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Der kognitive Bias bei chronischen Rückenschmerzen: die Bedeutung von Fear-Avoidance- und Endurance- Reaktionen Inaugural - Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften in der Fakultät für Psychologie der RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM vorgelegt von: Dipl.-Psych. Zohra Karimi

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Der kognitive Bias bei chronischen Rückenschmerzen:

die Bedeutung von Fear-Avoidance- und Endurance-

Reaktionen

Inaugural - Dissertation

zur

Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften

in der

Fakultät für Psychologie

der

RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM

vorgelegt von:

Dipl.-Psych. Zohra Karimi

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Gedruckt mit Genehmigung der Fakultät für Psychologie der

RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM

Referentin: Prof. Dr. M.I. Hasenbring

Korreferent: Prof. Dr. O.T. Wolf

Tag der mündlichen Prüfung: 20.08.2012

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IN LIEBE UND DANKBARKEIT

MEINEN ELTERN UND SCHWESTERN

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DANKSAGUNG

I

DANKSAGUNG

An erster Stelle richtet sich mein Dank an die PROBANDEN der Untersuchungen, ohne

deren bereitwillige Kooperation diese Arbeit hätte erst gar nicht realisiert werden

können.

Mein besonderer Dank gilt meiner Betreuerin FRAU PROF. DR. MONIKA HASENBRING,

die mich in allen Phasen dieser Arbeit unterstützt hat und mir die Freiheit gelassen hat,

meine eigenen Ideen in unsere Forschung einzubringen und an die ich mich mit allen

Fragen und Problemen wenden konnte. HERRN PROF. DR. OLIVER WOLF danke ich

besonders dafür, dass er sich kurzfristig dazu bereit erklärt hat, trotz vieler weiterer

Verpflichtungen, als Korreferent das Zweitgutachten meiner Dissertationsschrift zu

übernehmen. FRAU PROF. DR. SABINE WINDMANN danke ich herzlich dafür, dass sie

mich seit meiner Diplomarbeit unterstützt hat und mich immer wieder mit ihrer

Zuversicht anzustecken wusste. HANS RÖPKE, INGA PETERS, JAN KASSEL, NINA

KREDDIG, SABINE HELD, TATJANA HAYN und insbesondere DR. SIGRID SUDHAUS danke

ich für das Interesse an meiner Arbeit, den hilfreichen Kommentaren, Anregungen und

sprachlichen Korrekturen von Teilen meiner Arbeit. Mein Dank gilt ferner DR. JEFFREY

ROELOFS und DR. MARLIES PINNOW sowie DR. TOBIAS TEISMANN für die freundliche

Unterstützung bei den organisatorischen Fragen meiner Arbeit. Weiterhin danke ich den

STUDENTISCHEN HILFSKRÄFTEN und meinen KOLLEGEN & KOLLEGINNEN der Abteilung

für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie und der dazugehörigen

psychotherapeutischen Ambulanz. Dabei danke ich insbesondere ALISHA PILENKO für

ihre tatkräftige Unterstützung in den ersten Jahren.

Mein besonders herzlicher Dank gilt ferner meiner FAMILIE und meinen FREUNDEN, die

mich auf so vielfältige Weise unterstütz haben. Ich danke LEILOMA & ESMAEL KARIMI,

MARIAM, CEMAL & MINA ASLAN, HOMEIRA, HORST, RESA & NOAH DÖRRENBERG,

FARWA, NICOLAS, AMIN & DANIEL SCHULENBURG dafür, dass sie mir immer

bedingungslosen Rückhalt in allen Phasen dieser Arbeit gegeben haben und mich in all

den Jahren in jeder Hinsicht unterstützt und ermutigt haben. Last but not least danke ich

FINN und meinem liebsten HEARTCHOIR für die erfrischende Abwechslung, die Freude

und die Erfahrungen, die ich mit ihnen in den vergangenen Jahren teilen durfte.

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INHALTSVERZEICHNIS

II

INHALTSVERZEICHNIS

I EINLEITUNG ......................................................................................................... 1

II THEORETISCHER HINTERGRUND ................................................................ 6

1 CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ ............................................................... 6

1.1 Phänomenologie und Definition chronischer Rückenschmerzen ........... 6

1.2 Epidemiologische Daten zum chronischen Rückenschmerz ................ 10

1.3 Störungstheorien zum chronischen Rückenschmerz ............................ 11

1.3.1 Somatische Modelle ............................................................................. 12

1.3.2 Kognitiv-behaviorale Modelle ............................................................. 18

1.3.3 Soziale Modelle .................................................................................... 21

1.3.4 Biopsychosoziale Modelle ................................................................... 23

1.4 Zusammenfassung ................................................................................ 30

2 INFORMATIONSVERARBEITUNG BEI CHRONISCHEN

RÜCKENSCHMERZEN ................................................................................. 32

2.1 Grundlegende Konzepte zur Informationsverarbeitung ....................... 33

2.1.1 Assoziative Netzwerktheorie ................................................................ 33

2.1.2 Schematheorie ...................................................................................... 35

2.2 Schmerzverarbeitung ............................................................................ 39

2.3 Informationsverarbeitungsbias bei chronischen Schmerzen ................ 42

2.3.1 Aufmerksamkeitsbias ........................................................................... 43

2.3.2 Gedächtnisbias...................................................................................... 53

2.3.3 Zusammenfassung ................................................................................ 59

3 ZUSAMMENFASSUNG UND HERLEITUNG DER FRAGESTELLUNGEN ........... 61

III EMPIRISCHER TEIL ..................................................................................... 66

1 EXPERIMENT 1: DIE VORHERSAGE DES AUFMERKSAMKEITSBIAS

FÜR SCHMERZASSOZIIERTES MATERIAL DURCH PSYCHOLOGISCHE

MERKMALE ................................................................................................ 66

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INHALTSVERZEICHNIS

III

1.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen ........................ 67

1.2 Methodik .............................................................................................. 71

1.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign ...................................................... 71

1.2.2 Operationalisierung .............................................................................. 71

1.2.3 Untersuchungsablauf ............................................................................ 79

1.2.4 Statistische Datenanalyse ..................................................................... 84

1.2.5 Stichprobe ............................................................................................. 89

1.2.6 Datenschutz und Objektivität ............................................................... 89

1.3 Ergebnisse ............................................................................................ 90

1.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe ................................................. 90

1.3.2 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von dem

Schmerzstatus der Probanden ............................................................... 94

1.3.3 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

den klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen

Merkmalen der Probanden ................................................................... 97

1.3.4 Die Vorhersage des Aufmerksamkeitsbias durch die

individuellen Charakteristika der Probanden ...................................... 100

1.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................... 103

2 EXPERIMENT 2: DER EINFLUSS VON SCHMERZBEZOGENEN FEAR-

AVOIDANCE- UND ENDURANCE- RESPONSE-PATTERN AUF DEN

AUFMERKSAMKEITSBIAS FÜR SCHMERZASSOZIIERTES MATERIAL

BEI CLBP-PATIENTEN ............................................................................. 110

2.1 Konkretisierung der Fragestellung und Hypothesen .......................... 110

2.2 Methodik ............................................................................................ 113

2.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign .................................................... 114

2.2.2 Operationalisierung ............................................................................ 114

2.2.3 Untersuchungsablauf .......................................................................... 116

2.2.4 Stichprobe ........................................................................................... 116

2.2.5 Statistische Datenanalyse ................................................................... 117

2.2.6 Datenschutz und Objektivität ............................................................. 119

2.3 Ergebnisse .......................................................................................... 120

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INHALTSVERZEICHNIS

IV

2.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe ............................................... 120

2.3.1 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit der

schmerzbezogenen Response-Pattern ................................................. 125

2.3.1 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

den klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen

Merkmalen der Probanden .................................................................. 128

2.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................... 130

3 EXPERIMENT 3: DER EINFLUSS VON FEAR-AVOIDANCE UND

ENDURANCE BEZOGENEN REAKTIONEN AUF DEN GEDÄCHTNISBIAS

FÜR SCHMERZASSOZIIERTES MATERIAL .................................................. 134

3.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen ...................... 134

3.2 Methodik ............................................................................................ 138

3.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign .................................................... 139

3.2.2 Operationalisierung ............................................................................ 139

3.2.3 Untersuchungsablauf .......................................................................... 141

3.2.4 Stichprobe ........................................................................................... 142

3.2.5 Statistische Datenanalyse ................................................................... 142

3.2.6 Datenschutz und Objektivität ............................................................. 146

3.3 Ergebnisse .......................................................................................... 146

3.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe ............................................... 146

3.3.2 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von dem klinischen

Schmerzstatus der Probanden ............................................................. 149

3.3.3 Die Abhängigkeit des Gedächtnisbias von der depressiven

Stimmung der Probanden .................................................................... 152

3.3.4 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den

schmerzbezogenen Response-Pattern ................................................. 154

3.3.5 Die Zusammenhänge zwischen dem Gedächtnisbias und

klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen

Merkmalen der Probanden .................................................................. 158

3.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................... 161

IV DISKUSSION .................................................................................................. 166

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INHALTSVERZEICHNIS

V

1 UNTERSUCHUNGSZIELE ........................................................................... 166

2 INTEGRATION DER BEFUNDE ................................................................... 168

2.1 Der Einfluss des klinischen Schmerzstatus auf den

Informationsverarbeitungsbias ............................................................ 168

2.2 Die Bedeutung von Depressivität und schmerzbezogener

Disability ............................................................................................. 173

2.2.1 Depressivität ....................................................................................... 174

2.2.2 Schmerzbezogene Disability .............................................................. 179

2.3 Die Bedeutung von allgemeiner Angst und schmerzbezogenen

Fear-Avoidance Reaktionen ............................................................... 185

2.3.1 Allgemeine schmerzunabhängige Angst ............................................ 185

2.3.2 Fear-Avoidance Reaktionen ............................................................... 192

2.4 Die Bedeutung von Endurance Reaktionen........................................ 197

2.5 Der Einfluss Fear-Avoidance und Endurance bezogener

Response-Pattern ................................................................................ 205

3 KLINISCHE IMPLIKATIONEN DER UNTERSUCHUNGEN ............................. 210

4 LIMITATIONEN DER UNTERSUCHUNGEN UND PERSPEKTIVEN FÜR

DIE ZUKÜNFTIGE FORSCHUNG ................................................................. 215

4.1 Die experimentellen Paradigmen ....................................................... 215

4.2 Der Stimulus-Typ: verbales Material vs. naturalistisches

Bildmaterial ........................................................................................ 218

4.3 Die Wahl der Instrumente und Merkmale der Stichprobe ................. 220

4.4 Die Stichprobengröße ......................................................................... 226

V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE ...................................................... 229

VI LITERATUR ................................................................................................... 233

VII ANHANG ......................................................................................................... 274

VIII ERKLÄRUNG ................................................................................................ 298

IX CURRICULUM VITAE................................................................................. 299

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

VI

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ADS

anxiety-depression scale ............................................................................................. 77

AEM

Avoidance-Endurance Model ..................................................................................... 27

AEQ

Avoidance-Endurance Questionnaire ......................................................................... 77

APAS

avoidance of physical activities scale ......................................................................... 78

AR

adaptive response ........................................................................................................ 29

AR-RP

adaptive response pattern .......................................................................................... 111

ASAS

avoidance of social activities scale ............................................................................. 78

ASI

Anxiety Sensitivity Index ........................................................................................... 45

BDI

Beck-Depressions-Inventar ......................................................................................... 76

BES

behavioral endurance scale ......................................................................................... 79

BI

Bias Index ................................................................................................................... 46

CE

Congruency Effect ...................................................................................................... 48

CI

Congruency Index ....................................................................................................... 49

CLBP

Chronic Low Back Pain ................................................................................................ 8

CPG

von Korff Chronic Pain Grade .................................................................................. 179

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

VII

CR

conditioned reaction .................................................................................................... 18

CS

conditioned stimulus ................................................................................................... 18

CTS

catastrophizing thoughts scale .................................................................................... 77

D-ER-RP

distress endurance response pattern .......................................................................... 206

DSM III-R

Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders III-Revised ........................ 185

EAA

exzitatorischen Aminosäuren ...................................................................................... 16

E-ER-RP

eustress endurance response pattern ......................................................................... 205

ER

endurance related response ......................................................................................... 27

ER-RP

endurance related response pattern ........................................................................... 111

FAAM

Fear-Anxiety-Avoidance Model ................................................................................. 25

FABQ

Fear-Avoidance Beliefs Questionaire ......................................................................... 78

FAM

Fear-Avoidance Model ............................................................................................... 23

FAR

fear-avoidance related response .................................................................................. 27

FAR-RP

fear-avoidance related response pattern .................................................................... 111

FOP

fear of pain .................................................................................................................. 46

GCT

Gate Control Theory ................................................................................................... 12

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

VIII

HDS

humor/distraction scale ............................................................................................... 79

HHS

help-hopelessness scale ............................................................................................... 77

HSAL

Hamburger Schmerz-Adjektiv-Liste ......................................................................... 139

IAPS

International Affective Picture System ....................................................................... 73

IASP

International Association for the Study of Pain ............................................................ 7

ICE

Incongruency Effect .................................................................................................... 48

ICI

Incongruency Index .................................................................................................... 49

LZG

Langzeitgedächtnis ..................................................................................................... 38

MAS

Taylor Manifest Anxiety Scale ................................................................................. 199

ms.

Millisekunden ............................................................................................................. 81

NI

neutral index ............................................................................................................... 49

NMDA

N-Methyl-D-Aspartat .................................................................................................. 16

NR

neutral reaction ........................................................................................................... 18

NRS

Numerische Ratingskala ............................................................................................. 72

NS

neutral stimulus ........................................................................................................... 18

ODQ

Oswestry Disability Questionnaire ........................................................................... 183

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

IX

PASS

Pain Anxiety Symptom Scale ..................................................................................... 45

PCS

Pain Catastrophizing Scale ....................................................................................... 184

PDI

Pain Disability Index ................................................................................................ 222

PHODA

Photograph Series of Daily Activities ........................................................................ 72

PMS

positive mood despite pain scale ................................................................................ 79

PPS

pain-persistance scale ................................................................................................. 79

RDQ

Roland and Morris Disability Questionnaire ............................................................ 179

REP

Repressors ................................................................................................................. 198

SD

Standardabweichung ................................................................................................... 74

SDS

Marlowe Crowne Social Desirebility Scale .............................................................. 199

SEMP

Schema Emneshment Model of Pain .......................................................................... 37

SES

Schmerzempfindungs-Skala ..................................................................................... 139

STAI

State-Trait Anxiety Inventory ..................................................................................... 77

TSK

Tampa Scale of Kinesiophobia .................................................................................. 49

TSS

thought suppression scale ........................................................................................... 79

UCR

unconditioned reaction ................................................................................................ 18

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

X

UCS

unconditioned stimulus ............................................................................................... 18

ZNS

Zentrales Nervensystem .............................................................................................. 13

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

XI

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Schematische Darstellung der „Gate Control Theory“ der

Schmerzwahrnehmung nach Melzack & Wall (1965). Aβ = dünne Aβ-

Fasern; Aδ, C = dicke A-δ- und C-Fasern, SG = Substantia Gelatinosa, T

= Transmitterzellen, + = Erregung, - = Hemmung. ................................................ 14

Abbildung 2. Schematische Darstellung des „Schmerzfolgemodell“ sensu

Fordyce (1976) nach Geissner (1992). ................................................................... 19

Abbildung 3. Darstellung des Modells Fear-Avoidance Model nach Vlaeyen &

Linton (2000). ......................................................................................................... 25

Abbildung 4. Darstellung des Modells Fear-Anxiety-Avoidance Model nach

Asmundson, Norton & Vlaeyen (2004). ................................................................. 26

Abbildung 5. Darstellung des Modells Avoidance-Endurance Model nach

Hasenbring, Hallner & Klasen (2001). ................................................................... 30

Abbildung 6. Darstellung der Assoziativen Netzwerktheorie nach Bower

(1981). ..................................................................................................................... 34

Abbildung 7. Schematische Darstellung des „Schema-Enmeshment Model of

Pain“ nach Pincus & Morley (2001). ...................................................................... 39

Abbildung 8. Vier-Stufen Modell nach Price (1999). .................................................... 41

Abbildung 9. Darstellung von Beispiel-Items aus der Photograph Series of

Daily Activities (Kugler et al., 1999). .................................................................... 72

Abbildung 10. Darstellung von Beispiel-Items aus dem International Affective

Picture System (Lang et al., 1988). ......................................................................... 73

Abbildung 11. Grafische Darstellung der Bildschirmpräsentation für die

Bewertungen der Bilder aus der PHODA (Kugler et al., 1999) aus der

Sicht der Probanden. ............................................................................................... 81

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

XII

Abbildung 12. Photographische Darstellung der Antworttastatur (response box)

zur Erfassung der Antworten und der Reaktionszeiten der Probanden in

der dot-probe Aufgabe. ........................................................................................... 82

Abbildung 13. Darstellung der Instruktion für die dot-probe Aufgabe auf dem

Bildschirm dargeboten wurde. ................................................................................ 83

Abbildung 14. Schematische Darstellung des Ablaufs in der dot-probe

Aufgabe, ISI = Interstimulusintervall. .................................................................... 84

Abbildung 15. Darstellung der Reaktionszeiten in den neutralen und

inkongruenten Durchgängen (Trial-Typ) in Abhängigkeit von dem

klinischen Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollpersonen) der Personen. .............. 97

Abbildung 16. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines

jeweiligen Wort-Typs (affektives Schmerzwort vs. sensorisches

Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der Gesamtzahl der

insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe

in Abhängigkeit von dem klinischen Status (CLBP/ depressiv, CLBP/

nicht-depressiv, schmerzfrei/ depressiv, schmerzfrei/ nicht-depressiv) der

Personen. ............................................................................................................... 154

Abbildung 17. Darstellung des wiedergegebenen Anteils eines jeweiligen

Wort-Typs (schmerzassoziiertes vs. schmerzneutrales Wort) an der

Gesamtzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur

freien Wiedergabe in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-

Pattern (AR-RP, ER-RP bzw. FAR-RP) der Patienten. ........................................ 156

Abbildung 18. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines

jeweiligen Wort-Typs (affektives Schmerzwort vs. sensorisches

Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der Gesamtzahl der

insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe

in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-Pattern (AR-RP,

ER-RP bzw. FAR-RP) der Patienten. ................................................................... 158

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TABELLENVERZEICHNIS

XIII

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1. Übersicht zu den Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei

Schmerzpatienten. ................................................................................................... 51

Tabelle 2. Übersicht zu den Untersuchungen, die den Gedächtnisbias bei

Schmerzpatienten mit dem Recall-Paradigma erfasst haben. ................................. 58

Tabelle 3. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der

absoluten (N) und relativen (%) Häufigkeiten getrennt für die CLBP-

Patienten (N=25) und die Kontrollpersonen (N=24). ............................................. 91

Tabelle 4. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

für die individuellen Charakteristika für die CLBP-Patienten (N=25) und

für die gesunden Kontrollprobanden (N=24). ........................................................ 93

Tabelle 5. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

der Bewertungen der Bilder aus der PHODA für die CLBP-Patienten

(N=25) und für die gesunden Kontrollprobanden (N=24). ..................................... 95

Tabelle 6. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

der Reaktionszeiten in den kongruenten, inkongruenten und neutralen

Durchgängen getrennt nach CLBP-Patienten und Kontrollprobanden................... 95

Tabelle 7. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen

Charakteristika der Probanden (N=49) und dem Bias Index, Congruency

Index und Incongruency Index. .............................................................................. 98

Tabelle 8. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse

zur Erfassung der Vorhersage des Bias Index durch die individuellen

Charakteristika der Stichprobe.............................................................................. 101

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TABELLENVERZEICHNIS

XIV

Tabelle 9. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse

zur Erfassung der Vorhersage des Congruency-Index durch die

individuellen Charakteristika der Stichprobe. ...................................................... 102

Tabelle 10. Darstellung der signifikanten Modelle aus den Regressionsanalysen

(RA) zur Erfassung der Vorhersage des Incongruency-Index durch die

individuellen Charakteristika der Stichprobe. ...................................................... 102

Tabelle 11. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der

absoluten (N) und relativen (%) Häufigkeiten getrennt nach den

Response-Pattern der untersuchten Probanden. .................................................... 121

Tabelle 12. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

in den individuellen Charakteristika der Probanden getrennt nach ihren

Response-Pattern (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP;

N=9), endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive

response pattern (AR-RP; N=19)). ....................................................................... 124

Tabelle 13. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

in den Bewertungen der Bilder aus der PHODA sowie den individuellen

Charakteristika der Probanden getrennt nach ihren Response-Pattern (fear-

avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9), die endurance related

response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive response pattern (AR-RP;

N=19)). .................................................................................................................. 126

Tabelle 14. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

der Reaktionszeiten in kongruenten, inkongruenten und neutralen

Durchgängen sowie im Bias Index getrennt nach den Response-Pattern

der Probanden (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9),

die endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive

response pattern (AR-RP; N=19)). ....................................................................... 127

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TABELLENVERZEICHNIS

XV

Tabelle 15. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen

Charakteristika der CLBP-Patienten (N=56) und dem Bias Index,

Congruency Index und Incongruency Index. ........................................................ 129

Tabelle 16. Darstellung der absoluten (N) und relativen Häufigkeiten (%) in

den soziodemographischen Daten für die CLBP-Patienten (N=31) und die

gesunden Kontrollpersonen (N=31). .................................................................... 147

Tabelle 17. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

in den subjektiven Daten getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und

gesunde Kontrollpersonen (N=31). ...................................................................... 149

Tabelle 18. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der

Variablen Geschlecht und Alter mit den Gedächtnisleistungen der

Untersuchungsteilnehmer getrennt für die Wort-Typen (schmerzneutrale

Wörter und schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische

Schmerzwörter). .................................................................................................... 150

Tabelle 19. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

des Anteils der Wiedergabe der schmerzassoziierten und neutralen Wörter

an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter in der Free-Recall

Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und gesunden

Kontrollpersonen (N=31). ..................................................................................... 151

Tabelle 20. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)

des prozentualen Anteils der Wiedergabe der schmerzassoziierten und

neutralen Wörter an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter in der

Free-Recall Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und

gesunden Kontrollpersonen (N=31). .................................................................... 152

Tabelle 21. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen des

Anteil der freien Wiedergabe der verschiedenen Wort-Typen (affektive

Schmerzwörter vs. sensorische Schmerzwörter vs. schmerz-neutrale

Wörter) an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter getrennt für die

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TABELLENVERZEICHNIS

XVI

depressiven CLBP-Patienten (N=18), nicht-depressiven CLBP-Patienten

(N=13), die schmerzfreien depressiven Patienten (N=13) und die nicht-

depressiven schmerzfreien Kontrollpersonen (N=18). ......................................... 153

Tabelle 22. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus

der Aufgabe zur freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen in

Abhängigkeit von den Response-Pattern AR-RP (N=11), ER-RP (N=15),

FAR-RP (N=5). ..................................................................................................... 155

Tabelle 23. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus

der Aufgabe zur freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen

(affektive Schmerzwörter, sensorische Schmerzwörter und schmerz-

neutrale Wörter) in Abhängigkeit von den Response-Pattern AR-RP

(N=11), ER-RP (N=15), FAR-RP (N=5). ............................................................. 157

Tabelle 24. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der

individuellen Charakteristika und den Gedächtnisleistungen der CLBP-

Patienten getrennt nach den Wort-Typen (schmerzneutrale Wörter und

schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische

Schmerzwörter). .................................................................................................... 160

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I EINLEITUNG

1

I EINLEITUNG

Ein akuter Schmerz erfüllt im Leben des Menschen eine evolutionär bedeutsame und

lebenserhaltende Funktion, nicht zuletzt weil er Rückmeldung über Verletzungen und

Schäden des Organismus gibt, die den Betroffenen dazu motivieren soll, sich zu

schonen und heilende Maßnahmen aufzusuchen.

Ein chronischer Schmerz ist dagegen weniger durch diese lebenserhaltende

Warnfunktion charakterisiert, als vielmehr durch die mit ihm einhergehende

Beeinträchtigung und Reduktion der Lebensqualität des Betroffenen. Häufig berichten

Patienten mit chronischen Schmerzen beispielsweise, dass sie in ihrem Alltag und ihrer

Lebensgestaltung durch ihre anhaltenden Schmerzen derart eingeschränkt seien, dass sie

den Eindruck hätten, die Schmerzen bestimmten ihr Tun und Lassen. Chronische

Schmerzen sind allerdings nicht nur für das betroffene Individuum mit negativen

Konsequenzen verbunden. So bedeuten sie für das gesamte Gesundheitssystem –

beispielsweise durch Berentung und Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit der Betroffenen –

enorme Kosten (Maniadakis & Gray, 2000; Wenig et al., 2009). Eine zentrale Rolle

nehmen hierbei Rückenschmerzen ein, da sie in der gegenwärtigen Gesellschaft eine der

am häufigsten angegebenen Beschwerden darstellen. Wenig et al. (2009) analysierten

systematisch die im Gesundheitssystem durch Rückenschmerzen entstandenen Kosten

und berichteten pro Person durchschnittliche Kosten in Höhe von 1322 € im Jahr bei

einer Gesamtausgabe von 48,9 Milliarden €. Damit machen die durch

Rückenschmerzen entstandenen Kosten ca. 2,2% des deutschen Bruttoinlandproduktes

aus.

Vor dem Hintergrund der enormen individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung von

Rückenschmerzen hat sich im Laufe der Zeit ein eigener Forschungszweig entwickelt,

der sich dem Verständnis und der Behandlung dieser widmet, um langfristig den mit

ihnen verbunden negativen Konsequenzen und Kosten begegnen zu können.

Die wachsende Beschäftigung mit Rückenschmerzen hat dazu beigetragen, dass das

Wissen über die zugrundeliegenden Mechanismen ihrer Chronifizierung stetig

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I EINLEITUNG

2

zugenommen hat. Dabei wird immer mehr eine biopsychosoziale Sicht eingenommen,

bei der postuliert wird, dass neben somatischen auch soziale und psychische Faktoren in

der Entstehung und Exazerbation chronischer Rückenschmerzen beteiligt sind.

Ein biopsychosoziales Modell, welches aktuell immer mehr Beachtung findet, ist das

„Avoidance-Endurance Model“ (Hasenbring & Verbunt, 2010). In diesem Modell

werden zwei maladaptive und ein adaptives Reaktionsmuster auf Rückenschmerzen

postuliert. Im Hinblick auf die beiden maladaptiven Reaktionsmuster werden ein durch

Angst- und Vermeidungsreaktionen und ein durch suppressive Reaktionen

gekennzeichnetes Muster differenziert. Beim Angst- und Vermeidungsreaktionsmuster

besteht die Annahme darin, dass die Betroffenen Aktivitäten und Situationen, die sie

mit Schmerz assoziieren, vorsorglich vermeiden. Das Vermeidungsverhalten wird dabei

durch die Angst des Betroffenen motiviert, dass die Schmerzen zunehmen oder

unerträglich stark werden könnten. Die Betroffenen nehmen beispielsweise

Schonhaltungen ein oder suchen die angstbesetzten Situationen und Aktivitäten erst gar

nicht mehr auf und ziehen sich zunehmend zurück. Durch eine entsprechende

Verringerung von Aktivitäten und der damit einhergehenden körperlichen Betätigungen

kommt es auf psychophysiologischer Ebene immer stärker zu einer muskulären

Insuffizienz bis hin zur Muskelatrophie. Durch neurophysiologische

Sensibilisierungsprozesse führt dies wiederum dazu, dass Belastungen zunehmend

schmerzhaft erlebt werden. Das langfristige Resultat eines solchen Reaktionsmusters ist

entsprechend eine Chronifizierung der Rückenschmerzen. Für das zweite maladaptive

Reaktionsmuster wird postuliert, dass in erster Linie suppressive Kognitionen und

Strategien vorherrschen, durch die beispielsweise Aktivitäten und Pflichten trotz

anhaltender starker Rückenschmerzen aufrechterhalten werden. Als wesentlicher

Mechanismus wird bei anhaltenden suppressiven Reaktionen eine Überbeanspruchung

der Muskulatur durch eine Überaktivität postuliert. Über Prozesse der neuronalen

Sensitivierung führt auch dieses Reaktionsmuster zur Verstärkung der

Rückenschmerzen sowie langfristig zur Chronifizierung dieser. Den beiden

maladaptiven Reaktionsmustern setzen Hasenbring und ihre Arbeitsgruppe ein

adaptives gegenüber, das in der Langzeitfolge nicht in der Chronifizierung der

Rückenschmerzen mündet, sondern zur Genesung bzw. Verbesserung der Symptomatik

führt. Dieses Reaktionsmuster ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen ihre

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I EINLEITUNG

3

Körpersignale registrieren und einen ihnen entsprechenden flexiblen Wechsel zwischen

Belastung und Entlastung der Muskulatur vornehmen.

Vielfach werden die schmerzbezogenen Kognitionen und

Informationsverarbeitungsprozesse als Ausgangspunkt im Chronifizierungsprozess von

Rückenschmerzen betrachtet. Diese Sichtweise stellt die Basis der sogenannten

kognitiven Theorien dar. Dabei wird davon ausgegangen, dass chronische (Rücken-)

Schmerzpatienten aufgrund einer vermehrten Erfahrung mit Schmerzen und

schmerzauslösenden Situationen eine schmerzgefärbte Sicht der Welt aufweisen (Ruoß,

1998), und sich dementsprechend ihre Informationsverarbeitung von der gesunder

Personen unterscheidet (Grigsby et al., 1995; Pincus et al., 1998). Vor diesem

Hintergrund hat sich auch hier ein spezifischer Forschungszweig entwickelt, welcher

sich beispielsweise mit den Besonderheiten der Aufmerksamkeits- und

Gedächtnisprozesse bei chronischen Schmerzen beschäftigt.

Untersuchungen zu den Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprozessen bei

Schmerzpatienten sind dabei in erster Linie von den Ansätzen aus der

Emotionsforschung geprägt. Dort konnte vielfach gezeigt werden, dass sowohl gesunde

als auch klinische Populationen in Abhängigkeit von ihren Stimmungszuständen,

Verzerrungen in ihrer Informationsverarbeitung (Informationsverarbeitungsbias)

aufweisen, indem beispielsweise Informationen, die mit der gegenwärtigen Stimmung

übereinstimmen, bevorzugt werden (s. Übersichtsarbeit Pincus & Morley, 2001). Ein

solcher Bias in der Informationsverarbeitung wurde bei Schmerzpatienten vielfach

untersucht, konnte bisher jedoch nicht konsistent nachgewiesen werden. Die

Inkonsistenz der Befunde wird vor allem auf verschiedene psychologische Merkmale

wie die Stimmung und schmerzspezifische Angst-Vermeidungsreaktionen der Patienten

zurückgeführt (Pincus & Morley, 2001). Wichtige Aspekte wie zum Beispiel die

suppressiven Reaktionen der Betroffenen auf Schmerzen blieben bisher dagegen

gänzlich unbeachtet.

In der vorliegenden empirischen Arbeit lag vor diesem Hintergrund sowie in Anlehnung

an das Avoidance-Endurance Modell das primäre Ziel darin, die Bedeutung

psychologischer Faktoren für den Informationsverarbeitungsbias bei chronischen

Rückenschmerzen zu überprüfen und hierbei neben gängigen Parametern wie den

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I EINLEITUNG

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klinischen Status, die Stimmung und schmerzspezifische Angst- und

Vermeidungsreaktionen zusätzlich schmerzspezifische suppressive Merkmale sowie

den Grad der Beeinträchtigung durch Rückenschmerzen zu berücksichtigen. Darüber

hinaus sollte der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung den spezifischen

Reaktionsmustern auf Rückenschmerzen im Sinne des Avoidance-Endurance Modells

für den Gedächtnisbias bzw. den Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material

beigemessen werden kann.

Zur Klärung dieser Fragen wurden in drei Untersuchungen die Aufmerksamkeits- bzw.

Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes und schmerzneutrales Material bei

gesunden Personen und bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen studiert.

Zusätzlich wurden die für die jeweiligen Fragestellungen relevanten Merkmale der

Untersuchungsteilnehmer erfasst und ins Verhältnis zu ihren Aufmerksamkeits- bzw.

Gedächtnisleistungen gesetzt. Diese drei Untersuchungen bilden die Grundlage der hier

dargelegten Arbeit.

Die hier vorliegende Dissertationsschrift gliedert sich in vier Hauptkapitel. Im ersten

erfolgt die Darstellung des theoretischen Hintergrunds (vgl. Kapitel II) der Arbeit.

Dieser gliedert sich in zwei Unterkapitel. Im ersten Unterkapitel (vgl. Abschnitt II.1)

werden die Phänomenologie und Definition sowie die epidemiologischen Daten und

wichtigsten Störungstheorien zum chronischen Rückenschmerz erläutert. Im zweiten

Unterkapitel (vgl. Abschnitt II.2) werden zunächst grundlegende Konzepte zum

allgemeinen Verständnis von Informationsverarbeitungsprozessen beschrieben, um

anschließend den aktuellen Forschungsstand mit den wichtigsten Befunden spezifisch

zum Aufmerksamkeits- bzw. Gedächtnisbias bei chronischen Rückenschmerzen

darzulegen. Abschließend werden sodann die Fragestellungen, die sich aus diesen

Ausführungen ergeben, präsentiert.

Im darauf folgenden empirischen Teil der Arbeit (vgl. Kapitel III) werden sukzessive

die drei Experimente vorgestellt, die zur Überprüfung der Fragestellungen durchgeführt

wurden. In den ersten beiden Unterkapiteln des empirischen Teils der Arbeit werden

nacheinander die beiden Untersuchungen vorgestellt, die der Erfassung des

Aufmerksamkeitsbias bei chronischem Rückenschmerz dienten. Im dritten Unterkapitel

wird die Untersuchung präsentiert, mit der der Gedächtnisbias bei chronischem

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I EINLEITUNG

5

Rückenschmerz untersucht wurde. In allen drei Unterkapiteln werden jeweils einleitend

die Zielsetzungen und Hypothesen expliziert, um darauf aufbauend die methodischen

Überlegungen und die Durchführung der Untersuchungen darzustellen. Abschließend

erfolgen jeweils die Darlegung sowie die zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse

der jeweiligen Untersuchung.

Im nächsten Hauptkapitel der Arbeit erfolgt eine eingehende Diskussion (vgl. Kapitel

IV) der Befunde aus den drei Untersuchungen. Hierfür werden die wichtigsten

Ergebnisse aufgegriffen und in den aktuellen empirischen sowie theoretischen

Hintergrund eingeordnet. Sodann erfolgt die Darstellung der klinischen Implikationen,

die aus den Ergebnissen und Bewertungen dieser Ergebnisse abgeleitet werden können.

Anschließend werden methodische Schwierigkeiten und Limitationen der

Interpretierbarkeit der Befunde dargelegt sowie Perspektiven für die zukünftige

Forschung vorgestellt.

In einem abschließenden Kapitel erfolgen die Zusammenfassung und das Resümee der

vorliegenden Arbeit, um eine Übersicht über die wichtigsten Aspekte, Befunde und

Folgerungen der Untersuchungen zu bieten.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

6

II THEORETISCHER HINTERGRUND

Im folgenden Kapitel werden die theoretischen Grundlagen, auf die sich die vorliegende

Arbeit stützt, dargestellt. Der erste Teil des theoretischen Hintergrundes dient dem

allgemeinen Verständnis chronischer Rückenschmerzen. Hierzu werden Definitionen

zum Schmerzkonzept, die Phänomenologie und Epidemiologie des chronischen

Rückenschmerzes, sowie Störungsmodelle zum Verständnis der Entstehung und

Exazerbation chronischer Rückenschmerzen dargestellt.

Der zweite Teil des theoretischen Hintergrundes dient dem Verständnis der

Informationsverarbeitungsprozesse bei chronischen Rückenschmerzen. Hierzu werden

sowohl die für die vorliegende Arbeit zentralen Konzepte zur Informationsverarbeitung

als auch der aktuelle Forschungsstand zur Informationsverarbeitung bei chronischen

Rückenschmerzpatienten präsentiert. Der Fokus liegt dabei auf den zentralen Bereich

des Aufmerksamkeitsbias und des Gedächtnisbias bei chronischen

Rückenschmerzpatienten. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen werden im letzten

Teil des theoretischen Hintergrundes die Fragestellungen und Annahmen der

vorliegenden Arbeit abgeleitet.

1 Chronischer Rückenschmerz

1.1 Phänomenologie und Definition chronischer Rückenschmerzen

In der Geschichte der Menschheit lassen sich von der Vorzeit und Antike über das

römische Altertum und das Mittelalter bis heute Dokumentationen und Zeugnisse zum

Schmerz finden. Beispielsweise wurde in insgesamt 74 Schriften des Hippokrates der

Begriff Schmerz synonym mit dem Begriff Krankheit verwendet. Die Behandlung des

Schmerzes gehörte neben der Erhaltung von Gesundheit und der Heilung von

Krankheiten zu den drei Hauptaufgaben des Arztes. Der erste analytisch denkende

Sinnesphysiologe war wohl René Descartes (1596-1650), der mit seinem Werk „De

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

7

homine“ (1662 postum erschienen, zitiert nach Zimmermann, 2001) viele funktionell

anatomische Lehren zu den Sinnesorganen und Hirnfunktionen hervorbrachte. In seiner

Theorie zu der neuralen Übertragung von Schmerzinformationen verstand er Schmerz

als einen direkten Ausdruck der organischen Schädigung, dessen Intensität dem Grad

der Schädigung proportional entspricht (Descartes, 1662, zitiert nach Zimmermann,

2001).

Demgegenüber definiert gegenwärtig die International Association for the Study of Pain

(IASP; Merskey, 1979) Schmerz folgendermaßen:

„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher

oder potenzieller Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so

beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache“.

Damit hebt die heutige Sicht des Schmerzes hervor, dass dieser eine stark subjektiv

gefärbte Empfindung darstellt, die auch ohne eine organische Ursache bestehen kann.

Akute Schmerzen erfüllen die lebensbewahrende Funktion eines „Frühwarnsystems“

und bedeuten dadurch einen entscheidenden evolutionären Fortschritt für das

Lebewesen (Zimmermann, 2001). Sie haben eine Leit- und Warnfunktion und schützen

den Organismus vor weitgehenden Schäden und vergehen, wenn die zugrundeliegende

Ursache für die Schmerzen behoben ist (Gehling & Tryba, 2001). Diese

lebenserhaltende Funktion des Schmerzes wird am Beispiel der kongenitalen Analgesie

besonders deutlich. Sie beschreibt eine angeborene fehlende Fähigkeit zu jeglicher

Empfindung von Schmerzen bei normalerweise schmerzhaften Reizen (Melzack &

Wall, 1996). Das Fehlen der Schmerzempfindlichkeit führt bei den Betroffenen zu

schweren Beeinträchtigungen, da sie innere und äußere Verletzungen oder Krankheiten

nicht wahrnehmen und sich deshalb nicht schonen bzw. heilende Behandlungen nicht

aufsuchen. Dies ist wiederum mit Fehlbildungen und Erkrankungen mit häufig

tödlichem Ausgang verbunden.

Rückenschmerzen stellen keine einheitliche Krankheit dar. Ausgehend von der

Ätiologie kann zwischen unspezifischem und spezifischem Rückenschmerz

differenziert werden. Der spezifische Rückenschmerz hat eine weitgehend geklärte

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

8

Ätiopathogenese, so dass der beobachteten Symptomatik eine somatische Pathologie

zugrunde liegt (Michalski & Hinz, 2006; Raspe & Kohlmann, 1998). Der spezifische

Rückenschmerz kann eine spondylogene Ursache, also in degenerativen Vorgängen der

Wirbelsäule begründet sein, oder eine extraspondyläre Ursache haben (Stebler, 2001).

Der unspezifische Rückenschmerz zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass er keinen

oder nur einen für die Schmerzsymptomatik unzureichenden körperlichen Befund

aufweist. Auf ärztlicher Seite werden häufig synonym die Bezeichnungen LWS-

Syndrom, Lumboischalgie oder Lumbalgie verwendet. Diese Begriffe gehen jedoch

über einen deskriptiven Charakter nicht hinaus, sondern beschreiben schlicht

Schmerzen, die den Rücken betreffen. Etwa 70% der unter den Begriff Rückenschmerz

fallenden Schmerzen betreffen den Bereich des unteren Rückens (vgl. Kröner-Herwig,

2000). Im internationalen Sprachraum etablierte sich für den unspezifischen

chronischen lumbalen Rückenschmerz der Begriff des chronic low back pain (CLBP).

Grundsätzlich wird zwischen akutem und chronischem Rückenschmerz unterschieden.

Ein akuter Schmerz ist nach der IASP (Merskey, 1979) folgendermaßen definiert:

„Der akute Schmerz ist eine unangenehme sensorische, emotionale und mentale

Empfindung mit begleitenden vegetativen Verhaltensreaktionen ausgelöst durch eine

aktuelle oder potenzielle Gewebeschädigung oder Erkrankung.“

Bei dieser Definition wird eine biopsychosoziale Sicht des Schmerzes angeregt, bei der

eine Gewebeschädigung nicht zwingend gegeben sein muss (Unruh et al., 2002).

Demgegenüber beschreibt der Begriff chronischer Schmerz einen zeitlich länger

andauernden Schmerz, der von der IASP (Merskey, 1979) folgendermaßen definiert

wird:

„Der chronische Schmerz ist der Schmerz, der über die erwartete normale Heilungszeit

hinausgeht.“

Die etwas problematische Definition über eine „normale Heilungszeit“ ist in der Praxis

über die zeitliche Dauer der Schmerzen bestimmt (vgl. Kröner-Herwig, 2007). Während

die IASP (Merskey, 1979) als Kriterium für chronische Schmerzen eine Dauer von 3

Monaten festlegt, nehmen andere Forscher (Flor & Turk, 1984; Hoon et al., 1985) eine

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Schmerzdauer von mehr als 6 Monaten an. Bei beiden Zeitangaben werden sowohl

anhaltende als auch wiederkehrende Schmerzen wie zum Beispiel anfallsartig

auftretende Migräneattacken als chronisch definiert (vgl. Kröner-Herwig, 2007).

Hildebrandt (1998) differenziert wiederum zwischen akuten Schmerzen bei einer Dauer

von bis zu 7 Tagen, subakuten Schmerzen bei einer Dauer zwischen 7 Tagen und 3

Monaten und chronischen Schmerzen bei einer Dauer von 3 oder mehr Monaten. Hier

wird deutlich, dass keine einheitliche Definition besteht, wobei für Forschungszwecke

häufig eine Dauer von 3 Monaten, im klinischen Kontext eher eine Dauer von 6

Monaten entsprechend des diagnostischen Zeitkriteriums für chronische Erkrankungen

bevorzugt wird.

Neben der zeitlichen Dauer spielt bei der Abgrenzung des chronischen Schmerzes von

akutem Schmerz die Funktionalität des Schmerzes eine bedeutsame Rolle. Im

Gegensatz zum akuten Schmerz birgt der chronische Schmerz keine Schutz- und

Warnfunktion mehr in sich und hat selbstständigen Krankheitswert erlangt (vgl.

Zimmermann, 2001). Die Dauer als alleiniges Kriterium zur Bestimmung chronischer

Schmerzen ist kritisch zu betrachten, da sie der Dynamik chronischer Schmerzen nicht

gerecht wird. So berichten Patienten mit anhaltenden Schmerzen teilweise, dass sie sich

in ihrer Lebensführung vom Schmerz nicht beeinträchtigt fühlen (Waddell, 2004).

Dadurch wurde in den vergangenen Jahren zunehmend der Versuch unternommen, die

Definition chronischer Schmerzen mehr an den klinischen Alltag anzupassen. Die

hervorgebrachten Definitionen umfassen dabei beispielsweise die Erfassung der Dauer

einer Schmerzepisode (Merskey & Bogduk, 1994) und der Anzahl der Schmerztage

(Oleson et al., 2003) sowie die Erfassung der Dysfunktionalität des Schmerzes über

Kriterien wie die Schmerzintensität, die Behinderung bei Aktivitäten durch Schmerzen

sowie über psychologische Variablen (Turk & Rudy, 1990). In der gegenwärtigen

Forschung wird zunehmend versucht, dem dynamischen Charakter chronischer

Schmerzen gerecht zu werden. Die Erfassung der Chronizität fällt vielseitiger aus,

indem, neben der Schmerzintensität und der Schmerzdauer, das Ausmaß der

Funktionseinschränkung durch die Schmerzen (Disability) und psychologische Faktoren

heran gezogen werden (von Korff & Miglioretti, 2005).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

10

Im Zusammenhang mit den Funktionseinschränkungen, die mit chronischen

Rückenschmerzen einhergehen, stellen Rückenschmerzen ein zentrales Problem nicht

nur für den Betroffenen, sondern auch für das Gesundheitssystem dar (Pincus &

Newman, 2001). Im folgenden Abschnitt werden epidemiologische Daten chronischer

Rückenschmerzen in der deutschen Bevölkerung präsentiert, um ein besseres

Verständnis der individuellen, volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen, sowie der

medizinischen und psychologischen Bedeutsamkeit chronischer Rückenschmerzen zu

ermöglichen.

1.2 Epidemiologische Daten zum chronischen Rückenschmerz

Rückenschmerzen können als eine „Volkskrankheit“ betrachtet werden (vgl. Kohlmann

& Schmidt, 2005) und stellen ein zentrales Problem im Gesundheitssystem dar (Pincus

& Newman, 2001). Sie verursachen die höchsten Kosten für das System (Maniadakis &

Gray, 2000; Wenig et al., 2009) und stellen mit bis zu 90% die häufigsten

Schmerzprobleme dar (Göbel, 2001; Nachemson 1979; Keel et al. 1996; Waddell,

2004). Die jährliche Inzidenzrate für Rückenschmerzen beträgt ca. 15- 25%, die

Punktprävalenz beträgt bis zu 40 % (Schmidt et al., 2007). Frauen und Männer sind

dabei zu gleichen Teilen betroffen (Raspe & Kohlmann 1998). Bei einer

Lebenszeitprävalenz von ca. 80% für akute Rückenschmerzen nach Berger-Schmitt et

al. (1996) und Brown et al. (1998), zeigen ca. der Betroffenen 10% bereits bei ersten

Behandlungsversuchen persistierende Schmerzen. Bei 35% der 90%, bei denen nach

den ersten Behandlungen zunächst eine Besserung der Symptomatik erfolgt, kommt es

im Verlauf zu chronisch anhaltenden oder rezidivierenden Beschwerden (Waddell,

2010).

Eine neuere Querschnittsbefragung zwischen 2003 und 2006 zeigte in 5 Städten der

Bundesrepublik Deutschland für Rückenschmerzen eine Punktprävalenz von 34%, eine

Jahresprävalenz von ca. 70% sowie eine Lebenszeitprävalenz von über 90% (Schmidt et

al., 2007). Auch in anderen westlichen Industrienationen gilt der Rückenschmerz als

eine der am häufigsten angegebenen Schmerzlokalisierungen (van Tulder et al., 1995;

Brown et al., 1998; Maniadakis & Gray, 2000; Stewart et al., 2003).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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In einer Untersuchung von Willweber-Strumpf, Zenz und Bartz (2000) wurde in 5

verschiedenen Facharztpraxen der Stadt Bochum das Vorkommen chronischer

Schmerzen erfragt. Dabei wurden Schmerzen, die länger als 6 Monate andauerten oder

rezidivierend über diesen Zeitraum auftraten als chronisch definiert. Die Ergebnisse

zeigten, dass 36% der Patienten unter chronischen Schmerzen litten, mit 53% waren

Rückenschmerzen auch in dieser Studie die häufigste angegebene Schmerzlokalisation.

Willweber-Strumpf et al. (2000) stellten zudem in ihrer Befragung fest, dass 15% der

Patienten berentet waren oder eine Berentung beantragt hatten. Bei fast 20% der

Patienten wurden Arbeitsausfälle durch die chronischen Schmerzen angegeben.

Die medizinischen, sozialen und psychischen Folgen von CLBP können für den

Betroffenen eine Langzeitbehinderung bedeuten. Für das Gesundheitssystem bedeuten

sie enorme Kosten. Wenig et al. (2009) analysierten die im Gesundheitssystem durch

Rückenschmerzen entstandenen Kosten systematisch und berichteten pro Person

durchschnittliche Kosten in Höhe von 1322 € im Jahr bei einer Gesamtausgabe von 48,9

Milliarden € und damit 2,2% des deutschen Bruttoinlandproduktes. Ausgaben, die durch

die Behandlung der Beschwerden (direkte Kosten) entstanden, nahmen 46% ein, so dass

die Kosten, die durch Produktionsausfälle (indirekte Kosten) entstanden bei 54% lagen.

Wenig et al. (2009) berichteten dabei eine deutliche Korrelation zwischen dem

Schmerzgrad und den Kosten. Weitere Zusammenhänge bestanden zwischen höheren

Kosten und dem Alter (über 50 Jahre), den sozialen Umständen wie Arbeitslosigkeit

und niedrige Bildung, sowie einem ledigem Beziehungsstatus.

Chronische Rückenschmerzen haben damit einen hohen Stellenwert sowohl für das

Individuum als auch für das gesamte Gesundheitssystem. Vor diesem Hintergrund ist

von zentraler Bedeutung, zu verstehen, welche Mechanismen zur Entstehung und

Exazerbation chronischer Rückenschmerzen beitragen. Im folgenden Abschnitt werden

daher die wichtigsten Störungsmodelle zum chronischen Rückenschmerz vorgestellt.

1.3 Störungstheorien zum chronischen Rückenschmerz

Im Verlauf der Schmerzforschung sind verschiedene Störungsmodelle und

Störungstheorien formuliert worden, die je nach Profession und theoretischem Ursprung

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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unterschiedliche Faktoren hervorheben. Die gegenwärtigen Erklärungsmodelle

unternehmen jedoch zunehmend den Versuch, eine multifaktorielle Sicht einzunehmen

und ein ganzheitliches Verständnis für chronische Rückenschmerzen zu ermöglichen.

Im Folgenden sollen wichtige Modelle, die den Verlauf der Schmerzforschung

besonders geprägt haben, vorgestellt werden.

1.3.1 Somatische Modelle

Frühe biomedizinische Modelle des 19. und 20. Jahrhunderts nahmen in erster Linie

einen proportionalen Zusammenhang zwischen Schmerz und Gewebeschädigung an.

Die Spezifitätstheorie (von Frey 1895, zitiert nach Gatchel et al., 2007) postuliert

spezifische Rezeptortypen für jede Hautsensation. Damit wurden beispielsweise die

freien Nervenendigungen als spezifische Schmerzrezeptoren gesehen, durch die über

spezifische Nervenbahnen Schmerzimpulse zu einem spezifischen Schmerzzentrum im

Gehirn geleitet wurden. Die Patterntheorie (Goldscheider, 1894; zitiert nach Egle,

2003) nahm dagegen an, dass für die zentrale Wahrnehmung von Schmerz

ausschlaggebend sei, dass die Summe der im Hinterhorn des Rückenmarks

ankommenden Reize eine bestimmte Schwelle überschreitet. Zeitgleich zu diesen

beiden Theorien entwickelte Marshall (1894; zitiert nach Egle, 2003) die Affekttheorie

des Schmerzes und ging davon aus, dass ein affektives und ein sensorisches System

bestehen, die bei einer Reizdarbietung parallel aktiv werden. Darüber hinaus postulierte

diese Theorie, dass die Schmerzwahrnehmung eine ausschließlich emotionale Qualität

darstellt, wodurch die Theorie entsprechend des damaligen Zeitgeistes nicht weiter

beachtet wurde (Egle, 2003). Auch wenn bisher nicht nachgewiesen werden konnte,

dass die Stimulierung solcher Rezeptoren zu einer Schmerzempfindung führt (Melzack

& Wall, 1996), gibt es Befunde, die für die Annahme einer physiologischen Spezifität,

wie zum Beispiel bei spezialisierten Hautrezeptoren, sprechen (von Frey, 1985).

Vor dem Hintergrund dieser drei Theorien entwickelten Melzack & Wall (1965) die

Gate Control Theory (GCT; s. Abbildung 1) und nahmen an, dass eine interagierende

„dualistische Einheit“ zwischen seelischen und körperlichen Prozessen besteht, bei der

stets beiden Aspekten die Priorität eingeräumt wird. Die zentrale Annahme der GCT

besagt, dass der Organismus über ein körpereigenes Schmerzhemmsystem verfügt, das

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

13

in Abhängigkeit der Situation und des Individuums aktiv ist. Es wird angenommen, dass

absteigende Signale vom Gehirn neuronale Schaltkreise, insbesondere im Rückenmark,

aktivieren können. Dadurch kann ein nozizeptiver Input moduliert bzw. blockiert

werden. Melzack und Walls (1965) unterscheiden in ihrer Theorie zwei Kategorien von

afferenten sensorischen Fasern, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Die erste

Kategorie besteht aus dicken Aβ-Fasern und zeichnet sich durch den hemmenden Effekt

auf die Impulsübertragung in der Substantia Gelatinosa des Hinterhorns aus (das „gate“

wird geschlossen). Die dünnen Aδ-Fasern und C-Fasern bilden die zweite Kategorie

und sind dadurch gekennzeichnet, dass sie das Schließen des Gates hemmen und

dadurch einen enthemmenden Effekt auf die Impulsübertragung haben. Wird ein

kritischer Schwellenwert von den Impulsen, die das Tor passieren überschritten, kommt

es zum Erleben von Schmerz und den entsprechenden Reaktionen. Zusätzlich nimmt die

GCT einen Kontrollmechanismus im zentralen Nervensystem (ZNS) an, der die

Intensität des spinalen Outputs überwacht. Das Modell postuliert dabei eine Spezifität

bestimmter Bereiche des ZNS. Es wird angenommen, dass der sensorische Kortex und

der Tractus neospinalthalamicus für sensorisch-diskriminative Funktionen zuständig

sind und der sensomotorische Kortex, das limbische System und der Hirnstamm

kognitiv-evaluative bzw. motivierend-affektive Funktionen übernehmen (Egle, 2003).

Dadurch können Aspekte wie Erwartungen, Stimmung und Aufmerksamkeit sowie

Einstellungen zum Schmerz und Vorerfahrungen mit dem Schmerz beeinflussen, wie

stark der Schmerz wahrgenommen wird und wie auf ihn reagiert wird.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der „Gate Control Theory“ der Schmerzwahrnehmung

nach Melzack & Wall (1965). Aβ = dünne Aβ-Fasern; Aδ, C = dicke A-δ- und C-Fasern, SG =

Substantia Gelatinosa, T = Transmitterzellen, + = Erregung, - = Hemmung.

Die GCT wurde vielfach kritisiert, da sich zahlreiche eingebrachte neurophysiologische

Mechanismen als falsch erwiesen (Zimmermann, 1968). So konnte beispielsweise die

zentrale Annahme über den Mechanismus eines spinalen Tores ebenso wie die

Behauptung einer antagonistischen Wirkung von Aβ-Fasern zurückgewiesen werden. In

zahlreichen experimentellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die

Substantia Gelatinosa des Rückenmarkhinterhorns nicht als Integration hemmender

Input im Sinne von Melzack und Wall (1965) funktioniert, sondern als Inputfilter für

alle Arten von unwichtigen Reizen. Im Hinblick auf den hemmenden Effekt der Aβ-

Fasern konnte Nathan (1976) schon früh zeigen, dass bei transkutaner

Nervenstimulierung keine reduzierte Schmerzwahrnehmung durch die zusätzliche

Reizung der Aβ-Fasern eintritt. Eine detaillierte kritische Auseinandersetzung mit der

GCT findet sich in Arbeiten von Cervero und Iggo (1980) sowie Turk (1994).

Nichtsdestotrotz war die GCT eine der ersten Theorien, die erklären konnte, warum

individuelle Unterschiede in der Schmerzwahrnehmung für gleiche Schmerzreize

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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vorlagen. Sie prägte damit die weitere Erforschung neuronaler Funktionen bei Schmerz

als Pionierarbeit.

In einer Weiterentwicklung seiner GCT formulierte Melzack die Neuromatrixtheorie

des Schmerzes (Melzack, 1999). Er postulierte, dass Schmerz eine facettenreiche

Erfahrung ist, welche durch eine charakteristische Neurosignatur der body-self-

neuromatrix produziert wird (Melzack, 2001, 2005). Melzack beschreibt die

Neuromatrix als ein genetisch determiniertes Netzwerk von Neuronen, das

charakteristische Muster von Nervenimpulsen für den gesamten Körper und für die

unzähligen somatosensorischen Qualitäten produziert (Melzack, 2001, 2005). Zu den

genetisch determinierten Faktoren werden die räumliche Verteilung und die

synaptischen Verbindungen des Netzwerkes gezählt. Gleichzeitig wird angenommen,

dass diese später durch sensorischen Input aus der Peripherie (Lernen) verändert werden

können. In der Neuromatrix wird durch die Verarbeitung und Synthese des Inputs ein

bestimmtes Output-Muster produziert. Dieses Output-Muster ist für eine bestimmte

somatosensorische Qualität kodiert und wird dabei Neurosignatur genannt. Schließlich

führt die Projektion der Neurosignatur in verschiedenen Hirnarealen zur Empfindung

einer bestimmten sensorischen Qualität. Melzack (2001, 2005) betont, dass Schmerz

eher das Ergebnis eines breiten neuronalen Netzwerkes als eine direkte Reaktion auf

einen sensorischen Input ist wie z.B. durch Verletzungen, Entzündungen oder andere

Erkrankungen.

Die gegenwärtige Forschung ist dazu übergegangen, chronischen Schmerz zunehmend

vor dem Hintergrund des Konzepts der neuronalen Plastizität zu betrachten (Flor,

2003; Flor & Diers, 2011; Handwerker & Kobal, 1993; Mense, 1993; Woolf & Salter,

2000). Sowohl in tierexperimentellen Untersuchungen als auch in der Humanforschung

konnte eine neuronale Plastizität im ZNS für Schmerzereignisse nachgewiesen werden

(Coderre et al., 1993; Price et al., 1996; zitiert nach Hasenbring, 2001). Dieses Konzept

beruht auf der Annahme, dass es auf Rückenmarks- und Stammhirnebene nach akuten

Schmerzreizen zu anhaltenden Veränderungen der Schmerzsensibilität kommt (Woolf

und Salter, 2000). Beispielsweise konnte in tierexperimentellen Untersuchungen gezeigt

werden, dass nach einem Schmerzreiz auf der Haut oder nach einer tetanischen

Stimulation nozizeptiver Nervenfasern (C-Fasern) unmittelbar vor ihrem Eintritt ins

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Rückenmark, die Rückenmarksneurone nach erneuter Stimulierung noch nach Minuten

bzw. Stunden mit einem viel stärkeren elektrischen Signal antworten als vorher (Liu &

Sandkühler, 1995; Sandkühler & Liu, 1998). Dieser Sensibilisierungsprozess wird dabei

beispielsweise von der Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz-P an den C-Fasern

und von exzitatorischen Aminosäuren (EAAs) in den Motoneuronen des Rückenmarks

und im Thalamus getriggert. EAAs triggern dabei die Veränderung der Permeabilität

der N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren (NMDA-Rezeptoren). Substanz-P triggert die

Veränderung der Permeabilität der spannungsgesteuerten Kalzium- (Ca2+

) Kanäle (vgl.

Hasenbring, 2001). Durch die Aktivierung der Ca2+

-permeablen NMDA-Rezeptoren

wird der Einstrom von Ca2+

ins Zellinnere des Hinterhornneurons ausgelöst. Dadurch

kommt es zu einer Aktivierung von Enzymen (Proteinkinasen), welche die NMDA-

Rezeptoren phosphorylieren. Daraufhin reagieren diese besser auf den Neurotransmitter

Glutamat und sprechen dadurch besser auf die peripheren Schmerzsignale an, so dass es

folglich zu einer Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) kommt (vgl. Sandkühler,

2000).

Handelt es sich um eine schmerzhafte Dauerreizung der nozizeptiven

Rückenmarksneurone, so kommt es zu einem sogenannten „wind-up-Phänomen“. Eine

damit verbundene Langzeitpotenzierung an C-Fasern, die bei manchen Synapsen

entsteht, kann durch die zeitliche Summation zu einer Chronifizierung führen

(Sandkühler et al., 2000). Die tatsächliche Bedeutung des wind-up-Phänomens wird

zunehmend kritisiert, wohingegen operanten Lernprozessen eine bedeutsame Rolle

zugesprochen wird (Hölzl et al., 2005; Kleinböhl et al., 2005; Koeppe & Flor, 2005).

Eine dauerhafte oder wiederholte Schmerzreizung kann neben funktionalen

Veränderungen auch strukturelle Veränderungen in verschiedenen Gehirnarealen

bewirken (Flor, 2002b). Dabei wird angenommen, dass durch den anhaltenden

noxischen Input ein Schmerzgedächtnis (Schmerzengramm) entsteht, welches sowohl

zu einer Sensibilisierung auf spinaler und thalamischer Ebene (Vos, Benoist, Gautron &

Guilbaud, 2000) als auch zu Veränderungen des somatosensorischen Kortex führt (Flor

& Birbaumer, 2001). Beispielsweise untersuchten Flor, Braun, Elbert und Birbaumer

(1997) die Lokalisierung der Finger und des Rückens im primären somatosensorischen

Kortex bei chronischen Rückenschmerzpatienten und gesunden Kontrollpersonen. Bei

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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den chronischen Rückenschmerzpatienten konnte eine Verschiebung und Erweiterung

der Repräsentation des Rückens in eine eher mediale Position festgestellt werden. Diese

Veränderung war umso größer, je höher das Ausmaß der Chronifizierung der

Schmerzen war. Die allgemeine Empfindlichkeit einer jeweiligen Körperregion ist

umso größer, je größer das Repräsentationsareal dieser Körperregion im

somatosensorischen Kortex ist. Folglich könnte diese Veränderung im

somatosensorischen Kortex die verstärkte Empfindlichkeit auf schmerzhafte und nicht

schmerzhafte taktile Reize chronischer Schmerzpatienten begründen (Flor, Braun,

Elbert & Birbaumer, 1997).

Neben zentralen Faktoren spielen in der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer

Schmerzen aber auch peripherphysiologische Faktoren eine bedeutsame Rolle. Dazu

zählen Veränderungen an den Bändern, Sehnen, Gelenken und an der Muskulatur (vgl.

Hasenbring, 2001). Bei Rücken- und Beinschmerzen nach einem lumbalen

Bandscheibenvorfall sind hierbei postoperative Komplikationen zu nennen, durch die

eine Chronifizierung begünstigt werden kann, ohne dass die anhaltenden Beschwerden

eine unbedingte Folge der Operation sein müssen („Failed Back Syndrome“;

Wilkinson, 1983; zitiert nach Hasenbring, 2001). Als mögliche Komplikationen zählen

die Dura- und Nervenwurzelschäden, postoperative iatrogene Instabilität, persistierende

Anuluswulstung und der Rezidivprolaps (Hedtmann, 1992; Nickel, Eysel & Egle,

2003). Neben den postoperativen Komplikationen können muskulär bedingte

Schmerzen zur Chronifizierung von Rückenschmerzen beitragen. Der muskuläre

Schmerz kann dabei „primär“ über anhaltende physische oder psychische Belastung

oder „sekundär“ als reflektorische Muskelspannung auftreten. Zu den physikalischen

Belastungen des primär auftretenden muskulären Schmerzes zählen anhaltend

eingenommene konstante Körperpositionen, die unphysiologisch sind (beispielsweise

vornüber gebeugtes Sitzen oder Stehen). Auch psychische Belastungen können über

absteigende Bahnen der Formatio reticularis das System der Gamma-Motorneurone

aktivieren, so dass es zu einer persistierenden, beispielsweise lumbalen,

Muskelspannung kommt (vgl. Hasenbring, 2001).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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1.3.2 Kognitiv-behaviorale Modelle

Kognitiv-behaviorale Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer

Schmerzen sind von Lerntheorien sowie von Theorien zur Informationsverarbeitung

geprägt. Die behaviorale Sicht stützt sich auf Grundlagen der klassischen und operanten

Konditionierung sowie des Modelllernens. Dabei wird angenommen, dass durch

Prozesse der klassischen Konditionierung ehemals von Schmerzen unabhängige Reize

Schmerzbezug erlangen und damit automatische und symptomspezifische Reaktionen

wie Muskelanspannung oder Schmerzen auslösen können (Flor & Turk, 1989). Die

Annahmen der klassischen Konditionierung liegen darin, dass ein unkonditionierter

Reiz (unconditioned stimulus; UCS) eine unkonditionierte Reaktion (unconditioned

reaction; UCR) auslöst, ein neutraler Reiz (neutral stimulus; NS) eine neutrale Reaktion

(neutral reaction; NR) auslöst, sowie dass durch die wiederholte kontingente Kopplung

eines UCS mit einem NS der letztere zu einem konditionierten Reiz (conditioned

stimulus; CS) wird und eine konditionierte Reaktion (conditioned reaction; CR) auslöst

(vgl. Domjan, 2010). Am Bespiel der Schmerzkonditionierung wird angenommen, dass

eine Fehlhaltung (UCS) zu Muskelverspannungen oder Rückenschmerzen (UCR) führt.

Die kontingente Kopplung der Fehlhaltung beispielsweise mit dem Arbeitsplatz (NS)

führt nach den Gesetzmäßigkeiten des respondenten Lernens dazu, dass im Verlauf

bereits die Konfrontation mit dem Arbeitsplatz (CS) zu Muskelverspannungen und

Schmerzen (CR) führt. Durch die Prinzipien der Klassischen Konditionierung kann es

beim Schmerzverhalten zudem zu einer Reizgeneralisierung kommen, so dass weitere

neutrale Reize zu aversiven Zuständen und Schmerzen führen können (Linton et al.,

1985; zitiert nach Flor & Birbaumer, 2001).

Fordyce (1976) postulierte, dass das Schmerzverhalten (illness behaviour) den

Prinzipien der operanten Konditionierung folgt und ein Schmerz anhalten kann, wenn

die Umwelt der betroffenen Person sie dafür verstärkt. Er unterscheidet in seinem

Schmerzfolgemodell (s. Abbildung 2) zwischen äußerlich nicht beobachtbarem Erleben

von Schmerz und offen beobachtbaren motorischen, verbalen und vokalen

Schmerzreaktionen.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Abbildung 2. Schematische Darstellung des „Schmerzfolgemodell“ sensu Fordyce (1976) nach

Geissner (1992).

Bei der operanten Konditionierung wird im Allgemeinen angenommen, dass sich die

Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens in Abhängigkeit seiner Konsequenzen

verändert. Es werden grundsätzlich vier Formen der operanten Konditionierung

voneinander unterschieden. Bei der positiven Verstärkung (Belohnung) wird die

Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens erhöht, indem ihm angenehme

Konsequenzen folgen. Bei der negativen Verstärkung erhöht sich die

Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens, da infolge des Verhaltens eine

unangenehme Konsequenz entfernt wird. Beim Bestrafungstyp I wird die

Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens verringert, indem dem Verhalten eine

unangenehme Konsequenz folgt. Beim Bestrafungstyp II wird die Wahrscheinlichkeit

für das Auftreten eines Verhaltens reduziert, indem eine angenehme Konsequenz

entzogen wird.

Mit dem Modell von Fordyce (1976) finden schmerztypische Verhaltensweisen wie

Schmerzkommunikation, Schonverhalten und Inanspruchnahme von Dienstleistungen

(z.B. „Doctor-Shopping“) Beachtung. Kritisch ist zu bewerten, dass intrapsychische

Faktoren in dem Modell unbeachtet bleiben. Dennoch spielen operante Methoden im

Zusammenhang mit Schmerzverhalten eine wichtige Rolle. Flor und Birbaumer (2001)

führen sechs Möglichkeiten für die Steuerung von Schmerzverhalten über operante

Konditionierung auf: (1) Verstärkung von Schmerzäußerungen durch angenehme

Zuwendung (Annäherung), (2) die Verstärkung der Medikamenteneinnahme durch den

daran anschließenden Wegfall der Rückenschmerzen (Flucht), (3) Vermeiden von

Schmerzattacken durch Übungen (aktives Vermeiden), (4) Vermeiden von

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Schmerzattacken durch Schonverhalten (passives Vermeiden), (5) Reduktion von

Schmerzäußerungen durch Abbruch angenehmer Interaktionen (Auszeit) und (6)

Löschen von Schmerzäußerungen durch den Wegfall von angenehmer Zuwendung

(Extinktion).

Schmerzverhalten kann aber nicht nur durch operante Mechanismen oder klassische

Konditionierung aufrechterhalten werden. Auf Grundlage des Modelllernens (Bandura,

1965) nehmen behaviorale Modelle zudem an, dass Schmerzverhalten durch die

Beobachtung anderer Personen ebenfalls erworben oder verändert werden kann

(Christensen & Mortensen, 1975; Genry, Shows & Thomas, 1974). Bandura (1965)

definiert Modelllernen als die Fähigkeit des Menschen, durch die Beobachtung eines

Modells kognitive Fertigkeiten in Form von Wissen oder Verhaltensweisen zu erwerben

oder zu verändern. Dabei können drei Effekte unterschieden werden: der modelling

Effekt sowie ent-/hemmende Effekte und auslösende Effekte. Der modelling bzw.

imitative Effekt beschreibt den Erwerb von neuem Verhalten durch die Beobachtung

eines Modells. Der hemmende Effekt beschreibt das Ausbleiben eines Verhaltens durch

die Beobachtung einer Bestrafung des Modells. Der enthemmende Effekt bezieht sich

darauf, dass situativ gehemmtes Verhalten häufiger auftritt, nachdem beobachtet wurde,

dass ein Modell dafür belohnt wurde. Der auslösende Effekt beschreibt schließlich die

Zunahme von Verhaltensweisen, die nicht neu erlernt wurden oder mit dem Verhalten

des Modells identisch sind, sondern diesem ähneln (Bandura, 1969; Bandura & Walters,

1963; zitiert nach Lefrancois, 2003). In einer Reihe von Studien konnten Craig und

Kollegen zeigen, wie die Schmerztoleranz und das Schmerzverhalten durch die

Beobachtung des Verhaltens anderer beeinflussbar sind (vgl. Craig, 1986).

Verschiedene Studien berichten zudem von einem erhöhten Auftreten von Schmerzen

bei Partnern und Verwandten von Schmerzpatienten und von sogenannten

„Schmerzfamilien“, in denen Schmerzsyndrome überzufällig häufig auftreten (vgl. Flor

& Birbaumer, 2001).

Die ursprünglich auf behavioralen Theorien aufbauende Verhaltenstherapie hat in den

70er Jahren eine „kognitive Wende“ durchlaufen, so dass zunehmend

Informationsverarbeitungsprozesse (s. Abschnitt II.2) die zwischen Reiz und

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Reaktion stattfinden, Beachtung finden. Dabei gibt es unterschiedlich elaborierte

Theorien, die sich auf den gesamten kognitiven Ablauf beziehen (vgl. Ruoß, 1998).

Eine zentrale Annahme kognitiver Modelle zur Erklärung von anhaltenden

Schmerzsyndromen ist, dass Patienten mit chronischen Schmerzen zu einer

Überbewertung und Fehlinterpretation körperlicher Symptome neigen. Insbesondere

nicht eindeutige körperliche Signale werden als schmerzhaft interpretiert. Gleichzeitig

weisen die Betroffenen Defizite in der Diskrimination ihrer Muskelspannungen auf,

wodurch es zu einem Circulus vitiosus aus Angst, Schmerz und Spannung kommt,

durch den die Schmerzen aufrechterhalten werden (vgl. Flor et al., 1999).

Auf kognitiver Ebene spielen weiterhin das Konzept der Selbsteffizienz („self-efficacy“

Bandura, 1977) sowie das Konzept der gesundheitsbezogenen Kontrollüberzeugungen

(„health locus of control“ auf Grundlage der „locus of control theory“; Rotter, 1954,

1966) eine bedeutsame Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass die Erwartung der

Patienten bezüglich ihrer Fähigkeiten, mit ihren Schmerzen umzugehen und sie selber

kontrollieren zu können (interne Kontrollüberzeugung) zur besseren Bewältigung der

Schmerzen und einer besseren Prognose beitragen (Buckelew et al., 1990). Flor und

Turk (1988) berichteten, dass eine passive Haltung und eine größere Hilflosigkeit mit

stärkeren Schmerzen und deutlicheren Funktionseinschränkungen einhergehen als

aktive Bewältigungsmechanismen und positive Einstellungen.

Die Übersichtsarbeiten von Turk, Meichenbaum und Genest (1983) sowie Weisenberg

(1989) bieten einen guten Überblick zu wichtigen kognitiven Variablen (wie z.B.

Attributionen, Erwartungen, Glaubenssätze, Imagination oder Selbstwirksamkeit)

kognitiver Schmerztheorien (vgl. Ruoß, 1998).

Die theoretischen Grundlagen sowie die aktuellen Befunde zu der Rolle der

Informationsverarbeitungsprozesse werden in Abschnitt II.2 ausführlicher dargestellt.

1.3.3 Soziale Modelle

Soziale Modelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer

Rückenschmerzen berücksichtigen in erster Linie kulturelle Faktoren und Faktoren, die

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Betroffenen beziehen. Eine

besondere Bedeutung wird dabei dem sozialen Lernen (Craig, 1975, 1978)

zugesprochen. Insbesondere werden dabei Aspekte des Modelllernens (s. Abschnitt

II.1.3.2) und der sozialen Verstärkung hervorgehoben.

Der kulturelle Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung und Schmerzbewältigung wurde

in diversen Feldstudien in sogenannten „Primitivkulturen“ nachgewiesen. Ein wohl

eindrucksvolles Beispiel stellt das Phänomen des Fehlens von Geburtsschmerz dar,

welches auf der beobachtbaren Verhaltensebene in Felduntersuchungen bei

Primitivkulturen gefunden wurde (vgl. Flor & Birbaumer, 2001). Aber auch in

Industrieländern konnten kulturelle Unterschiede im Umgang mit Schmerzen

nachgewiesen werden. Beispielsweise konnte in Laboruntersuchungen in

amerikanischen Stichproben gezeigt werden, dass Probanden aus sogenannten

„demonstrativen Kulturen“ mit italienischer bzw. jüdischer Abstammung eher

niedrigere Schmerzschwellen aufwiesen als Probanden aus „nicht-demonstrativen

Kulturen“ beispielsweise mit angelsächsischer Abstammung. Dabei glaubten Probanden

mit jüdischer Abstammung an eine befreiende Wirkung der Schmerzäußerungen.

