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Der Geschichte des Kreises Altenkirchen in die Karten geschaut

Der Geschichte des Kreises Altenkirchen in die Karten geschaut

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Der Geschichte des Kreises Altenkirchen in die Karten geschaut

Dem Kreis Altenkirchen zu seinem 200jährigen Bestehen

Wie trat der Kreis Altenkirchen aus dem Dunkel der Geschichte?

Wie nahm er Gestalt an in seinen Grenzen? Anhand von Karten

soll die Entwicklung des Kreisgebietes sowie seine Vorgeschichte

seit dem Mittelalter nachgezeichnet werden. Karten sind dabei

Momentaufnahmen in Zeiten steten Wandels. Grenzverläufe

wurden zudem in früheren Jahrhunderten oft nur vage

beschrieben und kartographisch erst seit dem 19. Jahrhundert

mit zunehmender Genauigkeit erfasst. Dies gilt es beim

Betrachten jeder Rekonstruktion und Annäherung an frühere

territoriale Verhältnisse zu berücksichtigen. Nichtsdestotrotz

zeigen die Karten deutlich Wandlungen und Kontinuitäten

unseres Kreisgebiets im Wechselspiel mit Nachbargebieten wie

auch in Anpassung seiner inneren Strukturen. Die Kartenbilder

legen in Ihrer Abfolge die historischen Konturen frei, in die der

Kreis Altenkirchen vor 200 Jahren hineingeboren wurde und

innerhalb derer er - als einer der wenigen Kreise in unseren

Breiten überhaupt - bis heute ununterbrochen Bestand hat.

Erste, anhand von schriftlichen Quellenbelegen historisch greifbare Verwaltungsbezirke in der Sieg- und Westerwaldregion finden sich in den Gaugrafschaften des Fränkischen

Reiches seit karolingischer Zeit (ab dem 8./9. Jahrhundert). Von ihren Kerngebieten an der unteren Sieg, an Rhein und Lahn gingen im Mittelalter wichtige Impulse aus für die stetige

Besiedlung des Westerwaldes: Im Nordwesten ausgehend vom Siegburg-Hennefer Becken, im Süden vom Neuwieder und Limburger Raum her kommend und im Osten ausstrahlend

vom Gebiet um Wetzlar und Haiger.

Das Gebiet des späteren Kreises Altenkirchen lag im Grenzbereich von Auelgau, Engersgau und Oberlahngau. Verwaltet wurden diese Gaue jeweils von Grafen bzw. von Untergrafen als

deren Stellvertretern. Sie übernahmen vor Ort ordnende und friedenswahrende Aufgaben. Dazu bedienten sie sich königlicher Hoheitsrechte, die über mehrere Stufen der

Lehnshierarchie an oftmals niedere (adlige) Gefolgsleute weitervergeben wurden: Vom Lehnsherren mit Land materiell versorgt, mussten sie ihm als Vasallen in treuer Gefolgschaft

die ihnen aufgetragenen Dienste leisten. Auf dem ihnen überlassenen Land übten sie grundherrliche Rechte über die dort arbeitende Landbevölkerung aus.

Neben die weltlichen Ordnungsstrukturen traten im Mittelalter zudem kirchliche Verwaltungsbereiche: Das Frankenreich wie später auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation waren aufgeteilt in Erzdiözesen. Kirchliche und weltliche Macht und

Verwaltung standen dabei in wechselseitiger Abhängigkeit. Dies spiegelt sich unter anderem in ähnlichen Grenzverläufen von Gauen und Diözesen wider. An dieser Stelle wird zudem die besondere Lage des späteren Kreisgebiets deutlich: Unweit von Friesenhagen begegneten

sich die kirchlichen Einflussbereiche der Erzbischöfe von Köln, Trier und Mainz. Diese waren nicht nur die bedeutendsten Kirchenvertreter im Reich, sondern auch als Kurfürsten politisch

aktive Territorialherren.

Die Erzdiözesen Köln und Trier untergliederten sich jeweils in Archidiakonate und diese wiederum in Dekanate. Die Archidiakone handelten in Vertretung des Erzbischofs für ihren

Teilbereich der Diözese. In der Erzdiözese Köln oblag diese Aufgabe u. a. den Pröbsten des St. Cassiusstiftes in Bonn. Dieses Stift besaß auch zahlreiche Grundherrschaften: 1131 trat

das Stift urkundlich als Grundherr und Besitzer der Kirchen von Friesenhagen, Birnbach, Hamm oder Altenkirchen in Erscheinung. Letztere Kirche ging bereits auf eine

frühmittelalterliche Gründung zurück, der noch einige Filialkirchen folgten (u. a. Hachenburg). Das schon im 12. Jh. dem Namen nach altangestammte Gebäude sollte dem umliegenden

Ort und später dem gesamten Kreis seinen Namen geben.

