstück, kniete Bodo mit seinem Stock (Glücksgewehr) im Anschlag. „Jetzt hätte ich beinahe den armen Teddy ab-geballert!“ rief er. Pia winkte ihm. „Ich glaube, heute Abend ha-ben alle ein Rad ab, flüsterte Pia der Fiesen Frau Teddy ins Ohr.“

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Pia hatte genug vom Spazieren gehen und wollte wieder nach Hause, als ihr Felix über den Weg lief. „Hat schon eine angebissen?“ „Ne, ist noch mal gut ausgegangen, Herr Lohe hat Teddy weggezerrt!“ Felix sah Pia verwundert an. „Ach so, ich bin ganz durcheinander, du meinst die Ratten, Felix. Nee, ich mach doch erst nachher die Fallen scharf, wenn Oma schläft.“ „Wenn eine dranhängt, komm gleich zu mir! Da drüben, das ist mein Fenster, ich lasse es offen, da kannst du rein und mich wecken.“ „Ok!“ Pia wollte jetzt nach Hause. „Die andern lassen auch ihre Fenster offen, nur bei Volker müssen wir ein Stöckchen ans Fen-ster werfen, der wohnt oben.“ „Ok!“ sagte Pia noch einmal. „Bis dann und schlaf gut.“ „Ich kann doch nicht schlafen, wenn jeden Moment die Bestien anbeißen können! Also du kommst dann gleich!“ „Pia winkte noch einmal und war froh, als sie wieder zu Hause war.

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Kapitel 15 Oma wartete schon ungeduldig auf Pia. „Komm aus den Plünnen, Dirn du musst doch schlafen gehen!“ „Ja, Oma!“ Pia musste kichern „Ich mach mich gleich fertig, ich bringe nur noch meine Frau F...Frau Teddy nach oben.“ Es ist besser, wenn Oma den Fiesen Teddy nicht erkennt, dachte Pia, sonst will sie ihn wieder wegwer-fen. Als Pia mit ihrem lieben Frau fieser Teddy im Bett lag, lauschte sie, bis es ganz leise im Haus war und Oma schlief. Auf Zehenspitzen schlich Pia die alte Treppe herunter. Gut, dass Pia hier so oft Indianer gespielt hatte. Sie kannte jede Stufe. Auf die dritte von oben durfte man nicht treten, sonst knarrt es. Die nächste muss man am linken Rand erwischen, dann auf die Mitte treten und dann wieder eine Stufe auslassen. Ihr braucht Euch das jetzt nicht zu merken, wenn Ihr einmal zu Pias Oma kommt, werdet Ihr doch nicht bei Nacht die Treppe herunter schleichen wollen, oder?

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Pia war unten. „Klasse was?“ flüsterte sie dem Teddy ins Ohr. Frau Teddys Augen glänzten in der Dämmerung. Pia schlich weiter, der aufge-hende Mond schaute direkt durch das Flurfen-ster. Die Küchentür, ganz leise, dann noch zwei Schritte, ei der Stuhl! „Kracks!“ Pia hielt die Luft an. „Da haben wir noch ein-mal Glück gehabt, flüsterte sie Frau Teddy ins Ohr, ich dachte schon, Oma wird wach. Oma wurde nicht wach und wenn sie gewusst hätte, was sich Teddy gerade dachte, hätte sie sich unter der Bettdecke verkrochen. Aber Pia wusste es nicht und knipste ganz leise das Licht von der Speisekammer an. Sie setzte Frau Fieser Teddy auf das Regal ne-ben dem Zucker. „Nicht naschen!“ kicherte Pia, dann nahm sie den Eimer und ließ Wasser reinlaufen. „Ich nehme lieber nicht so viel, wenn alles so nass ist, wird Oma böse. So dreckig werden die Ratten nicht sein, dass man die so lange duschen muss.“ Mit dem Eimer das klappte prima. Er stand ganz kippelig auf dem obersten Regalbrett und wurde nur von dem Strick gehalten, den die Jungs unten am Regal festgebunden hatten. „Wenn die Ratten hier die Schokolade durchfressen“, Pia zeigte

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der Fiesen Frau Teddy den Köder, „platsch bums, sitzen sie in der Falle.“ Teddy sah genau zu, und er naschte natürlich nicht von dem Zucker. Pia zog die Angelschnüre unter dem Regal hervor und wollte gerade „Fertig!“ sagen, als sie sich vorstellte.... Pia sah Teddy an. “Stell dir vor, du wärst eine Ratte und willst ein bisschen naschen und dann, und dann, und dann beißt du in so einen furchtbaren Haken.“ Pia hätte losheulen kön-nen, so taten ihr die Ratten auf einmal leid. „Das kann man doch nicht machen, oder Frau Teddy?“ Pia nahm den Strick mit den Haken, und machte ihn vom Regal los. „Wir sagen einfach, der Rattenkönig hat sich damit losge-rissen und muss jetzt unter furchtbaren Qualen langsam sterben. Mal sehen, ob den Jungs die Idee mit den Haken dann noch gefällt. Wenn dann alle um den armen Rattenkönig heulen, kann ich ihnen ja die Wahrheit sagen. „Zack!“ sagte Pia und warf die Angelschnur in den Müll, nahm Teddy und schlich sich sehr zu-frieden zurück in ihre Kammer.

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Kapitel 16 Pia schlief. Volker schlief. Felix schlief und die ganze Rattencatcherbande. Auch Teddy schlief und träumte von dem furchterregenden kleinen Monster in Pias Puppenwagen. Das Monster kam in der Nacht zu ihm geschlichen und zerrte ihn am Ohr. Nein, nicht Pias Frau Fieser Teddy träumte das, der Hund von Lohes lag in seiner Hundehütte und hatte diesen schlimmen, schlimmen Alptraum, dass das kleine böse Monster zurückkam. Frau Fieser Teddy schlief nicht, der stand ne-ben Teddy, dem Hund, hatte ein Beinchen auf seine Schnauze gestellt und zerrte aus Leibes-kräften an dem armen Hundeohr. Teddy, der Hund, wurde wach. Auch Hunde können glauben, sie schlafen noch, obwohl sie schon wach sind. Da war es wieder, das furchtbare Monster in dem Puppenkleid. „Na, Köter, ausgeschlafen?“ nuschelte der fie-se Teddy, weil Pia seine Schnauze doch nicht so ganz perfekt repariert hatte. „Du wolltest mich in kleine Fetzen reißen!“ Frau Teddy zerrte bei jedem Satz an Teddys Ohr. „Durch

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den Dreck zerren!“ Und mit deinem stinken-dem Sabber vollschmiern, aber jetzt wird ab-gerechnet! Los Jungs helft mir mal, ich habe da eine feine Überraschung für unseren Ted-dy!“ Der arme Teddy, der Hund, zitterte am ganzen Körper und traute sich nicht einmal, leise zu knurren. Im Mondlicht erschienen noch zwei von den Monstern. „Spock, Schnuffel, wir nehmen ihn mit!“ kommandierte der Fiese Teddy. Ehe es sich Teddy recht versah, wurde er aus seiner Hun-dehütte gezerrt und zum Grundstück von Oma Klüver gebracht. Der Fiese Teddy rief: „Lasst ihn nicht laufen, Jungs. Ich mache nur schnell das Fenster auf“, und damit war er verschwunden. Teddy über-legte kurz, ob er versuchen sollte abzuhauen, aber der einäugige Spock hatte ihn fest am Schnurrbart gepackt und Schnuffi saß ihm auf dem Rücken und hielt beide Ohren fest. Der Fiese Teddy war schon wieder zurück. „Rein mit dir, du Teddymörder!“ nuschelte er und zeigte auf das offene Fenster. „Genau, da kannst du nachdenken, ob man liebe Teddys rummzerren kann wie einen alten Lappen!“ rief Schnuffi. „Schuft!“ erklärte Spock und

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schubste Teddy, den Hund, durch das offene Speisekammerfenster. Teddy sauste nach unten, zum Glück war es nicht so tief und Teddy tat sich nicht weh, aber jetzt saß er in der Falle. Das Fenster war zu hoch zum Rausspringen, und die Kammertür war zu. „Da unten kannst du nachdenken, du alter Teddyquäler!“ nuschelte von oben die Fiese Frau Teddy. „Nachdenken, bis morgen früh.....“ „Genau, bis Pias Oma kommt und denkt, du bist eine Ratte und dich gaaaaaanz langsam tot haut!“ blökte Spock. Dann war es ruhig und Teddy saß wirklich in der Patsche. Aber diese schlimme Nacht ist noch lange nicht zu Ende.

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Kapitel 17 Pia und Volker schliefen immer noch, die Nacht war dunkel, und es hatte zu nieseln be-gonnen. Ein einsamer Wanderer zog den Nak-ken hoch und schüttelte die Regentropfen von seinem Rücken. Er war schon lange gewan-dert, durch viele Dörfer und Städte. Überall hatte man ihn vertrieben, seine Freunde gejagt und vergiftet, bis er wieder sein Bündel packte und allein weiterzog. Er war alt, uralt und er war der größte, stärkste und geschickteste aus seinem Volk. Keiner kannte seinen Namen, doch in jedem Ort, wo er sich niederließ, sprach man voller Angst über ihn und sein Volk. Ein Lächeln huschte unter dem grauen Schnurrbart hervor und ließ seine riesigen Na-gezähne in der Nacht blitzen. Was für ein hübsches Häuschen, dachte sich der Wanderer, als er an Lohes Haus vorbei-kam. Er spähte durch die Latten des Garten-zaunes. Es roch nach Hund, nicht mehr ganz jung, eher ein blödes faules Vieh, stellte er mit einem erfahrenen Schnuppern fest.

