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Kundenzufriedenheit ist nicht mehr nur ein Lippenbekennt- nis der Wirtschaft. Ein großer deutscher Automobilherstel- ler schickt seinen Kunden regelmäßig zwei Fragebögen – einen zum Kauf und einen zum Service – jeder gründlich durchdacht und mit etwa 100 Fragen bestückt. Der Zeitbedarf zum Ausfüllen beträgt mindestens 30 Minuten. Der Gegenwert für den Kunden? Kein direk- ter. Aber ihm bleibt die Hoffnung, dass in 12 Monaten die Prozesse in seinem Autohaus besser laufen . . . Eine große deutsche Versicherung be- fragt jährlich 15 000 ihrer Kunden telefo- nisch: Die Befragungsdauer beträgt durchschnittlich 20 Minuten. Der Ge- genwert für den Kunden? Keiner, weil niemand in der Versicherung mit den Ergebnissen arbeitet. Denn über die letzten Jahre hat sich ohnehin nichts ge- ändert! Allerdings ist die Zahl der irritier- ten Kunden am Telefon gewachsen. In solchen Fällen gehen nun Alarmfaxe vom Befragungsinstitut an den Versi- cherer, damit die verärgerten Kunden beruhigt werden können. Das Ergebnis: Der Handlungsbedarf auf der Meta- Ebene wird zur Kenntnis genommen – nämlich die Unzufriedenheit mit der Zu- friedenheitsbefragung. Der reale Hand- lungsbedarf wird ignoriert. Kundenzufriedenheit ist in der Tat kein Lippenbekenntnis mehr. Sie wird heute allerorts unter hohem Aufwand für den Kunden gemessen und diagnostiziert. Nur die Therapie bleibt aus. Zu oft hat der Kunde nichts von der Mühe, die er sich als „Ausfüllungsgehilfe“ seines Anbieters mit dem Fragebogen macht. Damit die Aufwand-Nutzen-Relation wieder stimmt, muss der Fragebogen kürzer und der Lohn der Mühe direkter spürbar werden. Überlänge – die Krux vieler Kundenfragebögen Es gibt einen wichtigen Grund, warum Fragebögen zur Kundenzufriedenheit so lang sind wie wir sie oft erleben: Die Schnittstelle eines Kunden mit dem Un- ternehmen ist lang. In der Praxis multi- pliziert sich die Menge von Prozessen mit der Menge an Kundenerlebnissen, die potentiell positive oder negative Bei- träge zur Prozess-Zufriedenheit machen. Bei 10 Prozessen und 10 Erlebnissen pro Prozess wird daraus ein Fragebogen von 10x10 = 100 Fragen. Wenn dazu noch Nötiges kommt, wie z. B. die Fra- gen nach dem stärksten Wettbewerber, und weiterhin Unnötiges, wie z. B. Ab- fragen von Kunden- und Transaktions- daten, die viel leichter der eigenen Da- tenbanken entnommen worden wären, dann entstehen die Monstren, welche die Kunden verärgern. Der Fragebogen zur Kundenzufriedenheit: kontraproduktiv? Ein Wegweiser zu Befragungen, die auch Ihren Kunden nützen. Imagin Prof. Bochmann AG Prof. Klaus W. Bochmann Vorstandsvorsitzender Kurmainzer Straße 20 65817 Eppstein Tel.: 06198 586-120 Fax: 06198 586-111 E-Mail: [email protected] http://www.imagin-ag.de Schaubild 1

Der Fragebogen zur Kundenzufriedenheit: … · nis der Wirtschaft. Ein großer deutscher Automobilherstel- ... Nur dann, wenn die Ergebnisse an den kundenverantwortlichen Betreuer

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Kundenzufriedenheit ist nichtmehr nur ein Lippenbekennt-nis der Wirtschaft.

