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Der kognitive Bias bei chronischen Rückenschmerzen:
die Bedeutung von Fear-Avoidance- und Endurance-
Reaktionen
Inaugural - Dissertation
zur
Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften
in der
Fakultät für Psychologie
der
RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
vorgelegt von:
Dipl.-Psych. Zohra Karimi
Gedruckt mit Genehmigung der Fakultät für Psychologie der
RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Referentin: Prof. Dr. M.I. Hasenbring
Korreferent: Prof. Dr. O.T. Wolf
Tag der mündlichen Prüfung: 20.08.2012
IN LIEBE UND DANKBARKEIT
MEINEN ELTERN UND SCHWESTERN
DANKSAGUNG
I
DANKSAGUNG
An erster Stelle richtet sich mein Dank an die PROBANDEN der Untersuchungen, ohne
deren bereitwillige Kooperation diese Arbeit hätte erst gar nicht realisiert werden
können.
Mein besonderer Dank gilt meiner Betreuerin FRAU PROF. DR. MONIKA HASENBRING,
die mich in allen Phasen dieser Arbeit unterstützt hat und mir die Freiheit gelassen hat,
meine eigenen Ideen in unsere Forschung einzubringen und an die ich mich mit allen
Fragen und Problemen wenden konnte. HERRN PROF. DR. OLIVER WOLF danke ich
besonders dafür, dass er sich kurzfristig dazu bereit erklärt hat, trotz vieler weiterer
Verpflichtungen, als Korreferent das Zweitgutachten meiner Dissertationsschrift zu
übernehmen. FRAU PROF. DR. SABINE WINDMANN danke ich herzlich dafür, dass sie
mich seit meiner Diplomarbeit unterstützt hat und mich immer wieder mit ihrer
Zuversicht anzustecken wusste. HANS RÖPKE, INGA PETERS, JAN KASSEL, NINA
KREDDIG, SABINE HELD, TATJANA HAYN und insbesondere DR. SIGRID SUDHAUS danke
ich für das Interesse an meiner Arbeit, den hilfreichen Kommentaren, Anregungen und
sprachlichen Korrekturen von Teilen meiner Arbeit. Mein Dank gilt ferner DR. JEFFREY
ROELOFS und DR. MARLIES PINNOW sowie DR. TOBIAS TEISMANN für die freundliche
Unterstützung bei den organisatorischen Fragen meiner Arbeit. Weiterhin danke ich den
STUDENTISCHEN HILFSKRÄFTEN und meinen KOLLEGEN & KOLLEGINNEN der Abteilung
für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie und der dazugehörigen
psychotherapeutischen Ambulanz. Dabei danke ich insbesondere ALISHA PILENKO für
ihre tatkräftige Unterstützung in den ersten Jahren.
Mein besonders herzlicher Dank gilt ferner meiner FAMILIE und meinen FREUNDEN, die
mich auf so vielfältige Weise unterstütz haben. Ich danke LEILOMA & ESMAEL KARIMI,
MARIAM, CEMAL & MINA ASLAN, HOMEIRA, HORST, RESA & NOAH DÖRRENBERG,
FARWA, NICOLAS, AMIN & DANIEL SCHULENBURG dafür, dass sie mir immer
bedingungslosen Rückhalt in allen Phasen dieser Arbeit gegeben haben und mich in all
den Jahren in jeder Hinsicht unterstützt und ermutigt haben. Last but not least danke ich
FINN und meinem liebsten HEARTCHOIR für die erfrischende Abwechslung, die Freude
und die Erfahrungen, die ich mit ihnen in den vergangenen Jahren teilen durfte.
INHALTSVERZEICHNIS
II
INHALTSVERZEICHNIS
I EINLEITUNG ......................................................................................................... 1
II THEORETISCHER HINTERGRUND ................................................................ 6
1 CHRONISCHER RÜCKENSCHMERZ ............................................................... 6
1.1 Phänomenologie und Definition chronischer Rückenschmerzen ........... 6
1.2 Epidemiologische Daten zum chronischen Rückenschmerz ................ 10
1.3 Störungstheorien zum chronischen Rückenschmerz ............................ 11
1.3.1 Somatische Modelle ............................................................................. 12
1.3.2 Kognitiv-behaviorale Modelle ............................................................. 18
1.3.3 Soziale Modelle .................................................................................... 21
1.3.4 Biopsychosoziale Modelle ................................................................... 23
1.4 Zusammenfassung ................................................................................ 30
2 INFORMATIONSVERARBEITUNG BEI CHRONISCHEN
RÜCKENSCHMERZEN ................................................................................. 32
2.1 Grundlegende Konzepte zur Informationsverarbeitung ....................... 33
2.1.1 Assoziative Netzwerktheorie ................................................................ 33
2.1.2 Schematheorie ...................................................................................... 35
2.2 Schmerzverarbeitung ............................................................................ 39
2.3 Informationsverarbeitungsbias bei chronischen Schmerzen ................ 42
2.3.1 Aufmerksamkeitsbias ........................................................................... 43
2.3.2 Gedächtnisbias...................................................................................... 53
2.3.3 Zusammenfassung ................................................................................ 59
3 ZUSAMMENFASSUNG UND HERLEITUNG DER FRAGESTELLUNGEN ........... 61
III EMPIRISCHER TEIL ..................................................................................... 66
1 EXPERIMENT 1: DIE VORHERSAGE DES AUFMERKSAMKEITSBIAS
FÜR SCHMERZASSOZIIERTES MATERIAL DURCH PSYCHOLOGISCHE
MERKMALE ................................................................................................ 66
INHALTSVERZEICHNIS
III
1.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen ........................ 67
1.2 Methodik .............................................................................................. 71
1.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign ...................................................... 71
1.2.2 Operationalisierung .............................................................................. 71
1.2.3 Untersuchungsablauf ............................................................................ 79
1.2.4 Statistische Datenanalyse ..................................................................... 84
1.2.5 Stichprobe ............................................................................................. 89
1.2.6 Datenschutz und Objektivität ............................................................... 89
1.3 Ergebnisse ............................................................................................ 90
1.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe ................................................. 90
1.3.2 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von dem
Schmerzstatus der Probanden ............................................................... 94
1.3.3 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
den klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen
Merkmalen der Probanden ................................................................... 97
1.3.4 Die Vorhersage des Aufmerksamkeitsbias durch die
individuellen Charakteristika der Probanden ...................................... 100
1.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................... 103
2 EXPERIMENT 2: DER EINFLUSS VON SCHMERZBEZOGENEN FEAR-
AVOIDANCE- UND ENDURANCE- RESPONSE-PATTERN AUF DEN
AUFMERKSAMKEITSBIAS FÜR SCHMERZASSOZIIERTES MATERIAL
BEI CLBP-PATIENTEN ............................................................................. 110
2.1 Konkretisierung der Fragestellung und Hypothesen .......................... 110
2.2 Methodik ............................................................................................ 113
2.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign .................................................... 114
2.2.2 Operationalisierung ............................................................................ 114
2.2.3 Untersuchungsablauf .......................................................................... 116
2.2.4 Stichprobe ........................................................................................... 116
2.2.5 Statistische Datenanalyse ................................................................... 117
2.2.6 Datenschutz und Objektivität ............................................................. 119
2.3 Ergebnisse .......................................................................................... 120
INHALTSVERZEICHNIS
IV
2.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe ............................................... 120
2.3.1 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit der
schmerzbezogenen Response-Pattern ................................................. 125
2.3.1 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
den klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen
Merkmalen der Probanden .................................................................. 128
2.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................... 130
3 EXPERIMENT 3: DER EINFLUSS VON FEAR-AVOIDANCE UND
ENDURANCE BEZOGENEN REAKTIONEN AUF DEN GEDÄCHTNISBIAS
FÜR SCHMERZASSOZIIERTES MATERIAL .................................................. 134
3.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen ...................... 134
3.2 Methodik ............................................................................................ 138
3.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign .................................................... 139
3.2.2 Operationalisierung ............................................................................ 139
3.2.3 Untersuchungsablauf .......................................................................... 141
3.2.4 Stichprobe ........................................................................................... 142
3.2.5 Statistische Datenanalyse ................................................................... 142
3.2.6 Datenschutz und Objektivität ............................................................. 146
3.3 Ergebnisse .......................................................................................... 146
3.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe ............................................... 146
3.3.2 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von dem klinischen
Schmerzstatus der Probanden ............................................................. 149
3.3.3 Die Abhängigkeit des Gedächtnisbias von der depressiven
Stimmung der Probanden .................................................................... 152
3.3.4 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den
schmerzbezogenen Response-Pattern ................................................. 154
3.3.5 Die Zusammenhänge zwischen dem Gedächtnisbias und
klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen
Merkmalen der Probanden .................................................................. 158
3.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................... 161
IV DISKUSSION .................................................................................................. 166
INHALTSVERZEICHNIS
V
1 UNTERSUCHUNGSZIELE ........................................................................... 166
2 INTEGRATION DER BEFUNDE ................................................................... 168
2.1 Der Einfluss des klinischen Schmerzstatus auf den
Informationsverarbeitungsbias ............................................................ 168
2.2 Die Bedeutung von Depressivität und schmerzbezogener
Disability ............................................................................................. 173
2.2.1 Depressivität ....................................................................................... 174
2.2.2 Schmerzbezogene Disability .............................................................. 179
2.3 Die Bedeutung von allgemeiner Angst und schmerzbezogenen
Fear-Avoidance Reaktionen ............................................................... 185
2.3.1 Allgemeine schmerzunabhängige Angst ............................................ 185
2.3.2 Fear-Avoidance Reaktionen ............................................................... 192
2.4 Die Bedeutung von Endurance Reaktionen........................................ 197
2.5 Der Einfluss Fear-Avoidance und Endurance bezogener
Response-Pattern ................................................................................ 205
3 KLINISCHE IMPLIKATIONEN DER UNTERSUCHUNGEN ............................. 210
4 LIMITATIONEN DER UNTERSUCHUNGEN UND PERSPEKTIVEN FÜR
DIE ZUKÜNFTIGE FORSCHUNG ................................................................. 215
4.1 Die experimentellen Paradigmen ....................................................... 215
4.2 Der Stimulus-Typ: verbales Material vs. naturalistisches
Bildmaterial ........................................................................................ 218
4.3 Die Wahl der Instrumente und Merkmale der Stichprobe ................. 220
4.4 Die Stichprobengröße ......................................................................... 226
V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE ...................................................... 229
VI LITERATUR ................................................................................................... 233
VII ANHANG ......................................................................................................... 274
VIII ERKLÄRUNG ................................................................................................ 298
IX CURRICULUM VITAE................................................................................. 299
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ADS
anxiety-depression scale ............................................................................................. 77
AEM
Avoidance-Endurance Model ..................................................................................... 27
AEQ
Avoidance-Endurance Questionnaire ......................................................................... 77
APAS
avoidance of physical activities scale ......................................................................... 78
AR
adaptive response ........................................................................................................ 29
AR-RP
adaptive response pattern .......................................................................................... 111
ASAS
avoidance of social activities scale ............................................................................. 78
ASI
Anxiety Sensitivity Index ........................................................................................... 45
BDI
Beck-Depressions-Inventar ......................................................................................... 76
BES
behavioral endurance scale ......................................................................................... 79
BI
Bias Index ................................................................................................................... 46
CE
Congruency Effect ...................................................................................................... 48
CI
Congruency Index ....................................................................................................... 49
CLBP
Chronic Low Back Pain ................................................................................................ 8
CPG
von Korff Chronic Pain Grade .................................................................................. 179
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
VII
CR
conditioned reaction .................................................................................................... 18
CS
conditioned stimulus ................................................................................................... 18
CTS
catastrophizing thoughts scale .................................................................................... 77
D-ER-RP
distress endurance response pattern .......................................................................... 206
DSM III-R
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders III-Revised ........................ 185
EAA
exzitatorischen Aminosäuren ...................................................................................... 16
E-ER-RP
eustress endurance response pattern ......................................................................... 205
ER
endurance related response ......................................................................................... 27
ER-RP
endurance related response pattern ........................................................................... 111
FAAM
Fear-Anxiety-Avoidance Model ................................................................................. 25
FABQ
Fear-Avoidance Beliefs Questionaire ......................................................................... 78
FAM
Fear-Avoidance Model ............................................................................................... 23
FAR
fear-avoidance related response .................................................................................. 27
FAR-RP
fear-avoidance related response pattern .................................................................... 111
FOP
fear of pain .................................................................................................................. 46
GCT
Gate Control Theory ................................................................................................... 12
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
VIII
HDS
humor/distraction scale ............................................................................................... 79
HHS
help-hopelessness scale ............................................................................................... 77
HSAL
Hamburger Schmerz-Adjektiv-Liste ......................................................................... 139
IAPS
International Affective Picture System ....................................................................... 73
IASP
International Association for the Study of Pain ............................................................ 7
ICE
Incongruency Effect .................................................................................................... 48
ICI
Incongruency Index .................................................................................................... 49
LZG
Langzeitgedächtnis ..................................................................................................... 38
MAS
Taylor Manifest Anxiety Scale ................................................................................. 199
ms.
Millisekunden ............................................................................................................. 81
NI
neutral index ............................................................................................................... 49
NMDA
N-Methyl-D-Aspartat .................................................................................................. 16
NR
neutral reaction ........................................................................................................... 18
NRS
Numerische Ratingskala ............................................................................................. 72
NS
neutral stimulus ........................................................................................................... 18
ODQ
Oswestry Disability Questionnaire ........................................................................... 183
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
IX
PASS
Pain Anxiety Symptom Scale ..................................................................................... 45
PCS
Pain Catastrophizing Scale ....................................................................................... 184
PDI
Pain Disability Index ................................................................................................ 222
PHODA
Photograph Series of Daily Activities ........................................................................ 72
PMS
positive mood despite pain scale ................................................................................ 79
PPS
pain-persistance scale ................................................................................................. 79
RDQ
Roland and Morris Disability Questionnaire ............................................................ 179
REP
Repressors ................................................................................................................. 198
SD
Standardabweichung ................................................................................................... 74
SDS
Marlowe Crowne Social Desirebility Scale .............................................................. 199
SEMP
Schema Emneshment Model of Pain .......................................................................... 37
SES
Schmerzempfindungs-Skala ..................................................................................... 139
STAI
State-Trait Anxiety Inventory ..................................................................................... 77
TSK
Tampa Scale of Kinesiophobia .................................................................................. 49
TSS
thought suppression scale ........................................................................................... 79
UCR
unconditioned reaction ................................................................................................ 18
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
X
UCS
unconditioned stimulus ............................................................................................... 18
ZNS
Zentrales Nervensystem .............................................................................................. 13
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
XI
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Schematische Darstellung der „Gate Control Theory“ der
Schmerzwahrnehmung nach Melzack & Wall (1965). Aβ = dünne Aβ-
Fasern; Aδ, C = dicke A-δ- und C-Fasern, SG = Substantia Gelatinosa, T
= Transmitterzellen, + = Erregung, - = Hemmung. ................................................ 14
Abbildung 2. Schematische Darstellung des „Schmerzfolgemodell“ sensu
Fordyce (1976) nach Geissner (1992). ................................................................... 19
Abbildung 3. Darstellung des Modells Fear-Avoidance Model nach Vlaeyen &
Linton (2000). ......................................................................................................... 25
Abbildung 4. Darstellung des Modells Fear-Anxiety-Avoidance Model nach
Asmundson, Norton & Vlaeyen (2004). ................................................................. 26
Abbildung 5. Darstellung des Modells Avoidance-Endurance Model nach
Hasenbring, Hallner & Klasen (2001). ................................................................... 30
Abbildung 6. Darstellung der Assoziativen Netzwerktheorie nach Bower
(1981). ..................................................................................................................... 34
Abbildung 7. Schematische Darstellung des „Schema-Enmeshment Model of
Pain“ nach Pincus & Morley (2001). ...................................................................... 39
Abbildung 8. Vier-Stufen Modell nach Price (1999). .................................................... 41
Abbildung 9. Darstellung von Beispiel-Items aus der Photograph Series of
Daily Activities (Kugler et al., 1999). .................................................................... 72
Abbildung 10. Darstellung von Beispiel-Items aus dem International Affective
Picture System (Lang et al., 1988). ......................................................................... 73
Abbildung 11. Grafische Darstellung der Bildschirmpräsentation für die
Bewertungen der Bilder aus der PHODA (Kugler et al., 1999) aus der
Sicht der Probanden. ............................................................................................... 81
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
XII
Abbildung 12. Photographische Darstellung der Antworttastatur (response box)
zur Erfassung der Antworten und der Reaktionszeiten der Probanden in
der dot-probe Aufgabe. ........................................................................................... 82
Abbildung 13. Darstellung der Instruktion für die dot-probe Aufgabe auf dem
Bildschirm dargeboten wurde. ................................................................................ 83
Abbildung 14. Schematische Darstellung des Ablaufs in der dot-probe
Aufgabe, ISI = Interstimulusintervall. .................................................................... 84
Abbildung 15. Darstellung der Reaktionszeiten in den neutralen und
inkongruenten Durchgängen (Trial-Typ) in Abhängigkeit von dem
klinischen Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollpersonen) der Personen. .............. 97
Abbildung 16. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines
jeweiligen Wort-Typs (affektives Schmerzwort vs. sensorisches
Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der Gesamtzahl der
insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe
in Abhängigkeit von dem klinischen Status (CLBP/ depressiv, CLBP/
nicht-depressiv, schmerzfrei/ depressiv, schmerzfrei/ nicht-depressiv) der
Personen. ............................................................................................................... 154
Abbildung 17. Darstellung des wiedergegebenen Anteils eines jeweiligen
Wort-Typs (schmerzassoziiertes vs. schmerzneutrales Wort) an der
Gesamtzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur
freien Wiedergabe in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-
Pattern (AR-RP, ER-RP bzw. FAR-RP) der Patienten. ........................................ 156
Abbildung 18. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines
jeweiligen Wort-Typs (affektives Schmerzwort vs. sensorisches
Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der Gesamtzahl der
insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe
in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-Pattern (AR-RP,
ER-RP bzw. FAR-RP) der Patienten. ................................................................... 158
TABELLENVERZEICHNIS
XIII
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1. Übersicht zu den Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei
Schmerzpatienten. ................................................................................................... 51
Tabelle 2. Übersicht zu den Untersuchungen, die den Gedächtnisbias bei
Schmerzpatienten mit dem Recall-Paradigma erfasst haben. ................................. 58
Tabelle 3. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der
absoluten (N) und relativen (%) Häufigkeiten getrennt für die CLBP-
Patienten (N=25) und die Kontrollpersonen (N=24). ............................................. 91
Tabelle 4. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
für die individuellen Charakteristika für die CLBP-Patienten (N=25) und
für die gesunden Kontrollprobanden (N=24). ........................................................ 93
Tabelle 5. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
der Bewertungen der Bilder aus der PHODA für die CLBP-Patienten
(N=25) und für die gesunden Kontrollprobanden (N=24). ..................................... 95
Tabelle 6. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
der Reaktionszeiten in den kongruenten, inkongruenten und neutralen
Durchgängen getrennt nach CLBP-Patienten und Kontrollprobanden................... 95
Tabelle 7. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen
Charakteristika der Probanden (N=49) und dem Bias Index, Congruency
Index und Incongruency Index. .............................................................................. 98
Tabelle 8. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse
zur Erfassung der Vorhersage des Bias Index durch die individuellen
Charakteristika der Stichprobe.............................................................................. 101
TABELLENVERZEICHNIS
XIV
Tabelle 9. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse
zur Erfassung der Vorhersage des Congruency-Index durch die
individuellen Charakteristika der Stichprobe. ...................................................... 102
Tabelle 10. Darstellung der signifikanten Modelle aus den Regressionsanalysen
(RA) zur Erfassung der Vorhersage des Incongruency-Index durch die
individuellen Charakteristika der Stichprobe. ...................................................... 102
Tabelle 11. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der
absoluten (N) und relativen (%) Häufigkeiten getrennt nach den
Response-Pattern der untersuchten Probanden. .................................................... 121
Tabelle 12. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
in den individuellen Charakteristika der Probanden getrennt nach ihren
Response-Pattern (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP;
N=9), endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive
response pattern (AR-RP; N=19)). ....................................................................... 124
Tabelle 13. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
in den Bewertungen der Bilder aus der PHODA sowie den individuellen
Charakteristika der Probanden getrennt nach ihren Response-Pattern (fear-
avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9), die endurance related
response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive response pattern (AR-RP;
N=19)). .................................................................................................................. 126
Tabelle 14. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
der Reaktionszeiten in kongruenten, inkongruenten und neutralen
Durchgängen sowie im Bias Index getrennt nach den Response-Pattern
der Probanden (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9),
die endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive
response pattern (AR-RP; N=19)). ....................................................................... 127
TABELLENVERZEICHNIS
XV
Tabelle 15. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen
Charakteristika der CLBP-Patienten (N=56) und dem Bias Index,
Congruency Index und Incongruency Index. ........................................................ 129
Tabelle 16. Darstellung der absoluten (N) und relativen Häufigkeiten (%) in
den soziodemographischen Daten für die CLBP-Patienten (N=31) und die
gesunden Kontrollpersonen (N=31). .................................................................... 147
Tabelle 17. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
in den subjektiven Daten getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und
gesunde Kontrollpersonen (N=31). ...................................................................... 149
Tabelle 18. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der
Variablen Geschlecht und Alter mit den Gedächtnisleistungen der
Untersuchungsteilnehmer getrennt für die Wort-Typen (schmerzneutrale
Wörter und schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische
Schmerzwörter). .................................................................................................... 150
Tabelle 19. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
des Anteils der Wiedergabe der schmerzassoziierten und neutralen Wörter
an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter in der Free-Recall
Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und gesunden
Kontrollpersonen (N=31). ..................................................................................... 151
Tabelle 20. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD)
des prozentualen Anteils der Wiedergabe der schmerzassoziierten und
neutralen Wörter an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter in der
Free-Recall Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und
gesunden Kontrollpersonen (N=31). .................................................................... 152
Tabelle 21. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen des
Anteil der freien Wiedergabe der verschiedenen Wort-Typen (affektive
Schmerzwörter vs. sensorische Schmerzwörter vs. schmerz-neutrale
Wörter) an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter getrennt für die
TABELLENVERZEICHNIS
XVI
depressiven CLBP-Patienten (N=18), nicht-depressiven CLBP-Patienten
(N=13), die schmerzfreien depressiven Patienten (N=13) und die nicht-
depressiven schmerzfreien Kontrollpersonen (N=18). ......................................... 153
Tabelle 22. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus
der Aufgabe zur freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen in
Abhängigkeit von den Response-Pattern AR-RP (N=11), ER-RP (N=15),
FAR-RP (N=5). ..................................................................................................... 155
Tabelle 23. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus
der Aufgabe zur freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen
(affektive Schmerzwörter, sensorische Schmerzwörter und schmerz-
neutrale Wörter) in Abhängigkeit von den Response-Pattern AR-RP
(N=11), ER-RP (N=15), FAR-RP (N=5). ............................................................. 157
Tabelle 24. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der
individuellen Charakteristika und den Gedächtnisleistungen der CLBP-
Patienten getrennt nach den Wort-Typen (schmerzneutrale Wörter und
schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische
Schmerzwörter). .................................................................................................... 160
I EINLEITUNG
1
I EINLEITUNG
Ein akuter Schmerz erfüllt im Leben des Menschen eine evolutionär bedeutsame und
lebenserhaltende Funktion, nicht zuletzt weil er Rückmeldung über Verletzungen und
Schäden des Organismus gibt, die den Betroffenen dazu motivieren soll, sich zu
schonen und heilende Maßnahmen aufzusuchen.
