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Der gemeinsame Markt hat begonnen! Von Dr. A. Kiefer Hazrpt~eschiiftsfuhl.er der Landesvereinigu7zg der Milchwirtschaft Nordrheiiz-Westfalen Unter dem Gesichtspunkt des gerneinsamen Marktes werden die Aufgaben und Probleme der deutschen Milchwirtschaft behandelt. Der Vf. untersucht den Eedarf an Milch und Milcherzeugnissen in den letzten Jahren und zeigt den gleichmaDigen Trend in der Milcherzeugung auf. Ukonomische Fragen des Euttermarktes, des EiweiRmarktes und des Trinkmilchmarktes werden erortert. El mercado comun na empezado Se trata bajo el punto de vista del mercado comhn 10s pro- blemas de la economia lechera alemana. El autor examina el consuma de leche y sus derivados en 10s ultimos afios y seiiala el aumento proporcionado de la produccion. Se discuten las cuestiones economicas del lnercado de la mantequilla, albumina y de la leche embotellada. Mit dem 1. Januar 1959 ist auch die deutsche Milch- wirtschaft in den gemeinsamen Markt eingetreten. Zoll- ermafligungen und Kontingentsauswei tungen haben be- gonnen und werden Jahr fur Jahr verstarkt. Der da- durch entstehende groi3ere Wettbewerb stellt unsere Milchwirtschaft vor neue Aufgaben. Die Nachfrage nach Milch mid hlilcherzeugnissezz Auf jedem Wirtschaftsgebiet ist der wirtschaftliche Erfolg um so grofler, je grofler das Gleichgewicht zwi- schen Erzeugung und Bedarf ist. Unter diesem Gesichts- punkt wird auch die zukiinftige Entwicklung stehen. Die Bedarfsseite in der Milchwirtschaft abzugrenzen, ist ein nicht leicht zu losendes Problem. Wir wissen, dafl die Bevdkerung nur um 0.7 O/o im Jahr steigt. Wir wissen aber auch auf der anderen Seite, dai3 der Bedarf an Milch und Mikherzeugnissen sowohl in Deutschland als auch etwa gleichlautend in den ubrigen Landern der EWG Jahr fur Jahr um etwa 3Oio gestiegen ist. Aller- dings sind nicht alle milchwirtschaftlichen Erzeugnisse an dieser Bedarfsentwicklung gleichmaflig beteiligt. Der Trinkmilch-Absatz ist, wenn wir den reinen molkerei- mafligen Trinkmilch-Absatz sehen, langsam gestiegen. Wenn wir den Absatz von Trinkmikh aber einschliefllich Sahne und Dauermilch sehen, liegt die Absatzentwicklung auf dem obengenannten Durchschnitt. Bei Butter ist die Entwicklung unterschiedlich und gerade bei diesem Er- zeugnis weitgehend abhangig von der Kaufkraft, wah- rend der Kaseverbrauch von der Kaufkraft-Entwicklung nicht so stark beeinfluflt wird. Insgesamt gesehen, mui3te also ein Ausgleich von der Bedarfsseite her moglich sein, wenn bei gleichbleibender Kaufkraft die Verbrauchs- steigerung mit 3Oio und Jahr als kontinuierlich anzu- nehmen ist. Die Eiztwicklung der Milcherzeugung Naturgemai3 stellt man sich nach dem eben Gesagten die Frage: Wie entwickelt sich die Erzeugung? Hier Prognosen zu stellen. ist fast noch schwieriger als bei der Bedarfsentwicklung. Die letzten .Jahre zeigen aber auch hier einen verhaltnismaflig gleichmafligen Trend. Seit dem Jahre 1951 ist die Milchanlieferung im Bundesgebiet um 24 "/a gestiegen. Die Steigerung betragt jetzt rd. 3'12 "/o/Jahr und lauft mit der Bedarfssteige- rung in etwa parallel. Man darf aber nicht iiber- FETTE . SEIFEN . ANSTRICHMITTEL 61 Jahigang