Ein großer deutscher Automobilherstel-ler schickt seinen Kunden regelmäßigzwei Fragebögen – einen zum Kauf undeinen zum Service – jeder gründlichdurchdacht und mit etwa 100 Fragenbestückt. Der Zeitbedarf zum Ausfüllenbeträgt mindestens 30 Minuten. DerGegenwert für den Kunden? Kein direk-ter. Aber ihm bleibt die Hoffnung, dassin 12 Monaten die Prozesse in seinemAutohaus besser laufen . . .

Eine große deutsche Versicherung be-fragt jährlich 15 000 ihrer Kunden telefo-nisch: Die Befragungsdauer beträgtdurchschnittlich 20 Minuten. Der Ge-genwert für den Kunden? Keiner, weilniemand in der Versicherung mit denErgebnissen arbeitet. Denn über dieletzten Jahre hat sich ohnehin nichts ge-ändert! Allerdings ist die Zahl der irritier-ten Kunden am Telefon gewachsen. Insolchen Fällen gehen nun Alarmfaxevom Befragungsinstitut an den Versi-cherer, damit die verärgerten Kundenberuhigt werden können. Das Ergebnis:Der Handlungsbedarf auf der Meta-Ebene wird zur Kenntnis genommen –nämlich die Unzufriedenheit mit der Zu-friedenheitsbefragung. Der reale Hand-lungsbedarf wird ignoriert.

Kundenzufriedenheit ist in der Tat keinLippenbekenntnis mehr. Sie wird heute

allerorts unter hohem Aufwand für denKunden gemessen und diagnostiziert.Nur die Therapie bleibt aus. Zu oft hatder Kunde nichts von der Mühe, die ersich als „Ausfüllungsgehilfe“ seinesAnbieters mit dem Fragebogen macht.Damit die Aufwand-Nutzen-Relationwieder stimmt, muss der Fragebogenkürzer und der Lohn der Mühe direkterspürbar werden.

Überlänge – die Krux vielerKundenfragebögen

Es gibt einen wichtigen Grund, warumFragebögen zur Kundenzufriedenheit solang sind wie wir sie oft erleben: Die

Schnittstelle eines Kunden mit dem Un-ternehmen ist lang. In der Praxis multi-pliziert sich die Menge von Prozessenmit der Menge an Kundenerlebnissen,die potentiell positive oder negative Bei-träge zur Prozess-Zufriedenheit machen.Bei 10 Prozessen und 10 Erlebnissenpro Prozess wird daraus ein Fragebogenvon 10x10 = 100 Fragen. Wenn dazunoch Nötiges kommt, wie z. B. die Fra-gen nach dem stärksten Wettbewerber,und weiterhin Unnötiges, wie z. B. Ab-fragen von Kunden- und Transaktions-daten, die viel leichter der eigenen Da-tenbanken entnommen worden wären,dann entstehen die Monstren, welchedie Kunden verärgern.

Der Fragebogen zur Kundenzufriedenheit:kontraproduktiv?Ein Wegweiser zu Befragungen, die auch IhrenKunden nützen.

Imagin Prof. Bochmann AGProf. Klaus W. Bochmann

VorstandsvorsitzenderKurmainzer Straße 20

65817 EppsteinTel.: 06198 586-120Fax: 06198 586-111

E-Mail: [email protected]://www.imagin-ag.de

Schaubild 1

Schaubild 1 zeigt, wie es zur Längekommt. Es zeigt die Fragebogen-Totale,welche die gesamte Wertschöpfungs-kette vom Kunden-Erlebnis zur Zufrie-denheit und weiter zum eigentlichenZiel des Zufriedenheits-Managements:der Reduzierung der Kunden-Risikenund der Verbesserung der Geschäfts-Chancen. Die Breite auf der unterstenEbene ist die Ursache der potentiellenLänge.

Der fehlende Dialog – das Problem Nummer zwei.

Kunden beantworten Fragebögen zurZufriedenheit, weil Sie sich die Verbes-serungen Ihrer Situation wünschen. Die-se Erwartung wird aber in der Regelnicht erfüllt.

Die Praxis kennt mehrere Gründe, dieausschließen, dass im Anschluss an dieBefragung der Kunde persönlich bessergestellt ist.