Ein chronischer Schmerz ist dagegen weniger durch diese lebenserhaltende
Warnfunktion charakterisiert, als vielmehr durch die mit ihm einhergehende
Beeinträchtigung und Reduktion der Lebensqualität des Betroffenen. Häufig berichten
Patienten mit chronischen Schmerzen beispielsweise, dass sie in ihrem Alltag und ihrer
Lebensgestaltung durch ihre anhaltenden Schmerzen derart eingeschränkt seien, dass sie
den Eindruck hätten, die Schmerzen bestimmten ihr Tun und Lassen. Chronische
Schmerzen sind allerdings nicht nur für das betroffene Individuum mit negativen
Konsequenzen verbunden. So bedeuten sie für das gesamte Gesundheitssystem –
beispielsweise durch Berentung und Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit der Betroffenen –
enorme Kosten (Maniadakis & Gray, 2000; Wenig et al., 2009). Eine zentrale Rolle
nehmen hierbei Rückenschmerzen ein, da sie in der gegenwärtigen Gesellschaft eine der
am häufigsten angegebenen Beschwerden darstellen. Wenig et al. (2009) analysierten
systematisch die im Gesundheitssystem durch Rückenschmerzen entstandenen Kosten
und berichteten pro Person durchschnittliche Kosten in Höhe von 1322 € im Jahr bei
einer Gesamtausgabe von 48,9 Milliarden €. Damit machen die durch
Rückenschmerzen entstandenen Kosten ca. 2,2% des deutschen Bruttoinlandproduktes
aus.
Vor dem Hintergrund der enormen individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung von
Rückenschmerzen hat sich im Laufe der Zeit ein eigener Forschungszweig entwickelt,
der sich dem Verständnis und der Behandlung dieser widmet, um langfristig den mit
ihnen verbunden negativen Konsequenzen und Kosten begegnen zu können.
Die wachsende Beschäftigung mit Rückenschmerzen hat dazu beigetragen, dass das
Wissen über die zugrundeliegenden Mechanismen ihrer Chronifizierung stetig
I EINLEITUNG
2
zugenommen hat. Dabei wird immer mehr eine biopsychosoziale Sicht eingenommen,
bei der postuliert wird, dass neben somatischen auch soziale und psychische Faktoren in
der Entstehung und Exazerbation chronischer Rückenschmerzen beteiligt sind.
Ein biopsychosoziales Modell, welches aktuell immer mehr Beachtung findet, ist das
„Avoidance-Endurance Model“ (Hasenbring & Verbunt, 2010). In diesem Modell
werden zwei maladaptive und ein adaptives Reaktionsmuster auf Rückenschmerzen
postuliert. Im Hinblick auf die beiden maladaptiven Reaktionsmuster werden ein durch
Angst- und Vermeidungsreaktionen und ein durch suppressive Reaktionen
gekennzeichnetes Muster differenziert. Beim Angst- und Vermeidungsreaktionsmuster
besteht die Annahme darin, dass die Betroffenen Aktivitäten und Situationen, die sie
mit Schmerz assoziieren, vorsorglich vermeiden. Das Vermeidungsverhalten wird dabei
durch die Angst des Betroffenen motiviert, dass die Schmerzen zunehmen oder
unerträglich stark werden könnten. Die Betroffenen nehmen beispielsweise
Schonhaltungen ein oder suchen die angstbesetzten Situationen und Aktivitäten erst gar
nicht mehr auf und ziehen sich zunehmend zurück. Durch eine entsprechende
Verringerung von Aktivitäten und der damit einhergehenden körperlichen Betätigungen
kommt es auf psychophysiologischer Ebene immer stärker zu einer muskulären
Insuffizienz bis hin zur Muskelatrophie. Durch neurophysiologische
Sensibilisierungsprozesse führt dies wiederum dazu, dass Belastungen zunehmend
schmerzhaft erlebt werden. Das langfristige Resultat eines solchen Reaktionsmusters ist
entsprechend eine Chronifizierung der Rückenschmerzen. Für das zweite maladaptive
Reaktionsmuster wird postuliert, dass in erster Linie suppressive Kognitionen und
Strategien vorherrschen, durch die beispielsweise Aktivitäten und Pflichten trotz
anhaltender starker Rückenschmerzen aufrechterhalten werden. Als wesentlicher
Mechanismus wird bei anhaltenden suppressiven Reaktionen eine Überbeanspruchung
der Muskulatur durch eine Überaktivität postuliert. Über Prozesse der neuronalen
Sensitivierung führt auch dieses Reaktionsmuster zur Verstärkung der
Rückenschmerzen sowie langfristig zur Chronifizierung dieser. Den beiden
maladaptiven Reaktionsmustern setzen Hasenbring und ihre Arbeitsgruppe ein
adaptives gegenüber, das in der Langzeitfolge nicht in der Chronifizierung der
Rückenschmerzen mündet, sondern zur Genesung bzw. Verbesserung der Symptomatik
führt. Dieses Reaktionsmuster ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen ihre
I EINLEITUNG
3
Körpersignale registrieren und einen ihnen entsprechenden flexiblen Wechsel zwischen
Belastung und Entlastung der Muskulatur vornehmen.
Vielfach werden die schmerzbezogenen Kognitionen und
Informationsverarbeitungsprozesse als Ausgangspunkt im Chronifizierungsprozess von
Rückenschmerzen betrachtet. Diese Sichtweise stellt die Basis der sogenannten
kognitiven Theorien dar. Dabei wird davon ausgegangen, dass chronische (Rücken-)
Schmerzpatienten aufgrund einer vermehrten Erfahrung mit Schmerzen und
schmerzauslösenden Situationen eine schmerzgefärbte Sicht der Welt aufweisen (Ruoß,
1998), und sich dementsprechend ihre Informationsverarbeitung von der gesunder
Personen unterscheidet (Grigsby et al., 1995; Pincus et al., 1998). Vor diesem
Hintergrund hat sich auch hier ein spezifischer Forschungszweig entwickelt, welcher
sich beispielsweise mit den Besonderheiten der Aufmerksamkeits- und
Gedächtnisprozesse bei chronischen Schmerzen beschäftigt.
Untersuchungen zu den Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprozessen bei
Schmerzpatienten sind dabei in erster Linie von den Ansätzen aus der
Emotionsforschung geprägt. Dort konnte vielfach gezeigt werden, dass sowohl gesunde
als auch klinische Populationen in Abhängigkeit von ihren Stimmungszuständen,
Verzerrungen in ihrer Informationsverarbeitung (Informationsverarbeitungsbias)
aufweisen, indem beispielsweise Informationen, die mit der gegenwärtigen Stimmung
übereinstimmen, bevorzugt werden (s. Übersichtsarbeit Pincus & Morley, 2001). Ein
solcher Bias in der Informationsverarbeitung wurde bei Schmerzpatienten vielfach
untersucht, konnte bisher jedoch nicht konsistent nachgewiesen werden. Die
Inkonsistenz der Befunde wird vor allem auf verschiedene psychologische Merkmale
wie die Stimmung und schmerzspezifische Angst-Vermeidungsreaktionen der Patienten
zurückgeführt (Pincus & Morley, 2001). Wichtige Aspekte wie zum Beispiel die
suppressiven Reaktionen der Betroffenen auf Schmerzen blieben bisher dagegen
gänzlich unbeachtet.
In der vorliegenden empirischen Arbeit lag vor diesem Hintergrund sowie in Anlehnung
an das Avoidance-Endurance Modell das primäre Ziel darin, die Bedeutung
psychologischer Faktoren für den Informationsverarbeitungsbias bei chronischen
Rückenschmerzen zu überprüfen und hierbei neben gängigen Parametern wie den
I EINLEITUNG
4
klinischen Status, die Stimmung und schmerzspezifische Angst- und
Vermeidungsreaktionen zusätzlich schmerzspezifische suppressive Merkmale sowie
den Grad der Beeinträchtigung durch Rückenschmerzen zu berücksichtigen. Darüber
hinaus sollte der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung den spezifischen
Reaktionsmustern auf Rückenschmerzen im Sinne des Avoidance-Endurance Modells
für den Gedächtnisbias bzw. den Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material
beigemessen werden kann.
Zur Klärung dieser Fragen wurden in drei Untersuchungen die Aufmerksamkeits- bzw.
Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes und schmerzneutrales Material bei
gesunden Personen und bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen studiert.
Zusätzlich wurden die für die jeweiligen Fragestellungen relevanten Merkmale der
Untersuchungsteilnehmer erfasst und ins Verhältnis zu ihren Aufmerksamkeits- bzw.
Gedächtnisleistungen gesetzt. Diese drei Untersuchungen bilden die Grundlage der hier
dargelegten Arbeit.
Die hier vorliegende Dissertationsschrift gliedert sich in vier Hauptkapitel. Im ersten
erfolgt die Darstellung des theoretischen Hintergrunds (vgl. Kapitel II) der Arbeit.
Dieser gliedert sich in zwei Unterkapitel. Im ersten Unterkapitel (vgl. Abschnitt II.1)
werden die Phänomenologie und Definition sowie die epidemiologischen Daten und
wichtigsten Störungstheorien zum chronischen Rückenschmerz erläutert. Im zweiten
Unterkapitel (vgl. Abschnitt II.2) werden zunächst grundlegende Konzepte zum
allgemeinen Verständnis von Informationsverarbeitungsprozessen beschrieben, um
anschließend den aktuellen Forschungsstand mit den wichtigsten Befunden spezifisch
zum Aufmerksamkeits- bzw. Gedächtnisbias bei chronischen Rückenschmerzen
darzulegen. Abschließend werden sodann die Fragestellungen, die sich aus diesen
Ausführungen ergeben, präsentiert.
Im darauf folgenden empirischen Teil der Arbeit (vgl. Kapitel III) werden sukzessive
die drei Experimente vorgestellt, die zur Überprüfung der Fragestellungen durchgeführt
wurden. In den ersten beiden Unterkapiteln des empirischen Teils der Arbeit werden
nacheinander die beiden Untersuchungen vorgestellt, die der Erfassung des
Aufmerksamkeitsbias bei chronischem Rückenschmerz dienten. Im dritten Unterkapitel
wird die Untersuchung präsentiert, mit der der Gedächtnisbias bei chronischem
I EINLEITUNG
5
Rückenschmerz untersucht wurde. In allen drei Unterkapiteln werden jeweils einleitend
die Zielsetzungen und Hypothesen expliziert, um darauf aufbauend die methodischen
Überlegungen und die Durchführung der Untersuchungen darzustellen. Abschließend
erfolgen jeweils die Darlegung sowie die zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse
der jeweiligen Untersuchung.
Im nächsten Hauptkapitel der Arbeit erfolgt eine eingehende Diskussion (vgl. Kapitel
IV) der Befunde aus den drei Untersuchungen. Hierfür werden die wichtigsten
Ergebnisse aufgegriffen und in den aktuellen empirischen sowie theoretischen
Hintergrund eingeordnet. Sodann erfolgt die Darstellung der klinischen Implikationen,
die aus den Ergebnissen und Bewertungen dieser Ergebnisse abgeleitet werden können.
Anschließend werden methodische Schwierigkeiten und Limitationen der
Interpretierbarkeit der Befunde dargelegt sowie Perspektiven für die zukünftige
Forschung vorgestellt.
In einem abschließenden Kapitel erfolgen die Zusammenfassung und das Resümee der
vorliegenden Arbeit, um eine Übersicht über die wichtigsten Aspekte, Befunde und
Folgerungen der Untersuchungen zu bieten.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
6
II THEORETISCHER HINTERGRUND
Im folgenden Kapitel werden die theoretischen Grundlagen, auf die sich die vorliegende
Arbeit stützt, dargestellt. Der erste Teil des theoretischen Hintergrundes dient dem
allgemeinen Verständnis chronischer Rückenschmerzen. Hierzu werden Definitionen
zum Schmerzkonzept, die Phänomenologie und Epidemiologie des chronischen
Rückenschmerzes, sowie Störungsmodelle zum Verständnis der Entstehung und
Exazerbation chronischer Rückenschmerzen dargestellt.
Der zweite Teil des theoretischen Hintergrundes dient dem Verständnis der
Informationsverarbeitungsprozesse bei chronischen Rückenschmerzen. Hierzu werden
sowohl die für die vorliegende Arbeit zentralen Konzepte zur Informationsverarbeitung
als auch der aktuelle Forschungsstand zur Informationsverarbeitung bei chronischen
Rückenschmerzpatienten präsentiert. Der Fokus liegt dabei auf den zentralen Bereich
des Aufmerksamkeitsbias und des Gedächtnisbias bei chronischen
Rückenschmerzpatienten. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen werden im letzten
Teil des theoretischen Hintergrundes die Fragestellungen und Annahmen der
vorliegenden Arbeit abgeleitet.
1 Chronischer Rückenschmerz
1.1 Phänomenologie und Definition chronischer Rückenschmerzen
In der Geschichte der Menschheit lassen sich von der Vorzeit und Antike über das
römische Altertum und das Mittelalter bis heute Dokumentationen und Zeugnisse zum
Schmerz finden. Beispielsweise wurde in insgesamt 74 Schriften des Hippokrates der
Begriff Schmerz synonym mit dem Begriff Krankheit verwendet. Die Behandlung des
Schmerzes gehörte neben der Erhaltung von Gesundheit und der Heilung von
Krankheiten zu den drei Hauptaufgaben des Arztes. Der erste analytisch denkende
Sinnesphysiologe war wohl René Descartes (1596-1650), der mit seinem Werk „De
II THEORETISCHER HINTERGRUND
7
homine“ (1662 postum erschienen, zitiert nach Zimmermann, 2001) viele funktionell
anatomische Lehren zu den Sinnesorganen und Hirnfunktionen hervorbrachte. In seiner
Theorie zu der neuralen Übertragung von Schmerzinformationen verstand er Schmerz
als einen direkten Ausdruck der organischen Schädigung, dessen Intensität dem Grad
der Schädigung proportional entspricht (Descartes, 1662, zitiert nach Zimmermann,
2001).
Demgegenüber definiert gegenwärtig die International Association for the Study of Pain
(IASP; Merskey, 1979) Schmerz folgendermaßen:
„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher
oder potenzieller Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so
beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache“.
Damit hebt die heutige Sicht des Schmerzes hervor, dass dieser eine stark subjektiv
gefärbte Empfindung darstellt, die auch ohne eine organische Ursache bestehen kann.
Akute Schmerzen erfüllen die lebensbewahrende Funktion eines „Frühwarnsystems“
und bedeuten dadurch einen entscheidenden evolutionären Fortschritt für das
Lebewesen (Zimmermann, 2001). Sie haben eine Leit- und Warnfunktion und schützen
den Organismus vor weitgehenden Schäden und vergehen, wenn die zugrundeliegende
Ursache für die Schmerzen behoben ist (Gehling & Tryba, 2001). Diese
lebenserhaltende Funktion des Schmerzes wird am Beispiel der kongenitalen Analgesie
besonders deutlich. Sie beschreibt eine angeborene fehlende Fähigkeit zu jeglicher
Empfindung von Schmerzen bei normalerweise schmerzhaften Reizen (Melzack &
Wall, 1996). Das Fehlen der Schmerzempfindlichkeit führt bei den Betroffenen zu
schweren Beeinträchtigungen, da sie innere und äußere Verletzungen oder Krankheiten
nicht wahrnehmen und sich deshalb nicht schonen bzw. heilende Behandlungen nicht
aufsuchen. Dies ist wiederum mit Fehlbildungen und Erkrankungen mit häufig
tödlichem Ausgang verbunden.
Rückenschmerzen stellen keine einheitliche Krankheit dar. Ausgehend von der
Ätiologie kann zwischen unspezifischem und spezifischem Rückenschmerz
differenziert werden. Der spezifische Rückenschmerz hat eine weitgehend geklärte
II THEORETISCHER HINTERGRUND
8
Ätiopathogenese, so dass der beobachteten Symptomatik eine somatische Pathologie
zugrunde liegt (Michalski & Hinz, 2006; Raspe & Kohlmann, 1998). Der spezifische
Rückenschmerz kann eine spondylogene Ursache, also in degenerativen Vorgängen der
Wirbelsäule begründet sein, oder eine extraspondyläre Ursache haben (Stebler, 2001).
Der unspezifische Rückenschmerz zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass er keinen
oder nur einen für die Schmerzsymptomatik unzureichenden körperlichen Befund
aufweist. Auf ärztlicher Seite werden häufig synonym die Bezeichnungen LWS-
Syndrom, Lumboischalgie oder Lumbalgie verwendet. Diese Begriffe gehen jedoch
über einen deskriptiven Charakter nicht hinaus, sondern beschreiben schlicht
Schmerzen, die den Rücken betreffen. Etwa 70% der unter den Begriff Rückenschmerz
fallenden Schmerzen betreffen den Bereich des unteren Rückens (vgl. Kröner-Herwig,
2000). Im internationalen Sprachraum etablierte sich für den unspezifischen
chronischen lumbalen Rückenschmerz der Begriff des chronic low back pain (CLBP).
Grundsätzlich wird zwischen akutem und chronischem Rückenschmerz unterschieden.
Ein akuter Schmerz ist nach der IASP (Merskey, 1979) folgendermaßen definiert:
„Der akute Schmerz ist eine unangenehme sensorische, emotionale und mentale
Empfindung mit begleitenden vegetativen Verhaltensreaktionen ausgelöst durch eine
aktuelle oder potenzielle Gewebeschädigung oder Erkrankung.“
Bei dieser Definition wird eine biopsychosoziale Sicht des Schmerzes angeregt, bei der
eine Gewebeschädigung nicht zwingend gegeben sein muss (Unruh et al., 2002).
Demgegenüber beschreibt der Begriff chronischer Schmerz einen zeitlich länger
andauernden Schmerz, der von der IASP (Merskey, 1979) folgendermaßen definiert
wird:
„Der chronische Schmerz ist der Schmerz, der über die erwartete normale Heilungszeit
hinausgeht.“
Die etwas problematische Definition über eine „normale Heilungszeit“ ist in der Praxis
über die zeitliche Dauer der Schmerzen bestimmt (vgl. Kröner-Herwig, 2007). Während
die IASP (Merskey, 1979) als Kriterium für chronische Schmerzen eine Dauer von 3
Monaten festlegt, nehmen andere Forscher (Flor & Turk, 1984; Hoon et al., 1985) eine
II THEORETISCHER HINTERGRUND
9
Schmerzdauer von mehr als 6 Monaten an. Bei beiden Zeitangaben werden sowohl
anhaltende als auch wiederkehrende Schmerzen wie zum Beispiel anfallsartig
auftretende Migräneattacken als chronisch definiert (vgl. Kröner-Herwig, 2007).
Hildebrandt (1998) differenziert wiederum zwischen akuten Schmerzen bei einer Dauer
von bis zu 7 Tagen, subakuten Schmerzen bei einer Dauer zwischen 7 Tagen und 3
Monaten und chronischen Schmerzen bei einer Dauer von 3 oder mehr Monaten. Hier
wird deutlich, dass keine einheitliche Definition besteht, wobei für Forschungszwecke
häufig eine Dauer von 3 Monaten, im klinischen Kontext eher eine Dauer von 6
Monaten entsprechend des diagnostischen Zeitkriteriums für chronische Erkrankungen
bevorzugt wird.
Neben der zeitlichen Dauer spielt bei der Abgrenzung des chronischen Schmerzes von
akutem Schmerz die Funktionalität des Schmerzes eine bedeutsame Rolle. Im
Gegensatz zum akuten Schmerz birgt der chronische Schmerz keine Schutz- und
Warnfunktion mehr in sich und hat selbstständigen Krankheitswert erlangt (vgl.
Zimmermann, 2001). Die Dauer als alleiniges Kriterium zur Bestimmung chronischer
Schmerzen ist kritisch zu betrachten, da sie der Dynamik chronischer Schmerzen nicht
gerecht wird. So berichten Patienten mit anhaltenden Schmerzen teilweise, dass sie sich
in ihrer Lebensführung vom Schmerz nicht beeinträchtigt fühlen (Waddell, 2004).
Dadurch wurde in den vergangenen Jahren zunehmend der Versuch unternommen, die
Definition chronischer Schmerzen mehr an den klinischen Alltag anzupassen. Die
hervorgebrachten Definitionen umfassen dabei beispielsweise die Erfassung der Dauer
einer Schmerzepisode (Merskey & Bogduk, 1994) und der Anzahl der Schmerztage
(Oleson et al., 2003) sowie die Erfassung der Dysfunktionalität des Schmerzes über
Kriterien wie die Schmerzintensität, die Behinderung bei Aktivitäten durch Schmerzen
sowie über psychologische Variablen (Turk & Rudy, 1990). In der gegenwärtigen
Forschung wird zunehmend versucht, dem dynamischen Charakter chronischer
Schmerzen gerecht zu werden. Die Erfassung der Chronizität fällt vielseitiger aus,
indem, neben der Schmerzintensität und der Schmerzdauer, das Ausmaß der
Funktionseinschränkung durch die Schmerzen (Disability) und psychologische Faktoren
heran gezogen werden (von Korff & Miglioretti, 2005).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
10
Im Zusammenhang mit den Funktionseinschränkungen, die mit chronischen
Rückenschmerzen einhergehen, stellen Rückenschmerzen ein zentrales Problem nicht
nur für den Betroffenen, sondern auch für das Gesundheitssystem dar (Pincus &
Newman, 2001). Im folgenden Abschnitt werden epidemiologische Daten chronischer
Rückenschmerzen in der deutschen Bevölkerung präsentiert, um ein besseres
Verständnis der individuellen, volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen, sowie der
medizinischen und psychologischen Bedeutsamkeit chronischer Rückenschmerzen zu
ermöglichen.
