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260 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. 6 5. FEBRUAR x923 systeme I + 3) ausfAllt, w$hrend die Vereinigung der Ringsysteme 2 + 4 dutch die geschwefelte Seitenkette in L6sung gehalten wird. Oder aber, falls Reaktionsgleichung (III) vorwaltet, so stAnde auf der rechten Seite der Gleichung: As=As As=As J ! I I /\ NH*/\] / \l/\N(CH'2OSONa)2 NH~/\1/ I 0Na OH OH 0Na aueh aus diesem Gemiseh mfif3te Kohlendioxyd einen Nieder- schlag, n/imlich die vereinigten Ringsysteme 3 + 2 (Silbersalvaxsan- base) ausscheiden, w~hrend I + 4 wiederum wegen der geschwe- felten Seitenkette in L6sung bleiben wfirde. Der Versuch ergab nun, dab Kohlendioxyd keinerlei Niederschlgge erzeugt, daI3 viel- mehr alles in L6sung bleibt, und damit ist der Nachweis erbracht, da2 das Entstehen gemischter Verbindungen nicht ohne weiteres nach obigen Gleichungen gedeutet werden darf. Es liegt also in der Bildung des Neosilbersalvarsans eine neuartige Erscheinung vor, fiber deren Ursache man sich verschiedene Vorstellungen machen kann. Welcher Art sie sind, soll bier nicht er6rtert werden. KURZEWISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN DER ISOELEKTRISCHE PUNKT ROTER BLUT- KORPERCHEN VERSCHIEDENER SAUGETIEREI). Yon H. STRAUB und KL. GOLLWlTZER-MEIER. Frfihere Versuche fiber die Kohlens~urebindungskurve yon Suspensionen menschlicher roter Blutk6rperchen in ver- schiedenen Salzl6sungen hatten gezeigt, dab das Massen- wirkungsgesetz zur Darsteilung des Ionenaustausches zwischen Blutk6rperchen und Suspensionsflfissikeit nicht ausreicht. Das Auftreten einer Unstetigkeit der Kohlens~urebindungs- kurve bei charakteristischer Wasserstoffionenkonzentration ist nur dutch die Heterogenit/it der Suspension erkl/irbar und weist auf die entscheidende Bedeutung der Eigenschaften der Phasengrenze ffir diese Vorgitnge hin. Versuche an Tier- blutk6rperchen unterstfitzen diese Vorstellungen und liefern neues Material zur Aufkls diescr ffir den Zellstoflwechsel entscheidenden Eigenschaften der Zelloberfi/ichen. Nach der ~vVasserstoffionenkonzentration, bei der die Unstetigkeit der Kohlens/iurebindungskurve eintritt, ordnea sich die Tier- arten in fo!gende Reihe: Meerschweinchen > Pferd, Mensch Hund, Ziege, Hammel > Schwein > Kaninchen > Rind. Die so ermittelte Reihe zeigt gr6i3te )khnlichkeit mit Reihen, die yon anderer Seite ffir den isoelektrischen Punkt in Phos- phatpuffern, ffir die Flockung der Btutk6rperchenstromata, ffir die Hiimolysierbarkeit, ffir die Senkungsgeschwindigkeit, ffir die Agglutination durch Waschen in Zuckerl6sungen, ferner nach dem Lipoidgehatt und der Zusammensetzung der Binnensalze festgestellt wurden. Besonders wichtig sind die engen Beziehungen zu der Sauerstoffdissoziationskurve ver- schiedener Tierblutarten. Diese Reihen weisen trotz einzelner Abweichungen auf die nahe Verwandtschaft aller betrachteten Vorg~nge hin. Alle lassen sich auf zugrunde liegende Eigen- schaften der Zellgrenzschichten beziehen. (Aus der Medizin. Klinik der Universit(it Grei#wald. Direktor: Pro]. Dr. H. ,Straub. ) DIE BEDEUTUNG DER K-IONEN FOR DEN MUSKEL- TONUS. 2. Mitteilung. Von S. M. N~USCHLOSZ. Die in Nr. 45 des Jahrg. I dieser Wochenschrift erschienene Arbeit yon FRANK, !X~OTHMANNund GUTTMANN: ,,Uber die Wirkung yon Ionenverschiebungen auf den entnervten quer- gestreiften Muskel des S~ugetieres und ihre pharmakodyna- mischen Analogien", veranlaBt reich in Erg~nzung meiner ersten diesbezfiglichen Mitteilung2) fiber den weiteren Verlauf meiner Versuche abermals kurz zu berichten. Um die Bedeutung des Kaliums ftir die Erhaltung des Muskeltonus zu beweisei1, habe ich weitere Versuche auch an Sdugetleren unternommen. An Hunden wurde mittels Injektion yon Tetanustoxin ein lokaler Starrkrampf der beiden hinteren Extremitgten hervorgerufen. DaB die Muskelstarre, die durch Tetanustoxin verursacht wird, vorwiegend tonischen x) Erscheint ausf/ihrlich in der Bioehem. Zeitschr. 