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Er sprang über den Zaun, schüttelte sein nasses Fell aus und stellte sich in die Hundehütte, in Teddys Hundehütte, in die Hundehütte von Teddy dem Hund, der jetzt in der Speisekam-mer von Pias Oma gefangen war. „Ja, das ist es, mein Traumhaus. Hier will ich bleiben, und diesmal lasse ich mich von nie-manden vertreiben!“ rief der Wanderer und ballte trotzig seine Fäuste, an denen lange gel-be Krallen funkelten. „Dieses Mal bleibe ich hier, so wahr ich der Rattenkönig bin!“ Der arme Teddy, Teddy der Hund, der dachte immer noch, aus der Speisekammer zu kom-men, wäre sein einziges Problem. Was roch denn hier so lecker nach Schokolade? Teddy schnupperte. Na, vielleicht kann ich mich we-nigstens mit einer kleinen Leckerei trösten, dachte Teddy und schnüffelte weiter in Rich-tung Schokoladengeruch. Aber nicht nur Teddy hatte Probleme. Drei finstere Gestalten turnten an Volkers Fenster herum. „Hau die Scheibe ein, Spock!“ flüsterte der Schatten mit der Maske. „Da schneid ich mir ja mein Plüschfell ka-putt!“ jammerte der Einäugige.

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„Hab dich nicht so mädchenhaft, oder willst du in Zukunft Barbi heißen?“ nuschelte wieder der mit der Maske. „Ich kenn da einen, der hat schon ein Puppen-kleid an!“ lästerte Schnuffel. „Jetzt reicht´s!“ tobte der fiese Frau Teddy, riss sich das Kleid vom Plüschbauch und drosch es dem armen Schnuffel um die Ohren. Natürlich erwischte er Spock, der laut los-kreischte und so mit den Ärmchen fuchtelte, dass der Fiese Teddy einen Kinnhaken bekam. Der Fiese Teddy verlor das Gleichgewicht und bekam gerade noch den Fellbauch von Spock zu greifen. Spock schrie entsetzt auf und ru-derte mit den Ärmchen. Da, ein Halt! Spock krallte sich fest. Jetzt schrie auch Schnuffel, denn es war sein Ohr, an dem sich Spock fest-hielt. Und hurzel die purzel sausten die drei Bären in die Tiefe. Na so tief war es zum Glück nicht und unter Volkers Fenster stand ein Strauch, der die drei mit seinen pieksenden Ästen auffing. Als sich die drei Teddys leise jammernd aus dem Gestrüpp gekämpft hatten, sahen sie sich betreten an. „Ok, Graf Kürbis hat noch einmal Glück,“ stellte der Fiese Teddy fest. „Aber wir warten

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nur, bis besseres Wetter ist und er bei offenem Fenster schläft, dann ist er fällig!“ „Klar!“ „Genau!“ fanden, Spock und Schnuffel. „Jetzt nehmen wir uns erst einmal Frau Pipi vor! Und rächen uns für das hier“, und dabei hielt der Fiese Teddy das Puppenkleid in die Höhe, das er immer noch in der Hand hielt. „So hässlich finde ich es gar nicht“, murmelte Spock und wackelte dabei mit dem Kopf. „Ich glaube, der ist auch ein bisschen bescheu-ert, wie sein Kind,“ flüsterte Schnuffel dem fiesen Teddy zu. Dann machten die drei sich durch den Nieselregen auf den Weg zurück zu dem Haus von Pias Oma. Es war knapp, es war ganz schön knapp, beinahe wären sie dem Rattenkönig begegnet, aber das wussten sie nicht, und die Nacht war auch noch lange nicht vorbei.

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Kapitel 18 Auch Pia träumte in dieser Nacht nicht gut. Da war eine Maus, nein, es war keine Maus. Herr-je, es ist eine Ratte, dachte Pia im Schlaf. Die größte Ratte von allen. Sie sah sehr alt aus, alt und klug und hatte furchtbar böse Augen. Jetzt wusste Pia, wer es war, es war der Rattenkö-nig. Er saß direkt vor Pia, sie konnte es sogar riechen, er roch nach altem Teddyfell. Der Rattenkönig war da, um mit Pia abzurechnen, weil sie die armen Ratten mit den spitzen An-gelhaken umgebracht hatte. Es war wirklich ein furchtbarer Alptraum. Pia wälzte sich her-um und suchte in ihrem Bett nach ihrem Frau fieser Teddy. Es war nicht ganz dunkel in Pias Kammer, das Mondlicht reichte aus, um zu erkennen, wer da vor Pias Bett stand. Es war nicht der Ratten-könig. „Was machen wir jetzt mit dem Mist-stück?“ fragte gerade der Fiese Teddy seine zwei Freunde, Schnuffel und Spock, als er von Pias Arm gepackt und ganz fest an die Brust des Mädchens gedrückt wurde.

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Da bist du ja, meine liebe Frau Teddy, dachte Pia in ihrem Traum und hatte gleich keine Angst mehr. „Sie will mich erwürgen! Hilfe, so helft mir doch Freunde! Diese Bestie von einem Kind will mich abmurksen!“ Der fiese Teddy stram-pelte aus Leibeskräften, aber, auch wenn er recht kräftig für ein Stofftier war, er war halt nur ein kleiner Bär. „Was sollen wir nur machen?“ rief Schnuffel verzweifelt und raufte sich das Plüschfell an seinen dicken Teddyohren. „Alle Mann auf Gefechtsstation, Laser scharf machen und bei drei feuern!“ kreischte Spock. Der ist ja noch blöder als sein Kind, dachte der Fiese Teddy heute schon zum zweiten Mal und stemmte beide Beine gegen Pias Bauch, um frei zu kommen. Schnuffel zerrte inzwischen an der Bettdecke. „Hilf mir gefälligst du Zierkürbis!“ schimpfte er mit Spock, der noch immer vor dem Bett rumfuchtelte. In Pias Traum kämpfte der Rattenkönig gerade mit ihr, er boxte sie in den Bauch und zerrte an ihr herum, dann kamen auch noch seine Freunde und schimpften.

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Bloß gut, das meine liebe Frau fiese Teddy da ist, da brauche ich keine Angst zu haben, ich träume ja nur, dachte sich Pia und gab ihrer fiesen Frau Teddy einen dicken Kuss. „Ähhhhh ich sterbe! Helft mir doch Jungs, sie hat mich geküsst!“ kreischte der Fiese Teddy und wischte sich mit seinem freien Ärmchen über die Plüschschnauze. „Zugleich!“ kommandierte Schnuffel und die beiden Freunde zerrten mit aller Kraft an der Bettdecke. „Noch ein Stück!“ stöhnte Schnuf-fel, dann fiel die Decke auf den Boden. Schnuffel hüpfte auf das Bett und zerrte an dem Bein vom Fiesen Teddy. Spock wollte auch mithelfen und zog von oben an Teddys Arm. Ihr reißt mich ja in der Mitte durch, ihr Schwachköpfe!“ schimpfte der Fiese Teddy. „So geht das nicht, ihr müsst das böse Kind irgendwie wach machen. „Ich kitzele sie an den Füßen“ beschloss Schnuffel und turnte auf dem Bett nach unten zum Fußende. Spock war inzwischen auf Pias Rücken geklet-tert und sprang darauf herum. „Aufwaaaaaaaa-chen!“ schrie er und hüpfte immer höher.

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Überall waren Ratten, es wimmelte geradezu von ihnen, und Pia war heil froh, das sie auf-wachen konnte. Aufwachen? Pia schlug die Augen auf, aber die Rattenfüß-chen kribbelten immer noch an ihren Füßen herum und auf dem Rücken hatte sich auch eine festgebissen. „Hilfeeee!“ schrie Pia, nahm den Fiesen Teddy am Beinchen und drosch damit auf die „Rat-ten“ ein. „Uahaha!“ machte der arme Fiese Teddy, als er durch die Luft geschleudert wurde und dann: „Bums, bums, bums!“ auf Schnuffel aufschlug. Spock war sehr mutig. Er sprang in Pias Haare und schrie ihr ins Ohr: „Hör sofort auf damit und lass meine Freunde laufen, oder ich zünde ein Photonentorpedo!“ „Kürbis?“ Pia hielt wirklich inne. „Was macht denn Volker in meinem Zimmer?“ Pia war ganz durcheinander. Schnuffi betastete besorgt seinen ganzen Körper, ob auch noch alles heil war und nirgendwo der Schaumstoff heraus kam. „Ok, Pipi, du hast gewonnen, lass uns wie ver-nünftige Bären miteinander reden!“ hörte Pia eine andere Stimme, eine Stimme die sie ir-