Weitere landesferne geistliche Grundherren, wie die Abtei Werden im Norden, die Koblenzer Stifte St. Kastor und St. Florin im Süden oder das Domstift Worms im Osten, nahmen

ebenfalls Teile des Gebietes in Besitz. Kirchengründungen auf deren Boden entwickelten sich im Laufe der Zeit oftmals zu Mittelpunkten eines ganzen Seelsorgebezirks, dem

Kirchspiel. Allen geistlichen Grundherrschaften gemein war der Umstand, dass auch sie auf waffen- und rechtsfähige Vertreter vor Ort angewiesen waren, die ordnend auf die Geschicke der bäuerlichen Grundhörigen einwirkten. Hierzu beauftragten sie mittels Belehnung Vögte.

Der rechtliche Sonderstatus vieler kirchlicher Institutionen ermöglichte ihnen eine eigene Gerichtsbarkeit losgelöst von der gaugräflichen Rechtsprechung.

Der Kirchort wurde dabei oft zugleich Gerichtsort und gewann damit langfristig auch an Bedeutung als Verwaltungsmittelpunkt über rein kirchliche Belange hinaus. Je kleinräumiger

und zersplitterter die Grundherrschaften blieben, umso schwieriger gestaltete sich in der Fläche eine einheitliche Rechtsprechung und Verwaltung. Vielfach erwuchsen aus der

Gemengelage von gaugräflichen und grundherrlichen Einzelrechten und Privilegien komplexe Abhängigkeitsverhältnisse auf engem Raum, die eine effiziente

Herrschaftsausübung einschränkten.

Im Laufe des Mittelalters etablierten sich Gaugrafen, Vögte und vergleichbare Bedienstete als die tatsächlichen Träger der Herrschaftsgewalt vor Ort, was unter anderem in

repräsentativen Wehrbauten seinen Ausdruck fand. Ihre Politik zielte darauf ab, einen in der Fläche geschlossenen Herrschaftsbereich zu gewinnen, indem sie so viele Gebiete und

Einzelrechte wie möglich in einer Hand zu bündeln versuchten - sei es durch weitere Belehnungen, (gewaltsame) Aneignung, geschickte Heiratspolitik oder eigene

Siedlungsanstrengungen. Insbesondere die Entwicklung hin zur Vererbbarkeit von Lehen für die Folgegeneration verminderte ihre Abhängigkeit zum Lehnsherrn und stärkte ihre Position

auf dem Weg zu eigenständigen Landesherrschaften.

Eine vergleichsweise günstige Ausgangslage errangen die Grafen von Sayn, die als Untergrafen des Auelgaus zugleich die Vogteirechte über die Besitzungen des Bonner Stifts

St. Cassius besaßen. 1139 erstmals urkundlich erwähnt, stiegen sie binnen dreier Generationen zu einer der mächtigsten Adelsfamilien am Mittelrhein auf. Mit dem Tod

Heinrichs III. von Sayn, der damals weite Teile des heutigen Kreisgebiets unter sich vereinte, starb im Jahre 1246/47 das saynische Grafenhaus jedoch im Mannesstamm aus. Die

Nachfahren seines Schwagers Gottfried II. von Sponheim sollten den saynischen Grafentitel zwar fortführen, große Teile des weitläufigen überregionalen Erbes gingen der jüngeren

saynischen Linie jedoch verloren.

Vor Ort gelang den Grafen von Sayn eine Ausweitung ihrer Macht über die alten Grenzen des Auelgaues hinweg: Im Erbgang erhielten sie z. B. schon um 1220 die Herrschaft

Freusburg. Mit Geschick traten sie im 14. Jh. die Nachfolge der Herren von Molsberg im Kirchspiel Daaden sowie der Herren von Mauden in den Vogteien Daaden und Gebhardshain

an. Auf dem Heiratswege sicherten sie sich 1489 die Kirchspiele Schöneberg, Almersbach und Höchstenbach von den Grafen von Wied. Insgesamt blieb die Herrschaft der Grafen von

Sayn jedoch auf das Gebiet an Sieg, Heller und Wied beschränkt. Das weitere Vordringen nach Osten stieß auf nassauische Gegenwehr und kam über eine gemeinsame Herrschaft im

Grund Seel- und Burbach nicht mehr hinaus.

Im Süden kollidierten Expansionsabsichten der Grafen von Sayn mit den Interessen der Grafen von Wied sowie mit jenen der Kurfürsten von Köln und Trier. Im Nordwesten gerieten

die Sayner im Machtkampf mit den Herzögen von Berg ins Hintertreffen und wurden nach Südosten auf ihre Westerwälder Besitzungen zurückgedrängt. 1607 mussten die Grafen von Sayn Teile des Kirchspiels Hamm sowie das Kirchspiel Leuscheid den Herzögen von Berg

preisgeben. Fortan sollte die saynisch-bergische Grenze lange Zeit Bestand haben. Gleiches galt für die Grenze zwischen dem Herzogtum Berg und der Herrschaft Wildenburg, deren

Herren sich im Kräftemessen zwischen Berg, Sayn und Nassau geschickt behaupten konnten.

Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit wurden Teile der Grafschaft Sayn wiederholt unter einzelnen Grafenbrüdern aufgeteilt oder auch wieder vereinigt. Geldnot zwang zu

Veräußerungen oder zeitweisen Verpfändungen. In dem Maße, wie die Kirchspiele dabei auch zunehmend als weltliche Verwaltungseinheiten verstanden wurden, nahm ihr

Flächenzuschnitt Einfluss auf die konkrete Abgrenzung der einzelnen Herrschaftsbereiche. Als 1606 die jüngere Linie der Grafen von Sayn im Mannesstamm ausstarb, folgte ihr die

Linie Sayn-Wittgenstein - ein Zweig der Familie, der infolge Erbteilung im 13./14. Jahrhundert entstanden war. Die Machtzentren dieses Zweigs lagen ursprünglich in der Herrschaft

Homburg im Nordwesten und der Grafschaft Wittgenstein im Nordosten.

Ludwig, der letzte direkte männliche Vertreter dieser neuentstandenen Linie Sayn-Wittgenstein-Sayn, verstarb bereits 1636 im Kindesalter. Schon zuvor hatten die Erzbischöfe von Trier und Köln damit begonnen, Ansprüche auf Teile der Grafschaft während der Wirren

des 30jährigen Krieges auch mit Waffengewalt durchzusetzen. Andere Teile wurden von sayn-wittgensteinischer Verwandtschaft aufgrund ungeklärter Ansprüche besetzt gehalten. Die verwitwete Mutter Ludwigs, Gräfin Louise Juliane, konnte erst nach dem Westfälischen Frieden 1648, gestützt auf die Reichsjustiz und schwedische Militärhilfe, den Westerwälder

Besitz der Grafschaft Sayn für ihre beiden einzig verbliebenen Töchter Ernestine und Johannetta zurückgewinnen.

Durch die Heiratsverbindungen beider Töchter fiel die Landesherrschaft in weiblicher Erbfolge an auswärtige Adelshäuser. Das Erbe wurde dabei aufgespalten: Als Ergebnis

mehrerer Teilungs- bzw. Tauschverträge zwischen 1649 und 1671 entstanden zwei eigenständige Territorien mit den Residenzen in Altenkirchen und Hachenburg. Die

Grafschaft Sayn-Altenkirchen wurde bis 1741 von den Herzögen von Sachsen-Eisenach regiert. Danach erbten die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (mit Sitz in Franken) die

Landesherrschaft. Der letzte Markgraf, ein Cousin des preußischen Königs, der freiwillig von seinen Regierungsgeschäften zurücktreten wollte, unterstellte Sayn-Altenkirchen 1791 gegen

Entschädigungszahlung der preußischen Verwaltung.

Die Grafschaft Sayn-Altenkirchen umfasste dabei innerhalb der heutigen Kreisgrenzen sieben Kirchspiele, verteilt auf drei Ämter: Die Kirchspiele Altenkirchen, Almersbach und Mehren wurden im Amt Altenkirchen zusammengefasst. Niederfischbach, Kirchen und

Gebhardshain bildeten gemeinsam das Amt Freusburg. Das Kirchspiel Daaden gehörte zum Amt Friedewald. Die Vogtei Roßbach wurde 1744 an Sayn-Hachenburg abgetreten.

Die Grafschaft Sayn-Hachenburg wurde zunächst bis 1705 von Graf Salentin-Ernst von Manderscheid-Blankenheim und ab 1714 von dessen Töchtern regiert. In weiblicher Erbfolge schloss sich daran ab 1715 die Herrschaft der Burggrafen von Kirchberg-Farnroda (aus dem

thüringischen Raum) an. Als 1799 der Mannesstamm der Burggrafen erlosch, fiel die Grafschaft erneut in weiblicher Erbfolge an das Fürstentum Nassau-Weilburg.

Mit Birnbach, Schöneberg, Hamm und Flammersfeld lagen vier sayn-hachenburgische Kirchspiele innerhalb der heutigen Kreisgrenzen. Daneben gehörte ein kleiner Teil des

Kirchspiels Höchstenbach (Berod) sowie geringfügige Teile des Kirchspiels Kroppach (Teile von Selbach und Hommelsberg, heute Malberg) ebenfalls dazu. Mit den benachbarten Kirchspielen bildeten diese beiden das Amt Hachenburg. Der Grund Seel- und Burbach verblieb unter gemeinschaftlicher Verwaltung der Grafschaft Sayn-Hachenburg und des östlich benachbarten Fürstentums Nassau-Dillenburg. Der sogenannte Bann Maxsain

gelangte 1799 an das Fürstentum Wied-Neuwied.

Letztlich gehörten im 17. und 18. Jahrhundert rund zwei Drittel des heutigen Kreisgebiets zu ursprünglich saynischen Territorien, wobei die Grafschaft Sayn-Altenkirchen den größten

Anteil stellte. Im Versuch, einen gerechten Ausgleich zwischen beiden Erbtöchtern zu erwirken, waren voneinander isolierte Territorialinseln entstanden, die, wie im Falle Sayn-

Altenkirchens, von zumeist weit auswärtig residierenden Landesherrn regiert wurden.