Probanden mit italienischer Abstammung erwarteten hingegen eher Hilfe auf ihre

Schmerzäußerungen (Zborowski, 1969, vgl. Flor & Birbaumer, 2001).

Im Hinblick auf den Einfluss der Familie und der sozialen Beziehungen auf den Verlauf

und die Bewältigung chronischer Erkrankungen wird häufig von sogenannten

„Schmerzfamilien“ berichtet, bei denen Schmerzprobleme überzufällig häufig

vorkommen (vgl. Flor & Birbaumer, 2001). Eine besondere Rolle spielen hierbei

operante Mechanismen (s. Abschnitt II.1.3.2). Die Zuwendung Dritter in Form von

Interesse und Aufmerksamkeit sowie eine Entlastungen von Pflichten (sekundärer

Krankheitsgewinn) können ebenso wie auch ein materieller Gewinn wie z.B. Berentung

oder Entschädigungen durch die Erkrankung (tertiärer Krankheitsgewinn) zur

Aufrechterhaltung der Krankenrolle beitragen (Hoffmann & Franke, 2003). Gleichzeitig

wird aber angenommen, dass der Schmerz selbst ebenfalls einen Einfluss auf die

sozialen Beziehungen hat. Schmerz kann als Stressor wirken und zu Konflikten in der

Partnerschaft und anderen sozialen Beziehungen sowie zu Störungen in der Sexualität

führen. Diese Störungen können wiederum als zusätzliche Stressoren zur

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Aufrechterhaltung der Schmerzen beitragen (Turk et al., 1987; zitiert nach Flor &

Birbaumer, 2001).

1.3.4 Biopsychosoziale Modelle

Die Grundlage biopsychosozialer Modelle ist die Arbeit von Engel (1977), in welcher

der kartesianische Dualismus zwischen Körper und Geist infrage gestellt wurde. Engel

(1977) bewahrte in seinem Modell die Vorteile biomedizinischer Modelle, forderte

jedoch gleichzeitig die Einbeziehung psychologischer und sozialer Aspekte.

Biopsychosoziale Modelle chronischer Rückenschmerzen gehen davon aus, dass es

durch auslösende Faktoren wie z.B. degenerative Entwicklungen, chronische

Alltagsbelastungen, biomechanische Fehl- und Überbeanspruchungen oder auch durch

psychische Einflussgrößen zu einem akuten Rückenschmerz kommt, auf den dann

maladaptive oder adaptive psychologische Reaktionen folgen können. Entscheidend

sind die kognitiven (z.B. Kontrollüberzeugungen), emotionalen (z.B. Angst und

Depression) und behavioralen Reaktionen (z.B. Schonung), die an die Schmerzen

gekoppelt sind (Hoffmann & Franke, 2003; Hasenbring, 2001). Rückschlüsse darüber,

welche zeitliche Abfolge zwischen den einzelnen Faktoren bei der Chronifizierung der

Schmerzen vorliegt, werden nicht gezogen. So können die Kontrollüberzeugungen als

Konsequenz des Schmerzes entstehen, aber auch bereits vor dem Schmerz bestanden

haben (Ljutow & Nagel, 2005).

Das Diathese-Stress Modell chronischer Rückenschmerzen (Flor, Birbaumer & Turk,

1991) geht davon aus, dass bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen eine

Disposition (Diathese) zur Hyperreagibilität im motorischen System

(Reaktionsstereotypie) besteht. Flor et al. (1991) postulieren einen Circulus vitiosus aus

den Komponenten prädisponierende Faktoren (physiologische Reaktionsstereotypie),

auslösende aversive interne oder externe Stimuli, auslösende Reaktionen (inadäquate

Bewältigungsversuche des Individuums) sowie aufrechterhaltende Prozesse

(respondente, operante und modellbezogene Lernmechanismen).

Das in der gegenwärtigen Schmerzforschung wohl verbreitetste Modell chronischer

Rückenschmerzen ist das Fear-Avoidance Model (FAM; Vlaeyen & Linton, 2000; s.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Abbildung 3). Zentrales Konzept des Modells stellt dabei die schmerzbezogene Angst

(pain related fear, Lethem et al., 1983) dar. Auf diese Angst kann mit Vermeidung oder

Konfrontation regiert werden. Konfrontation kann zu einer Angstreduktion führen.

Vermeidung kann dagegen zu einem phobischen Zustand führen (vgl. Roelofs, 2004).

Analog zu Befunden aus der Angstforschung, die gezeigt haben, dass Angst durch die

Vermeidung von angstauslösenden Stimuli aufrecht erhalten wird, nimmt Philips (1987)

einen Circulus vitiosus für chronische Schmerzen an. Er postuliert, dass Patienten, die

unter chronischen Rückenschmerzen leiden, lernen, Stimuli zu vermeiden, die sie mit

der Entstehung oder Exazerbation dieser Schmerzen assoziieren. Durch die Vermeidung

wird zunächst die Wahrscheinlichkeit, in Situationen zu geraten, in denen die

Schmerzen zunehmen könnten, reduziert. Im Sinne einer negativen Verstärkung wird

damit das Vermeidungsverhalten aufrechterhalten. Dieses bestätigt wiederum

Vermeidungsüberzeugungen (Beliefs) und hält die Angst aufrecht. Ein weiteres

Konzept, welches das FAM beeinflusst hat, ist die schmerzbezogene Beeinträchtigung

(Disability, Waddell et al., 1993), die stärker im Zusammenhang mit Fear-Avoidance

steht als mit den körperlichen Beschwerden.

In Anlehnung an die Arbeiten von Lethem et al. (1983), Philips (1987) und Waddell et

al. (1993) gehen Vlaeyen und Linton (2000) im FAM davon aus, dass die Entwicklung

und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen von den Mechanismen Bewegungsangst

(fear of movement) und Angst vor (Wieder-) Verletzung (fear of (re-) injury) abhängig

ist. Der Ausgangspunkt des Modells ist der akute Schmerz bei einer Verletzung. Das

Erleben des Schmerzes kann dabei in zwei Richtungen verlaufen. Wird dem Schmerz

mit adaptiven Kognitionen begegnet, kommt es zur Konfrontation mit dem Schmerz

und damit zu Erholung vom Schmerz durch funktionales, gesundheitsförderliches

Verhalten. Wird dagegen der akute Schmerz als bedrohlich interpretiert, kommt es über

Kognitionen der Katastrophisierung zu Angst vor Bewegung und Angst davor, sich

(wieder) zu verletzen. Diese Angst führt zu Vermeidung potenziell schmerzauslösender

Situationen sowie zu einer deutlicheren Hypervigilanz für Körperempfindungen. Die

Hypervigilanz für Körperempfindungen beschreibt hier die verstärkte Lenkung der

Aufmerksamkeit (selektive Aufmerksamkeit) auf möglicherweise bedrohliche Signale

des Körpers zulasten anderer Aufgaben wie zum Beispiel der Bewältigung von

Alltagssituationen und Problemen. Vlaeyen und Linton (2000) gehen ferner davon aus,

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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dass es aufgrund des vermehrten Vermeidungsverhaltens nicht zu einer Korrektur der

falschen Erwartung, dass der Schmerz physikalisch bedrohlich ist, kommt. Zusätzlich

beeinflusst die anhaltende Vermeidung von Bewegungen und Aktivitäten das

muskuloskelettale System, so dass es zu erheblichen Schwächen wichtiger

Muskelgruppen im Bereich des Rumpfes kommt (Disuse-Syndrom; Bortz, 1984; Kottke,

1996) und damit zu einer Verschlechterung der Schmerzsymptomatik mit zunehmender

Disability. Weiterhin wird vermutet, dass das Vermeidungsverhalten zu einem Rückzug

von alltäglichen und sozialen Aktivitäten sowie zum Verlust von Verstärkern und in der

Folge zu depressiver Stimmung führt. Depressive Stimmung und Disuse führen

wiederum zu einer reduzierten Schmerztoleranz (McQuade et al., 1988; Romano &

Turner, 1985) und damit wieder zu vermehrtem Schmerzerleben, was den Circulus

vitiosus in Gang hält.

Abbildung 3. Darstellung des Modells Fear-Avoidance Model nach Vlaeyen & Linton (2000).

Eine Erweiterung des FAM wurde von Leeuw et al. (2007) präsentiert, indem sie das

FAM um die Annahmen des Fear-Anxiety-Avoidance Model (FAAM; Asmundson et

al., 2004) ergänzten (s. Abbildung 4). Asmundson et al. (2004) weisen im FAAM auf

den Unterschied zwischen Angst (anxiety) und Furcht (fear) hin. Während Furcht sich

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auf eine bestehende Bedrohung bezieht, beschreibt Angst einen Zustand bei einer

antizipierten Bedrohung. Asmundson et al. (2004) nehmen an, dass eine bereits

bestehende Bedrohung nicht vermieden werden kann, so dass zwischen einer bereits

bestehenden Schmerzerfahrung (Furchtpfad) und einer antizipierten potenziellen

Schmerzerfahrung (Angstpfad) unterschieden werden muss. Der Furchtweg führt dabei

zum Verlassen der Situation und der Angstweg zum präventiven Vermeiden (Leeuw et

al., 2007).

Abbildung 4. Darstellung des Modells Fear-Anxiety-Avoidance Model nach Asmundson, Norton &

Vlaeyen (2004).

Diese Theorien gehen ausschließlich davon aus, dass chronischer Rückenschmerz mit

Angst verbunden ist und über Vermeidung zur Entstehung und Exazerbation der

Schmerzen führt. Die gegenwärtige Forschung weist jedoch zunehmend auf einen von

Durchhalten (endurance behaviour, Hasenbring, 1993) gekennzeichneten Umgang mit

chronischen Rückenschmerzen hin, der ebenfalls zur Entstehung und Aufrechterhaltung

der Schmerzen führt. Auf dieser Basis entwickelten Hasenbring und Verbunt (2010) das

Avoicance-Endurance Modell.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Das Avoidance-Endurance Modell (AEM, Hasenbring, Hallner & Klasen, 2001;

Hasenbring & Verbunt, 2010) ermöglicht eine biopsychosoziale Sichtweise chronischer

Rückenschmerzen und nimmt eine wechselseitige Beziehung von Schmerz, situativen

Auslösern, dysfunktionaler Wahrnehmung und Bewältigung an (s. Abbildung 5).

Zusätzlich unterscheidet das AEM schmerzbezogene maladaptive Einzelreaktionen

(Single-Responses) auf der kognitiven, emotionalen und behavioralen Ebene, die in der

Langzeitfolge als Reaktionsmuster (Response-Pattern) zur Chronifizierung von

Schmerzen führen können. Der Ausgangspunkt des Modells ist der akute Schmerz.

Auslösende Faktoren für das erstmalige Auftreten der Rückenschmerzen können z.B.

degenerative Entwicklungen, chronischer Distress, biomechanische Fehl- und

Überbeanspruchung oder auch psychische Einflussgrößen sein (s. Abschnitte II.1.3.1 bis

II1.3.3). Auf den akuten Schmerz können dann entweder eine von zwei maladaptiven

Reaktionen, oder eine adaptive Reaktion folgen. Zu den maladaptiven Reaktionen zählt

Hasenbring (2003) eine von Angst und Vermeidung gekennzeichnete (fear-avoidance

related response, FAR) sowie eine von Durchhalten gekennzeichnete Reaktion

(endurance related response, ER) auf den Rückenschmerz.

In Anlehnung an die Annahmen des FAM (Vlaeyen & Linton, 2000), wird im AEM

angenommen, dass FAR über einen Circulus vitiosus aus Angst und Vermeidung zur

Entstehung und Exazerbation chronischer Rückenschmerzen führt. Dabei wird

angenommen, dass auf kognitiver Ebene auf den Schmerz mit katastrophisierenden

Gedanken wie z.B. „...der Schmerz hat bestimmt etwas schlimmes zu bedeuten!“

reagiert wird. Als Folge der bedrohlichen Interpretation des Schmerzes kann es dann auf

der emotionalen Ebene zu Angst kommen. Diese kann auf der behavioralen Ebene zu

Vermeidungsverhalten führen, bei der potenziell schmerzauslösende Situationen

präventiv vermieden werden. Dieses Vermeidungsverhalten kann wiederum über

Prozesse der operanten Konditionierung im Sinne einer negativen Verstärkung aufrecht

erhalten werden, da durch das Vermeidungsverhalten der Rückenschmerz, die Angst

oder Gefühle der Überforderung reduziert werden können (Hasenbring, 2001).

Langfristig führt dies zu depressiver Stimmung und zur Chronifizierung der

Rückenschmerzen. Die depressive Stimmung ist als Ergebnis des Verstärkerverlustes

sowie der Reduktion der Endorphin-Ausschüttung durch die Vermeidung körperlicher

und sozialer Aktivitäten aufzufassen. Zunehmend werden angenehme soziale

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Aktivitäten wie zum Beispiel das Zusammensein mit anderen Menschen vermieden und

führen zum Verlust von positiven Empfindungen wie Freude. Die Entstehung und

Exazerbation der Rückenschmerzen durch das Vermeidungsverhalten wird auf

psychophysiologischer Ebene dadurch erklärt, dass es über den Verlust körperlicher

Aktivitäten und einer damit verbundenen muskulären Insuffizienz zu einer

Muskelatrophie kommt, die aufgrund neurophysiologischer Sensibilisierungsprozesse

dazu führt, dass Belastungen zunehmend schmerzhaft werden.

Die von Hasenbring (2001) postulierte ER auf akute Rückenschmerzen ist dagegen

dadurch gekennzeichnet, dass in erster Linie Durchhalteappelle (suppressive

Kognitionen) auf kognitiver Ebene und Durchhaltestrategien auf der Verhaltensebene

dominieren. Langfristig führt auch diese ER auf Rückenschmerzen zu einer

Chronifizierung der Schmerzen. Die Annahme im Modell ist, dass suppressive

Kognitionen wie zum Beispiel „es ist wichtig, dass ich mich nicht gehen lasse!“ oder

„ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ zu suppressivem Verhalten führen. Das bedeutet,

dass die Betroffenen die Zähne zusammen beißen und Tätigkeiten und Aktivitäten trotz

anhaltender Schmerzen fortführen. Auch hier spielen operante Mechanismen eine

wichtige Rolle bei der Entstehung und Exazerbation der Schmerzen. Das

Durchhalteverhalten wird kurzfristig einerseits negativ verstärkt, da der Betroffene

durch die Fortführung der Aktivitäten vom Schmerz abgelenkt ist, und andererseits auch

positiv verstärkt, da anfallende Arbeiten oder Termine trotz Schmerzen erledigt bzw.

eingehalten werden und es dadurch zu Erfolgserlebnissen kommt. Langfristig führt ER

jedoch zu depressiver Stimmung und zur Chronifizierung der Rückenschmerzen auf

physiologischer Ebene. Als wesentlicher Mechanismus wird dabei die

Überbeanspruchung der Muskulatur (physical overload) durch die Überaktivität

(overuse) angesehen. Die Patienten halten belastende Haltungen (Sitzen, Stehen)

anhaltend ein und begünstigen dadurch eine Überbelastung der Bandscheiben, Muskeln,

und Gelenke (Nachemson, 1987), die über Prozesse der neuronalen Sensitivierung zur

Exazerbation der Rückenschmerzen führen. Aufgrund des “rebound phenomenon”

(Wegner et al., 1987) wird weiterhin angenommen, dass der Versuch, Gedanken zu

unterdrücken, misslingt, und stattdessen unterdrückte Gedanken verstärkt wieder

auftreten. Dadurch kann es zu Versagensempfindungen und einer reduzierten

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

29

Selbstwirksamkeit trotz anhaltenden Durchhaltens und folglich zu depressiver bzw.

gereizter Stimmung (Klasen, 2006) kommen.

Hasenbring postuliert im AEM (Hasenbring & Verbunt, 2010), dass eine adaptive

Reaktion (adaptive response; AR) auf akute Schmerzen dadurch gekennzeichnet ist,

dass auf den Schmerz mit bewältigenden Kognitionen reagiert wird, so dass der

Schmerz als Hinweis dafür genutzt wird, dass überprüft werden muss, ob eine zu starke

Anspannung gegeben ist und gegebenenfalls entspannungsfördernde Maßnahmen

unternommen werden sollten. Auf dieser Basis ist ein adaptiver Umgang mit dem

Rückenschmerz auf der Verhaltensebene ein flexibler Wechsel zwischen Anspannung

und Entspannung. Dieser Wechsel stellt die Voraussetzung für eine optimale

Versorgung der Bandscheiben und eine adäquate Belastung der Muskulatur dar

(Nachemson, 1987) und führt somit zu einer Reduktion der Schmerzen (Hasenbring &

Verbunt, 2010).

Eine weitere zentrale Annahme des AEM liegt darin, dass die beschriebenen FAR und

ER im Sinne von Single-Responses nicht zwangsweise zur Chronifizierung der

Schmerzen führen. Vielmehr kommt es erst zur Chronifizierung von Rückenschmerzen,

wenn die Single-Responses auf den unterschiedlichen Ebenen aufeinander folgen und

zusammen ein maladaptives Response-Pattern ergeben (Hasenbring, Hallner & Rusu,

2009).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

30

Abbildung 5. Darstellung des Modells Avoidance-Endurance Model nach Hasenbring, Hallner &

Klasen (2001).

1.4 Zusammenfassung

CLBP stellt eine der häufigsten Krankheiten in Deutschland dar und verursacht die

höchsten Kosten im Gesundheitssystem (Maniadakis & Gray, 2000; Wenig, 2009).

Dieses Bild wird auch von internationalen epidemiologischen Studien bestätigt (van

Tulder et al., 1995; Brown et al., 1998; Maniadakis & Gray, 2000; Stewart et al., 2003).

Ein Kriterium zur Unterscheidung zwischen akutem und chronischem Schmerz stellt die

Dauer des Schmerzes dar. Hierbei hat sich ein zeitliches Kriterium von 3 bis 6 Monaten

für den chronischen Rückenschmerz durchgesetzt. Neben der zeitlichen Dauer der

Schmerzen spielt die Funktionalität des Schmerzes bei der Abgrenzung des chronischen

von dem akuten Rückenschmerz eine wichtige Rolle. Während dem akuten Schmerz

eine Schutz- bzw. Warnfunktion zugesprochen wird, durch den eine Schonung bzw.

heilende Interventionen aufgesucht werden, hat der chronische Schmerz diese Schutz-

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

31

oder Warnfunktion verloren und selbst Krankheitswert erlangt (vgl. Zimmermann,

2001).

Theorien zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen

haben sich im Verlauf von einer eher kartesianischen zu einer multifaktoriellen Sicht

weiter entwickelt. Zu den historischen somatischen Modellen zählen die

Spezifitätstheorie (von Frey, 1895), die Patterntheorie (Goldscheider, 1894) sowie die

Affekttheorie (Marshall, 1894), die eine eher dualistische Sichtweise von Schmerzen

vertreten. Eine Weiterentwicklung dieser historischen Modelle fand durch die

Entwicklung der Gate-Control Theorie (Melzack & Wall, 1965) statt, die von einer

Interaktion zwischen somatischen und psychischen Faktoren ausging, wobei beiden

Faktoren gleichviel Bedeutung beigemessen wurde. Als Weiterentwicklung der Gate-

Control Theorie wurde die Neuromatrix Theorie (Melzack, 1999) entwickelt. Die

Neuromatrixtheorie beschreibt Schmerz als das Ergebnis eines breiten neuronalen

Netzwerkes und weniger als eine direkte Reaktion auf einen sensorischen Input.

Aktuellere Theorien zur Erklärung chronischer Schmerzen betonen die Bedeutung einer

neuronalen Plastizität und postulieren ein Schmerzgedächtnis, das sich durch neuronale

Veränderungen durch die Schmerzerfahrung herausbildet und verändert (Flor, 2003;

Flor et al., 1997; Handwerker & Kobal, 1994; Mense, 1993; Woolf & Salter, 2000).

Weiterhin wird angenommen, dass neben diesen zentral vermittelten Faktoren, beim

Rückenschmerz auch peripher vermittelte Faktoren, wie Veränderungen an den

Bändern, Sehnen, Gelenken und an der Muskulatur zur Chronifizierung von Schmerzen

beitragen (vgl. Hasenbring, 2001).

Kognitiv-behaviorale Modelle erklären chronische Schmerzstörungen vor dem

Hintergrund von Lerntheorien und legen nahe, dass chronische Rückenschmerzen durch

klassische Konditionierung, operante Mechanismen und Modellernen sowie durch

spezifische Kontrollüberzeugungen und Prozesse der Informationsverarbeitung

aufrechterhalten werden (vgl. Flor & Birbaumer, 2001).

Soziale Modelle berücksichtigen den Einfluss sozialer Beziehungen und möglicher

sozialer Vorteile bei der Aufrechterhaltung von Schmerzverhalten (Flor & Birbaumer,

2001).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

32

Biopsychosoziale Modelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung

chronischer Rückenschmerzen nehmen ein Zusammenspiel zwischen somatischen,

psychischen und sozialen Faktoren an. Das Diathese-Stress Modell (Flor, Birbaumer &

Turk, 1991) postuliert eine gegebene Disposition beispielsweise zu einer

Reaktionsstereotypie, die bei gegebenen internen oder externen Auslösern zu einer

Reaktion, wie zum Beispiel zu inadäquaten Bewältigungsversuchen, führt. Durch

aufrechterhaltende Faktoren wie z.B. Lernmechanismen wird der Schmerz dabei

aufrechterhalten. Das Fear-Avoidance Model (Vlaeyen & Linton, 2000) nimmt eher

einen durch katastrophisierende Gedanken, Schmerzangst und Vermeidung sowie

Disuse und Depressionen geprägten Circulus vitiosus bei Rückenschmerzen an. Das

Avoidance-Endurance Model (Hasenbring & Verbunt, 2010) postuliert neben diesem

durch Fear-Avoidance gekennzeichneten Weg einen durch Durchhalten (Endurance)

gekennzeichneten Weg, der vom akuten Schmerz über suppressive Kognitionen und

Durchhalteverhalten sowie einem physiologischen Overuse zur Chronifizierung von

Rückenschmerzen führt.

2 Informationsverarbeitung bei chronischen Rückenschmerzen

Aus den bisherigen Ausführungen wurde ersichtlich, dass

Informationsverarbeitungsprozesse bei der Entstehung und Aufrechterhaltung

chronischer Rückenschmerzen von zentraler Bedeutung sind. Der folgende Abschnitt

dient dem Verständnis der Informationsverarbeitung bei chronischen Rückenschmerzen.

Studien zur Informationsverarbeitung bei CLBP-Patienten sind in erster Linie von der

assoziativen Netzwerktheorie (Bower, 1981, 1987) und der Schematheorie (Beck &

Clark, 1988; Beck & Emery, 1985) beeinflusst worden. Im folgenden Abschnitt sollen

daher zunächst die assoziative Netzwerktheorie und die Schematheorie sowie aktuelle

Modelle zur Schmerzverarbeitung erläutert werden. Auf der Grundlage dieser

Ausführungen sollen abschließend die Befunde zum Informationsverarbeitungsbias bei

chronischen Rückenschmerzen (Aufmerksamkeitsbias, Gedächtnisbias) dargestellt

werden.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

33

2.1 Grundlegende Konzepte zur Informationsverarbeitung

2.1.1 Assoziative Netzwerktheorie

Bower's assoziative Netzwerktheorie („semantic network approach“, 1981) hat ihren

Ursprung im Bereich der Emotionsforschung. Bower (1981) geht in seiner Theorie von

der Annahme aus, dass jede Emotion wie z.B. Freude, Trauer oder Angst in Form eines

spezifischen Knotens in einem assoziativen Netzwerk repräsentiert wird (s. Abbildung

6). Dieser „Emotionsknoten“ ist über das Netzwerk mit anderen Elementen des

Netzwerks mit entsprechenden Gedächtnisinhalten verbunden. Um diesen

Emotionsknoten herum befinden sich mit ihm assoziierte autonome Reaktionen,

Bedeutungen, Ausdrucksweisen der Emotion und Situationen, in denen die Emotion

üblicherweise ausgelöst wird sowie verbale Bezeichnungen, die mit dieser Emotion in

Verbindung gebracht werden und Lebensereignisse, in denen die Emotion ausgelöst

wurde. Jede Emotionsrepräsentation enthält also die vielen verschiedenen Aspekte der

Emotion sowie seine Verbindungen zu anderen Emotionen. Dabei können sich

Emotionen, die gegensätzliche Qualitäten beschreiben, gegenseitig hemmen (z.B.

Hemmung von Freude bei Angst). Miteinander vereinbare Emotionen können zu einer

Mischung aus beiden Emotionsmustern führen (z.B. Enttäuschung als Resultat der

Kombination zwischen Trauer und Überraschung; Plutchik, 1980a, 1980b zitiert nach

Bower, 1981).

Weiterhin nimmt Bower (1981) an, dass ein solcher Emotionsknoten indirekt durch eine

Vielzahl von Reizen wie zum Beispiel durch physiologische Empfindungen oder

verbale Stimuli aktiviert werden kann. Wenn die Aktivierung des Emotionsknotens eine

bestimmte Schwelle überschreitet, kann sich die Erregung des Knotens auf andere

Bestandteile des Netzwerks wie zum Beispiel auf Knoten, die für die autonome

Erregung oder das Ausdrucksverhalten zuständig sind, ausweiten (s. Abbildung 6).

Folglich kann mithilfe von z.B. Wörtern mit traurigem Inhalt die Aktivierung des

Emotionsknotens, welcher traurige Stimmung repräsentiert, erfolgen, wodurch weitere

mit trauriger Stimmung verbundene Repräsentationen (zum Beispiel Repräsentationen

von Erinnerungen an traurige Lebensereignisse) aktiviert werden. Dadurch wird

angenommen, dass die Zugänglichkeit zu stimmungskongruentem Material über die

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

34

assoziative Aktivierung (Priming) im Netzwerk erleichtert ist und sich die

Wahrscheinlichkeit eines stimmungskongruenten Verarbeitungsprozesses erhöht. Ferner

werden die assoziativen Verbindungen innerhalb des Netzwerkes umso stärker, je

häufiger ein bestimmter Knoten aktiviert wird. Dadurch kann bereits eine schwache

Reizung den beschriebenen Aktivierungsprozess auslösen. Bower (1981) beschreibt in

seiner Arbeit vier verschiedene Phänomene: erstens, eine Person lernt Inhalte besser,

wenn diese mit ihrer emotionalen Stimmung übereinstimmen (“mood congruity effect”),

zweitens, das Abrufen von Erinnerungen gelingt besser, wenn die Stimmung beim

Abruf die gleiche ist wie beim Abspeichern („mood state dependent retention effect”),

drittens, die freien Assoziationen, Interpretationen, Gedanken und Urteile einer Person

stimmen thematisch mit ihrem Stimmungszustand überein („thought congruity effect“),

viertens, eine Zunahme der Stimmungsintensität führt zu einer Zunahme der

Aktivierung der entsprechenden Knoten des assoziativen Netzwerkes („mood

intensity“). Voraussetzung für diese Prozesse ist, dass sie automatisch, ohne

intentionalen und motivationalen Einfluss stattfinden (Blaney, 1986).

Abbildung 6. Darstellung der Assoziativen Netzwerktheorie nach Bower (1981).

Die Annahmen der assoziativen Netzwerktheorie wurden vielfach experimentell

überprüft. In einer frühen Metaanalyse zur stimmungskongruenten Verarbeitung fanden

Matt, Vázquez und Campbell (1992) in 7 Untersuchungen mit subklinisch depressiven

Studenten keinen “mood congruity effect”, bei klinisch depressiven Patienten zeigte

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

35

sich dagegen ebenfalls in 7 Untersuchungen ein Negativitätsbias. In 15 Studien konnte

stimmungskongruentes Erinnern bei induzierter trauriger Stimmung gefunden werden,

wobei hier wohl auch Erwartungseffekte beteiligt waren.

Das Konzept der assoziativen Netzwerktheorie wurde in der Schmerzforschung

aufgegriffen und auf die Verarbeitungsmechanismen bei chronischen Schmerzen

übertragen. Dabei wird angenommen, dass chronische Schmerzpatienten aufgrund ihrer

vermehrten Erfahrung mit Schmerzen ein ausgeprägtes semantisches Netzwerk zum

Schmerz aufweisen, in dem beispielsweise schmerzassoziierte Erfahrungen, Emotionen,

Kognitionen und Verhaltenstendenzen miteinander verbunden sind. Entsprechend

dieses Netzwerkes wurde postuliert, dass bei chronischen Schmerzpatienten die

Netzwerkeinheit für Schmerzerfahrung durch schmerzassoziierte Reize angesprochen

wird und zu einem kognitiven Bias für schmerzassoziierte Reize führt (vgl. Ruoß,

1998).

Neben der assoziativen Netzwerktheorie stellt die Schematheorie von Beck (Beck &

Clark, 1988; Beck & Emery, 1985) ein zentrales Konzept der Informationsverarbeitung

im Zusammenhang mit einem kognitiven Bias bei chronischen Schmerzpatienten dar

(Ruoß, 1998; Pincus et al., 2001). Im folgenden Abschnitt sollen daher die

Schematheorie und die damit für den chronischen Rückenschmerz verbundenen

Überlegungen kurz dargestellt werden.

2.1.2 Schematheorie

Der Begriff „Schema“ wurde ursprünglich von Bartlett (1932) eingeführt. Er ging davon

aus, dass bei der mentalen Repräsentation der Realität jeweils nur wenige

Teilinformationen genutzt werden. Die Lücken werden dann in einer

ordnungsbildenden Dynamik ausgefüllt. Im Allgemeinen können nach Bartlett (1932)

Schemata als Wissensstrukturen verstanden werden, welche durch

Informationsverarbeitungsprozesse einerseits konstruiert werden und andererseits auf

diese zurückwirken. Die Annahme von Schemata spielt in zahlreichen Bereichen der

gegenwärtigen Psychologie eine außerordentlich wichtige Rolle (Grawe, Donati &

Bernauer, 1994).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

36

Die Schematheorie von Beck (Beck & Clark, 1988; Beck & Emery, 1985) entsprang

seinen zahlreichen klinischen Beobachtungen. Dabei betrachtet er kognitive Schemata

als wesentliches Merkmal emotionaler Störungen. Beck (Beck & Clark, 1988; Beck &

Emery, 1985; Beck, 1967; Beck, 1976) definiert Schemata als „…functional structures

of relatively enduring representations of prior knowledge and experience“. Die

lebensnotwendige Funktion dieser kognitiven Strukturen, die sich auf der Basis

bestehender Wissensinhalte und vorheriger Erfahrungen bilden, liegt darin, die

Aufnahme und Strukturierung von Informationen zu organisieren, indem die

Komplexität von Reizen und Verhaltensweisen reduziert werden. Die Annahme dabei

ist, dass schemakonsistente Informationen verarbeitet, elaboriert und gespeichert

werden, während schemainkonsistente Informationen mit höherer Wahrscheinlichkeit

ignoriert werden (vgl. Beck & Clark, 1991). Demnach kann davon ausgegangen

werden, dass Erfahrungen eher schemakonsistent und in diese Richtung verzerrt

betrachtet werden.

Die klinisch relevante Implikation dieser Theorie ist, dass unterschiedlichen Störungen

unterschiedliche Schemata zugrunde gelegt werden können. Bei Patienten mit

Depressionen wird beispielsweise angenommen, dass Schemata mit einer entsprechend

negativen Sicht auf ihr Selbst (negative Selbstschemata) vorliegen, wodurch

schemakongruente negative Informationen tiefer und elaborierter verarbeitet werden als

schemainkongruente wie beispielsweise positive oder neutrale Informationen (Beck,

1967, 1976).

In Anlehnung an die Schematheorie und den daraus für die Informationsverarbeitung

klinischer Stichproben resultierenden Annahmen, wurden auch in der

Schmerzforschung Annahmen zum Informationsverarbeitungsbias bei chronischen

(Rücken-) Schmerzpatienten abgeleitet. Dabei wird angenommen, dass Schmerzerleben

zu einem ausgeprägten kognitiven Schema (Schmerzschema) führt. Schmerzschemata

sind hier als Informationsaspekte über sensorische, emotionale und evaluative

Schmerzeigenschaften, Verhaltensoptionen und Konsequenzen aufzufassen.

Schmerzschemata repräsentieren eine schmerzgefärbte Sicht der eigenen Person und der

Welt und können einer schmerzspezifischen Informationsverarbeitung dienen (vgl.

Ruoß, 1998). Leventhal und Everhart (1979) gingen davon aus, dass die Aktivierung

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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eines Schemas, welches frühere Schmerzerfahrungen integriert hat, mitbestimmt, wie

auf einen noxischen Input reagiert wird. Die Aufnahme und der Abruf von

Informationen ist in Richtung einer schmerzbezogenen Sicht des Selbst verzerrt, ähnlich

wie bei Patienten mit Depressionen, bei denen ihr negatives Selbstschema die

Informationsverarbeitung in eine negative Richtung verzerrt (vgl. Rouß, 1992).

Als Basis dieser Überlegung wird vielfach die Schmerztheorie von Hoppe (1986)

angesehen, in der angenommen wird, dass die wiederholte Schmerzerfahrung zur

Bildung einer hierarchisch gegliederten Gedächtnisstruktur führt (vgl. Ruoß, 1998). In

dieser Struktur sind die allgemeinen Merkmale des Schmerzes sowie ihre Verbindungen

langfristig gespeichert (Schmerzengramm, s. Abschnitt II.1.3.1). Hoppes geht davon

aus, das ein solches Schmerzschema einerseits über datengeleitete (bottom-up, in

Abhängigkeit von der Höhe des sensorischen Inputs) und andererseits über

erwartungsgeleitete (top-down, also in Abhängigkeit von Erwartungen und Wissen,

bzw. der Häufigkeit, mit der das Schema in der Vergangenheit aktiviert wurde)

Prozesse aktiviert werden kann.

Ein interessantes Beispiel für den Einfluss von Schmerzerfahrungen auf das Erleben

von Schmerzen stellt das Phänomen des Phantomschmerzes dar. Der Phantomschmerz

beschreibt das Phänomen, nach einer Amputation eines Körpergliedes Schmerzen an

der Stelle des amputierten Gliedes zu verspüren. Zimmermann (1993) erklärt die

Unabhängigkeit von Phantomschmerzen von peripherer Erregung durch zentralnervöse

Schmerzengramme. Tatsächlich ergibt sich aus Untersuchungen zum

somatosensorischen Schmerzgedächtnis, dass Phantomschmerzen nach Amputationen

vom Vorhandensein chronischer Schmerzen vor der Amputation, also den Erinnerungen

an die Schmerzen, abhängen (Flor, 2002a).

Mit dem Schema Enmeshment Model of Pain (SEMP) formulieren Pincus und

Morley (2001) ein spezifisches Schemamodell für chronische Schmerzen. In diesem

Modell wird angenommen, dass der Informationsverarbeitungsbias bei chronischen

Schmerzpatienten auf eine Überlappung dreier Schemata zurückzuführen ist. Sie

postulieren dabei jeweils ein Schema zu Schmerz, Krankheit und zum Selbst. Das

Schmerzschema bezieht sich auf unmittelbare Merkmale der Schmerzerfahrung wie

zum Beispiel die sensorische Intensität sowie räumlich-zeitliche Merkmale des

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Schmerzes (Fernandez & Turk, 1992; Gracely, 1992; Melzack & Casey, 1968). Das

Schmerzschema ist mit dem Abbruch des vorhergehenden Verhaltens sowie der

Aufnahme lebenserhaltender und eine Heilung fördernder Reaktionen assoziiert

(Eccleston & Crombez, 1999). Das Krankheitsschema beinhaltet Informationen zu

affektiven und behavioralen Konsequenzen von Krankheit, einschließlich der

Informationen zu autonomen Funktionen, zur kurz- und langfristigen Zielerreichung

sowie zur Lebensqualität. Das Selbstschema wird nach Bradley und Mathews (1983;

zitiert nach Pincus & Morley, 2001) als eine kognitive Struktur im Langzeitgedächtnis

(LZG) betrachtet, die allgemeine, überdauernde Informationen über das Selbst sowie

spezifische Verhaltensepisoden beinhaltet. Pincus & Morley (2001) nehmen im SEMP

an, dass bei wiederholter und gleichzeitiger Aktivierung von zwei oder mehr Schemata

ein Schema mit dem anderen verknüpft und mit ihm verwoben (enmeshment) wird.

Dieses Enmeshment kann dabei sehr unterschiedliche Ausmaße annehmen. Ein

gewisses Enmeshment ist nach Pincus und Morley (2001) jedoch immer gegeben (s.

Abbildung 7). In Abhängigkeit der Stärke des Enmeshment und des genauen Inhalts der

Schemata kann vermutet werden, dass unterschiedlich starke Verzerrungen in der

Informationsverarbeitung entstehen. Je stärker beispielsweise das Enmeshment des

Schmerzschemas mit dem Selbstschema ist, umso stärker fällt der

Informationsverarbeitungsbias aus. Verschiedene Befunde sprechen für die Annahme

eines solchen Modells (Davies, 2003; Gray, 2006; zitiert nach Rusu, 2008; Harris,

Morley & Barton, 2003; Read & Pincus, 2004; Morley et al., 2005; Pincus et al., 2007;

Sutherland & Morley, 2008).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Abbildung 7. Schematische Darstellung des „Schema-Enmeshment Model of Pain“ nach Pincus &

Morley (2001).

2.2 Schmerzverarbeitung

Bereits mit der Gate Control Theory (GCT, Melzack & Wall, 1965, s. Abschnitt

II.1.3.1) wurde der Versuch unternommen, ein Konzept zur Schmerzverarbeitung zu

entwickeln, in dem die einzelnen beteiligten Mechanismen und Systeme berücksichtigt

werden, die bei der Schmerzverarbeitung beteiligt sind. Die GCT erlaubt jedoch keine

Aussage über die zeitlichen Abläufe der Schmerzverarbeitung auf kortikaler oder

peripherer Ebene und regte damit Modelle an, die sich dieser Fragestellung widmeten

und im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Leventhal postuliert in der Perceptual Motor Theory of Emotions (1984) drei sich

gegenseitig verstärkende Systeme, die zum Erleben von Emotionen beitragen. Das erste

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System ist ein expressives Motorsystem, das dem Ausdruck der Emotion (z.B.

lächelnder Gesichtsausdruck bei Freude) dient. Das zweite System stellt ein

schematisches System dar, das Assoziationen zwischen der jeweiligen Emotion und

bestimmten Stimuli beinhaltet (z.B. eine Spinne bei einer Spinnenphobie). Auf dieser

Ebene kann es dazu kommen, dass schemakongruente Informationen selektiv

verarbeitet werden. Bei dem dritten System handelt es sich um ein konzeptuelles

System, das differenziert mithilfe von Richtlinien die Interpretation und Generierung

von emotionalem Erleben gesteuert wird. Zu diesen Richtlinien zählen beispielsweise

die Überzeugungen (Beliefs), Attributionen und Beweggründe eines Individuums.

Demnach handelt es sich bei der Verarbeitung von Reizen um einen aktiven

erwartungs- und schemageleiteten Prozess, der durch selektive Informationssuche,

Aufmerksamkeitslenkung und Strukturierung der aufgenommenen Informationen

gekennzeichnet ist (Leventhal, Nerenz & Steele, 1984). Dieser kann sich beispielsweise

in einem Aufmerksamkeitsbias oder Gedächtnisbias oder als Interpretationsbias1

niederschlagen (Pincus et al., 1994; Pincus et al., 1996; Pincus et al., 1995). Leventhal

und seine Kollegen nehmen in verschiedenen Untersuchungen an, dass ein noxischer

Reiz über zwei unabhängige, aber interagierende „Kanäle“ verarbeitet wird: einen

sensorischen und einen affektiven Kanal (Leventhal & Everhart, 1979; Leventhal et al.,

1983,). Der sensorische Kanal verarbeitet Informationen zu den sensorischen Aspekten

des Schmerzes. Dazu zählen die Intensität und Lokalisierung des Schmerzes sowie

seine sensorischen Eigenschaften wie zum Beispiel Temperatur und Druck. Der zweite

Kanal verarbeitet affektive Komponenten des Schmerzes. Dazu zählen beispielsweise

Merkmale, welche die mit dem Schmerz verbundene Unannehmlichkeit, Angst oder

Leid betreffen. Das Modell nimmt an, dass die Verarbeitung sensorischer und

emotionaler Aspekte parallel bzw. gleichzeitig verläuft, allerdings dominiert immer ein

Kanal. Beispielsweise kann die Aufmerksamkeit von affektiven Komponenten des

Schmerzes abgelenkt und auf sensorische hingelenkt werden.

Es gibt Befunde, die dafür sprechen, dass eine Aufmerksamkeitsfokussierung auf

sensorische Aspekte zu einer Reduktion von Distress führt (Johnson, 1973).

1 Der Interpretationsbias wird hier zur Vollständigkeit erwähnt, im Folgenden jedoch nicht weiter

dargestellt, da er in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht wurde.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Überwiegend gilt Ablenkung (distraction) jedoch als eine Kontrollstrategie im Umgang

mit Schmerzen, die ermöglicht, dass Schmerzintensität gering bzw. mild und konstant

gehalten wird (Eccleston, Crombez, Aldrich & Stannard, 1997). Vielfach wurde das

Modell in der Schmerzforschung als Grundlage dafür genutzt, um Hypothesen zu den

Informationsverarbeitungsprozessen bei chronischen Schmerzpatienten zu generieren

(Pincus et al. 1994; vgl. Pincus, 2004).

Entgegen dieser Vorstellung einer parallelen Verarbeitung von Leventhal geht Price

(1999) von der evidenzbasierten Annahme aus, dass eine sequenzielle Verarbeitung

stattfindet und formuliert das Vier-Stufen-Modell (four stages model of pain, Price,

1999; s. Abbildung 8). Price (1999) nimmt an, dass die Schmerzverarbeitung in vier

Stufen abläuft. Bei der ersten Stufe postuliert Price (1999) eine körperliche

Empfindung, die mit einer Schmerzintensität, wie sie zum Beispiel bei einer

Gewebeschädigung auftritt, einhergeht. Diese Empfindung muss allerdings nicht mit

einer tatsächlichen Gewebeschädigung einhergehen. In der zweiten Stufe wird eine von

dieser Empfindung ausgehende Bedrohung wahrgenommen, die mit einer

entsprechenden unmittelbaren Unbehaglichkeit und mit negativen Gefühlen (z.B. eine

mit einem Arousal verbundene Erfahrung von Furcht) verbunden ist. In der dritten Stufe

kommt es zu einem anhaltenden negativen Affekt (beispielsweise Angst, Frustration

und Ärger), der durch kognitive Bewertungsprozesse entsteht, in denen Befürchtungen

mit dem Schmerz antizipiert werden, wie zum Beispiel, dass dieser ein Leben lang

bestehen bleibt. In der letzten Stufe kommt es auf der Grundlage der vorherigen Stufen

zu einem entsprechenden Schmerzverhalten (z.B. Klagen, Schon- und

Rückzugsverhalten).

Abbildung 8. Vier-Stufen Modell nach Price (1999).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Price (1999) entwickelte das Modell auf der Basis von Untersuchungen mit gesunden

Probanden, bei denen beispielsweise unter experimentellen Bedingungen Schmerz

induziert wurde (vgl. Pincus, 2004). Für die Vorstellung einer sequenziellen

Verarbeitung von Schmerz sprechen zudem verschiedene Befunde aus Untersuchungen

zum ZNS, die serielle Abläufe und Interaktionen zwischen dem somatosensorischen

Kortex, der Insular und dem cingulären Kortex, sowie präfrontalen und temporalen

kortikalen Bereichen postulieren (Price, 1999; zitiert nach Pincus, 2004).

2.3 Informationsverarbeitungsbias bei chronischen Schmerzen

Aus den bisherigen Ausführungen wird ersichtlich, dass angenommen werden kann,

dass chronische Schmerzpatienten aufgrund einer vermehrten Erfahrung mit Schmerzen

und schmerzauslösenden Situationen eine schmerzgefärbte Sicht der Welt haben (Ruoß,

1998) und sich dementsprechend ihre Informationsverarbeitung von der gesunder

Probanden unterscheidet (Grigsby et al., 1995; Pincus et al., 1998). Untersuchungen zur

Informationsverarbeitung gehen im psychopathologischem Kontext davon aus, dass

Verzerrungen in der Informationsverarbeitung maßgeblich zur Entstehung und

Aufrechterhaltung von Störungen beitragen (Beck & Clark, 1997; Mathews &

MacLeod, 1994; MacLeod, 1999). Dabei wird angenommen, dass störungskongruente

bzw. mit den Inhalten der Sorgen und Affekte übereinstimmende Informationen

bevorzugt wahrgenommen werden und diese Wahrnehmung das anschließende

Verhalten steuert. Vor diesem Hintergrund wurde vielfach postuliert, dass ein

kognitiver Bias bei chronischen Schmerzpatienten eine zentrale Rolle bei der

Aufrechterhaltung und Exazerbation der Schmerzen einnimmt (Waddell, 1996; Pincus,

1998). Empirische Studien zum kognitiven Bias bei chronischem Schmerz

konzentrieren sich in erster Linie auf die Bereiche Aufmerksamkeit und Gedächtnis

(Pincus & Morley, 2001)2. Diese werden in den folgenden Abschnitten dargestellt.

2 Auf die Darstellung der Befunde zum Interpretationsbias wird hier verzichtet, da dieser nicht

Gegenstand der vorliegenden Arbeit war.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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2.3.1 Aufmerksamkeitsbias

Ein Aufmerksamkeitsbias ist gegeben, wenn die Reaktion eines Individuums auf eine

bestimmte Gruppe von Stimuli konsistent erleichtert oder gestört wird (vgl. Pincus et

al., 2001). Grundlage der Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei chronischen

Schmerzpatienten ist die Annahme, dass klinische Populationen ihre Aufmerksamkeit

konsistent störungsrelevanten/ bedrohlichen Stimuli zuwenden (selektive

Aufmerksamkeit; Pincus & Morley, 2001).

Ein häufig verwendetes Paradigma zur Überprüfung dieser Annahme ist der Stroop Test

(Stroop, 1935). Bei diesem Test besteht die Aufgabe des Probanden darin die Farbe, in

der ein (Farb-) Wort gedruckt wurde, zu benennen. Dabei können das Farbwort und die

Druckfarbe übereinstimmen (Kongruenz) oder divergieren (Inkongruenz). Um diese

Aufgabe zu erfüllen, muss der Proband die automatische Tendenz der semantischen

Enkodierung unterdrücken, um kontrolliert die Analyse der Farbe, in der das Wort

gedruckt wurde, vorzunehmen (Keller & Grömminger, 1995). Bei inkongruenten

Durchgängen (wenn zum Beispiel das Farbwort „blau“ in grüner Druckfarbe dargeboten

wird), ist eine deutliche Benennungslatenz und damit ein Interferenzeffekt zu

verzeichnen. Nach dem Konzept von Shiffrin und Schneider (1977) können zwei

Formen der Informationsverarbeitung bei Aufmerksamkeitsprozessen unterschieden

werden: eine automatische, unbewusst und schnell ablaufende Informationsverarbeitung

und eine kontrolliert ablaufende, bewusste und kapazitätsfordernde und langsame

Informationsverarbeitung. Die Aufgabe im Stroop Test erfordert, die automatisierte

Reaktion auf eine dominante aber nicht relevante Information zu unterdrücken und

kontrolliert auf einen nicht-dominanten aber relevanten Stimulus zu reagieren. Durch

diese Interferenz kommt es zu längeren Benennungslatenzen, die Aufschluss über die

Tendenz der automatischen Benennung geben. Zur Untersuchung von

Interferenzeffekten in klinischen Populationen wurde das Stroop Paradigma modifiziert,

indem störungsbezogene Stimuli verwendet wurden. Die Interferenz wird dabei erfasst

über die Differenz aus der Benennungslatenz für neutrale Stimuli und der

Benennungslatenz für störungsrelevante oder bedrohliche Stimuli. Bei verschiedenen

Störungen, insbesondere bei Angststörungen, konnte eindrucksvoll mithilfe des

modifizierten emotionalen Stroop Paradigmas ein entsprechender Aufmerksamkeitsbias

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

44

immer wieder bestätigt werden (für einen Überblick s. MacLeod, 1991a; Williams et al.,

1996).

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse entstand in der Forschung zunehmend das

Interesse daran, mithilfe des emotionalen Stroop Paradigmas den Aufmerksamkeitsbias

bei chronischen Schmerzpatienten zu untersuchen. Im Gegensatz zu den eindeutigen

Ergebnissen in der Angstforschung sind die Resultate der Studien, welche den

Aufmerksamkeitsbias bei chronischen Schmerzpatienten erfassen, nicht eindeutig

(Pincus & Morley, 2001). Während in einigen Studien gezeigt werden konnte, dass

Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden Probanden schmerzassoziierte Wörter in

der Stroop Aufgabe selektiv wahrnehmen (Boissevain, 1994; Crombez et al., 2000;

Pearce & Morley, 1989; Snider et al., 2000), gelang anderen Studien nicht, diese

Befunde zu replizieren (Pincus et al., 1998; Roelofs, Peters & Vlaeyen, 2003).

Eine der ersten Untersuchungen, in denen der Aufmerksamkeitsbias bei chronischen

Schmerzpatienten mithilfe des modifizierten Stroop Tests untersucht wurde, war die

Untersuchung von Pearce und Morley (1989). Sie verglichen die Leistungen von 16

Schmerzpatienten mit denen von 16 gesunden Probanden und fanden heraus, dass die

Schmerzpatienten im Vergleich zur gesunden Stichprobe bei schmerzassoziierten

Wörtern (sensorische Wörter; z.B. heiß, stechend) eine größere Interferenz und damit

eine selektive Aufmerksamkeit für diese aufwiesen. Allerdings hing depressive

Stimmung (erfasst über den Profile of Mood States; Nulty Wilkins& Williams, 1987)

mit einer generellen Benennungslatenz zusammen, so dass die Ergebnisse nicht

ausschließlich auf die Schmerzen zurückgeführt werden können (vgl. Roelofs, Peters,

Zeegers & Vlaeyen, 2002).

Vor diesem Hintergrund wurde der Einfluss chronischer Schmerzen auf einen

Aufmerksamkeitsbias unter Berücksichtigung der Depressivität der Probanden

untersucht. Boissevain (1994) verglichen beispielsweise mithilfe des Stroop Tests die

Verzerrungen in der Aufmerksamkeit von 15 depressiven Schmerzpatienten, 15 nicht-

depressiven Schmerzpatienten, 15 schmerzfreien depressiven Patienten und 15

schmerzfreien und nicht depressiven Kontrollprobanden miteinander. Das Ergebnis

ihrer Studie belegte einen Aufmerksamkeitsbias für (sensorische) Schmerzwörter bei

chronischen Schmerzpatienten, da sowohl die depressive als auch die nicht-depressive

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Schmerzgruppe größere Benennungslatenzen für schmerzassoziiertes Wortmaterial

aufwies als für neutrale oder positive Wörter.

Pincus et al. (1998) führten mithilfe des Stroop Paradigmas nacheinander zwei

Untersuchungen durch. In ihrem ersten Experiment beabsichtigten sie, die Ergebnisse

von Pearce und Morley (1989) in einer Stichprobe von 20 chronischen

Schmerzpatienten und 20 gesunden Kontrollpersonen zu replizieren. Pincus et al.

(1998) blieben dabei jedoch erfolglos und fanden keine Anhaltspunkte für eine selektive

Aufmerksamkeit von Schmerzpatienten für schmerzassoziiertes Wortmaterial. Im

zweiten Experiment untersuchten Pincus et al. (1998) in einer Stichprobe von 17

chronischen Schmerzpatienten und 17 gesunden Kontrollpersonen zusätzlich die

Effekte von Angst und Depressivität auf den Aufmerksamkeitsbias bei

schmerzassoziiertem im Vergleich zu neutralem Wortmaterial. Auch hier konnte ein

Aufmerksamkeitsbias nicht in Abhängigkeit des Schmerzes festgestellt werden.

Snider et al. (2000) konnten wiederum in ihrer Stichprobe, bestehend aus 33 CLBP-

Patienten und 33 gesunden Kontrollpersonen, in einer modifizierten Stroop Aufgabe

einen Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziierte Wörter in Abhängigkeit von

Schmerz zeigen. Darüber hinaus überprüften Snider et al. (2000) in ihrer Untersuchung

den prädiktiven Wert schmerzbezogener Angst auf den Aufmerksamkeitsbias. Sie

fanden positive Korrelationen zwischen dem kognitiven Aspekt von Schmerzangst und

den Benennungslatenzen sowohl für affektive als auch für sensorische Wörter im Stroop

Test. In einer multiplen Regressionsanalyse, in der alle psychologischen Merkmale

schrittweise eingegeben wurden, identifizierten sie die Subskala für kognitive

Schmerzangst der Pain Anxiety Symptom Scale (PASS; McCracken et al., 1992) sowie

die Angstsensitivität (gemessen über den Anxiety Sensitivity Index; ASI; Reiss et al.,

1986) als bedeutsame Prädiktoren für die Benennungslatenz für affektive

Schmerzwörter. Dabei waren eine stärkere kognitive Schmerzangst sowie eine

geringere Angstsensitivität mit größeren Benennungslatenzen für affektive

Schmerzwörter assoziiert.

Crombez et al. (2000) fanden dagegen wiederum Belege dafür, dass Schmerzpatienten

einen Aufmerksamkeitsbias für sensorische Schmerzwörter im Vergleich zu affektiven

Schmerzwörtern und auf Verletzung bezogenen Wörtern zeigen. Dieser Bias wurde

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

46

zudem von der aktuellen Schmerzintensität der Patienten, nicht aber von Variablen wie

Angst vor Schmerzen (fear of pain; FOP), Katastrophisieren oder negativem Affekt

vorhergesagt.

Roelofs, Peters, Zeegers und Vlaeyen (2002) nahmen diese inkonsistenten Befunde zum

Anlass für eine Metastudie, um die Effekte miteinander zu vergleichen. Dabei wurden

die Studien von Boissevain (1994), Pearce & Morley (1989), Snider, Asmundson und

Wiese (2000) sowie Pincus und Morley (1998) berücksichtigt. Signifikante Effekte

wurden sowohl für sensorische als auch für affektive Schmerzwörter gefunden. Für

beide Wort-Typen wiesen chronische Schmerzpatienten eine selektive Aufmerksamkeit

auf.

Aufgrund der Kritik von MacLeod et al. (1986) am Stroop Paradigma, dass dieses

uneindeutig und offen für einen sogenannten response bias artefact sei, ging die

Forschung dazu über, die Verzerrungen in der Aufmerksamkeit bei chronischen

Schmerzpatienten mithilfe des dot-probe Paradigmas zu untersuchen. Der response bias

artefact bezieht sich dabei darauf, dass die Antworten der Probanden aufgrund der

komplexen Anforderung der verlangten Reaktion verfälscht sein können. Die dot-probe

Aufgabe (MacLeod et al., 1986) wird als eine direktere Methode zur Erfassung

selektiver Aufmerksamkeit gesehen. Bei der visuellen dot-probe Aufgabe werden auf

einer Anzeige zwei übereinander positionierte Wörter kurz dargeboten. Danach werden

die Wörter ausgeblendet und ein kleiner Punkt erscheint auf dem Bildschirm, entweder

an der Position des oberen oder an der Position des unteren Wortes. Die Aufgabe des

Probanden besteht darin, per Tastendruck anzugeben, ob sich der Punkt an der Position

des zuvor unten oder oben dargebotenen Wortes befindet. Ein Aufmerksamkeitsbias

kann erfasst werden, indem entsprechend (störungs-) relevante und neutrale Stimuli als

Bildpaare dargeboten werden. Die dot-probe Aufgabe hat im Vergleich zur Stroop

Aufgabe den wichtigen Vorteil, dass der response bias artefact kontrolliert wird, da die

Probanden eine neutrale Reaktion (Knopfdruck) auf einen neutralen Stimulus (Punkt)

zeigen müssen (MacLeod et al., 1986). Eine gängige Auswertungsmethode für die

Daten aus der dot-probe Aufgabe ist die Bildung des Bias Index (BI). Ein positiver Wert

in diesem Index weist auf eine selektive Aufmerksamkeit für einen bedrohlichen

Stimulus hin. Dagegen bedeutet ein negativer Wert auf eine Abwendung der

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Aufmerksamkeit von diesem Stimulus weg (Vermeidung). Im Bereich der

Angstforschung konnte mithilfe des dot-probe Paradigmas gezeigt werden, dass

Angstpatienten schneller reagieren, wenn der Punkt einen angstbezogenen Hinweisreiz

ersetzt (Williams et al., 1996).

Vor diesem Hintergrund ging die Forschung dazu über, den Aufmerksamkeitsbias bei

chronischen Schmerzpatienten mithilfe des visuellen dot-probe Paradigmas zu

untersuchen. Gleichzeitig wuchs das Interesse zunehmend daran, die Verzerrungen in

der Aufmerksamkeit bei chronischen Schmerzpatienten in Abhängigkeit von ihrer

Stimmung, insbesondere der FOP zu untersuchen (Asmundson, 1997; Keogh, Ellery,

Hunt & Hannent, 2001; Dehghani et al., 2003). Beispielsweise untersuchten

Asmundson et al. (1997) bei 19 chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zu 22

gesunden Kontrollprobanden die Aufmerksamkeitsleistungen mit Hilfe des dot-probe

Paradigmas und fanden heraus, dass sich der Aufmerksamkeitsbias eher im

Zusammenhang mit der FOP der Patienten zeigte als im Zusammenhang mit dem

Bestehen oder der Intensität von Schmerzen. Sie konnten zeigen, dass Patienten mit

geringerem FOP ihre Aufmerksamkeit von Wörtern, die mit Schmerzen assoziiert

waren, ablenkten, wohingegen Patienten mit einem höheren Angstlevel ihre

Aufmerksamkeit auf die schmerzassoziierten Wörter hinrichteten. Diese Befunde zur

FOP konnten in zwei Studien mit gesunden Probanden repliziert werden (Keogh,

Dillon, Georgiou & Hunt, 2001; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001; Keogh et al.,

2003), anderen Untersuchungen gelang dies jedoch nicht (Keogh et al., 2002; Keogh et

al., 2003; Roelofs, Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003). Pincus und Morley (2001)

wiesen darauf hin, dass inkonsistente Befunde in den Untersuchungen mit chronischen

Schmerzpatienten darin begründet sein können, dass inkonsistent zwischen sensorischen

und affektiven Schmerzwörtern unterschieden wird. Diese Unterscheidung hat sich

jedoch in verschiedenen Studien als sinnvoll erwiesen (Crombez et al., 2000; Snider et

al., 2000).

Eine zusätzliche Weiterentwicklung der Untersuchungen bei chronischen

Schmerzpatienten mit der dot-probe Aufgabe erfolgte auf der Basis der Arbeit von

Koster, Crombez, Verschuere und De Houwer (2004). Sie ergänzten das Paradigma, in

dem ursprünglich jedes Stimuluspaar aus einem neutralen und einem

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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schmerzassoziierten Stimulus bestand, um eine Bedingung, in der zwei neutrale Stimuli

ein Stimuluspaar darstellten. Damit konnte eine experimentelle (Stimuluspaar:

bedrohlich-neutral) von einer neutralen Bedingungen (Stimuluspaar: neutral-neutral)

unterschieden werden. Dadurch ist der Vergleich zwischen den Reaktionszeiten der

Probanden in neutralen (neutral-neutrales Stimuluspaar) und kongruenten (der Punkt

ersetzt beim Stimuluspaar bedrohlich-neutral den bedrohlichen Stimulus) bzw.

zwischen neutralen und inkongruenten Bedingungen (der Punkt ersetzt beim

Stimuluspaar bedrohlich-neutral den neutralen Stimulus) möglich. Koster et al. (2004)

postulieren, dass schnellere Reaktionszeiten in kongruenten Durchgängen auf selektive

Aufmerksamkeit für bedrohliches Material (CE; congruency effect) hinweisen,

langsamere Reaktionszeiten in inkongruenten Durchgängen dagegen auf

Schwierigkeiten hinwiesen, sich von bedrohlichem Material loszulösen (incongruency

effect; ICE). Beide Effekte schließen sich nicht aus (Koster et al., 2004).

Unter Berücksichtigung dieser Erweiterungen fanden Dehghani et al. (2003) in einer

Untersuchung mit Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzen heraus, dass die

Patienten nur für sensorische Schmerzwörter eine selektive Aufmerksamkeit aufwiesen.

Auf Hochängstliche Patienten hatten Schwierigkeiten, sich von bedrohlichen Wörtern

zu lösen. Asmundson et al. (2005) konnten wiederum weder einen allgemeinen

Aufmerksamkeitsbias bei chronischen Schmerzpatienten finden, noch Unterschiede in

Abhängigkeit von Wortmaterial mit sensorischem oder affektivem Schmerzbezug.

Jedoch konnten auch sie positive Zusammenhänge zwischen FOP als kontinuierliche

Variable und selektiver Aufmerksamkeit zeigen.

Roelofs et al. (2005) vermuteten daraufhin, dass diese inkonsistenten Effekte in der

Stimuluswahl begründet liegen. Sie nahmen an, dass ein Stimulusmaterial, das aus

Wörtern besteht, möglicherweise nicht in der Lage ist, die aktuellen Befürchtungen von

Schmerzpatienten zu erfassen, da sie semantische Repräsentationen der gefürchteten

Stimuli darstellen (Anderson & Haldrup, 2003). Daraufhin modifizierten sie die dot-

probe Aufgabe, indem sie eine Bildversion der Aufgabe entwickelten. Sie nahmen an,

dass Bildmaterial, welches Aktivitäten darstellt, die mit der Angst vor Bewegungen und

(Wieder-) Verletzung assoziiert sind, salienter sind und damit die aktuellen

Befürchtungen besser darstellen. Roelofs et al. (2005) führten mit einer Stichprobe,

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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bestehend aus 49 CLBP-Patienten und 44 Kontrollpersonen, zwei dot probe Aufgaben

durch: eine in einer Wortversion und eine in einer Bildversion. Zusätzlich wählten sie

das Stimulusmaterial für die Bildversion der dot-probe Aufgabe idiosynkratisch aus.

Hierfür ließen sie die Probanden zuvor die auf den Bildern dargestellten Aktivitäten auf

einer Numerischen Ratingsskala mit den Endpunkten 0 und 100 (wobei 0 gar keine

Bedrohung und 100 maximale Bedrohung bedeutet) daraufhin einschätzen, inwieweit

von dieser eine Bedrohung in dem Sinne wahrgenommen wird, dass dem Rücken durch

die Ausführung der Aktivität ein Schaden zugefügt wird. Nur die jeweils fünf am

bedrohlichsten und fünf am wenigsten bedrohlichen beurteilten Bilder wurden in die

anschließende dot-probe Aufgabe integriert. Die Leistungen der Probanden in

ermittelten Roelofs et al. (2005) über drei Indizes: den Kongruenz Index (congruency

index; CI; s. Abschnitt III.1.2.2) für die Leistungen in den kongruenten Durchgängen,

den Inkongruenz Index (incongruency index; ICI; s. Abschnitt III.1.2.2) für die . Die

Leistungen in inkongruenten Durchgängen und einen neutralen Index für die Leistungen

in den neutralen Durchgängen (neutral index; NI; s. Abschnitt III.1.2.2). In der

Bildversion der dot-probe Aufgabe zeigten die Ergebnisse, dass CLBP-Patienten zwar

keine selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen, jedoch im

Vergleich zu gesunden Probanden deutliche Schwierigkeiten haben, ihre

Aufmerksamkeit von diesen abzuwenden (Disengagement Effekt). Dieser Effekt zeigte

sich unabhängig der FOP der Probanden, hier als Bewegungsangst und der Angst vor

(Wieder-) Verletzung mithilfe der Tampa Scale of Kinesiophobia (TSK; Miller et al.,

1991, unveröffentlichte Version, nach Kori, Miller & Todd, 1990) gemessen.

Asmundson (2007) nahmen die inkonsistenten Befunde zum Aufmerksamkeitsbias in

Abhängigkeit des FOP Konzepts zum Anlass dafür, die Daten aus ihrer Untersuchung

von 2005 (Asmundson et al., 2005) zu re-analysieren. Sie untersuchten dabei den

Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von FOP diesmal nicht als kontinuierliche

Variable wie in der Untersuchung zuvor (Asmundson et al., 2005), sondern als eine

kategoriale Variable. Sie zogen dafür verschiedene FOP Gruppierungsmethoden heran.

Hoch- und niedrig- FOP Gruppen wurden sowohl über Terzentile aus dem ASI (Reiss &

McNally, 1985) und der PASS (McCracken et al., 1992) als auch über eine Cluster aus

beiden Instrumenten gebildet. Die Re-Analyse zeigte keine bedeutsamen Unterschiede

in der Aufmerksamkeit für verschiedene Wort-Typen in Abhängigkeit von FOP. Über

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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die Clustermethode zeigten ihre Ergebnisse jedoch, dass die hoch-FOP Probanden im

Vergleich zu den niedrig-FOP Probanden eine selektive Aufmerksamkeit über alle

Wort-Typen hinweg zeigten. Asmundson et al. interpretierten diesen Befund als eine

generelle Hypervigilanz der hoch-FOP Probanden.

Für eine bessere Übersicht der Befunde zum Aufmerksamkeitsbias bei chronischen

Schmerzpatienten sind die hier aufgeführten Untersuchungen im Folgenden tabellarisch

dargestellt (s. Tabelle 1).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Tabelle 1. Übersicht zu den Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei Schmerzpatienten.

Studie Aufgabe N Stichprobe Stimuli

Pearce & Morley,

1989.

Stroop

(Karten)

16 Personen mit chronischen

Schmerzen

Sensorische Schmerzwörter

vs. neutrale Wörter

16 Gesunde Kontrollpersonen

Pincus, 1993. Dot-probe 16 Personen mit chronischen

Schmerzen

Gemischte Sensorische und

affektive Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

16 Gesunde Kontrollpersonen

Boissevain, 1994. Stroop

(Karten)

20 Personen mit chronischen

Schmerzen

Gemischte Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

20 Gesunde Kontrollpersonen

Asmundson et al.,

1997.

Dot-probe 19 Personen mit chronischen

Schmerzen/ muskuloskelettalen

Verletzungen

Gemischte sensorische und

affektive Schmerzwörter vs.

neutrale Schmerzwörter

22 Gesunde Kontrollpersonen

Pincus et al., 1998. Stroop

(Karten)

20 Personen mit chronischen

Schmerzen

Sensorische Schmerzwörter

vs. neutrale Wörter

20 Gesunde Kontrollpersonen

Stroop

(Computer)

17 Personen mit chronischen

Schmerzen

Sensorische Schmerzwörter

vs. Farbwörter

17 Gesunde Kontrollpersonen

Crombez et al.,

2000.

Stroop

(Computer)

25 Personen mit CLBP Sensorische Schmerzwörter

vs. neutrale Wörter

Snider et al., 2000. Stroop

(Computer)

33 Personen mit chronischen

Rücken- oder Nackenschmerzen

Gemischte sensorische und

affektive Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

Keogh, Ellery,

Hunt & Hannent,

2001.

Dot-probe 74 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,

sozial bedrohliche und

positive vs. neutrale Wörter

Keogh, Dillon,

Georgiou & Hunt,

2001.

Dot-probe 100 Gesunde Personen Physisch- und sozial-

bedrohliche sowie positive

Wörter vs. neutrale Wörter

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Keogh et al., 2002. Dot-probe 100 Gesunde Personen Sensorische und affektive

Schmerzwörter vs. neutrale

Wörter

Dehghani al., 2003. Dot-probe 176 Personen mit chronischen

Schmerzen

Gemischte Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

Keogh et al., 2003. Dot-probe 81 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,

sozial bedrohliche und

positive Wörter vs. neutrale

Wörter

Roelofs, Peters,

van der Zijden,

Thielen &

Vlaeyen, 2003.

Dot-probe 90 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,

sozial bedrohliche und

positive Wörter vs. neutrale

Wörter

Dot-Probe 120 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,

sozial bedrohliche und

positive Wörter vs. neutrale

Wörter

Roelofs, Peters &

Vlaeyen, 2003

Stroop

(Computer)

43 Personen mit CLBP Verletzungs- und

Bewegungswörter vs. neutrale

Wörter 36 Gesunde Kontrollpersonen

Asmundson,

Carleton & Ekong,

2005.

Dot-probe 30 Personen mit chronischen

Kopfschmerzen

Sensorische und affektive

Schmerzwörter vs. neutrale

Wörter

19 gesunde Kontrollpersonen

Asmundson,

Wright, Heather &

Hadjistavropoulos,

2005.

Dot-probe 36 Personen mit chronischen

Schmerzen

Sensorische und affektive

Schmerzwörter sowie

negative Gesundheitswörter

vs. neutrale Wörter 29 Gesunde Kontrollpersonen

Roelofs et al.,

2005.

Dot-probe

(Bildversion)

49 Personen mit CLBP Hoch-bedrohliche und

niedrig-bedrohliche

Schmerzbilder vs. neutrale

Bilder 44 Gesunde Kontrollpersonen

Asmundson et al.,

2007.

Dot-probe 36 chronisch muskuloskelettale

Schmerzen

Sensorische und affektive

Schmerzwörter sowie

negative Gesundheitswörter

vs. neutrale Wörter 29 gesunde Probanden

Khatibi et al., 2009. Dot-probe

(Bildversion)

170 Personen mit chronischen

Schmerzen

Schmerzassoziierte Gesichter

vs. fröhliche Gesichter

40 Gesunde Kontrollpersonen

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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2.3.2 Gedächtnisbias

Ein Gedächtnisbias ist gegeben, wenn die Erinnerungsleistungen eines Individuums für

eine bestimmte Gruppe von Stimuli konsistent verbessert oder verschlechtert werden.

Grundlage der Untersuchungen zum Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten

ist ähnlich wie im Bereich des Aufmerksamkeitsbias die Annahme, dass klinische

Populationen konsistent störungsrelevante bzw. bedrohliche Stimuli besser erinnern

(selektives Gedächtnis) als beispielsweise neutrale Stimuli (vgl. Ruoß, 1998).

Wie auch im Forschungsfeld der Erfassung des Aufmerksamkeitsbias bei chronischen

Schmerzpatienten, liegt der Ursprung der Untersuchungen zum Gedächtnisbias im

Bereich der Erforschung affektiver Störungen. Hier gilt der Einfluss der Stimmung,

sowohl als Zustand (state) als auch als überdauernde Eigenschaft (trait) als gut belegt

(Blaney, 1986; Singer & Salovey, 1988; Teasdale & Bernard, 1993; Williams et al.,

1997). Die eindeutigsten Resultate finden sich dafür, dass Probanden jenes

Stimulusmaterial, welches mit ihrer aktuellen Stimmung (state) übereinstimmt, am

besten erinnern (vgl. Pincus & Morley, 2001).

Diese Befunde regten Untersuchungen an, welche einen möglichen Gedächtnisbias bei

chronischen Schmerzpatienten untersuchten. Vor dem Hintergrund der assoziativen

Netzwerktheorie und der Annahme eines ausgeprägten Schmerzgedächtnisses wurde

dabei ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material vermutet. Wright &

Morley (1995) konnten beispielsweise zeigen, dass chronische Schmerzpatienten

deutlich mehr autobiographische Erinnerungen abrufen, die einen Bezug zu

körperlichen Schmerzen hatten als schmerzneutrale Erinnerungen. Eich, Rachmann &

Lopatka (1990) und Boissevain (1994) zeigten dagegen, dass Effekte des Abrufs

autobiographischer Inhalte bei Schmerzpatienten eher durch die Stimmung vermittelt

wurden (vgl. Pincus & Morley, 2001).

Ein weiteres Paradigma, mit dem in der Schmerzforschung das selektive Gedächtnis

chronischer Schmerzpatienten für schmerzassoziiertes Material überprüft wird, ist die

Aufgabe zum Wiedererkennen (recognition task). Bei dieser Aufgabe wird dem

Probanden zunächst eine Reihe von Wörtern aus verschiedenen Kategorien (z.B.

schmerzassoziierte und neutrale Wörter präsentiert. Die Aufgabe des Probanden besteht

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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dabei darin, sich die Wörter während einer Darbietungsphase zu merken. Anschließend

werden die Wörter zusammen mit anderen (Füll-) Wörtern noch einmal präsentiert. Die

Aufgabe des Probanden besteht in dieser zweiten Phase darin, anzugeben, ob er dieses

in der vorherigen Lernphase gelernt hatte oder nicht, indem er diese aus mehreren

gleichzeitig dargebotenen Stimuli heraussucht (Mehrfachwahlaufgabe) oder aus einer

Reihe nacheinander oder simultan dargebotener Stimuli einzeln zu entscheiden, ob es

zuvor präsentiert wurde oder nicht (Ja-Nein-Aufgabe). Bei der Auswertung können

anschließend als abhängige Variablen die Anzahl der richtig wiedererkannten Wörter

der jeweiligen Wortkategorie (beispielsweise schmerzneutrale und schmerzassoziierte

Wörter) sowie die Anzahl der fälschlich wiedererkannten Wörter ausgezählt werden

(vgl. Hangarter, Schmitt, Ebert, 2001).

In zwei Untersuchungen mit der Wiedererkennungsaufgabe konnten keine signifikanten

Effekte gefunden werden (Pincus et al., 1993). Obgleich sowohl Boissevain (1994) als

auch Edwards et al. (1992) Gedächtnisunterschiede zwischen Schmerzpatienten und

gesunden Kontrollpersonen fanden, werden die Ergebnisse sehr kritisch betrachtet. In

beiden Studien kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Effekte über die Stimmung

vermittelt wurden. Gleichzeitig wurde bei beiden Untersuchungen vor der

Wiedererkennungsaufgabe ein anderer Gedächtnistest durchgeführt, bei dem teilweise

die gleichen Wörter verwendet wurden. Folglich konnten die Ergebnisse nicht als reine

Wiedererkennungseffekte betrachtet werden. Darüber hinaus können in beiden

Untersuchungen Reihenfolge- (Primacy- und Recency-) Effekte nicht ausgeschlossen

werden, da keine entsprechenden Füllwörter dargeboten wurden. Schließlich ist zu

kritisieren, dass sich eventuell die Methode der Wiedererkennungsaufgabe schlicht

nicht für die Erfassung des Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten eignet, da

die Aufgabe zu einfach sein könnte und daher Deckeneffekte nicht ausgeschlossen

werden können (vgl. Pincus & Morley, 2001).