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gendwoher kannte. Direkt vor Pias Augen hing der Fiese Teddy, den sie selber noch Kopf un-ter in der Luft hielt. „Ich träume doch noch!“ flüsterte Pia. „Ok, ok, Frau Pipi träumt noch!“ sagte der Fiese Teddy, aber jetzt lass mich bitte los. Wenn Du noch einmal mit so einem alten Bä-ren wie mir um dich drischst, bleibt nichts, au-ßer ein bisschen Fell und Sägemehl übrig!“ „Früher wurden Teddybären mit Sägemehl ge-füllt!“ erklärte Spock wichtigtuerisch. Er hatte sich jetzt wie ein Reiter auf Pias Kopf gesetzt und hielt ein Büschel Haare in jeder Hand. „Ihhhh!“ kreischte Pia, warf den Fiesen Teddy in einem hohen Bogen von sich und fuhr sich mit beiden Händen über die Haare, als säße eine ganz ekelhafte Spinne darin. Spock wurde in die andere Ecke des Bettes geschleudert und Pia zog die Beine an und rutschte ganz hinter an die Wand. „Du hast mich zutiefst in meiner Bärenwürde verletzt!“ begann der Fiese Teddy mit seinen Ausführungen. Pia wusste gar nicht, wie ihr geschah, aber da die Bären ihr nicht wieder auf den Kopf sprangen, dachte sie, dass es das be-ste war, wenn sie sich ganz ruhig verhielt. Nur keine schnellen Bewegungen, das kannte Pia

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aus einem Tierfilm über Schlangen. Wenn man da rumzappelte, „zack,“ biss die Schlange zu. Ich werde mich ganz, ganz langsam zur Tür schleichen und dann schnell Licht anma-chen. Wenn man Licht anmacht, sieht man, dass man sich das nur alles einbildet. „Ich verlange, dass Du zu allen Teddybären gehst und ihnen erzählst, dass die Idee mit dem Puppenkleid von dir kam.“ Erklärte der Fiese Teddy weiter. „Zumindest zu allen Ted-dybären aus diesem Dorf! Außerdem muscht du die zwei Fäden wieder wegmachen, du dumme Trine!“ und er deutete auf seine Schnauze, wo sich Pia mit dem Flicken so viel Mühe gegeben hatte. „Ich kann ja kaum mehr richtig sprechen! Ich hätte nicht schlecht Lust, dir auch den Mund zuzunähen, oder dich we-nigstens ordentlich mit einer langen, langen spitzen Nadel in den Hintern zu stechen! „Und für mich musst du jeden Tag eine Tafel, nein zwei Tafeln Puffreisschokolade auf das Fensterbrett legen und zwar genau hier!“ Spock war auf das Fensterbrett gehüpft und tat so, als malte er dort ein Kreuz mit seiner Pfote hin. „Und ich will überall dabei sein, wenn du wo hin gehst, und wehe du vergisst mich wieder!“

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schimpfte der Fiese Teddy mit der tiefsten Stimme weiter, die er nur machen konnte. „Puffreisschokolade ist das beste für Raumfah-rer“, erklärte Spock weiter. „Erdbeer! Ich will Erdbeerschokolade, aber drei Tafeln!“ rief Schnuffel. „Ich mag am liebsten Sahnetörtchen, aber nicht aus Puppengeschirr!“ erklärte der Fiese Teddy, „und wehe du küsst mich wieder!“ Pia brummte der Kopf. Vielleicht schlief sie doch noch? Aber weiter kam sie nicht, ein Riesenknall gefolgt von einem langen Ge-schepper ließ alle vier vor Schreck in die Luft springen. „Herrje, die Ratten sitzen in der Falle!“ rief Pia „Die Marsmenschen sind da, schnell unters Bett!“ rief Spock. „Jetzt kommt Oma mit dem Kochlöffel und haut uns den Bärenpo voll!“ jammerte Schnuf-fel und krabbelte zu Spock unters Bett. „Jetzt hat’s den bösen Köter erwischt!“ rief der Fiese Teddy. „Kommt, lasst uns abhauen und noch ein bisschen einen draufmachen. Hier riecht es nach Ärger. Sicher bekommt Frau Pipi gleich ordentlich den Hintern versohlt.

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Damit sie sich einmal merkt, dass man zu so lieben Teddys nicht so böse ist.“ „Ich wollte doch gar nicht böse zu dir sein!“ rief Pia. „Komm, sei doch mein Freund und hilf mir, ich traue mich doch nicht runter zu den Ratten. Jetzt ist bestimmt die ganze Spei-sekammer voll mit den Viechern.“ „Quatsch Ratten, da unten sitzt Lohes Hund in der Falle, den haben wir reingesperrt, weil er Teddys fressen will,“ stellte der Fiese Teddy richtig. „Kommt Freunde, wir hauen ab!“ und damit sprang er auf das Fensterbrett. Schnuffel und Spock folgten ihm. „Hier“, sagte Spock noch einmal, „zwei Tafeln Puffreisschokolade, die mit den Raumschiffen drauf!“ dann waren die Bären in der Nacht verschwunden. Pia machte schnell das Fenster zu. Im Nach-barhaus gingen die Lichter an, und drüben bei Lohes auch. Unten in der Speisekammer jaulte und bellte es erbärmlich. Dann hörte Pia die Schlafzimmertür von ihrer Oma zufallen. Jetzt muss ich runter! dachte Pia, der Fiese Teddy hat Recht, Ratten sitzen nicht in der Falle, die bellen ja nicht.

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Kapitel 19 Im Haus von Familie Lohe: „Heinz – Peter, sieh doch einmal nach, was da draußen los ist? Bellt da nicht unser Teddy?“ Frau Lohe musste ihren Mann kräftig schütteln bis er wach wurde und brummelnd in seine Hausschlappen schlüpfte. „Wird doch nicht schon wieder ausgerissen sein, unser alter Stromer. Ich weiß auch nicht, was in letzter Zeit mit unserem braven Hund los ist, er ist wie umgewandelt. Ich werde ihn doch nicht noch an die Kette machen müs-sen?“ damit tapste Herr Lohe in den Hof. In der Hundehütte: „Was ist denn das für eine sauige Gegend? Mitten in der Nacht so ein Radau! Hier werde ich noch einiges ändern müssen!“ schimpfte der Rattenkönig in Teddys Hundehütte und warf verärgert Teddys Kuscheldecke von sich. Gerade da kam Herr Lohe um die Ecke. Das war wirklich ein ganz schlechter Moment, um dem Rattenkönig über den Weg zu laufen, aber das wusste Herr Lohe nicht. Er bückte sich

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und brüllte mit seiner Armeestimme „Teeeedy aus!“ in die Hundehütte, dass dem Rattenkönig fast die Ohren abfielen. Ein furchtbares Quieken war das erste, was Hans – Peter zur Antwort bekam. Dann schlug ihm der ekelhafteste Mundgeruch, den man sich nur vorstellen kann, entgegen und dann, und dann...! Herr Lohe tanzte schreiend durch den Hof. Jetzt waren wirklich alle in dem kleinen Dorf wach, denn wenn Hans – Peter schrie, dann zitterten die Wände. „Eine Ratte, eine Riesenratte hat sich in mei-nem Bein verbissen! Hiiiilfe, was soll ich nur tun, wo ist meine Maschinenpistole?“ Die Maschinenpistole war zum Glück in der Kaserne und gut weggeschlossen, wer weiß, was sonst noch in dieser Nacht passiert wäre. Frau Lohe kam aus dem Haus gestürmt und schrie vorsichtshalber auch schon einmal. Sie hatte furchtbare Angst vor Ratten, aber sie war bewaffnet, sie hatte den großen schwarzen Re-genschirm im Vorbeirennen aus dem Flur mit-gebracht. Den schwenkte sie jetzt wie eine Keule und drosch ihn wahllos auf ihren Heinz – Peter.

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Am Gartenzaun: Am Zaun standen drei Gestalten, die man von weitem auch für Ratten halten konnte, aber lasst sie das nicht hören. Es waren natürlich keine Ratten, sondern der Fiese Teddy mit Schnuffel und Spock. Eigentlich wollten sie sich Felix vornehmen, denn Schnuffel war der Teddy von Felix und Felix hatte ihn vor langer Zeit in eine dunkle Kiste gesperrt bis der Fiese Teddy ihm da raushalf. Aber darüber reden wir ein andermal, im kleinen Dorf von Pias Oma geht gerade alles drunter und drüber. „Der Rattenkönig ist wirklich da“, flüsterte Schnuffel. „Ein Raumschiff, eine Tafel Puffreisschokola-de für ein Raumschiff“, flüsterte Spock. „Jetzt gibt es jede Menge Stunk!“ stellte der Fiese Teddy fest. „Ich gehe nach Hause und lege mich zu Frau Pipi ins Bett.“ „Ich auch!“ beeilte sich Spock zu rufen und wollte wirklich mit. „Klar, da ist es doch pri-ma!“ meinte auch Schnuffel. „Das ist mein Kind!“ rief der Fiese Teddy ver-ärgert.“ Ihr geht wieder hoch auf den Boden und wartet, bis ich morgen Nacht zu euch komme.“

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„Ich gehe doch nicht zurück auf den dunklen Boden, jetzt wo der Rattenkönig sich hier rum-treibt!“ rief Schnuffel. „Ich bin doch nicht bescheuert!“ schimpfte auch Spock. „Nicht so laut, der sieht uns sonst noch!“ zischte der Fiese Teddy. “Also in Ordnung, ihr könnt mitkommen, aber ihr schlaft am Fußen-de. Und wenn es Schokolade gibt, teile ich die auf!“ „Klar Chef, natürlich!“ beeilten sich die bei-den Bären zu sagen und waren heilfroh, dass sie nicht auf den Dachboden mussten. Die Teddys warfen noch einen letzten Blick auf den Rattenkönig, der noch immer mit Heinz – Peter kämpfte und rannten schnell nach Hause. Die böse Nachbarin telefoniert: „Ja, sie müssen unbedingt sofort kommen!“ kreischte Frau Borsch in das Telefon. Frau Borsch war die böse Nachbarin von Pias Oma. Aber dass sie jetzt mit der Polizei telefonierte lag nicht daran, dass sie der Oma eins auswi-schen wollte, Frau Borsch hatte eine heiden Angst vor Ratten.