Ausschlussgrund Nr. 1 ist die Anony-mität. Noch immer werden viele Kundenbefra-gungen anonym durchgeführt, weil diedeutsche Marktforschung mit den Da-tenschützern einen Pakt geschlossenhat (den sie allerdings selbst zuneh-mend unterläuft). Kunden wünschenaber keine Anonymität. Das kann jedererleben, der Kunden im Anschluss anein Interview um die Aufhebung einerzuvor in Aussicht gestellten Anonymitätbittet und dann Ja-Antworten in der Grö-ßenordnung von 90 % erhält. Kundenwollen die Lösung ihrer Probleme.

Ausschlussgrund Nr. 2 ist der Mangelan Dialog.Die Möglichkeit für den Kunden, Anre-gungen und Beschwerden abzugeben,wird oft ausgeschlossen, weil die ent-sprechenden Fragen fehlen. Nicht seltengeschieht das aufgrund der Befürchtung,dass die eigene Organisation einer Flutvon Beschwerden nicht gewachsen wäre.

Ausschlussgrund Nr. 3 ist das fehlendeindividuelle Feedback. Nur dann, wenn die Ergebnisse an denkundenverantwortlichen Betreuer zu-rückfließen, kann der Kunde einen direk-ten Nutzen von seiner Mühe erwarten.

Dieses individuelle Feedback gibt esaber in den wenigsten Fällen.

Es ist etwa 5 Jahre her, dass mich einermeiner Klienten aufforderte, ausnahms-los alle wichtigen Kunden zu befragenund die Ergebnisse seinen Außendienst-mitarbeitern zur Bearbeitung vorzule-gen. Das hat mir die Augen dafür geöff-net, dass eine Kundenbefragung einesehr effektive Maßnahme im Rahmendes Kundenbeziehungsmanagementssein kann.

Den Aufwand für den Kunden reduzieren.Mehrere kurze Fragebögensind kundenfreundlicher alsein langer.

Mehrere kurze Fragebögen anstelle ei-nes langen können nicht nur kunden-freundlicher, sondern auch effektiverund effizienter sein.

Der Schlüssel liegt in der horizontalenTeilung der Fragebogen-Totale von Schau-bild 1. Das Ergebnis finden Sie – exem-plarisch – in den Schaubildern 2 und 3.

Der strategische Fragebogen Der strategische Fragebogen lautSchaubild 2 beschränkt sich grundsätz-lich auf die beiden obersten Ebenen derFragebogen-Totale, nämlich die Verhal-tens- und die Zufriedenheits-Ebene.Einige wenige ausgewählte Standardsmit besonderer Bedeutung für die Ziel-erreichung werden oft noch hinzuge-

wählt. Das ändert aber nichts an dergrundsätzlichen Begrenzung auf die bei-den obersten Ebenen.

Da dieser Fragebogen jetzt kurz ist, kön-nen problemlos Fragen zur Erfahrung desKunden mit externen Wettbewerbernhinzugenommen werden. Natürlich kön-nen sie nur gestellt werden, wenn sol-che Erfahrungen tatsächlich vorliegen.Dies ist jedoch üblicherweise der Fall.

Handlungsbedarfe liegen vor, wenn imVergleich zum externen Wettbewerboder – in Ermangelung des Externver-gleichs – zum internen WettbewerbSchwächen vorliegen, die aus der Sichtder Kunden von Bedeutung sind.

Bis zu diesem Punkt der Feststellungdes Handlungsbedarfs führt der strategi-sche Fragebogen – und nicht weiter. DieAufklärung über die Tiefe, also den ei-gentlichen Grund des Handlungsbedarfs,erfolgt in bewusster Absicht noch nicht.

Der operative FragebogenDer operative Fragebogen laut Schau-bild 3 erfasst die zwei unteren Ebenender Fragebogen-Totale. Das sind dieZufriedenheits-Ebene und die Ebene derStandards. Der hier gewählte Begriff„Standards“ anstelle des Begriffs „Er-lebnisse“ soll verdeutlichen, dass ausder Menge aller Kundenerlebnisse jetztdiejenigen ausgewählt wurden, derenErfüllung nachweislich einen Beitrag zurKundenzufriedenheit macht.