Während Untersuchungen zum Wiedererkennen und zum autobiographischen

Gedächtnis wenig ergiebig waren, liefern die Ergebnisse, welche die Aufgabe zur freien

Wiedergabe (free-recall) verwendet haben, ein konsistenteres Bild für den

Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten und sprechen dafür, dass chronische

Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter aufweisen

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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(Edwards et al., 1992; Pearce et al., 1990; Pincus, Pearce, McClelland & Turner-Stokes,

1993; Rusu, 2008). Bei der Aufgabe zur freien Wiedergabe bekommen die Probanden

üblicherweise zunächst eine Reihe von Wörtern aus verschiedenen Wortkategorien auf

Kopfhörern zu hören. Die Aufgabe der Probanden besteht darin, sich so viele Wörter

wie möglich einzuprägen. In einer anschließenden Abrufphase werden die Probanden

gebeten, aus der vorher dargebotenen Wortliste innerhalb einer begrenzten Zeit

(üblicherweise zwei Minuten) so viele Wörter wie möglich wiederzugeben. Mithilfe der

Aufgabe zur freien Wiedergabe kann überprüft werden, ob Probanden mit bestimmten

Merkmalen (z.B. Schmerzpatienten) im Vergleich zu Kontrollprobanden für Wörter aus

einer bestimmten Kategorie (z.B. schmerzassoziierte Wörter) einen stärkeren

Gedächtnisbias aufweisen, indem sie diese vergleichsweise mehr erinnern als andere

Wörter (z.B. Kontrollwörter). Für die Erfassung Gedächtnisbias der Probanden wird als

abhängige Variable die Anzahl der richtig wiedergegebenen Wörter der jeweils

dargebotenen Wort-Typen berechnet.

Beispielsweise führten Pearce et al. (1990) mit einer Stichprobe, die aus 25 chronischen

Schmerzpatienten und 25 gesunden Kontrollprobanden bestand, sowohl eine free-recall

Aufgabe mit einer unmittelbaren (immediate) Wiedergabe, als auch eine mit einer

verzögerten (delayed) Wiedergabe durch. Das Stimulusmaterial bestand aus

schmerzassoziierten, negativen und neutralen Wörtern. Sowohl in der unmittelbaren als

auch in der verzögerten Bedingung zeigten sich keine bedeutsamen

Gruppenunterschiede in der Gesamtwiedergabe der Wörter. Jedoch gaben die

chronischen Schmerzpatienten deutlich mehr schmerzassoziierte Wörter wieder als die

Kontrollgruppe.

Während Pearce et al. (1990) ausschließlich sensorische Wörter darboten und

Stimmungseffekte unbeachtet blieben, überprüften Edwards et al. (1992) den Einfluss

der Stimmung und des Stimulus-Typs auf den Gedächtnisbias. Sie verglichen die

Gedächtnisunterschiede zwischen 16 nicht depressiven, chronischen Schmerzpatienten,

19 depressiven chronischen Schmerzpatienten und 19 schmerzfreien depressiven

Patienten sowie 19 gesunden Kontrollprobanden. Zusätzlich verwendeten sie neben

sensorischen Schmerzwörtern auch affektive Schmerzwörter und neutrale Wörter. Die

Ergebnisse zeigten, dass depressive Schmerzpatienten im Vergleich zu neutralen

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Wörtern sowohl mehr sensorische als auch mehr affektive Schmerzwörter erinnerten.

Nicht-depressive Schmerzpatienten wiesen dagegen nur ein selektives Gedächtnis für

sensorische Schmerzwörter auf. Wider Erwarten stellten Edwards et al. (1992) fest, dass

depressive Patienten ohne Schmerzen weniger affektive Schmerzwörter wiedergaben

als beispielsweise neutrale Wörter oder sensorische Schmerzwörter. Dieses Ergebnis

wurde im Sinne einer Vermeidung von stimmungskonsistentem Material interpretiert.

Andere Untersuchungen ergänzten die free-recall Aufgabe um den Aspekt des

Selbstbezugs, um das individuelle Schmerzschema zu berücksichtigen und folglich

genauere Aussagen im Hinblick auf den Gedächtnisbias treffen zu können. Bei dieser

Variante werden die Probanden beispielsweise gebeten, sich selbst (Selbstbezug) oder

eine andere Person (Fremdbezug) in einer Situation vorzustellen, die das dargebotene

Material beschreibt. Pincus et al. (1993) konnten zeigen, dass chronische

Schmerzpatienten mehr sensorische Schmerzwörter wiedergeben, wenn die Wörter

unter Selbstbezug enkodiert wurden, gleichzeitig konnte, selbst wenn die Depressivität

in den Analysen berücksichtig wurde, kein Effekt für affektive Schmerzwörter gefunden

werden.

In einer weiteren Studie untersuchten Pincus et al. (1995) den Gedächtnisbias bei

depressiven chronischen Schmerzpatienten, nicht-depressiven chronischen

Schmerzpatienten und gesunden Kontrollprobanden. Das Stimulusmaterial bestand aus

schmerzassoziierten und neutralen Wörtern sowie Wörtern mit Bezug zu Gesundheit

und Depression. Das Stimulusmaterial wurde von den Probanden vorab unter

Selbstbezug bzw. unter Fremdbezug kodiert. Dabei mussten die Probanden für jedes

Wort angeben, ob es sie selbst bzw. einen guten Freund beschreibt. Zusätzlich wurde

bei jeder Wortkategorie zwischen positiver und negativer Valenz unterschieden. Die

Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass depressive chronische Schmerzpatienten einen

Gedächtnisbias für negative gesundheitsbezogene Wörter aufwiesen, die unter

Selbstbezug enkodiert wurden, nicht jedoch für Wörter, die auf Depression bezogen

waren, wie es bei Patienten mit einer klinischen Depression zu finden ist. Koutantji et

al. (1999) untersuchten den Gedächtnisbias bei Kindern, die unter einer juvenilen

chronischen Arthritis litten, mithilfe einer Aufgabe zur freien Wiedergabe mit

sensorischen und affektiven Schmerzwörtern sowie mit neutralen Wörtern, die unter

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

57

Selbst- oder Fremdbezug enkodiert wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Kinder mit

chronischen Schmerzen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe mehr sensorische

und neutrale Wörter wiedergaben, die unter Selbstbezug enkodiert wurden.

Wells, Pincus und McWilliams (2003) konnten weiterhin zeigen, dass der diagnostische

Status für den Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten und Patienten mit

einer Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) eine wichtige Rolle spielt. Sie fanden

heraus, dass Patienten mit diagnostizierten chronischen Schmerzen Adjektive, die auf

Depressionen bezogen waren, im Vergleich zu sensorischen, krankheitsbezogenen oder

neutralen Wörtern eher vermieden als Patienten, bei denen die chronischen Schmerzen

nicht diagnostiziert wurden. Bei den Patienten mit einer Spondylitis ankylosans konnte

ein solcher Effekt nicht beobachtet werden. Wells, Pincus und McWilliams (2003)

nahmen an, dass bei chronischen Schmerzpatienten die Diagnosestellung die Funktion

eines „Puffers“ übernimmt, welcher vor einem kognitiven Bias für Stimuli, die auf

Depressionen bezogen sind und den damit verbundenen Stimmungen und Emotionen,

schützt.

Im Hinblick auf FOP konnten in den bisherigen Untersuchungen keine bedeutsamen

Effekte auf den Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten nachgewiesen

werden (Koutantji, 1999; Pearce et al., 1990; vgl. Pincus & Morley, 2001).

Für eine bessere Übersicht der Befunde zum Gedächtnisbias bei chronischen

Schmerzpatienten sind die hier aufgeführten Untersuchungen, die das Recall-Paradigma

verwendet haben im Folgenden tabellarisch dargestellt (s. Tabelle 2).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

58

Tabelle 2. Übersicht zu den Untersuchungen, die den Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten mit

dem Recall-Paradigma erfasst haben.

Studie Aufgabe N Stichprobe Stimuli

Pearce et al.,

1990.

Recall 25 Personen mit chronischen

Schmerzen

Sensorische Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

25 gesunde Kontrollpersonen

Edwards et al.,

1992.

Recall 16 Personen mit chronischen

Schmerzen

Sensorische Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

19 Personen mit chronischen

Schmerzen und Depressionen

Pincus et al.,

1993.

Recall 21 Personen mit Rheumatischer

Arthritis

Sensorische Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

21 Gesunde Kontrollpersonen

Pincus et al.,

1995.

Recall 19 Personen mit Rheumatischer

Arthritis

Schmerzwörter vs. neutrale Wörter

19 Personen mit Rheumatischer

Arthritis und Depressionen

Koutantji et al.,

1999.

Recall 18 Personen mit juveniler

Rheumatischer Arthritis

Schmerzwörter vs. neutrale Wörter

18 Gesunde Kontrollpersonen

Wells et al., 2003 Recall 21 Personen mit chronischen

Schmerzen ohne Diagnosestellung

Gemischte Schmerzwörter vs.

neutrale Wörter

15 Personen mit diagnostizierten

chronischen Schmerzen

36 Personen mit diagnostiziertem

Morbus Bechterew Syndrom

34 Gesunde Kontrollpersonen

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

59

2.3.3 Zusammenfassung

Der Forschungsbereich zum Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten ist in

erster Linie von der Assoziativen Netzwerktheorie von Bower (1981) und der

Schematheorie von Beck (Beck & Clark, 1988; Beck & Emery, 1985; Beck, 1967;

Beck, 1976) beeinflusst worden. Dabei wird angenommen, dass aufgrund der

vermehrten Erfahrungen mit Rückenschmerzen Patienten mit CLBP über ein

ausgeprägtes semantisches Netzwerk zum Schmerz verfügen, in dem schmerzassoziierte

Erfahrungen miteinander verbunden sind (vgl. Ruoß, 1998). Diese Erfahrungen werden

in einem Schmerzschema repräsentiert, das über bottom-up (notizeptive Stimulation)

und top-down (Erwartungen und Wissen) Prozesse aktiviert werden kann. Aufgrund

eines ausgeprägten Schmerzschemas wird angenommen, dass Patienten mit CLBP einen

entsprechenden Bias in der Informationsverarbeitung aufweisen. Analog zu Theorien

aus der Emotionsforschung wird angenommen, dass störungskongruente bzw. mit den

Inhalten der Sorgen und Affekte übereinstimmende Informationen bevorzugt

wahrgenommen werden und diese Wahrnehmung das anschließende Verhalten steuert.

Bei Patienten mit CLBP werden entsprechend beispielsweise eine selektive

Aufmerksamkeit und ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Stimuli vermutet.

Verschiedene Befunde sprechen für die Annahme eines Informationsverarbeitungsbias

bei chronischen Schmerzpatienten, allerdings kann die Annahme eines generellen Bias

für schmerzassoziiertes Material nicht gehalten werden (vgl. Pincus & Morley, 2001).

Untersuchungen zur Aufmerksamkeit bei chronischen Schmerzpatienten geben wenig

Anlass zu der Annahme eines generellen Bias (Boissevain, 1994; Pearce & Morley,

1989; Snider et al., 2000; Crombez et al., 2000). Es gibt jedoch Belege dafür, dass in

diesem Zusammenhang die FOP eine zentrale Rolle spielt (Asmundson, 1997;

Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001; Pincus

et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson, 2007). Andere Untersuchungen konnten

dies wiederum nicht bestätigen und berichteten, dass CLBP-Patienten unabhängig von

FOP Schwierigkeiten haben, sich von schmerzassoziiertem bedrohlichen Material

loszulösen (Roelofs, 2005). Asmundson et al. (2007) fanden wiederum Belege dafür,

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

60

dass Probanden mit hoher FOP unabhängig von Schmerzen eine allgemeine

Hypervigilanz für alle Wort-Typen aufweisen.

Etwas eindeutiger im Vergleich zu den Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias

scheinen die Ergebnisse zum Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten zu sein (Edwards et

al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et al., 1995; Pincus et al.,

1998). Dabei konnte auch hier gezeigt werden dass der Bias abhängig von der

Stimmung ist (vgl. Pincus & Morley, 2001). Die Befunde sprechen dafür, dass

Schmerzpatienten ohne depressive Symptome ein selektives Gedächtnis für sensorische

Schmerzwörter aufweisen, und Schmerzpatienten mit depressiven Symptomen affektive

Schmerzwörter vermeiden (Edwards et al. 1992). Für Wörter, die ausschließlich mit

Depression assoziiert sind, zeigen depressive Schmerzpatienten dagegen kein selektives

Gedächtnis (Pincus et al., 1995). Die Zusammenhänge zwischen Angst oder FOP und

dem Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten scheinen dagegen weniger

bedeutsam zu sein (vgl. Pincus & Morley, 2001).

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

61

3 Zusammenfassung und Herleitung der Fragestellungen

Auf der Basis der bisherigen Ausführungen zum CLBP sowie zum

Informationsverarbeitungsbias bei chronischen Schmerzpatienten werden in diesem

Abschnitt die Zielsetzungen und Fragestellungen der vorliegenden Arbeit hergeleitet.

Aus den in Abschnitt II.1.3.4 geschilderten theoretischen Grundlagen zum CLBP wurde

ersichtlich, dass aktuelle Ansätze zur Erklärung der Entstehung und Exazerbation von

CLBP sowohl somatische und soziale als auch psychische Faktoren heranziehen. Es

wurde deutlich, dass auf der psychologischen Seite Aspekte der Schmerzverarbeitung,

insbesondere Fear-Avoidance und Endurance bezogene Reaktionen auf

Rückenschmerzen über verschiedene Circuli vitiosi zur Chronifizierung dieser beitragen

können. In Übereinstimmung mit kognitiv-behavioralen Ansätzen kann dabei

angenommen werden, dass die Art und Weise, wie der Schmerz auf kognitiver Ebene

bewertet wird, mitbestimmt, wie mit diesem auf emotionaler und behavioraler Ebene

umgegangen wird und somit eine Exazerbation und Chronifizierung der Schmerzen

möglicherweise begünstigt wird.

Betrachtet man die kognitiven Reaktionen auf Rückenschmerzen als den

Ausgangspunkt des Chronifizierungsprozesses, rücken Prozesse der

Informationsverarbeitung ins Zentrum des Interesses. Davon ausgehend ist die aktuelle

Forschung zunehmend dazu übergegangen, kognitive Faktoren wie z.B. die

Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen für schmerzbezogenes Material bei

Schmerzpatienten zu untersuchen. In Anlehnung an die Befunde aus der

Emotionsforschung wird im Allgemeinen angenommen, dass aufgrund einer vermehrten

Erfahrung mit Rückenschmerzen, Patienten mit CLBP über ein ausgeprägtes

semantisches Netzwerk zum Schmerz verfügen, in dem schmerzassoziierte Erfahrungen

miteinander verbunden sind (vgl. Ruoß, 1998). Aufgrund dieses semantischen

Netzwerks werden bei Patienten mit CLBP entsprechend eine selektive

Aufmerksamkeit und ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material

erwartet.

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

62

Aus den Darstellung der empirischen Befunde zum Informationsverarbeitungsbias bei

chronischen Schmerzpatienten in Abschnitt II.2.3 wurde jedoch deutlich, dass diese a

priori Annahme eines generellen Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material

bei chronischen Schmerzpatienten nicht eindeutig belegt ist (Boissevain, 1994; Pearce

& Morley, 1989; Snider et al., 2000; Crombez et al., 2000; Pincus & Morley, 2001). Es

zeigte sich eher, dass der kognitive Bias bei Schmerzpatienten weniger von dem

generellen Schmerzstatus, als vielmehr von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel

der Stimmung, dem Stimulusmaterial und dem verwendeten Paradigma zur Erfassung

des Bias abhängig ist (s. Abschnitt II.2.3.1, Überblicksartikel Pincus & Morley, 2001).

Einige Untersuchungen weisen beispielsweise darauf hin, dass der

Aufmerksamkeitsbias durch Merkmale der schmerzbezogenen Angst vermittelt wird

(Asmundson, 1997; Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt &

Hannent, 2001; Pincus et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson et al., 2007). Zudem

sind deutlichere Aufmerksamkeitseffekte zu erwarten, wenn das dot-probe Paradigma

verwendet wird (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) und das

Stimulusmaterial aus Bildern besteht (Roelofs et al., 2005, s. Abschnitt II.2.3.1).

Die Darstellungen der Ergebnisse zum Gedächtnisbias bei chronischen

Schmerzpatienten (s. Abschnitt II.2.3.2) sind eindeutiger als die Ergebnisse zum

Aufmerksamkeitsbias. Hier scheint eine Art Wechselspiel zwischen den Faktoren

Stimmung und Stimulusmaterial vorzuliegen. Eine solche Wechselwirkung konnte in

erster Linie zwischen einer depressiven Stimmung und dem verwendeten Wortmaterial

nachgewiesen werden (Edwards et al., 1992). Im Gegensatz zum Aufmerksamkeitsbias

scheint die Bedeutung von Angst bisherigen Untersuchungen zufolge beim

Gedächtnisbias eher geringfügig zu sein (Untersuchungen von Koutantji, 1999; Pincus

et al., 1996; Pearce et al., 1990; vgl. Pincus & Morley, 2001).

Somit stellt sich die generelle Frage, ob und wenn ja inwieweit sich Schmerzpatienten

in ihrem Aufmerksamkeits- und Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material von

gesunden Probanden unterscheiden. Da es sich jedoch, wie in Abschnitt II.1.3.4

erläutert, bei CLBP-Patienten um keine einheitliche Gruppe handelt, stellt sich die

zentrale Frage, ob und inwiefern sich der kognitive Bias für schmerzassoziierte

Informationen in Abhängigkeit von den kognitiv-behavioralen Reaktionen auf

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

63

Schmerzen der Probanden zeigt. Die Betrachtung der aktuellen Forschungsbefunde zum

Informationsverarbeitungsbias bei Schmerzpatienten lässt bis heute einen deutlichen

Mangel an Arbeiten erkennen, die Fear-Avoidance- versus Endurance bezogene

Kognitionen und Verhaltensweisen betonen. Bisherige Untersuchungen konzentrieren

sich in erster Linie auf Fear-Avoidance Reaktionen. Die Bedeutung von

schmerzspezifischen Durchhaltereaktionen bei der Informationsverarbeitung bei CLBP-

Patienten sind bisher unbeachtet, insbesondere in Bezug auf Endurance bezogene

Response-Pattern nach dem AEM liegen keine Befunde vor, so dass sich die Frage

stellt, welche Zusammenhänge hier bestehen.

In Bezug auf die Schmerz-Reaktionen der Probanden ist weiterhin zu berücksichtigen,

dass schmerzbezogene fear-avoidance- und endurance-bezogene sowie adaptive Single-

Responses von spezifischen Response-Pattern unterschieden werden können

(Hasenbring & Verbunt, 2010). Bei dem Fear-Avoidance-Response-Pattern wird bei

Rückenschmerzen ein Circulus vitiosus angenommen, der durch katastrophisierende

Gedanken, Schmerzangst und Vermeidungsverhalten sowie durch Disuse und

Depressionen geprägt ist und zur Entstehung und Exazerbation der Schmerzen führt.

Neben diesem durch Fear-Avoidance gekennzeichneten Muster wird ein durch

Durchhalten (Endurance) gekennzeichnetes Response-Pattern angenommen, der vom

akuten Schmerz über suppressive Kognitionen und Durchhalteverhalten sowie einem

physiologischen Overuse zur Chronifizierung von Rückenschmerzen führt. Diesen

beiden maladaptiven Response-Pattern wird ein adaptives Response-Pattern gegenüber

gestellt. Bei diesem wird angenommen, dass auf den Rückenschmerz mit bewältigenden

Kognitionen reagiert wird, welche die Basis für einen flexiblen Wechsel zwischen

Anspannung und Entspannung darstellen und eine optimale Versorgung der

Bandscheiben und eine adäquate Belastung der Muskulatur ermöglichen (Nachemson,

1987) und somit zu einer Reduktion der Rückenschmerzen führen (Hasenbring &

Verbunt, 2010).

Folglich ergeben sich zwei Fragen, die es zu klären gilt. Erstens stellt sich die Frage, ob

und wenn ja, welche Zusammenhänge zwischen dem Informationsverarbeitungsbias

und den Single-Responses auf den CLBP auf der kognitiven, emotionalen und

behavioralen Ebene bestehen. Zweitens stellt sich die Frage, ob sich der

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

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Informationsverarbeitungsbias in Abhängigkeit von den individuellen Response-Pattern

der Probanden auf den CLBP zeigt. Bisherige Untersuchungen zum

Informationsverarbeitungsbias berücksichtigen ausschließlich Single-Responses bei

chronischen Schmerzpatienten (s. Abschnitt II.2.3). Es bleibt folglich nicht nur zu

klären, wie sich der Informationsverarbeitungsbias der Probanden im Zusammenhang

mit ihren Single-Responses auf CLBP zeigt, sondern auch wie sich der Bias in

Abhängigkeit der Response-Pattern der CLBP-Patienten verhält.

Aus Abschnitt II.2.3.1 geht weiterhin hervor, dass sich verschiedene Richtungen der

Aufmerksamkeitsverzerrung für bedrohliches (schmerzassoziiertes) Material

identifizieren lassen. Es kann dabei zwischen der Tendenz, Schwierigkeiten zu haben,

sich von bedrohlichem Material zu lösen (disengagement effect) und der Tendenz, eine

Hypervigilanz für bedrohliches Material aufzuweisen (engagement effect),

unterschieden werden. Es bleibt zu klären, welche individuellen Charakteristika sich als

Prädiktoren für die verschiedenen Aufmerksamkeitseffekte identifizieren lassen. Dabei

stellt sich auf der einen Seite die Frage, ob bei CLBP-Patienten Vigilanzeffekte für

bedrohliches Material beispielsweise eher durch angstbezogene Merkmale vorhersagbar

sind. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob sich Schwierigkeiten, sich von

bedrohlichem Material zu lösen, aufgrund der Annahme eines Rebound Effekts (s.

Abschnitt II.1.3.4) stärker durch Endurance bezogene Merkmale vorhersagen lassen.

Bisherige Untersuchungen haben bisher nur den prädiktiven Wert von einigen wenigen

allgemeinen Merkmalen untersucht (z.B. Snider, 2000; s. Abschnitt II.2.3.1).

Ein weiterer Aspekt, der in bisherigen Untersuchungen kaum Beachtung gefunden hat,

ist die Rolle der Disability. Wie aus Abschnitt II.1 dieser Dissertationsschrift

hervorgeht, stellt der chronische Schmerz eine deutlich subjektive Erfahrung dar, bei

der Aspekte der Stimmung und Disability, welche die Betroffenen durch die Schmerzen

erfahren, eine zentrale Rolle im Verlauf der Erkrankung spielen. Lediglich die

Bedeutung der Stimmung der Probanden wurde im Kontext des

Informationsverarbeitungsbias bei Schmerzpatienten untersucht, nicht jedoch die

Bedeutung der Disability. Demzufolge stellt sich neben der Frage nach der

Bedeutsamkeit der Stimmung auch die Frage nach möglichen Zusammenhängen

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II THEORETISCHER HINTERGRUND

65

zwischen dem Informationsverarbeitungsbias und der Disability der

Versuchsteilnehmer.

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden drei aufeinander aufbauende Studien

durchgeführt. Studie 1 und 2 zielen dabei auf die systematische Analyse des

Aufmerksamkeitsbias, Studie 3 auf die des Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten ab. In

allen drei Studien steht die Untersuchung des Einflusses spezifischer affektiver,

kognitiver und behavioraler Formen der Schmerzverarbeitung mit hypothesengeleiteter

Untersuchung von Aspekten der Fear-Avoidance- gegenüber der Endurance bezogenen

Schmerzverarbeitung sowie der Einfluss von allgemeinem affektiven Distress

(Angst/Depressivität) im Vordergrund. In der Umsetzung der experimentellen

Paradigmen wurden diejenigen ausgewählt, die hinsichtlich der Merkmale der internen

Validität (Operationalisierung des jeweiligen Informationsbias u.a. hinsichtlich des

Stimulusmaterials, Beurteilungen mit hohem Selbstbezug) am ehesten einen Nachweis

der vermuteten Effekte erwarten lassen (s. Abschnitt II.2.3).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

66

III EMPIRISCHER TEIL

Das folgende empirische Kapitel gliedert sich in drei Hauptabschnitte, in denen jeweils

die Untersuchungen, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, dargestellt werden. In

den ersten beiden Hauptabschnitten des Kapitels werden die Untersuchungen zum

Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten vorgestellt. Im dritten Hauptabschnitt wird

das Experiment zur Untersuchung des Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten dargestellt.

In allen drei Hauptabschnitten werden hierfür in entsprechenden Unterkapiteln zunächst

einleitend die zugrundeliegenden Fragestellungen und Hypothesen der jeweiligen

Untersuchung expliziert, um auf dieser Basis sodann die Methodik der Untersuchung

abzuleiten. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der jeweiligen Untersuchungen

ausführlich dargestellt. Abschließend werden die Ergebnisse im darauf folgenden

Abschnitt kurz zusammengefasst und bewertet.

1 Experiment 1: Die Vorhersage des Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material durch psychologische Merkmale

In Abschnitt II.2.3.1 wurde die aktuelle Befundlage zum Aufmerksamkeitsbias bei

Schmerzpatienten dargestellt. Aus diesen Ausführungen ging hervor, dass die a-priori

Annahme eines generellen Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten nicht eindeutig

unterstützt werden kann. Es wurde die vermittelnde Funktion einer Reihe von Faktoren

in diesem Kontext erörtert.

In der vorliegenden Untersuchung sollen einerseits der generelle Aufmerksamkeitsbias

bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen untersucht werden.

Andererseits sollen einige ausgewählte Faktoren daraufhin untersucht werden, ob und

wenn ja, wie diese mit dem Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten

zusammenhängen. Weiterhin soll geklärt werden, inwieweit sich diese Faktoren als

prädiktiv für einen Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten erweisen. Es sollen dabei

sowohl Faktoren einbezogen werden, die in der aktuellen Forschung als bedeutsam

betrachtet werden (vgl. Abschnitt II.2.3.1) als auch Faktoren, die in der

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

67

Aufmerksamkeitsforschung bei CLBP-Patienten bisher unbeachtet geblieben sind, sich

jedoch, wie in Abschnitt II.1.3.4 dargestellt, in der Entstehung und Exazerbation von

CLBP als bedeutsam erwiesen haben.

1.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen

Auf der Basis der Ausführungen in Abschnitt II.3 werden die übergeleiteten

Fragestellungen, die in der vorliegenden Untersuchung erörtert werden sollen, wie folgt

formuliert:

Welche Unterschiede bestehen in den Aufmerksamkeitsleistungen für

schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden

Kontrollpersonen? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den individuellen

Charakteristika der Probanden und ihrem Aufmerksamkeitsbias und welche dieser

Charakteristika lassen sich als Prädiktoren für den Aufmerksamkeitsbias identifizieren?

Vordergründig sollen in der vorliegenden Arbeit folgende Fragestellungen expliziert

werden:

1. Unterscheiden sich CLBP-Patienten in ihrem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material von gesunden Kontrollpersonen?

2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material und einer schmerzbezogenen Angst?

3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

Durchhaltereaktionen wie z.B. der Gedankenunterdrückung?

4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der

Disability der Probanden?

5. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

einem allgemeinen, nicht spezifisch auf die Schmerzen bezogenen Distress?

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

68

6. Werden eine Hypervigilanz und eine selektive Aufmerksamkeit für

schmerzassoziiertes Material besser durch eine schmerzbezogene Angst

vorhergesagt als durch andere psychologische Merkmale?

7. Lassen sich größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu

lösen, besser durch die Unterdrückung von schmerzbezogenen Kognitionen

bzw. durch Durchhaltereaktionen vorhersagen als durch andere psychologische

Merkmale?

Diese Fragestellungen werden im Folgenden durch Hypothesen konkretisiert. Die

Hypothesen werden durch den augenblicklichen Forschungsstand begründet und

dementsprechend teilweise gerichtet und teilweise ungerichtet formuliert.

Hypothese 1: CLBP-Patienten zeigen im Vergleich zu gesunden Probanden größere

Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Stimulusmaterial. Dies

zeigt sich in einer stärkeren selektiven Aufmerksamkeit und einer Hypervigilanz für

schmerzassoziiertes Material sowie größeren Schwierigkeiten, sich von diesen zu lösen.

Begründung: Verschiedene Untersuchungen konnten einen Aufmerksamkeitsbias bei

chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden Probanden nachweisen

(Boissevain, 1994; Crombez et al., 2000; Pearce & Morley, 1989; Snider et al., 2000).

Die Befunde sind jedoch inkonsistent und bedürfen einer weiteren Überprüfung (Pincus

et al., 1998; Roelofs, Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003).

Hypothese 2: Schmerzbezogene Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen hängen

mit dem Aufmerksamkeitsbias zusammen. Je höher also das Ausmaß der

schmerzbezogenen Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen, umso stärker fällt

der Aufmerksamkeitsbias aus. Dies zeigt sich in einer selektiven Aufmerksamkeit und

einer Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie größeren Schwierigkeiten,

sich von diesem zu lösen.

Begründung: Die aktuelle Befundlage spricht dafür, dass sich eine selektive

Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material und Vigilanzeffekte im

Zusammenhang mit Merkmalen einer schmerzbezogenen Angst zeigen (Asmundson,

1997; Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001;

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

69

Pincus et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson, 2007). Zusätzlich sprechen

Untersuchungen aus der Angstforschung dafür, dass Patienten mit einer erhöhten

Ausprägung einer Angstsymptomatik Schwierigkeiten darin aufweisen, sich von

bedrohlichem Material zu lösen (Williams, 1996). Hasenbring et al. (2009) konnten

einen Zusammenhang zwischen Merkmalen einer schmerzbezogenen Angst und den

Angst-Vermeidungsreaktionen (FAR) zeigen. Insbesondere die kognitiv-affektiven

Komponenten der FAR scheinen mit schmerzbezogener Angst zusammenzuhängen

(Hasenbring et al., 2009). Folglich wird angenommen, dass sich bei FAR ähnliche

Zusammenhänge zeigen wie bei schmerzbezogener Angst.

Hypothese 3: Durchhaltereaktionen (ER) bzw. die Unterdrückung von

schmerzbezogenen Kognitionen hängt positiv mit Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen zusammen.

Begründung: Es werden Verzerrungen in der Aufmerksamkeit zugunsten einer

schemakongruenten Verarbeitung angenommen (s. Abschnitt II.2.1.2). In Anlehnung an

das AEM wird vermutet, dass ER infolge einer Gedankenunterdrückung mit einem

Rebound Effekt verbunden ist (Hasenbring & Verbunt, 2010; Klasen, Brüggert &

Hasenbring, 2006; s. Abschnitt II.1.3.4), so dass angenommen werden kann, dass ER

mit größeren Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,

assoziiert ist.

Hypothese 4: Die Disability der Patienten hängt positiv mit dem Aufmerksamkeitsbias

zusammen. Dies schlägt sich in einer selektiven Aufmerksamkeit und einer

Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie deutlicheren Schwierigkeiten,

sich von diesem Material zu lösen nieder.

Begründung: Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von Disability in der

Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen (s. Abschnitt II.1) wird angenommen, dass

bei einer schmerzbezogenen Disability eine schemakongruente Verarbeitung besteht.

Bisher liegen keine Untersuchungen vor, welche die Disability explizit im

Zusammenhang mit einem Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten untersuchen.

Dennoch wird aufgrund einer schemakongruenten Verarbeitung (s. Abschnitt II.2.1.2)

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

70

ein positiver Zusammenhang zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material mit einer schmerzbezogenen Disability erwartet.

Hypothese 5: Die verschiedenen Aspekte des Aufmerksamkeitsbias sind mit

allgemeinen Distress Variablen, wie z.B. Angst als Zustand und Angst als

überdauerndes Merkmal der Person (state und trait anxiety) sowie mit Depression

assoziiert.

Begründung: Aufgrund einer mangelnden Befundlage kann eine gerichtete Hypothese

hier nicht formuliert werden. Ein möglicher Zusammenhang kann dennoch nicht

gänzlich ausgeschlossen werden, da Merkmale der Untersuchungen zu den Null-

Ergebnissen und damit zur mangelnden Befundlage geführt haben könnten. Folglich

wird hier ein ungerichteter Zusammenhang angenommen.

Hypothese 6: Eine selektive Aufmerksamkeit sowie eine Hypervigilanz lassen sich am

besten durch schmerzbezogene Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen

vorhersagen.

Begründung: Auf Basis der Schematheorien und der assoziativen Netzwerktheorie lässt

sich vermuten, dass bei CLBP-Patienten ein ausgeprägtes Netzwerk sowie ein

ausgebildetes Schema für Rückenschmerzen bestehen. Folglich sollten Merkmale, die

eine höhere assoziative Nähe zum Schmerzschema aufweisen, einen höheren

prädiktiven Wert für den Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material

aufweisen, als allgemeine, nicht spezifisch auf das Schema bezogene Merkmale.

Weiterhin zeigen die Forschungsbefunde, dass Merkmale einer schmerbezogenen Angst

mit einer erhöhten Vigilanz für schmerzassoziierte Stimuli assoziiert sind, so dass hier

ein höherer prädiktiver Wert erwartet werden kann (s. Abschnitt II.2.3.1).

Hypothese 7: Größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen

werden am besten durch ER bzw. die Unterdrückung von schmerzassoziierten

Kognitionen vorhergesagt.

Begründung: Aufgrund des Rebound Effekts sollten größere Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen, in erster Linie durch ER bzw.

Gedankenunterdrückung vorhergesagt werden können.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

71

1.2 Methodik

Im folgenden Abschnitt wird die Methodik zur Überprüfung der im vorherigen

Abschnitt aufgeführten Fragestellungen und Hypothesen vorgestellt. Hierfür werden das

Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen

Variablen, der Untersuchungsablauf, die Stichprobe sowie die statistische Analyse und

der Datenschutz der Untersuchung dargelegt.

1.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign

Zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt explizierten Hypothesen wurde eine

Untersuchung mit CLBP-Patienten und gesunden Kontrollprobanden durchgeführt. Das

Untersuchungsdesign enthielt eine quasiexperimentelle Querschnittstudie, in der unter

einer Laborbedingung die Aufmerksamkeitsleistungen der beiden Stichprobengruppen

miteinander verglichen wurden. Die Zuordnung zur Kontroll- bzw. Patientengruppe

erfolgte in Abhängigkeit des klinischen Schmerzstatus der Probanden. Mithilfe von

Fragebögen wurden zusätzlich individuelle Charakteristika (klinisch-medizinische und

klinisch-psychologische Merkmale) der Probanden erfasst, um die Zusammenhänge

dieser mit den Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden sowie den prädiktiven Wert

der Charakteristika für den Aufmerksamkeitsbias zu erfassen.

1.2.2 Operationalisierung

Der Aufmerksamkeitsbias sowie die individuellen Charakteristika3

(soziodemographische, klinisch-medizinische und klinisch-psychologische Parameter)

wurden über verschiedene subjektive und objektive Parameter erfasst. Diese werden im

Folgenden dargestellt.

3 Für eine bessere Übersicht, sind die verwendeten Inventare im Anhang (s. Anhang B-J) dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

72

Aufmerksamkeitsindikatoren

Zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias der Probanden wurde das dot-probe

Paradigma4 in einer Bildversion verwendet. Das Stimulusmaterial wurde für jeden

Probanden nach der Prozedur von Roelofs et al. (2005) idiosynkratisch ausgewählt. Zu

Beginn wurde allen Probanden auf einem 17“ Monitor eine Serie von 96 Bildern aus der

Photograph Series of Daily Activities (PHODA; Kugler et al., 1999) gezeigt (s.

Abbildung 9).

Abbildung 9. Darstellung von Beispiel-Items aus der Photograph Series of Daily Activities (Kugler

et al., 1999).

Die Aufgabe der Probanden bestand darin, bei jedem Bild auf einer Numerischen

Ratingskala (NRS) mit den Endpunkten 0 und 100 anzugeben, wie sehr sie besorgt

seien, ihrem Rücken zu schaden, wenn sie die abgebildete Aktivität ausführen müssten.

4 Die dot-probe Aufgabe wurde programmiert über E-Prime und freundlicherweise von Herrn Dr. J.

Roelofs in der Version von Roelofs et al. (2005) zur Verfügung gestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

73

Der Wert „0“ bedeutete dabei keine Besorgnis und der Wert „100“ bedeutete höchste

Besorgnis. Die fünf Bilder, die am bedrohlichsten bewertet wurden, wurden gemeinsam

mit den 5 Bildern, die am wenigsten bedrohlich bewertet wurden, individuell für den

jeweiligen Probanden in die darauf folgende dot-probe Aufgabe automatisch integriert.

Jeder einzelne Durchgang (Trial) in der dot-probe Aufgabe bestand aus 2 Bildern, die

randomisiert zu einem Bildpaar kombiniert waren. Ein Bild hatte die Maße 3 x 3 Inch

(entspricht 7,35 x 7,35 cm). Aufgrund der sich ergebenden Kombinationsmöglichkeiten

der Darbietungsposition eines Bildes und der Darbietungsposition des Punktes wurde

jedes Bildpaar insgesamt vier Mal dargeboten (Zielreiz in der Position oben oder in der

Position unten, Punkt in der Position oben oder in der Position unten). Zehn neutrale

Bilder aus dem International Affective Picture System (IAPS, Lang et al., 1988; s.

Abbildung 10) wurden unter Berücksichtigung eines geringen Arousals und neutralen

Affekts ausgewählt und ebenfalls jeweils vier Mal präsentiert. Folglich wurden jedem

Probanden insgesamt 40 Trials dargeboten.

Abbildung 10. Darstellung von Beispiel-Items aus dem International Affective Picture System

(Lang et al., 1988).

Für die systematische Auswertung der Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden

wurden ihre Reaktionszeiten in der dot-probe Aufgabe erfasst. Falsche Antworten sowie

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

74

Ausreißer, definiert als eine Abweichung von mehr als drei Standardabweichungen

(SD) von der jeweiligen durchschnittlichen Reaktionszeit eines Individuums, gingen

nicht in die weitere Auswertung ein.

Die Aufmerksamkeitsleistungen wurden mit Hilfe von drei Indizes analysiert: dem Bias

Index (BI; als Indikator für einen allgemeinen Bias, wobei positive Werte eine selektive

Aufmerksamkeit und negative Werte eine Vermeidung des Zielreizes bedeuten), dem

Congruency Index (CI, als Indikator für einen Engagement-Effekt, wobei niedrigere

Werte eine Hypervigilanz für den Zielreiz bedeuten) und dem Incongruency Index (ICI,

als Indikator für einen Disengagement-Effekt, wobei höhere Werte stärkere

Schwierigkeiten, sich vom Zielreiz zu lösen bedeuten).

Der BI wurde über die folgende Formel berechnet:

Bias Index = [(tudl–tldl)+(tldu–tudu)/2]

Die durchschnittlichen Reaktionszeiten der Probanden in den experimentellen

Durchgängen, in denen ein Zielreiz mit hoher Bedrohlichkeit durch einen Punkt ersetzt

wurde (CI), wurden mithilfe der folgenden Formel berechnet:

Congruency Index = [(tudu+tldl)/2]

Die Berechnung der durchschnittlichen Reaktionszeit in den experimentellen

Durchgängen, in denen ein Zielreiz mit geringer Bedrohlichkeit durch einen Punkt

ersetzt wurde (ICI), erfolgte über die folgende Formel:

Incongruency Index = [(tudl+tldu)/2]

Die durchschnittliche Reaktionszeit in neutralen Vergleichsdurchgängen wurde über die

folgende Formel berechnet:

Neutral Index = [(nudu+nudl+nldu+nldl)/4]

Der Buchstabe “t” bezieht sich in diesen dargestellten Formeln auf die durchschnittliche

Reaktionszeit auf einen Zielreiz (target) der PHODA und “n” auf die durchschnittliche

Reaktionszeit auf ein neutrales Bild (neutral) aus dem IAPS. Weiterhin bedeuten die

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Buchstaben “u” und „l“ die Position des Bildes, wobei „u“ (up) die obere Position und

„l“ (low) die untere Position angibt. Der Buchstabe „d“ bezieht sich auf den Probereiz

(dot).

Soziodemographische Parameter

Die allgemeinen biographischen Daten der Probanden wurden mithilfe einer

Sozialanamnese (s. Anhang B) erfasst. Diese stellte sich aus Fragen zur Lebenssituation

der Probanden zusammen. Es wurden die Angaben zum Alter und Geschlecht, zum

schulischen und beruflichen Werdegang, zur Rentensituation sowie zu der sozialen

Wohnsituation und den aktuellen Familienverhältnissen der Probanden erfragt.

Klinisch-medizinische Parameter

In der Schmerzanamnese (s. Anhang C) wurden Angaben zum Schmerzort sowie zu

der Dauer und der Intensität der aktuellen Schmerzen, der durchschnittlichen

Schmerzen innerhalb der letzten 14 Tage sowie der durchschnittlichen Schmerzen

innerhalb der letzten 3 Monate erfragt.

Zusätzlich wurde der Chronic Pain Grade Fragebogen (von Korff et al., 1992) in

seiner deutschen Version (Klasen et al., 2004, s. Anhang E) zur Erfassung des

Schweregrads der Schmerzen verwendet. Mit diesem Fragebogen kann mit Hilfe von

sieben Items die charakteristische Schmerzintensität (Characteristic Pain Intensity) und

die schmerzbezogene Disability (bestehend aus den Skalen Disability-Score und

Disability-Days) erfasst werden können. Die charakteristische Schmerzintensität wird

bei dem Chronic Pain Grade Fragebogen auf einer 11-Punkte NRS mit den Endpunkten

“0“ (kein Schmerz) und “10” (sehr starke Schmerzen) erfasst. Dabei werden die aktuelle

sowie die durchschnittliche und die maximale Schmerzintensität während der

vergangenen Woche sowie den vergangenen 4 Wochen eingeschätzt. Der Disability-

Score bezieht sich auf die Beeinträchtigungen bei alltäglichen, sozialen und

arbeitsbezogenen Aktivitäten, die auf einer 11-stufigen NRS mit den Endpunkten „0“

(keine Beeinträchtigung) und „10“ (sehr starke Beeinträchtigung) angegeben werden.

Mit der Skala Disability-Days werden die Anzahl der Tage erfasst, an denen der

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Proband aufgrund seiner Schmerzen an gewohnten alltäglichen Aktivitäten nicht

teilnehmen konnte. Anhand dieser Angaben kann der Schweregrad der Schmerzen in 5

hierarchisch aufeinander folgende Grade (Chronic Pain Grade) eingestuft werden. Bei

Grad 0 liegt kein Schmerzproblem in den letzten 3 Monaten vor. Bei Grad I liegt eine

geringe Disability und geringe Schmerzintensität und bei Grad II liegt eine geringe

Disability jedoch eine hohe Schmerzintensität vor. Grad III ist dadurch gekennzeichnet,

dass eine moderate Disability durch die Schmerzen vorliegt. Grad IV wird erreicht,

wenn eine sehr hohe Disability durch die Schmerzen angegeben wird. Die

charakteristische Schmerzintensität wird bei einer Klassifizierung in Grad III und Grad

IV nicht berücksichtigt. Chronbach’s α der deutschen Version beträgt α=0.82 (Klasen et

al., 2004).

Klinisch-psychologische Parameter

Auf psychologischer Ebene wurde das Ausmaß der Depressivität, der allgemeinen und

schmerzbezogenen Angst, der Angst-Vermeidungsüberzeugungen sowie das Ausmaß

der schmerzbezogenen Angst-Vermeidungsreaktionen und Durchhaltereaktionen

erfasst.

Depressives Zustandsbild: Die depressive Symptomatik sowie der Schweregrad der

depressiven Symptomatik wurde mit Hilfe der deutschen Version des Beck-

Depressions-Inventars (BDI; Hautzinger et al., 1995; nach Beck et al., 1987; s. Anhang

E) erfasst. Der BDI ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, mit dem mit Hilfe von 21

Items der Schweregrad der depressiven Symptomatik der Probanden erfasst werden

kann. Jedes der Items enthält 4 Antwortalternativen. Diesen sind, je nach Schweregrad

der Aussage, Punktzahlen zugeordnet. Die Items beziehen sich auf die depressiven

Symptome Traurigkeit, soziale Isolation, Pessimismus, Entschlussunfähigkeit,

Versagen, negatives Körperbild, Unzufriedenheit, Arbeitsunfähigkeit, Schuldgefühle,

Schlafstörungen, Strafwünsche, Ermüdbarkeit, Selbsthass, Appetitverlust,

Selbstanklagen, Gewichtsverlust, Suizidimpulse, Hypochondrie, Weinen, Libidoverlust

und Reizbarkeit. Die Summenwerte des BDI können zwischen 0 und 63 liegen und

geben Aufschluss über den Schweregrad eines depressiven Zustandes. In Anlehnung an

Bishop et al. (1993) gelten Punktwerte unter 9 als unauffällig. Punktwerte zwischen 9

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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und 20 weisen auf eine milde bis mäßige Ausprägung der depressiven Symptome hin.

Als klinisch relevant gelten Punktwerte über 21. Die interne Konsistenz (Chronbach’s

α) des BDI kann mit einem Wert von α=0.88 als sehr zufriedenstellend beurteilt werden

und liegt in dem von Beck et al. (1987) zusammengefassten Wertbereich von α=0.73

und α=0.95.

Allgemeine Ängstlichkeit: Die allgemeine Ängstlichkeit der Probanden wurde mit der

deutschen Version des State-Trait Anxiety Inventory (STAI, Laux et al., 1981; nach

Spielberger et al., 1966, 1970; s. Anhang G) erfasst. Der STAI ist ein 40-Item

Selbstbeurteilungsinstrument, welches aus zwei Fragebögen besteht. Einer der beiden

Fragebögen dient der Erfassung von Angst als vorübergehender Zustand (State, Form

X1), der andere der Erfassung von Angst als relativ überdauerndes Merkmal (Trait,

Form X2). Bei jedem Item wird auf einer Skala mit den Punkten „1“ (überhaupt nicht),

„2“ (ein wenig), „3“ (ziemlich) und „4“ (sehr) angegeben, inwieweit die jeweilige

Aussage zutrifft. Der STAI weist eine gute interne Konsistenz (α=0.90) sowie eine

adäquate test-re-test Reliabilität für die Trait- (r=0.77 bis r=0.90) und die State- (r=0.22

bis r=0.53) Inventare auf.

Schmerzbezogene Angst-Vermeidungsreaktionen: Die schmerzbezogenen Angst-

Vermeidungs-Reaktionen der Probanden wurden mittels der entsprechenden

Unterskalen des Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ; Hasenbring et al., 2009; s.

Anhang H) erfasst.

Der AEQ ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, mit dem über insgesamt 49 Items

affektive, kognitive und verhaltensbezogene Reaktionen bei erlebtem Schmerz erfasst

werden können. Mit Hilfe des AEQ können auf diesen drei Ebenen u.a. Angst- und

Vermeidungsreaktionen (fear-avoidance-related-response, FAR) mittels insgesamt 30

Items erfasst werden.

Die emotionalen Reaktionen auf Schmerzen werden über die Skala „Angst-Depression-

Skala“ (anxiety-depression scale; ADS) mittels 7 Items erfasst. Die kognitiven

Reaktionen auf Schmerzen werden über die FAR Skalen „Hilf-/ Hoffnungslosigkeit“

(help-hopelessness scale, HHS) mit 9 Items und „Katastrophisieren“ (catastrophizing

thoughts scale, CTS) mit 3 Items erfasst. FAR auf der Verhaltensebene werden über die

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

78

Skalen „Vermeidung sozialer Aktivitäten“ (avoidance of social activities scale, ASAS)

mittels 6 Items und „Vermeidung körperlicher Aktivitäten“ (avoidance of physical

activities scale, APAS) mittels 5 Items erfasst. In den behavioralen Skalen wird eine

Unterscheidung zwischen dem Verhalten bei leichten (ASAS1, APAS1) und dem

Verhalten bei schweren Schmerzen (ASAS2, APAS2) vorgenommen. Die

dazugehörigen AEQ- Items für die einzelnen Skalen werden auf einer Skala von „0“

(niemals) bis „6“ (immer) eingeschätzt. Höhere Werte auf den einzelnen Skalen des

AEQ deuten auf höhere Ausprägungen des jeweils erfassten Merkmals hin. Die Skala

CTS (α=0.78) weist eine gute interne Konsistenz auf, alle anderen Skalen weisen eine

sehr gute interne Konsistenz von α>0.80 auf (Hasenbring et al., 2009).

Schmerzbezogene Angst- und Vermeidungsüberzeugungen: Die Angst- und

Vermeidungsüberzeugungen wurden mithilfe des Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire

(FABQ; Pfingsten et al., 1996; Pfingsten et al., 2000; Pfingsten et al., 2004; nach

Waddell et al., 1993) erfasst. Die deutsche Version des FABQ (s. Anhang I) besteht aus

16 Items, mit denen erfragt wird, inwieweit eine Person davon überzeugt ist, dass

körperliche Aktivität und Arbeit ihre Rückenschmerzen beeinflussen. Die Items werden

auf einer 7-stufigen Skala mit den Endpunkten „0“ (stimmt gar nicht) und „6“ (stimmt

genau) eingeschätzt. Der Fragebogen erfasst 3 Skalen. Die Skala “Körperliche Aktivität

als Ursache” besteht aus 5 Items, die auf die Überzeugung abzielen, dass die

Rückenschmerzen der Person durch körperliche Aktivität verursacht wurden. Die

zweite Skala “Arbeit als Ursache” besteht aus 6 Items, welche die Überzeugung der

Person erfragen, dass die Rückenschmerzen durch die Arbeit verursacht wurden. Die

dritte Skala “Arbeitsprognose” besteht aus 5 Items, die auf die Überzeugung des

Patienten abzielen, wieder zur Arbeit zurückkehren zu können. Die arbeitsbezogenen

Skalen der deutschen Version des FABQ weisen eine gute interne Konsistenz (α=0.89,

bzw. α=0.94) auf. Die interne Konsistenz der Unterskala “körperliche Aktivität als

Ursache” ist mäßig (α=0.64). Die Test-re-test Reliabilität für die Gesamtskala ist gut

(r=0.87; n=30).

Schmerzbezogene Angst: Die schmerzbezogene Angst der Probanden wurde mit der

deutschen Version des Fragebogens Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK, Rusu et al.,

in Vorbereitung; nach Kori, Miller & Todd, 1990) erfasst. Die deutsche Version des

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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TSK (s. Anhang J) ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, der aus 17 Items besteht, mit

denen die Angst vor Bewegung (fear of movement) und die Angst vor

Wiederverletzung (fear of re-injury) erfasst werden kann. Auf einer vierstufigen Likert-

ähnlichen Skala mit den Endpunkten „überhaupt nicht einverstanden“ und „völlig

einverstanden“, wird bei jedem Item eingeschätzt, inwieweit die Aussage auf die Person

zutrifft. Bisher unveröffentlichte Daten der Arbeitsgruppe von Hasenbring (Rusu et al.,

in Vorbereitung) weisen auf eine gute Validität und Reliabilität der deutschen Version

des TSK hin.

Schmerzbezogene Durchhaltereaktionen: Die ER der Probanden wurden mittels der

entsprechenden Unterskalen des Selbstbeurteilungsinstruments AEQ (Hasenbring et al.,

2009) erfasst. Mit dem AEQ (s. Anhang H) können mittels 19 Items auf emotionaler

und kognitiver Ebene sowie auf der Verhaltensebene „suppressive Reaktionen“

(endurance related responses; ER) erfasst werden. Die emotionale Ebene kann über die

ER Skala „Gehobene Stimmung trotz Schmerz“ (positive mood despite pain scale;

PMS) mit 3 Items erfasst werden. Die kognitive Ebene wird über die ER Skala

„Durchhalteappelle“ (thought suppression scale, TSS) mit 4 Items erfasst. Auf der

Verhaltensebene wird die Skala „Durchhaltestrategien“ (behavioural endurance scale,

BES), bestehend aus den Subskalen „Humor/Ablenkung“ (humor/distraction scale,

HDS) mit 5 Items und „Aktivität trotz Schmerz“ (pain-persistance scale, PPS) mit 7

Items, erfasst. Die Skalen HDS (α=0.78) und PPS (α=0.76) weisen eine gute interne

Konsistenz auf, alle anderen Skalen weisen eine sehr gute interne Konsistenz von

α>0.80 auf (Hasenbring et al., 2009).

1.2.3 Untersuchungsablauf

Die Probanden wurden aus einer Liste einer bereits im Jahre 2002 durchgeführten

Studie zur Medizinischen Trainings-Therapie rekrutiert. Sie bekamen vor der

eigentlichen Untersuchung eine Einladung zur Untersuchung sowie die Sozialanamnese,

die Schmerzanamnese, den Chronic Pain Grade Fragebogen und den AEQ per Post

zugeschickt. Es wurde darum gebeten, die Unterlagen ausgefüllt in einem frankierten

Rückumschlag zurück zu senden. Die darauf folgenden Untersuchungen fanden im

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Labor der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der

Fakultät für Medizin an der Ruhr-Universität Bochum statt.

Zu Beginn der Untersuchung wurden die Probanden instruiert, die Fragebögen STAI,

TSK, FABQ und BDI in Papierversion auszufüllen. Alle weiteren Instruktionen

erfolgten über den PC-Monitor. Nach dem Ausfüllen der Fragebögen wurden die

Probanden instruiert, die Bilder aus dem PHODA zu bewerten. Aus dieser Instruktion

(s. Anhang K) ging hervor, dass die Probanden im Folgenden auf dem

Computerbildschirm nacheinander verschiedene Bilder dargeboten bekämen, auf denen

jeweils Alltagsaktivitäten dargestellt seien. Weiterhin ging aus dieser Instruktion hervor,

dass die Aufgabe der Probanden darin bestehe, sich die Bilder anzuschauen und bei

jedem Bild die folgende Frage zu beantworten:

"Wie besorgt sind Sie darüber, Ihrem Rücken zu schaden, wenn Sie diese Aktivität

ausführen müssten?"

Rechts neben jedem Bild war jeweils eine Skala mit den Endpunkten 0 und 100

dargestellt. Die Probanden wurden darauf hingewiesen, dass der Wert „0“ bedeute, dass

sie sich bei der dargestellten Aktivität keinerlei Sorgen darüber machen, ihrem Rücken

zu schaden. Dagegen bedeute der Wert 100, dass sie sich sehr große Sorgen darüber

machen, bei der Ausführung der dargestellten Aktivität ihrem Rücken zu schaden. Die

Probanden wurden gebeten, ihre Antwort für das jeweilige Bild auf der zugehörigen

Skala anzugeben, indem sie mithilfe der Computermaus den für Sie persönlichen Wert

für jedes Bild anklicken, bzw. einstellen sollten. Nach der Angabe des persönlichen

Wertes auf der Skala konnten die Probanden auf ein Dialogfeld mit dem Begriff

„volgende“5 klicken, um zum nächsten Bild zu gelangen. Nach der Klärung möglicher

Fragen wurden die Probanden gebeten, alle Bilder zu bewerten und sich nach

Beendigung ihrer Bewertung an den Versuchsleiter zu wenden, um weitere

Instruktionen zu erhalten.

5 Die Probanden wurden darauf hingewiesen, dass der Begriff aus dem Niederländischen stammt und für

„folgende“ steht.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Für eine bessere Visualisierung des Vorgangs bei der Bewertung der Bilder aus der

PHODA ist die Bildschirmpräsentation aus der Sicht der Probanden in Abbildung 11

graphisch dargestellt.

Abbildung 11. Grafische Darstellung der Bildschirmpräsentation für die Bewertungen der Bilder

aus der PHODA (Kugler et al., 1999) aus der Sicht der Probanden.

Nachdem alle Bilder bewertet wurden, bekamen die Probanden die Instruktionen (s.

Abbildung 13) für die dot-probe Aufgabe auf dem gleichen Bildschirm präsentiert.

Hierbei wurde den Probanden zunächst ausführlich die dot-probe Aufgabe beschrieben.

Aus dieser Beschreibung ging hervor, dass bei der folgenden Aufgabe in der Mitte des

selbigen 17“ Monitors, auf dem zuvor die Bilder bewertet worden waren, ein

Fixierungskreuz dargeboten werde. Nach 500 Millisekunden (ms.) werde das

Fixierungskreuz von zwei Bilden abgelöst. Diese Bilder seien räumlich so angeordnet,

dass sich ein Bild oberhalb des zuvor dargebotenen Fixierungskreuzes befände und das

andere unterhalb dessen. Nach weiteren 500 ms. werde das Bilderpaar ausgeblendet und

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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ohne Verzögerung erscheine ein Punkt an der Position eines der beiden zuvor

präsentierten Bilder. Aus der Instruktion ging weiterhin hervor, dass die Aufgabe der

Versuchsteilnehmer darin bestehe, auf einer Antworttastatur6 (s. Abbildung 12) die

Taste für “oben” zu drücken, wenn der Punkt das obere Bild ersetze und die Taste für

„unten“ zu drücken, wenn der Punkt das untere Bild ersetze.

Abbildung 12. Photographische Darstellung der Antworttastatur (response box) zur Erfassung der

Antworten und der Reaktionszeiten der Probanden in der dot-probe Aufgabe.

Der Proband wurde darauf hingewiesen, dass unverzüglich nachdem er durch

Tastendruck seine Antwort gegeben habe oder aber nach maximal 3000 ms. der Punkt

wieder verschwinde. Sogleich werde das Fixierungskreuz wieder für 500 ms. in der

Mitte des Bildschirms dargeboten, um den nächsten Durchgang einzuleiten.

6 Die hier verwendete Antworttastatur entspricht der Antworttastatur, die in der Untersuchung von

Roelofs et al. (2005) zur Aufzeichnung der Antworten und Reaktionszeiten der Probanden verwendet

wurde. Sie wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Jeffrey Roelofs für die dargestellte Untersuchung zur

Verfügung gestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Abbildung 13. Darstellung der Instruktion für die dot-probe Aufgabe auf dem Bildschirm

dargeboten wurde.

Im Anschluss an die Instruktion wurden mögliche Fragen der Probanden geklärt sowie

eine Übungsphase mit den neutralen Stimuli eingeleitet. Dies hatte den Vorteil, dass

einerseits sicher gestellt werden konnte, dass die Instruktionen verstanden wurden,

andererseits konnte verhindert werden, dass die neutralen Bilder im Vergleich zu den

schmerzassoziierten Bildern bei der anschließenden Testphase erstmalig gesehen

wurden. Auf diese Weise konnten Effekte auf die anschließenden Reaktionszeiten, die

auf eine Neuheit der neutralen Bilder hätten zurückgeführt werden können, reduziert

werden. Im Anschluss an die Übungsphase konnte der Proband durch Tastendruck

selbstständig die Testphase einleiten.

Für eine bessere Übersicht ist in Abbildung 14 der Ablaufs der dot-probe Aufgabe

schematisch dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Abbildung 14. Schematische Darstellung des Ablaufs in der dot-probe Aufgabe, ISI =

Interstimulusintervall.

1.2.4 Statistische Datenanalyse

Zur Überprüfung der in Abschnitt III.1.1 formulierten Hypothesen wurden die

gewonnen Daten varianzanalytisch, korrelativ und regressionsanalytisch ausgewertet.

Alle statistischen Analysen erfolgten mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 19 für

Windows.

Es wurde a priori der benötigte Stichprobenumfang berechnet, um zu erfassen, wie viele

Personen unter den gegebenen Untersuchungsannahmen rekrutiert werden sollten, um

ein interpretierbares Ergebnis zu erhalten. Es wurde eine Poweranalyse für die

Verwendung des F-Tests bei einer Varianzanalyse für einen Zweigruppenvergleich mit

einer Messwiederholung auf einem Faktor mit zwei Faktorstufen mithilfe des

Programms G*Power 3.1.2 berechnet (Faul et al., 2007, 2009). Dabei wurden a priori

eine mittlere Effektstärke f = 0.25, eine Wahrscheinlichkeit für einen α-Fehler von

α=0.05, eine erwartete Power=0.95 sowie eine Korrelation von r=0.5 vorgegeben.

Daraus ergab sich eine benötigte Stichprobengröße von insgesamt 54 Probanden. Bei

einer Power=0.95 lag der kritische F-Wert bei F(1,52)=4.0266. Der

Nichtzentralitätsparameter lag bei λ=13.5.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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Es wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen (standard deviation, SD) für die

erhobenen Merkmale für die Kontroll- bzw. die CLBP-Patientengruppe berechnet, um

die Stichproben zu beschreiben und mögliche Gruppenunterschiede in den

Merkmalsausprägungen erfassen zu können. Die Gruppenunterschiede zwischen den

CLBP-Patienten und den gesunden Kontrollpersonen in den subjektiven Daten wurden

mithilfe einer univariaten Varianzanalyse im mehrfaktoriellen Design überprüft. Die

abhängige Variable stellte dabei der Klinische Status (CLBP-Patienten vs.

Kontrollgruppe) der Probanden dar. Die unabhängigen Variablen waren die

Merkmalausprägungen in den individuellen Charakteristika der Probanden (vgl.

psychologische Parameter in Abschnitt III.1.2.2).

Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse sind

mindestens das Intervallskalenniveau für die abhängigen Variablen, mindestens

Nominalskalenniveau für die unabhängigen Variablen (Faktoren), die

Varianzhomogenität und die Normalverteilung der Grundgesamtheit (Backhaus et al.,

2000; Bortz, 2005). Die Varianzhomogenität wurde mithilfe des Levene Tests überprüft.

Die Normalverteilung der Werte in der Grundgesamtheit wurde aufgrund seiner hohen

Güte mithilfe des Shapiro-Wilk Tests überprüft (Seier, 2002; Razali & Wah, 2011). Im

Falle der Verletzung der Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse

wurde ein non-parametrischer Mann-Whitney-U-Test durchgeführt. Mit diesem Test

kann über die Rangfolge überprüft werden, ob sich zwei unabhängige Stichproben

signifikant voneinander unterscheiden.

Zur Kontrolle der Bedeutung der hoch- und niedrig-bedrohlichen schmerzassoziierten

Bilder wurden zusätzlich die Gruppenunterschiede zwischen der Kontroll- und

Patientenstichprobe in Hinsicht auf die Bewertung der Bilder aus der PHODA

ausgewertet (manipulation check). Hierfür wurde eine univariate Varianzanalyse mit

Messwiederholung im einfaktoriellen Design berechnet. Der Klinische Status (CLBP-

Patienten vs. Kontrollprobanden) der Probanden stellte den Zwischensubjekt-Faktor

dar. Der Innersubjekt-Faktor war der Bildkategorie mit den beiden Faktorstufen hoch

bedrohlich und niedrig bedrohlich. Es wurde jeweils eine Klinischer Status x

Bildkategorie Interaktion erwartet. Die hochbedrohlichen Bilder sollten als bedrohlicher

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

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bewertet werden als die niedrig bedrohlichen Bilder, dieser Effekt sollte bei CLBP-

Patienten stärker ausfallen als bei gesunden Kontrollpersonen.

Die Gruppenunterschiede zwischen den CLBP-Patienten und den gesunden

Kontrollpersonen im BI wurden in einer univariaten Varianzanalyse im einfaktoriellen

Design ausgewertet. Die abhängige Variable stellte der Klinische Status (CLBP-

Patienten vs. gesunde Kontrollpersonen) dar. Die unabhängige Variable war der

erreichte Score im Bias Index. Ein positiver Score im BI deutet auf eine selektive

Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes bedrohliches Material, ein negativer Wert

dagegen auf eine Vermeidung von schmerzassoziiertem bedrohlichem Material hin.

Die Gruppenunterschiede zwischen den CLBP-Patienten und der gesunden

Kontrollgruppe im Congruency Index (CI, als Indikator für einen Engagement-Effekt,

wobei niedrigere Werte eine Hypervigilanz bedeuten) bzw. im Incongruency Index (ICI,

als Indikator für einen Disengagement-Effekt, wobei höhere Werte stärkere

Schwierigkeiten, sich vom Zielreiz zu lösen bedeuten) wurden jeweils mit Hilfe von

separaten univariaten Varianzanalysen mit Messwiederholung im einfaktoriellen Design

ausgewertet. Der Klinische Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollprobanden) der

Probanden stellte den Zwischensubjekt-Faktoren dar. Der Innersubjekt-Faktor war der

Trial-Typ mit den beiden Faktorstufen neutraler und kongruenter bzw. neutraler und

inkongruenter Trial-Typ. Es wurde jeweils eine Klinischer Status x Trial-Typ

Interaktion erwartet.

Die Voraussetzungen für die univariate Varianzanalyse mit Messwiederholung sind

analog zur Varianzanalyse ohne Messwiederholung die Intervallskalierung der Daten

und die Normalverteilung der Grundgesamtheit. Zusätzlich müssen hier die

Korrelationen zwischen den einzelnen Stufen des Faktors, bei dem eine

Messwiederholung vorliegt, homogen sein. Dies ist beim Vorliegen von lediglich zwei

Faktorstufen erfüllt (Rasch et al., 2010). Als liberalere Annahme wird in der Regel die

Zirkularität (also die Annahme, dass die Varianzen der Differenzen zwischen zwei

Faktorstufen homogen sind) bzw. die Sphärizität der Daten überprüft. Hierfür kann der

Mauchly-Test berechnet und im Falle einer Verletzung der Bedingung eine Greenhouse-

Geisser Korrektur der Freiheitsgrade vorgenommen werden (Rasch et al., 2010). Die

Normalverteilung wurde mittels des Shapiro-Wilk Tests überprüft (Seier, 2002; Razali

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

87

& Wah, 2010). Aufgrund der kleinen Stichprobe und zur Vorbeugung einer Alpha-

Kumulierung aufgrund multipler Testung sowie in Anlehnung an die Untersuchung von

Roelofs et al. (2005), wurde hier ein Alpha-Kriterium von α<0.01 vorgegeben, obgleich

auf eine Anpassung des Alpha-Niveaus aufgrund des einfaktoriellen Designs hätte

verzichtet werden könnte (Rasch, 2010).

Weiterhin wurden die Korrelationen für die Variablen Geschlecht und Alter mit den

Indizes berechnet. Im Falle einer signifikanten Korrelation wurde das jeweilige

Merkmal als Kovariate in die Varianzanalyse mit Messwiederholung aufgenommen, um

den Einfluss des Merkmals auf die Aufmerksamkeitseffekte zu kontrollieren.

Für die statistische Bewertung der Signifikanz der Effekte wurde der F-Test

herangezogen. Weiterhin wurden die Kenngrößen η² (Eta Quadrat) für die Effektstärke

(Anteil des Faktors an der Gesamtvarianz) sowie der Standardisierte

Regressionskoeffizient β (Beta) für den Anteil des Faktors an der Gesamtvarianz

korrigiert um den Einfluss der übrigen Variablen herangezogen (Backhaus et al., 2010).

Die Mittelwertunterschiede wurden mithilfe von Post-Hoc-Analysen miteinander

vergleichen. Es wurde der Bonferroni-Test berechnet, der auch bei Varianzanalysen mit

messwiederholten Daten angewendet werden kann (Rasch et al., 2010).

Im Anschluss an die varianzanalytische Auswertung der Daten wurden Korrelations-

und Regressionsanalysen durchgeführt, um die Zusammenhänge zwischen den

Aufmerksamkeitsindizes und den individuellen Charakteristika der Probanden zu

erfassen. Diese wurden mithilfe einer bivariaten Korrelationsanalyse

(Korrelationskoeffizient nach Pearson) analysiert. Der Pearson-Korrelationskoeffizient

dient der Erfassung eines linearen Zusammenhangs zwischen zwei mindestens

intervallskalierten Merkmalen. Weitere Voraussetzung für diesen Koeffizienten ist eine

annähernde Normalverteilung der Merkmale. Im Falle der Verletzung der Prämissen zu

Berechnung der Pearson Korrelationskoeffizienten wurde der

Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman berechnet. Im Falle gerichteter Hypothesen

wurde die Signifikanz einseitig, im Falle ungerichteter Annahmen wurde diese

zweiseitig überprüft. Als Kriterium für eine signifikante Korrelation wurde für alle

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

88

weiteren Berechnungen aufgrund des Pilotcharakters der Untersuchung ein Alphaniveau

von α<0.05 vorgegeben.

Es wurden anschließend separate hierarchische multiple (lineare) Regressionsanalysen

für die abhängigen Variablen Bias Index, Congruency-Index und Incongruency-Index

berechnet. Damit kann die Abhängigkeit der jeweils metrisch skalierten, abhängigen

Variable (Kriteriumsvariable) und den unabhängigen Variablen (Prädiktorvariablen)

untersucht werden. Die Prämissen für die Berechnung einer Regressionsanalyse sind die

Linearität der Parameter, die Vollständigkeit des Modells, die Homoskedastizität und

Unabhängigkeit der Störgrößen (Residuen) sowie keine lineare Abhängigkeit zwischen

den unabhängigen Variablen (Multikollinearität) und die Normalverteilung der

Störgrößen (Backhaus et al., 2000). Die Vollständigkeit des Modells wurde aus den

theoretischen Implikationen der aktuellen Befundlage und den aktuellen

Störungsmodellen zum CLBP (s. Abschnitt II.1.3) abgeleitet. Die Linearität der

Parameter wurde zunächst über einen Plot überprüft. Anschließend wurde der

Goldfeld/Quandt- Test berechnet zur Überprüfung der Homoskedastizität. Es lag keine

Heteroskedastizität vor. Nach Backhaus (2000) kann dies als Indikator für die Linearität

der Parameter betrachtet werden. Die lineare Beziehung zwischen den unabhängigen

Variablen wurde über die Toleranzwerte der unabhängigen Variablen überprüft.

Toleranzwerte unter 0.1 deuten dabei auf eine Kollinearität hin, Werte unter 0.01 lassen

sicher von einer Kollinearität ausgehen (Bühl, 2008). Auch diese Prämisse der

Regressionsanalyse wurde nicht verletzt. Die Unabhängigkeit der Residuen wurde mit

dem Durbin/Watson- Test überprüft. Eine Autokorrelation konnte dabei ausgeschlossen

werden (Backhaus, 2000).

Es wurden die Merkmale, die in den vorgeschalteten Korrelationsanalysen mit den

abhängigen Variablen korrelierten (bei p<0.05), schrittweise (stepwise) in die jeweilige

Regressionsanalyse eingegeben. Bei dieser Methode werden die Variablen nicht alle

gleichzeitig betrachtet, sondern geordnet nach der Erklärungsstärke der Variablen

jeweils in das Modell aufgenommen (Backhaus, 2000). Als Aufnahmekriterium in das

signifikante Modell wurde ein Alphaniveau von α<0.05 vorgegeben. Zur Beurteilung

des Modells wurde das korrigierte Bestimmtheitsmaß (r²) erfasst. Durch diese Kennzahl

ist der prozentuale Anteil der durch die unabhängigen Variablen aufgeklärten Varianz

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

89

an der Gesamtvarianz unter Berücksichtigung kleinerer Freiheitsgrade und einer

höheren Anzahl von unabhängigen Variablen identifizierbar (Backhaus et al., 2000). Im

Falle eines signifikanten r² für einen Block wurde der standardisierte

Regressionskoeffizient β (Beta) erfasst, mit dem überprüft werden kann, auf welche der

Variablen des jeweiligen Blocks die Signifikanz von r² zurückgeführt werden kann

(Backhaus et al., 2000). Weiterhin wurde der F-Test zur Beurteilung des Modells

herangezogen. Im Falle eines bedeutsamen Zusammenhangs in der Grundgesamtheit

wurden die Regressionskoeffizienten ggf. einzeln mit einem t-Test überprüft.

1.2.5 Stichprobe

Das Einschlusskriterium für die CLBP-Patienten war (1) Erleben von

Rückenschmerzen innerhalb der letzten sechs Monate. Für beide Gruppen galt zudem

das Einschlusskriterium (2) Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Als Ausschlusskriterien

galten für beide Stichproben (1) gravierende Beeinträchtigungen der Seh- oder

Hörfähigkeit, (2) unzureichende Sprachkenntnisse in Deutsch, (3) gravierende

psychiatrische Auffälligkeiten basierend auf Selbstauskunft, (4) Alkohol- oder andere

Drogenprobleme basierend auf Selbstauskunft und (5) andere schwere Erkrankungen

basierend auf Selbstauskunft.

Alle Probanden unterschrieben eine schriftliche Einverständniserklärung (s. Anhang A),

in der Teile des experimentellen Designs erklärt waren. Die Probanden hatten während

des gesamten Versuchsverlaufs keine Kenntnis über die Hypothesen des Experiments.

Die vollständige Aufklärung erfolgte unverzüglich nach Beendigung des Experiments.

Der Versuch wurde von der Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät der Ruhr-

Universität Bochum genehmigt.

1.2.6 Datenschutz und Objektivität

Bei der Durchführung der Untersuchung blieb die Gruppenzugehörigkeit der Probanden

gegenüber dem Versuchsleiter möglichst unbekannt, um eine hohe

Durchführungsobjektivität zu gewährleisten. Die Auswertung der Daten erfolgte aus

Gründen des Datenschutzes und zugunsten einer möglichst hohen

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

90

Auswertungsobjektivität in anonymer Form. Jedem Probanden wurde eine

Versuchspersonennummer zugeteilt, unter welcher die Daten statistisch ausgewertet

wurden.

1.3 Ergebnisse

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. Es folgt

zunächst eine Analyse der deskriptiven Charakteristika der CLBP im Vergleich zur

gesunden Kontrollstichprobe. Anschließend werden die Ergebnisse aus den Analysen

zur Überprüfung der einzelnen Hypothesen dargestellt.