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„Wir kommen sofort!“ erklärte der Polizist und ließ sich die Adresse geben. Volkers Vater telefoniert auch: „Nein, es brennt nicht! Aber sie müssen trotz-dem kommen! Mein Nachbar kämpft mit Rat-ten, die ihn angefallen haben, im Garten. Bei Frau Clüver sind sie sogar schon ins Haus ein-gedrungen, und meine Frau steht schreiend auf dem Küchentisch.“ „Wir kommen sofort!“ rief der Feuerwehr-mann. „Wo sollen wir denn hinkommen?“ Volkers Vater erklärte die Adresse und fuhr sich über seinen kahlen Kopf. Das so etwas in ihrem Dorf passierte, eine richtige Katastro-phe. Hoffentlich kommen die Bestien nicht rein, überlegte er mit Angstschweiß auf der Stirn. „Was ist denn los, Papa?“ fragte in dem Mo-ment Volker, der die Treppe herunter kam und den das Gekreische seiner Mutter geweckt hat-te. „Ratten!“ brachte der Vater nur raus. „Lass ja die Tür zu, Junge. Der ganze Ort wimmelt vor Ratten!“

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„Hat Pia schon Bescheid gesagt? Haben wir wirklich eine Ratte gefangen? Da muss ich gleich los!“ „Du bleibst hier!“ Schrie der Vater. „Lass ihn nicht aus der Haustür Günter! Nicht weg lassen!“ Die Mutter war außer sich. „Aber wenn wir doch eine Ratte gefangen ha-ben, dann muss ich doch zu Clüvers, weißt du Papa, da wimmelt es nur so von den Viechern, und wir wollen sie doch abrichten. Pia will sie immer breitdreschen, das ist preskurtieren, aber das will ich nicht.“ Und so kam es, dass der ganze Ort von der Rattenplage bei Oma Clüver erfuhr. Volker musste alles erzählen, und er packte ordentlich aus. Wieder bei Lohes im Garten: Der Rattenkönig hatte genug davon, im Kreis herumgeschleudert zu werden und ließ das Bein von Heinz – Peter los. „Hier kann ich sowieso nicht mehr in Ruhe schlafen!“ schimpfte er und machte sich auf den Weg, um einen ruhigeren Schlafplatz zu finden. Heinz – Peter humpelte ins Haus, wo seine Frau aufgeregt mit einem Krankenhaus telefo-nierte.

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In der Küche von Oma Clüver: Pias Oma stand sprachlos in der Küche. Hinter der Speisekammertür war ein mords Radau. Es bellte, rumpelte, klapperte, krachte und jaulte abwechselnd. „Das sind nicht die Ratten, Oma. Das ist Lohes Hund Teddy, den hat der Fiese Frau äh, nein nur der Fiese Teddy mit seinen Freunden da reingesperrt“, stotterte Pia. „Ach Dirn, du schläfst ja noch halb. Geh man wieder in die Koje, ich schaff das schon allei-ne hier.“ Pias Oma war sehr mutig, sie schob ihre Enke-lin aus dem Zimmer, nahm das Nudelholz und riss die Kammertür auf. „Ja, das ist ja wirklich Teddy!“ rief sie über-rascht und bückte sich. Lohes Hund war klatsch nass und hatte eine Pfote durch den Henkel von dem Eimer gesteckt. Er hatte den Eimer über dem Kopf und kam nicht mehr raus, immer blieb der Eimer hängen, klar, der Henkel ging ja über die Hundebrust und hielt ihn fest. „Armer Teddy“, sagte Pias Oma voller Mit-leid, „wie bist du denn hier nur reingekom-men? Das Kammerfenster was? Wolltest si-

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cher nur ein bisschen was naschen und als du drinne warst, kamst du nicht mehr raus. Schnell lauf nach Hause!“ rief Oma, nahm dem vor Angst zitternden und wimmernden Teddy den Eimer vom Kopf und machte die Haustür auf. Und wie Teddy nach Hause sau-ste. Oma lächelte und sah ihm nach. Draußen blinkten Blaulichter. Hoffentlich ist keinem was passiert, dachte Oma. Na, das werde ich morgen noch beim Kaufmann erfahren. Jetzt gehe ich erst einmal wieder schlafen. „Komm Dirn, wir wollen schlafen gehen, du hattest recht, Teddy hatte sich in unsere Spei-sekammer verlaufen. Das ist ja noch einmal gut gegangen! dachte Pia. Sie war hundemüde von der Aufregung. Als sie in ihrem Bett lag, schlief sie gleich ein. Pia merkte nicht einmal, dass in ihrem Bett nicht nur ihr Fieser Teddy, sondern noch zwei andere Teddybären lagen, so müde war sie.

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Kapitel 20 Endlich war die lange Nacht der Schrecken vorbei. Eine wunderbare Herbstsonne kitzelte Pia an der Nase, und dann hörte sie schon Omas Stimme: „Frühstück Dirn! Wo bleibst du denn heute Morgen, ich habe Eierkuchen für dich gemacht.“ War das eine verrückte Nacht, dachte Pia und gähnte. Prima, Eierkuchen zum Frühstück, das war wirklich klasse. Pia schlug die Decke zurück und sprang aus dem Bett. „Huch, wer bist denn du?“ rief Pia erstaunt, als Spock mit der Bettdecke zusammen auf den Fußboden purzelte. Pia erinnerte sich und bekam einen Schreck. „Ich dachte, ich hätte das alles nur geträumt, aber jetzt bin ich ja munter und du bist in mei-nem Bett. Pia drehte sich aufgeregt herum. Richtig, am Fußende saß noch ein Bär, und oben lag der fiese Teddy. Vorsichtig griff Pia nach dem einäugigen Spock und ließ ganz schnell wieder los. Nein,

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es passierte nichts, er fing nicht an zu zappeln und biss sie auch nicht in die Hand. „Wenn ihr Gespenster seid, verzischt ihr im Sonnenlicht zu Staub!“ sagte Pia. Oder war das nur bei Vampiren so, überlegte sie weiter. Wenn ich groß bin, werde ich Wissenschaftler, da kenne ich mich dann mit so etwas aus. Pia griff blitzschnell nach Spock, als ob er ihr aus der Hand springen könnte und hielt ihn in die Morgensonne. Spock war auch nicht gerade sehr sauber, stell-te Pia fest, aber sonst war er ein ganz gewöhn-licher Teddybär. Er fing auch nicht an, im Sonnenlicht zu rauchen, zu kreischen und zu Staub zu zerfallen. „Wie seid ihr nur in mein Bett gekommen?“ fragte Pia den Teddy und stupste ihn in den Bauch. „Eigentlich bin ich ganz froh, dass Du mir nicht antwortest, weißt du, heute Nacht dachte ich wirklich, ihr seid alle lebendig.“ „Dirn, wo bleibst du denn, es wird doch alles kalt!“ kam Omas Stimme aus der Küche. Pia setzte Spock nachdenklich neben die fiese Frau Teddy, nein, neben den Fiesen Teddy, verbesserte sich Pia schnell selber.

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„So, der andere Bär noch daneben und hups das Nachthemd darüber, damit Oma euch nicht findet und wegwerfen will.“ Pia zog sich das Nachthemd aus und schlüpfte schnell in ihre Sachen. „Na, aber nicht gucken, meine Herrn!“ kicher-te Pia und rannte die Treppe nach unten. Es gab wirklich herrliche Eierkuchen. Oma hatte gleich jede Menge zu erzählen. „Das war ja ein verrückter Abend gestern, Dirn. Nach-dem ich Lohes Hund, Teddy, aus der Kammer gejagt habe, da kam doch glatt noch die Poli-zei zu mir. Du warst schon im Bett, und ich wollte auch gerade schlafen gehen, als die Herren vor der Tür standen und stell dir vor, was die gesagt haben... ....willst du noch einen?“ Oma kam mit der Pfanne an Pias Teller. „Woher wussten die von den Eierkuchen?“ kicherte Pia. „Dirn!!! Also die Polizisten haben doch glatt gedacht, das Haus hier wäre voller Ratten. Ich musste sie sogar in die Kammer führen, vorher wollten die nicht weg. Sie hätten einen Anruf aus der Nachbarschaft bekommen und im Ort wäre ein Mann von einer riesigen Ratte gebis-sen worden. Die haben nicht gesagt, wer be-

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hauptet, dass es hier Ratten gibt, aber ich weiß es genau, meine böse Nachbarin steckt dahin-ter. Wenn die alte Nebelkrähe nicht bald Ruhe gibt, soll sie die Marie Clüver mal kennenler-nen!“ rief die Oma. Die versohlt ihr glatt den Hintern, dachte Pia und hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ja allen von den Ratten erzählt hatte. „Du Oma, das mit den Ratten, das war ich, und jetzt habe ich drei alte Bären im Bett.“ sagte Pia tapfer. „Ach Dirn, ich weiß doch, was ihr in dem al-ten Schuppen gespielt habt. Denk`ste, Oma ist blöd? Außerdem habe ich doch die Angelha-ken im Mülleimer gefunden. Ratten sind Na-ger, die kann man nicht angeln, die fressen mit ihren Nagezähnen ganz vorsichtig um den Ha-ken herum alles ab. Mein Freund Peter, das ist jetzt ....“ Oma überlegte, „...55 Jahre her, hat das auch einmal versucht. Stell Dir vor Dirn, der wollte sich die Rattenfelle dann an den Gürtel hängen. Verrückt, was? Na, der hat nicht einmal `ne Maus gefangen. Dein Opa auch nicht, aber den hab ich trotzdem geheira-tet...“ Oma war ganz in Gedanken.