2) Dies. Wochenschr. Jahrg. I, Nr. $o. I9~2. Charakter hat, ist ja bekallnt. Es war demnach zu erwarten, dM3, insofern die Anschauung, daf3 der Muskeltonus yon der Konzentration der freien K-Ionen abh~ngig ist, zu Recht besteht, eine Verminderung der K-Ionen im Muskel eine Herab- setzung der Intensit~t des Starrkrampfes herbeiffihren mfisse. Um diese Vermutung zu prfifen, wurde folgendermal3en vorgegangen. Die beiden Aa. und Vv. femorales des Tieres wurden herauspr~pariert und mit Kanfilen versehen. Eben- falls freigelegt wurden die beiden Nn. ischiadici. Der Rest der beiden Oberschenkel wurde mit Gummiscb_l~uchen fest abgebunden. Die Arterienkanfilen standen raft Druckflaschen in Verbindung, mit HiKe derer die Beine mit sauerstoff- ges~ttigter, k6rperwarmer Ringefl6sung, mit oder ohne Kalium, durchspfilt werden konnten. Durch einfaches 0ffnen und SchlieBen zweier H~hne konnte die Spfilflfissigkeit augen- blicldich gewechselt werden. Aus den Venenkanfilen konnte die Flfissigkeit frei abflieBen. Die Zusammensetzung der verwendeten Ringerl6sung war die folgende: NaC1 o,9%, CaC1 0,024% , NaHCo 8 o,o3% , mit oder ohne Zusatz von KC1 0,o42 %. Das so vorbereitete Tier wurde in Bauchlage gebracht, die beiden Achillessehnen wurden durchtrennt and mittels FAden mit zwei Schreibhebeln in Verbindung gebracht. Die beiden Beine des Tieres wurden derart fixiert, dab die Schreib- hebel lediglich die Kontraktionen der Gastrocnemii am Kymo- graphion registrierten. Wenn aus beiden Venenkanfilen nur mehr wasserklare Ringerl6sung zu fliei3en begann, wurde die Trommel mit langsamem Gange in Bewegung gesetzt ulld die Ringerl6sung, mit welcher das eine Bein durchspfilt wurde, gegen die kaliumfreie L6sung gewechselt. Der diesem Beine zugeh6rige Gastrocnemius zeigte bereits in wenigen Sekunden eine merldiche Erschlaffung, die so lange anhielt, bis die kaliumfreie L6sung nicht wiederum mit der ursprfing- lichen vollen Ringerl6sung ersetzt wurde. Hiernach nahm der Tonus des Muskels rasch wieder zu, um bereits nach etwa einer Minute seine ursprfingliche H6he wieder zu er- reichen. Dieses Spiel kann durch abwechselndes Aus- und Einschalten der kaliumfreien L6sung beliebig oft wiederholt werden. Als weitere Eigentfimlichkeit der hier besprochenen Er- scheinung sei noch erwghnt, dab die indSrekte elektrische .Er- regbarkei~ vom Ischiadicus aus in Abwesenheit des Kaliums keineswegs herabgesetzt ist, in einzelnen F~llen sogar uoch eher etwas erh6ht erscheint. Ebensowenig beeinflul3t der Wechsel die stets intensiven spontanen fibrill~ren Zuckungen des mit Tetanustoxin vergiffeten Tieres. Es handelt sich also um eine isolierte Wirkung auf die Tonuslunktion des Muskels. DaB der Tonus des Muskels hingegen dutch Abwesenheit des Kaliums zumindest ann~hernd gs aufgehoben ist, geht aus der Tatsache hervor, dab die Durchschneidung des Ischiadicus, die am normalen Bein eine starke Erschlaffung des Gastrocnemius verursacht, am kaliumfrei behandelten Bein -- bei welchem eine Erschlaffung sehon dutch Ent- ziehung des Kaliums herbeigeffihrt wurde -- in den meisten F~llen g~Lnzlich wirkungslos ist und nur ausnahmsweise yon einer ganz geringffigigen weiteren Verl~ngerung des Muskels gefolgt wird. Uber die weitere Analyse dieser Erscheinung, so an nicht rnit Tetanustoxin vergifteten Hunden, wie auch an Katzen mit Enthirnungstarre, and fiber die Rolle, die die anderen

