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Der Igel – Einführung. Seite 03 Der Lebensraum. Seite 09 Kleine Igelanatomie. Seite 04 Schutz für den Igel. Seite 10 Hilfe für den Igel. Seite 13 Das Igeljahr. Seite 06 »Natur« im Garten. Seite 11 Igelstationen Seite 14 Der Igel. Ein faszinierender Stachelritter.

Der Igel. Ein faszinierender Stachelritter. · Der Igel – Einführung. (Erinaceidae) Der bekannteste Vertreter seiner Art ist der auch bei uns weit verbreitete Europäische Igel

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Page 1: Der Igel. Ein faszinierender Stachelritter. · Der Igel – Einführung. (Erinaceidae) Der bekannteste Vertreter seiner Art ist der auch bei uns weit verbreitete Europäische Igel

Der Igel – Einführung.Seite 03

Der Lebensraum.Seite 09

Kleine Igelanatomie.Seite 04

Schutz für den Igel.Seite 10

Hilfe für den Igel.Seite 13

Das Igeljahr.Seite 06

»Natur« im Garten.Seite 11

IgelstationenSeite 14

Der Igel.Ein faszinierender Stachelritter.

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Wussten Sie schon, dass …

∙ Igel »Urtiere« sind und schon vor

60 Millionen Jahren auf der Erde lebten?

∙ Igel früher lange Beine hatten und

galoppartig flüchten konnten?

∙ es in Europa drei verschiedene Igelarten gibt?

Den Braun brustigel in Mittel- und Westeuropa,

den Weißbrustigel in Ost- und Südeuropa und

den Mittelmeerigel in Spanien, Frankreich und

Portugal?

∙ Igel in den meisten europäischen Ländern bereits

als besonders schütz enswert eingestuft sind?

∙ Igel schnarchen und träumen können?

∙ Maulwürfe und Spitzmäuse ihre engsten

Verwandten sind?

∙ Igel winzige, aber gute Ohren und einen 1 – 2 cm

langen Schwanz haben?

∙ sich Igel bei Gefahr ruckartig zu richtigen

Stachelkugeln zusammenziehen?

∙ Igel Geräusche wie Dampf lokomotiven, Eisen-

sägen, Krähen und kleine Vögelchen erzeugen

können?

∙ Igel erstaunlich gut über Hindernisse klettern

und in der Not auch schwimmen können?

»Nur wer den Igel kennt, kann ihn auch schützen.Artenschutz ist Umweltschutz. Und Umweltschutz istArtenschutz. Wenn wir es nicht tun, wer sonst soll estun? Wenn nicht gleich, wann dann? Nicht jeder Igelbraucht Hilfe, aber jede Hilfe muss richtig sein.«

Regina Kuhn – HerleshausenElisabeth Swoboda – Stocksberg

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Die modernen Gegner.

Fasziniert schauen wir ihm zu, wenn wir ihn bei seinem abendlichen Streifzug in un-serem Garten ertappen. Doch seine Spezies ist bedroht. Flur-bereinigung, Biozide, Auto-reifen, Motorsensen heißen die modernen Gegner, gegen die er seine Stacheln erfolglos stellt. Wanderte unser Stachel-ritter früher mutig durch Wald und Flur, ist er heute fast nur noch im »Schutzraum« unse-rer Gärten und Park an lagen anzu treffen, der modernen »Arche Noah« aller kleinenund großen Kulturfolger.

01Der Igel – Einführung.(Erinaceidae)

Der bekannteste Vertreter seiner Art ist der auch bei uns weit verbreitete Europäische Igel (Erinaceus europaeus).

Wegen des bräunlichen weichen Fells unterhalb der Stacheln an Brust und Bauch wird er auch Braunbrustigel genannt. Er ist das einzige heimische Säugetier, das der Evolution getrotzt hat und in fast unveränderter Optik seit 15 Millionen Jahren ein wahrlich wehrhaftes Leben führt. Tausende von kleinen spitzen Stacheln, ein Supergehör, das »Frühwarnsystem« der Tasthaar-sensoren sowie seine Überlebensstrategie, nur nachts zu jagen und die kalte Jahreszeit lieber zu verschlafen, haben ihm er-folgreich bis ins 21. Jahrhundert verholfen. Unser Igel ist als freundlicher kleiner Zeit genosse, Sympathieträger der Medien, Märchenfigur und Gartenhelfer bei Jung und Alt sehr beliebt.