1.2 Epidemiologische Daten zum chronischen Rückenschmerz
Rückenschmerzen können als eine „Volkskrankheit“ betrachtet werden (vgl. Kohlmann
& Schmidt, 2005) und stellen ein zentrales Problem im Gesundheitssystem dar (Pincus
& Newman, 2001). Sie verursachen die höchsten Kosten für das System (Maniadakis &
Gray, 2000; Wenig et al., 2009) und stellen mit bis zu 90% die häufigsten
Schmerzprobleme dar (Göbel, 2001; Nachemson 1979; Keel et al. 1996; Waddell,
2004). Die jährliche Inzidenzrate für Rückenschmerzen beträgt ca. 15- 25%, die
Punktprävalenz beträgt bis zu 40 % (Schmidt et al., 2007). Frauen und Männer sind
dabei zu gleichen Teilen betroffen (Raspe & Kohlmann 1998). Bei einer
Lebenszeitprävalenz von ca. 80% für akute Rückenschmerzen nach Berger-Schmitt et
al. (1996) und Brown et al. (1998), zeigen ca. der Betroffenen 10% bereits bei ersten
Behandlungsversuchen persistierende Schmerzen. Bei 35% der 90%, bei denen nach
den ersten Behandlungen zunächst eine Besserung der Symptomatik erfolgt, kommt es
im Verlauf zu chronisch anhaltenden oder rezidivierenden Beschwerden (Waddell,
2010).
Eine neuere Querschnittsbefragung zwischen 2003 und 2006 zeigte in 5 Städten der
Bundesrepublik Deutschland für Rückenschmerzen eine Punktprävalenz von 34%, eine
Jahresprävalenz von ca. 70% sowie eine Lebenszeitprävalenz von über 90% (Schmidt et
al., 2007). Auch in anderen westlichen Industrienationen gilt der Rückenschmerz als
eine der am häufigsten angegebenen Schmerzlokalisierungen (van Tulder et al., 1995;
Brown et al., 1998; Maniadakis & Gray, 2000; Stewart et al., 2003).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
11
In einer Untersuchung von Willweber-Strumpf, Zenz und Bartz (2000) wurde in 5
verschiedenen Facharztpraxen der Stadt Bochum das Vorkommen chronischer
Schmerzen erfragt. Dabei wurden Schmerzen, die länger als 6 Monate andauerten oder
rezidivierend über diesen Zeitraum auftraten als chronisch definiert. Die Ergebnisse
zeigten, dass 36% der Patienten unter chronischen Schmerzen litten, mit 53% waren
Rückenschmerzen auch in dieser Studie die häufigste angegebene Schmerzlokalisation.
Willweber-Strumpf et al. (2000) stellten zudem in ihrer Befragung fest, dass 15% der
Patienten berentet waren oder eine Berentung beantragt hatten. Bei fast 20% der
Patienten wurden Arbeitsausfälle durch die chronischen Schmerzen angegeben.
Die medizinischen, sozialen und psychischen Folgen von CLBP können für den
Betroffenen eine Langzeitbehinderung bedeuten. Für das Gesundheitssystem bedeuten
sie enorme Kosten. Wenig et al. (2009) analysierten die im Gesundheitssystem durch
Rückenschmerzen entstandenen Kosten systematisch und berichteten pro Person
durchschnittliche Kosten in Höhe von 1322 € im Jahr bei einer Gesamtausgabe von 48,9
Milliarden € und damit 2,2% des deutschen Bruttoinlandproduktes. Ausgaben, die durch
die Behandlung der Beschwerden (direkte Kosten) entstanden, nahmen 46% ein, so dass
die Kosten, die durch Produktionsausfälle (indirekte Kosten) entstanden bei 54% lagen.
Wenig et al. (2009) berichteten dabei eine deutliche Korrelation zwischen dem
Schmerzgrad und den Kosten. Weitere Zusammenhänge bestanden zwischen höheren
Kosten und dem Alter (über 50 Jahre), den sozialen Umständen wie Arbeitslosigkeit
und niedrige Bildung, sowie einem ledigem Beziehungsstatus.
Chronische Rückenschmerzen haben damit einen hohen Stellenwert sowohl für das
Individuum als auch für das gesamte Gesundheitssystem. Vor diesem Hintergrund ist
von zentraler Bedeutung, zu verstehen, welche Mechanismen zur Entstehung und
Exazerbation chronischer Rückenschmerzen beitragen. Im folgenden Abschnitt werden
daher die wichtigsten Störungsmodelle zum chronischen Rückenschmerz vorgestellt.
1.3 Störungstheorien zum chronischen Rückenschmerz
Im Verlauf der Schmerzforschung sind verschiedene Störungsmodelle und
Störungstheorien formuliert worden, die je nach Profession und theoretischem Ursprung
II THEORETISCHER HINTERGRUND
12
unterschiedliche Faktoren hervorheben. Die gegenwärtigen Erklärungsmodelle
unternehmen jedoch zunehmend den Versuch, eine multifaktorielle Sicht einzunehmen
und ein ganzheitliches Verständnis für chronische Rückenschmerzen zu ermöglichen.
Im Folgenden sollen wichtige Modelle, die den Verlauf der Schmerzforschung
besonders geprägt haben, vorgestellt werden.
1.3.1 Somatische Modelle
Frühe biomedizinische Modelle des 19. und 20. Jahrhunderts nahmen in erster Linie
einen proportionalen Zusammenhang zwischen Schmerz und Gewebeschädigung an.
Die Spezifitätstheorie (von Frey 1895, zitiert nach Gatchel et al., 2007) postuliert
spezifische Rezeptortypen für jede Hautsensation. Damit wurden beispielsweise die
freien Nervenendigungen als spezifische Schmerzrezeptoren gesehen, durch die über
spezifische Nervenbahnen Schmerzimpulse zu einem spezifischen Schmerzzentrum im
Gehirn geleitet wurden. Die Patterntheorie (Goldscheider, 1894; zitiert nach Egle,
2003) nahm dagegen an, dass für die zentrale Wahrnehmung von Schmerz
ausschlaggebend sei, dass die Summe der im Hinterhorn des Rückenmarks
ankommenden Reize eine bestimmte Schwelle überschreitet. Zeitgleich zu diesen
beiden Theorien entwickelte Marshall (1894; zitiert nach Egle, 2003) die Affekttheorie
des Schmerzes und ging davon aus, dass ein affektives und ein sensorisches System
bestehen, die bei einer Reizdarbietung parallel aktiv werden. Darüber hinaus postulierte
diese Theorie, dass die Schmerzwahrnehmung eine ausschließlich emotionale Qualität
darstellt, wodurch die Theorie entsprechend des damaligen Zeitgeistes nicht weiter
beachtet wurde (Egle, 2003). Auch wenn bisher nicht nachgewiesen werden konnte,
dass die Stimulierung solcher Rezeptoren zu einer Schmerzempfindung führt (Melzack
& Wall, 1996), gibt es Befunde, die für die Annahme einer physiologischen Spezifität,
wie zum Beispiel bei spezialisierten Hautrezeptoren, sprechen (von Frey, 1985).
Vor dem Hintergrund dieser drei Theorien entwickelten Melzack & Wall (1965) die
Gate Control Theory (GCT; s. Abbildung 1) und nahmen an, dass eine interagierende
„dualistische Einheit“ zwischen seelischen und körperlichen Prozessen besteht, bei der
stets beiden Aspekten die Priorität eingeräumt wird. Die zentrale Annahme der GCT
besagt, dass der Organismus über ein körpereigenes Schmerzhemmsystem verfügt, das
II THEORETISCHER HINTERGRUND
13
in Abhängigkeit der Situation und des Individuums aktiv ist. Es wird angenommen, dass
absteigende Signale vom Gehirn neuronale Schaltkreise, insbesondere im Rückenmark,
aktivieren können. Dadurch kann ein nozizeptiver Input moduliert bzw. blockiert
werden. Melzack und Walls (1965) unterscheiden in ihrer Theorie zwei Kategorien von
afferenten sensorischen Fasern, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Die erste
Kategorie besteht aus dicken Aβ-Fasern und zeichnet sich durch den hemmenden Effekt
auf die Impulsübertragung in der Substantia Gelatinosa des Hinterhorns aus (das „gate“
wird geschlossen). Die dünnen Aδ-Fasern und C-Fasern bilden die zweite Kategorie
und sind dadurch gekennzeichnet, dass sie das Schließen des Gates hemmen und
dadurch einen enthemmenden Effekt auf die Impulsübertragung haben. Wird ein
kritischer Schwellenwert von den Impulsen, die das Tor passieren überschritten, kommt
es zum Erleben von Schmerz und den entsprechenden Reaktionen. Zusätzlich nimmt die
GCT einen Kontrollmechanismus im zentralen Nervensystem (ZNS) an, der die
Intensität des spinalen Outputs überwacht. Das Modell postuliert dabei eine Spezifität
bestimmter Bereiche des ZNS. Es wird angenommen, dass der sensorische Kortex und
der Tractus neospinalthalamicus für sensorisch-diskriminative Funktionen zuständig
sind und der sensomotorische Kortex, das limbische System und der Hirnstamm
kognitiv-evaluative bzw. motivierend-affektive Funktionen übernehmen (Egle, 2003).
Dadurch können Aspekte wie Erwartungen, Stimmung und Aufmerksamkeit sowie
Einstellungen zum Schmerz und Vorerfahrungen mit dem Schmerz beeinflussen, wie
stark der Schmerz wahrgenommen wird und wie auf ihn reagiert wird.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
14
Abbildung 1: Schematische Darstellung der „Gate Control Theory“ der Schmerzwahrnehmung
nach Melzack & Wall (1965). Aβ = dünne Aβ-Fasern; Aδ, C = dicke A-δ- und C-Fasern, SG =
Substantia Gelatinosa, T = Transmitterzellen, + = Erregung, - = Hemmung.
Die GCT wurde vielfach kritisiert, da sich zahlreiche eingebrachte neurophysiologische
Mechanismen als falsch erwiesen (Zimmermann, 1968). So konnte beispielsweise die
zentrale Annahme über den Mechanismus eines spinalen Tores ebenso wie die
Behauptung einer antagonistischen Wirkung von Aβ-Fasern zurückgewiesen werden. In
zahlreichen experimentellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die
Substantia Gelatinosa des Rückenmarkhinterhorns nicht als Integration hemmender
Input im Sinne von Melzack und Wall (1965) funktioniert, sondern als Inputfilter für
alle Arten von unwichtigen Reizen. Im Hinblick auf den hemmenden Effekt der Aβ-
Fasern konnte Nathan (1976) schon früh zeigen, dass bei transkutaner
Nervenstimulierung keine reduzierte Schmerzwahrnehmung durch die zusätzliche
Reizung der Aβ-Fasern eintritt. Eine detaillierte kritische Auseinandersetzung mit der
GCT findet sich in Arbeiten von Cervero und Iggo (1980) sowie Turk (1994).
Nichtsdestotrotz war die GCT eine der ersten Theorien, die erklären konnte, warum
individuelle Unterschiede in der Schmerzwahrnehmung für gleiche Schmerzreize
II THEORETISCHER HINTERGRUND
15
vorlagen. Sie prägte damit die weitere Erforschung neuronaler Funktionen bei Schmerz
als Pionierarbeit.
In einer Weiterentwicklung seiner GCT formulierte Melzack die Neuromatrixtheorie
des Schmerzes (Melzack, 1999). Er postulierte, dass Schmerz eine facettenreiche
Erfahrung ist, welche durch eine charakteristische Neurosignatur der body-self-
neuromatrix produziert wird (Melzack, 2001, 2005). Melzack beschreibt die
Neuromatrix als ein genetisch determiniertes Netzwerk von Neuronen, das
charakteristische Muster von Nervenimpulsen für den gesamten Körper und für die
unzähligen somatosensorischen Qualitäten produziert (Melzack, 2001, 2005). Zu den
genetisch determinierten Faktoren werden die räumliche Verteilung und die
synaptischen Verbindungen des Netzwerkes gezählt. Gleichzeitig wird angenommen,
dass diese später durch sensorischen Input aus der Peripherie (Lernen) verändert werden
können. In der Neuromatrix wird durch die Verarbeitung und Synthese des Inputs ein
bestimmtes Output-Muster produziert. Dieses Output-Muster ist für eine bestimmte
somatosensorische Qualität kodiert und wird dabei Neurosignatur genannt. Schließlich
führt die Projektion der Neurosignatur in verschiedenen Hirnarealen zur Empfindung
einer bestimmten sensorischen Qualität. Melzack (2001, 2005) betont, dass Schmerz
eher das Ergebnis eines breiten neuronalen Netzwerkes als eine direkte Reaktion auf
einen sensorischen Input ist wie z.B. durch Verletzungen, Entzündungen oder andere
Erkrankungen.
Die gegenwärtige Forschung ist dazu übergegangen, chronischen Schmerz zunehmend
vor dem Hintergrund des Konzepts der neuronalen Plastizität zu betrachten (Flor,
2003; Flor & Diers, 2011; Handwerker & Kobal, 1993; Mense, 1993; Woolf & Salter,
2000). Sowohl in tierexperimentellen Untersuchungen als auch in der Humanforschung
konnte eine neuronale Plastizität im ZNS für Schmerzereignisse nachgewiesen werden
(Coderre et al., 1993; Price et al., 1996; zitiert nach Hasenbring, 2001). Dieses Konzept
beruht auf der Annahme, dass es auf Rückenmarks- und Stammhirnebene nach akuten
Schmerzreizen zu anhaltenden Veränderungen der Schmerzsensibilität kommt (Woolf
und Salter, 2000). Beispielsweise konnte in tierexperimentellen Untersuchungen gezeigt
werden, dass nach einem Schmerzreiz auf der Haut oder nach einer tetanischen
Stimulation nozizeptiver Nervenfasern (C-Fasern) unmittelbar vor ihrem Eintritt ins
II THEORETISCHER HINTERGRUND
16
Rückenmark, die Rückenmarksneurone nach erneuter Stimulierung noch nach Minuten
bzw. Stunden mit einem viel stärkeren elektrischen Signal antworten als vorher (Liu &
Sandkühler, 1995; Sandkühler & Liu, 1998). Dieser Sensibilisierungsprozess wird dabei
beispielsweise von der Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz-P an den C-Fasern
und von exzitatorischen Aminosäuren (EAAs) in den Motoneuronen des Rückenmarks
und im Thalamus getriggert. EAAs triggern dabei die Veränderung der Permeabilität
der N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren (NMDA-Rezeptoren). Substanz-P triggert die
Veränderung der Permeabilität der spannungsgesteuerten Kalzium- (Ca2+
) Kanäle (vgl.
Hasenbring, 2001). Durch die Aktivierung der Ca2+
-permeablen NMDA-Rezeptoren
wird der Einstrom von Ca2+
ins Zellinnere des Hinterhornneurons ausgelöst. Dadurch
kommt es zu einer Aktivierung von Enzymen (Proteinkinasen), welche die NMDA-
Rezeptoren phosphorylieren. Daraufhin reagieren diese besser auf den Neurotransmitter
Glutamat und sprechen dadurch besser auf die peripheren Schmerzsignale an, so dass es
folglich zu einer Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) kommt (vgl. Sandkühler,
2000).
Handelt es sich um eine schmerzhafte Dauerreizung der nozizeptiven
Rückenmarksneurone, so kommt es zu einem sogenannten „wind-up-Phänomen“. Eine
damit verbundene Langzeitpotenzierung an C-Fasern, die bei manchen Synapsen
entsteht, kann durch die zeitliche Summation zu einer Chronifizierung führen
(Sandkühler et al., 2000). Die tatsächliche Bedeutung des wind-up-Phänomens wird
zunehmend kritisiert, wohingegen operanten Lernprozessen eine bedeutsame Rolle
zugesprochen wird (Hölzl et al., 2005; Kleinböhl et al., 2005; Koeppe & Flor, 2005).
Eine dauerhafte oder wiederholte Schmerzreizung kann neben funktionalen
Veränderungen auch strukturelle Veränderungen in verschiedenen Gehirnarealen
bewirken (Flor, 2002b). Dabei wird angenommen, dass durch den anhaltenden
noxischen Input ein Schmerzgedächtnis (Schmerzengramm) entsteht, welches sowohl
zu einer Sensibilisierung auf spinaler und thalamischer Ebene (Vos, Benoist, Gautron &
Guilbaud, 2000) als auch zu Veränderungen des somatosensorischen Kortex führt (Flor
& Birbaumer, 2001). Beispielsweise untersuchten Flor, Braun, Elbert und Birbaumer
(1997) die Lokalisierung der Finger und des Rückens im primären somatosensorischen
Kortex bei chronischen Rückenschmerzpatienten und gesunden Kontrollpersonen. Bei
II THEORETISCHER HINTERGRUND
17
den chronischen Rückenschmerzpatienten konnte eine Verschiebung und Erweiterung
der Repräsentation des Rückens in eine eher mediale Position festgestellt werden. Diese
Veränderung war umso größer, je höher das Ausmaß der Chronifizierung der
Schmerzen war. Die allgemeine Empfindlichkeit einer jeweiligen Körperregion ist
umso größer, je größer das Repräsentationsareal dieser Körperregion im
somatosensorischen Kortex ist. Folglich könnte diese Veränderung im
somatosensorischen Kortex die verstärkte Empfindlichkeit auf schmerzhafte und nicht
schmerzhafte taktile Reize chronischer Schmerzpatienten begründen (Flor, Braun,
Elbert & Birbaumer, 1997).
Neben zentralen Faktoren spielen in der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer
Schmerzen aber auch peripherphysiologische Faktoren eine bedeutsame Rolle. Dazu
zählen Veränderungen an den Bändern, Sehnen, Gelenken und an der Muskulatur (vgl.
Hasenbring, 2001). Bei Rücken- und Beinschmerzen nach einem lumbalen
Bandscheibenvorfall sind hierbei postoperative Komplikationen zu nennen, durch die
eine Chronifizierung begünstigt werden kann, ohne dass die anhaltenden Beschwerden
eine unbedingte Folge der Operation sein müssen („Failed Back Syndrome“;
Wilkinson, 1983; zitiert nach Hasenbring, 2001). Als mögliche Komplikationen zählen
die Dura- und Nervenwurzelschäden, postoperative iatrogene Instabilität, persistierende
Anuluswulstung und der Rezidivprolaps (Hedtmann, 1992; Nickel, Eysel & Egle,
2003). Neben den postoperativen Komplikationen können muskulär bedingte
Schmerzen zur Chronifizierung von Rückenschmerzen beitragen. Der muskuläre
Schmerz kann dabei „primär“ über anhaltende physische oder psychische Belastung
oder „sekundär“ als reflektorische Muskelspannung auftreten. Zu den physikalischen
Belastungen des primär auftretenden muskulären Schmerzes zählen anhaltend
eingenommene konstante Körperpositionen, die unphysiologisch sind (beispielsweise
vornüber gebeugtes Sitzen oder Stehen). Auch psychische Belastungen können über
absteigende Bahnen der Formatio reticularis das System der Gamma-Motorneurone
aktivieren, so dass es zu einer persistierenden, beispielsweise lumbalen,
Muskelspannung kommt (vgl. Hasenbring, 2001).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
18
1.3.2 Kognitiv-behaviorale Modelle
Kognitiv-behaviorale Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer
Schmerzen sind von Lerntheorien sowie von Theorien zur Informationsverarbeitung
geprägt. Die behaviorale Sicht stützt sich auf Grundlagen der klassischen und operanten
Konditionierung sowie des Modelllernens. Dabei wird angenommen, dass durch
Prozesse der klassischen Konditionierung ehemals von Schmerzen unabhängige Reize
Schmerzbezug erlangen und damit automatische und symptomspezifische Reaktionen
wie Muskelanspannung oder Schmerzen auslösen können (Flor & Turk, 1989). Die
Annahmen der klassischen Konditionierung liegen darin, dass ein unkonditionierter
Reiz (unconditioned stimulus; UCS) eine unkonditionierte Reaktion (unconditioned
reaction; UCR) auslöst, ein neutraler Reiz (neutral stimulus; NS) eine neutrale Reaktion
(neutral reaction; NR) auslöst, sowie dass durch die wiederholte kontingente Kopplung
eines UCS mit einem NS der letztere zu einem konditionierten Reiz (conditioned
stimulus; CS) wird und eine konditionierte Reaktion (conditioned reaction; CR) auslöst
(vgl. Domjan, 2010). Am Bespiel der Schmerzkonditionierung wird angenommen, dass
eine Fehlhaltung (UCS) zu Muskelverspannungen oder Rückenschmerzen (UCR) führt.
Die kontingente Kopplung der Fehlhaltung beispielsweise mit dem Arbeitsplatz (NS)
führt nach den Gesetzmäßigkeiten des respondenten Lernens dazu, dass im Verlauf
bereits die Konfrontation mit dem Arbeitsplatz (CS) zu Muskelverspannungen und
Schmerzen (CR) führt. Durch die Prinzipien der Klassischen Konditionierung kann es
beim Schmerzverhalten zudem zu einer Reizgeneralisierung kommen, so dass weitere
neutrale Reize zu aversiven Zuständen und Schmerzen führen können (Linton et al.,
1985; zitiert nach Flor & Birbaumer, 2001).
Fordyce (1976) postulierte, dass das Schmerzverhalten (illness behaviour) den
Prinzipien der operanten Konditionierung folgt und ein Schmerz anhalten kann, wenn
die Umwelt der betroffenen Person sie dafür verstärkt. Er unterscheidet in seinem
Schmerzfolgemodell (s. Abbildung 2) zwischen äußerlich nicht beobachtbarem Erleben
von Schmerz und offen beobachtbaren motorischen, verbalen und vokalen
Schmerzreaktionen.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
19
Abbildung 2. Schematische Darstellung des „Schmerzfolgemodell“ sensu Fordyce (1976) nach
Geissner (1992).