Die 1239 erstmals urkundlich erwähnten Herren von Wildenburg entstammten dem Kölner Burggrafengeschlecht der Aremberger. Als Vögte der Abtei Werden errichteten sie vermutlich

in der 1. Hälfte des 13. Jh. die Wildenburg, von wo aus sie nicht nur einzelne Werdener Besitzungen kontrollierten, sondern auch eine vorbeiführende Handelsstraße. Im 13.

Jahrhundert erhielten die Herren von Wildenburg von Kurköln das Kirchspiel Wissen rechts der Sieg zu Lehen. Im Verlauf des Spätmittelalters zogen sie allmählich die saynischen

Vogteirechte im Kirchspiel Friesenhagen an sich. Mit dem Erlöschen der Linie 1418 fiel die reichsunmittelbare Herrschaft Wildenburg durch Heirat an die Herren von Hatzfeldt, die ihren

Machtbereich im 16. Jh. um die Herrschaft Schönstein ausweiteten.

Wie die Herrschaft Wildenburg lag auch die Burg Schönstein (erbaut vor 1255) mit dem Kirchspiel Wissen links der Sieg in den Händen der Aremberger. Als diese 1281 dort

ausstarben, zog Kurköln Schönstein ein und vergab es mehrfach kurzzeitig an einzelne Lehensträger. 1589 erhielt das Adelsgeschlecht von Hatzfeldt die kurkölnische

Unterherrschaft als erbliches Lehen. Zwischen dem Herzogtum Westfalen im Norden und den Ämtern Altenwied und Neuerburg im Südwesten blieb Schönstein eine Exklave Kurkölns.

Dies galt auch für die Herrschaft Lahr: Schon 1325-1592 von den Herren von Isenburg an Kurköln verpfändet, wurde diese 1664 nach Erlöschen der Linie Isenburg-Grenzau vom

Kurfürstentum als erledigtes Lehen endgültig eingezogen.

Die Herrschaft Horhausen, im Süden des heutigen Kreisgebiets gelegen, bestand aus den beiden Kirchspielen Horhausen und Peterslahr. Ursprünglich in Teilen grundherrlicher Besitz des St. Florinstiftes zu Koblenz (Dekanat Engers), gelangte sie später unter die Herrschaft

der Herren von Isenburg. Deren Ursprünge sind seit dem 9. Jahrhundert bezeugt. Die Herren von Isenburg verfügten über eine Reihe von Vogteien, nicht zuletzt aus trierischer Hand.

1664, mit dem Aussterben der Linie Isenburg-Grenzau, zog Kurtrier die Herrschaft Horhausen als erledigtes Lehen ein. Innerhalb der kurtrierischen Verwaltung unterstand sie

als ein separater Teil dem weiter östlich gelegenen Amt Herschbach.

Im Vergleich zu den Nachbarterritorien im Nordwesten und Osten blieben die Herrschaftsbereiche im Westerwald eher kleinräumig. Dies mochte teils mit der

naturräumlichen Gliederung einer Mittelgebirgsregion zusammenhängen. Teilweise spielte auch eine innerfamiliäre, die Gesamtherrschaft schwächende Teilungspolitik eine Rolle, wie im Falle der Grafen von Sayn. Ebenso sehr fielen jedoch die Kräfteverhältnisse in diesem grenzgeprägten Raum ins Gewicht. Zum Ausgleich gegenüber den größeren Nachbarn

suchten einzelne kleinere Territorien den politischen Schulterschluss, z. B. im sogenannten Wetterauer Grafenverein. Unter ihnen waren seit dem 16. Jh. auch die saynische(n)

Grafschaft(en) und die Herrschaft Wildenburg.

Trotz der Bündelung politischer Kräfte in Einzelfragen blieben zahlreiche Westerwälder Ortschaften dennoch Leidtragende der europäischen Mächtepolitik: Truppendurchzüge,

Einquartierungen, Plünderungen oder Epidemien belasteten die Bevölkerung während des 30jährigen Krieges im 17. Jahrhundert ebenso wie während der Erbfolgekriege des 18.

Jahrhunderts. Gleiches galt für die Konflikte des napoleonischen Zeitalters um 1800 (z. B. während der Schlachten bei Altenkirchen und Kircheib 1796). Trotz Ansätzen

landesherrlicher Wirtschaftsförderung blieb Vieles noch hinter dem Möglichen zurück: So beheimatete beispielsweise Altenkirchen als größte Stadt innerhalb des späteren

Kreisgebiets gegen Ende des 18. Jahrhunderts keine 750 Einwohner.

Die Französischen Revolution von 1789 brachte das europäische Machtgefüge ins Wanken und mündete in einer Reihe von Kriegen zwischen dem revolutionären Frankreich und einer Koalition europäischer Großmächte. Die militärischen Erfolge Frankreichs unter Napoleon

Bonaparte zwangen Kaiser und Reich dazu, im Frieden von Luneville 1801 alle Reichsgebiete links des Rheins an Frankreich abzutreten. Gleichzeitig sollten auf Drängen Frankreichs all jene deutschen Reichsfürsten, die infolgedessen linksrheinische Verluste erlitten hatten, durch Gebietsgewinne rechts des Rheins entschädigt werden. Zu diesen

Reichsfürsten zählten unter anderem die Fürsten von Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg.