Wandlungsfähige Unternehmensstrukturen

Schaubild 2

gische sowie ein operativer) sind kürzerals der Fragebogen der Totale. Für denAnbieter liegt der Vorteil ebenfalls in derSchonung seines Kunden, aber auch sei-nes Marketing-Budgets. Hinzu kommt,dass er sich jetzt für die Prozesse mitHandlungsbedarf sogar noch etwasmehr Tiefe erlauben kann als zuvor.

Unsere Klienten setzen den operativenFragebogen oft in 2 zeitlich separiertenPhasen ein:In Phase 1 – der Diagnose-Phase – stel-len sie fest, was der Grund des Hand-lungsbedarfs ist. In Phase 2 – der Monitor-Phase – beglei-tet der Fragebogen ihre Anstrengungenzum Abbau des Handlungsbedarfs solange, bis das Ziel erreicht ist.

Die Kopplung zwischen „strategisch“und „operativ“Für die Art der Kopplung beider Frage-bögen haben sich zwei unterschiedlichePraktiken ausgebildet: die lose und diefeste Kopplung.

Lose Kopplung bedeutet, dass der ope-rative Fragebogen separiert vom strate-gischen Fragebogen eingesetzt wird –und zwar stets im zeitlichen Nachlauf.Der operative Fragebogen folgt alsoerst, nachdem „strategisch“ auf derProzess-Ebene ein Handlungsbedarfzweifelsfrei festgestellt wurde.

Wie das Schaubild zeigt, wird die Ebeneder Standards nur angesteuert, wo imstrategischen Fragebogen zuvor einHandlungsbedarf festgestellt wurde.

Der Vorteil für den befragten Kundenliegt auf der Hand. Die zwei Fragebögen(bei einem Handlungsbedarf der strate-

Wandlungsfähige Unternehmensstrukturen

Schaubild 3

Feste Kopplung bedeutet, dass der ope-rative Fragebogen dynamisch zur Ab-laufzeit in den strategischen Fragebo-gen eingeklinkt wird. Dies ist aufgrundder computergestützten Steuerung beiTelefon- und Online-Befragungen mög-lich – bei schriftlichen Befragungenscheidet diese Alternative aus. Das Ein-klinken des operativen Fragebogens er-folgt stets dann, wenn ein Kunde indivi-duell Handlungsbedarf anmeldet – alsobei Zufriedenheitswerten unterhalb ei-ner festgelegten Schwelle.

Pros & Cons beider Kopplungsarten:Eine systematische Aufzählung der Prosund Cons würde theoretisch wirken.Zwei Beispiele mögen genügen, umden breiten Fächer anzudeuten:

Einer unserer Klienten setzt die lose Kopp-lung ein, weil der strategische Frage-bogen global eingesetzt wird und deroperative Fragebogen lokal in seinen Nie-derlassungen, die weltweit verzweigtsind. Auf diese Weise hat „die Zentrale“die Übersicht über die Handlungsbedar-fe, aber nicht die Einsicht in die Abarbei-tung, die ohnehin in der lokalen Kompe-tenz liegt. Hinzu kommt, dass Prozess-Standards weltweit variiren. 24/7-Ser-vices haben in USA mehr Dringlichkeitals in Europa – daher dürfen dann auchdie Standards in den operativen Frage-bögen von Land zu Land variieren.

Ein anderer Klient setzt die feste Kopp-lung ein, weil er auf seine – im übrigenschwer erreichbaren – Kunden stärkereingehen möchte, wenn es schon gelun-gen ist, sie zur Auskunft zu bewegen.Eine Zeitsteuerung achtet darauf, dassdurch die Zahl der eingeklinkten operati-ven Fragebögen ein Maximum nichtüberschritten wird. Im Ergebnis werdenzwar einige operative Schleifen zu vielgelegt – aber die schwierigen Kunden-adressen müssen nicht für Zweitkon-takte genutzt werden, um die Diagnose-und Monitorphase zu durchlaufen.

