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„DER HYPE UMS ELEKTROAUTO IST NICHT GERECHTFERTIGT“ Der Verbrennungsmotor ist sein Metier, schon in seiner Doktor- arbeit ging es darum. Dr.-Ing. Gerald Eifler (54) promovierte 1991 zur „Abgasrückführung am kleinen, schnelllaufenden, direktein- spritzenden Dieselmotor“ an der RWTH Aachen mit der Note „Sehr gut“. Seine erste Station in der Industrie führte ihn 1983 zu Volke Entwicklungsring. Doch noch im selben Jahr wechselte der gebürtige Bad Homburger zur FEV Motorentechnik, wo er vom Entwicklungsingenieur zum Gruppenleiter aufstieg. 1994 wagte er den Schritt in die Selbständigkeit und gründete die Sänger GmbH in Taunusstein, die sich mit Steuerungs- und Datentechnik be- schäftigte. Von 1997 bis heute ist Eifler der Geschäftsführer der ElringKlinger Motortechnik GmbH in Idstein/Taunus. Nach der ersten Euphorie ist etwas mehr Sachlichkeit in die Diskussion um das Elektroauto ein- gekehrt. Dr.-Ing. Gerald Eifler, Geschäftsführer der ElringKlinger Motortechnik GmbH, vergleicht die Konzepte Elektro- und Hybridauto miteinander und bricht eine Lanze für das Zusammenspiel von Verbrennungs- und Elektromotor. Denn sonst verschenkt die deutsche Automobilindustrie ihre 125 Jahre andauernde Hoch-Kompetenz bei der Entwicklung von Verbrennungsmotoren. TITELTHEMA INTERVIEW 14

„DER HYPE UMS ELEKTROAUTO IST NICHT GERECHTFERTIGT“

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Page 1: „DER HYPE UMS ELEKTROAUTO IST NICHT GERECHTFERTIGT“

„Der Hype ums elektroauto ist nicHt gerecHtfertigt“

Der Verbrennungsmotor ist sein Metier, schon in seiner Doktor­arbeit ging es darum. Dr.-Ing. Gerald Eifler (54) promovierte 1991 zur „Abgasrückführung am kleinen, schnelllaufenden, direktein­spritzenden Dieselmotor“ an der RWTH Aachen mit der Note „Sehr gut“. Seine erste Station in der Industrie führte ihn 1983 zu Volke Entwicklungsring. Doch noch im selben Jahr wechselte der

gebürtige Bad Homburger zur FEV Motorentechnik, wo er vom Entwicklungsingenieur zum Gruppenleiter aufstieg. 1994 wagte er den Schritt in die Selbständigkeit und gründete die Sänger GmbH in Taunusstein, die sich mit Steuerungs­ und Datentechnik be­schäftigte. Von 1997 bis heute ist Eifler der Geschäftsführer der ElringKlinger Motortechnik GmbH in Idstein/Taunus.

Nach der ersten Euphorie ist etwas mehr Sachlichkeit in die Diskussion um das Elektroauto ein­gekehrt. Dr.­Ing. Gerald Eifler, Geschäftsführer der ElringKlinger Motortechnik GmbH, vergleicht die Konzepte Elektro­ und Hybridauto miteinander und bricht eine Lanze für das Zusammenspiel von Verbrennungs­ und Elektromotor. Denn sonst verschenkt die deutsche Automobilindustrie ihre 125 Jahre andauernde Hoch­Kompetenz bei der Entwicklung von Verbrennungsmotoren.

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aTZ _ Können Sie als Spezialist für Verbren-nungsmotoren und deren Prüfstände den hype um das Elektroauto nachvollziehen?EIflEr _ Nein, ganz und gar nicht. Aber glücklicherweise kommt die Diskussion langsam auf ein Normalmaß zurück. Wir sind aus meiner Sicht aber immer noch nicht in der Situation, dass das Elektroauto in der Öffentlichkeit vernünftig diskutiert wird. In der Bevölkerung herrscht immer noch die Meinung vor, dass dieses Gefährt uns aller Sorgen ledig macht. Es soll uns sowohl von der politisch unsicheren und irgendwann versiegenden Versorgung mit fossilen Kraftstoffen befreien als auch eine Mobilität sichern, die weiterläuft wie bis­her. Der Hype ist nicht gerechtfertigt, er ist mehr politisch als technisch getrieben. Wenn jetzt erst einmal Schritt für Schritt die Diskussion auf die sachliche technische Ebene zurückgeführt wird, haben wir die Chance, den Elektroantrieb gegenüber dem Verbrennungsmotor neu und richtig zu bewerten. Denn der Verbrennungsmotor wird uns noch lange erhalten bleiben – und das ist gut und vernünftig so. Es wird trotzdem so sein, dass wir in absehbarer Zeit einen gewissen Prozentsatz an Elektro­fahrzeugen haben werden.