Die Details der Gebietsentschädigung wurden in Regensburg erörtert. Ein hierfür aus den Reihen des dortigen Reichstags eigens zusammengesetzter Ausschuss (Reichsdeputation)

veröffentlichte seine Verhandlungsergebnisse 1803 in einem Abschlussbericht (Hauptschluss). Darin wurde festgelegt, dass geistliche Fürstentümer säkularisiert, d. h. unter

Verlust ihrer Eigenständigkeit weltlichen Territorien einverleibt werden sollten. Dies betraf unter anderem die Herrschaften Schönstein, Lahr und Horhausen. Vergleichbares sollte auch für kleinere weltliche Reichsstände gelten. Hierunter zählten in letzter Konsequenz auch die

beiden Grafschaften Sayn-Altenkirchen und Sayn-Hachenburg.

Die Grafschaft Sayn-Hachenburg und mit ihr unter anderem die Kirchspiele Hamm, Birnbach, Schöneberg, Flammersfeld, Höchstenbach und Kroppach waren bereits 1799 durch Erbgang

an das Haus Nassau-Weilburg gekommen. Die Säkularisation brachte mit der Herrschaft Horhausen 1803 einen Zugewinn aus ehemals kurtrierischem Besitz. Die Grafschaft Sayn-Altenkirchen, faktisch seit 1792 unter preußischer Verwaltung, wurde 1803 Nassau-Usingen

zugesprochen. Hinzu kamen von Kurköln die Herrschaften Schönstein und Lahr. Die Herrschaft Wildenburg blieb von den Veränderungen zunächst unangetastet.

Die Fürstentümer Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg gehörten zu denjenigen Territorien rechts des Rheins, die sich 1806 auf Betreiben Frankreichs zum Rheinbund

zusammenschlossen. Damit entzogen sie dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation endgültig die Grundlagen seines Fortbestands. Kaiser Franz II. legte daraufhin die

Kaiserkrone nieder. Für den Fürsten von Nassau-Usingen bedeutete der Rheinbund-Beitritt hingegen eine Standeserhöhung hin zur Herzogswürde. Überdies wurden noch 1806

Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg zum Herzogtum Nassau vereint. Weitere Gebietsgewinne, unter anderem aus wiedischem Besitz, vergrößerten das Herzogtum

zusätzlich.

Die Linie Nassau-Diez, der dritte Hauptzweig des Hauses Nassau, zu dem auch das Fürstentum Nassau-Dillenburg gehörte, zählte aufgrund ihres Machtverlustes in den

Niederlanden nicht zu den Parteigängern Napoleons. Daher büßte sie u. a. das Fürstentum Nassau-Dillenburg ein, das Napoleon aus strategischen Gründen mit dem ehemaligen

Herzogtum Berg zum Großherzogtum Berg zusammenschloss. Auf diese Weise schuf er einen weiteren Pufferstaat zwischen Frankreich und Preußen bzw. Österreich. Als schmaler

Streifen an der Schnittstelle zwischen Berg und Nassau-Dillenburg verlor dabei auch die Herrschaft Wildenburg ihre Eigenständigkeit und wurde ebenfalls Bestandteil des

Großherzogtums Berg.

Während Reichsdeputationshauptschluss und Rheinbundakte das bunte Nebeneinander kleinteiliger Herrschaften beseitigten, lebten frühere Grenzverläufe noch in den Ämtern fort. Das Herzogtum Nassau griff hier weitgehend auf ältere Verwaltungsstrukturen zurück. Die

vormals sayn-hachenburgischen Kirchspiele Birnbach, Schönstein und Flammersfeld waren bereits im Amt Schönstein zusammengefasst. Im Großherzogtum Berg wurde die Verwaltung nach französischem Vorbild organisiert: Innerhalb des Departements Sieg (Arrondissement

Siegen) bildete die ehemalige Herrschaft Wildenburg einen eigenen Kanton als untere Verwaltungseinheit. Ab 1811 gehörte es als Mairie (Bürgermeisterei) Friesenhagen zum

Kanton Siegen.

Im Zuge der antinapoleonischen Befreiungskriege brach die französisch dominierte Herrschaft im Großherzogtum Berg 1813 zusammen. Im Nordwesten wurde das Gebiet des

ehemaligen Herzogtums Berg inklusive der ehemaligen Herrschaft Wildenburg im sogenannten Generalgouvernement Berg unter vorläufige preußische Verwaltung gestellt. Im ehemaligen Fürstentum Nassau-Dillenburg konnten wieder die Fürsten von Nassau-Oranien (Nassau-Diez) die Kontrolle übernehmen. Eine letztendliche Klärung offener Territorialfragen

sollte der Wiener Kongress liefern. Hier kamen 1814/15 die Vertreter zahlreicher europäischer Mächte zusammen, um dort über die Nachkriegsordnung in Europa zu

verhandeln.