Nr 4 195Y The Common Market has Begun The problems and the functions of the German dairy industry are discussed from the point of view of the common market. The author investigated the requirements of milk and milk pro- ducts in the previous years and points out to the regular trend in the milk production. The economic problems of the market in case of butter, cheese and drinking milk are discussed. Le march6 commun a commenck Les problhmes de 1'6conomie de lait en Allemagne sont trait& au point do vue du marche commun. L'auteur discute la con- sommation de lait et des produits laiteux des annees derni6res et renvoie au developpement regulier de la production de lait. Des questions kconomiques du marche de beurre, des albumines et de lait potable sont discutkes. sehen, dai3 diese Steigerung gebietsweise sehr unter- schiedlich ist. In Bayern und Rheinland-Pfalz liegt die Steigerung in dieser Zeit bei fast 60 Oio, in Baden-Wurt- temberg und Hessen bei 25 Oio, wahrend sie in den nord- deutschen Landern nur bei etwa 8'/o liegt. Diese unterschiedliche Steigerung ist auf die verschie- densten Grunde zuruckzufuhren. Zwei Ursachen, die in diesen beiden Gebietsteilen der Bundesrepublik unter- schiedlich sind, mufl man aber herausstellen. In den genannten suddeutschen Gebieten ist diese Steigerung wohl nicht zuletzt auf die wachsende Mechanisierung im Ackerbau zuriickzufuhren, in deren Gefolge die Zugkuh von einst die Zuchtkuh von heute geworden ist, die im Stall steht und erheblich mehr Milch und Milch mit einem hoheren Fett-Gehalt liefert. Bei der noch ver- haltnismaflig niedrigen Milcherzeugung je Kuh mui3 man hier mit einer starkeren Steigerung rechnen als im Norden. Die Gesamtentwicklung in Norddeutschland, die, wie schon gesaqt, prozentual in ihrer Steigerung erheblich hinter Siiddeutschland zuriickgeblieben ist, ist nicht zu- letzt eine Folge der auflerordentlich schnellen Tbc-Frei- machung in diesem Gebiet. Das gilt insbesondere fur die Gebiete mit Durchhaltungsstallen und Abmelkstallen. Dort wurden Hoch'eistungskiihe abgeschafft und durch Rinder ersetzt, die zunachst eine gerinqere Milchleistung hatten. Nachdem dieser Prozefl zu Ende geht, mufl auch in den norddeutschen Gebieten mit einem starkeren An- stieg der Milchanlieferung gerechnet werden. Allerdings wird der Anstieg hier wohl niemals so stark sein kiinnen wie in Suddeutschland, da die Durchschnittsleistungen je Kuh dort - auch unter Beriicksichtigung der gegebenen natiirlichen Verhiiltnisse - hijher lagen als in Siid- deutvhland. Auch scheint nach der letzten Viehzahlung der Riickqang der Rindviehbestande aufgehijrt zu haben, teilweise steigen auch bereits die Bestande. Aus betriebswirtschaftlichen Grunden wird jeder land- wirtschaftliche Betrieb bestrebt sein, das Zuchtziel der Rinder-Rasse zu erreichen, die er auf seinem Hof halt. Beim schwarzbunten Niederungsvieh sind das 5000 kg Milch mit 4 O/o Fett. Wenn heute die Leistung im Durch- schnitt in diesem Gebiet noch knapp unter 4000 kg Milch und unter 3.6 O/o Fett liegt, zeigt sich, dafl bei Erreichung des Zuchtzieles noch eine 20°/oige Steigerun,g erwartet werden kann, wenn auch vielleicht erst im Laufe von 5 oder 10 Jahren. 283