Wer hat denn Vorteile von dem großen Kuchen der forschungsgelder, die in die Entwicklung des Elektroautos fließen? fast jede Stadt wird zur modellregion erklärt. Das kann doch nicht sinnvoll sein!Wir haben als Prüfstandsspezialist und Motorenentwickler von diesem Kuchen nichts abbekommen. Das mag daran lie­gen, dass wir unseren Fokus auf die Wei­terentwicklung des Verbrennungsmotors legen. Wir sind da ganz klar ausgerichtet. Das Elektroauto ist politisch gewollt; in der Bevölkerung lässt sich ein „Null­Emis­sions­Konzept“ immer gut verkaufen. Sogar in der Gesetzgebung wird festge­schrieben, dass ein Elektroauto keine Emissionen abgibt. Per Definition sagt man einfach, es ist ein Null­Emissions­Fahrzeug. Doch dies stimmt definitiv nicht, man muss für Deutschland die Stromerzeugung aus fossilen Energieträ­gern mit einbeziehen. Wir können den Energiemix, den wir in Deutschland haben, nun mal nicht ignorieren. Im Übri­gen habe ich den Eindruck, dass sich die überwiegende Anzahl der von der Bun­desregierung in den sogenannten acht E­Mobility­Modellregionen geförderten

Projekte mit „weichen“ Themen beschäf­tigen. Themen zur Konstruktion oder Ent­wicklung eines optimierten Fahrzeug­Antriebsstrangs kommen überhaupt nicht vor. Und lassen Sie mich zum Thema Elektrofahrzeug noch hinzufügen: Die Wahrheit kommt, wenn es um Technik und Preise geht.

Wie viel CO2-Emission hätte dann ein Elektroauto?Das E­Auto kommt beim Energiemix nicht besser weg als ein gleich großes Diesel­fahrzeug, was für dieselbe Transportauf­gabe konzipiert ist. Der Mitsubishi i­MiEV wurde vom ADAC kürzlich mit einem durchschnittlichen CO2­Wert von 100 g/km getestet. Nehmen Sie zum Vergleich den VW Polo Blue Motion; dessen CO2­Wert liegt bei 87 g/km. Von daher ist das der erste Punkt, wo eigentlich mal Wahrheit und Ehrlichkeit in die Diskussion hinein­gebracht werden müsste. Doch davon sind wir weit entfernt: Das Elektroauto wird in der CO2­Verordnung der EU als Null­Emissions­Fahrzeug gewertet. Zusätzlich wird es in die Flottenver­brauchsberechnung des Automobilherstel­lers wie 3,5 Stück Nullverbrauchs­Fahr­zeuge eingerechnet. Damit senken wir rein rechnerisch den Flottenverbrauch der Fahrzeuge im Feld und verschaffen dem Elektrofahrzeug Vorteile, die eigentlich nicht gerechtfertigt sind. Der zweite Punkt sind die ungelösten Probleme bezüglich des zusätzlichen Gewichts der Batterie,

der geringen Energiespeicherdichte einer Batterie in Relation zu einem Kraftstoff­tank und bezüglich des langsamen Ladevorgangs.

aber es soll doch Schnellladevorgänge geben, die in ein oder zwei Stunden ablaufen?Ja, aber die sind nicht gut für die Batterie. Wenn man öfter schnell belädt, dann wird eine erhebliche Energie beim „Betanken“ verschwendet, weil die Wirkungsgrade hier so schlecht sind. Das einzig Vernünf­tige ist, das Fahrzeug acht Stunden lang an der Steckdose normal zu laden. Doch bei Reichweiten zwischen 60 und 100 Kilometern verkalkuliert sich der Fahrer auch einmal. Das heißt, am Straßenrand

müsste er die Schnellbetankung ja in Anspruch nehmen. Das ist alles noch nicht geklärt, kostet viel Geld, das letzt­endlich auf den Kunden umgelegt wird. Im Moment kann ich nicht erkennen, dass die Deutschen bereit sind, so zirka das Doppelte wie bisher für ein Auto auszugeben.

Wenn der Preis schon abschreckt: Wäre das reine Umweltgewissen nicht ein wichtiges Kaufargument, wie beim Prius?Sie kennen doch die Situation in den USA, wo der Prius Bus­ und Taxispuren nutzen

„Die Wahrheit kommt, wenn es

um Technik und Preise geht.“

Eifler im Gespräch mit dem stellvertretenden ATZ­Chefredakteur Michael Reichenbach

15April 2011 Automotive Engineering Partners

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durfte. Das hat seine Verkaufszahlen in den Großstädten sicher mehr beflügelt als der Öko­Gedanke. Solche Privilegien kann man machen, aber sie sind nicht ehrlich und auch nicht nachhaltig. Es steht zudem im Raum, ob auf den Strompreis eine Art Mineralölsteuer als Ersatz drauf­geschlagen wird. Dies würde die ganze wirtschaftliche Betrachtung des E­Autos zum Kippen bringen.