Bei der operanten Konditionierung wird im Allgemeinen angenommen, dass sich die
Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens in Abhängigkeit seiner Konsequenzen
verändert. Es werden grundsätzlich vier Formen der operanten Konditionierung
voneinander unterschieden. Bei der positiven Verstärkung (Belohnung) wird die
Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens erhöht, indem ihm angenehme
Konsequenzen folgen. Bei der negativen Verstärkung erhöht sich die
Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens, da infolge des Verhaltens eine
unangenehme Konsequenz entfernt wird. Beim Bestrafungstyp I wird die
Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens verringert, indem dem Verhalten eine
unangenehme Konsequenz folgt. Beim Bestrafungstyp II wird die Wahrscheinlichkeit
für das Auftreten eines Verhaltens reduziert, indem eine angenehme Konsequenz
entzogen wird.
Mit dem Modell von Fordyce (1976) finden schmerztypische Verhaltensweisen wie
Schmerzkommunikation, Schonverhalten und Inanspruchnahme von Dienstleistungen
(z.B. „Doctor-Shopping“) Beachtung. Kritisch ist zu bewerten, dass intrapsychische
Faktoren in dem Modell unbeachtet bleiben. Dennoch spielen operante Methoden im
Zusammenhang mit Schmerzverhalten eine wichtige Rolle. Flor und Birbaumer (2001)
führen sechs Möglichkeiten für die Steuerung von Schmerzverhalten über operante
Konditionierung auf: (1) Verstärkung von Schmerzäußerungen durch angenehme
Zuwendung (Annäherung), (2) die Verstärkung der Medikamenteneinnahme durch den
daran anschließenden Wegfall der Rückenschmerzen (Flucht), (3) Vermeiden von
Schmerzattacken durch Übungen (aktives Vermeiden), (4) Vermeiden von
II THEORETISCHER HINTERGRUND
20
Schmerzattacken durch Schonverhalten (passives Vermeiden), (5) Reduktion von
Schmerzäußerungen durch Abbruch angenehmer Interaktionen (Auszeit) und (6)
Löschen von Schmerzäußerungen durch den Wegfall von angenehmer Zuwendung
(Extinktion).
Schmerzverhalten kann aber nicht nur durch operante Mechanismen oder klassische
Konditionierung aufrechterhalten werden. Auf Grundlage des Modelllernens (Bandura,
1965) nehmen behaviorale Modelle zudem an, dass Schmerzverhalten durch die
Beobachtung anderer Personen ebenfalls erworben oder verändert werden kann
(Christensen & Mortensen, 1975; Genry, Shows & Thomas, 1974). Bandura (1965)
definiert Modelllernen als die Fähigkeit des Menschen, durch die Beobachtung eines
Modells kognitive Fertigkeiten in Form von Wissen oder Verhaltensweisen zu erwerben
oder zu verändern. Dabei können drei Effekte unterschieden werden: der modelling
Effekt sowie ent-/hemmende Effekte und auslösende Effekte. Der modelling bzw.
imitative Effekt beschreibt den Erwerb von neuem Verhalten durch die Beobachtung
eines Modells. Der hemmende Effekt beschreibt das Ausbleiben eines Verhaltens durch
die Beobachtung einer Bestrafung des Modells. Der enthemmende Effekt bezieht sich
darauf, dass situativ gehemmtes Verhalten häufiger auftritt, nachdem beobachtet wurde,
dass ein Modell dafür belohnt wurde. Der auslösende Effekt beschreibt schließlich die
Zunahme von Verhaltensweisen, die nicht neu erlernt wurden oder mit dem Verhalten
des Modells identisch sind, sondern diesem ähneln (Bandura, 1969; Bandura & Walters,
1963; zitiert nach Lefrancois, 2003). In einer Reihe von Studien konnten Craig und
Kollegen zeigen, wie die Schmerztoleranz und das Schmerzverhalten durch die
Beobachtung des Verhaltens anderer beeinflussbar sind (vgl. Craig, 1986).
Verschiedene Studien berichten zudem von einem erhöhten Auftreten von Schmerzen
bei Partnern und Verwandten von Schmerzpatienten und von sogenannten
„Schmerzfamilien“, in denen Schmerzsyndrome überzufällig häufig auftreten (vgl. Flor
& Birbaumer, 2001).
Die ursprünglich auf behavioralen Theorien aufbauende Verhaltenstherapie hat in den
70er Jahren eine „kognitive Wende“ durchlaufen, so dass zunehmend
Informationsverarbeitungsprozesse (s. Abschnitt II.2) die zwischen Reiz und
II THEORETISCHER HINTERGRUND
21
Reaktion stattfinden, Beachtung finden. Dabei gibt es unterschiedlich elaborierte
Theorien, die sich auf den gesamten kognitiven Ablauf beziehen (vgl. Ruoß, 1998).
Eine zentrale Annahme kognitiver Modelle zur Erklärung von anhaltenden
Schmerzsyndromen ist, dass Patienten mit chronischen Schmerzen zu einer
Überbewertung und Fehlinterpretation körperlicher Symptome neigen. Insbesondere
nicht eindeutige körperliche Signale werden als schmerzhaft interpretiert. Gleichzeitig
weisen die Betroffenen Defizite in der Diskrimination ihrer Muskelspannungen auf,
wodurch es zu einem Circulus vitiosus aus Angst, Schmerz und Spannung kommt,
durch den die Schmerzen aufrechterhalten werden (vgl. Flor et al., 1999).
Auf kognitiver Ebene spielen weiterhin das Konzept der Selbsteffizienz („self-efficacy“
Bandura, 1977) sowie das Konzept der gesundheitsbezogenen Kontrollüberzeugungen
(„health locus of control“ auf Grundlage der „locus of control theory“; Rotter, 1954,
1966) eine bedeutsame Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass die Erwartung der
Patienten bezüglich ihrer Fähigkeiten, mit ihren Schmerzen umzugehen und sie selber
kontrollieren zu können (interne Kontrollüberzeugung) zur besseren Bewältigung der
Schmerzen und einer besseren Prognose beitragen (Buckelew et al., 1990). Flor und
Turk (1988) berichteten, dass eine passive Haltung und eine größere Hilflosigkeit mit
stärkeren Schmerzen und deutlicheren Funktionseinschränkungen einhergehen als
aktive Bewältigungsmechanismen und positive Einstellungen.
Die Übersichtsarbeiten von Turk, Meichenbaum und Genest (1983) sowie Weisenberg
(1989) bieten einen guten Überblick zu wichtigen kognitiven Variablen (wie z.B.
Attributionen, Erwartungen, Glaubenssätze, Imagination oder Selbstwirksamkeit)
kognitiver Schmerztheorien (vgl. Ruoß, 1998).
Die theoretischen Grundlagen sowie die aktuellen Befunde zu der Rolle der
Informationsverarbeitungsprozesse werden in Abschnitt II.2 ausführlicher dargestellt.
1.3.3 Soziale Modelle
Soziale Modelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer
Rückenschmerzen berücksichtigen in erster Linie kulturelle Faktoren und Faktoren, die
II THEORETISCHER HINTERGRUND
22
sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Betroffenen beziehen. Eine
besondere Bedeutung wird dabei dem sozialen Lernen (Craig, 1975, 1978)
zugesprochen. Insbesondere werden dabei Aspekte des Modelllernens (s. Abschnitt
II.1.3.2) und der sozialen Verstärkung hervorgehoben.
Der kulturelle Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung und Schmerzbewältigung wurde
in diversen Feldstudien in sogenannten „Primitivkulturen“ nachgewiesen. Ein wohl
eindrucksvolles Beispiel stellt das Phänomen des Fehlens von Geburtsschmerz dar,
welches auf der beobachtbaren Verhaltensebene in Felduntersuchungen bei
Primitivkulturen gefunden wurde (vgl. Flor & Birbaumer, 2001). Aber auch in
Industrieländern konnten kulturelle Unterschiede im Umgang mit Schmerzen
nachgewiesen werden. Beispielsweise konnte in Laboruntersuchungen in
amerikanischen Stichproben gezeigt werden, dass Probanden aus sogenannten
„demonstrativen Kulturen“ mit italienischer bzw. jüdischer Abstammung eher
niedrigere Schmerzschwellen aufwiesen als Probanden aus „nicht-demonstrativen
Kulturen“ beispielsweise mit angelsächsischer Abstammung. Dabei glaubten Probanden
mit jüdischer Abstammung an eine befreiende Wirkung der Schmerzäußerungen.
Probanden mit italienischer Abstammung erwarteten hingegen eher Hilfe auf ihre
Schmerzäußerungen (Zborowski, 1969, vgl. Flor & Birbaumer, 2001).
Im Hinblick auf den Einfluss der Familie und der sozialen Beziehungen auf den Verlauf
und die Bewältigung chronischer Erkrankungen wird häufig von sogenannten
„Schmerzfamilien“ berichtet, bei denen Schmerzprobleme überzufällig häufig
vorkommen (vgl. Flor & Birbaumer, 2001). Eine besondere Rolle spielen hierbei
operante Mechanismen (s. Abschnitt II.1.3.2). Die Zuwendung Dritter in Form von
Interesse und Aufmerksamkeit sowie eine Entlastungen von Pflichten (sekundärer
Krankheitsgewinn) können ebenso wie auch ein materieller Gewinn wie z.B. Berentung
oder Entschädigungen durch die Erkrankung (tertiärer Krankheitsgewinn) zur
Aufrechterhaltung der Krankenrolle beitragen (Hoffmann & Franke, 2003). Gleichzeitig
wird aber angenommen, dass der Schmerz selbst ebenfalls einen Einfluss auf die
sozialen Beziehungen hat. Schmerz kann als Stressor wirken und zu Konflikten in der
Partnerschaft und anderen sozialen Beziehungen sowie zu Störungen in der Sexualität
führen. Diese Störungen können wiederum als zusätzliche Stressoren zur
II THEORETISCHER HINTERGRUND
23
Aufrechterhaltung der Schmerzen beitragen (Turk et al., 1987; zitiert nach Flor &
Birbaumer, 2001).
1.3.4 Biopsychosoziale Modelle
Die Grundlage biopsychosozialer Modelle ist die Arbeit von Engel (1977), in welcher
der kartesianische Dualismus zwischen Körper und Geist infrage gestellt wurde. Engel
(1977) bewahrte in seinem Modell die Vorteile biomedizinischer Modelle, forderte
jedoch gleichzeitig die Einbeziehung psychologischer und sozialer Aspekte.
Biopsychosoziale Modelle chronischer Rückenschmerzen gehen davon aus, dass es
durch auslösende Faktoren wie z.B. degenerative Entwicklungen, chronische
Alltagsbelastungen, biomechanische Fehl- und Überbeanspruchungen oder auch durch
psychische Einflussgrößen zu einem akuten Rückenschmerz kommt, auf den dann
maladaptive oder adaptive psychologische Reaktionen folgen können. Entscheidend
sind die kognitiven (z.B. Kontrollüberzeugungen), emotionalen (z.B. Angst und
Depression) und behavioralen Reaktionen (z.B. Schonung), die an die Schmerzen
gekoppelt sind (Hoffmann & Franke, 2003; Hasenbring, 2001). Rückschlüsse darüber,
welche zeitliche Abfolge zwischen den einzelnen Faktoren bei der Chronifizierung der
Schmerzen vorliegt, werden nicht gezogen. So können die Kontrollüberzeugungen als
Konsequenz des Schmerzes entstehen, aber auch bereits vor dem Schmerz bestanden
haben (Ljutow & Nagel, 2005).
Das Diathese-Stress Modell chronischer Rückenschmerzen (Flor, Birbaumer & Turk,
1991) geht davon aus, dass bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen eine
Disposition (Diathese) zur Hyperreagibilität im motorischen System
(Reaktionsstereotypie) besteht. Flor et al. (1991) postulieren einen Circulus vitiosus aus
den Komponenten prädisponierende Faktoren (physiologische Reaktionsstereotypie),
auslösende aversive interne oder externe Stimuli, auslösende Reaktionen (inadäquate
Bewältigungsversuche des Individuums) sowie aufrechterhaltende Prozesse
(respondente, operante und modellbezogene Lernmechanismen).
Das in der gegenwärtigen Schmerzforschung wohl verbreitetste Modell chronischer
Rückenschmerzen ist das Fear-Avoidance Model (FAM; Vlaeyen & Linton, 2000; s.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
24
Abbildung 3). Zentrales Konzept des Modells stellt dabei die schmerzbezogene Angst
(pain related fear, Lethem et al., 1983) dar. Auf diese Angst kann mit Vermeidung oder
Konfrontation regiert werden. Konfrontation kann zu einer Angstreduktion führen.
Vermeidung kann dagegen zu einem phobischen Zustand führen (vgl. Roelofs, 2004).
Analog zu Befunden aus der Angstforschung, die gezeigt haben, dass Angst durch die
Vermeidung von angstauslösenden Stimuli aufrecht erhalten wird, nimmt Philips (1987)
einen Circulus vitiosus für chronische Schmerzen an. Er postuliert, dass Patienten, die
unter chronischen Rückenschmerzen leiden, lernen, Stimuli zu vermeiden, die sie mit
der Entstehung oder Exazerbation dieser Schmerzen assoziieren. Durch die Vermeidung
wird zunächst die Wahrscheinlichkeit, in Situationen zu geraten, in denen die
Schmerzen zunehmen könnten, reduziert. Im Sinne einer negativen Verstärkung wird
damit das Vermeidungsverhalten aufrechterhalten. Dieses bestätigt wiederum
Vermeidungsüberzeugungen (Beliefs) und hält die Angst aufrecht. Ein weiteres
Konzept, welches das FAM beeinflusst hat, ist die schmerzbezogene Beeinträchtigung
(Disability, Waddell et al., 1993), die stärker im Zusammenhang mit Fear-Avoidance
steht als mit den körperlichen Beschwerden.
In Anlehnung an die Arbeiten von Lethem et al. (1983), Philips (1987) und Waddell et
al. (1993) gehen Vlaeyen und Linton (2000) im FAM davon aus, dass die Entwicklung
und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen von den Mechanismen Bewegungsangst
(fear of movement) und Angst vor (Wieder-) Verletzung (fear of (re-) injury) abhängig
ist. Der Ausgangspunkt des Modells ist der akute Schmerz bei einer Verletzung. Das
Erleben des Schmerzes kann dabei in zwei Richtungen verlaufen. Wird dem Schmerz
mit adaptiven Kognitionen begegnet, kommt es zur Konfrontation mit dem Schmerz
und damit zu Erholung vom Schmerz durch funktionales, gesundheitsförderliches
Verhalten. Wird dagegen der akute Schmerz als bedrohlich interpretiert, kommt es über
Kognitionen der Katastrophisierung zu Angst vor Bewegung und Angst davor, sich
(wieder) zu verletzen. Diese Angst führt zu Vermeidung potenziell schmerzauslösender
Situationen sowie zu einer deutlicheren Hypervigilanz für Körperempfindungen. Die
Hypervigilanz für Körperempfindungen beschreibt hier die verstärkte Lenkung der
Aufmerksamkeit (selektive Aufmerksamkeit) auf möglicherweise bedrohliche Signale
des Körpers zulasten anderer Aufgaben wie zum Beispiel der Bewältigung von
Alltagssituationen und Problemen. Vlaeyen und Linton (2000) gehen ferner davon aus,
II THEORETISCHER HINTERGRUND
25
dass es aufgrund des vermehrten Vermeidungsverhaltens nicht zu einer Korrektur der
falschen Erwartung, dass der Schmerz physikalisch bedrohlich ist, kommt. Zusätzlich
beeinflusst die anhaltende Vermeidung von Bewegungen und Aktivitäten das
muskuloskelettale System, so dass es zu erheblichen Schwächen wichtiger
Muskelgruppen im Bereich des Rumpfes kommt (Disuse-Syndrom; Bortz, 1984; Kottke,
1996) und damit zu einer Verschlechterung der Schmerzsymptomatik mit zunehmender
Disability. Weiterhin wird vermutet, dass das Vermeidungsverhalten zu einem Rückzug
von alltäglichen und sozialen Aktivitäten sowie zum Verlust von Verstärkern und in der
Folge zu depressiver Stimmung führt. Depressive Stimmung und Disuse führen
wiederum zu einer reduzierten Schmerztoleranz (McQuade et al., 1988; Romano &
Turner, 1985) und damit wieder zu vermehrtem Schmerzerleben, was den Circulus
vitiosus in Gang hält.
Abbildung 3. Darstellung des Modells Fear-Avoidance Model nach Vlaeyen & Linton (2000).
Eine Erweiterung des FAM wurde von Leeuw et al. (2007) präsentiert, indem sie das
FAM um die Annahmen des Fear-Anxiety-Avoidance Model (FAAM; Asmundson et
al., 2004) ergänzten (s. Abbildung 4). Asmundson et al. (2004) weisen im FAAM auf
den Unterschied zwischen Angst (anxiety) und Furcht (fear) hin. Während Furcht sich
II THEORETISCHER HINTERGRUND
26
auf eine bestehende Bedrohung bezieht, beschreibt Angst einen Zustand bei einer
antizipierten Bedrohung. Asmundson et al. (2004) nehmen an, dass eine bereits
bestehende Bedrohung nicht vermieden werden kann, so dass zwischen einer bereits
bestehenden Schmerzerfahrung (Furchtpfad) und einer antizipierten potenziellen
Schmerzerfahrung (Angstpfad) unterschieden werden muss. Der Furchtweg führt dabei
zum Verlassen der Situation und der Angstweg zum präventiven Vermeiden (Leeuw et
al., 2007).
Abbildung 4. Darstellung des Modells Fear-Anxiety-Avoidance Model nach Asmundson, Norton &
Vlaeyen (2004).
Diese Theorien gehen ausschließlich davon aus, dass chronischer Rückenschmerz mit
Angst verbunden ist und über Vermeidung zur Entstehung und Exazerbation der
Schmerzen führt. Die gegenwärtige Forschung weist jedoch zunehmend auf einen von
Durchhalten (endurance behaviour, Hasenbring, 1993) gekennzeichneten Umgang mit
chronischen Rückenschmerzen hin, der ebenfalls zur Entstehung und Aufrechterhaltung
der Schmerzen führt. Auf dieser Basis entwickelten Hasenbring und Verbunt (2010) das
Avoicance-Endurance Modell.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
27
Das Avoidance-Endurance Modell (AEM, Hasenbring, Hallner & Klasen, 2001;
Hasenbring & Verbunt, 2010) ermöglicht eine biopsychosoziale Sichtweise chronischer
Rückenschmerzen und nimmt eine wechselseitige Beziehung von Schmerz, situativen
Auslösern, dysfunktionaler Wahrnehmung und Bewältigung an (s. Abbildung 5).
Zusätzlich unterscheidet das AEM schmerzbezogene maladaptive Einzelreaktionen
(Single-Responses) auf der kognitiven, emotionalen und behavioralen Ebene, die in der
Langzeitfolge als Reaktionsmuster (Response-Pattern) zur Chronifizierung von
Schmerzen führen können. Der Ausgangspunkt des Modells ist der akute Schmerz.
Auslösende Faktoren für das erstmalige Auftreten der Rückenschmerzen können z.B.
degenerative Entwicklungen, chronischer Distress, biomechanische Fehl- und
Überbeanspruchung oder auch psychische Einflussgrößen sein (s. Abschnitte II.1.3.1 bis
II1.3.3). Auf den akuten Schmerz können dann entweder eine von zwei maladaptiven
Reaktionen, oder eine adaptive Reaktion folgen. Zu den maladaptiven Reaktionen zählt
Hasenbring (2003) eine von Angst und Vermeidung gekennzeichnete (fear-avoidance
related response, FAR) sowie eine von Durchhalten gekennzeichnete Reaktion
(endurance related response, ER) auf den Rückenschmerz.
In Anlehnung an die Annahmen des FAM (Vlaeyen & Linton, 2000), wird im AEM
angenommen, dass FAR über einen Circulus vitiosus aus Angst und Vermeidung zur
Entstehung und Exazerbation chronischer Rückenschmerzen führt. Dabei wird
angenommen, dass auf kognitiver Ebene auf den Schmerz mit katastrophisierenden
Gedanken wie z.B. „...der Schmerz hat bestimmt etwas schlimmes zu bedeuten!“
reagiert wird. Als Folge der bedrohlichen Interpretation des Schmerzes kann es dann auf
der emotionalen Ebene zu Angst kommen. Diese kann auf der behavioralen Ebene zu
Vermeidungsverhalten führen, bei der potenziell schmerzauslösende Situationen
präventiv vermieden werden. Dieses Vermeidungsverhalten kann wiederum über
Prozesse der operanten Konditionierung im Sinne einer negativen Verstärkung aufrecht
erhalten werden, da durch das Vermeidungsverhalten der Rückenschmerz, die Angst
oder Gefühle der Überforderung reduziert werden können (Hasenbring, 2001).
Langfristig führt dies zu depressiver Stimmung und zur Chronifizierung der
Rückenschmerzen. Die depressive Stimmung ist als Ergebnis des Verstärkerverlustes
sowie der Reduktion der Endorphin-Ausschüttung durch die Vermeidung körperlicher
und sozialer Aktivitäten aufzufassen. Zunehmend werden angenehme soziale
II THEORETISCHER HINTERGRUND
28
Aktivitäten wie zum Beispiel das Zusammensein mit anderen Menschen vermieden und
führen zum Verlust von positiven Empfindungen wie Freude. Die Entstehung und
Exazerbation der Rückenschmerzen durch das Vermeidungsverhalten wird auf
psychophysiologischer Ebene dadurch erklärt, dass es über den Verlust körperlicher
Aktivitäten und einer damit verbundenen muskulären Insuffizienz zu einer
Muskelatrophie kommt, die aufgrund neurophysiologischer Sensibilisierungsprozesse
dazu führt, dass Belastungen zunehmend schmerzhaft werden.