Den Dialog mit dem Kunden aktivieren.Die Individualrückmeldunggibt dem Kunden den Nutzen,den er sucht.

Kunden sind unzufrieden, wenn dieLeistungen hinter ihren Erwartungen zu-

rückbleiben. Dialoge mit unzufriedenenKunden führen entweder zur Verbesse-rung der Leistung – oder sie senken de-ren Erwartungen auf ein realistischesNiveau. Meist geschieht beides. Auf je-den Fall erhöht ein guter Dialog dieKundenzufriedenheit.

Die Vorbereitung des Dialogs imFragebogenEin beabsichtigter Kundendialog mussin der Zufriedenheitsbefragung selbstschon angelegt sein. Damit dies gelingt,hat sich das folgende Vorgehen be-währt:

1. Die Anonymität wird aufgehobenDabei sind die Regeln des Datenschut-zes zu beachten. Diese Regeln sind un-terschiedlich, je nachdem, ob ein Unter-nehmen selbst seine Kunden befragt,ob Dritte in seinem Namen (und Auf-

trag) telefonieren, oder Dritte im eige-nen Namen aktiv werden. Unabhängigvon der Rechtslage empfehlen wir im-mer, die Kunden auch zur Aufhebung ih-rer Anonymität zu motivieren. Wir errei-chen das, wenn wir ihnen sagen, dassdie Befragung der Anfang eines frucht-bringenden Dialogs ist – und diesesVersprechen später auch einlösen.

2. Es wird nach Beschwerden undAnregungen gefragt.Diese Fragen erlauben es dem Kunden,seine Probleme und Interessen zu plat-zieren. Die pro-aktive Erfassung der oft

emotional geladenen Äußerungen er-laubt es, rechtzeitig Gefährdungen derKundenbeziehung zu entdecken und ab-zuwenden, aber ebenso auch Chancenaufzugreifen. Die Schaubilder 2 und 3zeigen, dass die Abfragen nach denBeschwerden und Anregungen sowohlin den strategischen als auch in denoperativen Fragebogen gehören. Dennsie sind immer eine wichtige Dialog-Grundlage, wenn sie beantwortet wur-den – und darüber hinaus eine kostenlo-se Beratung.

3. Ein Individualfeedback wird erzeugt.Vertriebsbeauftragte schätzen es, wennsie die wichtigsten Antworten einesKunden auf einer Seite übersichtlich zu-sammengestellt erhalten. Ob die Seiteauf Papier gedruckt oder im Internet be-reitgestellt wird, hängt von der technolo-gischen Neigung ab.

Schaubild 4 zeigt exemplarisch ein sol-ches Individual-Feedback. Wie erkenn-bar wird, gibt es Auskunft über die Ge-schäfts-Risiken und -Chancen, über diekundenbezogenen Handlungsbedarfeund über die Beschwerden und Anre-gungen. Die Adressaten für diesesFeedback sind stets die kundenverant-wortlichen Ansprechpersonen, wie z. B.die Mitarbeiter im Außendienst, im In-nendienst und im technischen Service.

Einer meiner Klienten sagte mir kürzlichfolgendes: „Seit dem Individualfeed-back wird unsere Kundenbefragung ak-

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Wandlungsfähige Unternehmensstrukturen

Schaubild 4

Der Dialog als neue Aufgabe.Die Annahme, dass ein Individualfeed-back von kundenverantwortlichen Mitar-beitern sofort und einhellig begrüßt wird,ist unzutreffend. Das liegt nicht nur da-ran, dass solch ein Feedback auch vonden Vorgesetzten gesehen wird, die dar-aus die falschen Schlüsse ziehen können.