1.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe

Von 64 Probanden, die kontaktiert wurden, nahmen 54 Probanden an der Untersuchung

teil. Die restlichen zehn kontaktierten Probanden berichteten, kein Interesse daran zu

haben, an Forschungsuntersuchungen teilzunehmen. Die Daten von fünf

Versuchspersonen, die an der Untersuchung teilnahmen konnten aufgrund von

technischen Problemen bei der dot-probe Aufgabe nicht verwertet werden, so dass die

Daten von 25 CLBP-Patienten im Alter zwischen 26 und 61 Jahren und 24

schmerzfreien Kontrollprobanden im Alter zwischen 24 und 62 Jahren die Grundlage

für die hier vorliegende Studie bilden. Das durchschnittliche Alter der CLBP-Patienten

lag mit einer SD von 7.91 Jahren bei 48.16 Jahren. Die gesunde Kontrollgruppe war

durchschnittlich 44.21 Jahre mit einer SD von 8.1 Jahren (s. Tabelle 4).

Die soziodemographischen Daten der Probanden sind in Tabelle 3 dargestellt. Die

CLBP-Patientengruppe setzte sich aus 15 männlichen und 10 weiblichen Personen

zusammen. Die gesunde Kontrollgruppe bestand aus 11 männlichen und 13 weiblichen

Personen. Die CLBP-Patienten gaben eine Schmerzdauer zwischen 6 Monaten und 25

Jahren an (durchschnittliche Schmerzdauer, 53.75 Monate; SD, 68.18 Monate). Die

Schmerzintensität wurde auf einer 10-mm NRS mit den Endpunkten „0“ (kein Schmerz)

und „10“ (stärkster vorstellbarer Schmerz) eingeschätzt. Die durchschnittliche

Schmerzintensität zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung lag bei 3.80 mm (SD, 2.14)

in der CLBP Gruppe und bei 0.5 mm (SD, 0.83 mm) in der Kontrollgruppe. Es konnten

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

91

zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede hinsichtlich der

Geschlechterverteilung (U=257.5; p>0.05) oder der Altersverteilung (F(1,47)=2.996;

p>0.05) festgestellt werden. Auch in den anderen soziodemographischen Daten

(Staatsangehörigkeit, Familienstand, Wohnsituation, Schulabschluss, Erwerbstätigkeit,

Rentensituation) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (p>0.05) zwischen den

beiden Gruppen.

Tabelle 3. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der absoluten (N) und

relativen (%) Häufigkeiten getrennt für die CLBP-Patienten (N=25) und die Kontrollpersonen

(N=24).

CLBP-Patienten

N = 25

Kontrollpersonen

N = 24

Häufigkeit (%)

Häufigkeit (%)

Geschlecht

weiblich 10 (40) 13 (54,2)

männlich 15 (60) 11 (45,8)

Staatsangehörigkeit

deutsch 25 (100) 24 (100)

Familienstand

verheiratet 16 (64,0) 12 (50,0)

ledig 5 (20,0) 3 (12,5)

ledig, in fester Partnerschaft 2 (8,0) 3 (12,5)

geschieden, getrennt lebend 2 (8,0) 6 (25,0)

Wohnsituation

allein lebend 3 (12,0) 6 (25,0)

mit Partner lebend 9 (36,0) 8 (33,3)

mit Partner und Kindern lebend 11 (44,0) 7 (29,2)

ohne Partner mit Kindern lebend 1 (4,0) 1 (4,2)

mit den Eltern lebend 1 (4,0) 1 (4,2)

in Wohngemeinschaft lebend 0 (0) 1 (4,2)

Schulabschluss

Abitur 9 (36,0) 12 (50,0)

Fachhochschulabschluss 3 (12,0) 2 (8,3)

Realschulabschluss 5 (20,0) 7 (29,2)

Polytechnischer Schulabschluss 1 (4,0) 0 (0)

Hauptschulabschluss 7 (28,0) 3 (12,5)

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

92

Berufsausbildung

Universität 3 (12,0) 5 (20,8)

Fachhochschule 1 (4,0) 1 (4,2)

Fachschule 2 (8,0) 1 (4,2)

Lehre 17 (68,0) 17 (70,8)

andere 2 (8,0) 0 (0)

Erwerbstätigkeit

ja, ganztags 15 (60,0) 18 (75,0)

ja, mindestens halbtags 2 (8,0) 2 (8,3)

ja, weniger als halbtags 1 (4,0) 1 (4,2)

nein, Hausfrau 3 (12,0) 1 (4,2)

nein in Ausbildung 0 (0) 1 (4,2)

nein, arbeitslos/ erwerbslos 1 (4,0) 1 (4,2)

nein, anderes 3 (12,0) 0 (0)

Rente

nein 23 (92,0) 24 (100)

ja, auf Zeit 1 (4,0) 0 (0)

ja, endgültig 1 (4,0) 0 (0)

Die Ergebnisse aus den subjektiven Charakteristika sind für die CLBP-Patienten und die

gesunden Kontrollprobanden in Tabelle 4 dargestellt. Die CLBP-Patienten zeigten

höhere Werte im BDI (U=196; p<0.05) sowie in den Skalen charakteristische

Schmerzintensität (U=6.5; p<0.001), Disability-Score (U=58.5; p<0.001) und

Disability-Days (U=204; p<0.005) des Chronic Pain Grade Fragebogens. Auch in der

Skala Chronic Pain Grade (U=75; p<0.001) nach von Korff erreichten die

Schmerzpatienten signifikant höhere Grade als die Kontrollprobanden. In Hinsicht auf

die Klassifizierung der Chronifizierung der Schmerzen nach von Korff (Klasen et al.,

2004) wiesen 62.5 % der Kontrollpersonen in der vorliegenden Untersuchung einen

Chronic Pain Grade I auf, die übrigen 37.5 % gaben gar keine Beeinträchtigung an. In

der CLBP-Patientenstichprobe wiesen mit 40 % die Mehrheit der Patienten einen

Chronic Pain Grade von I auf. 32 % der Patienten wiesen einen Chronic Pain Grade von

II auf. 16 % der Probanden wiesen einen Chronic Pain Grade III, 12 % einen Chronic

Pain Grade IV auf. Im AEQ zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den CLBP

und den gesunden Kontrollpersonen in den Skalen TSS (F(1,47)=10.53; p<0.01) und

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

93

HHS ((F(1,47)=7.21; p<0.01). In beiden Skalen erreichten die CLBP-Patienten deutlich

höhere Werte als die Kontrollpersonen.

Tabelle 4. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) für die individuellen

Charakteristika für die CLBP-Patienten (N=25) und für die gesunden Kontrollprobanden (N=24).

CLBP-Patienten

N = 25

( x ± SD)

Kontrollpersonen

N = 24

( x ± SD)

Alter 48.16 ±7.91 44.21 ± 8.1

Beck Depressions-Inventar (BDI)* 6.84 ± 6.64 3.13 ± 2.77

State-Trait Angst Inventar (STAI)

State 33.27 ± 9.12 31.58 ± 4.09

Trait 35.6 ± 10.18 32.17 ± 5.14

Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) 29.52 ± 6.62 29.25 ± 6.11

Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)

Körperliche Aktivität als Ursache 2.55 ± 1.3 2.59 ± 1.14

Arbeit als Ursache 1.76 ± 1.59 1.47 ± 1.23

Arbeitsprognose 0.7 ± 1.66 0.13 ± 0.20

Gesamtwert 1.28 ± 1.5 0.86 ± 0.73

Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)

Endurance Related Responses

Gehobene Stimmung Skala (PMS) 3.93 ± 1.43 3.76 ± 1.79

Durchhalteappelle (TSS)**

3.23 ± 1.79 1.73 ± 1. 42

Durchhaltestrategien 1 (BES1) 3.46 ± 0.95 3.21 ± 1.08

Durchhaltestrategien 2 (BES2) 3.07 ± 0.97 2.79 ± 1.04

Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 3.18 ± 1.07 3.08 ± 1.25

Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 2.78 ± 1.15 2.68 ± 1.28

Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) 3.67 ± 1.23 3.3 ± 1.35

Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) 3.28 ± 1.17 2.87 ± 1.17

Fear-Avoidance Related Responses

Angst-Depression Skala (ADS) 1,48 ± 1.5 1.06 ± 1.27

Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS)**

1.49 ± 1.1 0.76 ± 0.75

Katastrophisieren (CTS) 0.75 ± 0.76 0.68 ± 1.0

Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) 0.44 ± 0.59 0.54 ± 0.77

Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) 1.47 ± 1.34 1.71 ± 1.67

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1 (APAS1) 1.41 ± 1.02 1.53 ± 1.05

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2 (APAS2) 3.54 ± 1.38 3.33 ± 1.44

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

94

Chronic Pain Grade Fragebogen

Charakteristische Schmerzintensität**

50.8 ± 15.85 8.75 ± 9.52

Disability-Score**

32.53 ± 27.27 2.50 ± 5.13

Disability-Days **

0.56 ± 1.003 0.00 ± 0.00

Chronic Pain Grade**

2.0 ± 1.04 0.63 ± 0.49

1.3.2 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von dem Schmerzstatus der

Probanden

Im folgenden Auswertungsschritt wurden die Unterschiede zwischen den CLBP-

Patienten und den gesunden Kontrollpersonen varianzanalytisch ausgewertet.

Zur Kontrolle der Bewertung der Bilder aus dem PHODA (manipulation check) wurden

diese getrennt für die CLBP-Patienten und die gesunde Kontrollgruppe betrachtet und

miteinander verglichen. Die Ergebnisse zu den Bewertungen der Bilder aus der PHODA

sind für die CLBP-Patienten und die gesunden Kontrollprobanden in Tabelle 5

dargestellt. Die entsprechende Varianzanalyse mit Messwiederholung, in der Klinischer

Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollprobanden) als Zwischensubjektfaktor und die

Bildkategorie als Innersubjektfaktor (hoch bedrohlich vs. niedrig bedrohlich) eingingen,

zeigte einen signifikanten Haupteffekt für den Faktor Bildkategorie (F(1,47)=196.418;

p<0.001; η²=0.807), nicht jedoch für den Faktor Klinischer Status (p>0.01). Hoch

bedrohliche Bilder wurden erwartungsgemäß als deutlich bedrohlicher bewertet als die

niedrig bedrohlichen Bilder. Die Bewertungen der Bilder unterschieden sich jedoch

nicht zwischen der Kontrollgruppe und der CLBP-Patientengruppe. Die

durchschnittliche Bewertung der hoch bedrohlichen Bilder aus der PHODA lag bei den

Kontrollprobanden bei 64.24 (SD, 33.56) und bei den CLBP-Patienten bei 65.47 (SD,

30.08). Die durchschnittliche Bewertung der Bilder, die am wenigsten bedrohlich

eingeschätzt wurden, lag in der Kontrollgruppe bei 1.68 (SD, 6.31) und in der CLBP-

Patientengruppe bei 2.25 (SD, 4.61). Es zeigte sich auch keine Klinischer Status x

Bildkategorie Interaktion (p>0.05).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

95

Tabelle 5. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Bewertungen der

Bilder aus der PHODA für die CLBP-Patienten (N=25) und für die gesunden Kontrollprobanden

(N=24).

CLBP Patienten

N = 25

( x ± SD)

Kontrollprobanden

N = 24

( x ± SD)

Ratings für die als hoch-bedrohlich bewerteten

Bilder aus der PHODA

65.47 ± 30.08 64.24 ± 33.56

Ratings für die als wenig-bedrohlich

bewerteten Bilder aus der PHODA

2.25 ± 4.61 1.68 ± 6.31

Anschließend wurden die Unterschiede zwischen den CLBP-Patienten und den

gesunden Probanden in den Aufmerksamkeitsindizes ausgewertet. Die Mittelwerte ( x )

und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten in den kongruenten,

inkongruenten und neutralen Durchgängen sowie den Werten im Bias Index sind in

Tabelle 6 getrennt für die CLBP-Patienten und Kontrollprobanden dargestellt.

Tabelle 6. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten

in den kongruenten, inkongruenten und neutralen Durchgängen getrennt nach CLBP-Patienten

und Kontrollprobanden.

CLBP-Patienten

N = 25

( x ± SD)

Kontrollpersonen

N = 24

( x ± SD)

Bias Index 24.24 ± 28.12 15.15 ± 25.31

Kongruente Durchgänge 463.96 ± 93.77 402.29 ± 50.92

Inkongruente Durchgänge 488.19 ± 106.22 417.44 ± 56.25

Neutrale Durchgänge 430.42 ± 85.06 377.63 ± 48.59

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

96

In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass CLBP-Patienten im Vergleich zu

gesunden Probanden größere Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für

schmerzassoziiertes Stimulusmaterial aufweisen. Dies sollte sich in höheren Werten im

Bias Index (BI; Indikator für eine selektive Aufmerksamkeit), niedrigeren Werten im

Congruency-Index (CI; Indikator für eine Hypervigilanz für schmerzassoziiertes

Material), und höheren Werten im Incongruency-Index (ICI; Indikator für eine erhöhte

Schwierigkeit, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen) zeigen. Die

Varianzanalyse zur Überprüfung dieser Annahme zeigte im BI jedoch keinen

signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen (p>0.01).

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede in den

Reaktionszeiten der Kontrollprobanden im Vergleich zu den CLBP-Patienten in

kongruenten im Vergleich zu neutralen Durchgängen zeigte einen signifikanten

Haupteffekt für Trial-Typ (F(1,47)=72.164; p<0.001; η²=0.606). Die Reaktionszeiten in

den kongruenten Durchgängen waren dabei insgesamt deutlich länger als in den

Durchgängen mit den neutralen Bildern. Zudem zeigte sich ein signifikanter

Haupteffekt für Klinischer Status (F(1,47)=7.77; p<0.01; η²=0.142). Die CLBP-

Patienten zeigten insgesamt deutlich längere Reaktionszeiten als die Kontrollpersonen.

Es fand sich jedoch keine signifikante Trial-Typ x Klinischer Status Interaktion

(p>0.05).

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede in den

Reaktionszeiten in den inkongruenten Durchgängen im Vergleich zu den neutralen

Durchgängen zeigte einen signifikanten Haupteffekt für Trial-Typ (F(1,47)=135.56;

p<0.001; η²=0.743). Die Reaktionszeiten waren dabei in den inkongruenten

Durchgängen bedeutsam länger als in den neutralen Durchgängen. Es zeigte sich auch

hier ein signifikanter Haupteffekt für Klinischer Status (F(1,47)=7.97; p<0.01;

η²=0.145). Dabei zeigten die CLBP-Patienten insgesamt bedeutsam längere

Reaktionszeiten als die gesunden Kontrollpersonen. Wenngleich sich eine Trial-Typ x

Klinischer Status Interaktion zeigte, erreichte diese jedoch unter Berücksichtigung der

Anpassung des Alphaniveaus auf α<0.01 keine statistische Signifikanz, sondern zeigte

sich lediglich im Trend (F(1,47)=4.59; p<0.05; η²=0.89; siehe Abbildung 15).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

97

Klinischer Status

0

100

200

300

400

500

600

Neutral Inkongruent

Trial-Typ

Rea

kti

on

szei

ten

in

ms

CLBP-Personen

Kontrollpersonen

Abbildung 15. Darstellung der Reaktionszeiten in den neutralen und inkongruenten Durchgängen

(Trial-Typ) in Abhängigkeit von dem klinischen Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollpersonen) der

Personen.

1.3.3 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und den

klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen Merkmalen der

Probanden

Zur Überprüfung der Hypothesen 2 bis 5 wurden im nächsten Auswertungsschritt die

Zusammenhänge zwischen den subjektiven Daten und den verschiedenen Indikatoren

eines Aufmerksamkeitsbias (BI, CI und ICI) mithilfe einer bivariaten

Korrelationsanalyse überprüft. Die Ergebnisse aus diesen Korrelationsanalysen sind in

Tabelle 7 dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

98

Tabelle 7. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen Charakteristika der

Probanden (N=49) und dem Bias Index, Congruency Index und Incongruency Index.

Bias

Index

Congruency

Index

Incongruency

Index

Geschlecht b, c

0.140 -0.185 -0.116

Alter c 0. 129 0. 255

+ 0. 263

+

Beck Depressions-Inventar (BDI) c -0.065 0.264

+ 0.215

State-Trait Angst Inventar (STAI) c

State -0.044 0.082 0.060

Trait -0.148 0.137 0.078

Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) -0.064 -0.011 -0.028

Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)

Körperliche Aktivität als Ursache 0.087 -0.087 -0.051

Arbeit als Ursache -0.035 -0.029 -0.036

Arbeitsprognose b 0.157 0.121 0.182

Gesamtwert 0.059 0.062 0.072

Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)

Endurance Related Responses

Gehobene Stimmung Skala (PMS) 0.118 0.120 0.141

Durchhalteappelle (TSS) -0.053 0.299* 0.249

*

Durchhaltestrategien 1 (BES1) 0.024 0.215+ 0.198

+

Durchhaltestrategien 2 (BES2) 0.0001 0.203+ 0.179

Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 0.053 0.106 0.109

Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 0.016 0.186 0.170

Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) -0.002 0.224+ 0.198

+

Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) -0.012 0.160 0.138

Fear-Avoidance Related Responses

Angst Depression Skala (ADS) -0.011 0.161 0.139

Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) 0.012 0.210+ 0.189

+

Katastrophisieren (CTS) -0.381**

-0.009 -0.119

Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) b 0.193

+ 0.012 0.085

Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) 0.096 -0.167 -0.120

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1 (APAS1) 0.308* -0.027 0.066

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2 (APAS2) 0.219+ -0.187 -0.101

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

99

Chronic Pain Grade Fragebogen

Charakteristische Schmerzintensität 0.142 0.371**

0.370**

Disability-Score b 0.187

+ 0.412

** 0.465

***

Disability-Daysb 0.172 0.159 0.249

*

Chronic Pain Grade b 0.097 0.378

** 0.354

**

Korrelationskoeffizient Pearson; b Korrelationskoeffizient Spearman’rho;

+ p<0.10;

* p<0.05;

** p<0.01;

*** p<0.001;

c Test auf Signifikanz: zweiseitig; N=49.

In der 2. Hypothese wurde ein Zusammenhang zwischen schmerzbezogener Angst und

Angst-Vermeidungsüberzeugungen sowie FAR mit den verschiedenen Aspekten des

Aufmerksamkeitsbias angenommen. Erwartet wurden dabei positive Zusammenhänge

zwischen dem BI bzw. dem ICI und den FAR-bezogenen Variablen. Ein negativer

Zusammenhang wurde dagegen zwischen dem IC und den FAR-bezogenen Variablen

erwartet. Im ersten Schritt der bivariaten Korrelationsanalyse zeigte sich eine

signifikante negative Korrelation zwischen dem BI und der AEQ-Skala CTS (r=-0.381;

p<0.01) sowie positive Korrelationen zwischen dem BI und der Skala APAS1 (r=0.308;

p<0.05) des AEQ. Im Trend korrelierte der BI positiv mit den Skalen ASAS1 (r=0.193;

p<0.10) und APAS2 (r=0.219; p<0.10) des AEQ. Eine positive Korrelation zeigte sich

im Trend zudem zwischen dem CI und der Skala HHS des AEQ (r=0.210; p<0.10).

In der 3. Hypothese wurde angenommen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen

ER und dem Aufmerksamkeitsindex ICI besteht. Die Korrelationsanalysen zeigten, dass

die Skala TSS des AEQ sowohl mit dem ICI (r=0.249; p<0.05) als auch mit dem CI

(r=0.299; p<0.05) positiv zusammenhing. Tendenziell zeigten sich positive

Korrelationen zwischen den AEQ-Skalen BES1 (r=0.215; p<0.10), BES2 (r=0.203;

p<0.10) und PPS1 (r=0.224; p<0.10) mit dem CI sowie zwischen BES1 (r=0.198;

p<0.10) und PPS1 (r=0.198; p<0.10) und dem ICI.

In der 4. Hypothese wurde angenommen, dass die schmerzbezogene Disability der

Patienten mit einem Aufmerksamkeitsbias assoziiert ist. Die Charakteristische

Schmerzintensität korrelierte signifikant positiv mit dem CI (r=0.371; p<0.01) und dem

ICI (r=0.370; p<0.01). Der Disability-Score korrelierte signifikant positiv mit dem CI

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

100

(r=0.412; p<0.01) und dem ICI (r=0.465; p<0.01) sowie tendenziell mit dem BI

(r=0.187; p<0.10). Die Skala Disability-Days korrelierte signifikant positiv mit dem ICI

(r=0.249; p<0.05). Der Chronic Pain Grade korrelierte signifikant positiv mit dem CI

(r=0.378; p<0.01) und dem ICI (r=0.354; p<0.01).

In der 5. Hypothese wurde angenommen, dass die allgemeinen Distress Variablen State-

und Trait-Angst sowie Depression mit einem Aufmerksamkeitsbias assoziiert sind. In

der bivariaten Korrelationsanalyse zeigten sich keine signifikanten Korrelationen (für

alle p>0.05). Im Trend korrelierten die Werte im BDI positiv mit dem CI (r=0.264;

p<0.10)

1.3.4 Die Vorhersage des Aufmerksamkeitsbias durch die individuellen

Charakteristika der Probanden

In den Hypothesen 6 und 7 wurden Annahmen zur Vorhersage der drei

Aufmerksamkeitsindikatoren durch die Merkmale der Probanden formuliert. Diese

Hypothesen wurden mit Hilfe einer Regressionsanalyse überprüft. Die Ergebnisse aus

diesen Analysen sind in Tabelle 10 dargestellt.

In der 6. Hypothese wurde angenommen, dass eine Hypervigilanz, indiziert durch

niedrigere Werte im CI, sowie eine stärkere selektive Verarbeitung von

schmerzassoziiertem Material, indiziert durch höhere Werte im BI, am besten durch

schmerzbezogene Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen vorhergesagt werden

können.

In die Regressionsanalyse für den BI gingen entsprechend der vorgeschalteten

Korrelationsanalyse die FAR bezogenen Variablen CTS und APAS1 ein. Als FAR-

bezogene Variablen wurden beide Variablen in einem Block schrittweise in die Analyse

eingegeben. Die Regressionsanalyse für den BI zeigte, dass die CTS für den BI als

Prädiktor im ersten Schritt in das Modell aufgenommen wurde. Die CTS klärte dabei

14.6% der Varianz des BI auf (β=-0.381, p<0.01). Höhere Werte in der CTS sagten

niedrigere Werte im BI voraus. Im zweiten Schritt wurden CTS (β=-0.392, p<0.01) und

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

101

APAS1 (β=0.321, p<0.05) in das Modell aufgenommen. Die Änderung in r² durch die

Aufnahme von APAS1 lag bei 10.3%. Höhere Werte im APAS1 sagten höhere Werte

im BI voraus. Dieses letzte signifikante Modell (F(1,47)=7.608; p<0.01) klärte 24.9%

der Varianz des BI auf (s. Tabelle 8).

Tabelle 8. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse zur Erfassung der

Vorhersage des Bias Index durch die individuellen Charakteristika der Stichprobe.

RA 1 Abhängige Variable:

Bias Index

a r² T p

1. Modell 0.146

AEQ: Katastrophisieren (CTS)**

-0.381 -2.829 0.007

2. Modell 0.249

AEQ: Katastrophisieren (CTS)**

-0.392 -3.068 0.004

AEQ: Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2

(APAS2)*

0.321 2.511 0.016

a Standardisierte beta-Gewichte;

**p <0.01,

*p <0.05.

In die Regressionsanalyse für den CI wurde entsprechend der Korrelationsanalyse, die

vorab erfolgte, die Variablen Charakteristische Schmerzintensität, Disability-Score und

Chronic Pain Grade (Block 1) des Chronic Pain Grade Fragebogens sowie die ER-

bezogene Variable TSS des AEQ (Block 2) schrittweise eingegeben. Die

Regressionsanalyse für den CI zeigte, dass der Chronic Pain Grade als Prädiktor in das

signifikante Modell aufgenommen wurde (F(1,47)=8.058; p<0.01). Für den CI klärte

der Chronic Pain Grade nach von Korff 14.6% der Varianz des signifikanten Modells

auf (β=0.383, p<0.01). Dabei waren höhere Grade im Chronic Pain Grade mit höheren

Werten im CI assoziiert (s. Tabelle 9). Die Disability Variablen Charakteristische

Schmerzintensität und von Disability-Score des Chronic Pain Grade Fragebogens sowie

die ER-bezogene Variable TSS des AEQ gingen in das signifikante Modell nicht ein.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

102

Tabelle 9. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse zur Erfassung der

Vorhersage des Congruency-Index durch die individuellen Charakteristika der Stichprobe.

RA 2 Abhängige Variable:

Congruency-Index

a r² T p

Modell 0.146

Chronic Pain Grade Fragebogen:

Chronic Pain Grade**

0.383 2.839 0.007

a Standardisierte beta-Gewichte;

**p <0.01.

In der 7. Hypothese wurde angenommen, dass Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen, indiziert durch höhere Werte im ICI, am besten

durch ER vorhergesagt werden können. In die Regressionsanalyse wurde für den ICI

entsprechend der vorgeschalteten Korrelationsanalyse die Variablen Charakteristische

Schmerzintensität, Disability-Score, Disability-Days und Chronic Pain Grade aus dem

Chronic Pain Grade Fragebogen (Block 1) sowie TSS aus dem AEQ (Block 2)

schrittweise eingegeben. Im ICI ging die charakteristische Schmerzintensität in das

signifikante Modell ein (F(1,47)=7.45; p<0.01) und klärte 13.7% der Varianz des

signifikanten Modells auf (β=0.370, p<0.01). Eine höhere charakteristische

Schmerzintensität sagte einen stärkeren Bias im ICI vorher. Der Disability-Score und

TSS gingen in das signifikante Modell nicht ein (s. Tabelle 10).

Tabelle 10. Darstellung der signifikanten Modelle aus den Regressionsanalysen (RA) zur Erfassung

der Vorhersage des Incongruency-Index durch die individuellen Charakteristika der Stichprobe.

RA 3 Abhängige Variable:

Incongruency-Index

a r² T p

Modell 0.137

Chronic Pain Grade Fragebogen:

Charakteristische Schmerzintensität**

0.370 2.729 0.009

a Standardisierte beta-Gewichte;

**p <0.01.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

103

1.4 Zusammenfassende Bewertung

Auf Grundlage der in Kapitel II aufgeführten theoretischen Ausführungen zum CLBP

und zur Informationsverarbeitung wurde in diesem Kapitel der empirische Teil des

ersten Experiments der vorliegenden Arbeit dargestellt. Hierfür wurden zunächst

allgemeine Fragestellungen abgeleitet, um anschließend daraus konkrete Hypothesen

für die Untersuchung zu explizieren.

Zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen wurde eine Untersuchung durchgeführt,

in der die Aufmerksamkeitsleistungen von 25 CLBP-Patienten mit den Leistungen von

24 gesunden Kontrollprobanden in einer visuellen dot-probe Aufgabe mit

schmerzneutralem und idiosynkratisch ausgewähltem schmerzassoziiertem Bildmaterial

verglichen wurden. Aus den Reaktionszeiten der Probanden in der Aufgabe wurden drei

Indizes gebildet: der Bias Index, der Kongruenz Index und der Inkongruenz Index. Die

Leistungen der CLBP-Patienten wurden mit denen der Kontrollpersonen statistisch

verglichen. Darüber hinaus wurden die Zusammenhänge zwischen den Indizes und den

erfassten Merkmalen der Probanden wie generellen Distress Variablen (Angst und

Depression) sowie schmerzspezifischen Merkmalen und Reaktionen wie Disability,

schmerzbezogene Angst und FAR sowie ER analysiert.

Die Überprüfung des verwendeten Stimulusmaterials (manipulation check) zeigte, dass

die untersuchten Personen die hoch-bedrohlichen Bilder aus der PHODA tatsächlich als

deutlich bedrohlicher eingeschätzten als die niedrig-bedrohlichen Bilder. Folglich

erwies sich das verwendete Stimulusmaterial bei den untersuchten Personen als

geeignet für die Erfassung des Informationsverarbeitungsbias.

In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass CLBP-Patienten im Vergleich zu

gesunden Probanden größere Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für

schmerzassoziiertes Material aufweisen. Dies sollte sich in einer stärkeren selektiven

Aufmerksamkeit (also höheren Werten im Bias Index), einer Hypervigilanz für

schmerzassoziiertes Material (also niedrigeren Werten im Kongruenz Index) sowie in

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

104

deutlicheren Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen (also

höheren Werten im Inkongruenz Index) zeigen.

Die statistischen Analysen ergaben keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den

Leistungen der CLBP-Patienten und den gesunden Kontrollpersonen im BI (p>0.05). In

Hinsicht auf den CI und den ICI zeigte sich, dass sowohl CLBP-Patienten als auch

gesunde Kontrollpersonen langsamere Reaktionszeiten in den kongruenten

Durchgängen zeigten, als in den neutralen Durchgängen. Dies spricht für eine geringere

Vigilanz für das schmerzassoziierte Material. Gleichzeitig wiesen beide untersuchten

Gruppen deutlichere Schwierigkeiten darin auf, sich von dem schmerzassoziierten

Material zu lösen (p<0.001), wenngleich die CLBP-Patienten unabhängig von dem

Trial-Typ (Durchgang mit schmerzneutralen vs. schmerzassoziierten Bildern) insgesamt

einen stärkeren Aufmerksamkeitsbias zeigten als die gesunden Kontrollpersonen

(p<0.01). Eine Wechselwirkung zwischen dem klinischen Status der Probanden (CLBP-

Patienten vs. Kontrollpersonen) und dem Trial-Typ (schmerzassoziiert vs.

schmerzneutral) ließ sich nur tendenziell für den ICI zeigen. In Übereinstimmung mit

der aktuellen Befundlage (Roelofs et al., 2005) zeigten die Ergebnisse hierbei, dass die

CLBP-Patienten im Vergleich zu den gesunden Kontrollprobanden tendenziell größere

Schwierigkeiten darin aufwiesen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen

(p<0.05).

Die weiteren Hypothesen der Untersuchung bezogen sich auf die Zusammenhänge

zwischen den Aufmerksamkeitsindizes und den individuellen schmerzbezogenen und

schmerzunabhängigen Merkmalen der Probanden sowie auf die Vorhersage der

Aufmerksamkeitsverzerrungen durch diese Merkmale.

In der 2. Hypothese wurde dabei angenommen, dass sich mit einer zunehmenden

schmerzbezogenen Angst sowie mit zunehmenden Angst- und

Vermeidungsüberzeugungen und FAR deutlichere Verzerrungen in der

Aufmerksamkeit zeigen, wie sie sich in Engagement- und in Disengagement Effekten

niederschlagen. Weiterhin wurde angenommen, dass eine selektive Aufmerksamkeit

sowie eine Hypervigilanz am besten durch Merkmale und Reaktionen

schmerzbezogener Angst vorhergesagt werden kann (Hypothese 6). Diese Annahmen

konnten nicht bestätigt werden. Eine zunehmende Verzerrung in der Aufmerksamkeit

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

105

im Zusammenhang mit FAR konnte mit zunehmendem Katastrophisieren, zunehmender

Vermeidung körperlicher Aktivitäten bei leichten Schmerzen sowie in der Tendenz

auch mit zunehmenden Hilf-Hoffnungslosigkeitskognitionen gefunden werden. Dabei

war zunehmendes Katastrophisieren als FAR-bezogene kognitive Reaktion auf den

Schmerz mit einer deutlicheren Vermeidung von schmerzassoziiertem Material

(geringere Werte im BI) verbunden. Vermehrte Hilf- und

Hoffnungslosigkeitskognitionen waren tendenziell mit größeren Schwierigkeiten, sich

von scherzassoziiertem Material zu lösen sowie einer geringeren Vigilanz für

schmerzassoziiertes Material verbunden. FAR auf der behavioralen Ebene war mit einer

stärkeren selektiven Aufmerksamkeit für das schmerzassoziierte Material verbunden.

Diese zeigte sich besonders deutlich mit zunehmender Vermeidung von körperlichen

Aktivitäten bei leichten Schmerzen und in der Tendenz auch bei schweren Schmerzen

sowie mit zunehmender Vermeidung von sozialen Aktivitäten bei leichten Schmerzen.

Entgegen der Annahme, konnten dagegen zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

Angst vor Bewegungsschmerz, Angst-Vermeidungsüberzeugungen sowie FAR auf der

emotionalen Ebene keine Zusammenhänge gefunden werden. Die Regressionsanalyse

zeigte, dass vermehrte katastrophisierende Kognitionen wie z.B. „oh Gott, die

Schmerzen werden etwas ganz schlimmes zu bedeuten haben!“ sich als prädiktiv für

eine erhöhte Vermeidung von schmerzassoziiertem Material in der dot-probe Aufgabe

erwiesen. Ein vermehrtes Vermeiden von körperlichen Aktivitäten bei leichten

Schmerzen war dagegen mit einer deutlicheren selektiven Aufmerksamkeit für

schmerzassoziiertes Material verbunden. Beide Merkmale klärten zusammen 24.9% der

Varianz im BI auf.

Als 3. Hypothese wurde vor dem Hintergrund eines erwarteten Rebound-Effekts bei

Gedankenunterdrückung angenommen, dass mit zunehmenden ER deutlichere

Schwierigkeiten bestehen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen. In der

vorliegenden Untersuchung konnte diese positive Assoziation zwischen

Gedankenunterdrückung und Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material

zu lösen bestätigt werden. Gleichzeitig zeigte sich eine bei einer stärkeren

Gedankenunterdrückung eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material.

Tendenziell zeigte sich ein solcher Zusammenhang auch auf der behavioralen Ebene,

also in den Durchhaltestrategien und dem Aufrechterhalten von Aktivitäten trotz

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

106

anhaltender Schmerzen. Stärkere Durchhaltestrategien bei leichten und schweren

Schmerzen waren tendenziell mit einer geringeren Vigilanz assoziiert, leichte

Schmerzen gingen zudem in der Tendenz mit deutlicheren Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen einher. Die 7. Hypothese, in der angenommen

wurde, dass größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,

am besten durch ER bzw. die Unterdrückung von schmerzassoziierten Kognitionen

vorhergesagt werden kann, konnte nicht bestätigt werden, Gedankenunterdrückung

(AEQ-Skala TSS) ging in das signifikante Modell nicht ein (p>0.05).

Neben den Assoziationen zwischen den Aufmerksamkeitsverzerrungen und FAR bzw.

ER wurden in der hier dargestellten Untersuchung die Assoziationen zwischen den

Aufmerksamkeitsverzerrungen und den schmerzbezogenen Beeinträchtigungen, also der

Disability und dem allgemeinen Distress (allgemeine Angst und Depressivität) der

Probanden überprüft. Da bis dato keine Untersuchungen vorliegen, welche die

Disability explizit im Zusammenhang mit einem Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-

Patienten untersucht haben, wurde aufgrund der hohen Bedeutung der

schmerzbezogenen Disability in der Entwicklung von CLBP sowie einer

schemakongruenten Verarbeitung von schmerzassoziiertem Material, angenommen,

dass diese miteinander assoziiert sind (Hypothese 4). Dies sollte sich in Form einer

selektiven Aufmerksamkeit und einer Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material

sowie größeren Schwierigkeiten, sich von diesem zu lösen zeigen. In Hinsicht auf einen

allgemeinen Distress mangelt es an eindeutigen Befunden, so dass hier ein

Zusammenhang mit dem Aufmerksamkeitsbias angenommen, allerdings ungerichtet

formuliert wurde (Hypothese 5). Es fand sich in der vorliegenden Untersuchung eine

Tendenz für eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material mit vermehrten

depressiven Symptomen. Für die schmerzbezogene Disability nach von Korff et al.

(1992) zeigte sich besonders deutlich, dass diese sowohl mit einer geringeren Vigilanz

für schmerzassoziiertes Material als auch mit deutlicheren Schwierigkeiten, sich von

diesen zu lösen, zusammenhängt. Eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes

Material ging mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität, einem höheren

Ausmaß an Beeinträchtigungen an alltäglichen, sozialen und beruflichen Aktivitäten

sowie höheren Chronic Pain Graden, einem Index bestehend aus der Kombination aus

der charakteristischen Schmerzintensität, der erlebten Beeinträchtigung durch

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

107

Schmerzen sowie die Anzahl der durch die Schmerzen beeinträchtigten Tage einher.

Vermehrte Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen waren

ebenfalls mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität, einem stärkeren

Ausmaß an Beeinträchtigungen an alltäglichen, sozialen und beruflichen Aktivitäten

sowie mit höheren Chronic Pain Graden zu beobachten. Zusätzlich zeigten mit einer

ansteigenden Anzahl an Tagen, an denen sich die Betroffenen durch die Schmerzen

beeinträchtigt fühlten, zunehmende Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem

Material zu lösen. In der anschließenden Regressionsanalyse konnte gezeigt werden,

dass 14.6% der Varianz der Vigilanz für schmerzassoziiertes Material durch die Skala

Charakteristische Schmerzintensität nach von Korff aufgeklärt werden konnte. 13.7%

der Varianz für die Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,

konnten durch den von Korff Chronic Pain Grade aufgeklärt werden.

Diese Ergebnisse zeigen, dass, wenngleich ein allgemeiner Aufmerksamkeitsbias

konsistent mit der bisherigen Befundlage nicht berichtet werden kann, CLBP Patienten

tendenziell größere Schwierigkeiten darin zu haben scheinen, sich von

schmerassoziiertem Material, zu lösen. Unabhängig vom Schmerzstatus scheint eine

erhöhte Vermeidung von schmerzassoziiertem Material durch vermehrte

katastrophisierende Kognitionen vorhersagbar zu sein, während eine selektive

Aufmerksamkeit durch eine stärkere Vermeidung von körperlichen Aktivitäten

vorhersagbar zu sein scheint. Engagement- und Disengagement Effekte stehen eher im

Zusammenhang mit einer schmerzbezogenen Beeinträchtigung der Probanden. Ein

zunehmender Grad an Beeinträchtigung ist dabei mit einer geringeren Vigilanz

assoziiert. Größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziierten Stimuli zu lösen, sind

dagegen mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität assoziiert.

Dieses Ergebnis ist konsistent mit der Interaktion, die in der vorliegenden Untersuchung

im Trend zwischen dem Schmerzstatus und dem Bildmaterial für den ICI gefunden

wurde. Es weist darauf hin, dass Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem

bedrohlichem Material zu lösen, von dem Ausmaß von Schmerzen abhängen. Dagegen

scheint eine Vigilanz eher von der Überzeugung, von den Schmerzen beeinträchtigt zu

sein, beeinflusst zu sein, weniger vom klinischen Schmerzstatus oder der

charakteristischen Schmerzintensität. Die gegenwärtige Forschung weist darauf hin,

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

108

dass konzeptuell zwischen Schmerz und der mit ihm verbundenen Disability

unterschieden werden muss (Jensen, Turner, Romano & Karoly, 1991; Turk &

Holzman, 1986; Vlaeyen & Linton, 2000; Von Korff, Le Resche & Dworkin, 1993).

Die Ergebnisse der hier dargestellten Untersuchung unterstützen diese Annahme und

weisen darauf hin, dass der Schmerz und sich die Disability prädiktiv für

unterschiedliche Aufmerksamkeitseffekte wie dem Engagement- und Disengagement

Effekt erweisen. Dabei zeigen sich die Erfahrung von Schmerzen und eine mit ihr

verbundene Disability in der Gesamtstichprobe richtungsweisend für eine geringere

Vigilanz für schmerzassoziiertes bedrohliches Material, wohingegen sich die

Schwierigkeit, sich von schmerzassoziiertem bedrohlichem Material zu lösen, im

Zusammenhang mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität zeigt. Die

Unterscheidung zwischen den verschiedenen Effekten und die Erfassung der Disability

scheinen vor diesem Hintergrund bedeutsam. Das Ergebnis der vorliegenden

Untersuchung könnte den fehlenden signifikanten Unterschied zwischen CLBP und

gesunden Probanden im BI und im CI erklären. Im Gegensatz zu Schwierigkeiten, sich

von schmerzassoziiertem Material zu lösen, könnte ein genereller Aufmerksamkeitsbias

sowie ein Vigilanzeffekt bei schmerzassoziiertem Material also eher durch andere

individuelle Merkmale erklärt werden, als durch die Schmerzen per se. Folglich könnte

dies die mangelnden Befunde erklären, wenn CLBP-Patienten mit gesunden Probanden

verglichen werden und andere individuelle Merkmale der Probanden unberücksichtigt

bleiben.

In der vorliegenden Untersuchung konnte durch die erfassten Merkmale nur ein kleiner

Teil der Gesamtvarianz des Aufmerksamkeitsbias aufgeklärt werden. Es konnte kein

Beleg für den prädiktiven Wert von ER für den Aufmerksamkeitsbias geliefert werden,

wenngleich deutlichere ER tendenziell mit einer geringeren Vigilanz und größeren

Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen zusammenhing. Die

vorliegende Untersuchung spricht für die Annahme, dass ER bei CLBP-Patienten eine

bedeutsamere Rolle spielt als bei gesunden Personen, da in der vorliegenden

Untersuchung erwartungsgemäß die CLBP-Patienten deutlich mehr Durchhalteappelle

berichteten als Kontrollpersonen. Die Rolle von ER beim Aufmerksamkeitsbias bleibt

jedoch ungeklärt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass in der vorliegenden Studie nur

die Single-Responses der Probanden erfasst wurden. Hasenbring et al. (2010) weisen

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1

109

darauf hin, dass kognitive, emotionale und behaviorale Single-Responses zur Erklärung

der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Rückenschmerzen nicht ausreichen,

sondern vielmehr zusammen bestimmte Response-Pattern bilden, die in ihrer

spezifischen Kombination zur Chronifizierung von Schmerzen beitragen. Die

Kombination spezifischer Kognitionen, die mit entsprechenden Reaktionen auf der

emotionalen und behavioralen Ebene verbunden sind, können zwei maladaptive Formen

(FAR und ER) oder eine adaptive Form annehmen. Folglich könnten die geringe

Varianzaufklärung der verschiedenen Indizes oder die nur geringen Korrelationen mit

denselben daher rühren, dass die Reaktionen in der vorliegenden Untersuchung nicht als

Muster, sondern als Single-Responses betrachtet wurden. Daher sollte die zukünftige

Forschung zum kognitiven Bias bei CLBP-Patienten nicht nur die Single-Responses,

sondern vielmehr die spezifischen Response-Pattern der Probanden berücksichtigen, um

die Effekte zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material bei

CLBP-Patienten zu untersuchen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bisherige Untersuchungen zum

Aufmerksamkeitsbias bei chronischen Schmerzen mithilfe des dot-probe Paradigmas

nur eingeschränkt Beweise für eine selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes

Stimulusmaterial bei Schmerzpatienten berichten konnten. Die vorliegende

Untersuchung zielte darauf ab, den Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten im

Vergleich zu gesunden Probanden zu untersuchen und die Zusammenhänge zwischen

den individuellen Merkmalen der Probanden mit dem Aufmerksamkeitsbias in einer

dot-probe Aufgabe mithilfe von Bildmaterial zu erfassen. Es wurden dabei sowohl

allgemeine (Depression und Angst) als auch schmerzbezogene Merkmale (Disability,

FOP, FAR, ER) betrachtet. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass sich CLBP-Patienten in

ihrer Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material, insbesondere in Hinsicht auf

Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen, von gesunden

Kontrollpersonen unterscheiden. Eine selektive Aufmerksamkeit ist mit einer stärkeren

Vermeidung körperlicher Aktivitäten assoziiert. Eine Vermeidung dagegen mit

vermehrtem Katastrophisieren. Bei der genaueren Betrachtung von Engagement- und

Disengagement-Effekten wird ersichtlich, dass eine reduzierte Vigilanz mit höheren

Disability-Graden assoziiert ist und eine Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem

Material zu lösen von der charakteristischen Schmerzintensität der Probanden.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

110

2 Experiment 2: Der Einfluss von schmerzbezogenen Fear-

Avoidance- und Endurance- Response-Pattern auf den

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material bei

CLBP-Patienten

Aus den Darstellungen der aktuellen Befundlage zum Aufmerksamkeitsbias bei

Schmerzpatienten in Abschnitt II.2.3.1 sowie den Darstellungen der Ergebnisse der

ersten hier präsentierten Untersuchung wird deutlich, dass die a-priori Annahme eines

generellen Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten nicht gehalten werden kann. In

diesem Kontext wurde für eine Reihe von Faktoren eine vermittelnde Funktion

aufgezeigt. Aus den theoretischen Ausführungen in Abschnitt II.1.3.4 wird zudem

ersichtlich, dass nicht nur schmerzspezifische Single-Responses, sondern vielmehr das

Vorliegen bestimmter Response-Pattern für die Chronifizierung von Rückenschmerzen

bedeutsam sind. In der vorliegenden Untersuchung soll daher der Einfluss von diesen

Response-Pattern auf den Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten untersucht werden.

2.1 Konkretisierung der Fragestellung und Hypothesen

Auf der Basis der Ausführungen in Abschnitt II.3 und Abschnitt III.1 wird zunächst die

übergeleitete Fragestellung, auf welche die vorliegende Untersuchung abzielt, wie folgt

formuliert:

Unterscheiden sich CLBP-Patienten in Hinblick auf ihren Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Stimulusmaterial in Abhängigkeit von ihren individuellen

Response-Pattern auf ihre Rückenschmerzen?

Dabei sollen vordergründig folgende Fragestellungen expliziert werden:

1. Wie unterscheiden sich CLBP-Patienten in Abhängigkeit von ihren

individuellen Response-Pattern bei Rückenschmerzen hinsichtlich ihres

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes visuelles Material?

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

111

2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material und einer schmerzbezogenen Angst?

3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und einer

Unterdrückung von Gedanken?

4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

katastrophisierenden Kognitionen?

5. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der

Disability der Probanden?

6. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und

einem allgemeinen, nicht spezifisch auf die Schmerzen bezogenen Distress?

Diese Fragestellungen werden im Folgenden durch Hypothesen konkretisiert. Die

Hypothesen werden durch den augenblicklichen Forschungsstand begründet und auf

dieser Grundlage gerichtet oder ungerichtet formuliert.

Hypothese 1: Der Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten zeigt sich in Abhängigkeit

von ihren Response-Pattern. Patienten mit einem ER-Response-Pattern (endurance

related response pattern; ER-RP) und FAR-Response-Pattern (fear avoidance related

response pattern; FAR-RP) weisen insgesamt stärkere Verzerrungen in der

Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material auf als Patienten mit einem AR-

Response-Pattern (adaptive response pattern; AR-RP). Im Vergleich zu Patienten mit

einem AR-RP oder ER-RP weisen dabei Patienten mit einem FAR-RP höhere Werte im

CI auf. Patienten mit einem ER-RP weisen dagegen höhere Werte im ICI im Vergleich

zu den Patienten mit einem FAR-RP oder AR-RP auf.

Begründung: Hasenbring und Verbunt (2010) nehmen an, dass Auffälligkeiten in der

Schmerzverarbeitung, z.B. ein Informationsbias, weniger in einem linearen

Zusammenhang mit einzelnen kognitiv/affektiven Variablen (z.B. Fear of Pain) stehen,

sondern eher vom Vorhandensein erworbener Response-Pattern abhängen. Dies umso

mehr, als zum Beispiel schmerzbezogene Angst im FAR-RP mit Vermeidungsverhalten

einhergehen kann, möglicherweise vermittelt durch eine erhöhte Vigilanz für

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

112

bedrohliche Informationen, und im ER-RP mit Thought-Suppression und extremen

Durchhalteverhalten, größere Schwierigkeit, sich von bedrohlichen Informationen zu

lösen, hier möglicherweise vermittelt durch den oben beschriebenen Rebound-Effekt).

Hypothese 2: FOP und FAR hängen mit dem Aufmerksamkeitsbias zusammen. Dies

zeigt sich in einer stärkeren Vermeidung (negativere Werte im BI) von

schmerzassoziiertem Material, einer geringeren Vigilanz (höhere Werte im CI) für

dieses Material sowie in größeren Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen

(höhere Werte im ICI).

Begründung: Aus der ersten hier dargestellten Untersuchung ging hervor, dass eine

erhöhte FAR in erster Linie mit einer Vermeidung von schmerzassoziiertem Material

assoziiert ist, so dass auch in der zweiten Untersuchung ein solcher Effekt erwartet

wird.

Hypothese 3: Eine stärkere ER hängt mit einer stärkeren Vermeidung (niedrigere Werte

im BI) sowie einer geringeren Vigilanz (höhere Werte im CI) und mit stärkeren

Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen (höhere Werte im ICI)

zusammen.

Begründung: Aufgrund der Ergebnisse aus der ersten Untersuchung, in der geringere

Vigilanz mit zunehmender ER (Gedankenunterdrückung, Durchhaltestrategien bzw.

Aufrechterhalten von Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen) gezeigt werden konnte,

kann im Allgemeinen eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material

angenommen werden. Angesichts der Bedeutung des Rebound Effekts bei

Gedankenunterdrückung sowie den Ergebnissen aus der ersten Untersuchung, in der

zunehmende Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen mit

zunehmender ER (Gedankenunterdrückung, Durchhaltestrategien bzw. Aufrechterhalten

von Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen) gezeigt werden konnte, kann

angenommen werden, dass Patienten mit höheren ER entsprechend größere

Schwierigkeiten zeigen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.

Hypothese 4: Eine stärkere Disability der Patienten hängt positiv mit Schwierigkeiten,

sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen zusammen (höhere Werte im ICI) und

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

113

einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material (höhere Werte im CI)

zusammen. Die Disability hängt mit einer generellen selektiven Aufmerksamkeit für

schmerzassoziiertes Material zusammen.

Begründung: Die erste hier dargestellte Untersuchung konnte zeigen, dass ein positiver

Zusammenhang zwischen der Disability und dem Aufmerksamkeitsbias, wie er durch

den CI und ICI erfasst wird, der Probanden besteht, so dass in Anlehnung daran hier

eine entsprechend gerichtete Annahme formuliert werden kann. Für den generellen

Aufmerksamkeitsbias ergeben sich aus den Ergebnissen der ersten Untersuchung keine

Anhaltspunkte für eine gerichtete Hypothese. Dennoch kann ein möglicher

Zusammenhang nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Hypothese 5: Allgemeiner Distress hängt mit einem Aufmerksamkeitsbias zusammen.

Depressivität hängt dabei mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes

Material ab.

Begründung: Eine gerichtete Hypothese kann auch hier nicht formuliert werden, da die

bisherigen Befunde keine Zusammenhänge berichten konnten. Jedoch besteht die

Möglichkeit, dass ein bestehender Effekt in den vorherigen Untersuchungen

beispielsweise aufgrund anderer bisher unberücksichtigt gebliebener Variablen oder

Untersuchungsmerkmalen nicht gefunden wurde (β-Fehler). Folglich ist ein Effekt nicht

gänzlich auszuschließen und soll hier überprüft werden. Weiterhin konnte in der ersten

Untersuchung gezeigt werden, dass eine stärkere Depressivität mit einer geringeren

Vigilanz assoziiert ist.

2.2 Methodik

Im folgenden Abschnitt wird die Methodik zur Überprüfung der im vorherigen

Abschnitt aufgeführten Fragestellungen und Hypothesen dargestellt. Hierfür werden das

Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen

Variablen, der Untersuchungsablauf und die Stichprobe sowie die statistische Analyse

der Daten und der Datenschutz der Untersuchung dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

114

2.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign

Zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt III.2.1 dargestellten Hypothesen wurde

eine Nacherhebung zur ersten Untersuchung durchgeführt, indem die Daten von

weiteren 31 CLBP-Patienten erhoben wurden. Das Untersuchungsdesign enthielt eine

quasiexperimentelle Querschnittstudie, in der unter einer Laborbedingung die

Aufmerksamkeitsleistungen der Untersuchungspersonen überprüft wurden. Mithilfe von

Fragebögen wurden die individuellen Charakteristika sowie die Response-Pattern der

Patienten auf CLBP erfasst und die Zusammenhänge mit den

Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden sowie den Einfluss der Response-Pattern auf

den Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material zu erfassen.

2.2.2 Operationalisierung

Der Aufmerksamkeitsbias sowie die individuellen Charakteristika7

(soziodemographische, klinisch-medizinische und klinisch-psychologische Parameter)

wurden über verschiedene subjektive und objektive Parameter erfasst. Diese werden im

Folgenden dargestellt. Es wurden in der hier dargestellten zweiten Untersuchung

sowohl die gleichen Fragebögen als auch der gleiche Test zur Erfassung des

Aufmerksamkeitsbias verwendet wie in der ersten Untersuchung (s. Abschnitt III.1.2.2).

Folglich werden diese im Folgenden nur kurz aufgegriffen.

Aufmerksamkeitsindikatoren

Zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias der Probanden wurde wie in Experiment 1 die

dot-probe Aufgabe in einer Bildversion verwendet (s. Abschnitt III.1.2.2). Die

Leistungen der Probanden in der dot-probe Aufgabe wurden über die Reaktionszeiten

der Probanden ausgewertet. Falsche Antworten sowie Ausreißer (definiert als eine

Abweichung von mehr als drei SD von der jeweiligen durchschnittlichen Reaktionszeit

eines Individuums) gingen nicht in die weitere Auswertung ein. Die Leistungen wurden

7 Für einen besseren Überblick sind die verwendeten Inventare im Anhang (B-J) dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

115

mit Hilfe von drei Indizes analysiert: dem Bias Index, dem Inkongruenz Index und dem

Kongruenz Index8.

Soziodemographische, klinisch-medizinische und -psychologische Parameter

Es wurden die gleichen soziodemographischen, klinisch-medizinischen und klinisch-

psychologischen Parameter erfasst wie in Experiment 18. Zu den verwendeten

Fragebögen zählten folglich wie in Abschnitt III.1.2.2 aufgeführt eine Sozialanamnese

zur Erfassung der biographischen Daten der Patienten, eine Schmerzanamnese und der

Chronic Pain Grade Fragebogen (Klasen et al., 2004; nach von Korff et al., 1992) zur

Erfassung der klinisch-medizinischen Parameter. Weiterhin wurden der BDI

(Hautzinger et al., 1995; nach Beck et al., 1987) zur Erfassung der allgemeinen

depressiven Stimmung der Probanden und der STAI (Laux et al., 1981 nach Spielberger

et al., 1966, 1970) zur Erfassung der allgemeinen Ängstlichkeit erhoben. Zur Erfassung

der schmerzbezogenen Angst- und Vermeidungsüberzeugungen wurde der FABQ

(Pfingsten et al., 1996) erhoben. Die Angst- und Vermeidungsreaktionen der Patienten

wurden über die FAR Skalen des AEQ (Hasenbring et al., 2009) und die

schmerzbezogene Angst mithilfe des TSK (Rusu et al., in Vorbereitung) erfasst. Die

Endurance bezogenen Reaktionen der Patienten wurden mit den Endurance bezogenen

Skalen des AEQ erfasst.

Klassifizierung der Response-Pattern bei erlebten Schmerzen

Die Response-Pattern der Probanden wurden mithilfe der erreichten Werte in den

Skalen TSS und BES im AEQ sowie dem Gesamtwert im BDI gebildet (Hasenbring,

Hallner, Klasen, Streitlein-Böhme, Willburger & Rusche, 2012; Hasenbring & Verbunt,

2010). Werte in TSS 3.5 oder BES9 3.5 wurden als ER-RP klassifiziert. Bei einem

TSS Wert von <3.5 und einem BES Wert von <3.5 in Verbindung mit einem BDI Wert

8 Eine genaue Darstellung der dot-probe Aufgabe, der Berechnung der Indizes zur Erfassung des

Aufmerksamkeitsbias sowie eine detaillierte Beschreibung der hier verwendeten Instrumente sind in

Abschnitt III.1.2.2 zu finden. Auf eine Wiederholung dieser Inhalte wird an dieser Stelle verzichtet.

9 Es werden hier ausschließlich die Angaben bei schweren Schmerzen berücksichtigt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

116

von 9 wurden die Reaktionen des Probanden als FAR-RP klassifiziert. Bei einem

Wert von TSS<3.5 und BES <3.5 in Verbindung mit einem BDI Wert von <9 wurde ein

AR-RP klassifiziert.

2.2.3 Untersuchungsablauf

Der Untersuchungsablauf entsprach dem Ablauf der hier dargestellten ersten

Untersuchung. Es wurde dabei besonderer Wert darauf gelegt, den Ablauf dieser

Untersuchung bestmöglich dem der ersten Untersuchung anzugleichen, um die

Wahrscheinlichkeit systematischer Effekte zu reduzieren, die auf

Untersuchungsunterschiede zurückgeführt werden können. Folglich bekamen die

Untersuchungsteilnehmer auch in dieser Studie vor der Durchführung des eigentlichen

Aufmerksamkeitsexperiments eine Einladung zur Untersuchung sowie die

Sozialanamnese, die Schmerzanamnese, den Chronic Pain Grade Fragebogen und den

AEQ per Post zugesandt. Die Unterlagen wurden ausgefüllt in einem frankierten

Rückumschlag zurück gesendet.

Vor der Durchführung der dot-probe Aufgabe wurden die Probanden instruiert, die

Fragebögen STAI, TSK, FABQ und BDI in Papierversion auszufüllen. Alle weiteren

Instruktionen erfolgten über den PC-Monitor. Nach dem Ausfüllen der Fragebögen

wurden die Probanden instruiert, die Bilder aus dem PHODA zu bewerten, um im

Anschluss daran am dot-probe Test teilzunehmen10

.

2.2.4 Stichprobe

Das Einschlusskriterium für die CLBP Stichprobe war (1) Erleben von

Rückenschmerzen innerhalb der letzten sechs Monate. Für beide Gruppen galt zudem

das Einschlusskriterium (2) Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Als Ausschlusskriterien

galten für beide Stichproben (1) gravierende Beeinträchtigungen der Seh- oder

Hörfähigkeit, (2) unzureichende Sprachkenntnisse in Deutsch, (3) gravierende

10 Auf eine detaillierte Darstellung des Untersuchungsablaufs wird hier verzichtet, da diese dem Ablauf

im ersten Experiment glich und bereits ausführlich in Abschnitt III.1.2.3 dargestellt ist.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

117

psychiatrische Auffälligkeiten basierend auf Selbstauskunft, (4) Alkohol- oder andere

Drogenprobleme basierend auf Selbstauskunft und (5) andere schwere Erkrankungen

basierend auf Selbstauskunft (s. Anhang C).

Die Probanden wurden über Anzeigen in lokalen Zeitungen und Zeitschriften sowie

Aushängen in Apotheken und Physiotherapiepraxen rekrutiert.

Alle Probanden unterschrieben eine Einverständniserklärung (s. Anhang A), in der Teile

des experimentellen Designs erklärt waren. Die Probanden hatten während der

Versuchsdurchführung keine Kenntnis über die Hypothesen des Experiments. Die

vollständige Aufklärung erfolgte unverzüglich nach Beendigung des Experiments. Der

Versuch wurde von der Ethik- Kommission der Ruhr-Universität Bochum genehmigt.

2.2.5 Statistische Datenanalyse

Zur Überprüfung der in Abschnitt II.2.1 formulierten Hypothesen wurden die gewonnen

Daten varianzanalytisch und korrelativ ausgewertet11

. Alle statistischen Analysen

erfolgten mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 19 für Windows.

Aufgrund ökologischer Überlegungen durch die Komplexität der Erfordernisse für die

unterschiedlichen Fragestellungen sowie aufgrund einer erhöhten Schwierigkeit bei der

Rekrutierung von klinischen Stichproben mit den spezifischen erforderten Merkmalen

(hier die spezifischen Response-Pattern), wurde der Stichprobenumfang angepasst.

Hierfür wurde eine Power-Analyse nach der Compromise-Methode berechnet. Der

Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie bei klinischen Untersuchungen die Vorgabe

einer Stichprobengröße ermöglicht, wenn die Rekrutierung sich beispielsweise aufgrund

der vielfältigen Einschlusskriterien der untersuchten Patienten (hier spezifische

Response-Pattern bei CLBP-Patienten) als schwierig erweist. Es wurde ein α/β-

Verhältnis=1, eine Stichprobengröße von N=56, eine Effektstärke von f=0.25 bei drei

Gruppen (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) und dem Faktor Wort-Typ (schmerzassoziiertes

11 Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse und der Korrelationsanalyse

sowie die Vorgehensweise im Falle der Verletzung dieser sind in Abschnitt III.1.2.4 dargestellt und

werden daher hier nicht noch einmal wiederholt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

118

vs. schmerzneutrales Material) für eine ANOVA mit Messwiederholung voreingestellt.

Bei einem Stichprobenumfang von 56 Probanden insgesamt, lag die Power=0.933

(λ=14) bei einer α/β-Fehlerwahrscheinlichkeit=0.067.

Es wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen (standard deviation, SD) für die

erhobenen Merkmale für die CLBP-Patientengruppe und für die Kontrollgruppe

berechnet, um einerseits die Stichproben beschreiben und andererseits

Gruppenunterschiede in den Merkmalsausprägungen erfassen zu können.

Die Leistungen der Probanden wurden sukzessive in drei Analyseschritten ausgewertet.

Im ersten Schritt wurden die Gruppenunterschiede in den subjektiven Daten in

Abhängigkeit von den Response-Pattern der Probanden mithilfe einer multivariaten

Varianzanalyse im einfaktoriellen Design überprüft. Die unabhängige Variable stellte

dabei der Response-Pattern (AR-RP, ER-RP, FAR-RP) der Probanden dar. Die

abhängigen Variablen waren die Merkmalausprägungen in den individuellen

Charakteristika der Probanden (vgl. klinisch-medizinische und klinisch-psychologische

Parameter in Abschnitt III.1.2.2). Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung

einer Varianzanalyse sind mindestens das Intervallskalenniveau für die abhängigen

Variablen, mindestens Nominalskalenniveau für die unabhängigen Variablen

(Faktoren), die Varianzhomogenität und die Normalverteilung der Grundgesamtheit

(Backhaus et al., 2000; Bortz, 2005). Die Varianzhomogenität wurde mithilfe des

Levene Tests überprüft. Die Normalverteilung der Werte in der Grundgesamtheit wurde

aufgrund seiner hohen Güte mithilfe des Shapiro-Wilk Tests überprüft (Seier, 2002;

Razali & Wah, 2011). Im Falle der Verletzung der Voraussetzungen für die Berechnung

einer Varianzanalyse wurde ein non-parametrischer Kruskal-Wallis H-Test

durchgeführt, mit dem der Vergleich zwischen mehr als zwei unabhängigen Stichproben

möglich ist.

In einem zweiten Schritt wurde der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von den

Response-Pattern betrachtet. Hierfür wurden die Bewertungen der Bilder aus der

PHODA in einer Varianzanalyse mit Messwiederholung in Abhängigkeit der Response-

Pattern untersucht. Die Leistungen der Probanden im Bias Index in Abhängigkeit von

ihren Response-Pattern wurden mithilfe einer einfaktoriellen univariaten

Varianzanalyse ausgewertet. Die abhängige Variable stellte dabei der Bias Index dar.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

119

Die unabhängige Variable war das Response-Pattern (FAR-RP, ER-RP, AR-RP) der

CLBP-Patienten.

Die erhobenen Werte im Kongruenz Index und im Inkongruenz Index wurden getrennt

jeweils in einem 2x3-Design mithilfe einer Varianzanalyse mit Messwiederholung

ausgewertet. Der Innersubjekt-Faktor war der Trial-Typ mit den Faktorstufen neutraler

vs. kongruenter bzw. neutraler vs. inkongruenter Trial. Das Response-Pattern (AR-RP,

ER-RP bzw. FAR-RP) der Probanden stellte den Zwischensubjekt-Faktor dar.

Die Variablen Geschlecht und Alter wurden, im Falle einer signifikanten Korrelation

mit den Indizes, jeweils als Kovariate in den jeweiligen Varianzanalysen berücksichtigt.

Weiterhin wurde die Kenngröße η² (Eta Quadrat) für die Effektstärke (Anteil des

Faktors an der Gesamtvarianz) herangezogen.

Die Mittelwertunterschiede der Response-Pattern wurden mithilfe von Post-Hoc-

Analysen miteinander vergleichen. Es wurde der Bonferroni-Test berechnet, der auch

bei Varianzanalysen mit messwiederholten Daten anwendbar ist (Rasch et al., 2010).

Im dritten Schritt wurden die Zusammenhänge der Indizes mit den hier erhobenen

psychologischen Merkmalen überprüft. Hierfür wurde eine bivariate

Korrelationsanalyse (Korrelationskoeffizient nach Pearson) berechnet. Der Pearson-

Korrelationskoeffizient dient der Erfassung eines linearen Zusammenhangs zwischen

zwei mindestens intervallskalierten Merkmalen. Weitere Voraussetzung für diesen

Koeffizienten ist eine annähernde Normalverteilung der Merkmale. Im Falle der

Verletzung der Prämissen zu Berechnung der Pearson Korrelationskoeffizienten wurde

der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman berechnet. Im Falle gerichteter

Hypothesen wurde die Signifikanz einseitig, im Falle ungerichteter Annahmen wurde

diese zweiseitig überprüft. Für alle Berechnungen wurde aufgrund des Pilot-Charakters

der Untersuchung ein Alphakriterium von α<0.05 vorgegeben.

2.2.6 Datenschutz und Objektivität

Bei der Durchführung der Untersuchung blieb die Gruppenzugehörigkeit der Probanden

gegenüber dem Versuchsleiter unbekannt, um eine möglichst hohe

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

120

Durchführungsobjektivität zu gewährleisten. Die Auswertung der Daten erfolgte aus

Gründen des Datenschutzes und zugunsten einer möglichst hohen

Auswertungsobjektivität in anonymer Form. Jedem Probanden wurde eine

Versuchspersonennummer zugeteilt, unter welcher die Daten statistisch ausgewertet

wurden.

2.3 Ergebnisse

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. Es folgt

zunächst eine Analyse der deskriptiven Charakteristika der CLBP in Abhängigkeit von

ihren Response-Pattern. Anschließend werden die Ergebnisse aus den Analysen zur

Überprüfung der einzelnen Hypothesen dargestellt.

2.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe

Insgesamt nahmen 56 CLBP-Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren ( x , 45.48

Jahre; SD, 11,38) an der vorliegenden Untersuchung teil (s. Tabelle 12). Die Stichprobe

setzte sich aus 27 männlichen und 29 weiblichen Personen zusammen. Die Patienten

gaben eine Schmerzdauer zwischen 9 Monaten und 34 Jahren an (durchschnittliche

Dauer 14.78 Jahre; SD=9.07 Jahre). Die Schmerzintensität wurde auf einer 100-mm

NRS (mit den Endpunkten „0“ = kein Schmerz und „10“ = stärkster vorstellbarer

Schmerz) eingeschätzt. Die durchschnittliche Schmerzintensität zum Zeitpunkt der

Versuchsdurchführung lag bei 3.5 mm (SD, 2.12).

Die soziodemographischen Daten sind für die Gruppen getrennt nach den Response-

Pattern der Patienten (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) in Tabelle 11 dargestellt.

Es konnten keine Unterschiede hinsichtlich der Geschlechterverteilung (p>0.05) oder

der Altersverteilung (F(2,53)=0.098; p>0.05) in Abhängigkeit von den Response-

Pattern der untersuchten Personen festgestellt werden. Auch in den anderen

soziodemographischen Daten (Staatsangehörigkeit, Schulabschluss, Erwerbstätigkeit,

Familienstand, Wohnsituation, Rentensituation) zeigten sich keine signifikanten

Unterschiede (p>0.05) zwischen den Patienten in Abhängigkeit ihrer Response-Pattern.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

121

Tabelle 11. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der absoluten (N) und

relativen (%) Häufigkeiten getrennt nach den Response-Pattern der untersuchten Probanden.

AR-RP

N = 19

ER-RP

N = 28

FAR-RP

N = 9

Häufigkeit (%)

Häufigkeit (%) Häufigkeit (%)

Geschlecht

Weiblich 8 (42.1) 17 (60.7) 4 (44.4)

Männlich 11 (57.9) 11 (39.3) 5 (55.6)

Staatsangehörigkeit

deutsch 19 (100) 28 (100) 8 (88.9)

andere 0 (0) 0 (0) 1 (11.1)

Familienstand

verheiratet 8 (42.1) 16 (57.1) 7 (77.8)

ledig 6 (31.6) 7 (25.0) 0 (0)

ledig, in fester Partnerschaft 1 (5.3) 2 (7.1) 2 (22.2)

geschieden, getrennt lebend 3 (15.8) 1 (3.6) 0 (0)

verwitwet 1 (5.3) 2 (7.1) 0 (0)

Wohnsituation

allein lebend 5 (26.3) 6 (21.4) 2 (22.2)

mit Partner lebend 4 (21.1) 9 (32.1) 3 (33.3)

mit Partner und Kindern

lebend

6 (31.6) 10 (35.7) 4 (44.4)

ohne Partner mit Kindern

lebend

1 (5.3) 1 (3.6) 0 (0)

mit den Eltern lebend 2 (10.5) 2 (7.1) 0 (0)

in Wohngemeinschaft lebend 1 (5.3) 0 (0) 0 (0)

Schulabschluss

Abitur 9 (47.4) 7 (25.0) 4 (44.4)

Fachhochschulabschluss 4 (21.1) 2 (7.1) 4 (44.4)

Realschulabschluss 4 (21.1) 8 (28.6) 1 (11.1)

Polytechnischer

Schulabschluss

0 (0) 1 (3.6) 0 (0)

Hauptschulabschluss 2 (10.5) 9 (32.1) 0 (0)

Kein Abschluss 0 (0) 1 (3.6) 0 (0)

Berufsausbildung

Universität 5 (26.3) 2 (7.1) 1 (11.1)

Fachhochschule 1 (5.3) 0 (0) 3 (33.3)

Fachschule 3 (15.8) 7 (25.0) 1 (11.1)

Lehre 7 (36.8) 16 (57.1) 3 (33.3)

andere 2 (10.5) 0 (0) 1 (11.1)

keine 1 (5.3) 3 (10.7) 0 (0)

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

122

Erwerbstätigkeit

ja, ganztags 10 (52.6) 12 (42.9) 6 (66.7)

ja, mindestens halbtags 1 (5.3) 5 (17.9) 1 (11.1)

ja, weniger als halbtags 6 (31.6) 2 (7.1) 0 (0)

nein, in Ausbildung 0 (0) 1 (3.6) 0 (0)

nein, Hausfrau 0 (0) 3 (10.7) 2 (22.2)

nein, arbeitslos/ erwerbslos 1 (5.3) 1 (3.6) 0 (0)

nein, anderes 1 (5.3) 4 (14.3) 0 (0)

Rente

nein 17 (89.5) 24 (85.7) 8 (88.9)

ja, auf Zeit 0 (0) 1 (3.6) 0 (0)

ja, endgültig 2 (10.5) 3 (10.7)

1 (11.1)

Die individuellen Charakteristika sind für die Gruppen getrennt nach den Response-

Pattern der Patienten (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) in Tabelle 12 dargestellt.

Signifikante Unterschiede in den individuellen Charakteristika der Patienten in

Abhängigkeit ihrer Response-Pattern zeigten sich erwartungsgemäß im BDI (χ²=

26,968; df=2; p<0.001), da dieser zur Klassifikation herangezogen worden war.

Patienten mit einem AR-RP wiesen deutlich geringere BDI-Werte auf als Patienten mit

einem ER-RP bzw. einem FAR-RP. Im STAI zeigten sich sowohl in der State-Skala

(F(2,53)=6.622; p<0.005) als auch in der Trait-Skala (F (2,53)=5.408; p<0.01)

signifikante Unterschiede zwischen den Probanden in Abhängigkeit von ihren

Response-Pattern. Der Post-Hoc-Test zeigte, dass Patienten mit einem FAR-RP sowohl

deutlich höhere State- als auch eine deutlich höhere Trait-Angst aufweisen, als

Patienten mit einem AR-RP (p<0.005 bzw. p<0.01), sowie eine höhere State-Angst als

Patienten mit einem ER-RP (p<0.05). Weiterhin zeigte sich ein signifikanter

Unterschied zwischen den Patienten in Abhängigkeit ihrer Response-Pattern in Hinsicht

der charakteristischen Schmerzintensität (F(2,53)=3.458, p<0.05). Über den Post-Hoc-

Test konnte ein tendenzieller Unterschied zwischen der ER-RP und AR-RP (p<0.08)

festgestellt werden.

Im AEQ zeigten sich erwartungsgemäß signifikante Unterschiede zwischen den

Response-Pattern klassifizierten Probandengruppen in der Skala ADS (F(2,53)=5.062;

p<0.01). Patienten mit einem ER-RP wiesen hier deutlich höhere Werte auf als

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

123

Patienten mit einem AR-RP (p<0.01). Im HHS zeigte sich ebenfalls ein signifikanter

Unterschied zwischen den Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern

(F(2,53)=4.193; p<0.05). Die Patienten mit einem ER-RP wiesen deutlich höhere Werte

auf, als Patienten mit einem AR-RP (p<0.05). In der TSS zeigten sich ebenfalls

signifikante Unterschiede in Abhängigkeit der Response-Pattern der Patienten

(F(2,53)=30.532; p<0.001). Dabei wiesen erwartungsgemäß Patienten mit einem ER-RP

höhere Werte auf als Patienten mit einem AR-RP (p<0.001) und einem FAR-RP

(p<0.001). In der CTS (χ²=6.989; df=2; p<0.05) zeigten sich signifikante Unterschiede

zwischen den Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern. In erster Linie

erreichten Patienten mit einem ER-RP höhere Werte als Patienten mit einem AR-RP. In

der APAS2 zeigte sich ebenfalls ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen

(F(2,53)=2.436; p<0.01). Im Post-Hoc-Test erreichten die Unterschiede zwischen den

Gruppen keine statistische Signifikanz. In der BES1 (F(2,53)=17.014; p<0.001) zeigten

sich signifikante Unterschiede zwischen den Subgruppen, die darauf zurück zuführen

waren, dass Patienten mit einem ER-RP sowohl signifikant höhere Werte auf als

Patienten mit einem AR-RP (p<0.001) als auch höhere Werte als Patienten mit einem

FAR-RP (p<0.05). In der Skala BES2 (F(2,53)=18.29; p<0.001) waren ebenfalls

signifikante Gruppenunterschiede zu verzeichnen. Auch hier wiesen Patienten mit

einem ER-RP sowohl signifikant höhere Werte auf als Patienten mit einem AR-RP

(p<0.001) als auch höhere Werte als Patienten mit einem FAR-RP (p<0.001). In der

PPS1 zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen (F(2,53)=20.311;

p<0.001), die darauf zurückzuführen waren, dass Patienten mit einem AR-RP

signifikant niedrigere Werte aufwiesen als Patienten mit einem ER-RP (p<0.001) und

tendenziell niedrigere Werte als Patienten mit einem FAR-RP (p<0.06). Tendenziell

zeigte ER-RP zudem höhere Werte als Patienten mit einem FAR-RP (p<0.07). In der

PPS2 waren ebenfalls signifikante Unterschiede zu verzeichnen (F(2,53)=24.317;

p<0.001). Hier erreichten Patienten mit einem ER-RP signifikant höhere Werte als

Patienten mit einem AR-RP (p<0.001) oder einem FAR-RP (p<0.005). In der HDS1

zeigten sich ebenfalls tendenzielle Unterschiede zwischen den Gruppen (F(2,53)=2.859;

p<0.07). Im Post-Hoc-Test zum paarweisen Vergleich zwischen den AEM Gruppen

erreichten die Unterschiede keine statistische Signifikanz. Schließlich zeigten sich in

der HDS2 signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen (F(2,53)=4.013; p<0.05).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

124

Diese gingen darauf zurück, dass in der Tendenz Patienten mit einem ER-RP höhere

Werte erreichten als Patienten mit einem AR-RP (p<0.10) und einem FAR-RP (p<0.10).