Preußen wurde mit Gebietsgewinnen am Rhein entschädigt, wozu auch das Generalgouvernement Berg und das Großherzogtum Hessen-Darmstadt gehörten. Das Haus

Nassau-Oranien konnte seine Ansprüche auf das Königreich der Niederlande sowie auf Luxemburg verwirklichen. Dafür sollte es aber unter anderem das Fürstentum Nassau-

Oranien an Preußen abtreten. Entsprechendes wurde am 31. Mai 1815 zwischen beiden Seiten vertraglich festgeschrieben. Zur gleichen Zeit signalisierte das Herzogtum Nassau gegenüber Preußen Interesse an den Gebieten aus der Verhandlungsmasse, da diese teilweise zu den nassauischen Stammlanden zählten. Daher wurde am gleichen Tag

zwischen Preußen und dem Hzgt. Nassau ein zweiter Vertrag geschlossen:

Im Zuge einer beiderseitigen Gebietsabrundung überließ Preußen dem Herzogtum Nassau den Großteil des geforderten vormals nassau-oranischen Gebiets. Ausgenommen davon

blieben jedoch jene nördlichen Teile, die später den Kreis Siegen bilden sollten (das ehemalige Fürstentum Siegen sowie den Freien- und den angrenzenden Hickengrund). Im

Gegenzug trat das Herzogtum Nassau unter anderem an Preußen ab: das Amt Altenkirchen (seit 1815 vereinigt mit den Ämtern Schöneberg und Hamm sowie Lahr), die Ämter Schönstein, Freusburg und Friedewald sowie (vom Amt Herschbach) die ehemalige

Herrschaft Horhausen. Bereits am 5. April 1815 hatte Preußen zudem den ehemaligen Kanton Wildenburg erhalten.

Preußen sicherte sich mit dem Gebietstausch neben militärstrategischen Vorteilen auch die Bodenschätze an Sieg, Heller und Wied und schuf auf lange Sicht günstige Voraussetzungen

für eine grenzfreie Verkehrsanbindung an Rhein und Ruhr. Der beträchtliche preußische Territorialgewinn erforderte ab 1815 die Einführung effizienter Verwaltungsstrukturen. Die Gebietszuwächse wurden in Provinzen eingeteilt, wobei man sich unter anderem an alten bergisch-saynisch und bergisch-wildenburgischen Territorialgrenzen orientierte. Bereits am 05. April 1815 erließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. ein Besitzergreifungspatent

für das Großherzogtum Niederrhein.

Die „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“ vom 30. April 1815 schrieb in den Provinzen die Einteilung in Regierungsbezirke und Kreise vor. Die mit der

Kreiseinteilung beauftragten Organisationskommissare sollten dabei frühere Grenzverhältnisse, wie sie z. B. aus Gerichtsbezirken erwachsen waren, mit berücksichtigen. Am 3. Juli 1815 erfolgte die eigentliche Gebietsübergabe zwischen dem Herzogtum Nassau

und dem Königreich Preußen. Am gleichen Tag verfügte der preußische Staatskanzler Hardenberg, dass jeder neuzugründende Kreis groß genug sein müsse, um den Belangen

von mehr als 20.000 Einwohnern Rechnung zu tragen.

Gleichzeitig sollte jeder der Kreise dennoch räumlich eng genug umschrieben sein, um den Weg zur Kreisbehörde binnen einer halben Tagesreise zu ermöglichen. Ein zum 11. Oktober 1815 fertiggestellter Organisationsplan für den Regierungsbezirk Koblenz wurde am 13. März 1816 per Kabinettsordre vom preußischen König erlassen. Laut Präsidialerlass sollte zum 22. April 1816 das Verwaltungshandeln in den Regierungsbezirken aufgenommen werden. Der

Kreis Altenkirchen wurde schließlich am 14. Mai 1816 per Verkündigung im Amtsblatt als einer von 17 Kreisen im Regierungsbezirk Koblenz innerhalb der Provinz Großherzogtum Niederrhein ins Leben gerufen. Ab dem 20. Mai 1816 konnten sich Bürger erstmals an die

neue Verwaltung wenden.

In der Innensicht auf den Kreis erschien es naheliegend, möglichst viele Teile der saynischen Grafschaft(en) als gewachsene Einheit in das neue Kreisgebiet zu überführen. Doch auch in

der Außensicht hatten die Grenzentscheidungen auf Provinzial- und Bezirksebene den zukünftigen Gebiets-Zuschnitt des Kreises Altenkirchen in gleicher Richtung

vorweggenommen: Im Nordwesten grenzte der Kreis an den Regierungsbezirk Köln in der Provinz Jülich-Kleve-Berg. Gen Südosten traf er in breiter Front auf das Herzogtum Nassau.

Auch im Nordosten schloss der Kreis Altenkirchen mit einer Provinzgrenze ab, nachdem der Kreis Siegen Anfang 1817 dem Regierungsbezirk Arnsberg innerhalb der Provinz Westfalen

zugeordnet worden war. Der im Südwesten benachbarte Kreis Neuwied umfasste überwiegend ehemals wiedisches Gebiet. Hier sollten die Fürsten zu Wied, die auf dem

Wiener Kongress für ihre 1806 erlittenen Gebietsverluste nicht territorial entschädigt worden waren, von Preußen standesherrliche Rechte eingeräumt bekommen.