Der gemeinsame Markt hat begonnen!

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Der gemeinsame Markt hat begonnen! Von Dr. A. K i e f e r

Hazrpt~eschiiftsfuhl.er der Landesvereinigu7zg der Milchwirtschaft Nordrheiiz-Westfalen

Unter dem Gesichtspunkt des gerneinsamen Marktes werden die Aufgaben und Probleme der deutschen Milchwirtschaft behandelt. Der Vf. untersucht den Eedarf an Milch und Milcherzeugnissen in den letzten Jahren und zeigt den gleichmaDigen Trend in der Milcherzeugung auf. Ukonomische Fragen des Euttermarktes, des EiweiRmarktes und des Trinkmilchmarktes werden erortert.

El mercado comun na empezado

Se trata bajo el punto de vista del mercado comhn 10s pro- blemas de la economia lechera alemana. El autor examina el consuma de leche y sus derivados en 10s ultimos afios y seiiala el aumento proporcionado de la produccion. Se discuten las cuestiones economicas del lnercado de la mantequilla, albumina y de la leche embotellada.

Mit dem 1. Januar 1959 ist auch die deutsche Milch- wirtschaft in den gemeinsamen Markt eingetreten. Zoll- ermafligungen und Kontingentsauswei tungen haben be- gonnen und werden Jahr fur Jahr verstarkt. Der da- durch entstehende groi3ere Wettbewerb stellt unsere Milchwirtschaft vor neue Aufgaben.

Die Nachfrage nach Milch mid hlilcherzeugnissezz

Auf jedem Wirtschaftsgebiet ist der wirtschaftliche Erfolg um so grofler, je grofler das Gleichgewicht zwi- schen Erzeugung und Bedarf ist. Unter diesem Gesichts- punkt wird auch die zukiinftige Entwicklung stehen.

Die Bedarfsseite in der Milchwirtschaft abzugrenzen, ist ein nicht leicht zu losendes Problem. Wir wissen, dafl die Bevdkerung nur um 0.7 O / o im Jahr steigt. Wir wissen aber auch auf der anderen Seite, dai3 der Bedarf an Milch und Mikherzeugnissen sowohl in Deutschland als auch etwa gleichlautend in den ubrigen Landern der E W G Jahr fur Jahr um etwa 3 O i o gestiegen ist. Aller- dings sind nicht alle milchwirtschaftlichen Erzeugnisse an dieser Bedarfsentwicklung gleichmaflig beteiligt. Der Trinkmilch-Absatz ist, wenn wir den reinen molkerei- mafligen Trinkmilch-Absatz sehen, langsam gestiegen. Wenn wir den Absatz von Trinkmikh aber einschliefllich Sahne und Dauermilch sehen, liegt die Absatzentwicklung auf dem obengenannten Durchschnitt. Bei Butter ist die Entwicklung unterschiedlich und gerade bei diesem Er- zeugnis weitgehend abhangig von der Kaufkraft, wah- rend der Kaseverbrauch von der Kaufkraft-Entwicklung nicht so stark beeinfluflt wird. Insgesamt gesehen, mui3te also ein Ausgleich von der Bedarfsseite her moglich sein, wenn bei gleichbleibender Kaufkraft die Verbrauchs- steigerung mit 3 O i o und Jahr als kontinuierlich anzu- nehmen ist.

Die Eiztwicklung der Milcherzeugung Naturgemai3 stellt man sich nach dem eben Gesagten

die Frage: Wie entwickelt sich die Erzeugung? Hier Prognosen zu stellen. ist fast noch schwieriger als bei der Bedarfsentwicklung. Die letzten .Jahre zeigen aber auch hier einen verhaltnismaflig gleichmafligen Trend.

Seit dem Jahre 1951 ist die Milchanlieferung im Bundesgebiet um 24 "/a gestiegen. Die Steigerung betragt jetzt rd. 3'12 "/o/Jahr und lauft mit der Bedarfssteige- rung in etwa parallel. Man darf aber nicht iiber-

F E T T E . S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L 61 Jahigang Nr 4 195Y

The Common Market has Begun The problems and the functions of the German dairy industry

are discussed from the point of view of the common market. The author investigated the requirements of milk and milk pro- ducts in the previous years and points out to the regular trend in the milk production. The economic problems of the market in case of butter, cheese and drinking milk are discussed.