Tabelle 12. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) in den individuellen

Charakteristika der Probanden getrennt nach ihren Response-Pattern (fear-avoidance related

response pattern (FAR-RP; N=9), endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive

response pattern (AR-RP; N=19)).

AR-RP

N = 19

ER-RP

N = 28

FAR-RP

N = 9

( x ± SD) ( x ± SD) ( x ± SD)

Beck Depressions-Inventar (BDI) 2.74 ± 2.08 9.46 ± 7.73 14.44 ± 6.17

State-Trait Angst Inventar (STAI)

State 32.63 ± 6.18 35.25 ± 8.38 45 ± 12.54

Trait 34.63 ± 9.73 39.89 ± 11.75 48.67 ± 7.94

Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) 30.26 ± 7.22 32.61 ± 6.23 35 ± 5.77

Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)

körperliche Aktivität als Ursache 3.32 ± 1.68 2.94 ± 1.06 3.49 ± 0.96

Arbeit als Ursache 1.98 ± 1.81 2.11 ± 1.58 1.94 ± 1.08

Arbeitsprognose 0.82 ± 1.68 0.94 ± 1.6 1.02 ± 1.51

Gesamtwert 1.45 ± 1.63 1.58 ± 1.4 1.53 ± 1.09

Avoidance Endurance Questionnaire (AEQ)

Endurance Related Responses

Heitere Stimmung Skala (PMS) 3.84 ± 1.55 3.06 ± 1.63 2.93 ± 1.74

Durchhalteappelle (TSS) 1.49 ± 1.14 4.18 ± 1.44 1.28 ± 1.28

Durchhaltestrategien 1 (BES1) 2.7 ± 0.7 3.92 ± 0.78 3.17 ± 0.50

Durchhaltestrategien 2 (BES2) 2.27 ± 0.54 3.54 ± 0.93 2.45 ± 0.43

Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 2.91 ± 1.11 3.52 ± 1.01 2.82 ± 0.70

Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 2.22 ± 0.97 2.99 ± 1.3 1.98 ± 0.9

Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) 2.55 ± 0.88 4.21 ± 0.9 3.41 ± 0.82

Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) 2.31 ± 0.8 3.93 ± 0.83 2.79 ± 0.71

Fear-Avoidance Related Responses

Angst-Depression Skala (ADS) 1.08 ± 1.24 2.37 ± 1.45 2.17 ± 1.56

Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) 1.02 ± 0.89 2.06 ± 1.29 1.62 ± 1.52

Katastrophisieren (CTS) 0.07 ± 0.18 0.70 ± 1.13 0.48 ± 0.82

Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) 0.34 ± 0.63 0.77 ± 1.02 0.54 ± 0.89

Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) 1.65 ± 1.64 1.74 ± 1.55 2.41 ± 1.58

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1

(APAS1)

1.64 ± 1.11 1.82 ± 1.38 2.11 ± 0.87

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

125

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2

(APAS2)

3.83 ± 1.47 3.44 ± 1.39 4.58 ± 0.97

Chronic Pain Grade Fragebogen

Charakteristische Schmerzintensität 45.32 ± 19.10 55.83 ± 14.09 44.41 ± 9.00

Disability-Score 28.93 ± 24.27 38.04 ± 25.76 33.63 ± 21.75

Disability-Days 0.53 ± 0.96 0.79 ± 1.2 0.56 ± 1.01

Chronic Pain Grade 1.68 ± 1.06 2.25 ± 1.00 1.67 ± 1.00

2.3.1 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit der schmerzbezogenen

Response-Pattern

Im folgenden Auswertungsschritt wurden die Unterschiede der CLBP-Patienten in

ihrem Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern

varianzanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse aus den Bewertungen der Bilder aus der

sind für die Patienten getrennt nach ihren Response-Pattern in Tabelle 13 dargestellt.

Zur Kontrolle der Bewertung der Bilder aus dem PHODA wurden diese getrennt für die

CLBP-Patienten und die gesunde Kontrollgruppe betrachtet und miteinander verglichen.

Die Ergebnisse sind für die CLBP-Patienten und die gesunden Kontrollprobanden in

Tabelle 5 dargestellt. Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der

Unterschiede in den Bewertungen der PHODA Bilder, in der die Bildkategorie als

Innersubjektfaktor (hochbedrohlich vs. niedrig bedrohlich) und der Faktor Response-

Pattern (AR-RP vs. ER-RP vs. FAR-RP) als Zwischensubjektfaktor eingingen, zeigte

einen signifikanten Haupteffekt für die Bildkategorie (F(1,53)=336.788; p<0.001;

η²=0.864), nicht jedoch für den Faktor Response-Pattern (p>0.05). Die

hochbedrohlichen Bilder wurden erwartungsgemäß als deutlich bedrohlicher bewertet

als die niedrig bedrohlichen Bilder. Die durchschnittliche Bewertung der hoch

bedrohlichen Bilder aus der PHODA lag bei den Personen mit einem AR-RP bei 69.45

(SD, 31.65) und bei den Personen mit einem ER-RP bei 81.76 (SD, 24.31) und bei den

Personen mit einem FAR-RP bei 79.78 (SD, 24.95). Die durchschnittliche Bewertung

der Bilder, die am wenigsten bedrohlich eingeschätzt wurden, lag bei den Personen mit

einem AR-RP bei 0.02 (SD, 0.06), bei denen mit einem ER-RP 1.78 (SD, 4.41) bei und

bei denen mit einem FAR-RP bei 0.73 (SD, 1.5). Die Bewertungen der Bilder

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

126

unterschieden sich nicht in Abhängigkeit von den Response-Pattern (p>0.05). Ebenso

zeigte sich keine Bildkategorie x Response-Pattern Interaktion (p>0.05).

Tabelle 13. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) in den Bewertungen

der Bilder aus der PHODA sowie den individuellen Charakteristika der Probanden getrennt nach

ihren Response-Pattern (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9), die endurance

related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive response pattern (AR-RP; N=19)).

AR-RP

N=19

( x ± SD)

ER-RP

N=28

( x ± SD)

FAR-RP

N=9

( x ± SD)

Ratings für die als hoch-bedrohlich

bewerteten Bilder

69.45 ± 31.65 81.76 ± 24.31 79.78 ± 24.95

Ratings für die als niedrig-bedrohlich

bewerteten Bilder

0.02 ± 0.06 1.78 ± 4.41 0.73 ± 1.50

Die Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten in den

kongruenten, inkongruenten und neutralen Durchgängen sowie der erreichten Werten

im Bias Index sind für die Probanden getrennt nach den jeweiligen Response-Pattern im

Sinne des AEM in Tabelle 14 dargestellt.

Es wurde in der 1. Hypothese angenommen, dass sich der Aufmerksamkeitsbias bei

CLBP-Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern nach dem AEM zeigt.

Dabei wurde vermutet, dass die Probanden mit ER-RP und FAR-RP insgesamt stärkere

Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen als

Probanden mit einem AR-RP. Im speziellen sollten im Vergleich zu den Probanden mit

einem AR-RP oder ER-RP, Probanden mit einem FAR-RP, höhere Werte im CI

aufweisen. Patienten mit einem ER-RP sollten dagegen im Vergleich zu den Probanden

mit einem FAR-RP oder AR-RP höhere Werte im ICI aufweisen.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

127

Die Varianzanalyse zur Überprüfung der Unterschiede zwischen den Leistungen der

Probanden in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern zeigte im BI keinen

Haupteffekt des Zwischensubjektfaktors Response-Pattern (p>0.05).

In die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede der

Reaktionszeiten in den kongruenten im Vergleich zu neutralen Durchgängen wurde die

Variable Geschlecht als Kovariate aufgenommen. Die Analyse zeigte weder einen

Haupteffekt für Trial-Typ (p>0.05) noch einen Haupteffekt für Response-Pattern

(p>0.05). Auch die Trial-Typ x Response-Pattern Interaktion erreichte keine statistische

Signifikanz (p>0.05).

In die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede der

Reaktionszeiten in den inkongruenten Durchgängen im Vergleich zu den neutralen

Durchgängen wurden die Variablen Geschlecht und Alter als Kovariaten aufgenommen.

Es fand sich weder ein Haupteffekt für Trial-Typ (p>0.05) noch ein Haupteffekt für

Response-Pattern (p>0.05). Auch die eine Trial-Typ x Response-Pattern Interaktion

erreichte keine statistische Signifikanz (p>0.05).

Tabelle 14. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten

in kongruenten, inkongruenten und neutralen Durchgängen sowie im Bias Index getrennt nach den

Response-Pattern der Probanden (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9), die

endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive response pattern (AR-RP;

N=19)).

AR-RP

N=19

( x ± SD)

ER-RP

N=28

( x ± SD)

FAR-RP

N=9

( x ± SD)

Bias Index 24.71 ± 19.20 8.13 ± 44.95 11.05 ± 48.90

Congruency Index 446.84 ± 96.65 474.71 ± 108.32 489.93 ± 140.88

Incongruency Index 471.55 ± 99.94 482.84 ± 109.54 500.98 ± 142.16

Neutraler Index 436.21 ± 88.41 457.20 ± 105.63 484.74 ± 166.95

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

128

2.3.1 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und den

klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen Merkmalen der

Probanden

Zur Überprüfung der Hypothesen zwei bis fünf wurden im nächsten Auswertungsschritt

die Zusammenhänge zwischen den individuellen Charakteristika der untersuchten

Patienten und den verschiedenen Indikatoren eines Aufmerksamkeitsbias mithilfe einer

bivariaten Korrelationsanalyse überprüft. Die Ergebnisse aus den Korrelationsanalysen

der Aufmerksamkeitsvariablen und den individuellen Charakteristika der CLBP-

Patienten sind in Tabelle 15 dargestellt.

In der 2. Hypothese wurde erwartet, dass ein höheres Ausmaß der FOP bzw. der FAR

mit einem stärkeren Aufmerksamkeitsbias einhergeht. Dies sollte sich in einer stärkeren

Vermeidung und einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie in

größeren Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen zeigen. Die

Korrelationsanalysen zur Überprüfung dieser Hypothese zeigte signifikante negative

Zusammenhänge zwischen dem BI und der AEQ-Skala ADS (r=-0.231, p<0.05) des

AEQ sowie dem BI und dem FABQ-Gesamtwert (r=-0.223, p<0.05) und der Skala

FABQ-Arbeit als Ursache (r=-0.259, p<0.05). Marginale negative Zusammenhänge

zeigten sich zwischen dem BI und dem TSK (r=-0.196, p<0.10) sowie der AEQ-Skala

CTS (r=-0.182, p<0.10). Für den ICI fand sich eine marginale Korrelation mit der Skala

FABQ-körperliche Aktivität als Ursache (r=-0.190, p<0.10).

In der 3. Hypothese wurde angenommen, dass sich eine positive Korrelation zwischen

der ER und dem Aufmerksamkeitsbias zeigt. Der BI korrelierte signifikant positiv mit

der AEQ-Skala PMS (r=0.230, p<0.05). Der CI korrelierte signifikant positiv mit der

AEQ-Skala PPS1 (r=0.264, p<0.05). Ein marginaler positiver Zusammenhang zeigte

sich zwischen dem CI und der AEQ-Skala BES1 (r=0.217, p<0.10). Beim ICI zeigte

sich eine signifikante positive Korrelation mit der AEQ-Skala PPS1 (r=0.250, p<0.05).

Ein marginaler positiver Zusammenhang fand sich zwischen dem ICI und der AEQ-

Skala BES1 (r=0.209, p<0.10).

In der 4. Hypothese wurde erwartet, dass sich eine positive Korrelation zwischen der

Disability und dem Aufmerksamkeitsbias der Patienten zeigt. Die Korrelationsanalyse

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

129

zur Überprüfung dieser Hypothese zeigte marginale negative Zusammenhänge

zwischen dem BI und dem Disability-Score (r=-0.214, p<0.10) sowie zwischen dem BI

und dem Chronic Pain Grade (r=-0.212, p<0.10).

In der 5. Hypothese wurde angenommen, dass allgemeine Distress-Variablen mit einem

Aufmerksamkeitsbias assoziiert sind. Die Korrelationsanalysen zur Überprüfung dieser

Hypothese zeigte signifikante negative Zusammenhänge zwischen dem BI und dem

BDI (r=-0.316, p<0.05) sowie der Trait-Skala des STAI (r=-0.272, p<0.05).

Tabelle 15. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen Charakteristika der CLBP-

Patienten (N=56) und dem Bias Index, Congruency Index und dem Incongruency Index.

Bias

Index

Congruency

Index

Incongruency

Index

Geschlecht b, c

-0.060 -0.286* -0.284

*

Alter c 0.058 0.253

+ 0.271

*

Beck Depressions-Inventar (BDI) c -0.316

* 0.189 0.076

State-Trait Angst Inventar (STAI) c

State 0.012 0.015 0.019

Trait -0.272* 0.118 0.021

Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) -0.196+ -0.057 -0.125

Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)

Körperliche Aktivität als Ursache -0.062 -0.170 -0.190+

Arbeit als Ursache -0.259* -0.076 -0.166

Arbeitsprognose b -0.160 -0.078 -0.082

Gesamtwert -0.223* -0.030 -0.108

Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)

Endurance Related Responses

Positive Stimmung Skala (PMS) 0.230* -0.020 0.061

Durchhalteappelle (TTS) -0.047 0.080 0.063

Durchhaltestrategien 1 (BES1) -0.017 0.217+ 0.209

+

Durchhaltestrategien 2 (BES2) -0.033 -0.020 -0.032

Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 0.014 0.045 0.049

Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 0.008 -0.041 -0.038

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

130

Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) -0.033 0.264* 0.250

*

Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) -0.056 0.002 -0.018

Fear-Avoidance Related Responses

Angst Depression Skala (ADS) -0.231* 0.070 -0.013

Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) -0.157 -0.068 -0.122

Katastrophisieren (CTS) b -0.182

+ 0.048 -0.071

Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) b -0.025 0.062 0.087

Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) -0.105 0.077 0.039

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1 (APAS1) -0.017 0.055 0.048

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2 (APAS2) -0.001 -0.003 -0.003

Chronic Pain Grade Fragebogen

Charakteristische Schmerzintensität -0.155 -0.023 -0.078

Disability-Score -0.214+ 0.056 -0.020

Disability-Days b -0.043 0.047 0.057

Chronic Pain Grade b -0.212

+ 0.045 -0.013

** p<0.01;

* p<0.05;

+ p<0.10; Korrelationskoeffizient nach Pearson;

b Korrelationskoeffizient nach

Spearman; c

Test auf Signifikanz: zweiseitig; N=56.

2.4 Zusammenfassende Bewertung

Basierend auf den in Kapitel II aufgeführten theoretischen Grundlagen zum CLBP und

zur Informationsverarbeitung wurde in diesem Kapitel der empirische Teil des zweiten

Experiments der vorliegenden Arbeit dargestellt. Ausgehend von allgemeinen

Fragestellungen, die aus den theoretischen Überlegungen abgeleitet wurden, wurden

anschließend konkrete Hypothesen für die Untersuchung expliziert.

Es wurde eine Untersuchung durchgeführt, in der die aufgestellten Hypothesen

überprüft wurden. In dieser Untersuchung wurden die Aufmerksamkeitsleistungen von

56 CLBP-Patienten in einer visuellen dot-probe Aufgabe mit idiosynkratisch

ausgewählten schmerzassoziierten und schmerzneutralen Bildern in Abhängigkeit von

den Response-Pattern der Patienten im Sinne des AEM (Hasenbring & Verbunt, 2010)

miteinander verglichen.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

131

Aus den Reaktionszeiten der Probanden wurden folgende Aufmerksamkeitsindikatoren

ermittelt: der Bias Index, der Kongruenz Index und der Inkongruenz Index. Weiterhin

wurden in Anlehnung an Hasenbring & Verbunt (2010) die schmerzspezifischen

Response-Pattern der CLBP-Patienten erfasst und die Indizes in Abhängigkeit dieser

Response-Pattern varianzanalytisch ausgewertet. Die Werte im Bias Index wurden

mithilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse, die Daten aus dem Kongruenz Index und

Inkongruenz Index wurden zusammen mit den Reaktionszeiten aus neutralen

Durchgängen jeweils mittels sukzessiver Varianzanalysen mit Messwiederholung

analysiert.

Die Überprüfung des verwendeten Stimulusmaterials (manipulation check) zeigte, dass

die untersuchten Personen die hoch-bedrohlichen Bilder aus der PHODA tatsächlich als

deutlich bedrohlicher eingeschätzten als die niedrig-bedrohlichen Bilder. Folglich

erwies sich das verwendete Stimulusmaterial bei den untersuchten Personen als

geeignet für die Erfassung des Informationsverarbeitungsbias.

In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Aufmerksamkeitsbias bei

CLBP-Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern zeigt. Dabei wurde bei

Probanden mit den Response-Pattern ER und FAR insgesamt ein stärkerer

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material erwartet als bei Probanden mit

einem AR Response-Pattern. Während bei Probanden mit einem FAR Response-Pattern

in erster Linie eine stärkere Vermeidung aufweisen sollten, wurden bei Patienten mit

einer ER, deutlichere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen

erwartet.

Diese Annahmen konnten nicht bestätigt werden. Der Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material unterschied sich bei den untersuchten CLBP-Patienten

nicht voneinander, weder in Abhängigkeit ihrer Response-Pattern noch in Abhängigkeit

davon, ob Vigilanzeffekte oder Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material

zu lösen, untersucht wurden.

In der vorliegenden Untersuchung wurde neben diesen Effekten der Response-Pattern

auf den Aufmerksamkeitsbias überprüft, inwieweit sich Assoziationen zwischen

individuellen schmerzbezogenen und schmerzunabhängigen Merkmalen der Probanden

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

132

und den unterschiedlichen Aufmerksamkeitseffekten zeigen. Hierfür wurden

Hypothesen (Hypothesen 2 bis 5) formuliert, die mit Hilfe von bivariaten

Korrelationsanalysen überprüft wurden.

In der 2. Hypothese wurde in Anlehnung an die erste in dieser Arbeit dargestellte

Untersuchung erwartet, dass mit zunehmender FAR sich eine geringere Vigilanz für

schmerzassoziiertes Material zeigt und die Vermeidung von schmerzassoziiertem

Material sowie die Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen, zunehmen. Die

Hypothese zur Vermeidung schmerzassoziierter Reize mit zunehmender FAR konnte

auf kognitiver und emotionaler Ebene bestätigt werden. Mit ausgeprägteren

Angstvermeidungsüberzeugungen, dass die Schmerzen durch die Arbeit verursacht

seien, sowie in der Tendenz auch mit zunehmenden katastrophisierenden Kognitionen,

dass die Schmerzen beispielsweise etwas Schlimmes zu bedeuten haben, wenden die

CLBP-Patienten ihre Aufmerksamkeit von dem schmerzassoziierten Material ab.

Ebenso fand sich eine tendenzielle Abwendung der Aufmerksamkeit mit zunehmender

Angst vor Bewegungsschmerz. In den emotionalen FAR (AEQ-bezogene Angst und

Depressivität) zeigte sich ebenfalls, dass eine zunehmende Vermeidung von

schmerzassoziierten Bildern gegeben ist. Eine Tendenz, Schwierigkeiten darin zu

haben, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen, zeigt sich entgegen der

Erwartung mit einer geringeren Angst-Vermeidungsüberzeugung, dass körperliche

Aktivitäten die Schmerzen verursachen.

Die 3. Hypothese dieser Untersuchung bezog sich auf die Assoziationen zwischen den

Aufmerksamkeitseffekten und den ER der Patienten. Aufgrund der Ergebnisse aus der

ersten Untersuchung wurde eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material

angenommen. Gleichzeitig wurde der Ergebnisse aus der ersten Untersuchung sowie

aufgrund eines erwarteten Rebound Effekts bei ER, insbesondere bei zunehmender

Gedankenunterdrückung, angenommen, dass Patienten mit höheren ER entsprechend

größere Schwierigkeiten zeigen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.

Sowohl eine geringere Vigilanz als auch deutlichere Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen, konnte in der vorliegenden Untersuchung

primär mit einer zunehmenden ER auf der behavioralen Ebene bestätigt werden. Mit

zunehmendem Durchhalten von Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen zeigten sich

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2

133

sowohl eine geringere Vigilanz als auch deutlichere Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen.

Da die erste hier dargestellte Untersuchung zeigen konnte, dass ein positiver

Zusammenhang zwischen der Disability und dem Aufmerksamkeitsbias der Probanden

besteht, wurde in der 4. Hypothese der gleiche Effekt erwartet. Es zeigte sich, dass mit

zunehmender Beeinträchtigung tendenziell eine stärkere Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material auftritt.

In der 5. Hypothese wurde angenommen, dass allgemeine Distress-Variablen mit einem

Aufmerksamkeitsbias assoziiert sind. Es zeigte sich, dass sowohl mit zunehmend

depressiven Symptomen als auch mit zunehmender schmerz-unabhängigen Trait-Angst,

schmerzassoziierte Reize vermieden wurden.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

134

3 Experiment 3: Der Einfluss von Fear-Avoidance und

Endurance bezogenen Reaktionen auf den Gedächtnisbias für

schmerzassoziiertes Material

Aus den Ausführungen zu den bisherigen Forschungsbefunden zum Gedächtnisbias (s.

Abschnitt II.2.3.2) wurde deutlich, dass chronische Schmerzpatienten ein selektives

Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material aufweisen, sich dieser Gedächtnisbias

jedoch in Abhängigkeit von der Stimmungslage der Patienten zeigt. Der Schwerpunkt

der hier vorliegenden Untersuchung lag in der Erfassung des Gedächtnisbias für

verschiedene schmerzassoziierte und schmerzneutrale Wort-Typen bei CLBP-Patienten

im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden. Gleichzeitig war ein wichtiges Ziel der

Studie, die Zusammenhänge von ausgewählten Faktoren mit dem Gedächtnisbias zu

untersuchen. Dabei sollten einerseits allgemeine Distress-Faktoren (z.B. Depression und

Angst), andererseits jedoch auch schmerzspezifische Faktoren berücksichtigt werden,

denen in der Exazerbation und Aufrechterhaltung chronischer Rückenschmerzen eine

bedeutsame Rolle zugesprochen werden (z.B. schmerzbezogene Angst-Vermeidungs-

und Endurance-Reaktionen; s. Abschnitt II.1.3). In Hinsicht auf die

schmerzspezifischen Reaktionen sollten diese zum einen einzeln, zum anderen als

spezifische Response-Pattern erfasst und im Zusammenhang mit dem Gedächtnisbias

bei CLBP-Patienten untersucht werden.

3.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen

Unter Berücksichtigung der in Abschnitt II.2.3.2 dargestellten Ausführungen werden

folgende zentrale Fragestellungen formuliert:

Unterscheiden sich CLBP-Patienten und gesunde Kontrollpersonen in ihrem

Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Stimulusmaterial? Welche Zusammenhänge

bestehen zwischen den individuellen Charakteristika der Probanden und ihrem

Gedächtnisbias und beeinflussen die schmerzspezifischen Response-Pattern von CLBP-

Patienten ihren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material?

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

135

Diese zentralen Fragestellungen werden wie folgt ausdifferenziert:

1. Weisen CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein

stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter auf als für

neutrale Wörter?

2. Welchen Einfluss hat die Depressivität auf den Gedächtnisbias für

unterschiedliches schmerzassoziiertes Stimulusmaterial bei CLBP-Patienten im

Vergleich zu den gesunden Probanden?

3. Welchen Einfluss haben die individuellen Response-Pattern der CLBP-Patienten

auf ihren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material?

4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen schmerzbezogener Angst bzw.

schmerzspezifischen Angst-Vermeidungsreaktionen von CLBP-Patienten und

dem Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material?

5. Wie hängt der Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten mit ihren schmerzbezogenen

suppressiven Reaktionen zusammen?

6. Welche Assoziation besteht zwischen der schmerzbezogenen Disability und dem

Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten?

7. Hängt der allgemeine Distress mit dem Gedächtnisbias zusammen und wenn ja,

in welche Richtung weist dieser Zusammenhang?

Diese Fragestellungen werden im Folgenden durch Hypothesen konkretisiert und vor

dem Hintergrund des augenblicklichen Forschungsstands begründet.

Hypothese 1: Der Gedächtnisbias zeigt sich in Abhängigkeit des klinischen

Schmerzstatus der untersuchten Personen. Schmerzpatienten weisen im Vergleich zu

gesunden Kontrollpersonen ein stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte

Wörter auf als für neutrale Wörter.

Begründung: Es konnte gezeigt werden, dass Schmerzpatienten im Vergleich zu

gesunden Kontrollpersonen ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

136

aufweisen (Edwards et al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et

al. 1995; Pincus, 1998).

Hypothese 2: Der Gedächtnisbias der Probanden für affektive und sensorische

Schmerzwörter zeigt sich in Abhängigkeit von der Depressivität der Probanden.

Nichtdepressive Schmerzpatienten weisen ein selektives Gedächtnis für sensorische

Schmerzwörter auf, wohingegen depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis

sowohl für sensorische als auch für affektive Schmerzwörter aufweisen.

Begründung: Die aktuellen Forschungsbefunde weisen darauf hin, dass sich der

Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten in Abhängigkeit von dem Ausmaß der

Depressivität zeigt (Edwards et al., 1992; Pincus et al. 1995). Edwards et al. (1992)

konnten zeigen, dass nicht-depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis für

affektive Schmerzwörter aufweisen, depressive Schmerzpatienten dagegen ein

selektives Gedächtnis für sensorische und affektive Schmerzwörter.

Hypothese 3: Der Gedächtnisbias für schmerzassoziierte und schmerzneutrale Wörter

zeigt sich in Abhängigkeit der Response-Pattern der Probanden. Dabei erinnern

Patienten mit einem ER-RP mehr, Patienten mit einem FAR-RP dagegen weniger

schmerzassoziiertes Material. Bei Patienten mit einem AR-RP wird kein Unterschied in

der Gedächtnisleistung für die beiden Wort-Typen erwartet. Bei einer Unterscheidung

zwischen affektiven und sensorischen Schmerzwörtern im Vergleich zu

schmerzneutralen Wörtern zeigt sich der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den

Response-Pattern.

Begründung: Aus den vorherigen Untersuchungen dieser Dissertationsschrift geht

hervor, dass FAR mit einer Vermeidung von bedrohlichem Material assoziiert ist, so

dass die Annahme überprüft wird, dass Patienten mit einem FAR-RP generell

schmerzassoziiertes Material vermeiden und sich dieses Vermeidungsverhalten in den

reduzierten Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Material widerspiegelt.

Weiterhin kann vor dem Hintergrund des Rebound Phänomens davon ausgegangen

werden, dass bei Patienten mit einem ER-RP, der Versuch, Gedanken zu unterdrücken

scheitert und in einem selektiven Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material resultiert.

Bei Patienten mit einem AR-RP werden keine Unterschiede angenommen, da bei diesen

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

137

keine Vermeidung oder Suppression von schmerzassoziiertem Material erwartet wird.

Im Hinblick auf die affektiven bzw. sensorischen Schmerzwörter wird vor dem

Hintergrund der Schematheorien und der assoziativen Netzwerktheorie (s. Abschnitt

II.2.1) bei Patienten mit einem ER-RP und einem FAR-RP erwartet, dass sie im

Allgemeinen einen stärkeren Gedächtnisbias für die sensorischen bzw. affektiven

Schmerzwörter im Vergleich zu den neutralen Wörtern zeigen und dass dieser Bias bei

ihnen stärker ausgeprägt ist als bei Patienten mit einem AR-RP.

Hypothese 4: Die Fear of Pain bzw. Fear-Avoidance Single-Responses hängen negativ

mit den Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Material zusammen. Je höher das

Ausmaß der Fear of Pain bzw. der Fear-Avoidance Single-Responses ausfällt, umso

weniger wird bedrohliches Material wiedergegeben.

Begründung: Die aktuelle Befundlage konnte bisher einen solchen Zusammenhang

nicht bestätigen, jedoch besteht die Möglichkeit, dass ein existierender Effekt in den

vorherigen Untersuchungen aufgrund anderer unberücksichtigt gebliebener Variablen

oder Untersuchungsmerkmalen lediglich nicht gefunden wurde (β-Fehler). Folglich ist

ein Effekt nicht gänzlich auszuschließen und bedarf der weiteren Überprüfung. Zu

schmerzspezifischen FAR existieren soweit bekannt aktuell keine Untersuchungen,

welche die Zusammenhänge mit dem Gedächtnisbias überprüft haben. Auf Basis der in

Studie 1 und Studie 2 dargestellten Ergebnisse, wird mit zunehmender FOP bzw. FAR

eine Vermeidung von schmerzassoziiertem Material erwartet. Aufgrund der starken

Überschneidung der Konzepte FOP und FAR (Hasenbring et al., 2009), werden zudem

für FAR und FOP ähnliche Effekte erwartet.

Hypothese 5: Der Gedächtnisbias der Probanden hängt positiv mit ihren suppressiven

Single-Responses auf die Rückenschmerzen zusammen. Höhere ER sind mit einem

stärkeren selektiven Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material assoziiert.

Begründung: Aufgrund einer schemakongruenten Verarbeitung sowie der Annahme

eines Rebound Effekts kann vermutet werden, dass bei Patienten mit vermehrten ER ein

selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material besteht.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

138

Hypothese 6: Je höher die Disability ausfällt, umso weniger schmerzassoziierte Wörter

werden wiedergegeben. Folglich wird ein negativer Zusammenhang zwischen der

Disability und dem Gedächtnisbias erwartet.

Begründung: In der ersten Untersuchung der vorliegenden Dissertationsschrift zur

Überprüfung des Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten konnte gezeigt werden,

dass die Disability mit dem Aufmerksamkeitsbias der Probanden zusammenhängt.

Dabei zeigte sich eine stärkere Vermeidung von sowie eine geringere Vigilanz für

schmerzassoziiertes Material. Es wird vor diesem Hintergrund vermutet, dass ähnliche

Zusammenhänge zwischen der Disability der Probanden und weiteren Verzerrungen in

der Informationsverarbeitung, wie zum Beispiel dem Gedächtnisbias, bestehen.

Hypothese 7: Allgemeiner Distress ist mit einem Gedächtnisbias assoziiert ist.

Depressive Merkmale hängen positiv mit der Wiedergabe von sensorischen und

affektive Schmerzwörter zusammen.

Begründung: Eine gerichtete Hypothese kann hier für eine schmerzunabhängige Angst

nicht formuliert werden, da die bisherigen Befunde keine Zusammenhänge berichten

konnten. Ein möglicher Zusammenhang kann dennoch nicht gänzlich ausgeschlossen

werden, da Merkmale der Untersuchungen zu den Null-Ergebnissen und damit zur

mangelnden Befundlage geführt haben könnten. Folglich wird hier ein ungerichteter

Zusammenhang angenommen. Die aktuellen Forschungsbefunde weisen darauf hin,

dass depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis für sensorische und

affektive Schmerzwörter aufweisen (Edwards et al., 1992).

3.2 Methodik

Im folgenden Abschnitt soll die Methodik zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt

dargestellten Fragestellungen und Hypothesen erläutert werden. Hierfür werden dem

das Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen

Variablen, der Untersuchungsablauf und die Stichprobe sowie die statistische Analyse

und der Datenschutz der Untersuchung dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

139

3.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign

Zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt dargestellten Fragestellungen und

Hypothesen wurde eine quasiexperimentelle Querschnittuntersuchung durchgeführt.

Unter Laborbedingungen wurden die Gedächtnisleistungen von CLBP-Patienten mit

denen von gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Zuteilung der

Untersuchungsteilnehmer in die Experimental- bzw. Kontrollgruppe erfolgte in

Abhängigkeit von dem klinischen Schmerzstatus der Probanden. Die Kontrollstichprobe

und die Patientenstichprobe wurden in Hinsicht auf ihre soziodemographischen

Merkmale parallelisiert. Mithilfe von Fragebögen wurden die individuellen

Charakteristika sowie die schmerzbezogenen Response-Pattern der Patienten erfasst, um

ihre Zusammenhänge mit den Gedächtnisleistungen der Probanden sowie den Einfluss

der Response-Pattern auf ihren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material zu

erfassen.

3.2.2 Operationalisierung

Der Gedächtnisbias sowie die individuellen Charakteristika (soziodemographische,

klinisch-medizinische und klinisch-psychologische Parameter) wurden über

verschiedene subjektive und objektive Parameter operationalisiert. Es wurden in der

hier dargestellten dritten Untersuchung sowohl die gleichen Fragebögen wie auch der

gleiche Test zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias verwendet wie in der ersten

Untersuchung (s. Abschnitt II.1.2.2). Daher werden diese im Folgenden nur kurz

dargestellt.

Gedächtnisleistungen

Der Gedächtnisbias der Probanden wurde mithilfe einer free-recall Aufgabe erfasst. Das

Stimulusmaterial bestand aus insgesamt drei Wortlisten (s. Anhang L). Jede Wortliste

beinhaltete jeweils acht schmerzassoziierte (bestehend aus je vier sensorischen und vier

affektiven Schmerzwörtern) und acht schmerzneutrale Adjektive. Die

schmerzassoziierten Adjektive wurden aus der Schmerzempfindungs-Skala (SES;

Geissner, 1996) und der Hamburger Schmerz-Adjektiv-Liste (HSAL; Hoppe, 1991)

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

140

generiert. Für die Auswahl der schmerzneutralen Wörter des Experiments wurden aus

einer Liste mit 400 Adjektiven aus der Arbeit von Schwibbe und Kollegen (Schwibbe,

Räder, Schwibbe, Borchardt & Geiken-Pophanken, 1981) 100 Adjektive mit einer

geringen Valenz ausgewählt und hinsichtlich der Silbenzahl sowie der

Gebrauchshäufigkeit in der deutschen Sprache (aus Hager & Hasselhorn, 1994) an die

schmerzassoziierten Wörter angepasst. Weiterhin wurden die schmerzneutralen Wörter

von fünf Experten aus der Schmerzforschung der Abteilung für Medizinische

Psychologie und Medizinische Soziologie im Hinblick auf ihren Schmerzbezug auf

einer NRS (0 bis 10) bewertet und nur die acht Adjektive, die als schmerzneutral

bewertet wurden (NRS=0) für die Aufgabe zur freien Wiedergabe ausgewählt.

Insgesamt wurden 48 Wörter dargeboten. Zu Beginn und Ende jeder Liste wurden

jeweils drei neutrale Füllwörter dargeboten, um Primacy- und Recency-Effekte zu

reduzieren. Der ISI der Wörter betrug ca. 2 Sekunden. Nach jeder Liste erfolgte eine

zweiminütige Phase zur freien Wiedergabe. Um Reihenfolgeeffekte zu kontrollieren,

wurden die Listen randomisiert dargeboten. Für die systematische Auswertung der

Gedächtnisleistungen der Probanden in der Aufgabe zur freien Wiedergabe wurde die

Anzahl der richtig wiedergegebenen Wörter erfasst. Neutrale Füllwörter gingen in die

weitere Analyse nicht ein. Die abhängige Variable war der Anteil der wiedergegebenen

Wörter eines jeden Wort-Typen an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter.

Soziodemographische, klinisch-medizinische und –psychologische Parameter

Es wurden die gleichen Instrumente zur Erfassung der psychologischen Charakteristika

der Probanden verwendet wie in den ersten beiden Studien12

(s. Abschnitt III.1 und

Abschnitt III.2). Neben einer allgemeinen Sozial- und Schmerzanamnese zählten zu den

verwendeten Fragebögen der Chronic Pain Grade Fragebogen (Klasen et al., 2004; nach

von Korff et al., 1992) zur Erfassung der Disability der Probanden, der BDI (Hautzinger

et al., 1995; nach Beck et al., 1987) zur Erfassung der depressiven Stimmungslage und

der STAI (Laux et al., 1981 nach Spielberger et al., 1966, 1970) zur Erfassung der

12 Für einen besseren Überblick sind die verwendeten Inventare im Anhang (B-J) dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

141

allgemeinen State- und Trait-Angst. Die schmerzbezogene Angst der Probanden wurde

mithilfe des Fragebogens TSK (Rusu et al., in Vorbereitung) erfasst. Weiterhin wurden

mithilfe des FABQ (Pfingsten et al., 1996) die Angst-Vermeidungsüberzeugungen der

Probanden ermittelt. Zusätzlich wurde auch hier der Fragebogen AEQ (Hasenbring et

al., 2009) eingesetzt, um sowohl die individuellen Fear-Avoidance und Endurance

bezogenen Reaktionen auf Rückenschmerzen auf kognitiver, emotionaler und

behavioraler Ebene zu erfassen, als auch eine Klassifizierung der Patienten in Hinsicht

auf ihre individuellen Response-Pattern bei erlebten Schmerzen vornehmen zu

können13

.

3.2.3 Untersuchungsablauf

Alle Probanden bekamen vor der Untersuchung eine Einladung zur Untersuchung sowie

die Sozialanamnese per Post zugesendet. Die CLBP-Patienten bekamen zusätzlich

vorab eine Schmerzanamnese, den AEQ und den Chronic Pain Grade Fragebogen

zugeschickt. Die Unterlagen wurden ausgefüllt in einem frankierten Rückumschlag

zurück gesendet.

Zu Beginn der Untersuchung füllten die Probanden den STAI, TSK, BDI und FABQ

aus. Die Instruktion (s. Anhang M) für die Gedächtnisaufgabe wurde anschließend in

Papierversion dargeboten. In dieser Instruktion wurden die Probanden darauf

hingewiesen, dass im Folgenenden mit ihnen eine Gedächtnisaufgabe durchgeführt

werde, bei der nacheinander 3 Listen mit Wörtern auf Tonband über Kopfhörer

vorgespielt würden. Die Probanden wurden instruiert, sich so viele Wörter wie möglich

zu merken. Sie wurden darauf hingewiesen, dass sie nach jeder Darbietung gebeten

würden, dem Versuchsleiter so viele Wörter wie möglich aus ihrem Gedächtnis

wiederzugeben. Die Reihenfolge der Wiedergabe spiele dabei keine Rolle. Nach einer

Klärung möglicher Fragen seitens der Probanden wurden diese gebeten, sich so viele

Wörter wie möglich zu merken. Anschließend wurden den Probanden die Kopfhörer

13 Eine detaillierte Beschreibung der hier verwendeten Instrumente findet sich in Abschnitt III.1.2.2 und

Abschnitt III.2.2.2. Die Vorgehensweise bei der Klassifizierung der Response-Pattern der Patienten im

Sinne des AEM ist in Abschnitt III.2.2.2 dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

142

aufgesetzt, um die erste Liste über die Kopfhörer darzubieten. Nach jeder Liste standen

den Probanden zwei Minuten zur freien Wiedergabe zur Verfügung. Die Antworten der

Probanden wurden über ein Diktiergerät aufgenommen und zur späteren Auswertung

unmittelbar auf einen Personal Computer übertragen.

3.2.4 Stichprobe

Das Einschlusskriterium für die Patientenstichprobe war (1) Erleben von

Rückenschmerzen innerhalb der letzten sechs Monate. Für beide Gruppen galt als

Einschlusskriterium ein (2) Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Als Ausschlusskriterien

galten (1) gravierende Beeinträchtigungen der Seh- oder Hörfähigkeit, (2)

unzureichende Sprachkenntnisse in Deutsch, (3) gravierende psychiatrische

Auffälligkeiten basierend auf Selbstauskunft, (4) Alkohol- oder andere Drogenprobleme

basierend auf Selbstauskunft und (5) andere schwere Erkrankungen basierend auf

Selbstauskunft.

Die Probanden wurden über Anzeigen in lokalen Zeitungen und Zeitschriften sowie

Aushängen in Apotheken und Physiotherapiepraxen rekrutiert.

Alle Probanden unterschrieben eine schriftliche Einverständniserklärung (s. Anhang A),

in der Teile des experimentellen Designs erklärt waren. Die Probanden hatten während

des gesamten Versuchsverlaufs keine Kenntnis über die Hypothesen des Experiments.

Die vollständige Aufklärung erfolgte unverzüglich nach Beendigung des Experiments.

Der Versuch wurde von der Ethik- Kommission der Ruhr- Universität Bochum

genehmigt.

3.2.5 Statistische Datenanalyse

Zur Überprüfung der in Abschnitt III.3.1 formulierten Hypothesen wurden die

gewonnen Daten varianzanalytisch und korrelativ ausgewertet. Alle statistischen

Analysen erfolgten mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 19 für Windows.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

143

Es wurde a priori der benötigte Stichprobenumfang berechnet, um zu erfassen, wie viele

Personen unter den gegebenen Untersuchungsannahmen rekrutiert werden sollten, um

ein interpretierbares Ergebnis zu erhalten. Hierfür wurden zwei Poweranalysen für die

Verwendung des F-Tests bei einer Varianzanalyse mit einer Messwiederholung auf

einem Faktor mit zwei Faktorstufen (schmerzassoziierte Wörter und nicht-

schmerzassoziierte Wörter) mithilfe des Programms G*Power 3.1.2 berechnet (Faul et

al., 2007, 2009). In der ersten Analyse wurde die Berechnung der Stichprobengröße auf

einen Zweigruppenvergleich (CLBP-Patienten vs. gesunde Kontrollpersonen), einen

Dreigruppenvergleich (AR-RP, ER-RP und FAR-RP) und einen Viergruppenvergleich

(hoch-depressive CLBP-Patienten vs. niedrig-depressive CLBP-Patienten vs. hoch-

depressive gesunde Kontrollgruppe vs. niedrigdepressive Kontrollgruppe) bezogen. Es

wurde eine mittlere Effektstärke von f=0.25, eine Wahrscheinlichkeit für einen α-Fehler

von α=0.05, eine erwartete Power= 0.95 sowie eine Korrelation von r=0.5 vorgegeben.

Aus der Analyse für einen Zweigruppenvergleich (CLBP-Patienten und gesunde

Kontrollpersonen) ergab sich eine benötigte Stichprobengröße von insgesamt 54

Probanden. Für die gleiche Analyse zum Vergleich von drei Response-Pattern ergab die

Berechnung eine benötigte Stichprobengröße von 57 für den Innersubjektfaktor, 66 für

die Response-Pattern x Wort-Typ Interaktion und 189 CLBP-Patienten für den

Zwischensubjektfaktor. Der Viergruppenvergleich ergab eine benötigte

Stichprobengröße von vergleichsweise 56, 76 bzw. 212 CLBP-Patienten. Aufgrund

ökologischer Überlegungen durch die Komplexität der Erfordernisse für die

unterschiedlichen Fragestellungen sowie aufgrund einer erhöhten Schwierigkeit bei der

Rekrutierung von klinischen Stichproben mit den spezifischen erforderten Merkmalen

(hier die spezifischen Response-Pattern bzw. die Depressivität), wurde der

Stichprobenumfang angepasst. Hierfür wurde eine Power-Analyse nach der

Compromise-Methode berechnet. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie bei

klinischen Untersuchungen die Vorgabe einer Stichprobengröße ermöglicht, wenn die

Rekrutierung sich beispielsweise aufgrund der vielfältigen Einschlusskriterien der

untersuchten Patienten (hier spezifische Response-Pattern bei CLBP-Patienten) als

schwierig erweist. Es wurde ein α/β-Verhältnis=1, eine Stichprobengröße von N=30,

eine Effektstärke von f=0.25 bei drei Gruppen (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) und dem

Faktor Wort-Typ (schmerzassoziiertes vs. schmerzneutrales Wort) für eine ANOVA mit

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

144

Messwiederholung voreingestellt. Bei einem Stichprobenumfang von 30 Probanden

insgesamt, lag die Power= 0.874 (λ= 7.5) bei einer α/β-Fehlerwahrscheinlichkeit=

0.126. Bei vier Gruppen lag eine Power=0.808 (λ= 7.5) vor.

Es wurden die Mittelwerte und SD für die erhobenen Merkmale für die Kontroll- bzw.

die CLBP-Patientengruppe berechnet, um die Stichproben beschreiben und mögliche

Gruppenunterschiede in Merkmalsausprägungen erfassen zu können. Die

Gruppenunterschiede zwischen den CLBP-Patienten und den gesunden

Kontrollpersonen in den subjektiven Daten wurden mithilfe einer univariaten

Varianzanalyse14

im mehrfaktoriellen Design überprüft. Die abhängige Variable stellte

dabei der Klinische Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollgruppe) der Probanden dar. Die

unabhängigen Variablen waren die Merkmalausprägungen in den individuellen

Charakteristika der Probanden (vgl. psychologische Parameter in Abschnitt III.3.2.2).

Für die Auswertung der Gedächtnisleistungen der Probanden in der Aufgabe zur freien

Wiedergabe wurde die Anzahl der richtig wiedergegebenen Wörter erfasst. Neutrale

Füllwörter gingen in die weitere statistische Analyse nicht ein. Die abhängige Variable

war der Anteil der wiedergegebenen Wörter eines jeden Wort-Typs an der Gesamtzahl

der wiedergegebenen Wörter.

Die Leistungen der Probanden beim Gedächtnistest wurden in vier Analyseschritten

ausgewertet.

Im ersten Schritt wurden die Effekte des klinischen Status auf die Gedächtnisleistungen

der Probanden mithilfe einer ANOVA mit Messwiederholung in einem 2x2-Design

überprüft. Der Zwischensubjektfaktor war dabei Klinischer Status (CLBP-Patienten vs.

Kontrollprobanden) der Probanden und der Innersubjektfaktor war der Wort-Typ mit

den beiden Faktorstufen schmerzassoziiert vs. schmerzneutral.

In einem zweiten Schritt wurde der Gedächtnisbias in Abhängigkeit der Depressivität

betrachtet. Die Leistungen im Gedächtnistest wurden hier in einen 3x4-Design mithilfe

14 Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse sowie die Vorgehensweise im

Falle der Verletzung dieser Voraussetzungen, sind in Abschnitt III.1.2.4 dargestellt und werden daher hier

nicht noch einmal dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

145

einer Varianzanalyse mit Messwiederholung ausgewertet. Der Innersubjekt-Faktor war

der Wort-Typ mit den drei Faktorstufen schmerzneutrales Wort, affektives

Schmerzwort und sensorisches Schmerzwort. Die Depressivität (hoch-depressive

CLBP-Patienten vs. niedrig-depressive CLBP-Patienten vs. hoch-depressive gesunde

Kontrollgruppe vs. niedrigdepressive Kontrollgruppe) der Probanden stellte den

Zwischensubjekt-Faktor dar. Die Zuteilung der Probanden in hoch- bzw. niedrig

depressive Probanden erfolgte über eine Medianhalbierung über den Median der

Gesamtstichprobe (Median=5.5).

Im dritten Analyseschritt wurden die Zusammenhänge zwischen den psychologischen

Charakteristika der CLBP-Patienten und dem Gedächtnisbias überprüft. Es wurde eine

bivariate Korrelationsanalyse (Korrelationskoeffizient nach Pearson) gerechnet. Im

Falle einer Verletzung der Berechnung eines parametrischen Korrelationskoeffizienten

wurde eine non-parametrische Korrelationsanalyse (Korrelationskoeffizient nach

Spearman) berechnet.

Im vierten Schritt wurde der Gedächtnisbias in Abhängigkeit der Response-Pattern der

Probanden betrachtet. Die Leistungen im Gedächtnistest wurden zunächst mithilfe einer

Varianzanalyse mit Messwiederholung in einem 2x3-Design ausgewertet. Der

Innersubjekt-Faktor war der Wort-Typ (schmerzneutrales vs. schmerzassoziiertes Wort).

Das Response-Pattern (AR-RP, ER-RP und FAR-RP) der Probanden stellte den

Zwischensubjekt-Faktor dar. Anschließend erfolgte eine Varianzanalyse im 3x3-Design

zur Überprüfung der Leistungen im Gedächtnistest für die drei Wort-Typen affektives

und sensorisches Schmerzwort sowie schmerzneutrales Wort (Innersubjekt-Faktor:

Wort-Typ) in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-Pattern AR-RP, ER-

RP und FAR-RP (Zwischensubjektfaktor: Response-Pattern).

Die Variablen Geschlecht und Alter wurden, im Falle einer signifikanten Korrelation

mit den Indizes für die Gedächtnisleistungen der untersuchten Personen, jeweils als

Kovariate in den jeweiligen Varianzanalysen berücksichtigt. Weiterhin wurde die

Kenngröße η² (Eta Quadrat) für die Effektstärke (Anteil des Faktors an der

Gesamtvarianz) herangezogen.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

146

Die Mittelwertunterschiede wurden mithilfe von Post-Hoc-Analysen miteinander

vergleichen. Es wurde der Bonferroni-Test berechnet, der auch bei Varianzanalysen mit

messwiederholten Daten anwendbar ist (Rasch et al., 2010).

3.2.6 Datenschutz und Objektivität

Bei der Durchführung der Studie blieb die Gruppenzugehörigkeit der Probanden

gegenüber dem Versuchsleiter möglichst unbekannt, um eine hohe

Durchführungsobjektivität zu gewährleisten. Die Auswertung der Daten erfolgte aus

Gründen des Datenschutzes und zugunsten einer möglichst hohen

Auswertungsobjektivität in anonymer Form. Jedem Probanden wurde eine

Versuchspersonennummer zugeteilt, unter welcher die Daten statistisch ausgewertet

wurden.

3.3 Ergebnisse

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Untersuchung dargeboten. Bevor die

Ergebnisse zu den einzelnen Hypothesen präsentiert werden, werden zunächst die

Ergebnisse aus den Analysen zu den deskriptiven Charakteristika der CLBP im

Vergleich zur gesunden Kontrollstichprobe dargestellt.

3.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe

In der vorliegenden Studie wurden 31 CLBP-Patienten und 31 gesunde

Kontrollprobanden untersucht. 96.8% der CLBP-Patienten gaben an, seit über einem

Jahr Schmerzen zu haben ( x , 15.75 Jahre; SD, 8.91 Jahre; Minimum, 9 Monate;

Maximum, 31 Jahre). Die durchschnittliche Schmerzintensität zum Zeitpunkt der

Datenerhebung lag bei 4.81 (SD, 2.39; NRS, 0-10) in der CLBP Gruppe.

Die Ergebnisse aus den soziodemographischen Merkmalen der Probanden sind für die

CLBP-Patienten und gesunden Kontrollpersonen in Tabelle 16 getrennt dargestellt. Die

Kontrollgruppe wurde im Hinblick auf das Alter und Geschlecht sowie

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

147

soziodemographische Daten wie Staatsangehörigkeit, soziale Wohnsituation,

Familienstatus, Schul- und beruflicher Abschluss an die CLBP Gruppe angepasst.

Beide Gruppen bestanden jeweils aus 12 männlichen (38.7%) und 19 weiblichen

(61.3%) Probanden. Die CLBP-Patienten waren im Alter zwischen 18 und 65 Jahren

( x , 43.32; SD, 13.29). Die Probanden in der Kontrollgruppe waren im Alter zwischen

22 und 65 Jahren ( x , 43.0; SD, 12.97). Dementsprechend konnten in den Gruppen

keine Unterschiede hinsichtlich der Geschlechterverteilung (p>0.05) oder der

Altersverteilung (p>0.05) festgestellt werden.

Auch bezüglich der soziodemographischen Daten fanden sich keine signifikanten

Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in diesen Merkmalen. Lediglich in der

Verteilung des Schulabschlusses zeigte sich, dass die Kontrollprobanden tendenziell

einen höheren Schulabschluss aufwiesen als die CLBP-Patienten (U=366.5, p<0.10). Im

Vergleich zu 71% (N=22) der CLBP-Patienten gaben 35.5% (N=11) der

Kontrollpersonen an, eine allgemeine Hochschulreife aufzuweisen. 3.2% (N=1) der

CLBP-Patienten berichteten im Vergleich zu 22.6% (N=7) in der Kontrollgruppe die

Fachoberschulreife aufzuweisen. 12.9% (N=4) der CLBP-Patienten berichteten im

Vergleich zu 25.8% (N=8) in der Kontrollgruppe einen Realschulabschluss absolviert

zu haben. Jeweils 12.9% (N=4) der CLBP-Patienten und der Kontrollpersonen

berichteten einen Hauptschulabschluss aufzuweisen. Keinen Abschluss wies lediglich

eine Person aus der Kontrollgruppe (3.2%; N=1) auf.

Tabelle 16. Darstellung der absoluten (N) und relativen Häufigkeiten (%) in den

soziodemographischen Daten für die CLBP-Patienten (N=31) und die gesunden Kontrollpersonen

(N=31).

CLBP-Patienten

N = 31

Kontrollpersonen

N = 31

Häufigkeit (%) Häufigkeit (%)

Geschlecht

weiblich 19 (61.3) 19 (61.3)

männlich 12 (38.7) 12 (38.7)

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

148

Staatsangehörigkeit

deutsch 30 (96.8) 31 (100)

andere 1 (3.2) 0 (0)

Familienstand

verheiratet 15 (48.4) 12 (38.7)

ledig 8 (25.8) 9 (29.0)

ledig, in fester Partnerschaft 3 (9.7) 8 (25.8)

geschieden, getrennt lebend 2 (6.5) 2 (6.5)

verwitwet 3 (9.7) 0 (0)

Wohnsituation

allein lebend 10 (32.3) 7 (22.6)

mit Partner lebend 7 (22.6) 10 (32.3)

mit Partner und Kindern lebend 9 (29.0) 8 (25.8)

ohne Partner mit Kindern lebend 1 (3.2) 2 (6.5)

mit den Eltern lebend 3 (9.7) 2 (6.5)

in einer Wohngemeinschaft lebend 1 (3.2) 2 (6.5)

Schulabschluss

Abitur 11 (35.5) 22 (71.0)

Fachhochschulabschluss 7 (22.6) 1 (3.2)

Realschulabschluss 8 (25.8) 4 (12.9)

Hauptschulabschluss 4 (12.9) 4 (12.9)

Kein Abschluss 1 (3.2) 0 (0)

Berufsausbildung

Universität 5 (16.1) 8 (25.8)

Fachhochschule 4 (12.9) 1 (3.2)

Fachschule 8 (25.8) 2 (6.5)

Lehre 9 (29.0) 13 (41.9)

andere 1 (3.2) 0 (0)

keine 4 (12.9) 7 (22.6)

Erwerbstätigkeit

ja, ganztags 13 (41.9) 11 (35.5)

ja, mindestens halbtags 5 (16.1) 6 (19.4)

ja, weniger als halbtags 7 (22.6) 3 (9.7)

nein, in Ausbildung 1 (3.2) 3 (9.7)

nein, Hausfrau 2 (6.5) 5 (16.1)

nein, arbeitslos/ erwerbslos 1 (3.2) 0 (0)

nein, anderes 2 (6.5) 3 (9.7)

Rente

nein 26 (83.9) 27 (87.1)

ja, auf Zeit 0 (0) 1 (3.2)

ja, endgültig 5 (16.1) 3 (9.7)

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

149

Die Ergebnisse aus den psychologischen Merkmalen der Probanden sind für die CLBP-

Patienten und gesunden Kontrollpersonen in Tabelle 17 getrennt dargestellt. Die CLBP-

Patienten erreichten im BDI (F(1,60)=4.93, p<0.05) sowie im STAI in der Trait-Skala

(F(1,60)=6.15, p<0.05) deutlich höhere Werte als die Kontrollprobanden. Im FABQ

zeigten die CLBP-Patienten auf der Skala körperliche Aktivität als Ursache

(F(1,60)=2.95, p<0.10) tendenziell höhere Werte als die Kontrollgruppe.

Tabelle 17. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) in den subjektiven

Daten getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und gesunde Kontrollpersonen (N=31).

CLBP Patienten

N=31

( x ± SD)

Kontrollpersonen

N=31

( x ± SD)

Beck Depression Inventar (BDI)* 9.35 ± 8.12 5.45 ± 5.46

State- Trait Anxiety Inventory (STAI)

State 37.65 ± 9.31 34.65 ± 8.73

Trait* 42.39 ± 10.88

35.77 ± 10.11

Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) 34.16 ± 5.97 32.06 ± 7.39

Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)

Körperliche Aktivität als Ursache+ 3.65 ± 1.07

3.14 ± 1.26

Arbeit als Ursache 2.26 ± 1.54 1.83 ± 1.49

Arbeitsprognose 1.09 ± 1.53 0.96 ± 1.46

Gesamtwert 2.31 ± 1.16 1.97 ± 1.2

* p<0.05;

+ p<0.10.

3.3.2 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von dem klinischen Schmerzstatus

der Probanden

Zur Kontrolle der Bedeutung der Faktoren Geschlecht und Alter in den Varianzanalysen

wurden Korrelationsanalysen mit den abhängigen Variablen der free-recall Aufgabe

durchgeführt (s. Tabelle 10). Es zeigten sich signifikante Korrelationen zwischen

Geschlecht und dem Anteil der wiedergegebenen Schmerzwörter (r=0.373, p<0.001)

sowie zwischen Geschlecht und dem Anteil der wiedergegebenen neutralen Wörter

(r=-0.352, p<0.01) an der Anzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter und dem

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

150

prozentualen Anteil der sensorischen Schmerzwörter (r=-0.346, p<0.01). Folglich

wurde die Variable Geschlecht als Kovariate in die anschließende Varianzanalyse mit

Messwiederholung aufgenommen. Die Korrelationen zwischen den

Gedächtnisleistungen und dem Alter erreichten keine statistische Signifikanz (p>0.05).

Tabelle 18. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der Variablen Geschlecht

und Alter mit den Gedächtnisleistungen der Untersuchungsteilnehmer getrennt für die Wort-

Typen (schmerzneutrale Wörter und schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische

Schmerzwörter).

Anteil Schmerz-

wörter

Anteil neutrale

Wörter

Affektive

Schmerzwörter in %

Sensorische

Schmerzwörter in %

Alter 0.017 -0.036 -0.227+

-0.346**

Geschlecht b

0.373**

-0.352**

-0.097 -0.026

+ p<0.10;

** p<0.01; Korrelationskoeffizient nach Pearson; Test auf Signifikanz: zweiseitig;

b Korrelationskoeffizient nach Spearman;

N = 62.

In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Gedächtnisbias in Abhängigkeit

des klinischen Schmerzstatus zeigt, da Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden

Kontrollpersonen ein stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter als

für neutrale Wörter aufweisen sollten. Die diesbezüglichen Ergebnisse der

Untersuchung sind in Tabelle 19 dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

151

Tabelle 19. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) des Anteils der

Wiedergabe der schmerzassoziierten und neutralen Wörter an der Gesamtzahl der

wiedergegebenen Wörter in der Free-Recall Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und

gesunden Kontrollpersonen (N=31).

CLBP-Patienten

N = 31

( x ± SD)

Kontrollpersonen

N = 31

( x ± SD)

Anteil der Schmerzwörter 0.50 ± 0.18 0.43 ± 0.15

Anteil der neutralen Wörter 0.50 ± 0.17 0.57 ± 0.15

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Gruppenunterschiede

zwischen den CLBP-Patienten und den gesunden Probanden in Hinsicht auf ihre

Gedächtnisleistungen für schmerzassoziierte Wörter im Vergleich zu schmerzneutralen

Wörtern (2x2-Design) zeigte einen Haupteffekt für den Innersubjekt-Faktor Wort-Typ

(F(1,59)=13.09, p<0.001; η²=0.182). Die Variable Geschlecht ging in die Analyse als

Kovariate ein. Der Haupteffekt für den Zwischensubjektfaktor Klinischer Status

erreichte keine statistische Signifikanz (p>0.05). Die Wort-Typ x Klinischer Status

Interaktion erreichte ebenfalls keine statistische Signifikanz (p>0.05).

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der

Gedächtnisunterschiede zwischen den beiden Gruppen im Vergleich für die

sensorischen, affektiven und neutralen Wörter (2x3 Design) zeigte weder einen

signifikanten Haupteffekt für den Innersubjekt-Faktor Wort-Typ (p>0.05) noch für die

Zwischensubjektvariable Klinischer Status (p>0.05). Die Wort-Typ x Klinischer Status

Interaktion erreichte keine statistische Signifikanz (p>0.05). Die Ergebnisse zum

Vergleich zwischen den prozentualen Anteilen der Wiedergabe der sensorischen und

affektiven Schmerzwörter und der neutralen Wörter sind in Tabelle 20 dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

152

Tabelle 20. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) des prozentualen

Anteils der Wiedergabe der schmerzassoziierten und neutralen Wörter an der Gesamtzahl der

wiedergegebenen Wörter in der Free-Recall Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und

gesunden Kontrollpersonen (N=31).

CLBP-Patienten

N = 31

( x ± SD)

Kontrollpersonen

N = 31

( x ± SD)

Anteil der neutralen Wörter in % 0.21 ± 0.11 0.26 ± 0.11

Anteil der affektiven Schmerzwörter in % 0.19 ± 0.13 0.20 ± 0.12

Anteil der sensorischen Schmerzwörter in % 0.21 ± 0.12 0.20 ± 0.11

3.3.3 Die Abhängigkeit des Gedächtnisbias von der depressiven Stimmung der

Probanden

In der 2. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Gedächtnisbias für affektive und

sensorische Schmerzwörter in Abhängigkeit der Depressivität der Probanden zeigt. Es

wurde vermutet, dass nichtdepressive Schmerzpatienten dazu neigen, ein selektives

Gedächtnis für sensorische Wörter aufzuweisen, wohingegen depressive

Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis sowohl für sensorische als auch für

affektive Schmerzwörter aufweisen. Die Mittelwerte und Standardabweichungen des

prozentualen Anteils der Wiedergabe der sensorischen und affektiven

schmerzassoziierten Wörter sowie der neutralen Wörter an der Gesamtzahl der

erinnerten Wörter ist getrennt für die Gruppen (nicht-depressive CLBP-Patienten,

depressive CLBP-Patienten, schmerzfreie depressive Patienten und nicht-depressive

schmerzfreie Kontrollpersonen) in Tabelle 21 dargestellt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

153

Tabelle 21. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen des Anteil der freien

Wiedergabe der verschiedenen Wort-Typen (affektive Schmerzwörter vs. sensorische

Schmerzwörter vs. schmerz-neutrale Wörter) an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter

getrennt für die depressiven CLBP-Patienten (N=18), nicht-depressiven CLBP-Patienten (N=13),

die schmerzfreien depressiven Patienten (N=13) und die nicht-depressiven schmerzfreien

Kontrollpersonen (N=18).

CLBP/

depressiv

N = 18

( x ± SD)

CLBP/

nicht depressiv

N = 13

( x ± SD)

schmerzfrei/

depressiv

N = 13

( x ± SD)

schmerzfrei/ nicht

depressiv

N = 18

( x ± SD)

Anteil der affektiven

Schmerzwörter in %

0.18 ± 0.11 0.22 ± 0.16 0.21 ± 0.09 0.2 ± 0.13

Anteil der sensorischen

Schmerzwörter in %

0.17 ± 0.11 0.26 ± 0.13 0.17 ± 0.1 0.22 ± 0.13

Anteil der neutralen

Wörter in %

0.19 ± 0.10 0.24 ± 0.13 0.25 ± 0.09 0.27± 0.13

Die Ergebnisse aus der Analyse des Gedächtnisbias für die verschiedenen Wort-Typen

in Abhängigkeit vom Schmerzstatus und der Depressivität zeigte weder einen

Haupteffekt für den Faktor Klinischer Status noch eine Wort-Typ x Klinischer Status

Interaktion (p>0.05). Es zeigte sich allerdings ein Haupteffekt für den Faktor Wort-Typ

(F(2,56)=7.27; p<0.005; siehe Abbildung 16). Die Variable Geschlecht ging als

Kovariate in die Analyse ein. Ein Post-Hoc-Test zum paarweisen Vergleich der

Leistungen für die Wort-Typen (schmerz-neutrale sowie sensorische und affektive

Schmerzwörter) zeigte, dass mehr schmerzneutrale Wörter wiedergegeben wurden als

sensorische Schmerzwörter, der Effekt erreichte allerdings keine statistische Signifikanz

(p<0.10). Die Probandengruppen unterschieden sich dabei nicht signifikant voneinander

(p>0.05).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

154

Klinischer Status

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

affektive

Schmerzwörter

sensorische

Schmerzwörter

neutrale Wörter

Wort-Typ

An

teil

des

ko

rrek

ten

Rec

all

s

CLBP/

depressiv

CLBP/ nicht

depressiv

schmerzfrei/

depressiv

schmerzfrei/

nicht-depressiv

Abbildung 16. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines jeweiligen Wort-Typs

(affektives Schmerzwort vs. sensorisches Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der

Gesamtzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe in

Abhängigkeit von dem klinischen Status (CLBP/ depressiv, CLBP/ nicht-depressiv, schmerzfrei/

depressiv, schmerzfrei/ nicht-depressiv) der Personen.

3.3.4 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen

Response-Pattern

In der 3. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Gedächtnisbias für

schmerzassoziierte und schmerzneutrale Wörter in Abhängigkeit der Response-Pattern

der Patienten zeigt. Dabei wurde vermutet, dass Patienten mit einem ER-RP mehr

schmerzassoziiertes Material erinnern, Patienten mit einem FAR-RP dagegen weniger

schmerzassoziiertes Material erinnern. Bei Patienten mit einem AR-RP wurde kein

Unterschied in der Gedächtnisleistung für die beiden Wort-Typen erwartet. Die

Mittelwerte und Standardabweichungen des Anteils der Wiedergabe der jeweiligen

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

155

Wort-Typen an der Gesamtzahl der Wörter ist getrennt für die Response-Pattern (AR-

RP, FAR-RP und ER-RP) in Tabelle 22 dargestellt.

Tabelle 22. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus der Aufgabe zur

freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen in Abhängigkeit von den Response-Pattern

AR-RP (N=11), ER-RP (N=15), FAR-RP (N=5).

AR-RP

N = 11

( x ± SD)

ER-RP

N = 15

( x ± SD)

FAR-RP

N = 5

( x ± SD)

Anteil der Schmerzwörter 0.50 ± 0.18 0.55 ± 0.13 0.30 ± 0.19

Anteil der neutralen Wörter 0.50 ± 0.18 0.45 ± 0.13 0.64 ± 0.22

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung im 2x3 Design zeigte eine signifikante

Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion (F(2,27)=4.014, p<0.05). Der Faktor

Geschlecht ging dabei als Kovariate in diese Analyse ein. Ein Post-Hoc-Test zum

paarweisen Vergleich der Response-Pattern zeigte, dass der signifikante Effekt auf

einen marginal (p<0.10) bedeutsamen Unterschied zwischen den Patienten mit einem

ER-RP und denen mit einem FAR-RP zurückzuführen war. Patienten mit einem ER-RP

gaben mehr Schmerzwörter als neutrale Wörter wieder. Dagegen gaben Patienten mit

einem FAR-RP umgekehrt mehr neutrale als schmerzassoziierte Wörter wieder (s.

Abbildung 17).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

156

Response-Pattern

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

schmerzassoziiert neutral

Wort-Typ

An

teil

des

ko

rrek

ten

Rec

all

s

AR-RP

ER-RP

FAR-RP

Abbildung 17. Darstellung des wiedergegebenen Anteils eines jeweiligen Wort-Typs

(schmerzassoziiertes vs. schmerzneutrales Wort) an der Gesamtzahl der insgesamt

wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe in Abhängigkeit von den

schmerzbezogenen Response-Pattern (AR-RP, ER-RP bzw. FAR-RP) der Patienten.

Weiterhin wurde in der 3. Hypothese angenommen, dass sich bei einer Unterscheidung

zwischen affektiven und sensorischen Schmerzwörtern im Vergleich zu

schmerzneutralen Wörtern, der Gedächtnisbias in Abhängigkeit der Response-Pattern

zeigt.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

157

Tabelle 23. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus der Aufgabe zur

freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen (affektive Schmerzwörter, sensorische

Schmerzwörter und schmerz-neutrale Wörter) in Abhängigkeit von den Response-Pattern AR-RP

(N=11), ER-RP (N=15), FAR-RP (N=5).

AR-RP

N = 11

( x ± SD)

ER-RP

N = 15

( x ± SD)

FAR-RP

N = 5

( x ± SD)

Anteil affektive Schmerzwörter in % 0.22 ± 0.15 0.19 ± 0.12 0.13 ± 0.11

Anteil sensorische Schmerzwörter in % 0.27 ± 0.13 0.19 ± 0.10 0.12 ± 0.14

Anteil neutraler Wörter in % 0.26 ± 0.13 0.17 ± 0.08 0.21 ± 0.13

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung im 3x3 Design zeigte keinen signifikanten

Haupteffekt für den Innersubjektfaktor Wort-Typ (p>0.05) und keine signifikante

Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion (p>0.05). Unter Berücksichtigung des

Geschlechts als Kovariate fand sich ein marginaler Haupteffekt für den

Zwischensubjektfaktor Response-Pattern (F(2,27)=2.682, p<0.10). Dabei gaben

Patienten mit einem AR-RP insgesamt mehr Wörter wieder als Patienten mit einem ER-

RP, die wiederum mehr Wörter wieder gaben als Patienten mit einem FAR-RP (s.

Abbildung 18).

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

158

Response-Pattern

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

affektiv sensorisch neutral

Wort-Typ

An

teil

des

ko

rrek

ten

Rec

all

s AR-RP

ER-RP

FAR-RP

Abbildung 18. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines jeweiligen Wort-Typs

(affektives Schmerzwort vs. sensorisches Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der

Gesamtzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe in

Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-Pattern (AR-RP, ER-RP bzw. FAR-RP) der

Patienten.

3.3.5 Die Zusammenhänge zwischen dem Gedächtnisbias und klinisch-

medizinischen und klinisch-psychologischen Merkmalen der Probanden

In den Hypothesen 4 bis 7 wurden Annahmen über die Zusammenhänge zwischen dem

Gedächtnisbias und den individuellen Charakteristika der Versuchsteilnehmer

formuliert. Die Korrelationskoeffizienten aus den entsprechenden Korrelationsanalysen

mit den subjektiven Daten und den Leistungen in der freien Wiedergabe sind in Tabelle

24 dargestellt.

In der 4. Hypothese wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Fear of Pain

bzw. der Fear-Avoidance bezogenen Reaktionen der untersuchten CLBP-Patienten und

der Gedächtnisleistung für schmerzassoziiertes Material erwartet.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

159

Es zeigten sich signifikante negative Korrelationen zwischen dem TSK (r=-0.317,

p<0.05) und der FABQ- Skala Arbeit als Ursache (r=-0.360, p<0.05) sowie dem FABQ-

Gesamtwert (r=-0.340, p<0.05) mit dem Anteil der schmerzassoziierten Wörter an

Anzahl der insgesamt korrekt wiedergegebenen Wörter. Die Korrelationsanalysen für

die FAR Variablen des AEQ zeigten negative Korrelationen zwischen dem Anteil der

wiedergegebenen schmerzassoziierten Wörter und den FAR Skalen ADS (r=-0.412,

p<0.05), ASAS2 (r=-0.371, p<0.05) und APAS2 (r=-0.360, p<0.05) des AEQ.

Tendenziell zeigte sich eine negative Korrelation zwischen dem Anteil der

schmerzassoziierten Wörter und der FABQ- Skala Körperliche Aktivität als Ursache

(r=-0.279, p<0.10) sowie der FAR Skala APAS1 (r=-0.262, p<0.10) des AEQ.

Der Anteil der wiedergegebenen neutralen Wörter an der Gesamtwiedergabe korrelierte

signifikant positiv mit der FABQ-Skala Arbeit als Ursache (r=0.333, p<0.05) und den

FAR Skalen ADS (r=0.420, p<0.01), ASAS2 (r=0.368, p<0.05) und APAS2 (r=0.322,

p<0.05) des AEQ. Tendenziell zeigten sich hier positive Korrelationen zwischen dem

TSK (r=0.283, p<0.10), dem FABQ-Gesamtwert (r=0.260, p<0.10) und der FAR Skala

APAS1 (r=-0.258, p<0.10) des AEQ mit dem Anteil der wiedergegebenen neutralen

Wörter an der Gesamtwiedergabe. Hinsichtlich des prozentualen Anteils der

sensorischen Schmerzwörter zeigten sich im AEQ signifikante negative Korrelationen

mit der FAR Skala ASAS2 (r=-0.330, p<0.05).

In der 5. Hypothese wurde ein positiver Zusammenhang zwischen dem Gedächtnisbias

der CLBP-Patienten und ihren suppressiven Reaktionen auf die Rückenschmerzen

postuliert. Die Korrelationen zwischen dem Anteil aller schmerzassoziierten Wörter an

der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter und den ER Skalen des AEQ erreichten

keine statistische Signifikanz (p>0.05).

Im prozentualen Anteil der affektiven Schmerzwörter zeigten sich signifikante negative

Korrelationen mit den ER Skalen BES2 (r=-0.327, p<0.05) und den Subskalen des BES

HDS1 (r=-0.325, p<0.05) und PPS2 (r=-0.310, p<0.05) des AEQ. Tendenzielle

Korrelationen zeigten sich zwischen dem prozentualen Anteil der affektiven

Schmerzwörter und den ER Skalen BES1 (r=-0.296, p<0.10) und HDS2 (r=-0.238,

p<0.10) des AEQ.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

160

Die 6. Hypothese postulierte einen negativen Zusammenhang zwischen der Disability

und dem Gedächtnisbias. Es zeigte sich hier eine negative signifikante Korrelation des

Anteils der schmerzassoziierten Wörter mit dem Disability-Score (r=-0.338, p<0.05).