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Pia verschluckte sich an ihrem Eierkuchen. Oma konnte man aber wirklich nichts vorma-chen. Es klingelte. Pia und Oma sahen einander an und mussten lachen. „ Das ist sicher deine Rat-tenfängerbande,“ kicherte Oma und ging zur Tür. „Pia kommt gleich zu euch raus, die muss nur noch fertig frühstücken!“ hörte Pia Omas Stimme und beeilte sich mit dem halben Eier-kuchen. „Da stehen ja fast alle Kinder aus dem Dorf vor der Tür, Pia. Schön, dass du so viele Freunde hast, aber macht keine Dummheiten mehr in meiner Kammer, versprochen?“ „Versprochen!“ sagte Pia ganz kleinlaut und drückte die Oma, dann rannte sie zu den ande-ren Rattencatchern. „HAM WIR WELCHE?“ begrüßte sie Volker gleich an der Tür. „Sei bloß vorsichtig, Pia! Herrn Lohe hat ge-stern Nacht eine gebissen, mit denen ist nicht zu spaßen.“ Uta ging zwei Schritte zurück. „Zeig sie erst einmal den Jungs, ich sehe sie mir dann später an.“

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Arne und Tobias hatten ein großes Gurkenglas dabei. „Der Deckel geht ganz fest zu!“ versi-cherte Arne. „Ist fast Panzerglas!“ meinte To-bias und klopfte mit der Faust an das Glas. „Wir haben keine Ratten!“ Pia hatte die Rat-tengeschichte satt. „Wir hatten auch nie wel-che, es war der Fiese Teddy!“ „Wer?“ „Was?“ „Wer soll denn das sein?“ „Frau Fieser Teddy?“ Die Kinder plapperten durcheinander. „Wartet noch einen Moment, ich hole die Bä-ren und dann gehen wir in den Schuppen und ich erzähle euch, was passiert ist. Was wirk-lich passiert ist!“ und damit war Pia im Haus verschwunden und die Rattencatcher gingen in den Schuppen. „Wenn ich ehrlich bin, bin ich ganz froh, dass wir keine Ratten gefangen haben. Ich konnte die ganze Nacht nicht richtig schlafen, weil ich immer an die armen Ratten denken musste. Voll mit dem Haken durch das Maul, ist doch brutal!“ erklärte Uta. „Mir ging es genauso!“ stellte Felix fest. „ Und dann sollte ich sie von den Haken abma-chen. Die hätten sich ganz schnell gedreht und mir den Hals durchgebissen!“ und dabei hielt er beide Hände an den Hals.

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„Sogar mein Papa hat Angst vor Ratten“ gab schließlich sogar Volker zu. „ Aber die Rat-tencatcherbande können wir doch trotzdem bleiben, oder? Wir brauchen ja den anderen Kindern im Dorf nicht zu erzählen, dass wir Schiss vor Ratten haben, oder?“ Uta kicherte und machte die Schuppentür auf. „Da bin ich!“ Pia kam mit drei alten Stoffted-dys angerannt. „Herrje, Weiber!“ stöhnte Arne und ging auch in den Schuppen.

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Kapitel 21 „Das ist doch Spock!“ krächzte Volker und griff nach dem einäugigen Bären. „He Pia, wo hast du denn meinen Teddy her? Hast du mir den geklaut? Ich suche schon die ganze Zeit nach ihm.“ Pia zog den Arm weg. „Die Bären sind freiwil-lig in mein Bett gekommen, und ich gebe kei-nen von ihnen her. Ich habe sogar verspro-chen, dass ich sie überall hin mitnehme... und...“ Pia überlegte einen Moment. „Und was?“ rief Volker. „Und dass du die Puppen von den Kindern auch noch klaust?“ „Und dass ich ihnen Schokolade besorge!“ er-klärte Pia und sah Volker wütend an. „Eben waren wir noch auf Rattenfang, und jetzt sollen wir die zerrissenen Teddybären mit Schokolade füttern? Ich sag es ja, Weiber! Kommt, wir spielen wieder, dass wir mit dem Raumschiff rumfliegen, und ich bin wieder der Bandenchef!“, rief Arne und zog Volker am Arm. „Es ist meiiiin Teddy!“ brüllte Volker.

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„Willst du ihm das andere Auge auch noch ausschlagen, wenn du ihn durch die Gegend wirfst?“ schrie Pia zurück. „Die Teddys sind etwas ganz Besonderes, die werden nämlich nachts lebendig und sie sind zu mir gekom-men, weil ich nicht so ein blöder Kürbiskopf bin wie du!“ „Sag mal, der hier sieht aus, wie mein Teddy Schnuffel“, Felix griff nach dem Bären und streichelte ihm über den Kopf. „Wie kommt Pia nur an unsere Teddys, Schnuffel ist schon eine ganze Weile weg. Erst habe ich es gar nicht gemerkt, weil ich so lange nicht mehr mit ihm gespielt habe.“ „Das ist ja richtig unheimlich, und ich hatte Angst vor den Ratten“, Uta trat einen Schritt zurück. „Wollen wir die gefährlichen Teddys nicht lieber irgendwo einsperren?“ Pia wollte gerade sagen, dass die Teddys nicht gefährlich sind, als die Schuppentür aufging. „Er ist da!“ schrie Bodo und krachte zwischen die Kinder. Sein Fahrrad war mit der Pedale an der Tür hängengeblieben, und jetzt lag der Lo-komotivführer zwischen den Kindern und rap-pelte sich schnell hoch. „Wir sehen auch, dass er da ist!“ sagte Tobias verdrießlich. „Er ist da und drei Teddybären,

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ich gehe jetzt zu Peter. Peters Bande macht sicher was richtig cooles und spielt nicht mit Teddys und kleinen Hosenscheißern wie Bo-do.“ „Ich komme mit!“ rief Arne, „die sind mir hier auch zu doof!“ „Blödmänner!“ rief Uta und half Bodo wieder hoch. Die Schuppentür fiel zu und Felix wollte Bodo den alten Stock geben, der ihm aus dem Gürtel gepurzelt war. „Niiiiicht!“ schrie Bodo wie am Spieß. „Nicht anfassen, das ist gefährlich.“ Felix hob die Hände und grinste. „Das ist wohl ein Lasergewehr, was Bodo?“ „Nein das ist ein Glücksgewehr und unsere einzige Chance. Wenn du das falsch anfasst, ballert es los.“ Felix überlegte, ob er auch mit zu Peters Ban-de gehen sollte, aber dann sah er auf seinen Teddy und überlegte es sich anders. Irgendwas war dran an der Geschichte. Wieso hatte Pia seinen Teddy Schnuffel? Bodo klopfte sich den Staub von den Sachen und steckte sein Glücksgewehr zurück in den Gürtel. „Wir haben nicht viel Zeit. Gestern ist er angekommen und wenn wir nicht aufpassen,

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holt er sein ganzes Volk und wir sind verlo-ren!“ „Was ist denn das für ein Film?“ fragte Vol-ker. „Wer ist gestern angekommen?“ wollte Pia wissen. „Hast du dir weh getan?“ Uta tat der kleine Bodo leid, der hatte irgendwie einen Knall, aber er war ja auch noch sehr klein. „Der Rattenkönig!“ erklärte Bodo und sah sich um, als ob er irgendwo sitzen könnte. „Wir fangen keine Ratten mehr!“ erklärte Fe-lix. „Bei Pia gibt es keine Ratten, sondern nur alte Teddys und die hat sie schon gefangen, wie du siehst!“ „Mann, das ist doch kein Spaß, der ist gefähr-lich. Gestern Nacht hat er schon Herrn Lohe ins Bein gebissen. Der Arzt hat ihm eine riesen Spritze gegeben.“ „Das ist wirklich gefährlich!“ erklärte Volker ernst, der eine riesen Angst vor Spritzen hatte. „Ich gehe nicht schon wieder los und jage hin-ter Ratten her! Ich bin froh, dass wir keine ge-fangen haben. Wenn wir die Ratten in Ruhe lassen, lassen die uns auch in Ruhe!“ erklärte Uta. Vielleicht sollte ich auch zu Peter gehen,