Fast unveränderte Optik seit

15 Millionen Jahren

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Das erklärt, warum ihn selbst das kleinste Geräusch er-schreckt. Umgekehrt jagt er manchem nächtlichen Ohren-zeugen eine gehörige Portion Gänsehaut ein. Igel verfügen über ein unglaublich vielfälti-ges Lautrepertoire. Sie brum-men, schnaufen, schnorcheln und blubbern wie Motoren. Sie schmatzen wie Ferkel, knurren wie Hunde, keckern laut bei Hochzeitstanz und Paarung. Igel in Gefahr fau-chen wie Dampflokomotiven oder kreischen wie Eisen-sägen. Igelbabys fiepen wie junge Vögelchen, ältere Igel krächzen wie Krähen.

Seine Sinne.

Unser kleiner Freund sieht nicht sonderlich gut. Er kann lediglich Bewegungen wahr-nehmen, Hell und Dunkel so-wie einige Farben unterschei-den. Das gleicht er aber mit einem exzellenten Gehör und einem feinen Geruchssinn aus. Seine winzigen Ohren kön-nen Frequenzen bis weit in den Ultraschallbereich hinein wahrnehmen.

02Kleine Igelanatomie.

Auffallend ist sein Stachelkleid, das ihn einzig artig und unverwechselbar unter unseren heimischen Säugetieren macht.

Ein Igelbaby wird mit ca. 100 weichen weißen Stacheln geboren. Verlässt das Igelkind nach ca. 3 Wochen das Nest, ist es bereits mit 3.000 robusten »Speeren« bestückt. Die Anzahl der Stacheln, ihre Härte und Färbung nehmen mit dem Wachstum zu. Der aus-gewachsene Igel trägt bis zu 10.000 2 – 3 cm lange und 2 mm starke wehrhafte Hohlspeere auf seinem Rücken, die, wenn sie abbrechen, wieder nachwachsen. Die Spitzen sind meist weiß, das Mittelfeld braun-beige-schwarz-gebändert, die Basis ist hell. Bei Gefahr oder Berührung zieht ein kräftiger Muskel, der rund um den Rücken verläuft, den ganzen Körper blitzartig zusam-men und Tausende kleiner Muskeln richten in Sekundenschnelle die Stacheln auf.

Die »Stachel kugel« kann zum Ärger ihres Feindes stundenlang in dieser Stellung verharren. Im Gesicht, an Brust, Bauch und Gliedmaßen ist der Igel spärlich behaart. An den Flanken ist sein Haarkleid lang, struppig und dicht. Die langen Saumhaare und auch seine Barthaare funktionieren wie Sensoren bei Berüh rung und Bodenerschütterung und warnen ihn rechtzeitig vor Hinder-nissen und Gefahren auf seinem Weg.

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Auf der spitz zulaufenden Schnauze sitzt eine feuchte, schwarze kleine Spürnase. Spürt der kleine Jäger etwas besonders Lecke-res auf, beginnt sie vor Aufregung sogar zu tropfen. Beißt er in etwas hinein, das ihn gänzlich betört, setzt das in der Nasen-scheidewand sitzende zusätz liche Sinnesorgan ein: das Jacob-sonsche Organ. Über Atemluft und Speichel werden die Sinnes-zellen dieses Organs stimuliert. Der Igel beriecht oder bekaut sein Fundstück so intensiv, bis ein schaumiger Speichel entsteht. Dieser Speichel wird durch den Rachenraum in das Jacobson-sche Organ befördert und dort auf Genießbarkeit geprüft. Meist fällt der Test negativ aus, da der Igel mit Vorliebe auf alte Leder-schuhe, frisch gestrichene Farbe, Gummistopfen und Ähnliches »hereinfällt«. Er reinigt das Organ dann wieder, indem er denSpeichel ausspuckt oder ihn sich unter großen Verrenkungen mitder Zunge auf den Rücken schmiert. Warum er Letzteres tut,weiß man nicht. Das »Sicheinspeicheln« bleibt wohl weiterhinsein Geheimnis und hat mit Tollwut – wie irrtümlich angenom-men – absolut nichts zu tun.