L e march6 commun a commenck Les problhmes de 1'6conomie de lait en Allemagne sont trait&

au point do vue du marche commun. L'auteur discute la con- sommation de lait e t des produits laiteux des annees derni6res e t renvoie au developpement regulier de la production de lait. Des questions kconomiques du marche de beurre, des albumines e t de lait potable sont discutkes.

sehen, dai3 diese Steigerung gebietsweise sehr unter- schiedlich ist. I n Bayern und Rheinland-Pfalz liegt die Steigerung in dieser Zeit bei fast 60 O i o , in Baden-Wurt- temberg und Hessen bei 25 O i o , wahrend sie in den nord- deutschen Landern nur bei etwa 8'/o liegt.

Diese unterschiedliche Steigerung ist auf die verschie- densten Grunde zuruckzufuhren. Zwei Ursachen, die in diesen beiden Gebietsteilen der Bundesrepublik unter- schiedlich sind, mufl man aber herausstellen. In den genannten suddeutschen Gebieten ist diese Steigerung wohl nicht zuletzt auf die wachsende Mechanisierung im Ackerbau zuriickzufuhren, in deren Gefolge die Zugkuh von einst die Zuchtkuh von heute geworden ist, die im Stall steht und erheblich mehr Milch und Milch mit einem hoheren Fett-Gehalt liefert. Bei der noch ver- haltnismaflig niedrigen Milcherzeugung j e Kuh mui3 man hier mit einer starkeren Steigerung rechnen als im Norden.

Die Gesamtentwicklung in Norddeutschland, die, wie schon gesaqt, prozentual in ihrer Steigerung erheblich hinter Siiddeutschland zuriickgeblieben ist, ist nicht zu- letzt eine Folge der auflerordentlich schnellen Tbc-Frei- machung in diesem Gebiet. Das gilt insbesondere fur die Gebiete mit Durchhaltungsstallen und Abmelkstallen. Dort wurden Hoch'eistungskiihe abgeschafft und durch Rinder ersetzt, die zunachst eine gerinqere Milchleistung hatten. Nachdem dieser Prozefl zu Ende geht, mufl auch in den norddeutschen Gebieten mit einem starkeren An- stieg der Milchanlieferung gerechnet werden. Allerdings wird der Anstieg hier wohl niemals so stark sein kiinnen wie in Suddeutschland, da die Durchschnittsleistungen je Kuh dort - auch unter Beriicksichtigung der gegebenen natiirlichen Verhiiltnisse - hijher lagen als in Siid- deutvhland. Auch scheint nach der letzten Viehzahlung der Riickqang der Rindviehbestande aufgehijrt zu haben, teilweise steigen auch bereits die Bestande.

Aus betriebswirtschaftlichen Grunden wird jeder land- wirtschaftliche Betrieb bestrebt sein, das Zuchtziel der Rinder-Rasse zu erreichen, die er auf seinem Hof halt. Beim schwarzbunten Niederungsvieh sind das 5000 kg Milch mit 4 O/o Fett. Wenn heute die Leistung im Durch- schnitt in diesem Gebiet noch knapp unter 4000 kg Milch und unter 3.6 O / o Fett liegt, zeigt sich, dafl bei Erreichung des Zuchtzieles noch eine 20°/oige Steigerun,g erwartet werden kann, wenn auch vielleicht erst im Laufe von 5 oder 10 Jahren.