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aber der lässt mich bestimmt wieder nicht mit-spielen, weil ich ein Mädchen bin. „Die haben gestern bestimmt die Ratte vertrie-ben, die den Lohe gebissen hat. Außerdem, dass mit dem Rattenkönig habe ich mir nur ausgedacht.“ erklärte Pia. „Aber wir müssen unbedingt etwas unterneh-men...“ versuchte es Bodo noch einmal, dann merkte er, dass ihn alle angrinsten. „Dann er-ledige ich den Rattenkönig halt alleine!“ rief er und zerrte sein Fahrrad aus dem Schuppen. „Und was machen wir jetzt? Gibst du mir end-lich meinen Teddy Spock zurück?“ Volker wackelte fragend mit dem Kopf. „Ich weiß was, ich hole noch meine Puppe Sandra und wir spielen mit den Teddys und Sandra im Garten“, sagte Uta. „Na gut,“ sagte Felix, „ aber Pia muss uns ganz genau erzählen, wo sie die Teddys ge-funden hat, und ich darf mit Schnuffel spie-len.“ „Aber Spock ist Raumschiffkommandant!“ erklärte Volker. „Wir bauen für unsere Tiere unter dem großen Walnussbaum ein Haus und spielen, dass alle Freunde sind und da zusammen wohnen,“ sag-

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te Uta und rannte los, um ihre Puppe Sandra zu holen. „Kannst Du auch noch ein bisschen Schokola-de mitbringen, Spock will sicher eine Welt-raumreise unternehmen, da braucht er Provi-ant!“ rief Volker ihr nach. „Ja am besten ein paar Tafeln!“ rief Pia, der eingefallen war, was sie dem Fiesen Teddy versprochen hatte. „Komm her Schnuffel!“ sagte Felix und nahm seinen Teddy aus Pias Arm. „Spock, nimm Haltung an, wenn der Flotten-admiral vor dir steht!“ rief Volker. „Wehe, wenn du ihn wieder rumpfefferst!“ er-klärte Pia und zog Spock noch einmal weg. „Ich pass schon auf!“ versicherte Volker. „Und die Teddys schlafen bei mir!“ Pia mach-te ein ernstes Gesicht. „Ein Teddy reicht dir wohl nicht?“ kicherte Volker. „Ja gut, aber jetzt gib schon her!“ Pia nahm den Fiesen Teddy hoch, drückte ihn an sich und flüsterte in sein ausgefranstes Ohr. „Jetzt wird alles gut Teddy, ja?“ und ab ging es unter den Walnussbaum, wo das Sonnen-licht lustig herumtanzte.

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Kapitel 22 Pia hatte von ihrer Oma die alte Decke be-kommen und die vier Kinder, Volker, Felix, Uta und Pia saßen darauf in der warmen Herbstsonne. Pia hatte ihren Freunden alles über den Fiesen Teddy, Spock und Schnuffel erzählt. „Und er ist keine Frau“, betonte Pia noch ein-mal zum Schluss, zwinkerte dem Fiesen Teddy zu und setzte ihn neben Utas Puppe Sandra auf die Kisten, die das Teddyhaus waren. Während Pia mit ihren Freunden fleißig das Teddyhaus einrichtete und sogar Volker sich nicht so blöd anstellte wie sonst, gab es bei Peters Bande große Aufregung. Arne und Tobias hatten kaum die Tür von der Bude aufgemacht, die sie mit Peter gebaut hat-ten, als hinten aus der dunkelsten Ecke, da, wo Thomas einmal angefangen hatte, den Ge-heimgang zu graben, ein böses Fauchen kam. „Das war vorhin schon einmal,“ schrie Tho-mas und rannte raus. „Feigling!“ erklärte Peter, der als Chef ja nicht zeigen konnte, dass er selber Angst hatte. „Das

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ist sicher nur ein kleines Kätzchen, dass sich nicht mehr raus traut.“ „Das ist eine Ratte!“ erklärte Arne. „Wir kommen gerade von Pia, da waren wir die Rat-tencatcherbande, da kennen wir uns aus mit so was. Am besten wir holen Volker, der kann dir eine Eimerfalle in die Hütte bauen, damit ha-ben wir sogar Lohes Hund gefangen.“ „Das ist das einzige, was dich retten kann. Wenn die Viecher kommen, schlagen sie zu und du bist verloren. Herrn Lohe hat es auch schon erwischt! Gut das wir gerade vorbeige-kommen sind!“ erklärte Tobias wichtigtuerisch und ging dabei langsam aus der Bude. Arne denkt, er kann hier auch den Chef spie-len, dachte Peter. Mit ihrem Wichtiggetue um den blöden Ratten nehmen die mir glatt meine Bande weg. „Das ist Handarbeit. So eine kleine Ratte fange ich doch mit bloßen Händen!“ rief Peter und dachte, es wird nur ein kleines Kätzchen sein. „Eh, das ist gefährlich!“ rief Tobias noch ein-mal und sprang noch einen Satz zurück. Frank und Udo kamen auch rausgerannt und stellten sich zu Thomas und Tobias. „Sollen wir lieber einen Erwachsenen holen?“ überlegte Frank.

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„Damit die unsere Hütte sehen und uns nicht mehr zum Spielen her lassen, weil es da Unge-ziefer“, Udo verdrehte die Augen, „gibt?“ Im Schuppen machte sich Peter daran, die „Ratte“ mit bloßen Händen zu fangen. „Rat-tencatcherbande, dass ich nicht lache, jetzt zeige ich euch einmal, wie man das in Peters Bande macht. Arne hielt die Luft an. Das Licht der Herbst-sonne hüpfte durch die Spalten in der Bretter-bude und jagte von den Schatten der Bäume unterbrochen wild über den Boden. Peter war nur noch einen Schritt weit von dem angefangenem Geheimgang entfernt und konn-te immer noch nichts sehen. Gleich habe ich dich Miezlein, dachte Peter, als ihn zwei böse Augen anblitzten. Peter sprang weg. „Das ist ein Riesenviech!“ brüllte er aufgeregt. „Ich habe ihm direkt in die Augen gesehen! Da müssen wir mit einem dicken Stein draufdonnern und dann ganz schnell rausrennen.“ „Ich habe einen Ziegelstein!“ rief Udo, der jetzt doch sehen wollte, was da war. „Der haut die dickste Ratte zu Mus!“ Arne war auf den alten Hocker geklettert, da-mit ihm das Biest nicht gleich in den Fuß bei-

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ßen konnte und wackelte auf dem klapprigen Ding hin und her. „Gib her“, rief Peter. “Wenn ich drei sage, rennen wir alle volle Kanne raus, falls ich die Bestie nur verwunde, nicht dass sie einem noch mit letzter Kraft die Kehle durchbeißt.” „Ach du Scheiße!“ rief Udo. Arne balancierte vorsichtig auf dem Hocker, um gleich aus der Bude rennen zu können. „Eins!“ rief Peter, und wenn es nun doch nur ein Kätzchen ist...? dachte er dabei. Udo griff nach der Hüttentür und machte sich ganz lang, dass er gerade noch in den Geheim-gang sehen konnte. „Zwei!“ zählte Peter weiter. Ich werde ein Stück daneben werfen, wenn es ein Katze ist, rennt sie weg und ich sage es war eine Ratte. Ist es doch eine Ratte, haut die auch ab! „Draaaaaei!“ Der Stein flog durch die Luft, Arne wollte rausspringen, da brach der Hocker zusammen und Arne klammerte sich an Peter, um nicht der Länge nach hin zu fallen. „Rauuuuus!“ schrie Peter und purzelte von Arne umgeworfen auf den Boden. „Ahhhh!“ rief Udo. „Die Ratte hat Peter und Arne erwischt!“ er stürmte durch den Garten, als wäre ein Ungeheuer hinter ihm her.

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Wir müssen ihnen helfen, dachte Tobias, aber seine Beine rannten schon hinter Tobias her. Den anderen ging es genauso. Mit angstgewei-teten Augen sprangen sie über den Gartenzaun auf das Grundstück von Pias Oma. „Schnell, deine Oma muss sofort die Polizei holen! Arne und Peter hat’s erwischt!“ schrie Tobias. „Die Ratten sind über sie hergefallen, es gab keine Rettung!“ hechelte Udo hervor. Pia sah erschrocken auf und schnappte sich ihren Fiesen Teddy, der gerade mit seinen Freunden Schokolade aß, na, das spielten die Kinder zumindest. „Wo sind denn Arne und Volker?“ „In ihrer Bude“, brüllte Tobias. „Mach schon, wir kommen mit!“ Oma Clüver war gerade beim Wäscheaufhän-gen, als ihre Enkelin mit den Nachbarkindern angestürmt kam. „Was Ratten und ich soll die Polizei rufen?“ fragte die Oma. „Ja, schnell Frau Clüver, die sind doch da drinnen mit den Bestien und sicher werden sie gerade ausgesaugt!“ heulte Thomas.