Im Trend korrelierte der Disability-Score (r=0.283, p<0.10) positiv mit dem Anteil der

Wiedergabe der neutralen Wörter an der Gesamtwiedergabe.

In der 7. Hypothese wurde angenommen, dass ein allgemeiner Distress mit einem

Gedächtnisbias assoziiert ist. Tendenziell zeigte sich eine negative Korrelation mit dem

BDI Gesamtwert und dem Anteil der Wiedergabe der schmerzassoziierten Wörter

(r=-0.289, p<0.10).

Tabelle 24. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der individuellen

Charakteristika und den Gedächtnisleistungen der CLBP-Patienten getrennt nach den Wort-

Typen (schmerzneutrale Wörter und schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische

Schmerzwörter).

Anteil

Schmerz-

wörter

Anteil

neutrale

Wörter

Affektive

Schmerz-

wörter in %

Sensorische

Schmerz-

wörter in %

Beck Depression Inventar (BDI) -0.289+ 0.253

+ -0.204 -0.242

+

State- Trait Angst Inventar (STAI)

State -0.148 0.194 0.006 0.035

Trait -0.068 0.095 -0.051 0.0001

Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) -0.317* 0.283

+ -0.185 -0.141

Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire

(FABQ)

Körperliche Aktivität als Ursache -0.279+ 0.229 0.119 -0.002

Arbeit als Ursache -0.360* 0.333

* -0.140 -0.152

Arbeitsprognose b -0.082 -0.019 -0.211 -0.284

+

Gesamtwert -0.340*

0.260+

-0.088 -0.207

Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)

Endurance Related Responses

Heitere Stimmung Skala (PMS) 0.131 -0.162 0.178 0.165

Durchhalteappelle (TTS) 0.086 -0.049 -0.050 -0.024

Durchhaltestrategien (BES1) -0.132 0.185 -0.296+ 0.015

Durchhaltestrategien (BES2) -0.062 0.081 -0.327* 0.106

Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) -0.192 0.177 -0.325* 0.032

Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) -0.042 0.009 -0.238+ 0.195

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

161

Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) -0.052 0.134 -0.186 0.043

Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) -0.061 0.119 -0.310* 0.001

Fear-Avoidance Related Responses

Angst Depression Skala (ADS) -0.412* 0.420

** -0.106 -0.137

Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) -0.068 0.003 0.091 -0.139

Katastrophisieren (CTS) b 0.022 0.023 -0.048 0.167

Vermeidung sozialer Aktivitäten 1

(ASAS1) b

-0.191 0.182 -0.018 -0.216

Vermeidung sozialer Aktivitäten 2

(ASAS2)

-0.371* 0.368

* -0.070 -0.330

*

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1

(APAS1)

-0.262+ 0.258

+ 0.136 -0.090

Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2

(APAS2)

-0.360* 0.322

* 0.084 -0.195

Chronic Pain Grade Fragebogen

Charakteristische Schmerzintensität -0.055 0.035 0.006 0.067

Disability-Score -0.338* 0.283

+ -0.086 -0.177

Disability-Days b 0.001 -0.098 0.137 -0.184

Chronic Pain Grade b 0.035 -0.130 0.038 -0.171

+ p<0.10;

* p<0.05; Pearson Korrelationskoeffizient;

b Spearman Korrelationskoeffizient;

c Test auf

Signifikanz: zweiseitig; N = 31.

3.4 Zusammenfassende Bewertung

In dem vorliegenden Kapitel wurde der empirische Teil des dritten Experiments

dargestellt. Dabei wurden zunächst auf Basis der Ausführungen des theoretischen

Hintergrunds der Arbeit allgemeine Fragestellungen formuliert, um daraus anschließend

konkrete Hypothesen für die Untersuchung abzuleiten (s. Abschnitt III.3.1). Aus den

Ausführungen zu den theoretischen Hintergründen der vorliegenden Arbeit in Kapitel II

ging hervor, dass kognitive Faktoren in der Entstehung und Aufrechterhaltung

chronischer Schmerzen eine zentrale Rolle spielen. Verschiedene Untersuchungen

konnten bei chronischen Schmerzpatienten einen systematischen Gedächtnisbias für

schmerzassoziiertes Stimulusmaterial belegen (Edwards et al., 1992; Pearce et al., 1990;

Pincus, Pearce, McClelland & Turner-Stokes, 1993).

Das erste Ziel der hier dargestellten Untersuchung lag darin, den Gedächtnisbias bei

CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen zu untersuchen und bei

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

162

den CLBP-Patienten die Beziehung zwischen dem Gedächtnisbias und verschiedenen

psychologischen Faktoren zu untersuchen. Vor dem Hintergrund der aktuellen

Befundlage, welche den Einfluss von Depressivität bei chronischen Schmerzen auf den

Gedächtnisbias für schmerzassoziierte Wörter betont (Edwards et al., 1992; Pincus et al.

1995), zielte die Untersuchung darauf ab, die Effekte von Depressivität auf den

Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten zu überprüfen.

Das zweite Ziel lag in der erstmaligen Erfassung des Einflusses der individuellen

Response-Pattern der CLBP-Patienten auf ihren Gedächtnisbias. Zur Verfolgung beider

Ziele wurde eine Untersuchung durchgeführt, in der die Gedächtnisleistungen von 31

CLBP-Patienten in einer Aufgabe zur freien Wiedergabe von schmerzneutralen und

schmerzassoziierten Wörtern mit denen von 31 gesunden Kontrollpersonen verglichen

wurden. Die CLBP-Patienten wurden zudem hinsichtlich ihrer Response-Pattern auf

ihre Rückenschmerzen im Sinne des Avoidance-Endurance Modells (Hasenbring &

Verbunt, 2010) in die Gruppen Adaptive Response-Pattern (AR-RP), Endurance

Response-Pattern (ER-RP) und Fear-Avoidance Response-Pattern (FAR-RP)

klassifiziert. Innerhalb der schmerzassoziierten Wörter wurde zusätzlich zwischen

affektiven und sensorischen Schmerzwörtern unterschieden. Die Leistungen der

Probanden wurden varianzanalytisch ausgewertet.

Im Hinblick auf das erste Ziel der Untersuchung wurden die Gedächtnisleistungen der

CLBP-Patienten in der Aufgabe zur freien Wiedergabe mit den Leistungen der

gesunden Kontrollgruppe verglichen. In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass

Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein stärkeres selektives

Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter als für neutrale Wörter aufweisen (Edwards

et al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et al. 1995; Pincus,

1998).

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung konnten diese Annahme nicht

bestätigen. Es zeigte sich jedoch, dass beide Gruppen schmerzassoziierte Wörter

zugunsten der neutralen Wörter vermeiden. Diese Vermeidung ging dabei auf die

sensorischen Schmerzwörter zurück. Im Vergleich zu den neutralen Wörtern wurden die

sensorischen Schmerzwörter vermieden, nicht jedoch die affektiven Schmerzwörter.

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

163

In der 2. Hypothese wurde angenommen, dass nicht-depressive Schmerzpatienten dazu

neigen, ein selektives Gedächtnis für sensorische Wörter aufzuweisen, wohingegen

depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis sowohl für sensorische als auch

für affektive Schmerzwörter aufweisen (Edwards et al., 1992; Pincus et al. 1995). Diese

Hypothese konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht bestätigt werden. Es zeigte

sich jedoch, dass insgesamt, also unabhängig vom depressiven Status der Probanden,

weniger sensorische Schmerzwörter im Vergleich zu schmerzneutralen Wörtern

wiedergegeben wurden. Zusätzlich wurde der Zusammenhang zwischen dem

Gedächtnisbias und der Depressivität der Probanden überprüft, indem die Depressivität

im Rahmen von Hypothese 7 als kontinuierliches Merkmal in den Analysen

berücksichtigt wurde. Dabei wurde angenommen, dass mit zunehmender Depressivität

eine stärkere Wiedergabe affektiver und sensorischer schmerzassoziierter Wörter

gegeben ist. In der vorliegenden Untersuchung zeigte sich allerdings ein negativer

Zusammenhang zwischen Depressivität dem Anteil der schmerassoziierten Wörter.

Somit lässt sich festhalten, dass Depressivität im Zusammenhang mit dem

Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material eine wichtige Rolle spielt. Entgegen

der Annahme zeigten die Versuchspersonen in der vorliegenden Arbeit mit

zunehmenden depressiven Merkmalen jedoch eine zunehmende Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material.

Zur Verfolgung des zweiten Ziels der Untersuchung wurde in Hinsicht auf die

3. Hypothese auf Basis der Annahmen des AEM (Hasenbring & Verbunt, 2010)

angenommen, dass der Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten nicht ausschließlich als

Ergebnis des Erlebens der Schmerzen zu betrachten ist, sondern sich in Abhängigkeit

der individuellen Response-Pattern auf die chronischen Schmerzen zeigt. Im Falle

einem ER-RP wurde vermutet, dass es aufgrund des Scheiterns der

Gedankenunterdrückung zu einem stärkeren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes

Material kommt. Bei Patienten mit einem FAR-RP wurde vermutet, dass diese dazu

neigen, schmerzassoziiertes Material eher zu vermeiden und dementsprechend im

Vergleich zu neutralen Wörtern weniger schmerzassoziierte Wörter wiedergeben.

Tatsächlich konnte in der hier dargestellten Untersuchung gezeigt werden, dass sich

Patienten, die unterschiedliche Response-Pattern auf CLBP zeigen, auch in ihrem

Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material unterscheiden. Dieses Ergebnis war in

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

164

erster Linie auf einen Gedächtnisunterschied zwischen Patienten mit einem ER-RP und

einem FAR-RP zurückzuführen. Wie erwartet, zeigten Patienten mit einem FAR-RP

eine deutliche Vermeidung von schmerzassoziiertem Material, wohingegen Patienten

mit einem ER-RP mehr schmerzassoziiertes Material wiedergaben. Dieses Ergebnis

stimmt mit den Annahmen der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (vigilance-avoidance

hypothesis; Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990;

Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998) überein, in der davon ausgegangen wird,

dass ängstliche Personen dazu neigen, sich in einer ersten Reaktion

schmerzassoziiertem Material zuzuwenden, anschließend jedoch eine detaillierte

Beschäftigung mit potenziell bedrohlichen Stimuli zu vermeiden, um ein mit diesen

Reizen assoziiertes Unbehagen zu reduzieren (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen

& Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg & Bradley, 1998).

In der vorliegenden Untersuchung wurden im Rahmen des ersten Ziels Annahmen zu

den Zusammenhängen zwischen dem Gedächtnisbias und den individuellen

Charakteristika der Probanden formuliert (Hypothesen 4-7). In der 4. Hypothese wurde

angenommen, dass mit zunehmender Fear of Pain bzw. mit zunehmenden Fear-

Avoidance Reaktionen, weniger bedrohliches Material wiedergegeben wird. Diese

Annahme konnte auf verschiedenen Reaktionsebenen bestätigt werden. Sowohl auf der

emotionalen Ebene, als auch auf der kognitiven und der behavioralen Ebene zeigte sich

mit einer zunehmenden Ausprägung der Fear-Avoidance bezogenen Reaktionen ein

deutlicherer Gedächtnisbias im Sinne einer deutlicheren Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material und einer stärkeren Wiedergabe von schmerzneutralen

Reizen. Die Vermeidungsreaktion auf das schmerzassoziierte Material zugunsten des

schmerzneutralen Materials zeigte sich besonders deutlich im Zusammenhang mit

zunehmenden Überzeugungen, die Schmerzen seien durch die Arbeit verursacht. Bei

einer Unterscheidung zwischen sensorischen und affektiven Schmerzwörtern, zeigte

sich eine zunehmende Vermeidung sensorischer Wörter mit zunehmendem

Vermeidungsverhalten in Hinsicht auf sowohl körperliche als auch soziale Aktivitäten.

In der 5. Hypothese wurden Annahmen zu ER und den Gedächtnisleistungen der

CLBP-Patienten formuliert. Aufgrund der Vermutung, dass insbesondere eine

Gedankenunterdrückung mit einem Rebound-Effekt verbunden ist, wurde ein positiver

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III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3

165

Zusammenhang zwischen dem Gedächtnisbias der Probanden und ihren suppressiven

Reaktionen auf die Rückenschmerzen postuliert. Diese Hypothese konnte für

schmerzassoziiertes Material im Allgemeinen nicht bestätigt werden. Für die kognitiven

und emotionalen ER konnten keine bedeutsamen Assoziationen mit den

Gedächtnisleistungen gefunden werden. Es zeigte sich jedoch hinsichtlich des

suppressiven Verhaltens der Probanden, dass mit zunehmender ER eine geringere

Wiedergabe von affektiven Schmerzwörtern gegeben ist. Folglich ist den Ergebnissen

der vorliegenden Untersuchung ER nur auf der behavioralen Ebene mit einer stärkeren

Vermeidung von affektiven Schmerzwörtern assoziiert. Auf kognitiver und auf

emotionaler Ebene ist ER weder mit einer Vermeidung noch mit einem selektiven

Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material assoziiert.

Die 6. Hypothese postulierte, dass mit einer zunehmenden Disability eine stärkere

Vermeidung von schmerzassoziiertem Material einhergeht. In der vorliegenden

Untersuchung zeigte sich, dass mit zunehmender Disability weniger schmerzassoziiere

Wörter wiedergegeben wurden. Dies bestätigt eine zunehmende Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material bei zunehmender Disability.

Die letzte Hypothese (7. Hypothese) in der vorliegenden Untersuchung bezog sich auf

die Zusammenhänge zwischen einem allgemeinen Distress und dem Gedächtnisbias.

Während die Zunahme depressiver Symptome mit einer geringeren Wiedergabe

schmerzassoziierter Wörter verknüpft war (s.o. Hypothese 2), konnte ein

Zusammenhang zwischen schmerzunabhängiger Angst und dem Gedächtnisbias nicht

nachgewiesen werden. Wenngleich Depressivität mit einer Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material verbunden ist, ist in der vorliegenden Untersuchung

entgegen der Implikationen der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (Roelofs, Peters, van

der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg &

Bradley, 1998) eine allgemeine Angst mit keiner Vermeidung von schmerzassoziiertem

Material assoziiert. Auch ein stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes

Material konnte sich im Zusammenhang mit einer allgemeinen Angst der Probanden

nicht nachweisen lassen.

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IV DISKUSSION

166

IV DISKUSSION

Das folgende Kapitel dient der Zusammenfassung und Interpretation der im

empirischen Kapitel der Arbeit beschriebenen Untersuchungen und Ergebnisse. Hierfür

werden zunächst die Fragestellungen und Ziele der Untersuchungen zusammengefasst,

um anschließend die Befunde aufzugreifen, in den theoretischen Hintergrund

einzuordnen und zu diskutieren. Abschließend werden die klinischen Implikationen

erörtert sowie die Limitationen der Untersuchungen und die Perspektiven für die

zukünftige Forschung abgeleitet.

1 Untersuchungsziele

Das vorrangige Interesse lag bei der vorliegenden Arbeit in der

grundlagenwissenschaftlichen Erforschung des Informationsverarbeitungsbias für

schmerzassoziiertes Stimulusmaterial bei chronischen Rückenschmerzen. Mit dem

empirischen Untersuchungsteil wurden zwei Aspekte der Informationsverarbeitung

untersucht: erstens der Aufmerksamkeitsbias und zweitens der Gedächtnisbias. Zu

diesem Zweck wurden drei Untersuchungen mit CLBP-Patienten und gesunden

Kontrollpersonen geplant und durchgeführt.

Die ersten beiden Experimente dienten der Untersuchung des Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material, das dritte Experiment diente der Untersuchung des

Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material. Dabei sollten sowohl allgemeine als

auch schmerzspezifische Merkmale und Reaktionen in den Analysen berücksichtigt

werden. Als allgemeines Merkmal wurde der Distress (Angst und Depressivität) der

Probanden erfasst. Als schmerzspezifische Merkmale wurden die schmerzbezogene

Disability sowie die FAR mittels bekannter Konzepte wie zum Beispiel

Bewegungsangst und Angst- Vermeidungsüberzeugungen der Probanden erfasst. In

Anlehnung an das AEM (Hasenbring und Verbund, 2010) wurde zudem davon

ausgegangen, dass sich ER, ebenso wie FAR, als wesentliche Faktoren in der

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IV DISKUSSION

167

Entstehung und Exazerbation von CLBP erweisen. Im Gegensatz zu FAR wurden in der

Aufmerksamkeitsforschung ER bisher deutlich vernachlässigt. In der vorliegenden

Arbeit wurden daher erstmalig schmerzbezogene ER im Kontext des

Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten berücksichtigt.

Zusammenfassend wurde im theoretischen Teil der Arbeit festgehalten, dass sich die

Befundlage zum Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten nicht einheitlich abbilden

lässt und eine selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-

Patienten inkonsistent berichtet wird. Die primären Ziele der ersten Studie lagen

folglich darin, die Unterschiede in den Aufmerksamkeitsleistungen für

schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden

Kontrollpersonen zu untersuchen und die Zusammenhänge zwischen den individuellen

Charakteristika der Probanden und ihrem Aufmerksamkeitsbias zu explorieren. Ein

weiteres Ziel lag darin, bedeutsame Charakteristika der Probanden als Prädiktoren für

den Aufmerksamkeitsbias zu identifizieren. Erstmalig sollten in diesem Zusammenhang

zudem schmerzspezifische ER erfasst und in die Analysen einbezogen werden. Sowohl

in Hinsicht auf FAR als auch auf ER wurden die Single-Responses der Probanden auf

der kognitiven, der emotionalen sowie auf der behavioralen Ebene erfasst.

In Anlehnung an das AEM wurde zudem davon ausgegangen, dass sich neben den

erfassten Single-Responses auf den Rückenschmerz Response-Pattern identifizieren

lassen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung und Exazerbation von CLBP

haben. Folglich wurde eine zweite Untersuchung geplant und durchgeführt, in der das

vorrangige Ziel darin lag, zu überprüfen, inwieweit sich CLBP-Patienten in ihrem

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Stimulusmaterial in Abhängigkeit von

diesen individuellen CLBP bezogenen Response-Pattern unterscheiden.

Die dritte Untersuchung, die in dieser Arbeit vorgestellt wurde, zielte darauf ab,

Unterschiede in den Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Material zwischen

CLBP-Patienten und gesunden Kontrollpersonen zu untersuchen. Wenngleich sich die

Befundlage beim Gedächtnisbias etwas einheitlicher gestaltet als beim

Aufmerksamkeitsbias, betont auch hier der aktuelle Forschungsstand, dass individuelle

Charakteristika eine bedeutsame Rolle spielen. In Bezug auf diese individuellen

Charakteristika wird die Bedeutung von Depressivität hervorgehoben. Folglich zielte

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IV DISKUSSION

168

die dritte Untersuchung darauf ab, sowohl systematisch die Effekte von Depressivität

auf den Gedächtnisbias bei CLBP als auch die Zusammenhänge zwischen den weiteren

individuellen Charakteristika der Probanden mit ihrem Gedächtnisbias zu überprüfen.

Auch hier lag ein übergeordnetes Ziel darin, erstmalig den Einfluss von den Response-

Pattern der CLBP-Patienten auf ihren Gedächtnisbias zu erfassen.

2 Integration der Befunde

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse aus den Untersuchungen, der hier

vorliegenden Arbeit auf Basis der aktuellen Befundlage und bestehenden aktuellen

theoretischen Hintergründen diskutiert. Hierfür werden zunächst die Ergebnisse

diskutiert, die dem Vergleich der Leistungen der CLBP-Patienten und den gesunden

Kontrollpersonen dienen. Anschließend werden die Ergebnisse zur Erfassung der

Bedeutung der individuellen Charakteristika der Probanden diskutiert, wobei zunächst

die Bedeutung von Depressivität und schmerzbezogener Beeinträchtigung für den

Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten und gesunden Probanden erörtert

wird. Abschließend werden die Befunde zu schmerzunabhängiger und

schmerzabhängiger Angst (FAR), zu ER und zu schmerzspezifischen Response-Pattern

diskutiert.

2.1 Der Einfluss des klinischen Schmerzstatus auf den

Informationsverarbeitungsbias

In der ersten Untersuchung wurden Annahmen zum Aufmerksamkeitsbias in

Abhängigkeit von dem klinischen Status der Probanden formuliert. Es wurde vermutet,

dass CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden größere Verzerrungen in

ihrer Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen. Dies sollte sich bei

den CLBP-Patienten in einer stärkeren selektiven Aufmerksamkeit und einer erhöhten

Vigilanz für schmerzassoziiertes Material (Engagement Effekt) sowie in größeren

Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen (Disengagement

Effekt), niederschlagen.

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IV DISKUSSION

169

Die Untersuchung zeigte, dass sowohl CLBP-Patienten als auch gesunde

Kontrollpersonen sowohl einen Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material

aufweisen. Beide Gruppen zeigten in der Untersuchung eine geringere Vigilanz für

schmerzassoziiertes Material und hatten gleichzeitig deutliche Schwierigkeiten, sich

von diesem zu lösen. Die CLBP-Patienten unterscheiden sich dabei allerdings nicht

bedeutsam von den gesunden Kontrollpersonen. Dieses Ergebnis stimmt mit der

aktuellen Befundlage überein. Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei

chronischen Schmerzpatienten geben sowohl mit dem Stroop-Paradigma als auch mit

dem dot-probe Paradigma wenig Anlass zu der Annahme, dass ein Bias bei chronischen

Schmerzpatienten besteht (Asmundson et al., 1997, Asmundson et al., 2005;

Boissevain, 1994; Crombez et al., 2000; Dehghani et al., 2003; Keogh, Dillon, Georgiou

& Hunt, 2001; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001; Keogh et al., 2003; Pearce &

Morley, 1989; Pincus & Morley, 2001; Roelofs, Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen,

2003; Roelofs et al., 2005; Schoth & Liossi, 2010; Snider et al., 2000). Der Mangel an

Befunden, die einen allgemeinen Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit vom

Schmerzstatus anzeigen, wird in der aktuellen Forschung vor dem Hintergrund der

Bedeutsamkeit von anderen vermittelnden Merkmalen diskutiert. Als mögliche

vermittelnde Merkmale wird dabei beispielsweise die Stimmung der Probanden

diskutiert. Zusätzlich kann dieser Befund aus der ersten Untersuchung der vorliegenden

Arbeit durch mögliche Limitationen15

der Untersuchung (beispielsweise weist in der

ersten Untersuchung auch die Kontrollgruppe Erfahrungen mit Schmerzen auf)

begründet sein.

Es zeigte sich in der ersten Untersuchung zudem, dass der Aufmerksamkeitsbias bei

CLBP-Patienten stärker ausgeprägt ist als bei gesunden Kontrollpersonen. Dabei

handelt es sich bei den CLBP-Patienten allerdings um einen generellen

Aufmerksamkeitsbias, der unabhängig von dem dargebotenen Stimulusmaterial ist.

Dieses Ergebnis stimmt mit der aktuellen Befundlage überein. Roelofs et al. (2005)

berichteten ebenfalls einen stärkeren Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten. Dieser

Effekt zeigte sich in der Untersuchung der Arbeitsgruppe jedoch in Abhängigkeit vom

Stimulusmaterial. Die dargestellte Inkonsistenz könnte dadurch begründet sein, dass

15 Die Limitationen der Untersuchung sind ausführlich in Abschnitt IV.4 dargestellt.

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IV DISKUSSION

170

sich in der vorliegenden Studie CLBP-Patienten und gesunde Kontrollpersonen in den

Bewertungen des Stimulusmaterials nicht bedeutsam unterschieden. Die Analysen der

Ratings der Probanden zeigten hier nämlich, dass die CLBP-Patienten die nicht

bedrohlichen und die bedrohlichen Bilder vergleichbar bedrohlich bewerteten wie die

gesunden Kontrollpersonen. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass bei beiden Gruppen

gleichermaßen schmerzbezogene Schemata und Assoziationen angesprochen worden

sind und folglich keine Wechselwirkung zwischen Stimulus-Typ (hoch bedrohlich und

niedrig bedrohlich) und klinischem Schmerzstatus zu beobachten war. In der

Untersuchung von Roelofs et al. (2005) war dies nicht gegeben, denn dort bewerteten

die CLBP-Patienten die bedrohlichen Bilder als signifikant bedrohlicher als die gesunde

Kontrollgruppe. Auch hier könnte bedeutsam sein, dass die untersuchte Kontrollgruppe

der vorliegenden Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias, wenngleich sie die Kriterien

zur Kategorisierung in die Kontrollgruppe erfüllten, Vorerfahrungen mit Schmerzen

berichteten.

Die Überprüfung von Engagement- und Disengagement Effekten in den

Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden konnte in der ersten hier dargestellten

Untersuchung zeigen, dass CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden

Kontrollpersonen tendenziell einen stärkeren Disengagement Effekt aufweisen, also

größere Schwierigkeiten haben, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen. Ein

Engagement Effekt konnte dagegen nicht belegt werden. Dieses Ergebnis stimmt mit

der aktuellen Befundlage überein. Auch Roelofs und seine Kollegen (2005) fanden in

ihrer Untersuchung mit der Bildversion der dot-probe Aufgabe heraus, dass CLBP-

Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen stärkere Schwierigkeiten haben,

sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen. Die untersuchten CLBP-Patienten

wiesen aber auch in der Untersuchung von Roelofs et al. (2005) weder eine selektive

Aufmerksamkeit, noch eine Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material auf.

In der dritten Untersuchung der vorliegenden Arbeit wurde der Gedächtnisbias für

schmerzassoziiertes Material untersucht. Es wurde zunächst angenommen, dass CLBP-

Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein stärkeres selektives

Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter aufweisen als für neutrale Wörter (Edwards

et al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et al. 1995; Pincus et

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IV DISKUSSION

171

al., 1998). Ein solcher Gedächtnisunterschied für schmerzassoziiertes Material konnte

zwar auch in der hier dargestellten Untersuchung gefunden werden, allerdings erreichte

der Effekt keine statistische Signifikanz. Dieses Ergebnis stimmt mit vorherigen

Befunden in diesem Forschungsbereich nicht überein. Wenngleich allerdings ein

Gedächtnisbias im Sinne einer selektiven Wiedergabe von schmerzassoziiertem

Material bei Schmerzpatienten berichtet wird (vgl. Pincus & Morley, 2001), weisen die

Untersuchungen darauf hin, dass auch hier Untersuchungs- und Stichprobenmerkmale

eine wichtige Rolle spielen, wie zum Beispiel die Stimmung (Edwards et al., 1992;

Koutantji et al., 1999, eine vorherige Kodierung des Stimulusmaterials unter

Selbstbezug (Edwards et al., 1992; Koutantji et al., 1999; Pincus et al., 1993; Pincus et

al., 1995) oder eine stärkere Differenzierung des verwendeten Stimulusmaterials, indem

beispielsweise zwischen affektiven und sensorischen Qualitäten bei Schmerzwörtern

unterschieden wird (Edwards et al., 1992; Johnson & Spence, 1997; Pearce et al.,

1990)16

.

Weiterhin zeigte sich in der dritten Untersuchung, dass sowohl CLBP-Patienten als

auch gesunde Kontrollpersonen im Vergleich zu neutralem Material weniger

schmerzassoziiertes Material wiedergeben. Schmerzassoziiertes Material wird somit

von beiden Gruppen zugunsten neutralen Materials vermieden. Diese kognitive

Vermeidung ist konsistent mit verschiedenen anderen Untersuchungen, in denen eine

reduzierte Wiedergabe von negativem Material im Vergleich zu neutralem Material

gefunden werden konnte (Edwards et al., 1992; Watts, Tresize & Sharrock, 1996). Bei

gesunden Kontrollpersonen spricht die gegenwärtige Befundlage sogar durchaus für

eine Präferenz positiven Materials bei Gedächtnistests (Bower, 1981; Bradley &

Mathews, 1988; Dykman, Abramson, Alloy & Hartlage, 1989; Zaunbauer, 2004).

Möglicherweise sind hier ähnliche Mechanismen für eine vermehrte Wiedergabe von

neutralem im Vergleich zu negativem, bedrohlichem Material verantwortlich. Einen

Vorteil eines solchen Bias für positives Material sehen Taylor und Brown (1988) darin,

dass sich dieser als selbstwertdienlich erweist und negative Stimmung fernhält.

16 Die Bedeutung der Stimmung für den Gedächtnisbias werden in den folgenden Abschnitten dieses

Hauptkapitels ausführlich diskutiert.

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IV DISKUSSION

172

Eine mögliche Erklärung für den fehlenden Gedächtnisunterschied zwischen den

CLBP-Patienten und den gesunden Kontrollpersonen könnte sein, dass sich die beiden

Gruppen möglicherweise hinsichtlich der wahrgenommenen Bedrohlichkeit des

schmerzassoziierten Stimulusmaterials nicht unterschieden. Weiterhin ist denkbar, dass

der Befund durch die fehlende Erfassung des Bezugs des Stimulusmaterials zum

eigenen Schmerz- und Selbstkonzept der Probanden den Befund mitbedingt wurde.

Bradley und Mathews (1988) fanden beispielsweise heraus, dass Probanden mehr

positive als negative Wörter erinnern, wenn sie unerwartet Wörter wiedergeben sollen,

die zuvor daraufhin bewertet werden sollten, inwieweit sie die eigene Person

beschreiben, also unter Selbstbezug kodiert wurden. In der hier dargestellten

Untersuchung wurde allerdings der Bezug zum Selbstkonzept der Probanden sowie

auch die Bedrohlichkeit des Stimulusmaterials nicht kontrolliert. Es ist auch denkbar,

dass hier andere Merkmale der Probanden, wie zum Beispiel die Fear-Avoidance und

Endurance Reaktionen, eine Rolle spielen und möglicherweise aufgrund gegenläufiger

Effekte einen allgemeinen Bias aushebeln.

Zusätzlich wurde in der hier dargestellten Untersuchung die Fragestellung überprüft,

inwieweit sich ein Gedächtnisbias in Abhängigkeit von der Qualität des Schmerzwortes

zeigt. Dabei wurde zwischen sensorischen und affektiven Schmerzwörtern

unterschieden. Es wurde erwartet, dass sich CLBP-Patienten von gesunden

Kontrollpersonen in ihrem Gedächtnisbias für sensorische und affektive Schmerzwörter

im Vergleich zu schmerz-neutralen Wörtern unterscheiden. Die Ergebnisse der

Untersuchung zeigen, dass sich der Gedächtnisbias bei allen Probanden in Abhängigkeit

von dem Stimulus-Typ zeigt. Tendenziell findet eine Vermeidung von sensorischen

Schmerzwörtern im Vergleich zu neutralen Wörtern statt. Zudem wurden weniger

affektive Wörter als neutrale Wörter wiedergegeben, allerdings erreichte dieser

Unterschied ebenfalls keine statistische Signifikanz. Ein Unterschied zwischen

sensorischen und affektiven Schmerzwörtern in Abhängigkeit des klinischen

Schmerzstatus ist dabei nicht gegeben.

Eine mögliche Erklärung für die reduzierte Wiedergabe sensorischer Schmerzwörter

verglichen mit der Wiedergabe neutraler Wörter könnte sein, dass die Probanden die

sensorische Qualität der Stimuli als bedrohlicher empfinden als die neutralen Wörter

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IV DISKUSSION

173

und daher entsprechend die sensorischen Wörter vermeiden, um ein damit verbundenes

Unbehagen zu reduzieren. Allerdings wurde die wahrgenommene Bedrohlichkeit des

Materials hier nicht erfasst. Weiterhin ist denkbar, dass beim Gedächtnisbias in

Abhängigkeit vom Stimulus-Typ weitere Charakteristika der Probanden wie zum

Beispiel die Stimmung und schmerzspezifische Reaktionen der Stichprobe vermitteln17

.

2.2 Die Bedeutung von Depressivität und schmerzbezogener Disability

Depressionen und eine erhöhte Disability nehmen bei chronischen Schmerzen einen

hohen Stellenwert ein. Beispielsweise leiden chronische Schmerzpatienten etwa drei bis

vier Mal häufiger unter Depressionen als die Normalbevölkerung (Sullivan, Reesor,

Mikail & Fisher, 1992). Dabei werden Depressionen häufig als Folge und weniger als

Ursache chronischer Schmerzen betrachtet (Fishbain, 2003). Es wird angenommen, dass

mit einer zunehmenden Anzahl körperlicher Beschwerden, das Risiko dafür steigt, an

einer Depression zu erkranken (Kroenke et al., 1994). Gleichzeitig sind chronische

Schmerzen mit vielfältigen Funktionseinschränkungen, also einer hohen Disability der

Betroffenen, verbunden (Jensen, Turner, Romano & Karoly, 1991; Turk & Holzman,

1986; Vlaeyen & Linton, 2000; von Korff, Le Resche & Dworkin, 1993). In den hier

vorgestellten drei Untersuchungen zum Informationsverarbeitungsbias wurden aufgrund

der großen Bedeutung einer depressiven Stimmung sowie einer erhöhten Disability bei

Schmerzen, die Zusammenhänge zwischen diesen beiden Merkmalen und einem

Aufmerksamkeits- bzw. Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material überprüft. In

den folgenden Unterabschnitten werden die Ergebnisse aus den Analysen zur

depressiven Stimmung und der schmerzbezogenen Disability getrennt diskutiert.

17 Die Bedeutung individueller Charakteristika im Zusammenhang mit dem Gedächtnisbias werden in den

folgenden Abschnitten dieses Hauptkapitels ausführlich diskutiert.

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IV DISKUSSION

174

2.2.1 Depressivität

In den ersten beiden Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias wurde angenommen,

dass im Allgemeinen eine Assoziation zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material und der depressiven Stimmung der Probanden besteht.

Dies konnte in der ersten Untersuchung nur tendenziell bestätigt werden. Im Trend

zeigte sich eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material. Die Befundlage zu

den Zusammenhängen zwischen Depressionen und einem Aufmerksamkeitsbias erweist

sich in der aktuellen Forschung als inkonsistent. Der Befund der ersten Untersuchung

fügt sich in die Reihe bisheriger Untersuchungen ein, die einen signifikanten

Zusammenhang zwischen depressiver Stimmung und einem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material weder bei gesunden Probanden (beispielsweise Roelofs,

Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) noch bei Schmerzpatienten (beispielsweise

Asmundson, Carleton & Ekong, 2005; Asmundson, Wright, Heather &

Hadjistavropoulos, 2005: Liossi, Schoth, Bradley & Mogg, 2008; Roelofs, Peters &

Vlaeyen, 2002) finden konnten.

Ein wichtiges Kriterium stellt in diesen Untersuchungen das Zeitfenster der

Stimuluspräsentation dar (Yiend, 2010). Donaldson, Lahm und Mathews (2007)

konnten zeigen, dass bei einer Stimulusdarbietung von 1000 ms ein

Aufmerksamkeitsbias in Richtung von negativem Wortmaterial bei Personen mit einer

Major Depression gegeben war. Bei einer Reizdarbietung von 500 ms konnte dieser

Effekt nicht beobachtet werden (vgl. auch Gotlib, Krasnoperova, Yue & Joormann,

2004). Bradley, Mogg und Lee (1997) konnten dagegen in einer Untersuchung mit einer

dot-probe Aufgabe bei Probanden mit einer Dysphorie und bei Personen, bei denen eine

dysphorische Stimmung experimentell induziert wurde, feststellen, dass sowohl bei

einer Reizdarbietung von 500 ms als auch bei 1000 ms ein stimmungskongruenter

Aufmerksamkeitsbias vorlag. Bei einer Reizdarbietung von 14 ms konnte ein solcher

Effekt in der Untersuchung von Bradley et al. (1997) nicht beobachtet werden. In einem

theoretischen Review fasst Yiend (2010) die Befunde zusammen und schlussfolgert,

dass im Zusammenhang mit Depressionen ein Aufmerksamkeitsbias nur bei einer

längeren Dauer der Stimuluspräsentation (ca. 1 Sekunde) ausgelöst werden kann. In der

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IV DISKUSSION

175

hier dargestellten Untersuchung erfolgte die Stimuluspräsentation für 500 ms, so dass

möglicherweise die Dauer nicht ausreichend war, um einen entsprechenden

Aufmerksamkeitsbias im Zusammenhang mit der depressiven Stimmung zu erfassen.

Weiterhin wurden in der vorliegenden Arbeit Bilder, auf denen schmerzassoziierte

Aktivitäten dargestellt waren als Stimulusmaterial verwendet, während bei bisherigen

Untersuchungen mit Probanden mit depressiver Stimmung oder einer Major Depression

eher Bildmaterial, auf denen traurige Gesichtsausdrücke abgebildet waren oder

Wortmaterial mit negativem, positivem oder neutralem Gehalt verwendet wurden (vgl.

Yiend, 2010). Folglich hat das Stimulusmaterial im Sinne der Assoziativen

Netzwerktheorie (Bower, 1981) und der Schematheorie (Beck & Clark, 1988; Beck &

Emery, 1985; Beck, 1967; Beck, 1976) möglicherweise nicht ausreichend depressive

Schemata oder Knotenpunkte angesprochen, um einen stimmungskongruenten Bias

auszulösen. Gegen dieses Argument spricht, dass im Bereich der Erforschung des

Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten festgestellt werden konnte, dass depressive

Schmerzpatienten keinen Bias für depressionstypische Stimuli aufweisen, sondern für

Reize, die sich auf Gesundheit und Krankheit beziehen (Pincus & Morley, 2001).

Themen zu Gesundheit und Krankheit könnten folglich bei Schmerzpatienten relevanter

im Sinne der assoziativen Netzwerktheorie und der Schematheorie sein als allgemeine

stimmungsbezogene Themen.

In der zweiten Untersuchung der vorliegenden Arbeit zeigten die Ergebnisse, dass eine

zunehmende depressive Stimmung, tendenziell mit einer vermehrten Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material assoziiert ist. Eine genauere Betrachtung der Befunde

zum Aufmerksamkeitsbias bei depressiven Patienten unabhängig von Schmerzen zeigt,

dass sich dieses Ergebnis gegenläufig zu den bisherigen Befunden verhält. Shane und

Peterson (2007) konnten in einer Untersuchung mit dysphorischen Personen sowohl

eine Aufmerksamkeitshinwendung in Richtung negativer Wörter als auch eine

Abwendung von positiven Wörter feststellen. Kritisch ist hier anzumerken, dass die

Stichprobe der zweiten Untersuchung eine reine CLBP-Patientenstichprobe war, da

aufgrund eines anderen Schwerpunktes der Untersuchung auf eine gesunde

Vergleichsstichprobe verzichtet worden war. Post-hoc wurde daher eine Re-Analyse der

Daten aus der ersten Untersuchung der vorliegenden Arbeit vorgenommen. Es wurden

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IV DISKUSSION

176

jeweils für die gesunde Kontrollstichprobe und die CLBP-Patientenstichprobe getrennt

noch einmal Korrelationsanalysen gerechnet, um zu überprüfen, ob sich auch in der

gesunden Stichprobe der in der zweiten Untersuchung gefundene Vermeidungseffekt

finden lässt. Die Korrelationsanalyse zeigte, dass sich ein solcher Effekt in der

gesunden Stichprobe der ersten Untersuchung ebenfalls nicht finden ließ (p>0.05).

Weiterhin ist anzumerken, dass die Ergebnisse durch den hohen Zusammenhang

zwischen Depression und Angst verfälscht worden sein könnten. In der vorliegenden

Arbeit lag eine hohe Korrelation zwischen der depressiven Stimmung und der Trait-

Angst der Probanden vor (r=0.786, p<0.001). Verschiedene Untersuchungen, die die

Zusammenhänge zwischen Depressionen und dem Aufmerksamkeitsbias überprüft

haben und einen positiven Befund berichten konnten (Bradley, Mogg & Lee, 1997;

Gotlib, Krasnoperova, Yue & Joormann, 2004b; Mathews, Ridgeway & Williamson,

1996; Mogg, Bradley & Williams, 1995), haben bei der Patientenwahl ein besonderes

Augenmerk darauf gelegt, eine Komorbidität mit Trait-Angst zu vermeiden (Yiend,

2010). In der vorliegenden Untersuchung wurden komorbide psychische Erkrankungen,

folglich Depressionen und klinisch relevante Ängste nach Selbstauskunft ebenfalls

ausgeschlossen.

Zusammenfassend stellen Gotlib und Joormann (2010) in ihrem Review fest, dass

depressive Personen ihre Aufmerksamkeit nicht stärker als gesunde Probanden auf

negatives Material richten, sondern eher Schwierigkeiten haben, sich von diesem zu

lösen, wenn das Material erst einmal ihre Aufmerksamkeit gewonnen hat. Dieser Effekt

konnte in verschiedenen Untersuchungen sowohl mit dem Paradigma zur visuellen

Suche (Rinck & Becker, 2005) als auch mit dem Eye-Tracking Paradigma bestätigt

werden (Caseras, Garner, Bradley, & Mogg, 2007; Eizenman et al., 2003).

Im Vergleich zum Aufmerksamkeitsbias erweist sich die Befundlage zum

Gedächtnisbias im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen als eindeutiger (Pincus

& Morley, 2001). In der dritten Untersuchung dieser Arbeit wurde angenommen, dass

im Zusammenhang mit CLBP eine depressive Stimmung den Gedächtnisbias für

schmerzassoziiertes Material beeinflusst. Hierfür wurden die Probanden in vier

Gruppen kategorisiert (CLBP/nicht depressiv, CLBP/depressiv, schmerzfrei/nicht

depressiv, schmerzfrei/depressiv) und der Einfluss des klinischen Schmerzstatus in

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IV DISKUSSION

177

Verbindung mit der Ausprägung einer depressiven Stimmung auf den Gedächtnisbias

für die unterschiedlichen Stimulus-Typen überprüft.

In Anlehnung an die Arbeit von Edwards et al. (1992) wurde dabei angenommen, dass

nichtdepressive Schmerzpatienten dazu neigen, ein selektives Gedächtnis für

sensorische Wörter aufzuweisen, wohingegen depressive Schmerzpatienten einen

Gedächtnisbias sowohl für sensorische als auch für affektive Schmerzwörter aufweisen

sollten. Diese Annahme konnte jedoch nicht bestätigt werden. Eine mögliche Ursache

für die Inkonsistenz der Befunde der vorliegenden Untersuchung im Vergleich zu den

Befunden von Edwards et al. (1992) könnte unter anderem darin liegen, dass die hier

vorgenommene Gruppierung der Probanden in hoch und niedrig depressive Patienten

auf der Basis einer Medianhalbierung des Wertes der Probanden im Beck Depression

Inventar (BDI; Hautzinger et al., 1995; nach Beck et al., 1987) erfolgte, dieser Median

allerdings bei einem BDI Wert von 5.5 lag und damit weder im Sinne der Cut-offs des

BDIs, noch nach Hasenbring et al. (2010) von einer erhöhten depressiven Stimmung bei

der Patientengruppe mit Werten ausgegangen werden kann. Möglicherweise waren die

in der vorliegenden Untersuchung als hoch-depressiv klassifizierten Probanden nicht

wirklich hoch-depressiv im klinischen Sinne18

. Demnach würden sie im Vergleich als

eine gesunde depressive Gruppe gelten. So gesehen sind die Befunde konsistent mit der

aktuellen Forschungslage, in der bei gesunden Probanden eine generelle Tendenz einer

Bevorzugung von nicht-bedrohlichem Material bzw. einer Vermeidung von negativem

Material berichtet wird (Edwards et al., 1992).

Zusätzlich wurde der Zusammenhang zwischen dem Gedächtnisbias und der

Depressivität der Probanden als kontinuierliches Merkmal überprüft. In Anlehnung an

die Befunde aus dem Bereich der Gedächtnisbias-Forschung bei Depressionen wurde

dabei vermutet, dass im Allgemeinen depressivere Probanden dazu neigen, mehr

negatives bzw. bedrohliches Material wiederzugeben (beispielsweise Breslow, Kocsis

& Belkin, 1981; Clark & Teasdale, 1982; Lloyd & Lishamn, 1975; McDowell, 1984).

Es zeigte sich allerdings, dass in der Gesamtgruppe mit zunehmender Depressivität der

Anteil der Wiedergabe der schmerzassoziierten Wörter geringer ausfiel, was als

18 S. in diesem Zusammenhang auch Abschnitt IV.4 zu den Limitationen der vorliegenden Untersuchung.

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IV DISKUSSION

178

Vermeidung von bedrohlichem Material gewertet werden kann. Die Inkonsistenz der

Befunde der vorliegenden Untersuchung mit den Befunden aus der

Depressionsforschung könnte auch hier dadurch entstanden sein, dass keine klinisch

depressiven Patienten untersucht wurden, sondern Patienten mit eher geringen

depressiven Werten.

Zu beachten ist hier, dass sich in der Untersuchung lediglich ein Trend für den

Vermeidungseffekt für sensorische Wörter zeigte, der bei den weiteren Analysen weiter

an Bedeutsamkeit verlor. Post-hoc wurden die Korrelation zwischen der depressiven

Stimmung und dem Gedächtnisbias für die gesunde Kontrollgruppe und die CLBP-

Patienten getrennt überprüft. In beiden Gruppen zeigten sich über alle Wortkategorien

hinweg keine bedeutsamen Korrelationen zwischen Depressivität und dem

Gedächtnisbias. Die Inkonsistenz der Befunde könnte neben den bereits aufgeführten

kritischen Anmerkungen durch die Wahl des Paradigmas sowie der verwendeten

Stimuli und durch andere methodische Vorgehensweisen entstanden sein19

. Bei

Schmerzpatienten, die zusätzlich eine depressive Stimmung oder einen hohen Distress

berichten, konnten Pincus, Satos und Morley (2007) beispielsweise mithilfe einer

Satzvervollständigungsaufgabe mit unter Selbstbezug kodierten Wörtern als

Stimulusmaterial, einen negativen Gedächtnisbias für Wörter finden, die auf Krankheit

und Gesundheit bezogen sind. Ein solcher Bias zeigte sich jedoch nicht für andere

Wörter mit einer negativen Valenz, die bei Untersuchungen zu Depressionen mit einem

Bias verbunden sind. In der vorliegenden Untersuchung wurden Wörter, die wie bei

Pincus, Satos & Morley (2007) auf Krankheit und Gesundheit bezogen waren, nicht

dargeboten.

Weiterhin ist hier denkbar, dass in der vorliegenden Untersuchung schmerz-

spezifischere Merkmale, die ebenfalls mit Depressionen zusammenhängen, Einfluss auf

das Ergebnis genommen haben. Hierzu wird auch die schmerzbezogene Disability

gerechnet.

19 Mögliche weitere Ursachen für die inkonsistenten Befunde werden in Abschnitt IV.4 unter den

Limitationen der Untersuchung dargestellt.

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IV DISKUSSION

179

2.2.2 Schmerzbezogene Disability

In der hier dargestellten Untersuchung wurden die Assoziationen zwischen der

schmerzbezogenen Beeinträchtigung (Disability) der Probanden und ihrem

Aufmerksamkeitsbias sowie ihrem Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material

überprüft. Wenngleich der Disability im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen

ein hoher Stellenwert zugesprochen wird (Jensen, Turner, Romano & Karoly, 1991;

Turk & Holzman, 1986; Vlaeyen & Linton, 2000; Von Korff, Le Resche & Dworkin,

1993), sind Befunde zum Aufmerksamkeits- und Gedächtnisbias bei chronischen

Schmerzpatienten in dem Zusammenhang eher rar und inkonsistent (Boston & Sharpe,

2005; Dear, Sharpe, Nicholas & Refshauge, 2011; Dehghani, Sharpe & Nicholas, 2003;

Khatibi et al., 2009; Read & Pincus, 2004). Folglich wurde in der ersten Untersuchung

der vorliegenden Arbeit der Zusammenhang der Disability mit dem Aufmerksamkeits-

überprüft. Die Disability der Probanden wurde nach von Korff (von Korff et al., 1992;

deutsche Version Klasen et al., 2004) über folgende Skalen erfasst: (1)

Charakteristische Schmerzintensität, (2) Disability und (3) Chronic Pain Grade. In der

ersten Untersuchung wurde angenommen, dass der Aufmerksamkeitsbias mit der

Disability der Probanden positiv zusammenhängt.

Es konnte gezeigt werden, dass die zunehmende Disability nach von Korff et al. (1992)

mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie mit deutlicheren

Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen, einhergeht. Hinsichtlich der

geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material stimmt dieser Befund mit den

Ergebnissen aus der Untersuchung von Khatibi et al. (2009) überein. Die Arbeitsgruppe

überprüfte die Zusammenhänge zwischen der selektiven Aufmerksamkeit für

Bildmaterial in einer dot-probe Aufgabe bei chronischen Schmerzpatienten und erfasste

dabei die Disability der Probanden mithilfe des Roland and Morris Disability

Questionnaire (RDQ; Roland & Morris, 1983). Als Bildmaterial verwendete sie

Gesichter mit fröhlichen, schmerzbezogenen und neutralen Ausdrücken. Vergleichbar

mit den Ergebnissen aus der hier dargestellten Untersuchung, konnten Khatibi und

Kollegen (2009) in kongruenten Durchgängen mit schmerzassoziierten Bildern eine

positive Korrelation zwischen den Reaktionszeiten der Probanden und der Ausprägung

ihrer schmerzbezogenen Disability feststellen. In den inkongruenten Durchgängen ihrer

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IV DISKUSSION

180

Untersuchung zeigten sich allerdings keine signifikanten Korrelationen zwischen der

Disability der Probanden und ihrem Aufmerksamkeitsbias für die verschiedenen

Bildtypen.

Zu beachten ist hier, dass einige wesentliche Unterschiede zwischen der hier

dargestellten Untersuchung und der Untersuchung von Khatibi et al. (2009) bestehen.

Zum einen ist das verwendete Stimulusmaterial zu berücksichtigen. Während Khatibi et

al. (2009) Gesichter mit verschiedenen Ausdrücken verwendeten, wurden in der

vorliegenden Untersuchung Bilder präsentiert, auf denen schmerassoziierte und neutrale

Aktivitäten dargestellt waren. Weiterhin ist zu bedenken, dass in den dargestellten

Untersuchungen verschiedene Instrumente zur Erfassung der Disability verwendet

wurden. In der hier dargestellten Untersuchung wurde der Chronic Pain Grade

Fragebogen (Klasen et al., 2004; nach Korff et al., 1992) verwendet, Khatibi et al.

(2009) benutzten den RDQ (Roland & Morris, 1983). Vor diesem Hintergrund ist zu

beachten, dass in der vorliegenden Arbeit die geringere Vigilanz in der ersten

Untersuchung mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität nach von Korff

einherging, während die schmerzbezogene Disability im Sinne einer Kombination aus

der charakteristischen Schmerzintensität, der erlebten Beeinträchtigung durch

Schmerzen und der Anzahl der durch die Schmerzen beeinträchtigten Tage mit dem

Disengagement Effekt positiv zusammenhing. Als prädiktiv für den Engagement Effekt

für schmerzassoziiertes Material erwies sich hier die charakteristische

Schmerzintensität. Eine erhöhte Disability erwies sich als prädiktiv für eine geringere

Vigilanz. Erhöhte Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,

konnten am besten durch den CPG erklärt werden. Folglich sprechen die Ergebnisse der

vorliegenden Arbeit dafür, dass eine stärkere Disability, wie sie vielmehr dem RDQ

(Roland & Morris, 1983) entsprechen würde, mit einem Disengagement-Effekt

einhergeht. Dies konnten Khatibi et al. (2009) allerdings nicht zeigen.

Um die Befunde aus der ersten Untersuchung zu überprüfen bzw. zu replizieren, wurde

in der zweiten Untersuchung der hier dargestellten Arbeit erneut die Disability der

Probanden mit ihrem Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material ins

Verhältnis gesetzt. In Anlehnung an die erste Untersuchung wurde angenommen, dass

eine erhöhte Disability mit einer geringeren Vigilanz sowie mit einem stärkeren

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IV DISKUSSION

181

Disengagement Effekt assoziiert ist. In der zweiten Untersuchung konnten diese

Annahmen nicht bestätigt werden. Es zeigten sich für die Disability keine bedeutsamen

Zusammenhänge mit dem Engagement- oder mit einem Disengagement Effekt. Auch

Dear et al. (2011) konnten keine signifikanten Korrelationen zwischen der Disability

von chronischen Schmerzpatienten und ihrem Aufmerksamkeitsbias für

schmerzassoziiertes Material nachweisen. Dear et al. (2011) untersuchten dabei die

Aufmerksamkeitsleistungen von chronischen Schmerzpatienten mithilfe von zwei

visuellen dot-probe Aufgaben. Sie verwendeten dabei eine Aufgabe mit verbalem

Material und eine Aufgabe mit Bildmaterial. Es konnten weder in der Wort- noch in der

Bildversion signifikante Zusammenhänge mit der Disability festgestellt werden. Ebenso

zeigten sich in der Untersuchung keinerlei Effekte in Abhängigkeit davon, ob das

Stimulusmaterial idiosynkratisch ausgewählt wurde oder nicht.

Überraschenderweise zeigte sich allerdings in der hier dargestellten Untersuchung, dass

mit zunehmendem CPG nach von Korff eine stärkere Vermeidung des

schmerzassoziierten Materials (geringere Werte im Bias Index) gegeben ist. Einen

Vermeidungseffekt im Zusammenhang mit Disability konnten auch Dehghani et al.

(2003) berichten. Allerdings lassen sich die Ergebnisse der hier dargestellten Arbeit nur

sehr begrenzt mit den Befunden aus der Arbeit von Dehghani et al. (2003) vergleichen.

Dehghani et al. (2003) untersuchten mithilfe einer visuellen dot-probe Aufgabe bei

chronischen Schmerzpatienten den Aufmerksamkeitsbias für sensorische (z.B.

flickering, throbbing, shooting, boring), affektive (z.B. vicious, annoying, miserable,

troublesome) und bedrohliche Wörter (z.B. chrushing, fearful, frightful, terrifying)

sowie für Wörter, die sich auf Disability bezogen (z.B. paralysed, vulnerable, suffering).

Die Untersuchung zeigte, dass chronische Schmerzpatienten einen Bias für sensorische

Schmerzwörter aufweisen. Für Wörter, die auf Disability, Bedrohung oder auf affektive

Aspekte von Schmerzen bezogen waren, konnte dieser Effekt nicht gefunden werden.

Im Vergleich zu Patienten mit einer geringeren oder mittel ausgeprägten Schmerzangst

zeigten Patienten mit einer stärkeren schmerzbezogenen Angst deutlich langsamere

Reaktionszeiten, folglich eine stärkere Vermeidung von Wörtern, die auf Disability,

Bedrohung und auf sensorische Aspekte von Schmerzen bezogen waren. Hier ist zu

beachten, dass die Ausprägung der schmerzbezogenen Disability als individuelles

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IV DISKUSSION

182

Merkmal der Probanden zwar mithilfe des RDQ (Roland & Morris, 1983) erhoben,

allerdings nicht korrelativ ins Verhältnis zum Aufmerksamkeitsbias für die

verschiedenen Wort-Typen gesetzt wurde. Disability wurde lediglich semantisch bei der

Auswahl der Wörter berücksichtigt. Eine ähnliche Untersuchung führten Boston und

Sharpe (2005) durch. Sie untersuchten mithilfe einer dot-probe Aufgabe, die

Aufmerksamkeitsleistungen einer gesunden Stichprobe in Abhängigkeit von

experimentell induziertem Schmerz und verwendeten in ihrer Untersuchung das gleiche

Stimulusmaterial wie Dehghani et al. (2003). Boston und Sharpe (2005) konnten im

Hinblick auf Wörter, die auf Disability bezogen waren, keine bedeutsamen Effekte

finden. Im Gegensatz zu Dehghani et al. (2003) erfassen Boston und Sharpe (2005) die

Disability der Probanden nicht. Eine Aussage zur Bedeutung von Disability als

Stichprobenmerkmal ist daher weder auf der Basis der Befunde von Dehghani et al.

(2003) noch der Befunde von Boston und Sharpe (2005) möglich.

In der dritten Untersuchung wurde der Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material

im Zusammenhang mit den individuellen Charakteristika der Probanden untersucht. Im

Hinblick auf die Disability der Versuchsteilnehmer wurde angenommen, dass sich mit

zunehmender Disability eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material

abbildet, folglich weniger schmerzassoziierte Wörter erinnert werden. In der dritten

Untersuchung zeigte sich, vergleichbar mit den Ergebnissen aus der zweiten

Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias, dass im Sinne einer Vermeidungsreaktion mit

zunehmender Disability weniger schmerzassoziierte Wörter wiedergegeben wurden.

Diese Vermeidung zeigte sich im Anteil der freien Wiedergabe der sensorischen

Schmerzwörter.

Eine genauere Betrachtung der Befundlage zum Gedächtnisbias bei Schmerzen zeigt,

dass auch hier konkrete Untersuchungen, welche die Disability der Probanden mit

berücksichtigen, sehr rar sind. Obwohl in einigen Untersuchungen die Disability der

Probanden erfasst wurde (Pincus & Newman, 2001; Read & Pincus, 2003), wurden die

Zusammenhänge zwischen der Disability und dem Gedächtnisbias nicht weiter

betrachtet (Read & Pincus, 2003).

Eine Untersuchung, in welcher der Gedächtnisbias bei LBP Patienten im

Zusammenhang mit ihrer schmerzbezogenen Disability untersucht wurde, stammt von

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IV DISKUSSION

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Pincus und Newman (2001). In einer unangekündigten Aufgabe zur freien Wiedergabe

mit schmerzbezogenen Adjektiven überprüften sie die Zusammenhänge zwischen den

Gedächtnisleistungen und verschiedenen individuellen Charakteristika der Patienten,

darunter auch die Disability. Pincus und Newman (2001) konnten allerdings keine

bedeutsamen Zusammenhänge zwischen der Disability (erfasst mithilfe des RDQ;

Roland & Morris, 1983) und dem Gedächtnisbias der Patienten feststellen. Letzterer

konnte vielmehr durch die Anzahl der Krankenhausaufenthalte der Patienten

vorhergesagt werden. Read und Pincus (2003) untersuchten bei depressiven und nicht-

depressiven chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zu einer gesunden

Kontrollstichprobe den Gedächtnisbias für verschiedene Wort-Typen (Wörter mit

Bezug zu Depressionen, Wörter mit positivem bzw. negativem Bezug zu Krankheit/

Gesundheit sowie neutrale Wörter). Zusätzlich wurden verschiedene individuelle

Charakteristika der Probanden erfasst, darunter auch die Disability mithilfe des

Oswestry Disability Questionnaires (ODQ; Fairbank et al., 1980). Das primäre Ziel der

Untersuchung lag allerdings darin, die zeitlichen Implikationen des Schema

Enmeshment Model of Pain (SEMP; Pincus & Morley, 2001) zu untersuchen, so dass

keine expliziten Annahmen oder Analysen zu den Zusammenhängen zwischen dem

Gedächtnisbias der Probanden und der Ausprägung ihrer Disability vorgenommen

wurden.

Wenngleich sich aufgrund der mangelnden Befundlage die Ergebnisse der hier

dargestellten Untersuchung schwer einordnen lassen, stimmen sie mit den theoretischen

Annahmen von Aldrich und Kollegen (2000) überein, die vermuten, dass es im

Zusammenhang mit Disability zu einer Abwendung der Aufmerksamkeit von

Schmerzen kommt. Aldrich und Kollegen (2000) nehmen an, dass bei ‚chronischen

Schmerzen, die Folgen und Konsequenzen der Schmerzen (als) das zentrale Problem

von Schmerzpatienten zu sehen sind und dass (…) die Aufmerksamkeit von Schmerzen

abgewendet wird, was sich als ursächlich für Disability und Distress erweist‘ (Aldrich et

al., 2000, S. 464).

Zusammenfassend spricht die hier dargestellte Arbeit dafür, dass eine stärkere

Disability im Sinne einer höheren charakteristischen Schmerzintensität mit einer

geringeren Vigilanz einhergeht. Die schmerzbezogene Disability im Sinne einer

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IV DISKUSSION

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Beeinträchtigung bei alltäglichen, erholsamen, sozialen und beruflichen Aktivitäten, ist

dagegen mit stärkeren Disengagement Effekten assoziiert. Weiterhin konnte in der

ersten Untersuchung gezeigt werden, dass der Grad der Disability (von Korff Chronic

Pain Grade) sowohl mit einer geringeren Vigilanz - als auch mit mehr Schwierigkeiten,

sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen verbunden ist. Dabei konnte der

Chronic Pain Grade als Prädiktor für den Engagement Effekt identifiziert werden. Die

Disability im Sinne der Beeinträchtigung bei alltäglichen, erholsamen, sozialen und

auch beruflichen Aktivitäten konnte als Prädiktor für den Disengagement Effekt

bestimmt werden.

Entgegen der Erwartung zeigte sich in der zweiten Untersuchung, dass der Chronic Pain

Grade bei den untersuchten Patienten mit einer zunehmenden Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material assoziiert ist. Tendenziell war diese Vermeidung sowohl

mit der Schmerzintensität als auch mit der Beeinträchtigung bei alltäglichen, sozialen

und beruflichen Aktivitäten auffindbar.

Kritisch ist in der aktuellen Forschung zum Aufmerksamkeitsbias anzumerken, dass in

den entsprechenden Untersuchungen bei Schmerzpatienten verschiedene individuelle

Merkmale diskutiert werden, die mit der Disability der Patienten korrelieren bzw. diese

vorhersagen können. Diese Merkmale könnten folglich in der vorliegenden

Untersuchung zwischen der Disability und dem Gedächtnisbias der Probanden

vermittelt haben, so dass die Vermeidungsreaktion nicht ausschließlich im

Zusammenhang mit einer erhöhten Disability der Probanden betrachtet werden kann.

Eine besondere Rolle wird hierbei dem Merkmal Katastrophisieren zugesprochen (z.B.

Roelofs et al., 2005; Ullrich, 2007; Van den Hout, Vlaeyen, Heuts, Sillen und Willen,

2001). Van den Hout et al. (2001) haben beispielsweise Prädiktoren für die Disability

von Rückenschmerzpatienten untersucht und konnten Schmerzintensität und

Katastrophisieren (erfasst über die Pain Catastrophizing Scale; PCS; niederländische

Version nach Crombez & Vlaeyen, 1996; Sullivan, nach Bishop, & Pivik, 1995 ) als die

stärksten Prädiktoren für die funktionale Disability der Patienten identifizieren. Auch

Roelofs et al. (2005) betonen im Zusammenhang mit der Disability der Probanden die

Rolle des Katastrophisierens. Sie gehen davon aus, dass Rumination mit

Katastrophisieren und über dieses mit Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem

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IV DISKUSSION

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Material zu lösen, verbunden ist. In der vorliegenden Untersuchung wurde die

Rumination der Probanden allerdings nicht erfasst. Allerdings konnte tatsächlich

gezeigt werden, dass ein erhöhtes Katastrophisieren ebenfalls mit einer stärkeren

Vermeidungsreaktion assoziiert ist (s. Abschnitt IV.2.3.2).

2.3 Die Bedeutung von allgemeiner Angst und schmerzbezogenen Fear-

Avoidance Reaktionen

Verschiedene Untersuchungen überprüften bei Patienten mit CLBP die Prävalenzrate

von Angststörungen, die nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental

Disorders III-Revised (DSM-III-R; American Psychiatric Association, 1987)

diagnostizierbar sind und berichteten Raten zwischen 17% und 28.8% (Atkinson, Slater,

Patterson, Grant & Garfin, 1991; Kinney, Gatchel, Polatin, et al., 1993; Polatin, Kinney,

Gatchel, Lillo & Mayer, 1993; vgl. Asmundson & Katz, 2009). Vor dem Hintergrund

der immensen Bedeutung von Ängsten bei CLBP (Asmundson & Katz, 2009)

insbesondere im Hinblick auf das Fear-Avoidance Modell (Vlaeyen & Linton, 2000)

sowie das Avoidance-Endurance Modell (Hasenbring & Verbunt, 2010) wurden die

Zusammenhänge zwischen allgemeiner bzw. schmerzspezifischer Angst und dem

Aufmerksamkeits- sowie dem Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material bei

CLBP-Patienten erfasst. Im Folgenden werden die Ergebnisse aus diesen Analysen

zusammenfassend diskutiert.

2.3.1 Allgemeine schmerzunabhängige Angst

In der ersten Untersuchung wurde angenommen, dass der Aufmerksamkeitsbias in

einem Zusammenhang mit der Ängstlichkeit der Probanden steht. Die Ergebnisse

konnten jedoch keine bedeutsamen Zusammenhänge bestätigen. Dies traf auf Angst als

gegenwärtigen Zustand (State) während der Untersuchung, als auch auf Angst als ein

überdauerndes Merkmal (Trait) zu. Einem meta-analytischen Review von Bar-Haim,

Lamy, Pergamin, Bakermans-Kranenburg und van Ijzendoorn (2007) zufolge, in der die

Zusammenhänge zwischen Angst und dem Aufmerksamkeitsbias für bedrohliches

Material überprüft wurde, hätte jedoch ein Zusammenhang zwischen Angst und dem

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IV DISKUSSION

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Aufmerksamkeitsbias erwarten lassen, wenngleich Bar-Haim und Kollegen darauf

verweisen, dass dieses Ergebnis in ihren Analysen lediglich eine Effektstärke von d =

0.45 aufwies. Eine mögliche Ursache dafür, dass in der ersten Untersuchung kein

bedeutsamer Zusammenhang gefunden wurde, könnte darin liegen, dass die hier

untersuchten Probanden insgesamt eine zu geringe Ausprägung von Trait-Angst

aufwiesen. In verschiedenen Untersuchungen konnte allerdings nachgewiesen werden,

dass gerade bei einer leichteren Ausprägung von Trait-Angst, eine Vermeidung von

leicht bedrohlichem Stimulusmaterial gegeben ist (Mogg et al., 2000; Wilson &

MacLeod, 2003; Yiend & Mathews, 2001, Experiment 1), dagegen bei Probanden mit

einer stärker ausgeprägten Trait-Angst eher eine Vigilanz vorliegt (Mogg et al., 2000;

Wilson & MacLeod, 2003). Bar-Haim und Kollegen (2007) überprüften in ihrer

Analyse den Aspekt der Ausprägung allgemeiner Ängstlichkeit im Zusammenhang mit

dem Aufmerksamkeitsbias und stellten fest, dass sich sowohl bei mittlerer als auch bei

hoher Angst ein Aufmerksamkeitsbias gut nachweisen lässt. Allerdings weisen sie

ebenfalls darauf hin, dass ein Aufmerksamkeitsbias bei nicht-ängstlichen Probanden

eher schlecht nachweisbar ist. Die hier untersuchte Stichprobe könnte somit insgesamt

nicht ängstlich genug gewesen sein, so dass entsprechend kein Aufmerksamkeitsbias für

bedrohliches Material gefunden werden konnte.

In der State-Skala des STAI erreichte die Stichprobe im Durchschnitt einen Wert von

32.67 und in der Trait-Skala einen Wert von 33.92. Die Werte im STAI können dabei

zwischen 20 und 80 Punkten liegen. In der Untersuchung von Mogg et al. (2000) lag der

durchschnittliche Wert in der Trait-Skala des STAI in der niedrig-ängstlichen Gruppe

bei 31.6. In der Untersuchung von Mogg et al. (2000) lag der durchschnittliche Wert in

der Trait-Skala des STAI bei den hoch-ängstlichen Probanden bei vergleichsweise

52.2. Auch in der Untersuchung von Wilson und MacLeod (2003) erreichte die niedrig-

ängstliche Stichprobe einen mittleren Trait-Wert im STAI von 29.9 (vs. 52.1 in der

hoch-ängstlichen Gruppe). Insgesamt wäre also die Stichprobe der hier vorgestellten

Untersuchung eher als eine niedrig-ängstliche Probandengruppe zu betrachten. Folglich

hätte hinsichtlich der Ausprägung der Angst nach Bar-Haim und Kollegen (2007) ein

Bias dennoch gefunden werden können.

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IV DISKUSSION

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Darüber hinaus gehen verschiedene Forschungsgruppen (z.B. Fox, Russo, Bowles &

Dutton, 2001; Fox, Russo & Dutton, 2002; Yiend & Mathews, 2001) davon aus, dass

Ängstlichkeit keinen grundsätzlichen Einfluss darauf hat, ob bedrohliche Informationen

zunächst entdeckt werden. Verzögerungen in der Aufmerksamkeit bei ängstlichen im

Vergleich zu nicht ängstlichen Personen seien in erster Linie dadurch gekennzeichnet,

dass hoch ängstliche Personen einen stärkeren Disengagement Effekt aufweisen, also

größere Schwierigkeiten haben, sich von bedrohlichem Material zu lösen. Folglich

bestimme Angst eher, inwieweit jemand ‚seine Aufmerksamkeit auf die Quelle der

Bedrohung aufrechterhalte‘ (Bar-Haim et al., 2007). In der hier dargestellten ersten

Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias konnten jedoch auch dafür keine

Anhaltspunkte gefunden werden. Es konnte mit einer zunehmenden allgemeinen

Ängstlichkeit kein stärkerer Disengagement- Effekt festgestellt werden. Auch in der

zweiten Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias konnte ein solcher Effekt nicht

nachgewiesen werden. Die aktuelle Befundlage erweist sich hinsichtlich der

Engagement- und Disengagement- Effekte im Zusammenhang mit allgemeiner

Ängstlichkeit als sehr inkonsistent. Van Damme, Crombez und Notebaert (2008)

diskutieren in zwei Untersuchungen, dass diese inkonsistenten Befunde dadurch

begründet seien, dass Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias häufig die

Reaktionszeiten der Probanden zur Erfassung ihrer Aufmerksamkeitsbias heranziehen.

Dabei kritisieren sie u.a., dass aktuellen Befunden zufolge der Aufmerksamkeitsbias zu

‚kurzlebig‘ (short-lived; Calvo & Avero, 2005; Koster, Crombez, Verschuere,

Vansolem & DeHouver, 2007; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; zitiert nach van

Damme, Crombez & Notebaert, 2008) sei, so dass Untersuchungen, die die Richtigkeit

der Antworten der Probanden berücksichtigen, besser geeignet sind als Untersuchungen,

die ausschließlich die Reaktionszeiten der Probanden in die Analysen einbeziehen. In

zwei Experimenten mit einer modifizierten Version des Spatial Cueing Paradigmas

(Posner, 1980; Stormark, Nordby & Hugdahl, 1995) untersuchten van Damme,

Crombez und Notebaert (2008) in einer Studentenstichprobe Engagement und

Disengagement Effekte bei bedrohlichen und neutralen Reizen und erfassten

entsprechend die Richtigkeit der Antworten der Probanden. Sie konnten zeigen, dass in

bedrohlichen Durchgängen ein stärkerer Disengagement Effekt zu finden ist als in

neutralen Durchgängen. In Übereinstimmung mit den Befunden der hier dargestellten

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IV DISKUSSION

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Arbeit konnten allerdings auch van Damme und seine Kollegen (2008) keine

bedeutsamen Zusammenhänge zwischen Engagement und Disengagement Effekten und

einer allgemeinen Ängstlichkeit (erfasst über den State-Trait Anxiety Inventory; STAI;

Spielberger et al., 1966, 1970) berichten.

In der zweiten Untersuchung konnte gezeigt werden, dass CLBP-Patienten mit

zunehmender Trait-Angst, eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem,

bedrohlichem Material aufweisen. Diese positive Assoziation zwischen Vermeidung

von bedrohlichem Material und Angst fanden auch andere Arbeitsgruppen (Amir, Foa

& Coles, 1998; Appelhans & Luecken, 2006; Mogg, Philippot & Bradley, 2004; Smith,

2005). Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen werden im Sinne der Vigilanz-

Vermeidungs-Hypothese (vigilance-avoidance hypothesis; Mathews, 1990; Mogg et al.,

1987; Mogg & Bradley, 1998; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters,

van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) diskutiert. Diese Hypothese postuliert, dass

die Informationsverarbeitung für bedrohliches Material bei ängstlichen Personen durch

zwei verschiedene Reaktionen gekennzeichnet ist: eine Vigilanz und eine Vermeidung

des bedrohlichen Materials. Es wird angenommen, dass ängstliche Personen dazu

neigen, in einer ersten automatischen Reaktion ihre Aufmerksamkeit auf bedrohliches

Material hinzuwenden (Bar-Haim et al., 2007; LeDoux, 1995, 1996; Ohman, 1993). Auf

diese erste Reaktion folgt anschließend eine Vermeidung desselben Materials (Koster,

Verschuere, Crombez & Van Damme, 2005; Rinck & Becker, 2006; Rohner, 2002;

Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998; Roelofs, Peters, van der

Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003), wodurch eine detaillierte Beschäftigung mit den

potenziell bedrohlichen Stimuli gemieden und somit ein Unbehagen, welches mit diesen

Reizen assoziiert ist verringert wird (Gray, 1976; Luecken, Tartaro & Appelhans, 2004).

Ein Kriterium dafür, welcher der beiden Prozesse beobachtbar ist, stellt das Zeitfenster

dar, in dem die Verarbeitung des Stimulus erfolgt (Bar-Haim et al., 2007; Koster,

Verschuere, Crombez & Van Damme, 2004; Lee, 2007; Mogg, Bradley, Miles &

Dixon, 2004). Bei einer subliminalen Präsentation des Stimulus ist davon auszugehen,

dass eine Vigilanz für bedrohliches Material besteht (Bar-Haim et al., 2007; Boyer,

Compas, Stanger, Colletti, Konik, Morrow & Thomsen, 2006; Wolter, 2005). Bei einer

supraliminalen Stimuluspräsentation ist dagegen eine Vermeidung des bedrohlichen

Materials zu erwarten (vgl. Bar-Haim et al., 2007). In den hier dargestellten

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IV DISKUSSION

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Untersuchungen erforderte die Aufgabenstellung, dass supraliminal dargebotene

schmerzassoziierte und schmerzneutrale Reize verarbeitet werden sollten, so dass hier

die zweite Reaktion erfasst werden konnte. Die Beobachtung, dass bedrohliches

Material vermieden wurde, ist folglich konsistent mit der Vigilanz-Vermeidungs-

Hypothese.