Es liegt auch an der Natur des Feed-backs. Typisch für Mitarbeiter im Ver-trieb und Service sind die folgenden dreiEinwände:

Einwand 1. Das hat mir mein Kundeaber persönlich noch nie gesagt! Einwand 2. Das Problem kenne ich, aberdas haben wir doch längst beigelegt!Einwand 3. Für dieses Problem warteich noch immer auf eine Lösung derTechnik. Bis dahin kann ich nichts tun!

Wie leicht nachzuvollziehen ist, enthal-ten alle drei Einwände ihren speziellenSprengstoff. Ohne eine Vorbereitungder Mitarbeiter und ihrer Vorgesetztenauf die neue Aufgabe kann daher derKundendialog leicht scheitern.

Nach der entsprechenden Vorbereitungaber beginnt die Arbeit damit, die Indi-vidualfeedbacks zu priorisieren und überDialog-Angebote abzuarbeiten. Die Pa-lette der Dialog-Angebote an die Kun-den reicht dann von der strategischenNeuausrichtung der Unternehmens-Partnerschaft bis zum schlichten Danke-schön für eine positive Bewertung. Da-bei ist das Dankeschön das minimaleDialog-Angebot, das keinem Kundenvorenthalten werden darf.

Trotz allem ist bis zu dieser Stelle derKundendialog kein Selbstläufer. Dennschließlich kostet jeder Dialog die Zeitder Vertriebs- und Servicemitarbeiterund „hält vom Verkaufen ab“.

Wieder einmal war es einer meiner Klien-ten, der uns hier einen wesentlichenSchritt weitergeholfen hat. Er schlug vor,neben dem Thema „Geschäfts-Risiken“auch das Thema „Geschäfts-Chancen“in das Individualfeedback so explizit wiemöglich aufzunehmen. Seitdem wir dastun, sind auch die Vertriebs- und Service-mitarbeiter am Individualfeedback per-sönlich interessiert, weil es ihnen hilft, ih-re Verkaufsziele zu erfüllen.

Fazit: Kürzere Fragebögen und ein darauf auf-bauender echter Dialog mit dem Kun-den machen die Kundenbefragung zu ei-nem wertvollen Instrument des Kunden-beziehungsmanagements.

„Nichts ist fruchtbringender als einDialog von Menschen über Dinge, diefür beide relevant sind: für den Kun-den der Abbau seiner Risiken, und fürden Verkäufer die Nutzung seinerChancen. Und wenn beide dabei er-kennen, dass sie für die Realisierungihrer Bedürfnisse aufeinander ange-wiesen sind.“

Prof. Klaus W. Bochmann

zeptiert. Wenn Otto Wichtig, der ITLeiter der Telebank AG, unsere Projekt-führung kritisiert, dann hat das Bedeu-tung. Früher wurde statt dessen die Be-fragung angezweifelt – ob da möglicher-weise Querulanten den Durchschnittgedrückt haben, die wegen ihrer gerin-gen Bedeutung gar nicht hätten befragtwerden dürfen.“

Die Realisierung des Dialogs in derPraxisWenn das Individualfeedback auf demTisch liegt, hat der Dialog noch nicht be-gonnen. Die kundenverantwortlichenBetreuer müssen befähigt und begeis-tert werden.

Beschwerden zuerst.Es versteht sich von selbst, dass alleKundenbeschwerden aus dem Feed-back Vorfahrt haben. Das kann dadurch realisiert werden, dass Beschwerdenvorab signalisiert und in einen speziellenBeschwerdemanagement-Prozess ein-gesteuert werden, der durch geeigneteInformations-Technologie unterstütztwird. Sehr gut geeignet – weil schnelleinzurichten – sind Lösungen, die erfass-te Beschwerden im Internet präsentie-ren und dort auch den Fluss der Be-schwerdebearbeitung unterstützen. Zudiesem Arbeitsfluss gehören die Zuord-nung einer Beschwerde zum Be-schwerde-Eigner, die terminliche Ver-folgung der Beschwerde, die Möglich-keit der Eskalation, das Einholen einesBeschwerde-Feedbacks nach der Er-ledigung sowie die Auswertung der Be-schwerden im Sinne einer Ursachen-und Erfolgsanalyse.

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