»Igelfrau« und »Igelmann« sind dämmerungs- und nachtaktivekleine Räuber mit unterschiedlich großem Aktionsradius von1 bis 30 ha. Eindeutig mutiger und abenteuerlustiger zeigt sichdabei das Männchen. Hinsichtlich Gewicht, Länge oder Optik sinddie Geschlechter nicht zu unterscheiden, ausgewachsen wiegenbeide zwischen 800 und 1.500 g und beide können auch 22 bis40 cm lang werden. Betrachtet man allerdings den Igelbauch, soentdeckt man beim Männchen in der Mitte des Bauches – unge-fähr da, wo man den Nabel vermuten würde – eine Art Knopf:die Penisöffnung. Die Scheidenöffnung des Weibchens befindetsich unmittelbar vor dem After.

Die Sinneszellen des Jacobsonschen Organswerden über Atemluft und Speichel stimuliert.

Fortbewegung

Vorder- und Hinterfüße des kleinen Gesellen haben je-weils fünf Zehen (»Finger«) mit spitzen Zehennägeln. Der Igel läuft – wie der Mensch – auf der ganzen Sohle. Meist bewegt er sich bedächtig. Er knickt beim Laufen in den Knien so ein, dass sein Bauch fast auf dem Boden streift. Ist er in Eile, tippelt er mit lang ausgestreckten Beinen davon. Hochspringen kann er nicht, aber er zieht sich mit Ausdau-er und Hartnäckigkeit an gro-ßen Hindernissen wie Trep-penstufen oder Randmauern gekonnt hinauf. Hinunter geht alles viel schneller. Er rollt sich zu einer Kugel zusammen und lässt sich einfach fallen. Die Stacheln fangen wie ein »Airbag« den Sturz auf undverhindern eine Verletzung.

Obst und Gemüse stehen bei beiden – wie oft fälschlich behauptet – nicht auf dem Speiseplan. 38 kleine spitze Zähne knacken lieber gerne eine »sechsbeinige eiweiß-haltige Nuss«.

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03Das Igeljahr.

MaiNach langer Winterzeit ist der Tisch der Igel nun wieder reichlich gedeckt. Innerhalb kürzester Zeit futtern sie sich das im Winter verlorene Körper gewicht wieder an. Die kleinen Jäger ver speisen für ihr Leben gern Regenwürmer, Käfer und Käferlarven, Spinnen, Nachtfalter und deren Raupen, Schnecken und vieles mehr. Auch Vogeleier, Aas und Babymäuse werden dabei nicht verschmäht. Auf Futtersuche sind Wanderungen bis zu 4 km pro Nacht kei-ne Seltenheit. Markante Orientierungspunkte wie Hindernisse, Durchlässe und Feldwege trägt der Igel dabei auf einer Landkarte ein, die nur in seinem Kopf existiert. Sein »Igel-Navi« führt ihn so Jahr für Jahr zielsicher zu den vertrauten Wasser- und Futter-stellen. Auch seine Tagesschlafnester steuert er so immer wieder gekonnt an.

Juni und JuliEs ist Hauptpaarungszeit und wie magisch angezogen folgen die Igelmänner über weite Strecken den Düften der Igelinnen. Die Aus-erwählte wird stunden-, sogar tagelang umkreist. Führt das »Igel-karussell« zum Erfolg, legt die Igelin die Stacheln eng an ihren Kör-per an, drückt sich flach an den Boden und reckt das Hinterteil leicht empor. Nur so kann das Igelmännchen, ohne selbst Schaden zu nehmen, die Begattung vollziehen. Ihre Wege trennen sich dann wieder, denn Igel sind Einzelgänger und Nahrungskonkurrenten. Die trächtige Igelin baut in einem regen- und windgeschützten Ver-steck ein großes weichgepolstertes Nest aus Gras, Laub und Moos.

wandert der Igel pro Nacht auf Futtersuche.