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Insgesamt gesehen strebt, bei heute bereits ausge- glichenem Verhaltnis zwischen Produktion und Absatz, die Erzeugung einer Entwicklung zu, die nur unter- gebracht werden kann, wenn bei steigender Kaufkraft auch der Bedarf an Veredlungserzeugnissen wachst. ilusgleich zwirchrn Erzeugiing und Bedarf

Sollen Erzeugung und Bedarf im Gleichgewicht blei- ben, dann treten hier sorgfaltig zu beachtende Grenzen auf, die fordern, dai3 man die Milch- und Fettleistung nicht iiber das Zuchtziel hinaus treiben sollte und dai3 die Viehbestande nicht erhoht werden konnen. Es wird sich dabei aber die Notwendigkeit ergeben, auch inner- halb der Milcherzeugung zu einer Arbeitsteilung zu kommen. Wir stellen heute in Rheinland-Westfalen be- reits fest, daB in den letzten Jahren die Milcherzeugung in den Ruben-Anbaugebieten bis zu 21 "in zuruckgegangen ist, und zwar vornehmlich in den Gebieten mit grot3- bauerlichem Ruben-Anbau. Sicherlich ist dieser Ruckgang auf das unlosbar erscheinende Melkerproblem zuruck- zufiihren. Hier konnte sich eine Arbeitsteilung ergeben dergestalt, dai3 diese Betriebe zur Jungviehmast uber- gehen, um dadurch den Gebieten, die von Natur aus auf die Milcherzeugung angewiesen sind, Luft in der naturlichen Steigerung der Milcherzeugung zu geben.

Der Buttermarkt Wahrend die deutsche Buttererzeugung in den Ietzten

Jahren verhaltnismai3ig leicht unterzubringen war und auch die Nachfrage die Erwartungen teilweise sogar uber- schritten hat, so ist sie doch ein Problem von Bedeutung. Die deutsche Butter erfreut sich ohne Zweifel beim Ver- braucher eines besonderen Ansehens. Dieses Ansehen ist dann besonders gefestigt und tragt zu einer Bedarfs- steigerung bei, wenn qualitatsmai3ig nicht in bestimmten Zeiten Ruckschlage eintreten. In weiten Gebieten Deutsch- lands ist das aber in den ersten Monaten des Jahres der Fall, wenn kurze briicklige Butter als Folge der Fett- konsistenz in der Anlieferungsmilch im Winter in den Verkehr gebracht wird. Die Beseitigung dieses Fehlers ist von der Technik der Butterherstellung aus noch nicht geliist. Eine wesentliche Hilfe scheint aber iiber die seit einigen Jahren erprobte Sahne-Einlagerung zu bestehen. Diese Sahne-Einlagerung, die nach durchgefiihrten Ver- suchen kaum teurer zu sein braucht als die Butter-Ein- lagerung, gibt die MGglichkeit, die eingelagerte Sahne im Winter der Wintersahne zuzusetzen. Dadurch wird nicht nur eine giinstige Butterfarbe erreicht, sondern auch eine Konsiotenz, die der Konsistenz der Sommerbutter ebenbiirtig ist und die die heute vorhandenen Fehler der Winterbutter beseitigt. Darum erscheint die kontinuier- liche Verfolgung des Problems der Sahne-Einlaqerung fur die Entwicklung des Butterabsatzes von entscheiden- der Bedeutung.

Der zweite Nachteil fur die Butterqualitat ist die Lagerbutter, die aus Grunden der gleichmai3igen Ver- sorgung und des Marktausgleiches vom Markt her ge- sehen nicht weqzudenken ist. Auch die dadurch im Butter- absatz entstehenden und ohne Zweifel vorhandenen Schwierigkeiten konnen durch eine fortentwickelte Sahne- Einlagerung wesentlich gemildert, wenn nicht sogar be- seitigt werden. Der Eiweiflmarkt