Verschiedene Forschungsgruppen haben den vermuteten Reaktionsverlauf der Vigilanz-

Vermeidungs-Hypothese überprüft und liefern Befunde, die mit dem Ergebnis der

zweiten Untersuchung der vorliegenden Arbeit übereinstimmen. Appelhans und

Luecken (2006) untersuchten beispielsweise mithilfe einer visuellen dot-probe Aufgabe

in einer gesunden Stichprobe den Zusammenhang von Angst und der Cortisol

Reaktivität mit dem Aufmerksamkeitsbias für sozial bedrohliches Wortmaterial. Auch

sie fanden eine negative Korrelation zwischen Trait-Angst (erfasst über den STAI) und

dem Aufmerksamkeitsbias für bedrohliches Material. Appelhans und Luecken

interpretierten dies als eine zunehmende Vermeidung des bedrohlichen Materials mit

zunehmender Trait-Angst.

Die Inkonsistenz der Befunde aus der ersten Untersuchung (keine bedeutsamen

Zusammenhänge zwischen allgemeiner Angst und dem Aufmerksamkeitsbias) und der

zweiten Untersuchung (stärkere Vermeidung mit zunehmender Trait-Angst) ist

möglicherweise dadurch zu erklären, dass in der ersten Untersuchung sowohl CLBP-

Patienten als auch gesunde Probanden in die Korrelationsanalysen eingingen, während

in der zweiten Untersuchung nur CLBP-Patienten untersucht wurden. Die

Korrelationsanalysen aus der ersten Untersuchung lassen folglich Aussagen über beide

Gruppen gemeinsam zu, die Befunde aus der zweiten Untersuchung lassen dagegen

Aussagen zu CLBP-Patienten zu. Zur Überprüfung, ob die Befunde der ersten

Untersuchung auch für beide Gruppen getrennt gelten wurde post-hoc eine

Korrelationsanalyse getrennt für die CLBP-Patienten und die gesunden Probanden

durchgeführt. Die Analyse zeigte, dass in der gesunden Stichprobe ebenfalls keine

signifikante Korrelation zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der allgemeinen

Ängstlichkeit gegeben war. Für CLBP-Patienten konnte hier allerdings entgegen der

Befunde in der größeren Stichprobe der zweiten Untersuchung kein signifikanter

Zusammenhang zwischen allgemeiner Angst und Aufmerksamkeitsbias gefunden

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IV DISKUSSION

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werden. Denkbar ist hier im Sinne einer schemakongruenten Verarbeitung, dass mit

schmerzassoziiertem Material eher Effekte bei schmerzbezogenen Merkmalen (wie z.B.

FAR) als bei schmerzunabhängigen Merkmalen (wie z.B. allgemeine Ängstlichkeit) zu

finden sind (s. Abschnitt IV.2.3.2). Bei ausreichend großen Stichproben, wie in der

zweiten Untersuchung können jedoch auch kleinere oder weniger stabile Effekte

gefunden werden können, wie sie vielleicht bei allgemeiner Ängstlichkeit im Kontext

von Schmerz und dem Informationsverarbeitungsbias bestehen. In der zweiten

Untersuchung zeigten sich zudem deutlichere Interkorrelationen zwischen den FAR

Merkmalen und der State- und Trait-Angst der Probanden, während in der ersten

Untersuchung diese kaum vorhanden waren. Während in der zweiten Untersuchung

ausnahmslos alle FAR Merkmale mit State- und der Trait-Angst korrelierten, zeigte sich

in der ersten Untersuchung lediglich eine signifikante Korrelation zwischen der Trait-

Angst der Probanden und dem Katastrophisieren sowie der Vermeidung von sozialen

Aktivitäten bei starken Schmerzen. Bei dem bedeutsamen Effekt in der zweiten

Untersuchung könnte somit auch die FAR der Probanden vermittelt haben und das

Ergebnis somit nicht ausschließlich auf die Ausprägung der allgemeinen Angst

zurückzuführen sein, sondern eher durch spezifisch auf Schmerzen bezogene Angst.

In der dritten Untersuchung wurden die Zusammenhänge zwischen allgemeiner

Ängstlichkeit als State- und Trait-Merkmal mit dem Gedächtnisbias für

schmerzassoziiertes bedrohliches Material überprüft. Es zeigten sich auch hier keine

signifikanten Effekte, denn die allgemeine Ängstlichkeit war mit dem Gedächtnisbias

der Probanden nicht assoziiert. Die Befunde zur Bedeutung von klinisch relevanter

Angst erweisen sich als inkonsistent. Coles und Heimberg (2002) berichten in ihrem

Review über die Befundlage zum Gedächtnisbias bei Angststörungen, dass nicht

grundsätzlich ein Gedächtnisbias in Abhängigkeit von Angst zu erwarten ist. Während

die Befunde bei Panikstörungen eindeutig für einen Gedächtnisbias für bedrohliches

Material sprechen, weisen die Autoren darauf hin, dass bei verschiedenen anderen

Angststörungen wie z.B. bei Zwangsstörungen und der Posttraumatischen

Belastungsstörung die Befunde nur teilweise für, dagegen bei der Generalisierten

Angststörung und der Sozialen Phobie eher gegen einen solchen Bias sprechen.

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IV DISKUSSION

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Mitte (2008) überprüfte den Zusammenhang des Gedächtnisbias mit Angst und anderen

vermittelnden Variablen in einem meta-analytischen Review. Insgesamt gingen 165

Untersuchungen in die Analyse ein. Hinsichtlich eines Recallbias konnte sie zeigen,

dass die klinische Diagnose, hier im Sinne einer kategorialen Betrachtung von Angst,

keinen bedeutsamen Einfluss auf den Gedächtnisbias hat. Vielmehr sprechen die

Ergebnisse der Metaanalyse für einen dimensionalen Ansatz für Ängste, bei dem davon

ausgegangen werden kann, dass Angst als ein kontinuierliches Merkmal zu betrachten

ist und Angststörungen an dem Ende anzusiedeln sind, an dem die Angst hoch

ausgeprägt ist. Die Autorin stellt in ihrem Review zudem heraus, dass Trait-Angst eine

entscheidende Rolle beim Recallbias spielt und hoch ängstliche Personen mehr

bedrohliche Wörter und deutlich weniger positive Wörter wiedergeben als niedrig

ängstliche Personen. Dieser Befund konnte in der hier dargestellten Untersuchung nicht

bestätigt werden. Allerdings weist auch Mitte (2008) darauf hin, dass der Recallbias

nicht konsistent in allen Untersuchungen gefunden werden konnte und geht davon aus,

dass andere Variablen, z.B. die Depressivität beim Gedächtnisbias vermitteln.

Insbesondere Befunde aus Untersuchungen, die den STAI verwenden, lassen nur mit

Einschränkung Aussagen zu den Zusammenhängen zwischen Angst und dem Recallbias

zu. Bekanntermaßen besteht beim STAI die Problematik, dass ein deutlicher

Zusammenhang mit depressiven Merkmalen besteht. Dadurch sind Befunde, die unter

Zuhilfenahme des STAIs entstehen, durch depressive Merkmale mitbeeinflusst und

lassen keine ausschließlich auf Angst zurückführende Interpretationen zu (Bieling,

Antoniy & Swinson, 1998; Caci, Bayle, Dossios, Robert & Boyer, 2003; Mitte, 2008).

Mitte (2008) postuliert, dass bei Angst eher ein impliziter Gedächtnisbias bestehe und

ein expliziter Bias bei Angst nur aufgrund ihrer Überlappung mit Depressionen

gefunden werde.

Mitte (2008) hebt weiterhin hervor, dass sich der Recallbias in Abhängigkeit des

verwendeten Stimulusmaterials zeigt. Sie berichtet, dass sich mit einem höheren

inhaltlichen Bezug des Stimulusmaterials auf die Angst auch größere Effektstärken

finden lassen. In der hier dargestellten Untersuchung war das Stimulusmaterial in erster

Linie auf Schmerzen bzw. auf Schmerzangst bezogen. Folglich ist das Stimulusmaterial

vermutlich zu spezifisch gewesen, um einen Zusammenhang mit einer allgemeinen,

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IV DISKUSSION

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schmerzunabhängigen Angst aufzuweisen. Dies impliziert, dass eher Zusammenhänge

mit schmerzspezifischer Angst zu erwarten sind (s. Abschnitt IV.2.3.2).

2.3.2 Fear-Avoidance Reaktionen

In der ersten Untersuchung wurde angenommen, dass sich mit zunehmenden

schmerzbezogenen Angst- und Vermeidungsreaktionen (fear-avoidance reactions,

FAR), deutlichere Verzerrungen in der Aufmerksamkeit der Probanden abzeichnen.

Diese sollten sich in einer Hypervigilanz- (Engagement Effekt) und einer selektiven

Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material sowie in größeren Schwierigkeiten,

sich von diesem Material zu lösen (Disengagement Effekten) zeigen. Diese Annahmen

konnten teilweise bestätigt werden. Stärkere Vigilanzeffekte konnten mit zunehmenden

FAR nicht gefunden werden. Eine selektive Aufmerksamkeit konnte am deutlichsten im

Zusammenhang mit einer behavioralen FAR gezeigt werden, insbesondere eine

Vermeidung von körperlichen Aktivitäten bei leichten Schmerzen ist dabei mit einer

stärkeren selektiven Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material verbunden und

erweist sich als konsistent mit der aktuellen Befundlage, die für eine stärkere Vigilanz

für schmerzassoziiertes Material im Zusammenhang mit einer stärkeren FAR spricht

(Asmundson, 1997; Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt &

Hannent, 2001; Pincus et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson, 2007).

Ein zunehmendes Katastrophisieren, also eine stärkere FAR-bezogene kognitive

Reaktion auf den Schmerz, ist, den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung

zufolge, mit einer deutlicheren Vermeidung von schmerzassoziiertem Material

verknüpft. Katastrophisierende Kognitionen wie z.B. „oh Gott, die Schmerzen werden

etwas ganz schlimmes zu bedeuten haben!“ erweisen sich dabei als prädiktiv für eine

stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material.

Zusätzlich wurde hier post-hoc in einer Analyse jeweils getrennt für die Kontroll- und

CLBP- Gruppe mithilfe von T-Tests für unabhängige Gruppen überprüft, inwieweit sich

der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von der Ausprägung der

katastrophisierenden Kognitionen der Probanden zeigt. Hierfür wurde zunächst getrennt

für beide Gruppen der Median in der Skala Katastrophisieren des AEQ (Hasenbring et

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IV DISKUSSION

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al., 2009) berechnet und eine Medianhalbierung vorgenommen. Probanden oberhalb des

jeweiligen Medians wurden in die Gruppe hoch-katastrophisierend und Probanden

unterhalb des jeweiligen Medians wurden in die Gruppe niedrig-katastrophisierend

eingestuft. Als abhängige Variable galt damit die Gruppe (hoch- vs. niedrig

katastrophisierend). Die unabhängigen Variablen waren die drei Indizes des

Aufmerksamkeitsbias (Bias Index, Kongruenz Index und Inkongruenz Index). In der

CLBP Gruppe zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Leistungen der

Probanden in Abhängigkeit ihres Katastrophisierens (t(23)=4,076; p<0.001). Hoch-

katastrophisierende CLBP-Patienten erreichten signifikant geringere Werte im Bias

Index als niedrig-katastrophisierende CLBP-Patienten. Folglich zeigten die hoch-

katastrophisierenden Probanden eine deutlich stärkere Vermeidung des bedrohlichen

schmerzassoziierten Materials im Vergleich zum niedrig bedrohlichen Material. Dieser

Effekt konnte in der Kontrollgruppe nicht gefunden werden.

Die Ergebnisse zum Katastrophisieren stimmen mit den Annahmen der Vigilanz-

Vermeidungs-Hypothese (Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998;

Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen &

Vlaeyen, 2003) überein. In der aktuellen Forschung wird diese in der Angstforschung

weit verbreitete Hypothese (s. Abschnitt IV.2.3.1) auf Aufmerksamkeitseffekte für

bedrohliches schmerzassoziiertes Material im Zusammenhang mit Schmerz

herangezogen (z.B. Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003).

Aufgrund der supraliminalen Stimuluspräsentation in den Untersuchungen der

vorliegenden Arbeit wird der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese zufolge eher die

Vermeidungskomponente untersucht (z.B. Bar-Haim et al., 2007; Koster, Verschuere,

Crombez & Van Damme, 2004; Bar-Haim et al., 2007; Lee, 2007; Mogg, Bradley,

Miles, & Dixon, 2004), so dass die gefundene Vermeidung des bedrohlichen Materials

konsistent mit der Annahme des Modells ist.

An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass das Ergebnis der vorliegenden

Untersuchung der Untersuchung von Khatibi et al. (2009) wiederspricht. Khatibi et al.

(2009) untersuchten mithilfe einer modifizierten dot-probe Aufgabe Vigilanz- und

Vermeidungseffekte bei chronischen Schmerzpatienten. Sie gruppierten die Probanden

mithilfe ihrer erreichten Werte im TSK (nach Kori, Miller & Todd, 1990) in hoch- und

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IV DISKUSSION

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niedrig-ängstlich und fanden heraus, dass sowohl hoch- als auch niedrig-ängstliche

Probanden ihre Aufmerksamkeit von Bildern mit positiven Gesichtsausdrücken

abwanden. Allerdings wanden die niedrig-ängstlichen Probanden ihre Aufmerksamkeit

zusätzlich von Bildern, die schmerzassoziierte Gesichter zeigten ab (im Sinne einer

Vermeidung), während die hoch-ängstlichen eine stärkere Vigilanz für diese aufwiesen.

Zu beachten ist, dass Khatibi et al. (2009) die schmerzbezogene Ängstlichkeit der

Probanden mithilfe des TSK erfassten. In der vorliegenden Untersuchung fanden sich

keine bedeutsamen Zusammenhänge mit dem TSK und den

Aufmerksamkeitsindikatoren, wenngleich die erreichten Werte im TSK mit denen in der

Skala Katastrophisieren des AEQ signifikant positiv korrelierten (p<0.01). Eine

mögliche Erklärung für die Inkonsistenz der Befunde könnte folglich darin liegen, dass

wenngleich sowohl der TSK als auch die Skala CTS des AEQ, Aussagen über

schmerzbezogene Angst zulassen, sie dennoch unterschiedliche Aspekte derselben

erfassen. Während der TSK die Angst vor Bewegung und (Wieder-) Verletzung misst,

bezieht sich die Skala CTS ausschließlich auf die Kognitionen der Angst vor Schmerzen

bzw. auf die Interpretation des Schmerzes selbst als Zeichen für etwas Bedrohliches (im

Sinne einer bedrohlichen Erkrankung). Folglich ist anzunehmen, dass die Vermeidung

von bedrohlichem Material eher mit der kognitiven Komponente der Angst

zusammenhängt (Katasprophisieren und tendenziell auch mit Kognitionen der Hilf- und

Hoffnungslosigkeit). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die hier untersuchten

Probanden insgesamt eine relativ geringe Tendenz zum Katastrophisieren aufwiesen

und eventuell als vergleichsweise niedrig ängstlich zu betrachten sind. Daher sind

Rückschlüsse auf den Aufmerksamkeitsbias bei Populationen mit hoher

Katastrophisierung oder Schmerzangst nur eingeschränkt möglich.

Zusammenhänge mit Disengagement Effekten konnten in der hier dargestellten

Untersuchung nur in der Tendenz mit Hilf- und Hoffnungslosigkeit im Sinne einer

kognitiven FAR gefunden werden, nicht allerdings mit Katastrophisieren. Dieser

Befund stimmt teilweise mit der aktuellen Befundlage überein, welche für eine positive

Assoziation zwischen den Schwierigkeiten, sich von bedrohlichem Material zu lösen

und FAR spricht (Van Damme, Crombez & Eccleston, 2002, 2004). Allerdings ist die

Konsistenz kritisch zu betrachten. Van Damme und Kollegen (2004) untersuchten

diesen Zusammenhang in einer nicht-klinischen Stichprobe mithilfe des Cueing

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IV DISKUSSION

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Paradigmas. In ihrer Untersuchung ging einem Zielreiz (die Wörter „Schmerz“ oder

„Ton“) ein Hinweisreiz in Form eines Schmerzreizes (transkutane elektrokutane

Stimulierung) oder eines auditiven Reizes (Ton) voraus. Die Aufgabe der Probanden

bestand darin durch Tastendruck anzugeben, ob ein Schmerzreiz oder ein Ton als

Zielreiz dargeboten wurde. Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass wenn ein Hinweis auf

einen Schmerzreiz dargeboten wurde, dieser jedoch im Anschluss ausblieb, die

Probanden Schwierigkeiten hatten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.

Dies zeigte sich insbesondere bei Personen mit vermehrten katastrophisierenden

Kognitionen im Vergleich zu den Probanden mit einer geringeren Tendenz zum

Katastrophisieren (van Damme, Crombez & Eccleston, 2004).

Eine mögliche Erklärung für die Befunde der ersten Untersuchung der vorliegenden

Arbeit im Vergleich zu den Ergebnissen von van Damme et al. (2004), könnte darin

liegen, dass einerseits den Untersuchungen unterschiedliche Paradigmen zugrunde

liegen. Weiterhin können Stichprobenmerkmale, wie zum Beispiel die Ausprägung der

katastrophisierenden Kognitionen, aber auch die verwendeten Instrumente zur

Erfassung der FAR bzw. der katastrophisierenden Kognitionen bedeutsam sein. In der

hier vorliegenden Untersuchung wurden die katastrophisierenden Kognitionen über den

AEQ (Hasenbring et al., 2009) erfasst, während van Damme et al. (2002) die Pain

Catastrophizing Scale (Crombez, Eccleston, Baeyens & Eelen, 1998; Sulivan, Bishop &

Pivic, 1995) verwendeten. Aber auch hier konnte in zahlreichen Untersuchungen mit

Schmerzpatienten kein Zusammenhang zwischen dem Katastrophisieren und dem

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material nachgewiesen werden (Roelofs,

Peters & Vlaeyen, 2002; Roelofs, Peters & Vlaeyen, 2003; Roelofs et al., 2004; Roelofs

et al., 2005).

In der zweiten Untersuchung wurde angenommen, dass mit zunehmenden FAR die

Vermeidung von schmerzassoziiertem Material umso stärker ausfällt. Diese Annahme

konnte auf kognitiver und auf emotionaler Ebene bestätigt werden. Mit zunehmender

Angst vor Bewegungsschmerz sowie zunehmenden Angstvermeidungsüberzeugungen

und katastrophisierenden Kognitionen wanden CLBP-Patienten ihre Aufmerksamkeit

von schmerzassoziiertem Material ab. Auf der behavioralen Ebene konnten die

Ergebnisse der ersten Untersuchung nicht bestätigt werden.

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In der dritten Untersuchung wurde auf der Basis der Ergebnisse aus den ersten beiden

Untersuchungen angenommen, dass mit zunehmenden FAR eine Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material zu beobachten ist. Diese Annahme konnte bestätigt

werden. Sowohl auf der emotionalen, als auch auf der kognitiven und behavioralen

Ebene zeigte sich mit einer zunehmenden Ausprägung der FAR ein deutlicherer

Gedächtnisbias. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass schmerzassoziiertes Material

im Vergleich zu neutralem Material zunehmend vermieden wurde. Insbesondere

sensorische Wörter wurden stärker vermieden, je höher das Vermeidungsverhalten der

Patienten bei sowohl körperlichen als auch bei sozialen Aktivitäten ausgeprägt war.

Auch diese Ergebnisse sind im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese

interpretierbar.

Das Ergebnis der dritten Untersuchung ist mit verschiedenen Untersuchungen

konsistent, die bei ängstlichen Personen zeigen konnten, dass diese eine geringere

Erinnerungsleistung für bedrohliches Material (z.B. Foa, McNally & Murdock, 1989;

Landau, 1980; Mogg, Mathews & Weinman, 1987, Watts, Sharrok & Trezise, 1986;

Watts, Trezise & Sharrock, 1986), bzw. eine stärkere kognitive Vermeidung aufweisen

(z.B. Foa & Kozak, 1986; Mathews & MacLeod, 1987). Die in der vorliegenden Arbeit

untersuchte Stichprobe zeigte diese Vermeidung jedoch nicht im Zusammenhang mit

allgemeiner Angst, sondern im Zusammenhang mit schmerzbezogener Angst. Eine

mögliche Erklärung dafür könnte darin liegen, dass es sich bei dem verwendeten

Stimulusmaterial um schmerzassoziierte und neutrale Wörter handelte und somit auch

im Sinne des SEMP (Pincus & Morley, 2001) eher FAR mit einer Vermeidung des

Material assoziiert war.

Auf der behavioralen Ebene hing die Vermeidung von schmerzassoziiertem Material in

erster Linie mit der Vermeidung von sozialen Aktivitäten zusammen. Denkbar ist hier,

dass bei Personen, die eine stärkere Tendenz zur Vermeidung sozialer Aktivitäten

aufweisen möglicherweise durch die Schmerzen begründete, sozial phobische

Eigenschaften bestehen. Folglich kann es hier aufgrund ähnlicher Mechanismen, wie sie

bei Personen mit einer sozialen Phobie bekannt sind, zu einer Vermeidung von

bedrohlichem Material gekommen sein. Wenngleich die Befunde nicht einheitlich sind,

können verschiedene Untersuchungen aus dem Forschungsbereich zum

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IV DISKUSSION

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Informationsverarbeitungsbias bei sozialen Phobien zeigen, dass Probanden mit einer

sozialen Phobie ihre Aufmerksamkeit von bedrohlichem Material abwenden (Chen,

Ehlers, Clark & Mansell, 2002; Bar-Haim et al., 2007; Mansell, Clark, Ehlers & Chen,

1999; Mansell, Ehlers, Clark & Chen, 2002; Vassilopoulos, 2005). Auch hier werden

die Ergebnisse im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese diskutiert (Amir, Foa &

Coles, 1998; Vassilopoulos, 2005).

Es wird vermutet, dass es infolge einer Vermeidungsreaktion zu einer mangelnden

Habituation an Angst und angstauslösende Reize und Situationen kommt (Mogg et al.,

1997). In der Konsequenz wirkt sich dies wiederum aufrechterhaltend auf die Angst und

das damit verbundene Vermeidungsverhalten aus. Dieses Reaktionsmuster resultiert

somit in der Aufrechterhaltung der Schmerzen (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen

& Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg & Bradley, 1998). 20

2.4 Die Bedeutung von Endurance Reaktionen

Bis dato hat die Forschung zum Aufmerksamkeits- bzw. Gedächtnisbias bei

chronischen Schmerzpatienten in erster Linie die Bedeutung von schmerzbezogenen

FAR überprüft. In der hier vorliegenden Arbeit lag ein besonderes Augenmerk darauf,

neben FAR, erstmalig auch die Zusammenhänge eines kognitiven Bias mit

schmerzbezogenen ER zu untersuchen.

In den ersten beiden Untersuchungen wurde dafür eine dot-probe Aufgabe mit

schmerassoziierten bzw. schmerzneutralen Bildern durchgeführt. Es wurde

angenommen, dass aufgrund eines Rebound-Effekts ER, und hier insbesondere

Thought-Suppression als ER auf kognitiver Ebene, mit größeren Schwierigkeiten, sich

von schmerzassoziiertem Material zu lösen, assoziiert sind.

Während in der ersten Untersuchung gezeigt werden konnte, dass

Gedankenunterdrückung sowohl mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes

20 Die mit diesen Effekten verbundene klinische Relevanz der Befunde wird in Abschnitt IV.1 dieses

Hauptkapitels genauer dargestellt.

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IV DISKUSSION

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Material als auch mit größeren Schwierigkeiten sich von diesem Material zu lösen

assoziiert war, konnte der Effekt in der zweiten Untersuchung nicht bestätigt werden.

In verschiedenen Untersuchungen wurde der Informationsverarbeitungsbias bei

Personen mit einen repressiven Coping-Stil (Weinberger, Schwartz, & Davidson, 1979)

untersucht. Die Annahmen zum repressiven Coping-Stil beruhen ursprünglich auf

Freuds Arbeiten zur „Konversionshysterie“ (Breuer & Freud, 1895/1955; Freud,

1915/1957). Es wird angenommen, dass ‚physische Schmerzen – insbesondere

chronische Schmerzen – das Produkt aus unterdrücktem emotionalen Distress darstellt,

das (…) in körperliche Symptome umgewandelt wurde‘ (Burns, 2010; S. 755). Personen

mit einem Repressiven Coping-Stil (sogenannte Repressors; REP) sind dadurch

gekennzeichnet, dass sie in stressigen Situationen trotz eines hohen emotionalen

Arousals, einen geringen emotionalen Distress berichten (z.B. Asendorpf & Scherer,

1983; Burns, 2000a; Newton & Contrada, 1992; Weinberger et al., 1979; zitiert nach

Burns, 2010).

Im Hinblick auf den Informationsbias konnte gezeigt werden, dass Personen mit hohem

REP in einem ersten automatisch ablaufenden Verarbeitungsschritt eine erhöhte

Vigilanz für bedrohliches Material aufweisen (Derakshan & Buie, 2007). In einem

zweiten folgenden Schritt kommt es dann allerdings zu einer Vermeidung des

bedrohlichen Materials (Broomfield & Turpin, 2005; Derakshan & Buie, 2007).

Derakshan und Buie (2007) konnten diese Verarbeitungsweise in einer dot-probe

Aufgabe nachweisen. Sie fanden heraus, dass REP bei einer kurzen

Stimuluspräsentation eine stärkere Vigilanz für emotionales (auf Ärger bezogenes)

Material aufweisen, bei einer längeren Stimuluspräsentation kommt es dagegen zu einer

Vermeidung des bedrohlichen Materials. Zur Interpretation der Befunde zog die

Arbeitsgruppe, wie auch in der Angstforschung, die Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese

(s. Abschnitt IV.2.3) herangezogen (Derakshan et al., 2007).

Eine Vermeidung bedrohlicher Stimuli bei REP im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-

Hypothese konnten auch Broomfield und Turpin (2005) in ihrer Untersuchung

bestätigen. Sie untersuchten mithilfe einer dot-probe Aufgabe beispielsweise bei

gesunden Probanden ihren Aufmerksamkeitsbias für bedrohliches Material in

Abhängigkeit von ihrer Angst und von ihrem suppressiven Verhalten. Anhand der

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erreichten Werte im STAI (Spielberger et al., 1983) und im Marlowe Crowne Social

Desirebility Scale (SDS; Crowne & Marlowe, 1960) teilten sie die Probanden in die

Gruppen hoch ängstlich (hohe Werte im STAI, niedrige Werte im SDS), niedrig

ängstlich (niedrige Werte im STAI, niedrige Werte im SDS) und REP (niedrige Werte

im STAI, hohe Werte im SDS). Zusätzlich erfassten sie die Herzrate und die

Augenbewegungen der Probanden während der Untersuchung. REP machten deutlich

weniger Augenbewegungen in Richtung bedrohliche Stimuli im Vergleich zu weniger

bedrohlichen Reizen und zeigen folglich eine deutliche Vermeidung von bedrohlichem

Material. Die Vermeidung ist den Ergebnissen von Broomfield und Turpin (2005) bei

REP stärker ausgeprägt als bei hoch- und niedrig-ängstlichen Probanden.

Die bisher dargestellten Untersuchungen befassen sich mit einem kognitiven Bias bei

REP, ohne spezifische Assoziationen zu Schmerzen zu berücksichtigen. Die aktuelle

Befundlage spricht allerdings auch im Zusammenhang mit Schmerzen (z.B. bei

induziertem Schmerz) dafür, dass REP einen Bias für schmerzassoziierte Wörter

aufweisen. In einer Untersuchung mit gesunden Personen überprüften Burns et al.

(2010) den Aufmerksamkeitsbias für sensorische und affektive Schmerzwörter mithilfe

einer Aufgabenbearbeitung, die in zwei sukzessiven Blöcken durchgeführt wurde.

Während der dot-probe Aufgabe wurden die Probanden einem induzierten ischämischen

Schmerz mithilfe eines Dynamometers ausgesetzt. Die Probanden wurden für die

Untersuchung nach dem Schema von Weinberger, Schwartz und Davidson (1979)

mithilfe ihrer Werte in den Fragebögen Taylor Manifest Anxiety Scale (MAS; Taylor,

1953) und SDS (Crowne & Marlowe, 1960) in 3 Gruppen unterteilt: hoch- (hoch MAS,

niedrig SDS) bzw. niedrig-ängstliche (niedrig MAS und niedrig SDS) und REP (niedrig

MAS, hoch SDS). Die Ergebnisse (Burns et al., 2010; Experiment 2) zeigten, dass REP

im ersten Block der dot-probe Aufgabe, ihre Aufmerksamkeit von affektiven

Schmerzwörtern abwendeten. Beim zweiten Block konnte eine

Aufmerksamkeitsverschiebung (attentional shift) festgestellt werden, bei der REP ihre

Aufmerksamkeit zunehmend auf sensorische Wörter hinwendeten. Eine solche

Verschiebung wurde bei den hoch- und niedrig-ängstlichen Probanden nicht beobachtet.

Weiterhin konnten Burns et al. (2010, Experiment 1) beobachten, dass REP nach einem

Cold Pressor Test, deutlich weniger Distress; aber dafür stärkere Schmerzen empfanden

(beides erfasst mittels NRS) als hoch- und niedrig-ängstliche Probanden. Dabei fiel bei

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IV DISKUSSION

200

REP, nicht aber bei den hoch- und niedrig-ängstlichen Patienten eine starke Diskrepanz

zwischen der Einschätzung des Distress und der Einschätzung des Schmerzes REP auf.

Burns et al. (2010) schlussfolgerten daraus, dass REP ihre Aufmerksamkeit von stärker

bedrohlichem emotionalem Distress abwenden und sie im Verlauf zunehmend auf

weniger bedrohlich wahrgenommene sensorische Informationen verschieben, wenn sie

einem schmerzhaften Reiz ausgesetzt sind (Attention Allocation Model, Burns et al.,

2010).

Eine mögliche Ursache, warum in der ersten Untersuchung der vorliegenden Arbeit eine

positive Korrelation zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der

Gedankenunterdrückung (hier eine geringere Vigilanz mit zunehmender ER) der

Probanden lediglich im Trend und in der zweiten Untersuchung gar nicht mehr zu

finden war, könnte in der Auswahl des Stimulusmaterials liegen. In den beiden dot-

probe Untersuchungen wurden Bilder dargeboten, auf denen schmerzassoziierte und

nicht-schmerzassoziierte Aktivitäten abgebildet waren. Möglicherweise vermischen sich

in den Bildern die sensorische und die affektive Qualität von Schmerzen. Den Befunden

von Burns et al. (2010) zufolge ist eine Vermeidung bei affektivem, nicht allerdings bei

sensorischem Material zu erwarten. Möglicherweise haben die hier verwendeten Bilder

keine emotionale, sondern eher eine sensorische Verarbeitung getriggert, wodurch

folglich im Zusammenhang mit ER die Vermeidung des Materials keine statistische

Signifikanz erreichte. Weiterhin ist vorstellbar, dass durch die Instruktion beim

vorherigen Rating bereits eine Verarbeitung sensorischer Aspekte der Bilder getriggert

wurde. Die Probanden wurden gebeten, bei jedem Bild auf einer NRS anzugeben, wie

sehr sie besorgt seien, ihrem Rücken zu schaden, wenn sie die abgebildete Aktivität

ausführen müssten. Da hier sowohl eine Besorgnis als auch ein möglicher Schaden

angesprochen wurde, kann allerdings davon ausgegangen werden, dass keine einseitige

Verarbeitung in Richtung sensorischer bzw. affektiver Aspekte vorgegeben wurde. Die

Ergebnisse von Burns et al. (2010) sprechen zudem für eine Zuwendung der

Aufmerksamkeit auf sensorisches Stimulusmaterial bei REP. In der vorliegenden Arbeit

konnte ein solcher Effekt nicht beobachtet werden. Zu beachten ist hierbei allerdings,

dass Burns et al. (2010) im Verlauf der Untersuchung, also im zweiten Block, erst eine

Zuwendung feststellen konnten. Möglicherweise könnte im Zusammenhang mit ER

eine selektive Aufmerksamkeit für die schmerzassoziierten Bilder eher beobachtet

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IV DISKUSSION

201

werden, wenn eine eindeutige Differenzierung zwischen der affektiven und

sensorischen Qualität des Bildmaterials ermöglicht wäre und ein weiterer

Aufgabenblock dargeboten wäre.

Zu beachten ist darüber hinaus, dass in den bisherigen Untersuchungen zum

Aufmerksamkeitsbias gesunde Probanden in experimentellen Designs mit

Schmerzinduktion oder schmerzassoziierten Wörtern untersucht wurden. Die

Übertragbarkeit der Ergebnisse aus Untersuchungen mit gesunden Personen auf

Ergebnisse mit CLBP-Patienten bleibt kritisch zu betrachten. In der vorliegenden Arbeit

wurden CLBP-Patienten untersucht. Während in der ersten Untersuchung sowohl

Kontrollpersonen als auch CLBP-Patienten untersucht wurden, bildeten in der zweiten

Untersuchung ausschließlich CLBP-Patienten die zugrundeliegende Stichprobe.

Folglich könnte ein positiver Zusammenhang des Aufmerksamkeitsbias mit ER

abhängig davon sein, ob gesunde Probanden untersucht werden oder nicht. In

Übereinstimmung damit konnte in der vorliegenden Arbeit der Aufmerksamkeitsbias

lediglich in der ersten Untersuchung im Trend gefunden werden, in der gesunde

Probanden mituntersucht wurden. In der zweiten Untersuchung, in der ausschließlich

CLBP-Patienten untersucht wurden, konnte der Effekt nicht beobachtet werden. Um

diese Überlegung zu überprüfen wurden post-hoc die Korrelationen zwischen

Gedankenunterdrückung und den Aufmerksamkeitsindizes für die Kontrollpersonen und

die CLBP-Patienten separat berechnet. Es zeigte sich, dass sowohl in der CLBP-Gruppe

als auch in der Kontrollgruppe keine signifikante Korrelation zwischen TSS und den

Aufmerksamkeitsindikatoren (BI, CI und ICI) vorlag. Der Trend war nur in der

gesamten untersuchten Stichprobe zu finden, so dass davon auszugehen ist, dass der

Aufmerksamkeitsbias nicht auf gesunde Personen oder CLBP-Patienten begrenzt zu

sein scheint, sondern möglicherweise andere Merkmale eine bedeutsame Rolle spielen

könnten.

Eine Ursache, warum in den vorliegenden ersten beiden Untersuchungen der

Aufmerksamkeitsbias nicht eindeutig im Zusammenhang mit ER gefunden wurde,

könnte darin bestehen, dass ER im Sinne verschiedener Single-Responses diesbezüglich

nicht grundsätzlich dysfunktional sind und zu einem Aufmerksamkeitsbias führen,

sondern nach den Annahmen des AEM erst als unflexibles Reaktionsmuster zu einer

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IV DISKUSSION

202

verzerrten Verarbeitung führen, die langfristig dazu beiträgt, dass Schmerzen zunehmen

und chronifizieren. Um dieser Frage nachzugehen wurden in den Analysen

dementsprechend die Reaktionsmuster erfasst und mit dem Bias der Probanden ins

Verhältnis gesetzt21

.

Neben dem Aufmerksamkeitsbias wurde in der vorliegenden Arbeit der Gedächtnisbias

für schmerzassoziiertes Material im Zusammenhang mit ER untersucht. In der dritten

Untersuchung wurde hierfür eine Aufgabe zur freien Wiedergabe mit

schmerzassoziiertem und schmerzneutralem Wortmaterial durchgeführt. Aufgrund der

Annahme, dass ER, insbesondere Thought-Suppression, mit einem Rebound-Effekt

verbunden sind, wurde auch hier zunächst vermutet, dass sich mit zunehmenden ER auf

Rückenschmerzen ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material

abzeichnet.

Ein allgemeiner Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material konnte nicht gefunden

werden. Eine genauere Überprüfung des Gedächtnisbias im Hinblick auf die

semantische Qualität der Schmerzwörter, zeigte allerdings, dass behaviorale ER mit

einer geringeren Wiedergabe von affektiven Schmerzwörtern im Vergleich zu neutralen

Wörtern assoziiert ist, was auf eine stärkere Vermeidung dieser Wörter hinweist.

Vergleichbar mit den Untersuchungsergebnissen im Bereich des Aufmerksamkeitsbias

bei REP konnte auch für den Gedächtnisbias in verschiedenen Untersuchungen bestätig

werden, dass REP im Vergleich zu Personen, die keinen repressiven Verarbeitungsstil

aufweisen, negative Stimuli vermeiden. Es konnte beispielsweise gezeigt werden, dass

sie weniger negative autobiographische Erinnerungen wiedergeben (Davis, 1987;

Geraerts et al., in press; Myers, 2010; Myers & Brewin, 1994; Myers & Derakshan,

2004, 2009).

Die Ergebnisse aus der dritten hier dargestellten Untersuchung sind zudem konsistent

mit den Annahmen und Untersuchungen zur Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese

(Broomfield & Turpin, 2005; Derakshan & Buie, 2007). Die Aufgabe zur freien

21 Die Ergebnisse aus den Analysen der Zusammenhänge des Aufmerksamkeitsbias bzw. des

Gedächtnisbias mit den AEM basierten Response-Pattern werden in Abschnitt IV.2.5 diskutiert.

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IV DISKUSSION

203

Wiedergabe hat eine bewusste Verarbeitung des Materials erfordert, wodurch eine

Vermeidung des bedrohlichen Materials mit zunehmendem ER zu beobachten war.

Zu überprüfen ist an dieser Stelle, wie spezifisch die hier gefundene

Vermeidungsreaktion für ER im Vergleich zu FAR ist. In einer bisher

unveröffentlichten Untersuchung aus der Arbeitsgruppe von Hasenbring (Burkhard,

Rusu, Kreddig & Hasenbring, in Vorbereitung; Burkhard, 2009) konnte in einer

Stichprobe von chronischen und subchronischen Rückenschmerzpatienten gezeigt

werden, dass ER mit FAR assoziiert sind. Es fanden sich positive Korrelationen

zwischen ER und den erreichten Werten im PASS und im ADS. Dabei hing ER

besonders deutlich mit emotionalen FAR im Vergleich zu kognitiven oder behavioralen

FAR zusammen. Die Vermeidungsreaktion bei affektiven Schmerzwörtern zeigte sich

in der hier dargestellten Arbeit mit zunehmender ER auf der behavioralen Ebene, nicht

jedoch mit zunehmender FAR, so dass angenommen werden kann, dass bei ER

affektive Aspekte als bedrohlich wahrgenommen und folglich vermieden werden. Bei

FAR zeigte sich dagegen, wie in Abschnitt IV.2.3.2 dargestellt, eine Vermeidung

sensorischer Schmerzwörter, so dass angenommen werden kann, dass bei FAR

sensorische Aspekte als bedrohlich wahrgenommen und folglich vermieden werden.

Eine mögliche Optimierung der hier dargestellten dritten Untersuchung lässt sich aus

der Untersuchung von Myers und Derakshan (2004a, 2004b) ableiten. Sie konnten

nachweisen, dass REP weniger negative Inhalte erinnern (im Sinne einer Vermeidung),

wenn sich diese auf sie selbst beziehen. Bei einem Bezug auf andere Personen blieb ein

solcher Bias aus. Möglicherweise hätte ein Gedächtnisbias für die (sensorischen)

Schmerzstimuli bei der Aufgabe zur freien Wiedergabe eher gefunden werden können,

wenn die Stimuli vorab unter Selbstbezug kodiert worden wären.

Zur Erklärung der Befunde könnte weiterhin argumentiert werden, dass die Vermeidung

affektiver Aspekte mit zunehmenden ER bei chronischen Schmerzpatienten aufgrund

einer Alexithymie gegeben ist. Im Zusammenhang mit suppressivem Verhalten konnte

beispielsweise gezeigt werden, dass hoch-suppressive Personen Emotionen wie Ärger,

Trauer und Freude weniger gut erkennen können als Kontrollpersonen (Lane, Sechrest,

Riedel, Shapiro, & Kaszniak, 2000). Bei einer Alexithymie bestehen jedoch darüber

hinausgehende Schwierigkeiten, beispielsweise emotionale Ereignisse zu identifizieren,

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IV DISKUSSION

204

zu beschreiben und emotionale Zustände sowohl voneinander als auch von sensorischen

Wahrnehmungen abzugrenzen (Lane et al., 2000). Gegen die Annahme, dass eine

Vermeidung affektiven Materials bei Schmerz mit zunehmenden ER auf eine

Alexithymie zurückzuführen sind, sprechen jedoch die Befunde von Burns et al. (2010).

Sie greifen die Idee, dass eine Alexithymie den Bias erklären könnte, ebenfalls auf und

führen an, dass in ihrer Untersuchung eine ‘dynamische Veränderung während der

Schmerzinduktion weniger inkonsistent mit einer Alexithymie‘ sei (Burns et al., 2010,

S. 764). Ein Wechsel erfordere eine Unterscheidung zwischen sensorischen und

affektiven Aspekten, welche bei einer Alexithymie wiederum erschwert sei. Vielmehr

sprechen die Befunde dafür, dass ‚affektives Material aus dem Bewusstsein gehalten

wird, was Teil eines repressiven Copings ist‘ (Burns et al., 2010, S. 764). Im Hinblick

auf die Ergebnisse der hier dargestellten Untersuchung ist in diesem Zusammenhang

jedoch zu beachten, dass bei chronischen Schmerzen verschiedentlich von einer

verstärkten Alexithymie berichtet wird. Celikel und Saatcioglu (2006) konnten zeigen,

dass chronische Schmerzpatienten eine deutlich stärkere Alexithymie (erfasst über die

Toronto Alexithymia Scale; Taylor et al., 1988) aufweisen als gesunde

Kontrollpersonen und dass das Ausmaß der Alexithymie positiv mit der Schmerzdauer

der Patienten assoziiert ist. Die Rolle einer möglichen Alexithymie wurde in den hier

dargestellten Untersuchungen nicht überprüft. Gegen die Annahme, dass eine stärkere

Alexithymie dazu geführt hat, dass affektives Material vermieden wurde, sprechen die

Ergebnisse aus dem Gruppenvergleich zwischen den CLBP-Patienten und der gesunden

Kontrollgruppe (s. Abschnitt III.3.3.2). Eine Vermeidung affektiver Schmerzwörter in

Abhängigkeit des klinischen Schmerzstatus konnte im dritten Experiment nicht

gefunden werden.

Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit für eine

Vermeidung der emotionalen Aspekte von Schmerzen mit zunehmenden behavioralen

ER. Eine solche Inhibition emotionaler Inhalte (emotional inhibition) wird als ein

charakteristisches Merkmal eines repressiven Coping Stils betrachtet und wirkt sich

schädlich auf physische Gesundheit aus (Kelley, Lumley & Leisen, 1997; Smyth, Stone;

Hurewitz & Kael, 1999). REP wirkt sich dabei verschlechternd auf die

Schmerzwahrnehmung (Burns et al., 2008; Quartana & Burns, 2007; Quartana, Yoon &

Burns, 2007) und die Schmerzentwicklung aus (Burns 2000a; 2000b; Elfant, Burns &

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IV DISKUSSION

205

Zeichner, 2008; Jamner & Schwartz, 1986). Folglich wird die Vermeidung affektiver

Inhalte bei REP als aufrechterhaltender Faktor verschiedener körperlicher

Erkrankungen wie zum Beispiel chronischer Schmerzen betrachtet (Burns et al., 2010).

2.5 Der Einfluss Fear-Avoidance und Endurance bezogener Response-

Pattern

In der zweiten und dritten Untersuchung der vorliegenden Arbeit wurde bei CLBP-

Patienten der Einfluss ihrer schmerzbezogenen Response-Pattern auf ihre

Informationsverarbeitung von schmerzassoziiertem Material überprüft. Dabei wurde in

der zweiten Untersuchung (s. Abschnitt III.2) der Einfluss der Response-Pattern auf den

Aufmerksamkeitsbias und in der dritten Untersuchung (s. Abschnitt III.3) der Einfluss

der Response-Pattern auf den Gedächtnisbias untersucht.

Im Hinblick auf den Aufmerksamkeitsbias wurde vermutet, dass Patienten mit einem

ER-RP bzw. mit einem FAR-RP insgesamt stärkere Verzerrungen in der

Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen als Patienten mit einem

AR-RP. Im Vergleich zu Patienten mit einem AR-RP oder ER-RP sollten dabei

insbesondere Patienten mit einem FAR-RP eine geringere Vigilanz für

schmerzassoziiertes Material zeigen. Bei Patienten mit einem ER-RP wurde im

Zusammenhang mit einem Rebound Phänomen (Wegner et al., 1987) vor allem

erwartet, dass sie verglichen mit Patienten mit einem FAR-RP oder AR-RP größere

Schwierigkeiten darin aufweisen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.

Entgegen dieser Erwartungen konnte jedoch kein Einfluss der Response-Pattern auf den

Aufmerksamkeitsbias gefunden werden. Die Aufmerksamkeitsleistungen der Patienten

zeigten sich unabhängig von ihren schmerzbezogenen Response-Pattern.

Möglicherweise wurden in diesem Kontext keine bedeutsamen Effekte gefunden, weil

bei Patienten mit einem ER-RP zwischen positiver und depressiver Stimmung nicht

unterschieden wurde. Hasenbring und ihre Arbeitsgruppe (Hasenbring et al., 2001;

Hasenbring & Verbunt, 2010; Hasenbring et al., 2012) postulieren, dass innerhalb des

ER-RP zwischen einer Eustress- (eustress endurance response pattern; E-ER-RP) und

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IV DISKUSSION

206

einer Distress-Verarbeitung (distress endurance response pattern; D-ER-RP)

differenziert werden kann. Personen mit einem E-ER-RP werden dabei von der

Arbeitsgruppe dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Verarbeitungsmuster aufweisen,

welches auf kognitiver Ebene durch Thought-Suppression, auf emotionaler Ebene durch

Angst und Depression und auf der behavioralen Ebene durch die Verfolgung von

Aufgaben trotz Schmerzen charakterisiert ist. Personen mit einem D-ER-RP werden

dagegen durch Bagatellisierung der Schmerzen auf der kognitiven Ebene, positiver

Stimmung auf der emotionalen und Verfolgung von Aufgaben trotz anhaltender

Schmerzen auf der behavioralen Ebene charakterisiert (Hasenbring et al., 2001;

Hasenbring & Verbunt, 2010; Hasenbring et al., 2012). Diese Überlegung der

Arbeitsgruppe wurde in der vorliegenden Arbeit post-hoc aufgegriffen. Dafür wurden

die untersuchten Patienten mit einem ER-RP mithilfe ihrer BDI-Werte in die

Untergruppen E-ER-RP und D-ER-RP eingeteilt. Entsprechend der Untersuchung von

Hasenbring et al. (2012) wurden Patienten mit einem BDI-Wert ≥9 als D-ER-RP und

Patienten mit einem BDI-Wert <9 als E-ER-RP klassifiziert. Die Daten der zweiten

Untersuchung wurden in Abhängigkeit von den sich daraus ergebenen vier Response-

Pattern AR-RP, E-ER-RP, D-ER-RP, FAR-RP noch einmal analysiert. Allerdings zeigte

sich auch in der Re-Analyse kein bedeutsamer Einfluss der Response-Pattern auf den

Aufmerksamkeitsbias der CLBP-Patienten (p>0.05).

Im dritten Experiment der vorliegenden Arbeit wurde bei CLBP-Patienten der Einfluss

ihrer schmerzbezogenen Response-Pattern auf ihren Gedächtnisbias für

schmerzassoziiertes Material untersucht. Die Annahmen zum FAR-RP wurden hierbei

aus den Ergebnissen der ersten Untersuchung der vorliegenden Dissertationsschrift

abgeleitet. In dieser genannten ersten Untersuchung (s. Abschnitt III.1) konnte gezeigt

werden, dass FAR als Single-Response mit einer stärkeren Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material assoziiert ist. In der dritten Untersuchung sollte überprüft

werden, ob Patienten mit einem FAR-RP schmerzassoziiertes Material vermeiden und

sich dieses Vermeidungsverhalten in den Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes

Material gleichermaßen zeigt. Folglich wurde erwartet, dass Patienten mit einem FAR-

RP im Vergleich zu Patienten mit einem ER-RP bzw. AR-RP weniger

schmerzassoziiertes Material als schmerzneutrales Material erinnern. Für Patienten mit

einem ER-RP wurde vor dem Hintergrund des Rebound Phänomens (Wegner et al.,

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IV DISKUSSION

207

1987) vermutet, dass diese im Vergleich zu Patienten mit einem FAR-RP oder AR-RP

mehr schmerzassoziiertes als schmerzneutrales Material erinnern. Im Hinblick auf die

Differenzierung zwischen affektiven und sensorischen Schmerzwörtern sowie

schmerzneutralen Wörtern wurde im Allgemeinen erwartet, dass sich der

Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den Response-Pattern der CLBP-Patienten zeigt.

Tatsächlich konnte in der vorliegenden dritten Untersuchung gezeigt werden, dass sich

der Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten in

Abhängigkeit von ihren schmerzbezogenen Response-Pattern zeigt. Im Post-Hoc-Test

zeigte sich, dass dies auf einen marginalen Gedächtnisunterschied zwischen Patienten

mit einem ER-RP und einem FAR-RP zurückzuführen war. Wie erwartet, erinnerten

Patienten mit einem FAR-RP weniger schmerzassoziierte als schmerzneutrale Wörter

und wiesen damit eine Vermeidung des schmerzassoziierten Materials auf. Patienten

mit einem ER-RP wiesen dagegen ein selektives Gedächtnis für das schmerzassoziierte

Material auf. Dies zeigte sich darin, dass sie vergleichsweise mehr Schmerzwörter als

neutrale Wörter wiedergaben. In den Analysen, in denen der Gedächtnisbias für

affektive und sensorische Wörter im Vergleich zu schmerzneutralen Wörtern betrachtet

wurde, konnten keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Patienten in

Abhängigkeit von ihren Response-Pattern gefunden werden. Folglich scheinen hier die

Response-Pattern der Patienten keinen Einfluss auf den Gedächtnisbias für sensorische

oder affektive Merkmale von Schmerzen zu haben.

Somit lässt sich insgesamt festhalten, dass in der vorliegenden Arbeit der Einfluss der

schmerzbezogenen Response-Pattern bei CLBP-Patienten auf ihren

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material nicht nachgewiesen werden

konnte. Dagegen gestaltet sich der Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material in

Abhängigkeit der Response-Pattern. Dieses Ergebnis stimmt mit den Befunden

verschiedener Untersuchungen überein, die bei ängstlichen Personen zeigen konnten,

dass diese eine geringere Erinnerungsleistung für bedrohliches Material aufweisen (z.B.

Foa, McNally & Murdock, 1989; Landau, 1980; Mogg, Mathews & Weinman, 1987,

Watts, Sharrok & Trezise, 1986; Watts, Trezise & Sharrock, 1986) und dieses Material

stärker vermeiden (z.B. Foa & Kozak, 1986; Mathews & MacLeod, 1987; s. Abschnitt

IV.2.3). Die hier gefundene reduzierte freie Wiedergabe von schmerzassoziiertem

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IV DISKUSSION

208

Material im Vergleich zu schmerzneutralem Material bei FAR-RP zeigt im Sinne der

Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg &

Bradley, 1998; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters, van der Zijden,

Thielen & Vlaeyen, 2003), dass CLBP-Patienten mit einem FAR-RP negatives Material

vermeiden. Diese Hypothese postuliert, wie in Abschnitt IV.2.3 bereits dargestellt, dass

die Informationsverarbeitung für bedrohliches Material bei ängstlichen Personen durch

zwei sukzessive Reaktionen gekennzeichnet ist: eine erste automatische

Vigilanzreaktion (Bar-Haim et al., 2007; LeDoux, 1995, 1996; Ohman, 1993) und einer

anschließenden zweiten Reaktion in Form einer Vermeidung desselben Materials

(Koster, Verschuere, Crombez & Van Damme, 2005; Rinck & Becker, 2006; Rohner,

2002; Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998; Roelofs, Peters, van

der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003), durch die eine detaillierte Beschäftigung mit den

potenziell bedrohlichen Stimuli gemieden wird, um damit das Unbehagen, welches mit

diesen Stimuli assoziiert ist, zu reduzieren (Gray, 1976; Luecken, Tartaro & Appelhans,

2004). Infolge einer solchen Vermeidungsreaktion kommt es zu einer mangelnden

Habituation an Angst und angstauslösende Reize und Situationen, was sich in der

Konsequenz wiederum aufrechterhaltend auf die Angst und das damit verbundene

Vermeidungsverhalten auswirkt (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen,

2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg & Bradley, 1998). Eine solche

dysfunktionale Vermeidungsreaktion konnte in der vorliegenden Arbeit für FAR als ein

Response-Pattern nachgewiesen werden.

Zu beachten ist hier, dass während die Vermeidungsreaktion bei FAR-RP mit den

Ergebnissen aus den Analysen zu FAR als Single-Response übereinstimmt (s. Abschnitt

III.3.3.5), das Ergebnis bei ER-RP aus den Analysen zu ER als Single-Response

abweicht. Während ER als Single-Response auf der behavioralen Ebene mit einer

stärkeren Vermeidung von schmerzassoziiertem affektivem Material assoziiert ist (s.

Abschnitt IV.2.4), führt ER als ein Response-Pattern zu einem stärkeren selektiven

Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material. Während ER auf der behavioralen Ebene

im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (Mathews, 1990; Mogg et al., 1987;

Mogg & Bradley, 1998; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters, van der

Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) mit einer Vermeidung von bedrohlichem Material

und dem damit verbundenen Unbehagen assoziiert ist (Gray, 1976; Luecken, Tartaro &

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IV DISKUSSION

209

Appelhans, 2004), führt ER als Response-Pattern aufgrund des erwarteten Rebound-

Effekts (Wegner et al., 1987) zu einem stärkeren selektiven Gedächtnis für selbiges

Material. Durch den Versuch, unangenehmes Material zu unterdrücken, um sich damit

nicht zu beschäftigen, scheint es bei CLBP-Patienten mit einem ER-RP somit

tatsächlich dazu zu kommen, dass dieses Material stärker im Gedächtnis bleibt und sich

in der Folge in einem selektiven Gedächtnis niederschlägt. Langfristig wird

angenommen, dass ER als Response-Pattern auf Rückenschmerzen zu einer

Chronifizierung der Schmerzen führt (Hasenbring et al., 2001; Hasenbring et al., 2012;

Hasenbring & Verbunt, 2010). Dabei wird im Avoidance-Endurance Model

(Hasenbring & Verbunt, 2010) angenommen, dass Personen mit einem ER-RP die

Gedanken ihre Rückenschmerzen unterdrücken, die Zähne zusammen beißen,

Tätigkeiten und Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen fortführen. Aufgrund des

Rebound-Phänomens (Wegner et al., 1987) misslingt allerdings der Versuch, die

Gedanken zu unterdrücken, wodurch diese Gedanken verstärkt wieder auftreten.

Dadurch kann es neben der Chronifizierung der Rückenschmerzen aufgrund der

Überbeanspruchung der Muskulatur (physical overload) durch die Überaktivität

(overuse), dazu kommen, dass Versagensempfindungen und eine reduzierte

Selbstwirksamkeit trotz anhaltenden Durchhaltens verstärkt auftreten. Dies führt zur

Zunahme einer depressiven bzw. gereizten Stimmung, was wiederum einen

Risikofaktor für chronische Rückenschmerzen darstellt (Klasen et al., 2006).

Einschränkend könnte an dieser Stelle argumentiert werden, dass die Stimmung das

selektive Gedächtnis für das schmerzbezogene Material beeinflusst haben könnte. In

den Analysen zur Bedeutung der Depressivität der Probanden auf ihren Gedächtnisbias

konnte allerdings gezeigt werden, dass Depressivität eher mit einer Vermeidung des

schmerzassoziierten Materials assoziiert ist. Auch nach Berücksichtigung des

Geschlechts und der BDI-Werte der Patienten als Kovariaten blieb die signifikante

Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion (F(2,26)=4.939, p<0.05) bestehen. Der Post-

Hoc-Test zeigte auch hier, dass im Trend der Effekt auf den bereits geschilderten

Unterschied zwischen Patienten mit einem ER-RP und denen mit einem FAR-RP

zurückging. Während Patienten mit einem ER-RP mehr schmerzassoziierte Wörter

erinnerten als neutrale, erinnerten Patienten mit einem FAR-RP weniger

schmerzassoziierte als schmerzneutrale Wörter.

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IV DISKUSSION

210

Weiterhin stellt die Annahme von Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe (Hasenbring et

al., 2001; Hasenbring et al., 2012; Hasenbring & Verbunt, 2010), dass nach dem

Avoidance-Endurance Model (Hasenbring & Verbunt, 2010) innerhalb von ER-RP

zwischen E-ER-RP und D-ER-RP unterschieden werden kann, auch hier einen

interessanten Analyseansatz dar. Post-hoc wurde daher auch für die Daten aus der

Untersuchung zum Gedächtnisbias eine Re-Analyse durchgeführt, in der zwischen den

vier Response-Pattern E-ER-RP, D-ER-RP, FAR-P und AR-RP unterschieden wurde.

Es wurde erwartet, dass sowohl D-ER-RP als auch E-ER-RP zu einem selektiven

Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material führt. Hier zeigte sich allerdings, dass die

Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion zwar marginal noch vorhanden war,

allerdings keine statistische Signifikanz mehr erreichte (F(3,26)=2.602, p<0.08).

Folglich zeigt sich auch innerhalb ER-RP, dass die Stimmung nicht maßgeblich für den

Gedächtnisbias verantwortlich zu sein scheint, da die Interaktion auch mit

Differenzierung zwischen Eustress und Distress bei ER-RP, weiterhin zu beobachten

war, wenngleich nur noch als Trend. Eine mögliche Erklärung dafür, warum nach der

Aufteilung der Patientengruppe mit ER-RP der Effekt keine Signifikanz mehr erreichte

könnte darin liegen, dass dadurch die Anzahl der Gruppen die miteinander verglichen

wurden, sich erhöht und somit die Gruppengrößen deutlich verkleinert haben. In der

Folge könnte sich die statistische Power der Ergebnisse reduziert haben (s. Abschnitt

IV.4.4).

3 Klinische Implikationen der Untersuchungen

Aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit geht hervor, dass der

Informationsverarbeitungsbias für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten

sowohl im Vergleich zu gesunden Personen (s. Abschnitt IV.2.1) als auch im

Zusammenhang mit den individuellen Merkmalen der untersuchten Personen (s.

Abschnitte IV.2.2, IV.2.3, IV.2.4 und IV.2.5) unterschiedliche Richtungen annehmen

kann. Dabei kann der Bias in Richtung einer verstärkten selektiven Verarbeitung und

einer erhöhten Schwierigkeit, sich von dem Material zu lösen, aber auch in Richtung

einer stärkeren Vermeidung des schmerzassoziierten Materials gehen. Weiterhin geht

aus der vorliegenden Arbeit hervor, dass sich die gefundenen Effekte in Abhängigkeit

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IV DISKUSSION

211

davon zeigen, ob in der jeweiligen Untersuchung der Gedächtnis- oder

Aufmerksamkeitsbias untersucht wurde. Die teilweise gegenläufigen Richtungen in der

Verarbeitung des Stimulusmaterials beispielsweise im Zusammenhang mit den

individuellen Charakteristika der untersuchten Personen können entsprechend sehr

unterschiedliche klinische Implikationen bedeuten. Im Folgenden sollen diese erörtert

werden.

Im Bereich der Aufmerksamkeit zeigt sich eine zunehmende Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material mit zunehmendem allgemeinem Distress (Depressivität

und schmerzunabhängige Angst als überdauerndes Merkmal), und besonders deutlich

mit FAR als Single-Responses. Dabei erweist sich Katastrophisieren als wichtigster

Prädiktor für eine stärkere Vermeidung dieses Materials. Auch im Bereich des

Gedächtnisses ist eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material

zugunsten von neutralem Stimulus-Material mit zunehmendem Distress (hier nur

Depressivität) beobachtbar. Und auch hier zeigt sich die Vermeidung am deutlichsten

mit zunehmenden FAR-Single-Responses. Während der Aufmerksamkeitsbias mit den

Single-Responses der Betroffenen zusammenhängt, zeigt sich der Gedächtnisbias nicht

nur im Zusammenhang mit diesen, sondern auch in Abhängigkeit von den

schmerzbezogenen Response-Pattern der Betroffenen. CLBP-Patienten mit einem ER-

RP weisen den Befunden der vorliegenden Arbeit zufolge ein selektives Gedächtnis für

schmerzassoziiertes im Vergleich zu neutralem Material auf. Patienten mit einem FAR-

RP vermeiden im Gegensatz dazu schmerzassoziiertes Material zugunsten von schmerz-

neutralem Material.

In Hinsicht auf mögliche therapeutische Implikationen, legen die Ergebnisse der hier

dargestellten Untersuchungen nahe, den Verarbeitungsbias der CLBP-Patienten in der

Behandlung der Schmerzen zu berücksichtigen. Dabei können die Ziele in der

Behandlung in Abhängigkeit von den Merkmalen der Betroffenen ebenso gegenläufig

sein wie ihr jeweiliger Bias. In einem bisher unveröffentlichten Manual zur kognitiv-

verhaltenstherapeutischen Behandlung von chronischen Rückenschmerzen von

Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe (Hasenbring, 2002) ist diese Überlegung teilweise

aufgegriffen. Sie schlagen vor, dass der Aufbau funktionaler Reaktionen auf Schmerzen

in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Response-Pattern der Patienten erfolgen

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IV DISKUSSION

212

sollte (Hasenbring, 2002). In Form eines Sensory-Monitoring kann dabei die

Informationsverarbeitung des Patienten in den Behandlungsprozess integriert werden.

Dabei lernen die Patienten, in regelmäßigen zeitlichen Abständen ihre Aufmerksamkeit

auf das Befinden ihres Rückens zu lenken, um die Schmerzen und Verspannungen

mithilfe einer NRS einschätzen zu können. Entsprechend dieser Einschätzung sollen

dann adaptive Bewältigungsmaßnahmen mit dem Patienten erarbeitet werden, um

langfristig eine Besserung der Symptomatik zu erreichen. Die Adaptivität der

Bewältigungsmaßnahmen ist dabei durch einen flexiblen Wechsel zwischen

Anspannung und Entspannung bzw. Belastung und Entlastung in Abhängigkeit von den

Signalen des Körpers charakterisiert. Die Dysfunktionalität, die letztlich nach

Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe zur Chronifizierung von Rückenschmerzen führt,

ist in erster Linie durch die Inflexibilität der Reaktionen der Betroffenen

gekennzeichnet.

Bei Personen mit einer erhöhten Tendenz, schmerzassoziierte Reize zu vermeiden,

indem Körpersignalen eher mit katastrophisierenden Kognitionen begegnet wird, hieße

dies, dass die Patienten zunächst lernen müssen, in regelmäßigen Abständen mithilfe

einer NRS das Befinden ihres Rückens zu überprüfen. In Abhängigkeit des Befindens

sollte sodann darüber reflektiert werden, welche Bewältigungsstrategie tatsächlich

angemessen wäre, anstatt aus einer Angst heraus Aktivitäten vorzeitig abzubrechen oder

gar nicht erst aufzunehmen und somit langfristig eine muskuläre Insuffizienz und in der

Folge eine Chronifizierung der Schmerzen zu begünstigen. Hier gilt es durch kognitive

Methoden (z.B. Wilken, 2010) den Patienten dazu zu befähigen, seinen dysfunktionalen

und katastrophisierenden Gedanken zunehmend realistische und funktionale

Kognitionen entgegen zu setzen und sich mit der Angst zu konfrontieren, um mehr

Aktivitäten wieder aufzunehmen und damit beispielsweise einen Aufbau der

Muskulatur zu ermöglichen. Die Vermeidung, die in den hier vorliegenden

Untersuchungen mehrfach gefunden wurde (beispielsweise Patienten mit vermehrten

depressiven Reaktionen und Patienten mit deutlichen FAR Single-Responses und FAR-

RP) verhindert, dass es zu einer elaborierten Evaluation der bedrohlichen Stimuli

kommt, und führt infolge dessen dazu, dass die Angst nicht zurückgehen, also nicht

habituieren, kann (vgl. Bar-Haim et al., 2007). Für die Behandlung der Angst der

Patienten können beispielsweise die Bilder aus der PHODA (Kugler et al., 1999), die

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IV DISKUSSION

213

auch in der vorliegenden Arbeit präsentiert wurden, verwendet werden, um - in

Anlehnung an die Therapie bei Angststörungen wie zum Beispiel der spezifischen

Phobie (s. z.B. Hamm, 2006) - eine entsprechende Angsthierarchie für die schmerz-

assoziierten Situationen zu erarbeiten und anschließend mit den Situationen massiert

oder gestuft zu konfrontieren und damit eine Habituation an die Angst zu erreichen.

Verschiedene Autoren legen eine solche Behandlung mit einem Konfrontationsrational

bei CLBP-Patienten nahe (Linton et al., 2002; Vlaeyen et al., 2001; Vlaeyen et al.,

2002).

Die vorliegende Arbeit spricht allerdings nicht nur für eine Vermeidung, sondern auch

eine selektive Verarbeitung von schmerzassoziiertem Material im Zusammenhang mit

den individuellen Merkmalen der Betroffenen. Eine selektive Aufmerksamkeit für

schmerzassoziiertes Material findet sich in erster Linie im Zusammenhang mit

vermehrten emotionalen ER-Single-Responses. Dabei fällt die selektive

Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material umso stärker aus, je mehr die

Patienten auf der emotionalen Ebene eine heitere Stimmung trotz Schmerzen aufweisen.

Auch in Hinsicht auf den Gedächtnisbias findet sich eine selektive Verarbeitung von

schmerzassoziiertem Material in erster Linie bei Patienten mit einem ER-RP. Diese

Befunde befürworten, dass bei diesen Personen entsprechend ihres selektiven Bias, die

Ziele der Behandlung angepasst werden sollten. Wie bereits aufgeführt stellt nach

Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe ein wichtiges Ziel in der Behandlung von

chronischen Rückenschmerzen die Verbesserung der Fähigkeit zum Sensory-

Monitoring dar. Die Annahme ist, dass Personen mit einer verstärkten Tendenz zu ER

(bzw. bei Hasenbring von Personen mit einem ER-RP) auf Körpersignale erst bei sehr

hohen Schmerzintensitäten (Peak) wie z.B. bei NRS=8, mit einer Pause oder mit

entspannungsfördernden Strategien reagieren. Das Ziel der Behandlung kann hier darin

liegen, dass die Betroffenen lernen, ihre Körpersignale immer wieder zu überprüfen,

ernst zu nehmen und bereits bei mittlerem Schmerzempfinden beispielsweise eine Pause

machen. Dies könnte bedeuten, dass die Patienten z.B. bei einer Schmerzintensität von

NRS=4 bereits ihren Rücken entlasten, um nicht später zum Abbruch und Aufgeben der

Tätigkeit aufgrund sehr starker Schmerzen (z.B. NRS=9 bzw. NRS=10) gezwungen zu

werden. Langfristig soll auch hier angestrebt werden, einen flexiblen Wechsel zwischen

Aktions- und Ruhephasen zu erreichen.

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IV DISKUSSION

214

Es konnte in der vorliegenden Untersuchung darüber hinaus gezeigt werden, dass sich

der Informationsverarbeitungsbias im Zusammenhang mit erlebten Disability der

Patienten steht. Interessanterweise hat die Höhe der Disability im Sinne der

charakteristischen Schmerzintensität der Betroffenen den stärksten prädiktiven Wert für

größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen und der Grad

der schmerzbezogenen Disability als Kombination aus der Höhe der Schmerzintensität

sowie der Dauer und Höhe der erlebten Funktionseinschränkungen durch die

Schmerzen, den größten Vorhersagewert für eine geringere Vigilanz für

schmerzassoziiertes Material.

Dies impliziert, dass bei Personen mit einer erhöhten Beeinträchtigung, die

Aufmerksamkeit nicht stärker auf schmerzassoziiertes Material gerichtet ist, sondern

abgewendet wird. Gleichzeitig fällt es diesen Personen schwer, sich von

schmerzassoziierten Reizen zu lösen, wenn die Aufmerksamkeit darauf gerichtet ist. In

der Behandlung könnte dies bedeuten, dass Patienten mit einer erhöhten Disability

tatsächlich in ihrer Verarbeitung stark von den Schmerzen eingenommen sind, so dass

als Folge diese Personen möglicherweise entsprechend weniger in der Lage sind,

schmerz-neutrale Aspekte von Situationen zu erkennen und damit möglicherweise

verbundene alternative und adaptive Ideen und Lösungen im Umgang mit ihren

Schmerzen weniger generieren können.

Die mit den aufgeführten klinischen Implikationen verbundenen neuen Erfahrungen mit

den Schmerzen bedeuten für die Betroffenen neue Gedächtnisspuren in ihrem

assoziativen Netzwerk zum Schmerz, die einen angstfreien flexiblen und funktionalen

Umgang mit den Schmerzen beinhalten. Beispielsweise können Patienten mit einer

stärkeren FAR nach Konfrontationen (oder auch Patienten mit stärkeren ER nach der

Etablierung von adaptiven Pausen) real erfahren, dass sie etwas schaffen und keine

Angst vor Aktivitäten oder potenziell schmerzauslösenden Aktivitäten und Situationen

zu haben brauchen. In der Folge kann langfristig somit der Aktionsradius der Patienten

erhöht werden und in Kombination mit einem Aufbau von angenehmen Aktivitäten in

sensu des Behandlungsrationals bei Depressionen (Hautzinger, 2003) in einer

Aufhellung der Stimmung der Patienten resultieren mit zunehmender Stärkung der

Selbstwirksamkeit der Patienten.

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IV DISKUSSION

215

Die Bedeutsamkeit der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung wird auch vor dem

Hintergrund des chronischen Schmerzes als wichtiger Kostenfaktor bei Berentung und

Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit deutlich (Maniadakis & Gray, 2000; Wenig et al.,

2009; s. Abschnitt II.1.2). Je spezifischer das Wissen darüber ist, wie der

Aufmerksamkeits- bzw. der Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten mit ihren individuellen

ER und FAR Single-Responses und Response-Pattern zusammenhängt, umso

spezifischer und patienten-näher können die therapeutischen Interventionen daraus

abgeleitet werden, um langfristig die Behandlung von chronischen Schmerzen zu

optimieren. Weitere Untersuchungen zu Interventionsmethoden sind hier allerdings

zwingend erforderlich, um die klinischen Implikationen der durch die hier gewonnenen

grundlegenden Befunde zu überprüfen.

4 Limitationen der Untersuchungen und Perspektiven für die

zukünftige Forschung

Die vorliegenden Untersuchungen haben Aspekte, welche die Interpretierbarkeit und

die Implikationen der Befunde limitieren. Die Limitationen ergeben sich dabei aus der

Wahl der verwendeten Paradigmen, Stimuli und Instrumente sowie aus den

Charakteristika der untersuchten Stichproben. Im Folgenden sollen diese Limitationen

dargestellt sowie Perspektiven für die zukünftige Forschung abgeleitet werden.

4.1 Die experimentellen Paradigmen

Eine erste Limitation der Untersuchungen begründet sich durch die Wahl der

Paradigmen zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias bzw. des Gedächtnisbias. Zur

Erfassung eines Aufmerksamkeitsbias können verschiedene Paradigmen verwendet

werden. Wie in Abschnitt II.2.3.1 dargestellt, stellt die modifizierte emotional stroop

task (Stroop, 1935) ein in der Forschung anfänglich am ehesten verwendetes Paradigma

zur Erfassung von Aufmerksamkeitseffekten dar. Aufgrund der Kritik (Algom, Chajut

& Lev, 2004; MacLeod, Mathews & Tata, 1986), dass die Benennungslatenzen, die in

der Stroop Aufgabe erfasst würden, nicht eindeutig einem Aufmerksamkeitsbias

zuzuordnen seien, sondern auf spätere Prozesse (response bias artefact, s. Abschnitt

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IV DISKUSSION

216

II.2.3.1) zurückgeführt werden könnten, wurde der Aufmerksamkeitsbias zunehmend

mithilfe des dot-probe Paradigmas untersucht und diese in den vorliegenden ersten

beiden Untersuchungen präferiert.

Die dot-probe Aufgabe (MacLeod et al., 1986) wird als eine direktere Methode zur

Erfassung selektiver Aufmerksamkeit betrachtet. Sie hat dabei den deutlichen Vorteil,

dass durch die Erfassung der Reaktionen der Probanden in Durchgängen, in denen ein

Punkt einen bedrohlichen Stimulus ersetzt, nicht nur überprüft werden kann, inwieweit

dieser schneller die Aufmerksamkeit beansprucht (attentional capture, engagement),

sondern auch inwieweit Schwierigkeiten bestehen, sich von dem bedrohlichen Stimulus

zu lösen (attentional disengagement; Koster et al., 2004). Beim dot-probe Paradigma

liegt die Aufgabe des Probanden darin, auf einen neutralen Probereiz (der Punkt) zu

reagieren. Folglich ist von dem Vorteil auszugehen, dass die Latenzen in den

Reaktionen der Probanden nicht durch einen response bias (s. Abschnitt II.2.3.1) oder

einen allgemeinen Arousalzustand begründet sind (MacLeod et al., 1986, Koster et al.,

2004). Nachteilig ist hier jedoch anzumerken, dass sowohl in der dot-probe Aufgabe als

auch in der emotional Stroop Aufgabe Schmerz in Form eines visuellen Reizes

dargeboten wird, nicht jedoch als somatosensorischer Reiz (Asmundson et al., 2004).