4 Kilometer

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August und September35 Tage nach erfolgreicher Paarung purzeln meist 4 –7 Igel-babys, 12 – 25 g schwer, 4 – 6 cm lang, blind und taub in die Welt. Sie haben eine rosa Haut und weiche, weiße kleine Stacheln, die eng in die Rückenhaut ein gelegt sind. So kann die Mutter bei der Geburt nicht verletzt werden.

OktoberDie Igelfamilie löst sich auf. Höchste Zeit für den Jungigel, sich Speck polster zuzulegen, denn das Nahrungsangebot nimmt schon deutlich ab. Findet er genügend Nahrung, kann er 10 g pro Nacht zunehmen. Er wiegt jetzt etwas mehr als 300 g, doch um den Win-ter zu überleben, braucht er mindestens das Doppelte an Gewicht.

NovemberJe nach Lage und Witterung hat sich der erwachsene Igel längst wohl genährt zum Winterschlaf zusammengerollt. Seine Schlaf-kammer ist ein »igelarchitektonisches Meisterwerk«. Unzählige trockene, gleich große Blätter werden durch unermüdliche Dreh-bewegungen des stacheligen Baumeisters zwischen Reisig oder Zweigen auf bis zu 20 cm Wandstärke nach allen Seiten schup-penartig verdichtet und gepresst. Das Winterquartier ist dadurch bestens gegen Nässe, Kälte und Kleinlebewesen isoliert. Über die-ses »Know-how« verfügen Jungigel noch nicht. Aus Mangel an Er-fahrung versäumen sie es, sich rechtzeitig ausreichende Fettpols-ter anzufuttern und mit dem Nestbau zu beginnen. 60 – 70 % aller Jungigel überleben daher ihren ersten Winter nicht! Hunger und Kälte führen zu häufigen Unterbrechungen ihres Winterschlafs. Das zehrt derart an ihren Energiereserven, dass sie letztendlich gar nicht mehr aufwachen. Im Allgemeinen liegt die Lebenser-wartung eines Igels unter heutigen Lebensbedingungen zwischen zwei und vier Jahren, obwohl sie natur gemäß sieben bis zehn Jahre alt werden können.

Die Igelmutter säugt ihre Klei-nen knapp sechs Wochen lang, versorgt sie aber nicht mit Lebendfutter.

Entwicklung

Nach gut 14 Tagen öffnen sich Augen und Ohren der Säug-linge, eine Woche später sto-ßen die Zähnchen durch. Ab dem 24. Tag folgen die Klei-nen der Mama nach draußen. Instinktiv sammeln sie dabei ihre ersten Blätter und schlep-pen sie zum Nest zurück. Um kleine Ausbrecher kümmert sich die Mama fürsorglich, um leere Mägen jedoch nicht. Der Nachwuchs zählt bereits zur Nahrungskonkurrenz. Je mehr feste Nahrung die Kleinen auf-nehmen, umso weniger säugt die Igelin. Langsam, aber si-cher schließt die »Milchbar«.

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Dezember, Januar und FebruarNahrungsarmut, Temperaturrückgang, verkürzte Tageszeiten und ein dickes Fett polster setzen seit Millionen von Jahren wie eine innere Uhr immer den gleichen Prozess in Gang: den Winter schlaf.

Je weiter der Igel seine Körperfunktionen drosselt, umso mehr Energie spart er ein. Das weiße Fett der Fettreserven dient zur langsamen, gleichmäßigen Energieversorgung während des lan-gen Winterschlafs. Das braune Fett hingegen ist ein schneller Energiespender für den Aufwachvorgang im Frühjahr. Zudem fungiert es als »Notwecker«, falls die Körpertemperatur im Schlaf unter 4 °C absinken sollte. Der Weiterschlaf hätte den si-cheren Erfrierungstod zur Folge.

März und AprilDer Frühling hält Einzug. Die Igelmänner erwachen allmählich aus ihrem Winterschlaf. Die Igelinnen lassen sich damit noch ein paar Wochen Zeit. Einige der kleinen Freunde haben nur 15 % ihres Körpergewichts verloren, bei anderen sind es 40 %. Da schlottert das Stachelkleid regelrecht am Körper. Mit einem Bärenhunger begeben sie sich auf die Nahrungssuche. Doch das Futterangebot ist noch nicht groß. Die Suche nach Insekten ist um diese Zeit auch nicht ungefährlich, da der schützende Be-wuchs von hohem Gras und Buschwerk fehlt.