Schwieriger als die Fragen des Buttermarktes waren in den vergangenen Jahren die Fragen des Eiweii3uber- schusses zu losen. Das mehr anfallende Eiweii3 konnte

im Gegensatz zum Fett nicht untergebracht werden. So kam es, dai3 der Anteil der Dauermilch an der Ver- arbeitung der deutschen Milchmengen in wenigen Jahren von G n / n auf 1 0 n / o gestiegen ist. Es ist versucht worden, diese Entwickhng durch die Herstellung von Futter- pulver fur die Landwirtschaft zu steuern. Dieser Weg wird auch in Zukunft weiter beschritten werden mussen. Er hat aber den Nachteil, dai3 die Kosten fur diese Kon- servierung von Futtermitteln ungewahnlich hoch sind und fast dem Wert der frischen Magermilch entsprechen. Hier wird es unumganglich notwendig sein, und diese Notwendigkeit wird die Landwirtschaft einsehen mussen, die Ruckgabe von fliissiger Magermilch mit allen Mitteln zu fordern. Der norddeutsche Raum hat im Jahre 1958 unter Beweis gestellt, dai3 dieser Weg gangbar ist. Wir haben die Hoffnung und die Erwartung, dai3 auch der suddeutsche Raum sich dieser Entwicklung anschlieflt.

Der Trinknzilchmarkt Die Entwicklung des Trinkmilchmarktes ist nicht zu-

friedenstellend. Die Grunde hierfiir sind vielfaltig. Ein wesentlicher Teil der Ursachen liegt in der gesetzlichen Regelung der LadenschluBzeiten begrundet. Wahrend der Sonntagsverkauf aus verschiedenen Grunden mehr und mehr nachliei3, war es in weiten Teilen des Bundes- gebietes ublich, am Sonnabend zweimal Milch zu ver- kaufen oder auszufahren, vormittags die ubliche Liefe- rung, nachmittags die Lieferung fur den Sonntag. 1957 wurde diese Nachmittagslieferung durch den 16 Uhr- LadenschluB erschwert, 1958 durch den 14 Uhr-Laden- schlui3 unmoglich gemacht. Man schatzt wohl nicht falsch, wenn man sagt, dai3 dadurch etwa 6 bis 8 " / 0 Umsatz- ruckgange eingetreten sind. Durch vermehrten Milchver- brauch in den Betrieben konnte dieser Ruckgang teilweise wettgemacht werden. In Nordrhein-Westfalen, fur das hier ausreichende Unterlagen zur Verfiigung stehen, be- tragt der Anteil des Milchverzehrs in den Betrieben 10 bis 15 O/u des Gesamttrinkmilch-Absatzes. Der Obergang von der Sechstage- zur Funftage-Woche brachte aber auch hier eine Verminderung des Trinkmilch-Absatzes.

Noch eine andere Beobachtung, die in Nordrhein-West- falen gemacht wurde, ist zu erwahnen. Auf Grund des Trinkmilch-Absatzes der Molkereien, des vom statisti- schen Landesamtes verijff entlichten Abhof-Verkaufes und den Bevijlkerungszahlen vom 31. 12. 57 haben wir fur das Jahr 1957 den Trinkmilch-Verbrauch in allen 65 Stadten des Landes Nordrhein-Westfalen ermittelt, in denen iiber 10 000 1 Milch im Tagesdurchschnitt abgesetzt werden. Danach betragt der durchschnittliche Verbrauch: Gesamtverbrauch 0.222 1/Kopf u. Tag der nicht landw. Bevolkg. Malkerei-Absatz 0.208 ,, s n n

Ab-Hof-Verkauf 0.014 ,, I, 1, ,I

Der Verbrauch schwankt in den einzelnen Stadten auflerordentlich.

D e r G e s a m t v e r b r a u c h schwankt zwischen 0.188 und 0.290 1 je Kopf und Tag, also um nicht weniger als 50 o/o. In einer Stadt betragt der Durchschnittsabsatz soqar 0.345 I. In fiinf Groi3stadten mit insgesamt 2 970 000 Ein- wohnern liegt der Pro-Kopf-Verbrauch unter 0.2 1. In unmittelbar angrenzenden Stiidten mit gleicher Beviil- kerungs- und Industriestruktur schwankt der Absatz zwischen 0.187 1 und 0.260 I je Kopf und Tag.