Und die bei der Batterietechnik vorausgesagten Quantensprüngen?Naja, da bin ich gespannt, wie im Winter Funktionen wie Scheibenfreiblasen, Heck­scheibenheizung und Sitzheizung reali­siert werden sollen, und das alles auf Kos­ten der Reichweite. Die Leute verzichten nicht so schnell auf Komfort und Sicher­heit. Gut, große Weiterentwicklungen der Batterie sind noch möglich. Man redet davon, dass man in den nächsten vier oder fünf Jahren die Energiedichte noch­mals verdoppelt – doch das möchte ich erst einmal sehen. Selbst wenn das mög­lich wird, sind wir erst von 80 auf 160

Kilometer gekommen. Mein heutiger Die­sel schafft locker 1000 Kilometer, nur um die Relation aufzuzeigen.

Doch es gibt auch Gründe für das Elektroauto.Ungeachtet aller Nachteile des Elektro­fahrzeugs hat es zwei Gründe, warum es so forciert wird. Der eine ist die Suche nach einem langsamen Ersatz für benzin­ und dieselgetriebene Fahrzeuge wegen besagter Endlichkeit der Kraftstoffe. Der andere ist der Wunsch, aus den Ballungs­räumen die Emissionen heraus zu bekommen. Sollten zukünftig verbren­nungsmotorfreie Innenstadtzonen einge­richtet werden, kann man sich als Groß­städter nur noch mit E­Autos durch die Innenstadt bewegen. Solche Konzepte sind für mich in gewissem Umfang sinnvoll.

Was ist dann Ihr optimales fortbewegungsmittel?Ich halte das Hybridauto für das weit bes­sere Konzept als das E­Fahrzeug. Unter dem Begriff Elektrotraktion sind ja beide Arten vertreten. Mit dem Hybrid können wir vernünftige Reichweiten darstellen. Wir haben die Möglichkeit, den Antrieb sehr, sehr sparsam auszulegen. Also, wir reden da nochmal von Verbesserungen von 25 bis 30 Prozent gegenüber heutigen Fahrzeugen – wenn man‘s richtig macht. Oder wir können einen Hybridantrieb auch sehr sportlich auslegen, sodass der Fahrspaß nicht zu kurz kommt. Und so verschenken wir als deutsche Automobil­industrie nicht unsere Kompetenz in der Entwicklung von Verbrennungsmotoren.

Was halten Sie von der Technik des range-Extender-fahrzeugs?Übrigens ist auch der Range­Exender ein Hybrid, ein serieller. Vielfach wird er fälsch­licherweise als Elektrofahrzeug bezeichnet. Er besitzt aber ein Verbrennungsmotor­Generator­Package, mit dem die Batterien während der Fahrt aufgeladen werden. Kleine leise Verbrennungsmotoren wie der Wankelmotor, der sich bei Audi abzeichnet, werden hier wieder zu Ehren kommen. Der Opel Ampera ist zum Beispiel ein solches Fahrzeug und ein vernünftiges Konzept. Er hat noch die zusätzliche Besonderheit, dass er den Verbrenner direkt auf die Räder schalten kann – dann fährt er allerdings nicht mehr als serieller Hybrid. Aber das sind akademische Fragen.

Wird das Elektroauto oder das hybridfahrzeug das rennen machen?Das Hybridkonzept halte ich unter allen Aspekten als das vielversprechendste. Es ist unabhängig; es benötigt kein flächen­deckendes Stromtankstellenetz, das noch nicht in Sicht ist. Wir, die ElringKlinger Motortechnik, werden uns auf den Hybrid konzentrieren, nicht auf die rein elektri­sche Traktion. Manche sagen: Hybrid wird nur eine Übergangslösung in Richtung Elektroauto sein – da lehne ich mich zurück und sage: Das werden wir in fünf Jahren besser wissen!

herr Dr. Eifler, ich bedanke mich für das interessante Gespräch.

InTErVIEW: Dipl.­Ing. Michael Reichenbach

fOTOS: Alexandra Lechner

„Ich halte das Hybridauto für das weit bessere Konzept als das E­Fahrzeug“, sagt

Gerald Eifler, Geschäftsführer von ElringKlinger Motortechnik

„Deutschland verschenkt seine

Kompetenz in der Entwicklung

von Verbrennungs motoren.“

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