Das Igeljahr im Überblick

HauptpaarungszeitNachwuchs und AufzuchtSpeckpolster für Winter anfutternWinterschlafNahrungssuche nach dem Winter

Juni –Juli

August – September

Oktober

November – Februar

März –Mai

Der Stoffwechsel des Igels arbeitet auf Spar flamme, die Kör-pertemperatur sinkt von 35 °C auf bis zu 4 – 5 °C ab. Herzschlag und Atmung sind stark verlangsamt. Pro Minute schlägt sein Herz statt 180-mal nur noch 8- bis 9-mal und seine Atemzüge verringern sich von 40 auf 4.

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04Der Lebens-raum.

Konnte sich der Igel Mitte des letzten Jahrhunderts noch nach Herzenslust in einem grünvernetzten Großraum bewegen, wurde sein Aktionsradius von Jahr zu Jahr immer mehr eingeschränkt.

Die moderne Landwirtschaft mit ihrer Flurbereinigung und ih-ren »Agrarsteppen« sowie der Straßen- und Städtebau haben die meisten Grünen Bänder durchtrennt. Der ständige Einsatz von Spritzmitteln, Mulchern und Motorsensen räumte mit den verbindenden naturnahen Weg- und Straßenrändern auf. Keine Schutzräume, keine Deckung mehr für unseren kleinen Freund – dafür leichtes Spiel für Uhu, Fuchs, Dachs, Greifvogel und Co. Feingliedrige, abwechslungsreiche und großflächig miteinander vernetzte Landschaften mit Feldgehölzen, Bachläufen, trockenen lichten Laubwäldern, kleinen Wiesen, Altgras und ungemähten Wegrändern, wie sie unser Igel braucht, werden immer seltener. Monotone, strauchlose und gebüschfreie Landstriche zeichnen jetzt vielerorts das Bild. Der Wandel in unserer Landschaft hat den Igel gezwungen, sich mit uns Menschen zu »arrangieren«. Dorf- und Stadtränder, Gärten, Grün- und Parkanlagen sowie Friedhöfe sind zu den letzten Rückzugs gebieten des Stachel-ritters geworden.

Von Jahr zu Jahr wurde der

des Igels immer mehr eingeschränkt.

Aktionsradius

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05Schutz – im Kleinen und Großen.

Aus der Sicht des Natur- und Artenschutzes bekommen die Rückzugs gebiete des Igels eine enorme Bedeutung. Gärten, Grün- und Parkanlagen nehmen eine Fläche ein, die doppelt so groß ist wie alle Naturschutz gebiete zusammen!

Es ist für das Leben und Überleben des Igels wichtig, dass wir seine Lebensweise und seine Bedürfnisse an Nahrung und Le-bensraum kennen, damit wir in Zukunft mit der Bewirtschaf-tung seiner Rückzugsflächen rücksichtsvoller umgehen können. Pflanzen- und Insektengifte, Kunstdünger und Laubsauger de-zimierten Futterinsekten und Kleinlebewesen derart, dass über 50 % von ihnen in Kategorie 0 der Roten Liste als verloren oder verschollen gelten. Hunderttausende Igel verlieren jährlich durch gedankenlosen Einsatz von Hacken, Rasenmähern und Tellersensen, durch achtlos verwendete Drähte und Netze, un-gesicherte Schächte und Teiche oder Oster- und Herbstfeuer ihr Leben. Genauso viele »erledigt« die Straße. All dies, obwohl § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes sinngemäß besagt, dass der Igel, der zu den besonders geschützten Arten gehört, weder ge-fangen, verletzt oder getötet werden darf. Auch seine unmittel-baren Lebensstätten sind gesetzlich geschützt.

Länderübergreifende Regelungen.