Im Innern des Kreisgebiets orientierte sich die Einteilung in ursprünglich neun Bürgermeistereien vorwiegend an den teils jahrhundertealten Kirchspielsgrenzen. Die

Kirchspiele Schöneberg, Flammersfeld, Oberlahr, Peterslahr und Horhausen wurden dabei zur Bürgermeisterei Flammersfeld vereinigt. In der Bürgermeisterei Weyerbusch fasste man

die Kirchspiele Mehren und Birnbach zusammen. Die Kirchspiele Altenkirchen (inkl. Hilgenroth) und Almersbach bildeten die Bürgermeisterei Altenkirchen. Die Bürgermeisterei

Wissen umfasste die Wissener Kirchspiele beiderseits der Sieg. Die Bürgermeisterei Kirchen ging schließlich aus dem gleichnamigen Kirchspiel sowie dem Kirchspiel Niederfischbach

hervor. Altenkirchen wurde Kreisstadt.

Mit königlicher Verfügung vom 22. Juni 1822 wurden die Provinz Großherzogtum Niederrhein und die Provinz Jülich-Kleve-Berg vereinigt. Anstelle des anfangs verlautbarten neuen

Namens Rheinprovinzen bürgerte sich letztlich die Bezeichnung Rheinprovinz ein. Sitz des Oberpräsidenten der Rheinprovinz wurde Koblenz.

1815 sicherte die Deutsche Bundesakte allen hochadligen Familien, die 1806 von Gebietsverlusten betroffen waren, gewisse Sonderrechte innerhalb ihrer ehemaligen

Territorien zu. Hierzu gehörten z. B. richterliche oder polizeiliche Befugnisse, soweit deren Konsequenzen in Einklang mit den regulären Landesgesetzen standen. Vor diesem

Hintergrund wurden 1821 für die Fürsten von Hatzfeldt die Bürgermeistereien Friesenhagen und Wissen zur Standesherrschaft Wildenburg-Schönstein erhoben. Ab 1839 oblag die

Geschäftsführung jedoch wieder ausschließlich dem Landrat.

Nachdem das Herzogtum Nassau im Krieg von 1866 auf österreichischer Seite gegen Preußen gekämpft und verloren hatte, wurde es vom Kriegsgegner annektiert und ging in

dessen Staatsgebiet auf. Seit 1868 grenzte der Kreis Altenkirchen daher im Südosten an die neugegründete preußische Provinz Hessen-Nassau.

Mit dem preußischen Zugewinn des Herzogtums Nassau veränderte sich die Lage des Kreises Altenkirchen als Randregion. Nunmehr säumten ihn an allen Seiten preußische Nachbarkreise: Im Nordwesten der Siegkreis, der 1820 aus dem Zusammenschluss der

Kreise Uckerath und Siegburg hervorgegangen war. Nordwestlich anschließend folgten die Kreise Waldbröl, Olpe und Siegen. Im Süden grenzte der Kreis Altenkirchen an den Kreis Neuwied, der 1822 das Gebiet des Kreises Linz hinzugewonnen hatte. Südöstlich schloss

seit 1867 der Oberwesterwaldkreis an, dessen Sitz in Marienberg lag.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte ein planmäßiger Ausbau des Eisenbahnnetzes im Kreisgebiet. Insbesondere das an Erzlagern reiche Siegerland fand

dadurch industriellen Anschluss an die Rhein- und Ruhrregion. Zu den regionalen Gewinnern dieser Entwicklung zählte nicht zuletzt Betzdorf: die Bahnanbindung an Köln, Siegen und Gießen bis 1862 sowie an Daaden 1886 ließ dort einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt

entstehen. Bereits 1886 trug man dem damit verbundenen Bevölkerungs- und Bedeutungszuwachs Rechnung und errichtete aus Teilen der Bürgermeisterei Kirchen

(Betzdorf, Alsdorf, Grünebach, Sassenroth, Dauersberg, Scheuerfeld, Bruche und Wallmenroth) die Bürgermeisterei Betzdorf.

Der Ausgang des 1. Weltkriegs 1918 bedeutete eine tiefgreifende Zäsur für das Deutsche Kaiserreich wie auch für Preußen. Gleiches galt für die Weimarer Republik nach der

nationalsozialistischen Machtergreifung 1933. Nichtsdestotrotz blieben die verfassungsmäßigen Grundlagen für den Fortbestand des Kreises Altenkirchen davon

unberührt. Auch die Besatzungsmächte nach dem 2. Weltkrieg behielten viele bewährte Verwaltungsstrukturen und –grenzen bei. Mit Beschluss zum 05. Juni 1945 zogen sie jedoch

die Grenzlinie zwischen brit. und frz. Besatzungszone mitten durch die ehemalige Rhein-provinz (u. a. entlang der Nordgrenze des Regierungsbezirks Koblenz). Unter frz. Verwaltung

gehörte der Kreis Altenkirchen dann zum Oberpräsidium Rheinland-Hessen-Nassau.