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„Na, Frau Clüver, wieder Ärger mit den Na-gern?“ Omas böse Nachbarin stand am Gar-tenzaun und grinste herüber. Wenn ich jetzt die Polizei wegen Ratten hole, kann ich mich im Ort nicht mehr sehen lassen, dachte die arme Oma. „Wir wollen doch erst mal nachsehen, was da los ist!“ sagte sie zu den Kindern streng und marschierte mit ihnen zu Peters Bude. „Da sind wirklich Ratten, Frau Clüver, ich ha-be sie doch selber fauchen gehört!“ jammerte Thomas. „Ach was, Ratten, sicher hat sich ein kleines Kätzchen in euere Hütte verirrt!“ erklärte Pias Oma, die alte Kehrschaufel, die an der Haus-ecke lehnte, nahm sie aber doch mit.

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Kapitel 23 „Wir kommen!“ „Hat sie euch erwischt?“ „Pe-ter, Arne?“ Die Kinder schrieen vor Aufre-gung schon von weitem, sie waren noch nicht einmal am Gartenzaun, da musste Oma Clüver erst einmal stehen bleiben. „Eine Oma ist doch kein D-Zug Dirn“, schnaufte sie mit hochrotem Kopf und zog am Ausschnitt der Küchenschürze, um besser Luft zu bekommen. Pia war ganz verzweifelt. „Schnell doch Oma, wenn die Ratte nun..“ Pia konnte garnicht wei-ter reden, dicke Tränen sprangen ihr aus den Augen, und in der Brust tat es weh. Was für ein gutes Herz meine Enkelin hat, dachte Oma, dann schnappte sie noch einmal kräftig nach Luft und lief weiter. Da stand schon die Hütte von Peters Bande. Die Tür stand offen und von Peter und Arne war nichts zu sehen. „Kommen sie, ich helfe dir Frau Clüver!“ Felix zerrte unbeholfen an Omas Arm, die dabei war, über den kleinen Gartenzaun zu klettern.

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„Ich komme! Haltet durch!“ schrie es hinter der Hütte. Oma hatte es über den Zaun ge-schafft und die Kinder rannten hin und her, allein zur Hütte traute sich keiner. „Ich bin gleich da!“ rief es wieder und da war er auch schon. Der kleine Bodo schoss wie ein Blitz um die Ecke. Sein Fahrrad machte einen gefährlichen Satz in der Kurve, und das Vor-derrat schlingerte hin und her. Jetzt legt er sich lang, dachte Pia. Aber Bodo riss den Lenker rum, setzte kurz mit einer Pedale auf der Wiese auf und raste weiter auf Peters Hütte zu. „Nicht! Halt! Weg da! Da sind die Ratten drin und die haben schon Peter und Arne als Gei-seln!“ schrieen die Kinder durcheinander. Oma schwenkte die Kehrschaufel wie eine ge-fährliche Waffe in der Luft. „Ich komm ja schon, ich komm ja schon!“ schnaufte sie. So ein Geschrei und im Schuppen war es noch immer mucks Mäuschen still. „Die Ratten haben Arne und Peter schon ab-genagt, bis auf die weißen Knochen! Das sieht furchtbar aus, kenne ich aus einem Weltraum-film!“ kreischte Volker. „Wir brauchen Ver-stärkung vom FBI, oder ich hole meinen On-

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kel, der hat eine voll gefährliche Bohrmaschi-ne!“ Der kann dir mal den Kürbiskopf anbohren und die Blödheit rauslassen, dachte Pia und rief laut: „Peter, Arne seid ihr da noch drin?“ „Ja!“ kam eine piepsige Stimme zurück. „Das war Arne!“ rief Uta aufgeregt. „Ist die Ratte noch da?“ „Die Ratte beißt euch gleich allen den Kopf ab, wenn ihr euch nicht ganz schnell verpisst!“ fauchte es aus dem Schuppeninnerem, und es war das schrecklichste Fauchen, das man je gehört hatte. Keiner sagte mehr etwas, alle sahen entsetzt einander in die Gesichter, und das waren krei-deweiße Gesichter. Sogar Oma Clüvers roter Kopf war schneeweiß. „Wollt ihr mich veralbern Kinder?“ fragte sie unsicher. „Ja genau, ordentlich veralbern, Stück für Stück, bis vor lauter Spaß nur noch die blan-ken Knochen übrig sind!“ fauchte es von drin-nen. „Es ist ja auch sehr lustig, wenn man fast von einem riesigen Backstein erschlagen wird! Solche Scherze kenne ich! Entweder soll man erschossen werden, totgehaun, vergiftet oder mit Fallen umgebracht, garausgemacht, zer-

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stückelt, entzweit, zerquetscht....“ ein Schluch-zen beendete das Fauchen. „Der Rattenkönig!“ flüsterte es leise an Pias Ohr. „Der Rattenkönig!“ wiederholte Pia entsetzt und sehr viel lauter!“ „Der Rattenkönig!“ kreischte Uta und hielt sich die Hände vor die Augen. „Jetzt ist aber Schluss!“ rief Oma Clüver, die sich inzwischen gefasst hatte. Beherzt stapfte sie auf Peters Hütte zu. „Nicht, den kann man nur damit erledigen!“ schrie Bodo. Bodo hatte inzwischen das Fahr-rad auf die Wiese geworfen und war zur Tür gesprungen. Mit der rechten Hand umklam-merte er das Glücksgewehr, na den alten Stock, ihr wisst schon, und mit der linken griff er nach der angelehnten Tür. „Bodo, geh da weg, ich komm schon!“ rief die Oma und war auch schon gleich bei ihm. „Drei!“ schrie Bodo und riss die Tür auf. „Ach du Scheiße!“ rief es abermals unmittel-bar neben Pias Ohr und jetzt zappelte sogar was in ihren Armen. „Äh! Ratten, sie sind überall!“ schrie Pia und sprang mit den Armen um sich rudernd zu-rück.

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Der Fiese Teddy machte einen Salto und kam geschickt auf seinen kurzen Beinen auf. „Rat-ten, was? Ich denke, wir wollten uns jetzt ver-stehen, Pipi? Na, das klären wir später!“ Es passierte alles gleichzeitig, die Tür flog auf, Oma rutschte auf einer alten Birne aus, das Glücksgewehr feuerte und die riesigste Ratte der Welt sprang Bodo auf die Brust. So und jetzt noch einmal langsam: Die Kinder machten gar nichts, die standen mit offenen Mündern da und glotzten. Schock nennt man das, ist aber auch egal. Der Fiese Teddy sprang auf der Wiese rum und kreischte: „Spock, Schnuffel, schnell, der Rattenkönig macht Ärger!“ Oma Clüver saß im Gras und tastete nach der Kehrschaufel, die ihr beim Hinfallen aus der Hand geglitten war. Der Rattenkönig saß auf Bodo, der sich nicht zu rühren wagte. Der Rattenkönig blickte un-ruhig in die Runde, aus seinem Maul tropfte Sabber auf Bodos T-Shirt, und er hatte eine Pfote direkt auf Bodos Nase gedrückt, damit der nicht aufstehen konnte. Arne und Volker sah man jetzt durch die offe-nen Schuppentür ganz hinten in der Ecke kau-ern und vor Angst schlottern.

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Ach ja, und das Glücksgewehr lag rauchend im Gras, wo der Schuss hinging, erfahrt ihr vielleicht ganz zum Schluss. „Eine dumme Bewegung und dem fehlt die Nase!“ zischte der Rattenkönig. „Mein blödes Kind hat mich liegen lassen!“ beschwerte sich Spock, der gerade zwischen den Zaunslatten durchkletterte. „Mich auch!“ Schnuffel war auch fast da. „O, o, da wäre ich doch lieber liegen geblieben!“ jammerte Schnuffel weiter, als er den Ratten-könig sah. „Jetzt wird nicht gejammert, jetzt müssen wir die Menschheit retten!“ erklärte der fiese Ted-dy. „Spock, du schnappst dir das Glücksge-wehr und ballerst ihm den Rattenschädel weg! Schnuffel und ich, wir greifen ihn mit Oma Clüver von vorne an!“ Der Fiese Teddy war prima in Form. „Bist du fertig, Oma Clüver?“ schrie der Fiese Teddy und pirschte sich schon ein Stückchen näher. Der Rattenkönig fauchte: „Erst die Nase und dann die Ohren, haps, haps, haps!“ „Ich bin bereit!“ rief Oma und wunderte sich selber, dass sie sich mit einem alten zerfled-derten Teddy unterhielt.

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„Wartet, der macht ernst, so geht das nicht!“ jammerte Bodo unter Tränen. „Der beißt mir wirklich die Nase ab! Außerdem, wenn ihr auf ihn schießt, trefft ihr sicher auch mich! „Worauf du einen lassen kannst!“ schrie der Rattenkönig. Unschlüssig standen die drei Bären um den Rattenkönig, Spock hatte sich inzwischen das Glücksgewehr geschnappt und zielte damit auf den Rattenkönig. Oma Clüver hatte sich aufge-rappelt und hielt die Kehrschaufel bereit. „Wenn du Bodo laufen lässt, lassen wir dich in Ruhe!“ rief Pia. Dirn hat recht, verhandeln ist das beste, dachte Oma, aber ich kann doch nicht auch noch mit Ratten reden, wenn das die Leute im Dorf er-fahren. „Freier Abzug ist ein Anfang!“ erklärte der Rattenkönig. „Aber ich habe es satt, ich habe es so satt, überall herumgejagt zu werden, ich will außerdem das Haus von der Alten!“ und dabei zeigte der Rattenkönig auf Oma Clüver. „Und....und....und alles, was die Kinder an Schokolade bekommen.....und die ausgestopf-ten Plüschfelle müssen mich bedienen!“ damit meinte der Rattenkönig den Fiesen Teddy und seine Freunde.