Fachliche Empfehlungen des Arbeitskreises der Länderfachbe-hörden in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz erwirkten für den Artenschutz eine länderübergreifende Rege-lung. 2002 wurde im Bundesnaturschutzgesetz die Regelung verankert, dass 10 % der Fläche eines jeden Bundeslands aus einem Biotopverbund bestehen soll. Das soll verhindern, dass Grüne Bänder für den Austausch von Arten und Populationen als Grundlage für die Erhaltung der biologischen Vielfalt verloren gehen. Zum Erreichen dieser Zielsetzung ist die Sicherung und gegebenenfalls Entwicklung zusätzlicher Flächen erforderlich.

Die Igelvereine Deutschlands sprechen sich ganz deutlich für unbedingten Lebensraum-schutz, Verbesserung des Le-bensraums in Siedlungen so-wie das »Entschärfen« von Igel gefahrenstellen aus.

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06»Natur«im Garten.

Eine naturnahe Gartengestaltung orientiert sich an den Vorbildern der Natur.

Sie vereinigt auf kleiner Fläche verschiedenartige einheimische Pflanzen und Bodenstrukturen und schafft dadurch artgerechte Lebensräume für viele kleine Tiere. »Deutsche« Ordnungsliebe und Englischer Rasen sind in diesen Bereichen fehl am Platz. Werden Sie »Ranger« im eigenen Garten und ergreifen Sie Natur- und Artenschutzmaßnahmen in Ihren »eigenen vier Zäunen«.

Blumenrabatten, Beerensträucher, Hecken, Büsche, Bäume, Ge-müsebeete, Kompost und Wildblumenwiesen ernähren viele In-sekten, Würmer, Schnecken, Klein- und Kleinsttiere. Holzstöße, Sträucher, Reisig-, Stein- und Laubhaufen, ungemähte Saumrän-der mit hohem Altgras, Trockenmauern und Hohlräume unter Gartenhäusern bieten ausreichend Versteck- und Unterschlupf-möglichkeiten. Klein geschnittene Zweige, Moos und liegen ge-lassenes Laub dienen hervorragend als Nist- und Nestmaterial.

Der Einsatz von Marienkäfer und Schwebfliege gegen Blattlaus und Spinnmilbe hat sich bewährt. Ziehen Sie bei der Schnecken-abwehr die Verwendung eines unbedenklichen, igelfreundlichen Schneckenkorns der klassischen Bierfalle vor. Alkoholismus unter den Igeln bereitet nicht nur englischen Naturschützern Sorge. Gar mancher Stachelritter bedient sich regelmäßig im »Bierfallen-Pub«.

Chemie und Gift haben hier zum Schutz von Mensch und Tier nichts verloren. Wenden Sie in Ihrem naturnahen Garten ausnahmslos biologische Dünge- und Schutzmaßnahmen an. Greifen Sie lieber zu Nützlingen.

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12So präparieren Sie Ihren Garten für Igelbesuch.

Flache Wasserschalen und Wasserstellen mit seichtem Ufer-bereich werden von allen tierischen Gartengästen als Tränken geschätzt und von manchen auch zum puren Badevergnügen benutzt. Kompostbehälter mit offener Entnahmeklappe oder spezieller Igeltür sind für unseren Igel das reinste Schlaraffen-land. Im »schwarzen Gold des Gärtners« wimmelt es nur so von Würmern, Asseln, Maden und vielen anderen Leckereien. Hier lässt es sich prima schlemmen und schlafen. Ein wettergeschütz-tes Igelschlafhaus mit Vorkammer macht den Komfort perfekt. Planen Sie es labyrinthartig und passen Sie den Eingang so an, dass sich keine Samtpfote hineinschleichen kann.

Durchstöbern Sie Ihren Garten kritisch auf Fallen und Hindernis-se jeglicher Art! Sichern Sie dabei Kellerschächte, Gruben, Teich und Pool oder versehen Sie diese mit Ausstiegshilfen! Helfen Sie dem Igel mit einem Igelsteg über Ihre große Gartentreppe weiter und überlegen Sie sich gut, wo und ob Sie überhaupt Beerennetz und Maschendraht einsetzen, damit sich kein Tier darin verfan-gen kann. Vergewissern Sie sich bitte vor allen Gartenarbeiten, dass Sie hierbei keinen Ihrer Gartenbewohner verletzen oder »um Haus und Hof« bringen. »Riegeln« Sie Ihren Garten nichthermetisch ab! Hecken, Jäger- und Lattenzäune eignen sich op-timal als durchlässige »Wände« zum Nachbargarten. Gärten, dienaturfreundlich bewirtschaftet sind, bieten nicht nur Igel, Meise,Spitzmaus, Eidechse und Co., sondern auch uns Menschen einkleines Wohlfühlparadies.

kann man inzwischen auch käuflich erwerben.