Die von Hasenbring (2001) postulierte ER auf akute Rückenschmerzen ist dagegen
dadurch gekennzeichnet, dass in erster Linie Durchhalteappelle (suppressive
Kognitionen) auf kognitiver Ebene und Durchhaltestrategien auf der Verhaltensebene
dominieren. Langfristig führt auch diese ER auf Rückenschmerzen zu einer
Chronifizierung der Schmerzen. Die Annahme im Modell ist, dass suppressive
Kognitionen wie zum Beispiel „es ist wichtig, dass ich mich nicht gehen lasse!“ oder
„ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ zu suppressivem Verhalten führen. Das bedeutet,
dass die Betroffenen die Zähne zusammen beißen und Tätigkeiten und Aktivitäten trotz
anhaltender Schmerzen fortführen. Auch hier spielen operante Mechanismen eine
wichtige Rolle bei der Entstehung und Exazerbation der Schmerzen. Das
Durchhalteverhalten wird kurzfristig einerseits negativ verstärkt, da der Betroffene
durch die Fortführung der Aktivitäten vom Schmerz abgelenkt ist, und andererseits auch
positiv verstärkt, da anfallende Arbeiten oder Termine trotz Schmerzen erledigt bzw.
eingehalten werden und es dadurch zu Erfolgserlebnissen kommt. Langfristig führt ER
jedoch zu depressiver Stimmung und zur Chronifizierung der Rückenschmerzen auf
physiologischer Ebene. Als wesentlicher Mechanismus wird dabei die
Überbeanspruchung der Muskulatur (physical overload) durch die Überaktivität
(overuse) angesehen. Die Patienten halten belastende Haltungen (Sitzen, Stehen)
anhaltend ein und begünstigen dadurch eine Überbelastung der Bandscheiben, Muskeln,
und Gelenke (Nachemson, 1987), die über Prozesse der neuronalen Sensitivierung zur
Exazerbation der Rückenschmerzen führen. Aufgrund des “rebound phenomenon”
(Wegner et al., 1987) wird weiterhin angenommen, dass der Versuch, Gedanken zu
unterdrücken, misslingt, und stattdessen unterdrückte Gedanken verstärkt wieder
auftreten. Dadurch kann es zu Versagensempfindungen und einer reduzierten
II THEORETISCHER HINTERGRUND
29
Selbstwirksamkeit trotz anhaltenden Durchhaltens und folglich zu depressiver bzw.
gereizter Stimmung (Klasen, 2006) kommen.
Hasenbring postuliert im AEM (Hasenbring & Verbunt, 2010), dass eine adaptive
Reaktion (adaptive response; AR) auf akute Schmerzen dadurch gekennzeichnet ist,
dass auf den Schmerz mit bewältigenden Kognitionen reagiert wird, so dass der
Schmerz als Hinweis dafür genutzt wird, dass überprüft werden muss, ob eine zu starke
Anspannung gegeben ist und gegebenenfalls entspannungsfördernde Maßnahmen
unternommen werden sollten. Auf dieser Basis ist ein adaptiver Umgang mit dem
Rückenschmerz auf der Verhaltensebene ein flexibler Wechsel zwischen Anspannung
und Entspannung. Dieser Wechsel stellt die Voraussetzung für eine optimale
Versorgung der Bandscheiben und eine adäquate Belastung der Muskulatur dar
(Nachemson, 1987) und führt somit zu einer Reduktion der Schmerzen (Hasenbring &
Verbunt, 2010).
Eine weitere zentrale Annahme des AEM liegt darin, dass die beschriebenen FAR und
ER im Sinne von Single-Responses nicht zwangsweise zur Chronifizierung der
Schmerzen führen. Vielmehr kommt es erst zur Chronifizierung von Rückenschmerzen,
wenn die Single-Responses auf den unterschiedlichen Ebenen aufeinander folgen und
zusammen ein maladaptives Response-Pattern ergeben (Hasenbring, Hallner & Rusu,
2009).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
30
Abbildung 5. Darstellung des Modells Avoidance-Endurance Model nach Hasenbring, Hallner &
Klasen (2001).
1.4 Zusammenfassung
CLBP stellt eine der häufigsten Krankheiten in Deutschland dar und verursacht die
höchsten Kosten im Gesundheitssystem (Maniadakis & Gray, 2000; Wenig, 2009).
Dieses Bild wird auch von internationalen epidemiologischen Studien bestätigt (van
Tulder et al., 1995; Brown et al., 1998; Maniadakis & Gray, 2000; Stewart et al., 2003).
Ein Kriterium zur Unterscheidung zwischen akutem und chronischem Schmerz stellt die
Dauer des Schmerzes dar. Hierbei hat sich ein zeitliches Kriterium von 3 bis 6 Monaten
für den chronischen Rückenschmerz durchgesetzt. Neben der zeitlichen Dauer der
Schmerzen spielt die Funktionalität des Schmerzes bei der Abgrenzung des chronischen
von dem akuten Rückenschmerz eine wichtige Rolle. Während dem akuten Schmerz
eine Schutz- bzw. Warnfunktion zugesprochen wird, durch den eine Schonung bzw.
heilende Interventionen aufgesucht werden, hat der chronische Schmerz diese Schutz-
II THEORETISCHER HINTERGRUND
31
oder Warnfunktion verloren und selbst Krankheitswert erlangt (vgl. Zimmermann,
2001).
Theorien zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen
haben sich im Verlauf von einer eher kartesianischen zu einer multifaktoriellen Sicht
weiter entwickelt. Zu den historischen somatischen Modellen zählen die
Spezifitätstheorie (von Frey, 1895), die Patterntheorie (Goldscheider, 1894) sowie die
Affekttheorie (Marshall, 1894), die eine eher dualistische Sichtweise von Schmerzen
vertreten. Eine Weiterentwicklung dieser historischen Modelle fand durch die
Entwicklung der Gate-Control Theorie (Melzack & Wall, 1965) statt, die von einer
Interaktion zwischen somatischen und psychischen Faktoren ausging, wobei beiden
Faktoren gleichviel Bedeutung beigemessen wurde. Als Weiterentwicklung der Gate-
Control Theorie wurde die Neuromatrix Theorie (Melzack, 1999) entwickelt. Die
Neuromatrixtheorie beschreibt Schmerz als das Ergebnis eines breiten neuronalen
Netzwerkes und weniger als eine direkte Reaktion auf einen sensorischen Input.
Aktuellere Theorien zur Erklärung chronischer Schmerzen betonen die Bedeutung einer
neuronalen Plastizität und postulieren ein Schmerzgedächtnis, das sich durch neuronale
Veränderungen durch die Schmerzerfahrung herausbildet und verändert (Flor, 2003;
Flor et al., 1997; Handwerker & Kobal, 1994; Mense, 1993; Woolf & Salter, 2000).
Weiterhin wird angenommen, dass neben diesen zentral vermittelten Faktoren, beim
Rückenschmerz auch peripher vermittelte Faktoren, wie Veränderungen an den
Bändern, Sehnen, Gelenken und an der Muskulatur zur Chronifizierung von Schmerzen
beitragen (vgl. Hasenbring, 2001).
Kognitiv-behaviorale Modelle erklären chronische Schmerzstörungen vor dem
Hintergrund von Lerntheorien und legen nahe, dass chronische Rückenschmerzen durch
klassische Konditionierung, operante Mechanismen und Modellernen sowie durch
spezifische Kontrollüberzeugungen und Prozesse der Informationsverarbeitung
aufrechterhalten werden (vgl. Flor & Birbaumer, 2001).
Soziale Modelle berücksichtigen den Einfluss sozialer Beziehungen und möglicher
sozialer Vorteile bei der Aufrechterhaltung von Schmerzverhalten (Flor & Birbaumer,
2001).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
32
Biopsychosoziale Modelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung
chronischer Rückenschmerzen nehmen ein Zusammenspiel zwischen somatischen,
psychischen und sozialen Faktoren an. Das Diathese-Stress Modell (Flor, Birbaumer &
Turk, 1991) postuliert eine gegebene Disposition beispielsweise zu einer
Reaktionsstereotypie, die bei gegebenen internen oder externen Auslösern zu einer
Reaktion, wie zum Beispiel zu inadäquaten Bewältigungsversuchen, führt. Durch
aufrechterhaltende Faktoren wie z.B. Lernmechanismen wird der Schmerz dabei
aufrechterhalten. Das Fear-Avoidance Model (Vlaeyen & Linton, 2000) nimmt eher
einen durch katastrophisierende Gedanken, Schmerzangst und Vermeidung sowie
Disuse und Depressionen geprägten Circulus vitiosus bei Rückenschmerzen an. Das
Avoidance-Endurance Model (Hasenbring & Verbunt, 2010) postuliert neben diesem
durch Fear-Avoidance gekennzeichneten Weg einen durch Durchhalten (Endurance)
gekennzeichneten Weg, der vom akuten Schmerz über suppressive Kognitionen und
Durchhalteverhalten sowie einem physiologischen Overuse zur Chronifizierung von
Rückenschmerzen führt.
2 Informationsverarbeitung bei chronischen Rückenschmerzen
Aus den bisherigen Ausführungen wurde ersichtlich, dass
Informationsverarbeitungsprozesse bei der Entstehung und Aufrechterhaltung
chronischer Rückenschmerzen von zentraler Bedeutung sind. Der folgende Abschnitt
dient dem Verständnis der Informationsverarbeitung bei chronischen Rückenschmerzen.
Studien zur Informationsverarbeitung bei CLBP-Patienten sind in erster Linie von der
assoziativen Netzwerktheorie (Bower, 1981, 1987) und der Schematheorie (Beck &
Clark, 1988; Beck & Emery, 1985) beeinflusst worden. Im folgenden Abschnitt sollen
daher zunächst die assoziative Netzwerktheorie und die Schematheorie sowie aktuelle
Modelle zur Schmerzverarbeitung erläutert werden. Auf der Grundlage dieser
Ausführungen sollen abschließend die Befunde zum Informationsverarbeitungsbias bei
chronischen Rückenschmerzen (Aufmerksamkeitsbias, Gedächtnisbias) dargestellt
werden.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
33
2.1 Grundlegende Konzepte zur Informationsverarbeitung
2.1.1 Assoziative Netzwerktheorie
Bower's assoziative Netzwerktheorie („semantic network approach“, 1981) hat ihren
Ursprung im Bereich der Emotionsforschung. Bower (1981) geht in seiner Theorie von
der Annahme aus, dass jede Emotion wie z.B. Freude, Trauer oder Angst in Form eines
spezifischen Knotens in einem assoziativen Netzwerk repräsentiert wird (s. Abbildung
6). Dieser „Emotionsknoten“ ist über das Netzwerk mit anderen Elementen des
Netzwerks mit entsprechenden Gedächtnisinhalten verbunden. Um diesen
Emotionsknoten herum befinden sich mit ihm assoziierte autonome Reaktionen,
Bedeutungen, Ausdrucksweisen der Emotion und Situationen, in denen die Emotion
üblicherweise ausgelöst wird sowie verbale Bezeichnungen, die mit dieser Emotion in
Verbindung gebracht werden und Lebensereignisse, in denen die Emotion ausgelöst
wurde. Jede Emotionsrepräsentation enthält also die vielen verschiedenen Aspekte der
Emotion sowie seine Verbindungen zu anderen Emotionen. Dabei können sich
Emotionen, die gegensätzliche Qualitäten beschreiben, gegenseitig hemmen (z.B.
Hemmung von Freude bei Angst). Miteinander vereinbare Emotionen können zu einer
Mischung aus beiden Emotionsmustern führen (z.B. Enttäuschung als Resultat der
Kombination zwischen Trauer und Überraschung; Plutchik, 1980a, 1980b zitiert nach
Bower, 1981).
Weiterhin nimmt Bower (1981) an, dass ein solcher Emotionsknoten indirekt durch eine
Vielzahl von Reizen wie zum Beispiel durch physiologische Empfindungen oder
verbale Stimuli aktiviert werden kann. Wenn die Aktivierung des Emotionsknotens eine
bestimmte Schwelle überschreitet, kann sich die Erregung des Knotens auf andere
Bestandteile des Netzwerks wie zum Beispiel auf Knoten, die für die autonome
Erregung oder das Ausdrucksverhalten zuständig sind, ausweiten (s. Abbildung 6).
Folglich kann mithilfe von z.B. Wörtern mit traurigem Inhalt die Aktivierung des
Emotionsknotens, welcher traurige Stimmung repräsentiert, erfolgen, wodurch weitere
mit trauriger Stimmung verbundene Repräsentationen (zum Beispiel Repräsentationen
von Erinnerungen an traurige Lebensereignisse) aktiviert werden. Dadurch wird
angenommen, dass die Zugänglichkeit zu stimmungskongruentem Material über die
II THEORETISCHER HINTERGRUND
34
assoziative Aktivierung (Priming) im Netzwerk erleichtert ist und sich die
Wahrscheinlichkeit eines stimmungskongruenten Verarbeitungsprozesses erhöht. Ferner
werden die assoziativen Verbindungen innerhalb des Netzwerkes umso stärker, je
häufiger ein bestimmter Knoten aktiviert wird. Dadurch kann bereits eine schwache
Reizung den beschriebenen Aktivierungsprozess auslösen. Bower (1981) beschreibt in
seiner Arbeit vier verschiedene Phänomene: erstens, eine Person lernt Inhalte besser,
wenn diese mit ihrer emotionalen Stimmung übereinstimmen (“mood congruity effect”),
zweitens, das Abrufen von Erinnerungen gelingt besser, wenn die Stimmung beim
Abruf die gleiche ist wie beim Abspeichern („mood state dependent retention effect”),
drittens, die freien Assoziationen, Interpretationen, Gedanken und Urteile einer Person
stimmen thematisch mit ihrem Stimmungszustand überein („thought congruity effect“),
viertens, eine Zunahme der Stimmungsintensität führt zu einer Zunahme der
Aktivierung der entsprechenden Knoten des assoziativen Netzwerkes („mood
intensity“). Voraussetzung für diese Prozesse ist, dass sie automatisch, ohne
intentionalen und motivationalen Einfluss stattfinden (Blaney, 1986).
Abbildung 6. Darstellung der Assoziativen Netzwerktheorie nach Bower (1981).
Die Annahmen der assoziativen Netzwerktheorie wurden vielfach experimentell
überprüft. In einer frühen Metaanalyse zur stimmungskongruenten Verarbeitung fanden
Matt, Vázquez und Campbell (1992) in 7 Untersuchungen mit subklinisch depressiven
Studenten keinen “mood congruity effect”, bei klinisch depressiven Patienten zeigte
II THEORETISCHER HINTERGRUND
35
sich dagegen ebenfalls in 7 Untersuchungen ein Negativitätsbias. In 15 Studien konnte
stimmungskongruentes Erinnern bei induzierter trauriger Stimmung gefunden werden,
wobei hier wohl auch Erwartungseffekte beteiligt waren.
Das Konzept der assoziativen Netzwerktheorie wurde in der Schmerzforschung
aufgegriffen und auf die Verarbeitungsmechanismen bei chronischen Schmerzen
übertragen. Dabei wird angenommen, dass chronische Schmerzpatienten aufgrund ihrer
vermehrten Erfahrung mit Schmerzen ein ausgeprägtes semantisches Netzwerk zum
Schmerz aufweisen, in dem beispielsweise schmerzassoziierte Erfahrungen, Emotionen,
Kognitionen und Verhaltenstendenzen miteinander verbunden sind. Entsprechend
dieses Netzwerkes wurde postuliert, dass bei chronischen Schmerzpatienten die
Netzwerkeinheit für Schmerzerfahrung durch schmerzassoziierte Reize angesprochen
wird und zu einem kognitiven Bias für schmerzassoziierte Reize führt (vgl. Ruoß,
1998).
Neben der assoziativen Netzwerktheorie stellt die Schematheorie von Beck (Beck &
Clark, 1988; Beck & Emery, 1985) ein zentrales Konzept der Informationsverarbeitung
im Zusammenhang mit einem kognitiven Bias bei chronischen Schmerzpatienten dar
(Ruoß, 1998; Pincus et al., 2001). Im folgenden Abschnitt sollen daher die
Schematheorie und die damit für den chronischen Rückenschmerz verbundenen
Überlegungen kurz dargestellt werden.
2.1.2 Schematheorie
Der Begriff „Schema“ wurde ursprünglich von Bartlett (1932) eingeführt. Er ging davon
aus, dass bei der mentalen Repräsentation der Realität jeweils nur wenige
Teilinformationen genutzt werden. Die Lücken werden dann in einer
ordnungsbildenden Dynamik ausgefüllt. Im Allgemeinen können nach Bartlett (1932)
Schemata als Wissensstrukturen verstanden werden, welche durch
Informationsverarbeitungsprozesse einerseits konstruiert werden und andererseits auf
diese zurückwirken. Die Annahme von Schemata spielt in zahlreichen Bereichen der
gegenwärtigen Psychologie eine außerordentlich wichtige Rolle (Grawe, Donati &
Bernauer, 1994).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
36
Die Schematheorie von Beck (Beck & Clark, 1988; Beck & Emery, 1985) entsprang
seinen zahlreichen klinischen Beobachtungen. Dabei betrachtet er kognitive Schemata
als wesentliches Merkmal emotionaler Störungen. Beck (Beck & Clark, 1988; Beck &
Emery, 1985; Beck, 1967; Beck, 1976) definiert Schemata als „…functional structures
of relatively enduring representations of prior knowledge and experience“. Die
lebensnotwendige Funktion dieser kognitiven Strukturen, die sich auf der Basis
bestehender Wissensinhalte und vorheriger Erfahrungen bilden, liegt darin, die
Aufnahme und Strukturierung von Informationen zu organisieren, indem die
Komplexität von Reizen und Verhaltensweisen reduziert werden. Die Annahme dabei
ist, dass schemakonsistente Informationen verarbeitet, elaboriert und gespeichert
werden, während schemainkonsistente Informationen mit höherer Wahrscheinlichkeit
ignoriert werden (vgl. Beck & Clark, 1991). Demnach kann davon ausgegangen
werden, dass Erfahrungen eher schemakonsistent und in diese Richtung verzerrt
betrachtet werden.
Die klinisch relevante Implikation dieser Theorie ist, dass unterschiedlichen Störungen
unterschiedliche Schemata zugrunde gelegt werden können. Bei Patienten mit
Depressionen wird beispielsweise angenommen, dass Schemata mit einer entsprechend
negativen Sicht auf ihr Selbst (negative Selbstschemata) vorliegen, wodurch
schemakongruente negative Informationen tiefer und elaborierter verarbeitet werden als
schemainkongruente wie beispielsweise positive oder neutrale Informationen (Beck,
1967, 1976).
In Anlehnung an die Schematheorie und den daraus für die Informationsverarbeitung
klinischer Stichproben resultierenden Annahmen, wurden auch in der
Schmerzforschung Annahmen zum Informationsverarbeitungsbias bei chronischen
(Rücken-) Schmerzpatienten abgeleitet. Dabei wird angenommen, dass Schmerzerleben
zu einem ausgeprägten kognitiven Schema (Schmerzschema) führt. Schmerzschemata
sind hier als Informationsaspekte über sensorische, emotionale und evaluative
Schmerzeigenschaften, Verhaltensoptionen und Konsequenzen aufzufassen.
Schmerzschemata repräsentieren eine schmerzgefärbte Sicht der eigenen Person und der
Welt und können einer schmerzspezifischen Informationsverarbeitung dienen (vgl.
Ruoß, 1998). Leventhal und Everhart (1979) gingen davon aus, dass die Aktivierung
II THEORETISCHER HINTERGRUND
37
eines Schemas, welches frühere Schmerzerfahrungen integriert hat, mitbestimmt, wie
auf einen noxischen Input reagiert wird. Die Aufnahme und der Abruf von
Informationen ist in Richtung einer schmerzbezogenen Sicht des Selbst verzerrt, ähnlich
wie bei Patienten mit Depressionen, bei denen ihr negatives Selbstschema die
Informationsverarbeitung in eine negative Richtung verzerrt (vgl. Rouß, 1992).
Als Basis dieser Überlegung wird vielfach die Schmerztheorie von Hoppe (1986)
angesehen, in der angenommen wird, dass die wiederholte Schmerzerfahrung zur
Bildung einer hierarchisch gegliederten Gedächtnisstruktur führt (vgl. Ruoß, 1998). In
dieser Struktur sind die allgemeinen Merkmale des Schmerzes sowie ihre Verbindungen
langfristig gespeichert (Schmerzengramm, s. Abschnitt II.1.3.1). Hoppes geht davon
aus, das ein solches Schmerzschema einerseits über datengeleitete (bottom-up, in
Abhängigkeit von der Höhe des sensorischen Inputs) und andererseits über
erwartungsgeleitete (top-down, also in Abhängigkeit von Erwartungen und Wissen,
bzw. der Häufigkeit, mit der das Schema in der Vergangenheit aktiviert wurde)
Prozesse aktiviert werden kann.
Ein interessantes Beispiel für den Einfluss von Schmerzerfahrungen auf das Erleben
von Schmerzen stellt das Phänomen des Phantomschmerzes dar. Der Phantomschmerz
beschreibt das Phänomen, nach einer Amputation eines Körpergliedes Schmerzen an
der Stelle des amputierten Gliedes zu verspüren. Zimmermann (1993) erklärt die
Unabhängigkeit von Phantomschmerzen von peripherer Erregung durch zentralnervöse
Schmerzengramme. Tatsächlich ergibt sich aus Untersuchungen zum
somatosensorischen Schmerzgedächtnis, dass Phantomschmerzen nach Amputationen
vom Vorhandensein chronischer Schmerzen vor der Amputation, also den Erinnerungen
an die Schmerzen, abhängen (Flor, 2002a).
Mit dem Schema Enmeshment Model of Pain (SEMP) formulieren Pincus und
Morley (2001) ein spezifisches Schemamodell für chronische Schmerzen. In diesem
Modell wird angenommen, dass der Informationsverarbeitungsbias bei chronischen
Schmerzpatienten auf eine Überlappung dreier Schemata zurückzuführen ist. Sie
postulieren dabei jeweils ein Schema zu Schmerz, Krankheit und zum Selbst. Das
Schmerzschema bezieht sich auf unmittelbare Merkmale der Schmerzerfahrung wie
zum Beispiel die sensorische Intensität sowie räumlich-zeitliche Merkmale des
II THEORETISCHER HINTERGRUND
38
Schmerzes (Fernandez & Turk, 1992; Gracely, 1992; Melzack & Casey, 1968). Das
Schmerzschema ist mit dem Abbruch des vorhergehenden Verhaltens sowie der
Aufnahme lebenserhaltender und eine Heilung fördernder Reaktionen assoziiert
(Eccleston & Crombez, 1999). Das Krankheitsschema beinhaltet Informationen zu
affektiven und behavioralen Konsequenzen von Krankheit, einschließlich der
Informationen zu autonomen Funktionen, zur kurz- und langfristigen Zielerreichung
sowie zur Lebensqualität. Das Selbstschema wird nach Bradley und Mathews (1983;
zitiert nach Pincus & Morley, 2001) als eine kognitive Struktur im Langzeitgedächtnis
(LZG) betrachtet, die allgemeine, überdauernde Informationen über das Selbst sowie
spezifische Verhaltensepisoden beinhaltet. Pincus & Morley (2001) nehmen im SEMP
an, dass bei wiederholter und gleichzeitiger Aktivierung von zwei oder mehr Schemata
ein Schema mit dem anderen verknüpft und mit ihm verwoben (enmeshment) wird.