Noch während der 1930er Jahre hatte es einige Eingemeindungen bzw. Ortszusammenschlüsse innerhalb des Kreisgebiets gegeben. Weitläufigere territoriale

Veränderungen erfuhr der Kreis Altenkirchen bis 1946 jedoch eher jenseits seiner Außengrenzen: 1932 waren der Ober- und der Unterwesterwaldkreis jeweils um Teile des

aufgelösten Kreises Westerburg vergrößert worden. Der Oberbergische Kreis war im gleichen Jahr aus dem Zusammenschluss der ehemaligen Kreise Waldbröl und

Gummersbach hervorgegangen. Ausgenommen davon blieb das Amt Dattenfeld (Kreis Waldbröl), das dem Siegkreis zugeteilt wurde. Beim Kreis Altenkirchen änderte sich hingegen nur die offizielle Umschreibung: Seit 1938 führte er die Bezeichnung Landkreis Altenkirchen.

Mit der Gebietsaufteilung zwischen der britischen und der französischen Besatzungszone trafen die Alliierten bereits eine Vorentscheidung für die Grenzlinie zwischen den

Bundesländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Per Verordnung begründete die französische Militärregierung das Land Rheinland-Pfalz am 30. August 1946, bevor dieses

sich ab dem 18. Mai 1947 auf eine eigene Verfassung stützen konnte. Unterhalb der Landesebene blieben viele Verwaltungsstrukturen erhalten. Der 1946 ins Leben gerufene Regierungsbezirk Montabaur, der im Süden an den Kreis Altenkirchen anschloss und die ehemals herzoglich-nassauischen Gebiete umfasste, wurde hingegen 1968 aufgelöst und

dem Regierungsbezirk Koblenz angegliedert.

Nach dem 2. Weltkrieg blieb der Kreis Altenkirchen erneut lange Zeit eine Konstante inmitten weitreichender Grenzveränderungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen: Infolge

einiger Gebietsreformen im Jahre 1969 wurde der Siegkreis umbenannt in Rhein-Sieg-Kreis. 1974 entstand der Westerwaldkreis aus der Vereinigung des Ober- und des

Unterwesterwaldkreises. Der Kreis Siegen erfuhr 1975 eine Neugliederung durch die Fusion mit seinem nordöstlich gelegenen Nachbarkreis Wittgenstein.

Im Innern war schon 1927 eine Umbenennung aller Bürgermeistereien in Ämter erfolgt. 1955 wurde Herdorf (Amt Daaden) unter Einbindung von Sassenroth (Amt Betzdorf) und Dermbach (Amt Kirchen) mit Rücksicht auf seine Sonderentwicklung zur amtsfreien

Gemeinde erhoben. 1968 wandelte das Land alle Ämter in Verbandsgemeinden (VG) um. 1970 folgten weitere Veränderungen im Zuge der Verwaltungsvereinfachung, die geringfügig

auch die Kreisgrenzen betrafen: Die VG Flammersfeld gab Teile der Gemeinde Rott (Wohnplätze Dasbach und Heckenhahn) an den Kreis Neuwied ab. Die VG Altenkirchen und

Weyerbusch wurden aufgelöst und deren Gemeinden in einer neuen VG Altenkirchen zusammengefasst. Ausgenommen hiervon waren Ziegenhain u. Giershausen.

Diese beiden Gemeinden wurden der VG Flammersfeld eingegliedert. Deren Gemeinden Schöneberg und Neiterschen (heute zu Neitersen gehörend) fielen wiederum an die VG

Altenkirchen. Ebenso die Gemeinde Berod aus der VG Hachenburg (Oberwesterwaldkreis). Die Gemeinde Friesenhagen wurde 1970 schließlich der VG Kirchen eingegliedert.

Die dem Kreis Altenkirchen vorgezeichneten Konturen reichen letztlich auf gewichtige historische Bezüge zurück, die sich bis heute in seinem Wappen widerspiegeln. Nach einer

schwierigen, weil wechselvollen Phase in vorpreußischer Zeit, erfuhr das Gebiet des heutigen Kreises Altenkirchen nach 1816 eine Verfestigung und Verstetigung seiner inneren

Strukturen und seiner äußeren Form.

Früh durchzogen mit Lebensadern aus Pflastersteinen und Bahnschienen, konnte der Kreis die Potenziale seiner Bergbautradition und seines industriellen Vermögens über seine

Grenzen hinaus entfalten. Früh vertraut auch mit genossenschaftlich aktivierten Selbstheilungskräften, meisterte er wiederholt Kriegsnot und wirtschaftlichen Wandel. Und

früh seiner steten Grenzlage bewusst, wurde er Mittler und Bindeglied zwischen verschiedenen Räumen. Dabei verlor er nie sein eigenes Profil aus den Augen und zog auch

aus den Eigenheiten seiner Landschaft viele Stärken. Dies trug mit zum Erfolg seines 200jährigen Bestehens bei.

Literatur

Aubin, Hermann (Hrsg.) / Niessen, Josef (Bearb.): Geschichtlicher Handatlas der Rheinprovinz, Köln 1926.

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© Kreisarchiv Altenkirchen

Text und Gestaltung: Jacek Swiderski

Altenkirchen 2016