Weiterhin ist limitierend anzumerken, dass die aktuelle Befundlage die Reliabilität der

dot-probe Aufgabe in Frage stellt. In insgesamt drei Studien überprüfte Schmukle

(2002) für verschiedene Versionen des dot-probe Paradigmas die Gütekriterien und

stellte fest, dass sowohl in der Wortversion als auch in der Bildversion mit bedrohlichen

Stimuli bei nicht-klinischen Probanden keine reliable Messung der

Angstbewältigungsdispositionen Vigilanz und Vermeidung gegeben war. Schmukle

(2002) stellte heraus, dass sich die erhobenen Werte über einen Zeitraum von einer

Woche hinweg weder als stabil noch als intern konsistent erwiesen. Weiterhin kann

mithilfe des dot-probe Paradigmas nicht erfasst werden, wie lange es tatsächlich dauert,

bis Probanden bedrohliches Material entdecken, da der entsprechende Stimulus (probe)

mit einer zeitlichen Verzögerung von üblicherweise 500 ms präsentiert wird (Byrne &

Eysenck, 1995). Auch wird vermutet, dass mithilfe des dot-probe Paradigmas wenig

Informationen zur Vigilanz-Komponente der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese

erhalten werden können, denn bei der dot-probe Aufgabe werden eher Angaben zu dem

Material erfasst, das unmittelbar vor der Präsentation des Punktes präsentiert wurde,

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IV DISKUSSION

217

nicht jedoch zu dem Stimulus, der als erstes dargeboten wurde (Smith, 2005). Vor

diesem Hintergrund kann eine mögliche Quelle für die inkonsistenten Befunde in

klinischen Stichproben, hier bei chronischen Schmerzpatienten, in der Wahl des dot-

probe Paradigmas mitbegründet sein.

Eine Weiterentwicklung des dot-probe Paradigmas haben Posner und Peterson (1990,

Posner, 1980) mit dem sogenannten Cueing Paradigma vorgenommen. Bei diesem

Paradigma wird in seiner klassischen Version nach einem Fixierungskreuz in der Mitte

eines Bildschirms an einer von zwei möglichen Bildschirmpositionen ein Hinweisreiz

(cue) dargeboten. Diesem Hinweisreiz folgt die Präsentation eines Zielreizes (target)

entweder an der Position, auf die der Hinweisreiz hingedeutet hat (valide cue

condition), oder an einer alternativen Position (invalide cue condition). In der Mehrzahl

der Durchgänge stimmen dabei die Hinweisreize mit der anschließenden Position des

Zielreizes überein. In einer Variation des Paradigmas ermöglichten Stormark, Nordby

und Hugdahl (1995) die Erfassung von der Aufmerksamkeitsverteilung bei emotionalen

Inhalten, indem die Valenz der verwendeten Cues modifiziert wurde. Fox et al. (2001)

entwickelten auf dieser Grundlage das emotional spatial cueing paradigm, indem sie

bedrohliches und neutrales Stimulusmaterial hinzunahmen und ermöglichten durch die

Bildung von Differenzen zwischen den Leistungen in den validen und in den invaliden

Durchgängen, die Erfassung des Aufmerksamkeitsbias für emotionales Material.

Gegenüber dem cueing Paradigma birgt das dot-probe Paradigma jedoch einige

wesentliche Vorteile. In der dot-probe Aufgabe werden zwei Stimuli gleichzeitig

präsentiert. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass die Aufmerksamkeitsleistungen des

Probanden für emotionale (hier schmerzassoziierte) Reize direkt mit den

Aufmerksamkeitsleistungen für einen mit diesem konkurrierenden neutralen Reiz

verglichen werden können. Im cueing task wird dagegen immer nur ein Reiz

gleichzeitig dargeboten, so dass eine solche direkte Vergleichsmöglichkeit nicht

gegeben ist. Weiterhin stellt diese Konkurrenz zwischen bedrohlichen (beispielsweise

schmerzassoziierten) und anderen Stimuli eine typische Situation im Alltag dar, so dass

die dot-probe Aufgabe als sensitiver für die Erfassung eines entsprechenden Bias

betrachtet werden kann (Bar-Haim et al., 2007). Ein weiterer Vorteil der dot-probe

Aufgabe gegenüber dem cueing Paradigma stellt die Information der Probanden über

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IV DISKUSSION

218

die Anweisung, dass bestimmte Cues valide sind. Folglich kann davon ausgegangen

werden, dass die Aufmerksamkeitseffekte nicht generell auf die emotionale Valenz der

Stimuli zurückzuführen ist. Die Unterschiede können durch die unterschiedlichen

Anweisungen sowie die Betrachtung der bedeutsamen Cues als relevant für die Aufgabe

entstehen (Bar-Haim et al., 2007). In der zukünftigen Forschung sind weitere

Untersuchungen zur Güte des dot-probe Paradigmas in klinischen Stichproben

notwendig. Weiterhin wäre eine mögliche Implikation, die Verwendung anderer

Paradigmen wie zum Beispiel dem Cueing Paradigma zur Überprüfung des

Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten.

In Hinsicht auf den Gedächtnisbias bieten Paradigmen wie z.B. Aufgaben zum

Wiedererkennen (recognition tasks) alternative Untersuchungsmethoden. Insgesamt

spricht allerdings die aktuelle Befundlage dafür, dass sich das recognition Paradigma

weniger zur Untersuchung des Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten eignet.

Insbesondere scheitern die Untersuchungen daran, eine Differenzierung der Effekte zu

ermöglichen, die auf den Schmerz an sich bzw. auf die Stimmung zurückgeführt werden

können (Pincus & Morley, 2001). Weiterhin ist in den bisherigen Untersuchungen keine

eindeutige Bestimmung der Leistungen der Probanden in der recognition Aufgabe

möglich, da in den Untersuchungen, in denen Gedächtniseffekte bei Schmerzpatienten

gefunden werden konnten, der recognition Aufgabe meist eine free-recall Aufgabe

(Edwards et al., 1992) oder die Erfassung autobiographischer Inhalte (Boissevain, 1994)

vorgeschaltet war. Eine weitere Schwierigkeit stellen bei recognition Aufgaben

sogenannte Deckeneffekte dar (Williams, 1997, nach Pincus & Morley, 2001). In

Anlehnung an Pincus und Morley (2001) wurde in der hier dargestellten Untersuchung

davon ausgegangen, dass der Gedächtnisbias am besten durch Aufgaben zur freien

Wiedergabe (free-recall tasks) erfasst werden kann. Folglich wurde dieses Paradigma in

der vorliegenden dritten Untersuchung präferiert.

4.2 Der Stimulus-Typ: verbales Material vs. naturalistisches

Bildmaterial

Neben der Frage nach der Wahl der Paradigmen ist davon auszugehen, dass die Wahl

der verwendeten Stimuli in den Experimenten eine bedeutsame Rolle spielt. In den

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IV DISKUSSION

219

Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias wurde hier idiosynkratisch ausgewähltes

Bildmaterial verwendet. Es wurde überprüft, inwieweit Unterschiede in den

Bewertungen der dargebotenen Bilder bestehen. Dies diente der Kontrolle der

Bedeutsamkeit des verwendeten Stimulusmaterials und bestätigte die jeweilig

unterschiedliche Valenz der hoch- und niedrig-bedrohlichen Bilder. In der

Untersuchung zum Gedächtnisbias wurde dagegen das Stimulusmaterial nicht

idiosynkratisch ausgewählt. Vor dem Hintergrund der Schematheorien und der SEMP

(Pincus & Morley, 2001) ist jedoch davon auszugehen, dass gerade beim

Gedächtnisbias das individuelle Schmerzschema sowie das „Enmeshment“ des

Stimulusmaterials mit dem Selbstkonzept der Probanden maßgeblich an einem

Gedächtnisbias beteiligt ist. In der hier dargestellten Untersuchung zu Gedächtnisbias

wurde der persönliche Bezug des Stimulusmaterials zum Schmerz- und Selbstkonzept

der Probanden nicht erfasst. Im Sinne der aktuellen Forschungsbefunde, welche die

Verwendung von idiosynkratisch ausgewähltem Stimulusmaterial (Dear et al., 2011;

Riemann & McNally, 1995; Roelofs et al., 2005) sowie die Erfassung des

„enmeshment“ des Stimulusmaterials mit dem Selbstkonzept der Probanden betonen,

wären folglich in weiteren Untersuchungen diese Aspekte zu beachten, indem das

Stimulusmaterial auf der Basis eines vorangehenden Ratings der Stimuli ausgewählt

oder der individuelle Selbstbezug der Stimuli in den Analysen berücksichtigt wird.

Eine weitere Optimierung des Stimulusmaterials könnte weiterhin nach dem Vorbild

der Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias erfolgen, indem auch bei

Untersuchungen zum Gedächtnisbias Bildmaterial verwendet würde. Bildmaterial soll

dabei eine höhere ökologische Validität (Dear et al., 2011) aufweisen, weil sie stärker

den Objekten, die dargestellt sind, ähneln (Kissler, Herbert, Winkler & Junghofer,

2009). Verschiedene Untersuchungen belegen nicht, dass sich Bildmaterial besser zur

Erfassung des kognitiven Bias eignet (Roelofs et al., 2005; Busch, Montgomery, Melin

& Lundberg, 2006). Roelofs et al. (2005) gehen davon aus, dass Bilder stärker als

Wortmaterial, die Sorgen und Belange der Probanden ansprechen und visualisieren. Sie

haben einen deutlicheren Bezug zum realen Leben, weisen eine höhere Salienz auf und

sind daher für Untersuchungen mit einer dot-probe oder einer free-recall Aufgabe eher

als Stimulusmaterial geeignet als Wörter. Im Bereich des Gedächtnisbias verglichen

Busch et al. (2006) die Gedächtnisleistungen von 28 Patientinnen mit chronischen

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IV DISKUSSION

220

Schmerzen mit denen von 28 schmerzfreien Kontrollprobandinnen, indem sie zwei

computergestützte Aufgaben zur freien Wiedergabe durchführten, dabei eine mit

neutralen und eine mit Bildern, auf denen schmerzassoziierte Aktivitäten dargestellt

waren. Neben dieser Gedächtnisaufgabe mussten die Probandinnen zwei Aufgaben zur

freien Wiedergabe mit Wortmaterial erfüllen. In der Aufgabe mit den neutralen Bildern

waren die Leistungen zwischen den Patientinnen und den Kontrollpersonen

vergleichbar. In den Aufgaben mit dem schmerzassoziiertem Bildmaterial zeigten die

Schmerzpatientinnen jedoch deutlich schlechtere Leistungen als die Kontrollpersonen,

während in der Wortversion der Aufgabe keine bedeutsamen Unterschiede zwischen

den beiden Gruppen gefunden werden konnte. Diese Ergebnisse sprechen einerseits,

wie in Abschnitt III.3.4 bereits aufgeführt, für eine kognitive Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material bei Schmerzpatienten. Andererseits weisen die Befunde

von Busch et al. (2006) darauf hin, dass sich Bildmaterial zur Erfassung des

Gedächtnisbias besser eignet als Wortmaterial. Den Befunden des meta-analytischen

Reviews von Bar-Haim und Kollegen (2007) zufolge ist die Erfassung eines

Aufmerksamkeitsbias sowohl mit Wortmaterial als auch mit Bildmaterial als

gleichermaßen robust zu bewerten.

4.3 Die Wahl der Instrumente und Merkmale der Stichprobe

Zur Erfassung der individuellen Merkmale der Probanden wurden in der vorliegenden

Arbeit, Fragebögen verwendet, in denen die Probanden, selbst Auskunft über ihre

individuellen Merkmale und ihre Stimmung geben. Dadurch ist der

Interpretationsspielraum der Befunde eingeschränkt, und zwar einerseits durch die

allgemeinen bekannten Limitationen bei Analysen mit Selbstbewertungsinstrumenten

und andererseits durch Limitationen, die sich spezifisch aus den hier verwendeten

Instrumenten ergeben. Auch die Klassifizierung der Probanden in Hinsicht auf ihre

Depressivität oder die schmerzspezifischen Response-Pattern wurde auf Basis der

Selbstauskunft der Probanden vorgenommen und ist somit mit Limitationen der

Interpretierbarkeit der Befunde verbunden. Die schmerzspezifischen Response-Pattern

sowie das Ausmaß der Depressivität hätten beispielsweise durch eine zusätzliche

Fremdbeurteilung, zum Beispiel durch einen Experten, untermauert werden können.

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IV DISKUSSION

221

Ebenso hätte hier der Einschluss der Probanden in die verschiedenen Gruppen in

Hinsicht auf die Ausprägung der depressiven Merkmale (Untersuchung 3) durch den

Gebrauch eines standardisierten diagnostischen Interviews abgesichert werden können.

In der vorliegenden Untersuchung wurde dies jedoch nicht vorgenommen, da das

Hauptaugenmerk der Analysen auf die Untersuchung der schmerzbezogenen FAR und

ER bzw. FAR-RP und ER-RP lagen.

Eine weitere Einschränkung der Interpretierbarkeit der Befunde ergibt sich aus den

Ausprägungen der individuellen Merkmale der Probanden. Hierbei ist zunächst der

Schmerzstatus der Probanden zu nennen. Es ist zu berücksichtigen, dass alle Probanden,

die an der ersten Untersuchung teilgenommen haben, in der Vergangenheit Erfahrungen

mit Schmerzen berichteten wegen derer sie zuvor bereits untersucht und behandelt

worden waren, wenngleich die Kontrollgruppe die gängigen Ein- und

Ausschlusskriterien für die experimentelle Gruppe nicht erfüllte. In Anlehnung an die

Assoziative Netzwerktheorie und die Schematheorie kann möglicherweise davon

ausgegangen werden, dass durch die in der Vergangenheit bestandene Erfahrung mit

Schmerzen die Kontrollstichprobe ebenfalls über ausgeprägte auf Schmerzen bezogene

assoziative Verknüpfungen und Schemata verfügte. Folglich könnte angenommen

werden, dass die Kontrollstichprobe in dieser Hinsicht nicht distinkt genug zur CLBP

Gruppe war, obwohl sie die gängigen Kriterien zur Definition von Kontrollgruppen

erfüllte. Zukünftige Untersuchungen sollten daher diesem Aspekt gerecht werden,

indem die Schmerzerfahrung der Kontrollprobanden ebenfalls erfasst wird.

Eine weitere Limitation ergibt sich in Hinsicht auf die Ausprägung der verschiedenen

individuellen Merkmale der Stichproben in den hier aufgeführten Untersuchungen.

Zunächst ist zu beachten, dass die CLBP-Patienten im Allgemeinen eine relativ geringe

Schmerzintensität angaben, wenngleich sich diese deutlich von den Angaben der

gesunden Kontrollpersonen unterschied. Folglich könnten fehlende signifikante

Unterschiede in den Analysen hinsichtlich der kognitiven Leistungen der CLBP-

Patienten und denen der gesunden Kontrollgruppe, darauf zurückzuführen sein, dass die

CLBP-Patienten keine hohe Schmerzintensität aufwiesen.

Ähnlich verhält es sich mit der Ausprägung der Depressivität. Die in der zweiten Studie

untersuchten Probanden wiesen durchgängig relativ geringe depressive Symptome auf.

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IV DISKUSSION

222

Die „hoch-depressiven“ Gruppen basierten auf einer Medianhalbierung bei einem

Median von 5.5. Dies ist nach den Cut-off Werten des BDI eher als nicht depressiv zu

klassifizieren. In der genannten Untersuchung wurde dies dagegen als hoch-depressiv

klassifiziert. Folglich können die fehlenden Befunde aus den Analysen zum Einfluss der

Depressivität auf den Gedächtnisbias dadurch begründet sein. Nachfolgende

Untersuchungen sollten sich daher an den vorgeschlagenen Cut-off Werten der

verwendeten Instrumente orientieren und gegebenenfalls zusätzlich strukturierte

klinische Interviews zur Absicherung des depressiven Status der Probanden

heranziehen.

Ebenso könnte in der vorliegenden Untersuchung als Einschränkung angenommen

werden, dass in den hier vorliegenden Untersuchungen keine differenzierte Aussage zur

Bedeutung von Angst für einen Informationsverarbeitungsbias getroffen werden kann,

weil die untersuchten Probanden keine klinisch relevante Angst aufwiesen und auch

insgesamt die Ausprägung der Angst sowohl als State- als auch als Trait-Merkmal nicht

hoch genug ausgeprägt war (s. Abschnitt IV.2.2.1). Bar-Haim et al. (2007) überprüften

allerdings in einer Metaanalyse die Effektstärken von verschiedenen Untersuchungen

und weisen darauf hin, dass sich der Aufmerksamkeitsbias im Zusammenhang mit

Angst als sehr robust erweist und sowohl in klinischen als auch in nicht-klinischen

Populationen sowie bei mittleren Ausprägungen gut nachweisen lässt. Auch ist die

Verwendung des STAI als Instrument zur Erfassung von schmerzunabhängiger Angst

kritisch zu betrachten. Verschiedene Autoren belegen, dass die Ergebnisse aus dem

STAI durch depressive Symptome deutlich mitbeeinflusst werden (beispielsweise

Bieling, Antony & Swinson, 1998; Caci, Bayle, Robert & Boyer, 2003).

Weiterhin zeigten die Probanden in den vorliegenden Untersuchungen eine relativ

geringe Beeinträchtigung. Folglich sind Aussagen über hoch-chronische und stark

beeinträchtigte Probanden hier nur bedingt möglich. Limitierend ist hier anzumerken,

dass die Beeinträchtigung der Probanden in der vorliegenden Arbeit über den Chronic

Pain Grade Fragebogen gemessen wurde. In internationalen Untersuchungen wird in

vielerlei Hinsicht der Pain Disability Index (PDI; Pollard, 1984) bevorzugt. Einen

Vorteil des PDI gegenüber dem von Korff Index wird darin gesehen, dass nicht nur

eine Klassifizierung der Probanden in die verschiedenen Chronic Pain Grade der

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IV DISKUSSION

223

Beeinträchtigung, sondern detailliertere Überprüfung verschiedener Aspekte der

Beeinträchtigung möglich wäre. Folgende Untersuchungen sollten dementsprechend

eine detailliertere Erfassung der Disability ermöglichen, indem spezifischere

Fragebögen zur Beeinträchtigung der Probanden eingesetzt werden.

Bezüglich der Erfassung der Endurance-Reaktionen wie auch der Response Pattern der

untersuchten Probanden könnte im Allgemeinen angenommen werden, dass in der

vorliegenden Arbeit der Einfluss der Response-Pattern beispielsweise auf den

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes und schmerzneutrales sowie auf den

Gedächtnisbias für affektives und sensorisches Wortmaterial aufgrund der

Operationalisierung der Endurance- bezogenen (repressiven) Verarbeitung nicht

gefunden werden konnte. Eine gängige Methode für die Erfassung einer repressiven

Verarbeitung stellt das Schema von Weinberger et al. (1979) dar (Myers, 2010). Bei der

Klassifizierung nach Weinberger et al. (1979) werden die Ausprägung der Merkmale

Angst (beispielsweise erfasst über die Taylor Manifest Anxiety Scale; MAS; Taylor,

1953) und Defensivität (beispielsweise erfasst über die Marlowe-Crowne Social

Desirability Scale; SDS; Crowne & Marlowe, 1960) herangezogen. Dabei werden drei

Verarbeitungstypen voneinander unterschieden: repressiv, hoch-ängstlich und niedrig-

ängstlich. REP durch eine geringe Werte im MAS und hohe Werte im SDS

gekennzeichnet. REP beschreiben sich selbst nach Weinberger et al. (1979) unter

anderem mit den folgenden Merkmalen: ‚rational (subjugate emotion), do not get upset

very easily, (…) do not get discouraged easily, (…) I usually plan whatever I do‘

(Weinberger et al., 1979, S. 378). Hoch-ängstliche Personen weisen hohe Werte im

MAS und niedrige Werte im SDS auf. Sie beschreiben sich selbst unter anderem mit

den Merkmalen ‚shy, worried about what others think; quiet, slow in making friends

(…), independence… sometimes at the point of alienation, quiet, uncomplaining‘

beschrieben (Weinberger et al., 1979, S. 379). Niedrig-ängstliche Personen weisen

hingegen in beiden Inventaren geringe Werte auf. Sie beschreiben sich selbst nach

Weinberger et al. (1979, S. 179) unter anderem mit den Charakteristika ‚enjoying life,

versatility, flexibility, (…), fairly outgoing, like being with people, a diverse person

who enjoys doing active things‘. Dieses Schema wird auch in der Schmerzforschung

verwendet, um suppressives Verhalten zu identifizieren (s. Abschnitt IV.2.4). Kritisch

ist anzumerken, dass die Klassifizierung nach Weinberger et al. (1979) auf suppressive

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IV DISKUSSION

224

Merkmale als allgemeine Eigenschaft, nicht jedoch spezifisch auf schmerzbezogenes

suppressives Coping basiert. Demgegenüber liegt ein Vorteil der in der vorliegenden

Untersuchung angewandten Klassifizierung nach Hasenbring (Hasenbring et al., 2001;

Hasenbring et al., 2012; Hasenbring & Verbunt, 2010) darin, dass weniger allgemeine,

sondern spezifisch auf Schmerzen bezogene Response-Pattern erfasst werden. Dieser

Vorteil der hier vorliegenden Arbeit gegenüber bisherigen Arbeiten zum repressiven

Coping-Stil bei Schmerzen ist auch auf die Untersuchung der Single-Responses zu

übertragen. Das hier verwendete Instrument (AEQ; Hasenbring et al., 2009) erfasst

suppressive Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen explizit auf Schmerzen. In

den bisherigen Untersuchungen wurden allerdings schmerzunabhängige Instrumente

verwendet, wie bereits aufgeführt bei dem Klassifizierungsschema nach Weinberger,

Schwartz und Davidson (1979), bei der die Einteilung mithilfe der Werte in den

Fragebögen MAS (Taylor, 1953) und SDS (Crowne & Marlowe, 1960) erfolgte.

Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen ist zu beachten, dass weitere hier nicht

erhobene Merkmale eine bedeutsame Rolle beim Informationsverarbeitungsbias spielen

und sich daraus Implikationen für die weitere Forschung zum

Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten ergeben. So leitet sich aus den

Ausführungen in Abschnitt IV.2.2 ab, dass zukünftige Untersuchungen zum

Aufmerksamkeitsbias Aspekte wie Rumination berücksichtigen sollten. Weiterhin

wurden in bisherigen Untersuchungen der ASI (Reiss et al., 1986) und der PASS

(McCracken, Zayfert & Gross, 1992) zur Erfassung von FOP bzw. FAR eingesetzt. In

den hier vorliegenden Untersuchungen wurden diese Fragebögen nicht verwendet. In

der ersten Untersuchung lassen sich daher die Ergebnisse nur bedingt mit den Befunden

aus der Untersuchung von Snider et al. (2000) vergleichen. Allerdings ist hier eine

Einschränkung der vorliegenden Untersuchung in Hinsicht auf die Argumentation, dass

Patienten mit einem FAR-RP aufgrund ihrer hohen Schmerzangst schmerzassoziiertes

Material vermeiden, zu nennen. Tatsächlich basiert die Klassifizierung der Patienten

mithilfe des AEQ auf Items, die sich weniger auf FOP beziehen als auf suppressive

Kognitionen und suppressives Verhalten sowie Ausmaß der depressiven Symptomatik

im BDI. Um den Einfluss von FOP auf den Gedächtnisbias für schmerassoziiertes

Material zu überprüfen, wurden in der vorliegenden Untersuchung Korrelationsanalysen

vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass die FOP deutlich mit dem Gedächtnisbias

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IV DISKUSSION

225

zusammenhängt. Konsistent mit den Ergebnissen aus dem Vergleich der Response-

Pattern konnte gezeigt werden, dass mit zunehmender FOP weniger schmerzassoziiertes

Material wiedergegeben wird und die Wiedergabe von schmerzunabhängigem Material

zunimmt. Folglich bestätigen die vorliegenden Ergebnisse, dass, ähnlich wie bei FAR-

RP, FOP mit einer Vermeidung von schmerzassoziiertem Material zugunsten von

neutralem Material assoziiert ist. Zusätzlich wurde hier post-hoc eine Medianhalbierung

mit den erreichten Werten im TSK ausgeführt, um die Gedächtnisleistungen in

Abhängigkeit einer hohen im Vergleich zu einer niedrigen Ausprägung von FOP

untersuchen zu können. Hier konnte ebenfalls gezeigt werden, dass Probanden mit einer

höheren FOP im Vergleich zu gesunden Probanden weniger schmerzassoziiertes

Material wiedergeben als gesunde Kontrollprobanden. Dieses Ergebnis bestätigt, dass

FOP, wie auch FAR-RP, eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material

bewirken. Die Korrelationsanalyse zeigten zudem, dass im AEQ die

verhaltensbezogenen Aspekte der FOP stärker mit einer Vermeidung von

schmerzassoziiertem Material assoziiert ist, als kognitive oder affektive Komponenten.

Dieses Ergebnis stimmt mit der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese überein und

bestätigt, dass verhaltensbezogene FOP Komponenten richtungsweisend sind für das

Auftreten eines Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten. Bisher ist nur eine

Untersuchung bekannt, welche die Zusammenhänge zwischen FOP und dem

Gedächtnisbias untersucht hat. In dieser Untersuchung wurden bei gesunden Probanden

mithilfe einer Aufgabe zur freien Wiedergabe die Gedächtnisleistungen untersucht.

Williams et al. (2005) konnten bei gesunden Probanden ein selektives Gedächtnis für

schmerassoziierte und positive Wörter im Vergleich zu sozial bedrohlichen, auf Fallen

bezogenen und neutralen Wörtern nachweisen. Die Effekte zeigten sich unabhängig von

der FOP, gemessen über den FPQ-III (McNeil & Rainwater, 1998), der Probanden.

Daher ist davon auszugehen, dass die Befunde der hier dargestellten Untersuchungen

nicht in bedeutsamer Weise durch die Instrumentenwahl verzerrt sind. Dennoch wäre

für zukünftige Studien denkbar, die Zusammenhänge mit weiteren gängigen

Fragebögen zu erfassen und einen Vergleich dieser im Zusammenhang mit dem

Informationsverarbeitungsbias vorzunehmen.

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IV DISKUSSION

226

4.4 Die Stichprobengröße

Einige Befunde der hier dargestellten Untersuchungen beruhen auf relativ geringe

Stichprobengrößen. Die Größe der untersuchten Stichprobe ist allerdings ein wichtiger

Faktor der statistischen Power der Ergebnisse. Insbesondere in klinischen Stichproben

stellen kleinere Stichprobengrößen ein häufiges Problem für die statistische Power der

Untersuchungen dar. Um einen adäquaten Umgang mit dieser Problematik zu

ermöglichen, wurden in der vorliegenden Arbeit mithilfe des Programms G*Power

(Faul, Erdfelder, Buchner & Lang, 2009; Faul, Erdfelder, Lang & Buchner, 2007) für

alle drei Untersuchungen Power-Analysen berechnet.

Für die erste Untersuchung wurde bei einer Gesamtstichprobengröße von 49 Personen

eine ANOVA mit 2 Messwiederholungen auf dem Faktor Trial-Typ (kongruente/

inkongruente Durchgänge) und dem Zwischensubjektfaktor Klinischer Status (CLBP-

Patienten vs. Kontrollprobanden) a priori eine Power-Analyse berechnet (s. Abschnitt

III.1.2.4). Daraus ergab sich eine benötigte Stichprobengröße von insgesamt 54

Probanden bei einer Power=0.95. Die Daten von fünf Personen, die an der

Untersuchung teilnahmen, konnten aufgrund von technischen Problemen bei der dot-

probe Aufgabe nicht verwertet werden, so dass insgesamt die Daten von 25 CLBP-

Patienten 24 schmerzfreien Kontrollprobanden in den anschließenden Analysen

eingingen. A posteriori wurde daher eine Power-Analyse mit der reduzierten Anzahl der

Untersuchungsteilnehmer (N=49) berechnet. Es wurde eine Effektgröße von δ=0.25,

einer α-Fehler-Wahrscheinlichkeit=0.05 vorgegeben. Für die Trial-Typ x Klinischer

Status Interaktion wurde eine Power=0.929 (λ=12.25) errechnet. Für den Effekt des

Innersubjektfaktors wurde eine Power=0.929 (λ=12.25) und für den

Zwischensubjektfaktor wurde eine Power=0.508 (λ=4.083) berechnet. Das Ergebnis der

schwerpunktmäßig erwarteten Klinischer Status x Trial-Typ Interaktion weist folglich

eine hohe Power auf. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass hier die richtige

Alternativhypothese angenommen wurde liegt somit bei ca. 93%.

In der zweiten Untersuchung wurden die Aufmerksamkeitsunterschiede in

Abhängigkeit von den Response-Pattern der CLBP-Patienten überprüft. Dabei gingen

die Daten von insgesamt 56 Patienten in die Analysen ein. Es wurde a posteriori eine

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IV DISKUSSION

227

Power-Analyse für eine ANOVA mit 2 Messwiederholungen auf einem Faktor Wort-

Typ (schmerzassoziiert vs. schmerzneutral) mit den zwei Merkmalsausprägungen bei 3

Response-Pattern (AR-RP, ER-RP, FAR-RP) berechnet. Dabei konnte für den

Zwischensubjektfaktor eine Power=0.452 (λ=4.66), für den Innersubjektfaktor eine

Power=0.957 (λ=14.0) und für die Interaktion zwischen den beiden Faktoren eine

Power=0.919 (λ=14.0) berechnet werden. Insgesamt ist damit die berechnete Power für

den Zwischensubjektfaktor als klein und für den Innersubjektfaktor sowie für Response-

Pattern x Wort-Typ Interaktion als hoch zu bewerten.

A posteriori wurde zudem eine Power-Analyse für die Analysen mit den 4 Response-

Pattern (AR-RP, E-ER-RP, D-ER-RP, FAR-RP) berechnet. Dabei konnte für den

Zwischensubjektfaktor eine Power=0.386 (λ=4.66), für den Innersubjektfaktor eine

Power=0.957 (λ=14.0) und für die Interaktion zwischen den beiden Faktoren eine

Power=0.87 (λ=14.0) berechnet werden. Insgesamt ist damit die berechnete Power für

den Zwischensubjektfaktor als klein und für den Innersubjektfaktor sowie für die

Response-Pattern x Wort-Typ Interaktion als hoch zu bewerten. Trotz der hohen

berechneten Power der Klinischer-Status x Wort-Typ Interaktion ist an dieser Stelle zu

berücksichtigen, dass die Anzahl der Personen, die den jeweiligen Response-Pattern

zugeordnet wurden, sehr unterschiedlich hoch waren. Während die Anzahl der Patienten

mit einem ER-RP und einem AR-RP annähernd gleich waren, war die Anzahl der

Patienten mit einem FAR-RP relativ gering. Dementsprechend sind die Befunde aus den

Analysen zu den schmerzbezogenen Response-Pattern in ihrer Interpretierbarkeit als

eingeschränkt zu betrachten. Als Konsequenz dieser Überlegungen sollten zukünftige

Untersuchungen eine quasiexperimentelle Vorgehensweise, in der beispielsweise eine

gleiche Anzahl der Personen pro Response-Pattern geachtet wird.

In der dritten Untersuchung wurde a priori eine Power-Analyse für eine ANOVA mit

Messwiederholung auf dem Faktor Wort-Typ und dem Gruppierungsfaktor Klinischer

Status berechnet (s. Abschnitt III.3.2.5). Daraus ergab sich eine benötigte

Stichprobengröße von insgesamt 54 Probanden bei einer Power=0.95 für den Vergleich

der Leistungen der CLBP-Patienten mit denen der gesunden Kontrollgruppe. Insgesamt

wurden in der dritten Untersuchung 31 CLBP-Patienten untersucht. Für die ANOVA

zum Vergleich der Gedächtnisleistungen in Abhängigkeit der drei Response-Pattern bei

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IV DISKUSSION

228

31 Probanden insgesamt wurde a posteriori eine Power=0.652 (λ=7.75) berechnet. Zu

beachten ist allerdings auch hier wie bereits in der zweiten Untersuchung, dass

insbesondere die Anzahl der Personen in einem FAR-RP relativ gering war. Daher kann

nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse durch diese kleine Stichprobengröße

verzerrt sein könnten. Auch hier ist in zukünftigen Untersuchungen darauf zu achten,

dass eine gleiche Anzahl der Personen pro Response-Pattern in die Untersuchung

aufgenommen werden. A priori wären bei einer Effektgröße von δ=0.25, einer α-Fehler-

Wahrscheinlichkeit=0.05 insgesamt 66 CLBP-Patienten notwendig bei 3 Response-

Pattern (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) bzw. 76 CLBP-Patienten bei einem Vergleich

der 4 Response-Pattern (D-ER-RP, E-ER-RP, FAR-RP und AR-RP) miteinander (s.

Abschnitt III.3.2.5).

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V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE

229

V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE

Kognitive Theorien postulieren, dass Personen mit chronischen Rückenschmerzen

aufgrund ihrer vermehrten Erfahrung mit Schmerzen und schmerzauslösenden

Situationen eine schmerzgefärbte Sicht der Welt aufweisen (Ruoß, 1998). In der Folge

wird angenommen, dass Personen mit chronischen Rückenschmerzen sich in ihrer

Verarbeitung von schmerzassoziiertem Material von gesunden Personen unterscheiden

(Grigsby et al., 1995; Pincus et al., 1998). Ein solcher kognitiver Bias konnte bisher

allerdings nicht einheitlich berichtet werden, so dass zunehmend individuelle Merkmale

der Personen in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Bisherige Untersuchungen

konzentrierten sich primär auf allgemeinen Distress und Fear-Avoidance Reaktionen.

Nach dem Avoidance-Endurance Modell (Hasenbring & Verbund, 2010) erweisen sich

bei der Entstehung und Exazerbation chronischer Rückenschmerzen jedoch nicht nur

Fear-Avoidance-Reaktionen sondern auch suppressive (Endurance-) Reaktionen auf

Schmerzen als bedeutsam. Die Zusammenhänge zwischen schmerzspezifischen

Endurance-Reaktionen und einem kognitiven Bias für schmerzassoziiertes Material

blieben in der bisherigen Schmerzforschung jedoch weitgehend unbeachtet.

Die vorliegende Arbeit zielte darauf ab, bei CLBP-Patienten und Kontrollpersonen

allgemeine Merkmale wie Depressivität und Angst sowie schmerzbezogene Disability

und Fear-Avoidance Reaktionen ebenso wie schmerzbezogene suppressive Reaktionen

zu erfassen und ins Verhältnis zu den Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen für

schmerzassoziiertes Material der Personen zu setzen. Ein besonderes Augenmerk lag

zudem darauf, die Fear-Avoidance- und die Endurance-Reaktionen auf Schmerzen

sowohl als Single-Responses als auch als Response-Pattern im Sinne des Avoidance-

Endurance Modells zu berücksichtigen. Für die Verfolgung dieser Ziele wurden

insgesamt drei Untersuchungen durchgeführt.

In der ersten empirischen Untersuchung wurde mithilfe einer dot-probe Aufgabe mit

Bildmaterial der Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes und schmerzneutrales

Material bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Personen untersucht. Ein

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V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE

230

Aufmerksamkeitsbias konnte allerdings nicht einzig in Abhängigkeit des klinischen

Status der untersuchten Personen nachgewiesen werden. Vielmehr ließ er sich durch die

individuellen Merkmale der untersuchten Personen vorhersagen. Dabei erwies sich

Katastrophisieren als prädiktiv für eine Vermeidung von schmerzassoziierten Bildern

und die verhaltensbezogene Vermeidung körperlicher Aktivitäten als prädiktiv für eine

stärkere selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material. Bei der

spezifischen Betrachtung von Engagement- und Disengagement-Effekten erwies sich

die schmerzbezogene Disability der Personen als prädiktiv für beide Effekte. Hierbei

sagte die charakteristische Schmerzintensität eine geringere Vigilanz vorher, während

die durch Schmerzen erlebte Beeinträchtigung bei alltäglichen, erholsamen, sozialen

und auch beruflichen Aktivitäten größere Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen vorhersagte. Auch zeigten sich mit einer

stärkeren Unterdrückung von schmerzassoziierten Gedanken sowohl eine geringere

Vigilanz für schmerzassoziiertes Material als auch größere Schwierigkeiten, sich von

schmerzassoziiertem Material zu lösen. Allerdings konnte hier kein Vorhersagewert für

Gedankenunterdrückung unabhängig von Disability nachgewiesen werden. Die

bivariaten Korrelationen zwischen Gedankenunterdrückung und dem Kongruenz Index

sowie dem Inkongruenz Index entfielen im multivariaten Auswertungsschritt.

In der zweiten empirischen Untersuchung lag der Schwerpunkt darauf, Formen des

Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Bildmaterial innerhalb von Subgruppen

bei CLBP-Patienten zu untersuchen, die sich in ihren individuellen

Schmerzverarbeitungsformen (Pain Response-Pattern) unterscheiden. Weiterhin wurde

geprüft, inwieweit die korrelativen Zusammenhänge aus der ersten Untersuchung sich

replizieren lassen. Der Aufmerksamkeitsbias zeigte sich auch hier im Zusammenhang

mit den individuellen Merkmalen der Patienten. Mit zunehmendem allgemeinem

Distress zeigte sich eine zunehmende Vermeidung von schmerzassoziiertem

Bildmaterial. Auch vermehrte schmerzspezifische Angst- und Vermeidungskognitionen

und FAR-bezogene Gefühle von Angst und Depression waren mit einer vermehrten

Vermeidung von schmerzassoziiertem Material verbunden. Mit zunehmender positiver

Stimmung trotz anhaltender Schmerzen als emotionale ER, zeigte sich dagegen eine

stärkere selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material. Eine

verhaltensbezogene ER, Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen aufrechtzuerhalten

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V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE

231

war mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material und mit größeren

Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen assoziiert. Die

Response-Pattern hatten dagegen keinen bedeutsamen Einfluss auf den

Aufmerksamkeitsbias.

In der dritten empirischen Untersuchung wurden mithilfe einer free-recall Aufgabe die

Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Wortmaterial bei CLBP-Patienten und

gesunden Personen untersucht. Auch der Gedächtnisbias zeigte sich weniger in

Abhängigkeit von dem klinischen Status der Probanden als vielmehr im Zusammenhang

mit den individuellen Merkmalen der Probanden. Dabei nahm der Gedächtnisbias

sowohl im Zusammenhang mit den Single-Responses, als auch in Abhängigkeit von den

Response-Pattern der Patienten unterschiedliche Richtungen an, die von einem

selektiven Gedächtnis bis zu einer Vermeidung des schmerzassoziierten Materials

reichten. Hier zeigte sich ebenfalls im Sinne einer stärkeren Vermeidung, dass mit

zunehmender FAR weniger schmerzassoziierte Wörter zugunsten schmerzneutraler

Wörter wiedergegeben wurden. Diese Form des Gedächtnisbias zeigte sich bei FAR auf

emotionaler, kognitiver und auch auf behavioraler Reaktionsebene. Auch eine

vermehrte Disability war mit einer geringeren Wiedergabe, also einer stärkeren

Vermeidung, von schmerzassoziiertem Material, verbunden. Bei einer Differenzierung

zwischen sensorischen und affektiven Schmerzwörtern zeigte sich eine geringere

Wiedergabe von sensorischen Wörtern mit zunehmender behavioraler FAR. Für die

affektiven Schmerzwörter ließ sich dagegen beobachten, dass diese mit zunehmender

ER diese weniger wiedergegeben wurden. Diese geringere Wiedergabe von affektiven

Schmerzwörtern fand sich hier auf der behavioralen Ebene.

Insgesamt konnte gezeigt werden, dass eine differenzierte Erfassung sowohl der

Response-Pattern als auch der Single-Responses auf den verschiedenen

Verarbeitungsebenen bei CLBP bedeutsam ist. Die Ergebnisse lassen sich im Sinne der

Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese interpretieren. Entsprechend der verschiedenen

Richtungen, die der kognitive Bias in Abhängigkeit der individuellen Merkmale

annehmen kann, lassen sich unterschiedliche klinische Implikationen ableiten. Weitere

Untersuchungen sind allerdings erforderlich, in denen beispielsweise weitere Aspekte

des Stimulus-Materials, Geschlechtsunterschiede sowie Unterschiede in den

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V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE

232

individuellen Charakteristika wie Angst-und Vermeidungsreaktionen sowie suppressive

Reaktionen sowohl als Single-Response als auch als Response-Pattern im Detail

berücksichtigt werden sollten.

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VII ANHANG

274

VII ANHANG

A. Einverständniserklärung

„Kognitive Funktionen bei Schmerz“

Einverständniserklärung

Hiermit erkläre ich, __________________________________________________

geboren am _____________________ in ________________________________

meine Bereitschaft, an einer Studie zur Untersuchung kognitiver Funktionen bei Schmerzen

teilzunehmen.

Ich erkläre mich bereit, an einer Befragung zum Schmerzerleben und zu weiteren

psychologischen Variablen teilzunehmen. Diese erfolgt anhand von Fragebögen, deren Dauer

individuell variiert (ca. 20-40 Minuten).

Ferner stimme ich einer Untersuchung zum Zusammenhang von Schmerz mit Gedächtnis und

Aufmerksamkeit zu. Die Untersuchung dauert insgesamt ca. 70 Minuten.

Ich werde hiermit darauf hingewiesen und bin damit einverstanden, dass die Ergebnisse der

Befragung, die Ergebnisse der Gedächtnis- und Aufmerksamkeitstests, sowie der Tests zum

Problemlösen und zur Kreativität mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV)

gespeichert und ausgewertet werden. Mir wird hiermit versichert, dass mein Name, meine

Anschrift und mein Geburtsdatum nicht mit den EDV-gespeicherten Daten zusammengebracht

werden. Die Speicherung und Auswertung der Daten mit Hilfe der EDV während des Projekts

unterliegt Datenschutzbestimmungen.

Die Untersuchungsgespräche fallen ebenfalls unter die Datenschutzbestimmung, sowie unter die

ärztliche Schweigepflicht.

Mir wird hiermit versichert, dass meine Teilnahme freiwillig ist und die bisher gespeicherten

Daten gelöscht werden, falls ich meine Bereitschaft zur Teilnahme widerrufe.

Bochum, den ___________ __________________________________

(Unterschrift d. Teilnehmers/in)

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VII ANHANG

275

B. Sozialanamnese

Zunächst haben wir einige Fragen zu Ihrer Person:

1. Name:____________________ Vorname:__________________________

2. Geschlecht: □ männlich □ weiblich (szges)

3. Geburtstag: ____________ (szgesgen)

4. Welche Staatsangehörigkeit haben Sie? (szsta)

□ deutsch □ eine andere als deutsch

5. Wohnsituation: (szwosi)

□ allein lebend

□ mit Partner/in lebend

□ mit Partner/in und Kindern lebend

□ mit Kinder / ohne Partner/in

□ mit den Eltern lebend

□ mit Freunden lebend

□ in Wohngemeinschaft lebend

□ Sonstiges: ______________

6. Wie ist Ihr Familienstand? (szfav6)

□ ledig

□ verheiratet

□ ledig, in fester Partnerschaft

□ geschieden / getrennt lebend

□ verwitwet

7. Welchen Schulabschluss haben Sie? Kreuzen Sie bitte alles an, was auf Sie zutrifft!

□ Hauptschule / Volksschule (szha)

□ Realschule / Mittlere Reife (szre)

□ Polytechnische Oberschule (szpoly)

□ Fachhochschulreife (szfach)

□ Abitur / Allgemeine Hochschulreife (szabi)

□ anderen Schulabschluss (szande)

□ keinen Schulabschluss (szksa)

8. Welche Berufsausbildung haben Sie abgeschlossen? Kreuzen Sie bitte alles an, was auf Sie zutrifft!

□ Lehre (berufliche/betriebliche Ausbildung) (szbale)

□ Fachschule (Meister-, Technikerschule, Berufs- Fachakademie) (szbafa)

□ Fachhochschule / Ingenieurschule (szbafh)

□ Universität / Hochschule (szbaun)

□ andere Berufsausbildung (szbaab)

□ keine Berufsausbildung (szkb)

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VII ANHANG

276

9. Sind Sie zurzeit erwerbstätig? (szewt)

□ ja, ganztags

□ ja, mindestens halbtags

□ ja, weniger als halbtags

□ nein, Hausfrau / Hausmann

□ nein, in Ausbildung

□ nein, arbeitslos / erwerbslos

□ nein, anderes________________________

10. Beziehen Sie derzeit eine Rente? (szren)

□ Nein □ ja, auf Zeit □ ja, endgültig

Falls Sie mit "Ja" geantwortet haben, handelt es sich um eine... (szrea)

□ Erwerbs-, Berufsunfähigkeitsrente

o wegen Ihrer Schmerzen?

o aus anderen Gründen?

□ Altersrente

□ vorgezogene Altersrente

□ Berufsgenossenschaftsrente

□ anderes_____________________________

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VII ANHANG

277

C. Schmerzanamnese

Im Folgenden möchten wir Sie bitten, eine Reihe von Fragen zu Ihren

momentanen Hauptschmerzen zu beantworten.

1. Zeigen Sie bitte mit Hilfe der nachfolgenden Zeichnungen, wo Ihre Schmerzen sind:

Machen Sie auf der entsprechenden Zeichnung ein Kreuz, wo Sie Ihre Schmerzen spüren

Falls Ihre Schmerzen an diesem Punkt beginnen und in einen anderen Körperteil

ausstrahlen, zeichnen Sie dies bitte mit einem Pfeil ein.

Falls ein größeres Gebiet des Körpers schmerzt, so schraffieren Sie bitte die Schmerzzone.

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VII ANHANG

278

Nur vom Untersucher auszufüllen!

□ cranial (salokcr)

□ facial (salokfa)

□ cervical (salokce)

□ thorakal (salokth)

□ lumbal (saloklu)

□ nicht dermatombezogene Ausstrahlung (salokps)

□ dermatombezogene Ausstrahlung (salokde)

□ sonstiges:________________________

2. Nennen Sie Ihre augenblicklichen Hauptbeschwerden:

1._________________________________________________

2._________________________________________________

3._________________________________________________

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VII ANHANG

279

Die folgenden Fragen beziehen sich auf Ihre Rücken- und/ oder Beinschmerzen, auch wenn sie

gering ausgeprägt sind oder eher selten auftreten

3. Geben Sie bitte an, ob bzw. wie stark Ihre Schmerzen in den letzten 7 Tagen im Durchschnitt

ausgeprägt waren? (sas7t)

0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10

Kein stärkster

Schmerz vorstellbarer

Schmerz

4. Wie stark sind Ihre Schmerzen in diesem Moment ausgeprägt? (savk1)

0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10

Kein stärkster

Schmerz vorstellbarer

Schmerz

5. Wie lange dauern Ihre jetzigen Schmerzen bereits an? (sadauh)

□ Tage: wie viele Tagen genau? _____ (sadaug)

□ Wochen: wie viele Wochen genau? _____

□ Monate: wie viele Monaten genau? _____

□ Jahre: wie viele Jahren genau? _____

6. Bitte geben Sie die größte Schmerzstärke während der letzten 3 Monate an: (savk2)

0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10

Kein stärkster

Schmerz vorstellbarer

Schmerz

7. Bitte geben Sie die durchschnittliche Schmerzstärke während der letzten 3 Monate an: (savk3)

0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10

Kein stärkster

Schmerz vorstellbarer

Schmerz

Bitte prüfen Sie, ob Sie alle Fragen beantwortet haben!

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VII ANHANG

280

D. Anamnese anderer Erkrankungen

Haben Sie im Moment andere schwerwiegende Erkrankungen? Bitte kreuzen Sie Zutreffendes an.

1. Herzerkrankungen (z.B. Angina pectoris, Herzinfarkt, Herzschwäche, Rhythmusstörungen)

□ ja □ nein (saanerkrhz)

2. Kreislauferkrankungen (z.B. Hochdruck, Unterdruck, Schlaganfall, Arterienverkalkung,

Aneurysma)

□ ja □ nein (saanerkrkl)

3. Bösartige Erkrankungen/ Tumoren

□ ja □ nein (saanerkrtum)

4. Erkrankungen des Nervensystems wie Anfallsleiden (Epilepsie), Nervenleiden, Gemütserkrankung

□ ja □ nein (saanerkrnerv)

5. Neurologische oder degenerative Erkrankungen (z.B. Demenz, Morbus Parkinson, Chorea

Huntington, Multiple Sklerose)

□ ja □ nein (saanerkrdeg)

6. Psychiatrische Erkrankungen (z.B. affektive Störungen, Angst- oder Panikstörungen, Schizophrenie)

□ ja □ nein (saanerkrpsy)

7. Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes (Zucker), Gicht, Erhöhung der Blutfettwerte, Schilddrüsen

und andere Hormondrüsenerkrankungen)

□ ja □ nein (saanerkrsto)

8. Lungenerkrankungen (z.B. chronischer Husten, Asthma, Bronchitis, Emphysmen, Tuberkulose,

Lungenentzündung)

□ ja □ nein (saanerkrlung)

9. Magen- Darm und Enddarmerkrankungen (z.B. Entzündungen, Geschwüre, Blutungen)

□ ja □ nein (saanerkrmd)

10. Harnwegserkrankungen (Niere, Blase, Harnröhre) z.B. Entzündungen, Steine, Blutungen,

chronisches Nierenversagen)

□ ja □ nein (saanerkrharn)

11. Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, Gallenleiden (z.B. Entzündungen, Steine)

□ ja □ nein (saanerkrleb)

12. Unterleibserkrankungen, Erkrankungen der Geschlechtsorgane

□ ja □ nein (saanerkrunt)

13. Unverträglichkeiten, Allergien (z.B. Pflaster, Lebensmittel, Wasch- und Putzmittel, Blütenstaub,

Hausstaub)

□ ja □ nein (saanerkrall)

14. Sind Sie allergisch gegen bestimmte Medikamente?

□ ja □ nein (saanerkrmedall)

15. Konsumieren Sie regelmäßig Substanzen wie z.B. Alkohol, Marihuana, LSD, Tranquilizer, Opiate,

Kokain, Amphetamine?

□ ja □ nein (saanerkrsubs)

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VII ANHANG

281

E. Von Korff Fragebogen

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VII ANHANG

282

F. BDI

Bitte lesen Sie jeden Abschnitt (A bis U) einzeln durch, und kreuzen Sie den Satz an, der am besten beschreibt, wie

Ihre Stimmung in der letzten Woche war. Machen Sie ein Kreuz durch die jeweils davorstehende Zahl. Manchmal ist

keiner der genannten Sätze in der Lage, Ihre Stimmung völlig zutreffend zu beschreiben. Bitte kreuzen Sie dann

denjenigen an, der noch am ehesten zutrifft.

A

[ ] Ich bin nicht traurig.

[ ] Ich bin schwermütig oder traurig.

[ ] Ich bin dauernd schwermütig oder traurig und kann aus dieser Stimmung nicht herauskommen.

[ ] Ich bin so traurig und unglücklich, dass es mich quält.

[ ] Ich bin so traurig und unglücklich, dass ich es nicht mehr aushalten kann.

B

[ ] Ich sehe nicht besonders ängstlich oder mutlos in die Zukunft.

[ ] Ich sehe mutlos in die Zukunft.

[ ] Ich glaube, ich habe nichts mehr zu erwarten.

[ ] Ich fürchte, ich werde aus meinen Schwierigkeiten nicht mehr herauskommen.

[ ] Ich glaube, dass meine Zukunft hoffnungslos ist und die Dinge sich nicht zum Besseren wenden können.

C

[ ] Ich fühle mich nicht als Versager.

[ ] Ich glaube, ich habe öfter versagt als die meisten anderen Menschen.

[ ] Ich glaube, ich habe im Leben wenig geschafft, was sich gelohnt hätte oder was von Bedeutung ist.

[ ] Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, sehe ich eine Menge Fehlschläge.

[ ] Ich glaube, ich bin ein völliger Versager (als Vater, Mutter, Ehemann, Ehefrau).

D

[ ] Ich bin nicht unzufrieden.

[ ] Ich fühle mich meist gelangweilt.

[ ] Ich kann mich nicht mehr so freuen wie früher.

[ ] Mich kann nichts mehr befriedigen.

[ ] Ich bin mit allem unzufrieden

E

[ ] Ich habe keine besonderen Schuldgefühle

[ ] Ich habe oft ziemliche Schuldgefühle.

[ ] Ich habe dauernd das Gefühl, schlecht und wertlos zu sein.

[ ] Ich glaube, dass ich ein sehr schlechter, wertloser Mensch bin.

F

[ ] Ich habe nicht das Gefühl, vom Schicksal gestraft zu sein.

[ ] Ich habe das Gefühl, dass mir etwas Schlimmes zustoßen könnte.

[ ] Ich glaube, dass das Schicksal mich straft oder strafen wird.

[ ] Ich fühle, dass ich solche Schicksalsschläge verdiene.

[ ] Ich wünsche mir, dass ich bestraft werde.

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VII ANHANG

283

G

[ ] Ich bin mit mir nicht unzufrieden.

[ ] Ich bin von mir enttäuscht.

[ ] Ich kann mich selbst nicht leiden.

[ ] Ich ekele mich vor mir selber.

[ ] Ich hasse mich.

H

[ ] Ich meine nicht, dass ich schlechter bin als sonst irgendjemand.

[ ] Ich bin sehr kritisch, was meine Fehler oder Schwächen angeht.

[ ] Ich mache mir Vorwürfe bei allem, was schief geht.

[ ] Ich glaube, dass ich viele schlimme Fehler habe.

I

[ ] Ich käme nicht auf die Idee, mir selbst etwas anzutun.

[ ] Ich denke manchmal daran, mir etwas anzutun, aber ich brächte es nicht fertig.

[ ] Ich glaube, es wäre besser, wenn ich tot wäre.

[ ] Ich habe bestimmte Vorstellungen, wie man Selbstmord verübt.

[ ] Ich glaube, meine Familie wäre besser dran, wenn ich tot wäre.

[ ] Ich würde mich umbringen, wenn ich es könnte.

J

[ ] Ich weine nicht öfter als früher.

[ ] Ich weine häufiger als früher.

[ ] Ich weine jetzt dauernd, ich kann nicht aufhören zu weinen.

[ ] Früher konnte ich weinen; aber jetzt habe ich keine Tränen mehr, selbst wenn ich weinen möchte.

K

[ ] Ich bin nicht reizbarer als früher.

[ ] Ich werde leichter ungeduldig oder gereizt als früher.

[ ] Ich bin dauernd gereizt.

[ ] Was mich sonst geärgert hat, regt mich nun schon nicht mehr auf.

L

[ ] Ich habe das Interesse an anderen Menschen nicht verloren.

[ ] Mich interessieren andere Leute weniger als früher.

[ ] Ich kümmere mich kaum noch um andere Menschen und kann wenig für sie empfinden.

[ ] Ich habe mein Interesse an anderen Menschen verloren und kümmere mich nicht mehr um sie.

M

[ ] Ich bin so entschlussfreudig wie immer.

[ ] Ich bin unsicher geworden und versuche Entschlüsse aufzuschieben.

[ ] Ich kann mich ohne fremde Hilfe zu nichts mehr entscheiden.

[ ] Ich kann überhaupt keine Entschlüsse mehr fassen.

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VII ANHANG

284

N

[ ] Ich finde, dass ich nicht schlechter aussehe, als früher.

[ ] Es bekümmert mich, dass ich alt und unattraktiv aussehe.

[ ] Ich spüre, dass ich mich in meinem Aussehen dauernd ändere und dadurch immer unattraktiver werde.

[ ] Ich glaube, dass ich hässlich oder abstoßend aussehe.

O

[ ] Ich kann so gut arbeiten wie immer.

[ ] Ich muss mir einen Ruck geben, bevor ich etwas anfange.

[ ] Ich arbeite nicht mehr so gut wie früher.

[ ] Ich muss mich geradezu zwingen, etwas zu tun.

[ ] Ich kann gar nichts mehr tun.

P

[ ] Ich schlafe so gut wie immer.

[ ] Ich wache neuerdings morgens unausgeruht auf.

[ ] Ich wache jetzt immer eine bis zwei Stunden früher auf und schlafe nur schlecht wieder ein.

Q

[ ] Ich ermüde nicht eher als früher.

[ ] Ich bin leichter ermüdet als früher.

[ ] Schon die geringste Anstrengung ermüdet mich.

[ ] Ich bin zu müde, um irgendetwas zu tun.

R

[ ] Mein Appetit ist nicht schlechter als sonst.

[ ] Mir schmeckt es nicht mehr so wie früher.

[ ] Mein Appetit ist viel schlechter als sonst.

[ ] Ich habe überhaupt keinen Appetit mehr.

S

[ ] Ich habe in letzter Zeit kaum abgenommen.

[ ] Ich habe mehr als fünf Pfund verloren.

[ ] Ich habe mehr als zehn Pfund verloren.

[ ] Ich habe mehr als fünfzehn Pfund verloren.

T

[ ] Ich sorge mich um meine Gesundheit nicht mehr als gewöhnlich.

[ ] Ich sorge mich um Schmerzen, Magendrücken, Verstopfung oder andere körperliche Beschwerden.

[ ] Ich bin so mit dem beschäftigt, wie es mir geht und was ich fühle, dass ich kaum etwas anderes denken kann.

[ ] Ich bin vollkommen damit beschäftigt zu beobachten, wie ich mich fühle.

U

[ ] Ich kann in letzter Zeit keine Veränderung in meinem sexuellen Interesse feststellen.

[ ] Ich habe weniger sexuelles Verlangen als früher.

[ ] Ich habe kaum noch sexuelles Verlangen.

[ ] Ich habe gar kein Verlangen mehr nach sexueller Betätigung.

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VII ANHANG

285

G. STAI

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VII ANHANG

286

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VII ANHANG

287

H. AEQ

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VII ANHANG

288

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VII ANHANG

289

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VII ANHANG

290

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VII ANHANG

291

I. FABQ-D

Bitte kreuzen Sie für jede Feststellung eine Zahl zwischen 0 und 6 an, je nachdem, inwieweit körperliche Aktivitäten

wie Auswirkungen auf Ihre Rückenschmerzen haben oder haben könnten. Einige Gedanken beziehen sich auch auf

den Einfluss, den Ihre tägliche Arbeit auf Ihre Rückenschmerzen hat oder haben könnte.

Kreuzen Sie jeweils eine Zahl an, die Ihre Zustimmung zu diesen Gedanken entspricht. 0 bedeutet "stimmt gar nicht",

3 "unsicher" und 6 "stimmt genau"; mit den Zahlen dazwischen können Sie eine Abstufung Ihrer Zustimmung

angeben

stimmt unsicher stimmt

genau gar nicht

Meine Rückenschmerzen wurden durch körperliche Aktivitäten

verursacht.

0 1 2 3 4 5 6

Körperliche Aktivitäten verstärken meine Schmerzen.

0 1 2 3 4 5 6

Körperliche Aktivitäten könnten meinem Rücken schaden.

0 1 2 3 4 5 6

Ich sollte körperliche Aktivitäten, die meinem Rücken schaden,

unterlassen.

0 1 2 3 4 5 6

Ich kann körperliche Aktivitäten, die meinem Rücken schaden,

nicht ausüben.

0 1 2 3 4 5 6

Meine Schmerzen wurden durch meine Arbeit oder durch eine

Verletzung bei der Arbeit verursacht.

0 1 2 3 4 5 6

Durch meine Arbeit wurden meine Schmerzen verstärkt.

0 1 2 3 4 5 6

Ich hätte eigentlich einen Anspruch auf Entschädigung für meine

Schmerzen.

0 1 2 3 4 5 6

Meine Arbeit ist zu schwer für mich.

0 1 2 3 4 5 6

Meine Arbeit verschlimmert meinen Schmerz oder wird ihn

verschlimmern.

0 1 2 3 4 5 6

Meine Arbeit könnte meinen Rücken schädigen.

0 1 2 3 4 5 6

Mit meinen augenblicklichen Schmerzen sollte ich meine

gegenwärtige Arbeit eigentlich nicht ausüben.

0 1 2 3 4 5 6

Ich kann mit meinen augenblicklichen Schmerzen meine

gegenwärtige Arbeit nicht machen.

0 1 2 3 4 5 6

Bis meine Schmerzen nicht behandelt sind, kann ich meine

gegenwärtige Arbeit nicht tun.

0 1 2 3 4 5 6

Ich glaube nicht, dass ich in den nächsten drei Monaten an meine

normale Arbeit zurückkehren kann.

0 1 2 3 4 5 6

Ich glaube nicht, dass ich meine jetzige Arbeitstätigkeit überhaupt

wieder aufnehmen kann.

0 1 2 3 4 5 6

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VII ANHANG

292

J. TSK-D

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VII ANHANG

293

K. Instruktion für die Bewertung der Bilder aus der

PHODA

Im Folgenden werden Sie auf dem Computerbildschirm nacheinander verschiedene

Bilder dargeboten bekommen. Auf den Bildern sind jeweils Alltagsaktivitäten

dargestellt. Bitte schauen Sie sich die Bilder an.

Ihre Aufgabe besteht darin, bei jedem Bild jeweils die folgende Frage zu beantworten:

"Wie besorgt sind Sie darüber, Ihrem Rücken zu schaden, wenn Sie diese Aktivität

ausführen müssten?"

Ihre Antwort können Sie geben, indem Sie jeweils neben jedem Bild befindliche Skala

nutzen. Stellen Sie dabei bitte mit Hilfe der Computermaus, den für Sie persönlichen

Wert für jedes Bild ein.

Dabei bedeutet der Wert 0, dass Sie sich bei der dargestellten Aktivität keinerlei Sorgen

darüber machen, Ihrem Rücken zu schaden.

Der Wert 100 bedeutet, dass Sie sich sehr große Sorgen darüber machen, bei der

Aktivität Ihrem Rücken zu schaden.

Wenn Sie Ihren persönlichen Wert eingestellt haben, klicken Sie bitte auf die Fläche

„volgende“.

Bitte geben Sie für alle Bilder Ihre Bewertung ab! Wenn Sie dies getan haben, wenden

Sie sich bitte an die Untersucherin, die Ihnen dann weitere Instruktionen geben wird.

Haben Sie noch Fragen?

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VII ANHANG

294

L. Stimulusmaterial für die Free-Recall Aufgabe

Affektive Schmerzwörter

unerträglich

bedrückend

grausam

mörderisch

quälend

durchdringend

lähmend

erschöpfend

unangenehm

beängstigend

bedrohlich

unheilvoll

Sensorische Schmerzwörter

reißend

pochend

schneidend

glühend

bohrend

durchzuckend

brennend

pulsierend

klopfend

hämmernd

ziehend

stechend

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VII ANHANG

295

Schmerzneutrale Wörter

echt

bunt

zusätzlich

sachlich

spät

kurz

passend

frisch

durchsichtig

förmlich

früh

schnell

preiswert

rund

thematisch

verziert

neutral

nass

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VII ANHANG

296

Liste 1 Liste 2 Liste 3

passend zusätzlich schnell

kurz bunt rund

förmlich spät thematisch

unerträglich erschöpfend farbig

reißend bedrohlich grausam

regnerisch sichtbar klopfend

beschriftet bohrend unangenehm

hämmernd unbekannt geräumig

alphabetisch brennend rational

mörderisch sauber stechend

lähmend zufällig systematisch

pulsierend ziehend unheilvoll

interessiert bedrückend durchzuckend

beängstigend modern ländlich

kurvig quälend ordentlich

sonnig typisch durchdringend

einfach methodisch gestreift

glühend pochend schneidend

trocken geblümt niedrig

frisch echt preiswert

durchsichtig verziert neutral

früh sachlich nass

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VII ANHANG

297

M. Instruktion für die Free-Recall Aufgabe

Im Folgenden führe ich mit Ihnen eine Gedächtnisaufgabe durch. Ich werde Ihnen

nacheinander 3 Listen mit Wörtern auf Tonband vorspielen. Prägen Sie sich diese

Wörter bitte gut ein. Nach jeder Liste werde ich Sie bitten, mir so viele Wörter wie

möglich aus Ihrem Gedächtnis wiederzugeben. Die Reihenfolge der Wörter spielt dabei

keine Rolle.

Merken Sie sich jetzt bitte so viele Wörter wie möglich!

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VIII ERKLÄRUNG

298

VIII ERKLÄRUNG

Ich versichere hiermit, dass die vorliegende Dissertationsschrift eigenständig und

ausschließlich von meiner Person verfasst wurde, ich keine anderen als die angegebenen

Quellen verwendet habe und sie weder in der vorliegenden noch in einer anderen

Fassung in einer anderen Fakultät bisher vorgelegen hat.

______________________

Dipl.-Psych. Zohra Karimi

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IX CURRICULUM VITAE

299

IX CURRICULUM VITAE

Persönliche Daten

Name Zohra Karimi

Büroanschrift Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für

Medizinische Psychologie und Medizinische

Soziologie, Medizinische Fakultät,

Universitätsstraße 150, D-44780 Bochum

Emailadresse [email protected]

Geburtsdatum 28.08.1980

Studium

10/2000 – 10/2004

Ruhr-Universität Bochum; Studium der

Psychologie

Abschluss: Diplom

Thema der Diplomarbeit: „Der Einfluss von

exekutiven Funktionen und Psychotizismus auf

kreatives Denken“

Erstgutachter: Prof. Dr. Dr. O. Güntürkün

Zweitgutachterin: Prof. Dr. S. Windmann

Beruflicher Werdegang

03– 04/2003 Studentische Praktikantin an der

Westfälischen Klinik für Psychiatrie und

Psychotherapie Bochum (LWL-Klinik

Bochum)

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IX CURRICULUM VITAE

300

05– 06/2003 Studentische Praktikantin an der Ruhr-

Universität Bochum, AE Biopsychologie

07/2003 – 09/2004 Studentische Hilfskraft am Institut für

kognitive Neurowissenschaften, Ruhr-

Universität Bochum

12/2004 – 12/2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der

Abteilung für Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie, Ruhr-Universität

Bochum

04/2007 – 03/2008 Psychologische Psychotherapeutin in

Ausbildung in der LWL Klinik Dortmund

04/2008 – 03/2010 Psychologische Psychotherapeutin in

Ausbildung in der Verhaltenstherapeutischen

Schmerzambulanz der Abteilung für

Medizinische Psychologie und Medizinische

Soziologie der Ruhr- Universität Bochum

04/2010 – 12/2011 Psychologische Psychotherapeutin in der

Verhaltenstherapeutischen Schmerzambulanz

der Abteilung für Medizinische Psychologie

und Medizinische Soziologie der Ruhr-

Universität Bochum

10/2010 Approbation zur Psychologischen

Psychotherapeutin

01/2011 – 04/2011 Existenzgründung als selbstständige

Psychologische Psychotherapeutin mit einem

eigenen hälftigen Versorgungsauftrag

04/2011 Zulassung zur vertragstherapeutischen Praxis

als Psychologische Psychotherapeutin durch

die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-

Lippe (KVWL)

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IX CURRICULUM VITAE

301

Seit 04/2011 Niedergelassene psychologische

Psychotherapeutin mit hälftigem

Versorgungsauftrag in einer

Gemeinschaftspraxis in Bochum-Weitmar

Weitere Aus- und Fortbildungen

04/2007 – 03/2010 Weiterbildung zur psychologischen

Psychotherapeutin (Schwerpunkt

Verhaltenstherapie) beim Studiengang

Psychotherapie an der Ruhr-Universität

Bochum

Abschluss: Staatsexamen

Seit 12/2009 Weiterbildung zur Speziellen

Psychologischen Schmerzpsychotherapeutin

bei der Akademie für Schmerzpsychotherapie

der Deutschen Gesellschaft für

Psychologische Schmerztherapie- und

Forschung (DGPSF)

Lehrtätigkeiten/ -zertifizierungen

2005 – 2007 Zertifikat Hochschuldidaktik – Basismodul

im Weiterbildungsprogramm „Professionelle

Lehrkompetenz für Hochschule“ der

Hochschuldidaktik an Universitäten in NRW.

Interne Fortbildung und Beratung (IFB),

Ruhr-Universität Bochum

SoSe 2005 Seminar II Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

WS 2005/2006 Seminar I Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

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IX CURRICULUM VITAE

302

SoSe 2006 Seminar II Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

2006 – 2007 Zertifikat Hochschuldidaktik -

Erweiterungsmodul im

Weiterbildungsprogramm „Professionelle

Lehrkompetenz für Hochschule“ der

Hochschuldidaktik an Universitäten in NRW.

Interne Fortbildung und Beratung (IFB),

Ruhr-Universität Bochum

WS 2006/2007 Interdisziplinäres Seminar, Wahlpflichtfach

Medizinische Psychologie und Medizinische

Soziologie: Themen „Frühkindlicher

Autismus“ sowie „Interventionen bei

frühkindlichem Autismus“

Seminar I Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie. Ärztliche

Gesprächsführung (2 Kurse)

SoSe 2007 Seminar II Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

WS 2007/2008 Seminar I Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

SoSe 2008 Seminar II Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

WS 2008/2009 Interdisziplinäres Seminar/ Wahlpflichtfach

Medizinische Psychologie. Psychosoziale

Beratungskonzepte bei Organerkrankungen.

Thema: „Kognitive Verhaltenstherapie bei

chronischen Rückenschmerzen“.

Seminar I Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Kurse)

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IX CURRICULUM VITAE

303

SoSe 2009 Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie II (2 Kurse)

Seminar III Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie

WS 2009/2010 Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie I (2 Kurse)

SoSe 2010 Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie II (2 Kurse)

Seminar III Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie (2 Seminare)

WS 2010/ 2011 Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie I (2 Kurse)

WS 2011/2012 Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie I (1 Kurs)

SoSe 2012 Kursus Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie: Ärztliche

Interaktion (Modellstudiengang)

Förderprogramme

2009 Rektoratsprogramm: Programm zur

Unterstützung besonderer Aktivitäten von

Doktorandinnen und Doktoranden. Ruhr

Universität Bochum. Reisestipendium für den

Kongress European Federation of the

International Association for the Study of

Pain Chapters (EFIC) Congress “Pain in

Europe VI”, Lissabon, Portugal.

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IX CURRICULUM VITAE

304

Publikationen

Karimi Z., Windmann S., Güntürkün O. & Abraham A. (2007). Insight Problem

Solving in individuals with high versus low schizotypy. Journal of Research in

Personality, 41(2), 473–480.

Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2008). Selektive Aufmerksamkeit bei

chronischen Schmerzpatienten– die Rolle von psychologischen Merkmalen. In:

Rosendahl, Strauß (Hrsg.) 2008 – Psychosoziale Aspekte körperlicher

Krankheiten. Abstracts zum gemeinsamen Kongress der Deutschen Gesellschaft

für Medizinischen Psychologie(DGMP) und der Deutschen Gesellschaft für

Medizinische Soziologie (DGMS) 24. – 27. September 2008 in Jena.

Pilenko A., Karimi Z. & Hasenbring M.I. (2008). Der Einfluss individueller

Schmerzverarbeitung auf das selektive Gedächtnis bei chronischen

Rückenschmerzen. In: Rosendahl, Strauß (Hrsg.) 2008 – Psychosoziale Aspekte

körperlicher Krankheiten. Abstracts zum gemeinsamen Kongress der Deutschen

Gesellschaft für Medizinische Psychologie(DGMP) und der Deutschen

Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS). 24. – 27. September 2008 in

Jena.

Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2009). Attentional biases in chronic low

back pain patients: The mediating role of general distress and pain-related

cognitions. European Journal of Pain [Suppl 1], p. 137.

Karimi Z., Pilenko A. & Hasenbring M.I. (2009). Selective memory bias in CLBP

patients: impact of fear-avoidance versus endurance related response pattern.

European Journal of Pain [Suppl 1], p. 137.

Held M.S., Rolke R., Treede R.D., Schmieder K., Karimi Z. & Hasenbring M.I. (in

Vorbereitung). Pain and tactile sensitivity and endurance in back pain: New

correlates of clinical status?

Karimi Z., Pilenko A. & Hasenbring M.I. (in Vorbereitung). The role of chronic low

back pain patients’ individual coping styles in memory biases.

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IX CURRICULUM VITAE

305

Karmi Z., Roelofs J., Windmann S., Held M.S. & Hasenbring M.I. (in

Vorbereitung). Attentional biases in chronic low back pain patients: the role of

fear-avoidance related cognitions and disability.

Rusu A.C., Nigbur C., Karimi Z. & Hasenbring M.I. (in Vorbereitung). Validation

of the German Version of the Tampa Scale for Kinesiophobia.

Kreddig N. & Karimi Z. (in Vorbereitung). Psychologie für Pflege-

und Gesundheitsmanagement. Psychologie für die berufliche Praxis. Ayan T.,

Hagemann T. (Hrsg.). Verlag für Sozialwissenschaften. Springer Fachmedien

Wiesbaden GmbH.

Präsentationen/Vorträge

Karimi Z. (2008). Relating chronic pain to attentional biases: a dot- probe evaluation.

Vortrag im Forschungskolloquium der Abteilung für Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie der Ruhr-Universität in Bochum, Januar 2008.

Karimi Z. (2008). Relating chronic pain to attentional biases: the role of fear of pain.

Vortrag im Forschungskolloquium der Abteilung für Medizinische Psychologie und

Medizinische Soziologie der Ruhr-Universität in Bochum, April 2008.

Karimi Z. (2008). Exekutive Funktionen bei Patienten mit chronischen

Rückenschmerzen. Vortrag im Forschungskolloquium der Abteilung für

Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Ruhr-Universität in

Bochum, Oktober 2008.

Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2008). Selektive Aufmerksamkeit bei

chronischen Schmerzpatienten– die Rolle von psychologischen Merkmalen.

Posterpräsentation beim Gemeinsamen Kongress der DGMP und der DGMS

„Psychosoziale Aspekte körperlicher Krankheiten“, Jena, Deutschland, September

2008.

Page 325: Der kognitive Bias bei chronischen Rückenschmerzen : die ... · Der kognitive Bias bei chronischen Rückenschmerzen: die Bedeutung von Fear-Avoidance- und Endurance-Reaktionen Inaugural

IX CURRICULUM VITAE

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Karimi Z., Pilenko A. & Hasenbring M.I. (2009). The impact of chronic low back pain

patients’ individual pain response pattern on memory biases. Posterpräsentation

beim Kongress der European Federation of the International Association for the

Study of Pain Chapters (EFIC) “Pain in Europe VI”, Lissabon, Portugal, September

2009.

Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2009). Attentional biases in chronic low back

pain patients: The mediating role of general distress and pain-related cognitions.

Posterpräsentation beim Kongress der European Federation of the International

Association for the Study of Pain Chapters (EFIC) “Pain in Europe VI”, Lissabon,

Portugal, September 2009.

Karimi Z. & Hasenbring M.I. (2010). Vom Wohl und Wehe suppressiver

Schmerzverarbeitung: Klinisches Fallbeispiel. Vortrag bei der Schmerzkonferenz

Ruhr, SoSe 2010, Juli 2010.