Dieses Enmeshment kann dabei sehr unterschiedliche Ausmaße annehmen. Ein
gewisses Enmeshment ist nach Pincus und Morley (2001) jedoch immer gegeben (s.
Abbildung 7). In Abhängigkeit der Stärke des Enmeshment und des genauen Inhalts der
Schemata kann vermutet werden, dass unterschiedlich starke Verzerrungen in der
Informationsverarbeitung entstehen. Je stärker beispielsweise das Enmeshment des
Schmerzschemas mit dem Selbstschema ist, umso stärker fällt der
Informationsverarbeitungsbias aus. Verschiedene Befunde sprechen für die Annahme
eines solchen Modells (Davies, 2003; Gray, 2006; zitiert nach Rusu, 2008; Harris,
Morley & Barton, 2003; Read & Pincus, 2004; Morley et al., 2005; Pincus et al., 2007;
Sutherland & Morley, 2008).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
39
Abbildung 7. Schematische Darstellung des „Schema-Enmeshment Model of Pain“ nach Pincus &
Morley (2001).
2.2 Schmerzverarbeitung
Bereits mit der Gate Control Theory (GCT, Melzack & Wall, 1965, s. Abschnitt
II.1.3.1) wurde der Versuch unternommen, ein Konzept zur Schmerzverarbeitung zu
entwickeln, in dem die einzelnen beteiligten Mechanismen und Systeme berücksichtigt
werden, die bei der Schmerzverarbeitung beteiligt sind. Die GCT erlaubt jedoch keine
Aussage über die zeitlichen Abläufe der Schmerzverarbeitung auf kortikaler oder
peripherer Ebene und regte damit Modelle an, die sich dieser Fragestellung widmeten
und im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Leventhal postuliert in der Perceptual Motor Theory of Emotions (1984) drei sich
gegenseitig verstärkende Systeme, die zum Erleben von Emotionen beitragen. Das erste
II THEORETISCHER HINTERGRUND
40
System ist ein expressives Motorsystem, das dem Ausdruck der Emotion (z.B.
lächelnder Gesichtsausdruck bei Freude) dient. Das zweite System stellt ein
schematisches System dar, das Assoziationen zwischen der jeweiligen Emotion und
bestimmten Stimuli beinhaltet (z.B. eine Spinne bei einer Spinnenphobie). Auf dieser
Ebene kann es dazu kommen, dass schemakongruente Informationen selektiv
verarbeitet werden. Bei dem dritten System handelt es sich um ein konzeptuelles
System, das differenziert mithilfe von Richtlinien die Interpretation und Generierung
von emotionalem Erleben gesteuert wird. Zu diesen Richtlinien zählen beispielsweise
die Überzeugungen (Beliefs), Attributionen und Beweggründe eines Individuums.
Demnach handelt es sich bei der Verarbeitung von Reizen um einen aktiven
erwartungs- und schemageleiteten Prozess, der durch selektive Informationssuche,
Aufmerksamkeitslenkung und Strukturierung der aufgenommenen Informationen
gekennzeichnet ist (Leventhal, Nerenz & Steele, 1984). Dieser kann sich beispielsweise
in einem Aufmerksamkeitsbias oder Gedächtnisbias oder als Interpretationsbias1
niederschlagen (Pincus et al., 1994; Pincus et al., 1996; Pincus et al., 1995). Leventhal
und seine Kollegen nehmen in verschiedenen Untersuchungen an, dass ein noxischer
Reiz über zwei unabhängige, aber interagierende „Kanäle“ verarbeitet wird: einen
sensorischen und einen affektiven Kanal (Leventhal & Everhart, 1979; Leventhal et al.,
1983,). Der sensorische Kanal verarbeitet Informationen zu den sensorischen Aspekten
des Schmerzes. Dazu zählen die Intensität und Lokalisierung des Schmerzes sowie
seine sensorischen Eigenschaften wie zum Beispiel Temperatur und Druck. Der zweite
Kanal verarbeitet affektive Komponenten des Schmerzes. Dazu zählen beispielsweise
Merkmale, welche die mit dem Schmerz verbundene Unannehmlichkeit, Angst oder
Leid betreffen. Das Modell nimmt an, dass die Verarbeitung sensorischer und
emotionaler Aspekte parallel bzw. gleichzeitig verläuft, allerdings dominiert immer ein
Kanal. Beispielsweise kann die Aufmerksamkeit von affektiven Komponenten des
Schmerzes abgelenkt und auf sensorische hingelenkt werden.
Es gibt Befunde, die dafür sprechen, dass eine Aufmerksamkeitsfokussierung auf
sensorische Aspekte zu einer Reduktion von Distress führt (Johnson, 1973).
1 Der Interpretationsbias wird hier zur Vollständigkeit erwähnt, im Folgenden jedoch nicht weiter
dargestellt, da er in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht wurde.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
41
Überwiegend gilt Ablenkung (distraction) jedoch als eine Kontrollstrategie im Umgang
mit Schmerzen, die ermöglicht, dass Schmerzintensität gering bzw. mild und konstant
gehalten wird (Eccleston, Crombez, Aldrich & Stannard, 1997). Vielfach wurde das
Modell in der Schmerzforschung als Grundlage dafür genutzt, um Hypothesen zu den
Informationsverarbeitungsprozessen bei chronischen Schmerzpatienten zu generieren
(Pincus et al. 1994; vgl. Pincus, 2004).
Entgegen dieser Vorstellung einer parallelen Verarbeitung von Leventhal geht Price
(1999) von der evidenzbasierten Annahme aus, dass eine sequenzielle Verarbeitung
stattfindet und formuliert das Vier-Stufen-Modell (four stages model of pain, Price,
1999; s. Abbildung 8). Price (1999) nimmt an, dass die Schmerzverarbeitung in vier
Stufen abläuft. Bei der ersten Stufe postuliert Price (1999) eine körperliche
Empfindung, die mit einer Schmerzintensität, wie sie zum Beispiel bei einer
Gewebeschädigung auftritt, einhergeht. Diese Empfindung muss allerdings nicht mit
einer tatsächlichen Gewebeschädigung einhergehen. In der zweiten Stufe wird eine von
dieser Empfindung ausgehende Bedrohung wahrgenommen, die mit einer
entsprechenden unmittelbaren Unbehaglichkeit und mit negativen Gefühlen (z.B. eine
mit einem Arousal verbundene Erfahrung von Furcht) verbunden ist. In der dritten Stufe
kommt es zu einem anhaltenden negativen Affekt (beispielsweise Angst, Frustration
und Ärger), der durch kognitive Bewertungsprozesse entsteht, in denen Befürchtungen
mit dem Schmerz antizipiert werden, wie zum Beispiel, dass dieser ein Leben lang
bestehen bleibt. In der letzten Stufe kommt es auf der Grundlage der vorherigen Stufen
zu einem entsprechenden Schmerzverhalten (z.B. Klagen, Schon- und
Rückzugsverhalten).
Abbildung 8. Vier-Stufen Modell nach Price (1999).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
42
Price (1999) entwickelte das Modell auf der Basis von Untersuchungen mit gesunden
Probanden, bei denen beispielsweise unter experimentellen Bedingungen Schmerz
induziert wurde (vgl. Pincus, 2004). Für die Vorstellung einer sequenziellen
Verarbeitung von Schmerz sprechen zudem verschiedene Befunde aus Untersuchungen
zum ZNS, die serielle Abläufe und Interaktionen zwischen dem somatosensorischen
Kortex, der Insular und dem cingulären Kortex, sowie präfrontalen und temporalen
kortikalen Bereichen postulieren (Price, 1999; zitiert nach Pincus, 2004).
2.3 Informationsverarbeitungsbias bei chronischen Schmerzen
Aus den bisherigen Ausführungen wird ersichtlich, dass angenommen werden kann,
dass chronische Schmerzpatienten aufgrund einer vermehrten Erfahrung mit Schmerzen
und schmerzauslösenden Situationen eine schmerzgefärbte Sicht der Welt haben (Ruoß,
1998) und sich dementsprechend ihre Informationsverarbeitung von der gesunder
Probanden unterscheidet (Grigsby et al., 1995; Pincus et al., 1998). Untersuchungen zur
Informationsverarbeitung gehen im psychopathologischem Kontext davon aus, dass
Verzerrungen in der Informationsverarbeitung maßgeblich zur Entstehung und
Aufrechterhaltung von Störungen beitragen (Beck & Clark, 1997; Mathews &
MacLeod, 1994; MacLeod, 1999). Dabei wird angenommen, dass störungskongruente
bzw. mit den Inhalten der Sorgen und Affekte übereinstimmende Informationen
bevorzugt wahrgenommen werden und diese Wahrnehmung das anschließende
Verhalten steuert. Vor diesem Hintergrund wurde vielfach postuliert, dass ein
kognitiver Bias bei chronischen Schmerzpatienten eine zentrale Rolle bei der
Aufrechterhaltung und Exazerbation der Schmerzen einnimmt (Waddell, 1996; Pincus,
1998). Empirische Studien zum kognitiven Bias bei chronischem Schmerz
konzentrieren sich in erster Linie auf die Bereiche Aufmerksamkeit und Gedächtnis
(Pincus & Morley, 2001)2. Diese werden in den folgenden Abschnitten dargestellt.
2 Auf die Darstellung der Befunde zum Interpretationsbias wird hier verzichtet, da dieser nicht
Gegenstand der vorliegenden Arbeit war.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
43
2.3.1 Aufmerksamkeitsbias
Ein Aufmerksamkeitsbias ist gegeben, wenn die Reaktion eines Individuums auf eine
bestimmte Gruppe von Stimuli konsistent erleichtert oder gestört wird (vgl. Pincus et
al., 2001). Grundlage der Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei chronischen
Schmerzpatienten ist die Annahme, dass klinische Populationen ihre Aufmerksamkeit
konsistent störungsrelevanten/ bedrohlichen Stimuli zuwenden (selektive
Aufmerksamkeit; Pincus & Morley, 2001).
Ein häufig verwendetes Paradigma zur Überprüfung dieser Annahme ist der Stroop Test
(Stroop, 1935). Bei diesem Test besteht die Aufgabe des Probanden darin die Farbe, in
der ein (Farb-) Wort gedruckt wurde, zu benennen. Dabei können das Farbwort und die
Druckfarbe übereinstimmen (Kongruenz) oder divergieren (Inkongruenz). Um diese
Aufgabe zu erfüllen, muss der Proband die automatische Tendenz der semantischen
Enkodierung unterdrücken, um kontrolliert die Analyse der Farbe, in der das Wort
gedruckt wurde, vorzunehmen (Keller & Grömminger, 1995). Bei inkongruenten
Durchgängen (wenn zum Beispiel das Farbwort „blau“ in grüner Druckfarbe dargeboten
wird), ist eine deutliche Benennungslatenz und damit ein Interferenzeffekt zu
verzeichnen. Nach dem Konzept von Shiffrin und Schneider (1977) können zwei
Formen der Informationsverarbeitung bei Aufmerksamkeitsprozessen unterschieden
werden: eine automatische, unbewusst und schnell ablaufende Informationsverarbeitung
und eine kontrolliert ablaufende, bewusste und kapazitätsfordernde und langsame
Informationsverarbeitung. Die Aufgabe im Stroop Test erfordert, die automatisierte
Reaktion auf eine dominante aber nicht relevante Information zu unterdrücken und
kontrolliert auf einen nicht-dominanten aber relevanten Stimulus zu reagieren. Durch
diese Interferenz kommt es zu längeren Benennungslatenzen, die Aufschluss über die
Tendenz der automatischen Benennung geben. Zur Untersuchung von
Interferenzeffekten in klinischen Populationen wurde das Stroop Paradigma modifiziert,
indem störungsbezogene Stimuli verwendet wurden. Die Interferenz wird dabei erfasst
über die Differenz aus der Benennungslatenz für neutrale Stimuli und der
Benennungslatenz für störungsrelevante oder bedrohliche Stimuli. Bei verschiedenen
Störungen, insbesondere bei Angststörungen, konnte eindrucksvoll mithilfe des
modifizierten emotionalen Stroop Paradigmas ein entsprechender Aufmerksamkeitsbias
II THEORETISCHER HINTERGRUND
44
immer wieder bestätigt werden (für einen Überblick s. MacLeod, 1991a; Williams et al.,
1996).
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse entstand in der Forschung zunehmend das
Interesse daran, mithilfe des emotionalen Stroop Paradigmas den Aufmerksamkeitsbias
bei chronischen Schmerzpatienten zu untersuchen. Im Gegensatz zu den eindeutigen
Ergebnissen in der Angstforschung sind die Resultate der Studien, welche den
Aufmerksamkeitsbias bei chronischen Schmerzpatienten erfassen, nicht eindeutig
(Pincus & Morley, 2001). Während in einigen Studien gezeigt werden konnte, dass
Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden Probanden schmerzassoziierte Wörter in
der Stroop Aufgabe selektiv wahrnehmen (Boissevain, 1994; Crombez et al., 2000;
Pearce & Morley, 1989; Snider et al., 2000), gelang anderen Studien nicht, diese
Befunde zu replizieren (Pincus et al., 1998; Roelofs, Peters & Vlaeyen, 2003).
Eine der ersten Untersuchungen, in denen der Aufmerksamkeitsbias bei chronischen
Schmerzpatienten mithilfe des modifizierten Stroop Tests untersucht wurde, war die
Untersuchung von Pearce und Morley (1989). Sie verglichen die Leistungen von 16
Schmerzpatienten mit denen von 16 gesunden Probanden und fanden heraus, dass die
Schmerzpatienten im Vergleich zur gesunden Stichprobe bei schmerzassoziierten
Wörtern (sensorische Wörter; z.B. heiß, stechend) eine größere Interferenz und damit
eine selektive Aufmerksamkeit für diese aufwiesen. Allerdings hing depressive
Stimmung (erfasst über den Profile of Mood States; Nulty Wilkins& Williams, 1987)
mit einer generellen Benennungslatenz zusammen, so dass die Ergebnisse nicht
ausschließlich auf die Schmerzen zurückgeführt werden können (vgl. Roelofs, Peters,
Zeegers & Vlaeyen, 2002).
Vor diesem Hintergrund wurde der Einfluss chronischer Schmerzen auf einen
Aufmerksamkeitsbias unter Berücksichtigung der Depressivität der Probanden
untersucht. Boissevain (1994) verglichen beispielsweise mithilfe des Stroop Tests die
Verzerrungen in der Aufmerksamkeit von 15 depressiven Schmerzpatienten, 15 nicht-
depressiven Schmerzpatienten, 15 schmerzfreien depressiven Patienten und 15
schmerzfreien und nicht depressiven Kontrollprobanden miteinander. Das Ergebnis
ihrer Studie belegte einen Aufmerksamkeitsbias für (sensorische) Schmerzwörter bei
chronischen Schmerzpatienten, da sowohl die depressive als auch die nicht-depressive
II THEORETISCHER HINTERGRUND
45
Schmerzgruppe größere Benennungslatenzen für schmerzassoziiertes Wortmaterial
aufwies als für neutrale oder positive Wörter.
Pincus et al. (1998) führten mithilfe des Stroop Paradigmas nacheinander zwei
Untersuchungen durch. In ihrem ersten Experiment beabsichtigten sie, die Ergebnisse
von Pearce und Morley (1989) in einer Stichprobe von 20 chronischen
Schmerzpatienten und 20 gesunden Kontrollpersonen zu replizieren. Pincus et al.
(1998) blieben dabei jedoch erfolglos und fanden keine Anhaltspunkte für eine selektive
Aufmerksamkeit von Schmerzpatienten für schmerzassoziiertes Wortmaterial. Im
zweiten Experiment untersuchten Pincus et al. (1998) in einer Stichprobe von 17
chronischen Schmerzpatienten und 17 gesunden Kontrollpersonen zusätzlich die
Effekte von Angst und Depressivität auf den Aufmerksamkeitsbias bei
schmerzassoziiertem im Vergleich zu neutralem Wortmaterial. Auch hier konnte ein
Aufmerksamkeitsbias nicht in Abhängigkeit des Schmerzes festgestellt werden.
Snider et al. (2000) konnten wiederum in ihrer Stichprobe, bestehend aus 33 CLBP-
Patienten und 33 gesunden Kontrollpersonen, in einer modifizierten Stroop Aufgabe
einen Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziierte Wörter in Abhängigkeit von
Schmerz zeigen. Darüber hinaus überprüften Snider et al. (2000) in ihrer Untersuchung
den prädiktiven Wert schmerzbezogener Angst auf den Aufmerksamkeitsbias. Sie
fanden positive Korrelationen zwischen dem kognitiven Aspekt von Schmerzangst und
den Benennungslatenzen sowohl für affektive als auch für sensorische Wörter im Stroop
Test. In einer multiplen Regressionsanalyse, in der alle psychologischen Merkmale
schrittweise eingegeben wurden, identifizierten sie die Subskala für kognitive
Schmerzangst der Pain Anxiety Symptom Scale (PASS; McCracken et al., 1992) sowie
die Angstsensitivität (gemessen über den Anxiety Sensitivity Index; ASI; Reiss et al.,
1986) als bedeutsame Prädiktoren für die Benennungslatenz für affektive
Schmerzwörter. Dabei waren eine stärkere kognitive Schmerzangst sowie eine
geringere Angstsensitivität mit größeren Benennungslatenzen für affektive
Schmerzwörter assoziiert.
Crombez et al. (2000) fanden dagegen wiederum Belege dafür, dass Schmerzpatienten
einen Aufmerksamkeitsbias für sensorische Schmerzwörter im Vergleich zu affektiven
Schmerzwörtern und auf Verletzung bezogenen Wörtern zeigen. Dieser Bias wurde
II THEORETISCHER HINTERGRUND
46
zudem von der aktuellen Schmerzintensität der Patienten, nicht aber von Variablen wie
Angst vor Schmerzen (fear of pain; FOP), Katastrophisieren oder negativem Affekt
vorhergesagt.
Roelofs, Peters, Zeegers und Vlaeyen (2002) nahmen diese inkonsistenten Befunde zum
Anlass für eine Metastudie, um die Effekte miteinander zu vergleichen. Dabei wurden
die Studien von Boissevain (1994), Pearce & Morley (1989), Snider, Asmundson und
Wiese (2000) sowie Pincus und Morley (1998) berücksichtigt. Signifikante Effekte
wurden sowohl für sensorische als auch für affektive Schmerzwörter gefunden. Für
beide Wort-Typen wiesen chronische Schmerzpatienten eine selektive Aufmerksamkeit
auf.
Aufgrund der Kritik von MacLeod et al. (1986) am Stroop Paradigma, dass dieses
uneindeutig und offen für einen sogenannten response bias artefact sei, ging die
Forschung dazu über, die Verzerrungen in der Aufmerksamkeit bei chronischen
Schmerzpatienten mithilfe des dot-probe Paradigmas zu untersuchen. Der response bias
artefact bezieht sich dabei darauf, dass die Antworten der Probanden aufgrund der
komplexen Anforderung der verlangten Reaktion verfälscht sein können. Die dot-probe
Aufgabe (MacLeod et al., 1986) wird als eine direktere Methode zur Erfassung
selektiver Aufmerksamkeit gesehen. Bei der visuellen dot-probe Aufgabe werden auf
einer Anzeige zwei übereinander positionierte Wörter kurz dargeboten. Danach werden
die Wörter ausgeblendet und ein kleiner Punkt erscheint auf dem Bildschirm, entweder
an der Position des oberen oder an der Position des unteren Wortes. Die Aufgabe des
Probanden besteht darin, per Tastendruck anzugeben, ob sich der Punkt an der Position
des zuvor unten oder oben dargebotenen Wortes befindet. Ein Aufmerksamkeitsbias
kann erfasst werden, indem entsprechend (störungs-) relevante und neutrale Stimuli als
Bildpaare dargeboten werden. Die dot-probe Aufgabe hat im Vergleich zur Stroop
Aufgabe den wichtigen Vorteil, dass der response bias artefact kontrolliert wird, da die
Probanden eine neutrale Reaktion (Knopfdruck) auf einen neutralen Stimulus (Punkt)
zeigen müssen (MacLeod et al., 1986). Eine gängige Auswertungsmethode für die
Daten aus der dot-probe Aufgabe ist die Bildung des Bias Index (BI). Ein positiver Wert
in diesem Index weist auf eine selektive Aufmerksamkeit für einen bedrohlichen
Stimulus hin. Dagegen bedeutet ein negativer Wert auf eine Abwendung der
II THEORETISCHER HINTERGRUND
47
Aufmerksamkeit von diesem Stimulus weg (Vermeidung). Im Bereich der
Angstforschung konnte mithilfe des dot-probe Paradigmas gezeigt werden, dass
Angstpatienten schneller reagieren, wenn der Punkt einen angstbezogenen Hinweisreiz
ersetzt (Williams et al., 1996).
Vor diesem Hintergrund ging die Forschung dazu über, den Aufmerksamkeitsbias bei
chronischen Schmerzpatienten mithilfe des visuellen dot-probe Paradigmas zu
untersuchen. Gleichzeitig wuchs das Interesse zunehmend daran, die Verzerrungen in
der Aufmerksamkeit bei chronischen Schmerzpatienten in Abhängigkeit von ihrer
Stimmung, insbesondere der FOP zu untersuchen (Asmundson, 1997; Keogh, Ellery,
Hunt & Hannent, 2001; Dehghani et al., 2003). Beispielsweise untersuchten
Asmundson et al. (1997) bei 19 chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zu 22
gesunden Kontrollprobanden die Aufmerksamkeitsleistungen mit Hilfe des dot-probe
Paradigmas und fanden heraus, dass sich der Aufmerksamkeitsbias eher im
Zusammenhang mit der FOP der Patienten zeigte als im Zusammenhang mit dem
Bestehen oder der Intensität von Schmerzen. Sie konnten zeigen, dass Patienten mit
geringerem FOP ihre Aufmerksamkeit von Wörtern, die mit Schmerzen assoziiert
waren, ablenkten, wohingegen Patienten mit einem höheren Angstlevel ihre
Aufmerksamkeit auf die schmerzassoziierten Wörter hinrichteten. Diese Befunde zur
FOP konnten in zwei Studien mit gesunden Probanden repliziert werden (Keogh,
Dillon, Georgiou & Hunt, 2001; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001; Keogh et al.,
2003), anderen Untersuchungen gelang dies jedoch nicht (Keogh et al., 2002; Keogh et
al., 2003; Roelofs, Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003). Pincus und Morley (2001)
wiesen darauf hin, dass inkonsistente Befunde in den Untersuchungen mit chronischen
Schmerzpatienten darin begründet sein können, dass inkonsistent zwischen sensorischen
und affektiven Schmerzwörtern unterschieden wird. Diese Unterscheidung hat sich
jedoch in verschiedenen Studien als sinnvoll erwiesen (Crombez et al., 2000; Snider et
al., 2000).