Es ist naturgemal3 sehr schwer, die Grunde hierfur im einzelnen zu ermitteln. Eines geht jedoch mit hin-

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reichender Deutlichkeit aus den Untersuchungen hervor : je hoher der Anteil der Milch aus bauerlichen Bestanden, in denen Stoppelruben, Zuckerriiben und einsilierte Zuckerriibenblatter gefiittert werden, desto geringer der Trinkmilchabsatz !

Allgemein lai3t sich sagen, dai3 Gebiete mit noch mehr kleinstadtischem Charakter, deren Bewohner also wahr- scheinlich vor einer Generation noch in bauerlichen Fa- milien lebten, einen starkeren Absatz haben als die iibrigen Gebiete.

D e r S c h u l m i l c h - A b s a t z schwankt nach diesen genauen Ermittlungen ebenfalls aderordentlich stark. Wenn wir von einzelnen Stadten absehen, die 1957 noch keinen Schulmilch-Absatz hatten, schwankt der Anteil des Schulmilch-Absatzes am Gesamtabsatz zwischen 0.1 O/o

und 5.4 O/o.

Der Anteil d e r F 1 a s c h e n m i 1 c h am Gesamtabsatz schwankt zwischen 5.4 O / o und 65.4 O / o und betrug im Dur chschnit t 4 0.5 O / o .

Aus dem Zahlenmaterial ist ersichtlich, dai3 Stadte mit starker industrieller Bevolkerung einen besonders hohen Flaschenmilch-Absatz haben. Das ist mit darauf zuruckzufuhren, dai3 in Industrie-Betrieben der Milch- absatz stark gestiegen ist. Der Anteil des Verbrauchs in den Industriebetrieben diirfte zwischen 10 und 15 O / o

liegen. Es ist dann aber bemerkenswert festzustellen, dai3 wir Gebiete haben, in denen der Anteil der in In- dustrie und Handwerk Beschaftigten uber 5 O o / o liegt, in denen der Flaschenmilch-Absatz aber bis auf 5.4O/o des Gesamtabsatzes zuriickgeht. Das zeigt besonders deutlich, dai3 hier die Moglichkeiten des Milchabsatzes in Indu- striebetrieben noch nicht ausgeschopft sind.

Ein weiterer Unterschied ergibt sich beim Anteil von S a u e r m i l c h - u n d M i l c h m i s c h - G e t r a n k e n am Gesamtabsatz. Im Durchschnitt entfallen auf diese Erzeugnisse 5.2 O/o des Gesamtabsatzes. Der Anteil schwankt aber zwischen 1.6 und 9.6O/o, was sicherlich weitgehend eine Frage der Qualitat ist.

Zweimalige Milchanlieferung Aus Qualitatsgriinden und aus Griinden der Sicherung

der Marktposition sollte man zur zweimaligen Milch- anlieferung iibergehen. Bisher war dies eine Kostenfrage. Nachdem in verschiedenen Teilen Norddeutschlands aber die Milchanfuhr mit Tankwagen seit zwei Jahren er-

probt worden ist, hat sich ergeben, dai3 die zweimalige Anlieferung in Tankwagen unter Einschlui3 der ersparten Annahmekosten in den Molkereien im allgcmeinen nicht teurer ist als die einmalige Milchanlieferung in Kannen. Hier verbindet sich also eine gliickliche Regelung der Kostenfrage mit einer erheblichen Qualitatsverbesserung. Denn die im Tankwagen angefahrene Milch erwarmt sich kaum. Sie kommt, in der bakteriziden Zeit zur Molkerei und schafft daher fiir die Molkerei einen besseren Roh- stoff als bisher. Dam wird es moglich sein, diese Milch morgens sehr friih zu bearbeiten, in Flaschen zu fullen und sie dadurch bis zu 24 Std. friiher in den Verkehr zu bringen als es bisher der Fall war.

Auch die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der zweimaligen Anlieferung darf man nicht iibersehen. Denn durch diese Art der Anlieferung wird es moglich, unsere Betriebsraume doppelt solange auszunutzen als es heute der Fall ist, wodurch erhebliche Investierungs- kosten und laufende Betriebskosten gespart werden konnen.