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Pia überlegte, was sollte sie jetzt sagen, sie konnte dem Rattenkönig doch nicht das Haus von Oma schenken und den Fiesen Teddy in die Sklaverei schicken. Während der Ratten-könig überlegte, was er noch alles wollte, sah Pia, dass Peter sich ganz langsam von hinten an den Rattenkönig heranschlich. Die Teddys und Oma waren ratlos. „Solche Bedingungen können wir doch nicht anneh-men!“ erklärte Oma gerade, die sich jetzt doch noch mit Ratten unterhielt. „Schießt, schießt, schießt !“ kreischte Peter. Peter hatte den Rattenkönig von hinten am Hals geschnappt und ihn mit einem Ruck auf den Rücken geschleudert. Der Rattenkönig war so überrascht, dass er nur mit den Armen fuchtelte und nicht sofort zu-biss, und dann war auch schon der Fiese Ted-dy mit seinen Freunden da und hielten ihn fest. Spock presste dem Rattenkönig das Glücks-gewehr auf die Brust und brummte mit tiefer Stimme „ Stirb, du Mutant!“ Oma stand mit erhobener Kehrschaufel daneben und sah aus, als ob sie jeden Moment den Rattenkönig zu Rattenkönigmatsch ma-chen würde. Bodo kroch zitternd und weinend weg, und Pia nahm ihn in den Arm.

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Kapitel 24 Und dann passierte es. Nein, nicht das, nicht das, was ihr denkt, sondern das, was bei allen Geschichten immer passiert. Das Glücksge-wehr ballerte nicht los. „Ich kann es nicht“, erklärte Spock, „ich bin Raumschiffkommandant und kein Mörder!“ Und das soll euch eine Lehre sein Kinder, denn nicht der fieseste Teddy ist so böse wie die Menschen, aber unsere Menschen hier wa-ren auch eine Ausnahme, denn... Oma Clüver fuhr dem Teddy Spock über den Kopf und kraulte ihn zwischen den Ohren. „Ich auch nicht!“ erklärte sie dann und ließ die Kehrschaufel sinken. „Ich habe mir in die Hose gemacht!“ sagte Ar-ne und rannte aus der Hütte nach Hause. „Und jetzt?“ fragte der Fiese Teddy. Er sah auf den Rattenkönig herab direkt in die gelben Augen der gefährlichsten Ratte der Welt. Und dann sah er, wie dicke Tränen aus diesen Au-gen rannen. „Ich bin so oft gejagt worden, man hat mich so oft versucht zu ermorden, und jetzt, wo ich

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wirklich hilflos daliege, wollt ihr mich nicht töten. Schade, dass ich nicht ein verzauberter Prinz bin, ich würde euch aus Dankbarkeit glatt heiraten!“ „Da musst du aber vorher noch zum Zahn-arzt“, kicherte Schnuffel, „du stinkst aus dem Maul, dass man es fast nicht aushält. „Er muss schwören!“ hörten sie von Schluch-zern unterbrochen Bodos Stimme. Die Kinder standen jetzt alle im Kreis um den Rattenkö-nig. Sogar Uta wollte sehen, wie der Ratten-könig aus der Nähe aussah. „Und wieso meinst du, dass er sich auch daran hält, was er uns verspricht? Und was soll er überhaupt schwören?“ fragte Spock. „Dass er sich die Zähne putzt!“ prustete der Fiese Teddy los. „Dass er uns in Ruhe lässt und keinen Ärger macht. Nein, dass er alle in Ruhe lässt!“ er-klärte Bodo. Und er muss sich daran halten, wenn er bei dem Rattenschwanz seiner Vor-fahren schwört.“ „Das hört sich gut an“, erklärte Spock. „Wenn ich einen so feinen langen Schwanz hätte....“ „Ja, ja ich schwöre, was ihr wollt!“ erklärte der Rattenkönig kleinlaut. „ Immerhin habt ihr mir

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das Leben gelassen, wo ihr mich doch hättet einfach abmurksen können.“ „Und du musst schwören, dass du nicht so vie-le Freunde holst!“ fiel es Oma ein, „sonst den-ken die Leute, ich hätte Ratten.“ Und dann kam Oma noch eine teuflische Idee: „Und du musst schwören, dass du zu meiner bösen Nachbarin gehst und ihr klarmachst, dass sie mich in Ruhe lassen soll!“ „Auch das, auch das, nur lasst mich endlich los, ich bin der Rattenkönig und halte mein Wort.“ “Schwöre es beim Schwanz deiner Vorfah-ren!“ rief Bodo eindringlich! „Ich schwöre beim Schwanz meiner Vorfah-ren, dass ich alle Menschen in Ruhe lasse, nicht zu viele Freunde einlade und mir die bö-se Nachbarin von Oma Clüver vorknöpfe!“ erklärte der Rattenkönig feierlich. Langsam nahm Spock das Glücksgewehr von der Brust des Rattenkönigs. Schnuffel und der Fiese Teddy ließen die Arme los. Der Rattenkönig stand auf, strich sein zerzau-stes Rattenfell glatt und untersuchte seinen langen dünnen Schwanz auf Verletzungen. Es war noch alles in Ordnung.

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„Und wo soll ich jetzt wohnen? Ich habe es satt, herum zu ziehen!“ erklärte er. „Hier“, rief Peter. „Ich gebe dir meine Hütte, wenn ich dich ab und zu besuchen darf. Wer hat schon den Rattenkönig als Freund.“ „Klasse rief Volker, wir wollten Ratten fangen und sie dressieren und jetzt haben wir eine rie-sen Ratte die sprechen kann.“ „Buh!“ schrie der Rattenkönig. Die Kinder sprangen erschrocken zurück und Spock legte das Gewehr wieder an. „War nur ein Scherz!“ sagte der Rattenkönig, aber ich gehöre mir und sonst keinem. Ja, ich glaube, ich könnte hier wohnen. Aber wenn ihr mich besuchen wollt, müsst ihr vorher höflich anklopfen und mich mit Majestät anreden. „Ich gehe Plätzchenbacken!“ erklärte Oma Clüver, die sich nicht sicher war, ob sie das gerade wirklich alles erlebte. Na ist egal,dachte sie. Es ist gut ausgegangen, die Kinder haben ihren Spaß und einen Rattenkö-nig hatte ich auch noch nicht als Freund. Nur das man mit Teddys reden konnte, machte ihr sehr zu schaffen. Vielleicht werde ich alt, dachte sie weiter, schüttelte den Kopf und rief: „In einer Stunde gibt es für alle Plätzchen und Kakao!“

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Das waren wirklich wunderbare Ferien für Pia. Wir wissen nicht, wie die Geschichte weiter geht, aber der Rattenkönig wird Wort halten. Es gab wirklich noch ein tolles Plätzchenfest, bei dem auch die Teddys und der Rattenkönig satt wurden. Beim Plätzchenessen war es auch, als Pia Bo-do nach dem Glücksgewehr fragte. „Ist es nicht sehr gefährlich, wenn wir mit einer so schlimmen Waffe herumspielen? Und wo hast du die denn überhaupt her?“ „Das ist doch nur ein alter Stock“, erklärte Bodo. „ Denkst du, man kann mit einem Stock schießen? Glaubst du denn, mein Fahrrad ist eine Lokomotive? Ich bin vielleicht kleiner als du, aber doch nicht dämlich!“ Pia verstand gar nichts mehr. „Aber woher hast du das mit dem Rattenkönig gewusst?“ fragte sie weiter. „Ich habe gar nichts gewusst, ich hab nur ge-spielt, und dann saß eine riesen Ratte auf mei-ner Brust.“ Tja, man kann halt nicht alles verstehen, aber wir verstehen, dass Pia ihren Fiesen Teddy wirklich überall hin mitnahm. Wir verstehen, dass auch Volker und Felix gut auf ihre Ted-

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dys aufpassten und immer mit Pia zusammen bei Peters Bude spielten. Außerdem verstehen wir, dass alle Kinder zu-sammen in der Rattencatcherbande waren und einen Haufen Schokolade zu Peters Hütte brachten. Und die böse Nachbarin von Oma Clüver ver-stehen wir auch, denn die war auf einmal sehr höflich zu Oma und machte zur Begrüßung sogar eine Verbeugung. Was wir nicht verstehen ist, dass gerade als das Glücksgewehr abgefeuert wurde, ein Mili-tärsatellit von einem unbekannten Strahl ge-troffen wurde und in tausenTeile zerplatzte.

Ende

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In Vorbereitung:

Der Fiese Teddy und tausend Fragen! Haltet den Fiesen Teddy! Fieser Teddy in Gefahr!

Die Frau vom Fiesen Teddy! Der Fiese Teddy kehrt zurück!

In der Nacht kommt der Fiese Teddy nicht al-lein!

10 000 000,- für den Fiesen Teddy! Fieser Teddy bricht aus!

Der falsche Freund vom Fiesen Teddy! Fieser Teddy räumt auf!

Wehe, wenn Fieser Teddy ernst macht! Der Sohn vom Fiesen Teddy!

Fieser Teddy mit Spock unterwegs! Die Sterne grüßen dich, Fieser Teddy!