Eine zusätzliche Weiterentwicklung der Untersuchungen bei chronischen
Schmerzpatienten mit der dot-probe Aufgabe erfolgte auf der Basis der Arbeit von
Koster, Crombez, Verschuere und De Houwer (2004). Sie ergänzten das Paradigma, in
dem ursprünglich jedes Stimuluspaar aus einem neutralen und einem
II THEORETISCHER HINTERGRUND
48
schmerzassoziierten Stimulus bestand, um eine Bedingung, in der zwei neutrale Stimuli
ein Stimuluspaar darstellten. Damit konnte eine experimentelle (Stimuluspaar:
bedrohlich-neutral) von einer neutralen Bedingungen (Stimuluspaar: neutral-neutral)
unterschieden werden. Dadurch ist der Vergleich zwischen den Reaktionszeiten der
Probanden in neutralen (neutral-neutrales Stimuluspaar) und kongruenten (der Punkt
ersetzt beim Stimuluspaar bedrohlich-neutral den bedrohlichen Stimulus) bzw.
zwischen neutralen und inkongruenten Bedingungen (der Punkt ersetzt beim
Stimuluspaar bedrohlich-neutral den neutralen Stimulus) möglich. Koster et al. (2004)
postulieren, dass schnellere Reaktionszeiten in kongruenten Durchgängen auf selektive
Aufmerksamkeit für bedrohliches Material (CE; congruency effect) hinweisen,
langsamere Reaktionszeiten in inkongruenten Durchgängen dagegen auf
Schwierigkeiten hinwiesen, sich von bedrohlichem Material loszulösen (incongruency
effect; ICE). Beide Effekte schließen sich nicht aus (Koster et al., 2004).
Unter Berücksichtigung dieser Erweiterungen fanden Dehghani et al. (2003) in einer
Untersuchung mit Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzen heraus, dass die
Patienten nur für sensorische Schmerzwörter eine selektive Aufmerksamkeit aufwiesen.
Auf Hochängstliche Patienten hatten Schwierigkeiten, sich von bedrohlichen Wörtern
zu lösen. Asmundson et al. (2005) konnten wiederum weder einen allgemeinen
Aufmerksamkeitsbias bei chronischen Schmerzpatienten finden, noch Unterschiede in
Abhängigkeit von Wortmaterial mit sensorischem oder affektivem Schmerzbezug.
Jedoch konnten auch sie positive Zusammenhänge zwischen FOP als kontinuierliche
Variable und selektiver Aufmerksamkeit zeigen.
Roelofs et al. (2005) vermuteten daraufhin, dass diese inkonsistenten Effekte in der
Stimuluswahl begründet liegen. Sie nahmen an, dass ein Stimulusmaterial, das aus
Wörtern besteht, möglicherweise nicht in der Lage ist, die aktuellen Befürchtungen von
Schmerzpatienten zu erfassen, da sie semantische Repräsentationen der gefürchteten
Stimuli darstellen (Anderson & Haldrup, 2003). Daraufhin modifizierten sie die dot-
probe Aufgabe, indem sie eine Bildversion der Aufgabe entwickelten. Sie nahmen an,
dass Bildmaterial, welches Aktivitäten darstellt, die mit der Angst vor Bewegungen und
(Wieder-) Verletzung assoziiert sind, salienter sind und damit die aktuellen
Befürchtungen besser darstellen. Roelofs et al. (2005) führten mit einer Stichprobe,
II THEORETISCHER HINTERGRUND
49
bestehend aus 49 CLBP-Patienten und 44 Kontrollpersonen, zwei dot probe Aufgaben
durch: eine in einer Wortversion und eine in einer Bildversion. Zusätzlich wählten sie
das Stimulusmaterial für die Bildversion der dot-probe Aufgabe idiosynkratisch aus.
Hierfür ließen sie die Probanden zuvor die auf den Bildern dargestellten Aktivitäten auf
einer Numerischen Ratingsskala mit den Endpunkten 0 und 100 (wobei 0 gar keine
Bedrohung und 100 maximale Bedrohung bedeutet) daraufhin einschätzen, inwieweit
von dieser eine Bedrohung in dem Sinne wahrgenommen wird, dass dem Rücken durch
die Ausführung der Aktivität ein Schaden zugefügt wird. Nur die jeweils fünf am
bedrohlichsten und fünf am wenigsten bedrohlichen beurteilten Bilder wurden in die
anschließende dot-probe Aufgabe integriert. Die Leistungen der Probanden in
ermittelten Roelofs et al. (2005) über drei Indizes: den Kongruenz Index (congruency
index; CI; s. Abschnitt III.1.2.2) für die Leistungen in den kongruenten Durchgängen,
den Inkongruenz Index (incongruency index; ICI; s. Abschnitt III.1.2.2) für die . Die
Leistungen in inkongruenten Durchgängen und einen neutralen Index für die Leistungen
in den neutralen Durchgängen (neutral index; NI; s. Abschnitt III.1.2.2). In der
Bildversion der dot-probe Aufgabe zeigten die Ergebnisse, dass CLBP-Patienten zwar
keine selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen, jedoch im
Vergleich zu gesunden Probanden deutliche Schwierigkeiten haben, ihre
Aufmerksamkeit von diesen abzuwenden (Disengagement Effekt). Dieser Effekt zeigte
sich unabhängig der FOP der Probanden, hier als Bewegungsangst und der Angst vor
(Wieder-) Verletzung mithilfe der Tampa Scale of Kinesiophobia (TSK; Miller et al.,
1991, unveröffentlichte Version, nach Kori, Miller & Todd, 1990) gemessen.
Asmundson (2007) nahmen die inkonsistenten Befunde zum Aufmerksamkeitsbias in
Abhängigkeit des FOP Konzepts zum Anlass dafür, die Daten aus ihrer Untersuchung
von 2005 (Asmundson et al., 2005) zu re-analysieren. Sie untersuchten dabei den
Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von FOP diesmal nicht als kontinuierliche
Variable wie in der Untersuchung zuvor (Asmundson et al., 2005), sondern als eine
kategoriale Variable. Sie zogen dafür verschiedene FOP Gruppierungsmethoden heran.
Hoch- und niedrig- FOP Gruppen wurden sowohl über Terzentile aus dem ASI (Reiss &
McNally, 1985) und der PASS (McCracken et al., 1992) als auch über eine Cluster aus
beiden Instrumenten gebildet. Die Re-Analyse zeigte keine bedeutsamen Unterschiede
in der Aufmerksamkeit für verschiedene Wort-Typen in Abhängigkeit von FOP. Über
II THEORETISCHER HINTERGRUND
50
die Clustermethode zeigten ihre Ergebnisse jedoch, dass die hoch-FOP Probanden im
Vergleich zu den niedrig-FOP Probanden eine selektive Aufmerksamkeit über alle
Wort-Typen hinweg zeigten. Asmundson et al. interpretierten diesen Befund als eine
generelle Hypervigilanz der hoch-FOP Probanden.
Für eine bessere Übersicht der Befunde zum Aufmerksamkeitsbias bei chronischen
Schmerzpatienten sind die hier aufgeführten Untersuchungen im Folgenden tabellarisch
dargestellt (s. Tabelle 1).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
51
Tabelle 1. Übersicht zu den Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei Schmerzpatienten.
Studie Aufgabe N Stichprobe Stimuli
Pearce & Morley,
1989.
Stroop
(Karten)
16 Personen mit chronischen
Schmerzen
Sensorische Schmerzwörter
vs. neutrale Wörter
16 Gesunde Kontrollpersonen
Pincus, 1993. Dot-probe 16 Personen mit chronischen
Schmerzen
Gemischte Sensorische und
affektive Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
16 Gesunde Kontrollpersonen
Boissevain, 1994. Stroop
(Karten)
20 Personen mit chronischen
Schmerzen
Gemischte Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
20 Gesunde Kontrollpersonen
Asmundson et al.,
1997.
Dot-probe 19 Personen mit chronischen
Schmerzen/ muskuloskelettalen
Verletzungen
Gemischte sensorische und
affektive Schmerzwörter vs.
neutrale Schmerzwörter
22 Gesunde Kontrollpersonen
Pincus et al., 1998. Stroop
(Karten)
20 Personen mit chronischen
Schmerzen
Sensorische Schmerzwörter
vs. neutrale Wörter
20 Gesunde Kontrollpersonen
Stroop
(Computer)
17 Personen mit chronischen
Schmerzen
Sensorische Schmerzwörter
vs. Farbwörter
17 Gesunde Kontrollpersonen
Crombez et al.,
2000.
Stroop
(Computer)
25 Personen mit CLBP Sensorische Schmerzwörter
vs. neutrale Wörter
Snider et al., 2000. Stroop
(Computer)
33 Personen mit chronischen
Rücken- oder Nackenschmerzen
Gemischte sensorische und
affektive Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
Keogh, Ellery,
Hunt & Hannent,
2001.
Dot-probe 74 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,
sozial bedrohliche und
positive vs. neutrale Wörter
Keogh, Dillon,
Georgiou & Hunt,
2001.
Dot-probe 100 Gesunde Personen Physisch- und sozial-
bedrohliche sowie positive
Wörter vs. neutrale Wörter
II THEORETISCHER HINTERGRUND
52
Keogh et al., 2002. Dot-probe 100 Gesunde Personen Sensorische und affektive
Schmerzwörter vs. neutrale
Wörter
Dehghani al., 2003. Dot-probe 176 Personen mit chronischen
Schmerzen
Gemischte Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
Keogh et al., 2003. Dot-probe 81 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,
sozial bedrohliche und
positive Wörter vs. neutrale
Wörter
Roelofs, Peters,
van der Zijden,
Thielen &
Vlaeyen, 2003.
Dot-probe 90 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,
sozial bedrohliche und
positive Wörter vs. neutrale
Wörter
Dot-Probe 120 Gesunde Personen Gemischte Schmerzwörter,
sozial bedrohliche und
positive Wörter vs. neutrale
Wörter
Roelofs, Peters &
Vlaeyen, 2003
Stroop
(Computer)
43 Personen mit CLBP Verletzungs- und
Bewegungswörter vs. neutrale
Wörter 36 Gesunde Kontrollpersonen
Asmundson,
Carleton & Ekong,
2005.
Dot-probe 30 Personen mit chronischen
Kopfschmerzen
Sensorische und affektive
Schmerzwörter vs. neutrale
Wörter
19 gesunde Kontrollpersonen
Asmundson,
Wright, Heather &
Hadjistavropoulos,
2005.
Dot-probe 36 Personen mit chronischen
Schmerzen
Sensorische und affektive
Schmerzwörter sowie
negative Gesundheitswörter
vs. neutrale Wörter 29 Gesunde Kontrollpersonen
Roelofs et al.,
2005.
Dot-probe
(Bildversion)
49 Personen mit CLBP Hoch-bedrohliche und
niedrig-bedrohliche
Schmerzbilder vs. neutrale
Bilder 44 Gesunde Kontrollpersonen
Asmundson et al.,
2007.
Dot-probe 36 chronisch muskuloskelettale
Schmerzen
Sensorische und affektive
Schmerzwörter sowie
negative Gesundheitswörter
vs. neutrale Wörter 29 gesunde Probanden
Khatibi et al., 2009. Dot-probe
(Bildversion)
170 Personen mit chronischen
Schmerzen
Schmerzassoziierte Gesichter
vs. fröhliche Gesichter
40 Gesunde Kontrollpersonen
II THEORETISCHER HINTERGRUND
53
2.3.2 Gedächtnisbias
Ein Gedächtnisbias ist gegeben, wenn die Erinnerungsleistungen eines Individuums für
eine bestimmte Gruppe von Stimuli konsistent verbessert oder verschlechtert werden.
Grundlage der Untersuchungen zum Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten
ist ähnlich wie im Bereich des Aufmerksamkeitsbias die Annahme, dass klinische
Populationen konsistent störungsrelevante bzw. bedrohliche Stimuli besser erinnern
(selektives Gedächtnis) als beispielsweise neutrale Stimuli (vgl. Ruoß, 1998).
Wie auch im Forschungsfeld der Erfassung des Aufmerksamkeitsbias bei chronischen
Schmerzpatienten, liegt der Ursprung der Untersuchungen zum Gedächtnisbias im
Bereich der Erforschung affektiver Störungen. Hier gilt der Einfluss der Stimmung,
sowohl als Zustand (state) als auch als überdauernde Eigenschaft (trait) als gut belegt
(Blaney, 1986; Singer & Salovey, 1988; Teasdale & Bernard, 1993; Williams et al.,
1997). Die eindeutigsten Resultate finden sich dafür, dass Probanden jenes
Stimulusmaterial, welches mit ihrer aktuellen Stimmung (state) übereinstimmt, am
besten erinnern (vgl. Pincus & Morley, 2001).
Diese Befunde regten Untersuchungen an, welche einen möglichen Gedächtnisbias bei
chronischen Schmerzpatienten untersuchten. Vor dem Hintergrund der assoziativen
Netzwerktheorie und der Annahme eines ausgeprägten Schmerzgedächtnisses wurde
dabei ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material vermutet. Wright &
Morley (1995) konnten beispielsweise zeigen, dass chronische Schmerzpatienten
deutlich mehr autobiographische Erinnerungen abrufen, die einen Bezug zu
körperlichen Schmerzen hatten als schmerzneutrale Erinnerungen. Eich, Rachmann &
Lopatka (1990) und Boissevain (1994) zeigten dagegen, dass Effekte des Abrufs
autobiographischer Inhalte bei Schmerzpatienten eher durch die Stimmung vermittelt
wurden (vgl. Pincus & Morley, 2001).
Ein weiteres Paradigma, mit dem in der Schmerzforschung das selektive Gedächtnis
chronischer Schmerzpatienten für schmerzassoziiertes Material überprüft wird, ist die
Aufgabe zum Wiedererkennen (recognition task). Bei dieser Aufgabe wird dem
Probanden zunächst eine Reihe von Wörtern aus verschiedenen Kategorien (z.B.
schmerzassoziierte und neutrale Wörter präsentiert. Die Aufgabe des Probanden besteht
II THEORETISCHER HINTERGRUND
54
dabei darin, sich die Wörter während einer Darbietungsphase zu merken. Anschließend
werden die Wörter zusammen mit anderen (Füll-) Wörtern noch einmal präsentiert. Die
Aufgabe des Probanden besteht in dieser zweiten Phase darin, anzugeben, ob er dieses
in der vorherigen Lernphase gelernt hatte oder nicht, indem er diese aus mehreren
gleichzeitig dargebotenen Stimuli heraussucht (Mehrfachwahlaufgabe) oder aus einer
Reihe nacheinander oder simultan dargebotener Stimuli einzeln zu entscheiden, ob es
zuvor präsentiert wurde oder nicht (Ja-Nein-Aufgabe). Bei der Auswertung können
anschließend als abhängige Variablen die Anzahl der richtig wiedererkannten Wörter
der jeweiligen Wortkategorie (beispielsweise schmerzneutrale und schmerzassoziierte
Wörter) sowie die Anzahl der fälschlich wiedererkannten Wörter ausgezählt werden
(vgl. Hangarter, Schmitt, Ebert, 2001).
In zwei Untersuchungen mit der Wiedererkennungsaufgabe konnten keine signifikanten
Effekte gefunden werden (Pincus et al., 1993). Obgleich sowohl Boissevain (1994) als
auch Edwards et al. (1992) Gedächtnisunterschiede zwischen Schmerzpatienten und
gesunden Kontrollpersonen fanden, werden die Ergebnisse sehr kritisch betrachtet. In
beiden Studien kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Effekte über die Stimmung
vermittelt wurden. Gleichzeitig wurde bei beiden Untersuchungen vor der
Wiedererkennungsaufgabe ein anderer Gedächtnistest durchgeführt, bei dem teilweise
die gleichen Wörter verwendet wurden. Folglich konnten die Ergebnisse nicht als reine
Wiedererkennungseffekte betrachtet werden. Darüber hinaus können in beiden
Untersuchungen Reihenfolge- (Primacy- und Recency-) Effekte nicht ausgeschlossen
werden, da keine entsprechenden Füllwörter dargeboten wurden. Schließlich ist zu
kritisieren, dass sich eventuell die Methode der Wiedererkennungsaufgabe schlicht
nicht für die Erfassung des Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten eignet, da
die Aufgabe zu einfach sein könnte und daher Deckeneffekte nicht ausgeschlossen
werden können (vgl. Pincus & Morley, 2001).
Während Untersuchungen zum Wiedererkennen und zum autobiographischen
Gedächtnis wenig ergiebig waren, liefern die Ergebnisse, welche die Aufgabe zur freien
Wiedergabe (free-recall) verwendet haben, ein konsistenteres Bild für den
Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten und sprechen dafür, dass chronische
Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter aufweisen
II THEORETISCHER HINTERGRUND
55
(Edwards et al., 1992; Pearce et al., 1990; Pincus, Pearce, McClelland & Turner-Stokes,
1993; Rusu, 2008). Bei der Aufgabe zur freien Wiedergabe bekommen die Probanden
üblicherweise zunächst eine Reihe von Wörtern aus verschiedenen Wortkategorien auf
Kopfhörern zu hören. Die Aufgabe der Probanden besteht darin, sich so viele Wörter
wie möglich einzuprägen. In einer anschließenden Abrufphase werden die Probanden
gebeten, aus der vorher dargebotenen Wortliste innerhalb einer begrenzten Zeit
(üblicherweise zwei Minuten) so viele Wörter wie möglich wiederzugeben. Mithilfe der
Aufgabe zur freien Wiedergabe kann überprüft werden, ob Probanden mit bestimmten
Merkmalen (z.B. Schmerzpatienten) im Vergleich zu Kontrollprobanden für Wörter aus
einer bestimmten Kategorie (z.B. schmerzassoziierte Wörter) einen stärkeren
Gedächtnisbias aufweisen, indem sie diese vergleichsweise mehr erinnern als andere
Wörter (z.B. Kontrollwörter). Für die Erfassung Gedächtnisbias der Probanden wird als
abhängige Variable die Anzahl der richtig wiedergegebenen Wörter der jeweils
dargebotenen Wort-Typen berechnet.
Beispielsweise führten Pearce et al. (1990) mit einer Stichprobe, die aus 25 chronischen
Schmerzpatienten und 25 gesunden Kontrollprobanden bestand, sowohl eine free-recall
Aufgabe mit einer unmittelbaren (immediate) Wiedergabe, als auch eine mit einer
verzögerten (delayed) Wiedergabe durch. Das Stimulusmaterial bestand aus
schmerzassoziierten, negativen und neutralen Wörtern. Sowohl in der unmittelbaren als
auch in der verzögerten Bedingung zeigten sich keine bedeutsamen
Gruppenunterschiede in der Gesamtwiedergabe der Wörter. Jedoch gaben die
chronischen Schmerzpatienten deutlich mehr schmerzassoziierte Wörter wieder als die
Kontrollgruppe.
Während Pearce et al. (1990) ausschließlich sensorische Wörter darboten und
Stimmungseffekte unbeachtet blieben, überprüften Edwards et al. (1992) den Einfluss
der Stimmung und des Stimulus-Typs auf den Gedächtnisbias. Sie verglichen die
Gedächtnisunterschiede zwischen 16 nicht depressiven, chronischen Schmerzpatienten,
19 depressiven chronischen Schmerzpatienten und 19 schmerzfreien depressiven
Patienten sowie 19 gesunden Kontrollprobanden. Zusätzlich verwendeten sie neben
sensorischen Schmerzwörtern auch affektive Schmerzwörter und neutrale Wörter. Die
Ergebnisse zeigten, dass depressive Schmerzpatienten im Vergleich zu neutralen
II THEORETISCHER HINTERGRUND
56
Wörtern sowohl mehr sensorische als auch mehr affektive Schmerzwörter erinnerten.
Nicht-depressive Schmerzpatienten wiesen dagegen nur ein selektives Gedächtnis für
sensorische Schmerzwörter auf. Wider Erwarten stellten Edwards et al. (1992) fest, dass
depressive Patienten ohne Schmerzen weniger affektive Schmerzwörter wiedergaben
als beispielsweise neutrale Wörter oder sensorische Schmerzwörter. Dieses Ergebnis
wurde im Sinne einer Vermeidung von stimmungskonsistentem Material interpretiert.
Andere Untersuchungen ergänzten die free-recall Aufgabe um den Aspekt des
Selbstbezugs, um das individuelle Schmerzschema zu berücksichtigen und folglich
genauere Aussagen im Hinblick auf den Gedächtnisbias treffen zu können. Bei dieser
Variante werden die Probanden beispielsweise gebeten, sich selbst (Selbstbezug) oder
eine andere Person (Fremdbezug) in einer Situation vorzustellen, die das dargebotene
Material beschreibt. Pincus et al. (1993) konnten zeigen, dass chronische
Schmerzpatienten mehr sensorische Schmerzwörter wiedergeben, wenn die Wörter
unter Selbstbezug enkodiert wurden, gleichzeitig konnte, selbst wenn die Depressivität
in den Analysen berücksichtig wurde, kein Effekt für affektive Schmerzwörter gefunden
werden.