Werbung und Marktpflege Man kann einen Oberblick uber wichtige milchwirt-

schaftliche Fragen nicht abschliegen, ohne auf die Fragen der Werbung einzugehen. Fiir den Absatz gibt es keine Versicherung. Der Markt mui3 vielmehr taglich neu er- worben werden. Das geht nicht ohne einen gesteigerten Kundendienst, geht aber auch nicht ohne Werbung. Oft werden gegen eine Werbung fur den Absatz landwirt- schaftlicher Produkte Einwande gemacht. Sie sei unsinnig, weil der Verbraucher schliefilich nicht mehr tun konne als sich satt essen. Das ist aber nicht richtig, denn Deutsch- land wird den Weg des vermehrten Verbrauchs von Veredlungsprodukten gehen mussen, und dieser Weg ist durch Werbung vorzubereiten und zu unterstutzen. Bei Trinkmilch stimmt der Einwand unter allen Umstanden; denn bei Trinkmilch, die j a taglich mehr und mehr Trink- milch im eigentlichen Sinne des Wortes wird, besteht keine Konkurrenz mit anderen Nahrungsmitteln, sondern mit der Getranke-Industrie. Da diese aber erfahrungsgemag fur ihre Erzeugnisse eine starke Werbung betreibt, kann hier aus Geldmangel nicht darauf verzichtet werden.

Schon diese bei weitem nicht erschopfende Obersicht zeigt, welche Probleme noch offen stehen, zeigt aber auch, dai3 sie nur durch eine gemeinsame Arbeit und durch Ausschopfung aller Moglichkeiten zu meistern sind.

Uber die Zusammense t zung der Fe t t sauren der Milchp hosp hatide * Von Prof . Dr. Dr. h. c. H . P . K a u f m a n n und Dr. E . M o h r

Aus dem Institut fiir Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universitat Miinster (Wes t f . )

Nach Anreicherung der Milchphosphatide im Butterserum werden die Phosphatide isoliert, in Isopropanol-Benzol-Mischung gelost und kalt mit Alkali verseift. Die aufgearbeitete Fettsaure-Mischung wird papierchromatographisch untersucht. Vff. stellen iiberein- stimmend mit anderen Autoren fest, daR niedermolekulare Fett- sauren unter C,, in Milchphosphatiden nicht vorhanden sind. Ein geringer OIsauregehalt wird ermittelt; ferner sind Behensaure und C,,-Triensaure anwesend. Der hohe Gehalt an mehrfach un- gesattigten Fettsauren bedingt die Oxydationsempfindlichkeit der Milchphosphatide.

Sobre la composici6n de 10s acidos grasos de 10s fosfatidos de la leche

Despues de un enriquecimiento de 10s fosfatidos contenidos en el suer0 de la manteca, se disolvieron estos en una mezela

'F Studien auf dem Fettgebiet, 217. Mitteilung.

61. Jahrgang Nr. 4 1959 F E T T E * S E I F E N * A N S T R I C H M I T T E L

de isopropanol-benzol y se saponificaron en frio con alcali. La mezela de acidos grasos se analizo par cromatografia de papel. El autor encuentra de acuerdo con otros autores que 10s acidos grasos de bajo peso molecular, a sea inferiores a1 C,, no estan presentes en 10s fosfatidos de la leche. Se comprueba que existe una pequeiia catidad de acido oleio; ademas estan presentes el acido behenico y el C,, trienico. El alto contenido en acidos grasos fuertemente insaturados condiciona la sensibilidad a la oxidation de 10s fosfatidos de la leche.

The Fatty Acid Composition of Milk Phosphatides The milk phosphatides from butter serum are concentrated,

isolated, dissolved in isopropanol-benzene mixture and saponified in the cold. The mixed fatty acids thus obtained are examined with the help of paper chromatography. The authors confirm the results reported until now that the milk phosphatides do not

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