Der Isoelektrische Punkt Roter Blutkörperchen Verschiedener Säugetiere

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Page 1: Der Isoelektrische Punkt Roter Blutkörperchen Verschiedener Säugetiere

260 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 6 5. FEBRUAR x923

systeme I + 3) ausfAllt, w$hrend die Vereinigung der Ringsysteme 2 + 4 dutch die geschwefelte Seitenkette in L6sung gehalten wird. Oder aber, falls Reaktionsgleichung (III) vorwaltet, so stAnde auf der rechten Seite der Gleichung:

A s = A s A s = A s J ! I I / \

NH*/ \ ] / \l/\N(CH'2OSONa)2 N H ~ / \ 1 / I 0Na OH OH 0Na

aueh aus diesem Gemiseh mfif3te Kohlendioxyd einen Nieder- schlag, n/imlich die vereinigten Ringsysteme 3 + 2 (Silbersalvaxsan- base) ausscheiden, w~hrend I + 4 wiederum wegen der geschwe- felten Seitenkette in L6sung bleiben wfirde. Der Versuch ergab nun, dab Kohlendioxyd keinerlei Niederschlgge erzeugt, daI3 viel- mehr alles in L6sung bleibt, und damit ist der Nachweis erbracht, da2 das Entstehen gemischter Verbindungen nicht ohne weiteres nach obigen Gleichungen gedeutet werden darf. Es liegt also in der Bildung des Neosilbersalvarsans eine neuartige Erscheinung vor, fiber deren Ursache man sich verschiedene Vorstellungen machen kann. Welcher Art sie sind, soll bier nicht er6rtert werden.

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N DER ISOELEKTRISCHE PUNKT ROTER BLUT- KORPERCHEN VERSCHIEDENER SAUGETIEREI).

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H . STRAUB u n d K L . G O L L W l T Z E R - M E I E R .

Frfihere Versuche fiber die Kohlens~urebindungskurve yon Suspensionen menschlicher roter Blutk6rperchen in ver- schiedenen Salzl6sungen hat ten gezeigt, dab das Massen- wirkungsgesetz zur Darsteilung des Ionenaustausches zwischen Blutk6rperchen und Suspensionsflfissikeit nicht ausreicht. Das Auftreten einer Unstetigkeit der Kohlens~urebindungs- kurve bei charakteristischer Wasserstoffionenkonzentration ist nur dutch die Heterogenit/it der Suspension erkl/irbar und weist auf die entscheidende Bedeutung der Eigenschaften der Phasengrenze ffir diese Vorgitnge hin. Versuche an Tier- blutk6rperchen unterstfitzen diese Vorstellungen und liefern neues Material zur Aufkls diescr ffir den Zellstoflwechsel entscheidenden Eigenschaften der Zelloberfi/ichen. Nach der ~vVasserstoffionenkonzentration, bei der die Unstetigkeit der Kohlens/iurebindungskurve eintritt , ordnea sich die Tier- arten in fo!gende Reihe: Meerschweinchen > Pferd, Mensch

Hund, Ziege, Hammel > Schwein > Kaninchen > Rind. Die so ermittelte Reihe zeigt gr6i3te )khnlichkeit mit Reihen, die yon anderer Seite ffir den isoelektrischen Punkt in Phos- phatpuffern, ffir die Flockung der Btutk6rperchenstromata, ffir die Hiimolysierbarkeit, ffir die Senkungsgeschwindigkeit, ffir die Agglutination durch Waschen in Zuckerl6sungen, ferner nach dem Lipoidgehatt und der Zusammensetzung der Binnensalze festgestellt wurden. Besonders wichtig sind die engen Beziehungen zu der Sauerstoffdissoziationskurve ver- schiedener Tierblutarten. Diese Reihen weisen trotz einzelner Abweichungen auf die nahe Verwandtschaft aller betrachteten Vorg~nge hin. Alle lassen sich auf zugrunde liegende Eigen- schaften der Zellgrenzschichten beziehen. (Aus der Medizin. Klinik der Universit(it Grei#wald. Direktor: Pro]. Dr. H. ,Straub. )

DIE BEDEUTUNG DER K-IONEN FOR DEN MUSKEL- TONUS.

2. Mitteilung.

Von S. M. N~USCHLOSZ.

Die in Nr. 45 des Jahrg. I dieser Wochenschrift erschienene Arbeit y o n FRANK, !X~OTHMANN und GUTTMANN: ,,Uber die Wirkung yon Ionenverschiebungen auf den entnervten quer- gestreiften Muskel des S~ugetieres und ihre pharmakodyna- mischen Analogien", veranlaBt reich in Erg~nzung meiner ersten diesbezfiglichen Mitteilung 2) fiber den weiteren Verlauf meiner Versuche abermals kurz zu berichten.