IgelhäuserGeeignete

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07Wie erkennen wir, ob und wann der Igel Hilfe braucht?

Treffen wir unseren dämmerungs- und nachtaktiven kleinen Freund im Tageslicht an, sollten wir überprüfen, ob er Hilfe braucht.

Bewegt er sich anormal, rollt er sich nicht ein, sieht er abgema-gert aus, umschwirren ihn Fliegen, sind Verletzungen sichtbar? Oder wurde er nur vom rasenmähenden Nachbarn in seinem Mittagsschlaf gestört? Sind die aufgefundenen Igeljungen oder Igelsäuglinge verwaist oder ist die Igelmama nur auf Futtertour? Braucht ein Igel gerade Hilfe beim Überqueren einer Straße? Im Winter keine Sekunde zögern – jetzt sind nur noch schwa-che, kranke und unterernährte Igel unterwegs. Alle Igel in Not dürfen laut § 45 BNatSchG vorübergehend zur Pflege in Obhut genommen werden. Wir nehmen hilfebedürftige Igel vorsich-tig mit beiden Händen flach vom Boden her auf. Handschuhe, Socken, Schals und Mützen eignen sich gut für den Transport. Aus Karton, Zeitung, Handtuch und 2 Näpfen entsteht schnell ein Notquartier. Ungewürztes Rührei und Wasser – auf keinen Fall Milch – bilden die Erstversorgung. Ist der Igel verletzt, bitte schnell mit ihm zum Tierarzt, ins Tierheim oder zur Igelstation. Auf erste Fragen gibt das Beratungstelefon von Pro Igel Antwort: 04321-31856 (nur tagsüber!). Ausführliche Informationen finden Sie über: www.pro-igel.de und www.igelverein.de

Alle Igel in Not dürfen laut

vorübergehend zur Pflege in Obhut genommen werden.

§45 BNatSchG

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08Igelstationen – Herz der Igelvereine.

Prof. Dr. Bernhard Grzimek löste in den 70er-Jahren mit seiner Sendung »Ein Herz für Tiere« und den Liveauf-tritten seines Igels eine wahre Sympathie- und Hilfswelle für den stacheligen kleinen Freund aus.

Er legte damit den Grundstein für die ehrenamtliche, aber pro-fessionelle Igelhilfe in Deutschland. Seit 1993 gelten in den Igel-stationen Mindeststandards für Unterbringung, Versorgung und medizinische Betreuung der Tiere. Uneigennützig und selbstlos leisten hier viele Igelfreunde und Igelfreundinnen praktische Soforthilfe und bieten auch Beratungsgespräche und Projekt-tage an. Igelhilfe kostet Geld, daher sind alle Einrichtungen auf Spenden, Igelpatenschaften, Mitgliederbeiträge der Vereine und Förde rungen der Umweltstiftungen angewiesen.

Für engagierten Artenschutz mit außergewöhnlichen Aktionen für Presse und Fernsehen wurden der Verein der Igelfreunde Stuttgart e. V. unter Vorsitz von Elisabeth Swoboda und ihre Igel-stationen mit Umwelt- und Tierschutzpreisen geehrt. Das 1995 zusammen mit Pro Igel entwickelte »Igel-Schulpaket« erhielt die Wertschätzung der Schulbehörde und wird heute noch als Lehrmittel empfohlen. In Kooperation mit dem Komitee für Igel-schutz e. V. Hamburg fand 2004 eine siebenwöchige Ausstellung im Karlsruher Naturkundemuseum statt. Über 12.000 Besucher bezeugten großes Interesse an diesem Projekt. Mehr Informatio-nen dazu auf der Homepage: www.igelverein.de

Bundesweit treffen wir heute auf ein Netzwerk von 200 regis-trierten Igelstationen. Allein in Baden-Württemberg gibt es 12 davon, gemeinsam retten sie ca. 1.800 Igel im Jahr.

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Quellen, Adressen und Dank.Diese Broschüre beruht hauptsächlich auf den Erfahrungen der Igelexperten, die unseren stachligen kleinen Freund aufopferungsvoll und mit viel Liebe jahraus, jahrein hegen und pflegen. Der putzige kleine Stachelhäuter gibt uns noch so einige Rätsel auf. Ein Grund mehr, auf ihn gut aufzupassen

Regina Kuhn, freie Bild- und Textautorin, Herleshausen 2013

Monika Neumeier Igel im Garten - Helfen Pflegen Beobachten, Kosmos 2. Auflage 2018,EAN: 9783440161319

www.igelverein.de Igel-Alarm/Mein Leben mit den Igeln

www.pro-igel.de Wildtier Igel, Igel Steckbrief, Igel in Not, Hilfe für den Igel

www.wikipedia.org Igel, Naturgarten

Sailer Verlag Alles rund um den Igel/ Eine stachelige Geschichte 2000

NABU INFO Igel und Igelschutz Stand: 2006

Michael Lohmann Das praktische Igelbuch blv 2007ISBN 978-3-8354-0284-3

www.natur-lexikon.com Igel

www.kindernetz.de Tierlexikon für Kinder – Igel

www.zdf.de/kinder/berlin-und-wir Infos für Kinder – Igel

Gunter Steinbach Steinbachs Naturführer Mosaik-Verlag

Stiftung Landesbank Baden-Württemberg.Der Umwelt- und Naturschutz ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Die LBBW-Stiftung widmet sich seit 1984 dieser Aufgabe. Sie unter-stützt kleine Forschungsvorhaben auf den Gebieten Natur- und Umwelt-schutz, Bio logie und Medizin und fördert Umwelt- und Naturschutzprojekte in Baden-Württemberg.

Die von der Stiftung herausgegebene Schriftreihe »Naturschutz im Kleinen« soll informieren und für den schonungsvollen Umgang mit der Natur werben. Sie greift unterschiedliche Themen des Naturschutzes auf und gibt Hinweise, wel-chen Beitrag der Einzelne zum Erhalt der Natur leisten kann.

Das Informationsmaterial ist kostenlos erhältlich.

Stiftung Landesbank Baden-WürttembergAm Hauptbahnhof 270173 Stuttgartwww.LBBW.de/stiftung

In der Schriftenreihe sind noch erhältlich:

Heft 2 – Heimische Fledermäuse

Heft 6 – Hornissen

Heft 7 – Amphibien

Heft 8 – Heiden – Felsen – Steinriegel

Heft 9 – Waldameisen

Heft 10 – Schlangen

Heft 11 – Streuobstwiesen

Heft 13 – Hummeln

Heft 14 – Der Speierling

Heft 16 – Schmetterlinge

Heft 17 – Eulen

Heft 18 – Spechte

Heft 19 – Das Tal der Oberen Donau

Heft 20 – Die Schwarzpappel

Heft 21 – Schäferei in Baden-Württemberg

Heft 22 – Die Baar

Heft 23 – Die Eibe

Heft 24 – Die Wiesen der Schwäbischen Alb

Heft 25 – Der Biber kehrt zurück in seine alte Heimat

Heft 26 – Großer Heuberg und Hardt im Naturpark Obere Donau

Heft 27 – Die Elsbeere

Heft 28 – Lebendiger Weinberg

Heft 29 – Der Igel*

Heft 30 – Flechten

Stand: Januar 2020

Naturschutz im Kleinen.

* Ausschließlich als PDF-Datei unter www.LBBW.de/stiftung abrufbar.

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Herzlichen Dank anElisabeth Swoboda – Igelkrankenhaus Stocksberg Dr. Ingrid Röschke – Igelpflegerin Esther Schmidt – freie Tierbuchautorin

Bilder/FotosArchiv Igelkrankenhaus StocksbergRegina KuhnStockfotos

HerausgeberStiftung Landesbank Baden-WürttembergAm Hauptbahnhof 270173 Stuttgart

Heft 29 der Schriftenreihe»Naturschutz im Kleinen«