Um die Bedeutung des Kaliums ftir die Erhal tung des Muskeltonus zu beweisei1, habe ich weitere Versuche auch an Sdugetleren unternommen. An Hunden wurde mittels Injektion yon Tetanustoxin ein lokaler Starrkrampf der beiden hinteren Extremitgten hervorgerufen. DaB die Muskelstarre, die durch Tetanustoxin verursacht wird, vorwiegend tonischen

x) Erscheint ausf/ihrlich in der Bioehem. Zeitschr. 2) Dies. Wochenschr. Jahrg. I, Nr. $o. I9~2.

Charakter hat, ist ja bekallnt. Es war demnach zu erwarten, dM3, insofern die Anschauung, daf3 der Muskeltonus yon der Konzentrat ion der freien K-Ionen abh~ngig ist, zu Recht besteht, eine Verminderung der K-Ionen im Muskel eine Herab- setzung der Intensit~t des Starrkrampfes herbeiffihren mfisse.

Um diese Vermutung zu prfifen, wurde folgendermal3en vorgegangen. Die beiden Aa. und Vv. femorales des Tieres wurden herauspr~pariert und mit Kanfilen versehen. Eben- falls freigelegt wurden die beiden Nn. ischiadici. Der Rest der beiden Oberschenkel wurde mit Gummiscb_l~uchen fest abgebunden. Die Arterienkanfilen standen raft Druckflaschen in Verbindung, mit HiKe derer die Beine mit sauerstoff- ges~ttigter, k6rperwarmer Ringefl6sung, mit oder ohne Kalium, durchspfilt werden konnten. Durch einfaches 0ffnen und SchlieBen zweier H~hne konnte die Spfilflfissigkeit augen- blicldich gewechselt werden. Aus den Venenkanfilen konnte die Flfissigkeit frei abflieBen. Die Zusammensetzung der verwendeten Ringerl6sung war die folgende: NaC1 o,9%, CaC1 0,024% , NaHCo 8 o,o3% , mit oder ohne Zusatz von KC1 0,o42 %.

Das so vorbereitete Tier wurde in Bauchlage gebracht, die beiden Achillessehnen wurden durchtrennt and mittels FAden mit zwei Schreibhebeln in Verbindung gebracht. Die beiden Beine des Tieres wurden derart fixiert, dab die Schreib- hebel lediglich die Kontrakt ionen der Gastrocnemii am Kymo- graphion registrierten. Wenn aus beiden Venenkanfilen nur mehr wasserklare Ringerl6sung zu fliei3en begann, wurde die Trommel mit langsamem Gange in Bewegung gesetzt ulld die Ringerl6sung, mit welcher das eine Bein durchspfilt wurde, gegen die kaliumfreie L6sung gewechselt. Der diesem Beine zugeh6rige Gastrocnemius zeigte bereits in wenigen Sekunden eine merldiche Erschlaffung, die so lange anhielt, bis die kaliumfreie L6sung nicht wiederum mit der ursprfing- lichen vollen Ringerl6sung ersetzt wurde. Hiernach nahm der Tonus des Muskels rasch wieder zu, um bereits nach etwa einer Minute seine ursprfingliche H6he wieder zu er- reichen. Dieses Spiel kann durch abwechselndes Aus- und Einschalten der kaliumfreien L6sung beliebig oft wiederholt werden.

Als weitere Eigentfimlichkeit der hier besprochenen Er- scheinung sei noch erwghnt, dab die indSrekte elektrische .Er- regbarkei~ vom Ischiadicus aus in Abwesenheit des Kaliums keineswegs herabgesetzt ist, in einzelnen F~llen sogar uoch eher etwas erh6ht erscheint. Ebensowenig beeinflul3t der Wechsel die stets intensiven spontanen fibrill~ren Zuckungen des mit Tetanustoxin vergiffeten Tieres. Es handelt sich also um eine isolierte Wirkung auf die Tonuslunktion des Muskels. DaB der Tonus des Muskels hingegen dutch Abwesenheit des Kaliums zumindest ann~hernd gs aufgehoben ist, geht aus der Tatsache hervor, dab die Durchschneidung des Ischiadicus, die am normalen Bein eine starke Erschlaffung des Gastrocnemius verursacht, am kaliumfrei behandelten Bein -- bei welchem eine Erschlaffung sehon dutch Ent - ziehung des Kaliums herbeigeffihrt wurde -- in den meisten F~llen g~Lnzlich wirkungslos ist und nur ausnahmsweise yon einer ganz geringffigigen weiteren Verl~ngerung des Muskels gefolgt wird.

Uber die weitere Analyse dieser Erscheinung, so an nicht rnit Tetanustoxin vergifteten Hunden, wie auch an Katzen mit Enthirnungstarre, and fiber die Rolle, die die anderen