In einer weiteren Studie untersuchten Pincus et al. (1995) den Gedächtnisbias bei
depressiven chronischen Schmerzpatienten, nicht-depressiven chronischen
Schmerzpatienten und gesunden Kontrollprobanden. Das Stimulusmaterial bestand aus
schmerzassoziierten und neutralen Wörtern sowie Wörtern mit Bezug zu Gesundheit
und Depression. Das Stimulusmaterial wurde von den Probanden vorab unter
Selbstbezug bzw. unter Fremdbezug kodiert. Dabei mussten die Probanden für jedes
Wort angeben, ob es sie selbst bzw. einen guten Freund beschreibt. Zusätzlich wurde
bei jeder Wortkategorie zwischen positiver und negativer Valenz unterschieden. Die
Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass depressive chronische Schmerzpatienten einen
Gedächtnisbias für negative gesundheitsbezogene Wörter aufwiesen, die unter
Selbstbezug enkodiert wurden, nicht jedoch für Wörter, die auf Depression bezogen
waren, wie es bei Patienten mit einer klinischen Depression zu finden ist. Koutantji et
al. (1999) untersuchten den Gedächtnisbias bei Kindern, die unter einer juvenilen
chronischen Arthritis litten, mithilfe einer Aufgabe zur freien Wiedergabe mit
sensorischen und affektiven Schmerzwörtern sowie mit neutralen Wörtern, die unter
II THEORETISCHER HINTERGRUND
57
Selbst- oder Fremdbezug enkodiert wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Kinder mit
chronischen Schmerzen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe mehr sensorische
und neutrale Wörter wiedergaben, die unter Selbstbezug enkodiert wurden.
Wells, Pincus und McWilliams (2003) konnten weiterhin zeigen, dass der diagnostische
Status für den Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten und Patienten mit
einer Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) eine wichtige Rolle spielt. Sie fanden
heraus, dass Patienten mit diagnostizierten chronischen Schmerzen Adjektive, die auf
Depressionen bezogen waren, im Vergleich zu sensorischen, krankheitsbezogenen oder
neutralen Wörtern eher vermieden als Patienten, bei denen die chronischen Schmerzen
nicht diagnostiziert wurden. Bei den Patienten mit einer Spondylitis ankylosans konnte
ein solcher Effekt nicht beobachtet werden. Wells, Pincus und McWilliams (2003)
nahmen an, dass bei chronischen Schmerzpatienten die Diagnosestellung die Funktion
eines „Puffers“ übernimmt, welcher vor einem kognitiven Bias für Stimuli, die auf
Depressionen bezogen sind und den damit verbundenen Stimmungen und Emotionen,
schützt.
Im Hinblick auf FOP konnten in den bisherigen Untersuchungen keine bedeutsamen
Effekte auf den Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten nachgewiesen
werden (Koutantji, 1999; Pearce et al., 1990; vgl. Pincus & Morley, 2001).
Für eine bessere Übersicht der Befunde zum Gedächtnisbias bei chronischen
Schmerzpatienten sind die hier aufgeführten Untersuchungen, die das Recall-Paradigma
verwendet haben im Folgenden tabellarisch dargestellt (s. Tabelle 2).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
58
Tabelle 2. Übersicht zu den Untersuchungen, die den Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten mit
dem Recall-Paradigma erfasst haben.
Studie Aufgabe N Stichprobe Stimuli
Pearce et al.,
1990.
Recall 25 Personen mit chronischen
Schmerzen
Sensorische Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
25 gesunde Kontrollpersonen
Edwards et al.,
1992.
Recall 16 Personen mit chronischen
Schmerzen
Sensorische Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
19 Personen mit chronischen
Schmerzen und Depressionen
Pincus et al.,
1993.
Recall 21 Personen mit Rheumatischer
Arthritis
Sensorische Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
21 Gesunde Kontrollpersonen
Pincus et al.,
1995.
Recall 19 Personen mit Rheumatischer
Arthritis
Schmerzwörter vs. neutrale Wörter
19 Personen mit Rheumatischer
Arthritis und Depressionen
Koutantji et al.,
1999.
Recall 18 Personen mit juveniler
Rheumatischer Arthritis
Schmerzwörter vs. neutrale Wörter
18 Gesunde Kontrollpersonen
Wells et al., 2003 Recall 21 Personen mit chronischen
Schmerzen ohne Diagnosestellung
Gemischte Schmerzwörter vs.
neutrale Wörter
15 Personen mit diagnostizierten
chronischen Schmerzen
36 Personen mit diagnostiziertem
Morbus Bechterew Syndrom
34 Gesunde Kontrollpersonen
II THEORETISCHER HINTERGRUND
59
2.3.3 Zusammenfassung
Der Forschungsbereich zum Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten ist in
erster Linie von der Assoziativen Netzwerktheorie von Bower (1981) und der
Schematheorie von Beck (Beck & Clark, 1988; Beck & Emery, 1985; Beck, 1967;
Beck, 1976) beeinflusst worden. Dabei wird angenommen, dass aufgrund der
vermehrten Erfahrungen mit Rückenschmerzen Patienten mit CLBP über ein
ausgeprägtes semantisches Netzwerk zum Schmerz verfügen, in dem schmerzassoziierte
Erfahrungen miteinander verbunden sind (vgl. Ruoß, 1998). Diese Erfahrungen werden
in einem Schmerzschema repräsentiert, das über bottom-up (notizeptive Stimulation)
und top-down (Erwartungen und Wissen) Prozesse aktiviert werden kann. Aufgrund
eines ausgeprägten Schmerzschemas wird angenommen, dass Patienten mit CLBP einen
entsprechenden Bias in der Informationsverarbeitung aufweisen. Analog zu Theorien
aus der Emotionsforschung wird angenommen, dass störungskongruente bzw. mit den
Inhalten der Sorgen und Affekte übereinstimmende Informationen bevorzugt
wahrgenommen werden und diese Wahrnehmung das anschließende Verhalten steuert.
Bei Patienten mit CLBP werden entsprechend beispielsweise eine selektive
Aufmerksamkeit und ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Stimuli vermutet.
Verschiedene Befunde sprechen für die Annahme eines Informationsverarbeitungsbias
bei chronischen Schmerzpatienten, allerdings kann die Annahme eines generellen Bias
für schmerzassoziiertes Material nicht gehalten werden (vgl. Pincus & Morley, 2001).
Untersuchungen zur Aufmerksamkeit bei chronischen Schmerzpatienten geben wenig
Anlass zu der Annahme eines generellen Bias (Boissevain, 1994; Pearce & Morley,
1989; Snider et al., 2000; Crombez et al., 2000). Es gibt jedoch Belege dafür, dass in
diesem Zusammenhang die FOP eine zentrale Rolle spielt (Asmundson, 1997;
Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001; Pincus
et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson, 2007). Andere Untersuchungen konnten
dies wiederum nicht bestätigen und berichteten, dass CLBP-Patienten unabhängig von
FOP Schwierigkeiten haben, sich von schmerzassoziiertem bedrohlichen Material
loszulösen (Roelofs, 2005). Asmundson et al. (2007) fanden wiederum Belege dafür,
II THEORETISCHER HINTERGRUND
60
dass Probanden mit hoher FOP unabhängig von Schmerzen eine allgemeine
Hypervigilanz für alle Wort-Typen aufweisen.
Etwas eindeutiger im Vergleich zu den Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias
scheinen die Ergebnisse zum Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten zu sein (Edwards et
al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et al., 1995; Pincus et al.,
1998). Dabei konnte auch hier gezeigt werden dass der Bias abhängig von der
Stimmung ist (vgl. Pincus & Morley, 2001). Die Befunde sprechen dafür, dass
Schmerzpatienten ohne depressive Symptome ein selektives Gedächtnis für sensorische
Schmerzwörter aufweisen, und Schmerzpatienten mit depressiven Symptomen affektive
Schmerzwörter vermeiden (Edwards et al. 1992). Für Wörter, die ausschließlich mit
Depression assoziiert sind, zeigen depressive Schmerzpatienten dagegen kein selektives
Gedächtnis (Pincus et al., 1995). Die Zusammenhänge zwischen Angst oder FOP und
dem Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten scheinen dagegen weniger
bedeutsam zu sein (vgl. Pincus & Morley, 2001).
II THEORETISCHER HINTERGRUND
61
3 Zusammenfassung und Herleitung der Fragestellungen
Auf der Basis der bisherigen Ausführungen zum CLBP sowie zum
Informationsverarbeitungsbias bei chronischen Schmerzpatienten werden in diesem
Abschnitt die Zielsetzungen und Fragestellungen der vorliegenden Arbeit hergeleitet.
Aus den in Abschnitt II.1.3.4 geschilderten theoretischen Grundlagen zum CLBP wurde
ersichtlich, dass aktuelle Ansätze zur Erklärung der Entstehung und Exazerbation von
CLBP sowohl somatische und soziale als auch psychische Faktoren heranziehen. Es
wurde deutlich, dass auf der psychologischen Seite Aspekte der Schmerzverarbeitung,
insbesondere Fear-Avoidance und Endurance bezogene Reaktionen auf
Rückenschmerzen über verschiedene Circuli vitiosi zur Chronifizierung dieser beitragen
können. In Übereinstimmung mit kognitiv-behavioralen Ansätzen kann dabei
angenommen werden, dass die Art und Weise, wie der Schmerz auf kognitiver Ebene
bewertet wird, mitbestimmt, wie mit diesem auf emotionaler und behavioraler Ebene
umgegangen wird und somit eine Exazerbation und Chronifizierung der Schmerzen
möglicherweise begünstigt wird.
Betrachtet man die kognitiven Reaktionen auf Rückenschmerzen als den
Ausgangspunkt des Chronifizierungsprozesses, rücken Prozesse der
Informationsverarbeitung ins Zentrum des Interesses. Davon ausgehend ist die aktuelle
Forschung zunehmend dazu übergegangen, kognitive Faktoren wie z.B. die
Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen für schmerzbezogenes Material bei
Schmerzpatienten zu untersuchen. In Anlehnung an die Befunde aus der
Emotionsforschung wird im Allgemeinen angenommen, dass aufgrund einer vermehrten
Erfahrung mit Rückenschmerzen, Patienten mit CLBP über ein ausgeprägtes
semantisches Netzwerk zum Schmerz verfügen, in dem schmerzassoziierte Erfahrungen
miteinander verbunden sind (vgl. Ruoß, 1998). Aufgrund dieses semantischen
Netzwerks werden bei Patienten mit CLBP entsprechend eine selektive
Aufmerksamkeit und ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material
erwartet.
II THEORETISCHER HINTERGRUND
62
Aus den Darstellung der empirischen Befunde zum Informationsverarbeitungsbias bei
chronischen Schmerzpatienten in Abschnitt II.2.3 wurde jedoch deutlich, dass diese a
priori Annahme eines generellen Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material
bei chronischen Schmerzpatienten nicht eindeutig belegt ist (Boissevain, 1994; Pearce
& Morley, 1989; Snider et al., 2000; Crombez et al., 2000; Pincus & Morley, 2001). Es
zeigte sich eher, dass der kognitive Bias bei Schmerzpatienten weniger von dem
generellen Schmerzstatus, als vielmehr von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel
der Stimmung, dem Stimulusmaterial und dem verwendeten Paradigma zur Erfassung
des Bias abhängig ist (s. Abschnitt II.2.3.1, Überblicksartikel Pincus & Morley, 2001).
Einige Untersuchungen weisen beispielsweise darauf hin, dass der
Aufmerksamkeitsbias durch Merkmale der schmerzbezogenen Angst vermittelt wird
(Asmundson, 1997; Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt &
Hannent, 2001; Pincus et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson et al., 2007). Zudem
sind deutlichere Aufmerksamkeitseffekte zu erwarten, wenn das dot-probe Paradigma
verwendet wird (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) und das
Stimulusmaterial aus Bildern besteht (Roelofs et al., 2005, s. Abschnitt II.2.3.1).
Die Darstellungen der Ergebnisse zum Gedächtnisbias bei chronischen
Schmerzpatienten (s. Abschnitt II.2.3.2) sind eindeutiger als die Ergebnisse zum
Aufmerksamkeitsbias. Hier scheint eine Art Wechselspiel zwischen den Faktoren
Stimmung und Stimulusmaterial vorzuliegen. Eine solche Wechselwirkung konnte in
erster Linie zwischen einer depressiven Stimmung und dem verwendeten Wortmaterial
nachgewiesen werden (Edwards et al., 1992). Im Gegensatz zum Aufmerksamkeitsbias
scheint die Bedeutung von Angst bisherigen Untersuchungen zufolge beim
Gedächtnisbias eher geringfügig zu sein (Untersuchungen von Koutantji, 1999; Pincus
et al., 1996; Pearce et al., 1990; vgl. Pincus & Morley, 2001).
Somit stellt sich die generelle Frage, ob und wenn ja inwieweit sich Schmerzpatienten
in ihrem Aufmerksamkeits- und Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material von
gesunden Probanden unterscheiden. Da es sich jedoch, wie in Abschnitt II.1.3.4
erläutert, bei CLBP-Patienten um keine einheitliche Gruppe handelt, stellt sich die
zentrale Frage, ob und inwiefern sich der kognitive Bias für schmerzassoziierte
Informationen in Abhängigkeit von den kognitiv-behavioralen Reaktionen auf
II THEORETISCHER HINTERGRUND
63
Schmerzen der Probanden zeigt. Die Betrachtung der aktuellen Forschungsbefunde zum
Informationsverarbeitungsbias bei Schmerzpatienten lässt bis heute einen deutlichen
Mangel an Arbeiten erkennen, die Fear-Avoidance- versus Endurance bezogene
Kognitionen und Verhaltensweisen betonen. Bisherige Untersuchungen konzentrieren
sich in erster Linie auf Fear-Avoidance Reaktionen. Die Bedeutung von
schmerzspezifischen Durchhaltereaktionen bei der Informationsverarbeitung bei CLBP-
Patienten sind bisher unbeachtet, insbesondere in Bezug auf Endurance bezogene
Response-Pattern nach dem AEM liegen keine Befunde vor, so dass sich die Frage
stellt, welche Zusammenhänge hier bestehen.
In Bezug auf die Schmerz-Reaktionen der Probanden ist weiterhin zu berücksichtigen,
dass schmerzbezogene fear-avoidance- und endurance-bezogene sowie adaptive Single-
Responses von spezifischen Response-Pattern unterschieden werden können
(Hasenbring & Verbunt, 2010). Bei dem Fear-Avoidance-Response-Pattern wird bei
Rückenschmerzen ein Circulus vitiosus angenommen, der durch katastrophisierende
Gedanken, Schmerzangst und Vermeidungsverhalten sowie durch Disuse und
Depressionen geprägt ist und zur Entstehung und Exazerbation der Schmerzen führt.
Neben diesem durch Fear-Avoidance gekennzeichneten Muster wird ein durch
Durchhalten (Endurance) gekennzeichnetes Response-Pattern angenommen, der vom
akuten Schmerz über suppressive Kognitionen und Durchhalteverhalten sowie einem
physiologischen Overuse zur Chronifizierung von Rückenschmerzen führt. Diesen
beiden maladaptiven Response-Pattern wird ein adaptives Response-Pattern gegenüber
gestellt. Bei diesem wird angenommen, dass auf den Rückenschmerz mit bewältigenden
Kognitionen reagiert wird, welche die Basis für einen flexiblen Wechsel zwischen
Anspannung und Entspannung darstellen und eine optimale Versorgung der
Bandscheiben und eine adäquate Belastung der Muskulatur ermöglichen (Nachemson,
1987) und somit zu einer Reduktion der Rückenschmerzen führen (Hasenbring &
Verbunt, 2010).
Folglich ergeben sich zwei Fragen, die es zu klären gilt. Erstens stellt sich die Frage, ob
und wenn ja, welche Zusammenhänge zwischen dem Informationsverarbeitungsbias
und den Single-Responses auf den CLBP auf der kognitiven, emotionalen und
behavioralen Ebene bestehen. Zweitens stellt sich die Frage, ob sich der
II THEORETISCHER HINTERGRUND
64
Informationsverarbeitungsbias in Abhängigkeit von den individuellen Response-Pattern
der Probanden auf den CLBP zeigt. Bisherige Untersuchungen zum
Informationsverarbeitungsbias berücksichtigen ausschließlich Single-Responses bei
chronischen Schmerzpatienten (s. Abschnitt II.2.3). Es bleibt folglich nicht nur zu
klären, wie sich der Informationsverarbeitungsbias der Probanden im Zusammenhang
mit ihren Single-Responses auf CLBP zeigt, sondern auch wie sich der Bias in
Abhängigkeit der Response-Pattern der CLBP-Patienten verhält.
Aus Abschnitt II.2.3.1 geht weiterhin hervor, dass sich verschiedene Richtungen der
Aufmerksamkeitsverzerrung für bedrohliches (schmerzassoziiertes) Material
identifizieren lassen. Es kann dabei zwischen der Tendenz, Schwierigkeiten zu haben,
sich von bedrohlichem Material zu lösen (disengagement effect) und der Tendenz, eine
Hypervigilanz für bedrohliches Material aufzuweisen (engagement effect),
unterschieden werden. Es bleibt zu klären, welche individuellen Charakteristika sich als
Prädiktoren für die verschiedenen Aufmerksamkeitseffekte identifizieren lassen. Dabei
stellt sich auf der einen Seite die Frage, ob bei CLBP-Patienten Vigilanzeffekte für
bedrohliches Material beispielsweise eher durch angstbezogene Merkmale vorhersagbar
sind. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob sich Schwierigkeiten, sich von
bedrohlichem Material zu lösen, aufgrund der Annahme eines Rebound Effekts (s.
Abschnitt II.1.3.4) stärker durch Endurance bezogene Merkmale vorhersagen lassen.
Bisherige Untersuchungen haben bisher nur den prädiktiven Wert von einigen wenigen
allgemeinen Merkmalen untersucht (z.B. Snider, 2000; s. Abschnitt II.2.3.1).
Ein weiterer Aspekt, der in bisherigen Untersuchungen kaum Beachtung gefunden hat,
ist die Rolle der Disability. Wie aus Abschnitt II.1 dieser Dissertationsschrift
hervorgeht, stellt der chronische Schmerz eine deutlich subjektive Erfahrung dar, bei
der Aspekte der Stimmung und Disability, welche die Betroffenen durch die Schmerzen
erfahren, eine zentrale Rolle im Verlauf der Erkrankung spielen. Lediglich die
Bedeutung der Stimmung der Probanden wurde im Kontext des
Informationsverarbeitungsbias bei Schmerzpatienten untersucht, nicht jedoch die
Bedeutung der Disability. Demzufolge stellt sich neben der Frage nach der
Bedeutsamkeit der Stimmung auch die Frage nach möglichen Zusammenhängen
II THEORETISCHER HINTERGRUND
65
zwischen dem Informationsverarbeitungsbias und der Disability der
Versuchsteilnehmer.
Zur Beantwortung dieser Fragen wurden drei aufeinander aufbauende Studien
durchgeführt. Studie 1 und 2 zielen dabei auf die systematische Analyse des
Aufmerksamkeitsbias, Studie 3 auf die des Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten ab. In
allen drei Studien steht die Untersuchung des Einflusses spezifischer affektiver,
kognitiver und behavioraler Formen der Schmerzverarbeitung mit hypothesengeleiteter
Untersuchung von Aspekten der Fear-Avoidance- gegenüber der Endurance bezogenen
Schmerzverarbeitung sowie der Einfluss von allgemeinem affektiven Distress
(Angst/Depressivität) im Vordergrund. In der Umsetzung der experimentellen
Paradigmen wurden diejenigen ausgewählt, die hinsichtlich der Merkmale der internen
Validität (Operationalisierung des jeweiligen Informationsbias u.a. hinsichtlich des
Stimulusmaterials, Beurteilungen mit hohem Selbstbezug) am ehesten einen Nachweis
der vermuteten Effekte erwarten lassen (s. Abschnitt II.2.3).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
66
III EMPIRISCHER TEIL
Das folgende empirische Kapitel gliedert sich in drei Hauptabschnitte, in denen jeweils
die Untersuchungen, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, dargestellt werden. In
den ersten beiden Hauptabschnitten des Kapitels werden die Untersuchungen zum
Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten vorgestellt. Im dritten Hauptabschnitt wird
das Experiment zur Untersuchung des Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten dargestellt.
In allen drei Hauptabschnitten werden hierfür in entsprechenden Unterkapiteln zunächst
einleitend die zugrundeliegenden Fragestellungen und Hypothesen der jeweiligen
Untersuchung expliziert, um auf dieser Basis sodann die Methodik der Untersuchung
abzuleiten. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der jeweiligen Untersuchungen
ausführlich dargestellt. Abschließend werden die Ergebnisse im darauf folgenden
Abschnitt kurz zusammengefasst und bewertet.
1 Experiment 1: Die Vorhersage des Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material durch psychologische Merkmale
In Abschnitt II.2.3.1 wurde die aktuelle Befundlage zum Aufmerksamkeitsbias bei
Schmerzpatienten dargestellt. Aus diesen Ausführungen ging hervor, dass die a-priori
Annahme eines generellen Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten nicht eindeutig
unterstützt werden kann. Es wurde die vermittelnde Funktion einer Reihe von Faktoren
in diesem Kontext erörtert.
In der vorliegenden Untersuchung sollen einerseits der generelle Aufmerksamkeitsbias
bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen untersucht werden.
Andererseits sollen einige ausgewählte Faktoren daraufhin untersucht werden, ob und
wenn ja, wie diese mit dem Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten
zusammenhängen. Weiterhin soll geklärt werden, inwieweit sich diese Faktoren als
prädiktiv für einen Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten erweisen. Es sollen dabei
sowohl Faktoren einbezogen werden, die in der aktuellen Forschung als bedeutsam
betrachtet werden (vgl. Abschnitt II.2.3.1) als auch Faktoren, die in der
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
67
Aufmerksamkeitsforschung bei CLBP-Patienten bisher unbeachtet geblieben sind, sich
jedoch, wie in Abschnitt II.1.3.4 dargestellt, in der Entstehung und Exazerbation von
CLBP als bedeutsam erwiesen haben.
1.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen
Auf der Basis der Ausführungen in Abschnitt II.3 werden die übergeleiteten
Fragestellungen, die in der vorliegenden Untersuchung erörtert werden sollen, wie folgt
formuliert:
Welche Unterschiede bestehen in den Aufmerksamkeitsleistungen für
schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden
Kontrollpersonen? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den individuellen
Charakteristika der Probanden und ihrem Aufmerksamkeitsbias und welche dieser
Charakteristika lassen sich als Prädiktoren für den Aufmerksamkeitsbias identifizieren?
Vordergründig sollen in der vorliegenden Arbeit folgende Fragestellungen expliziert
werden:
1. Unterscheiden sich CLBP-Patienten in ihrem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material von gesunden Kontrollpersonen?
2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material und einer schmerzbezogenen Angst?
3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
Durchhaltereaktionen wie z.B. der Gedankenunterdrückung?
4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der
Disability der Probanden?
5. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
einem allgemeinen, nicht spezifisch auf die Schmerzen bezogenen Distress?
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
68
6. Werden eine Hypervigilanz und eine selektive Aufmerksamkeit für
schmerzassoziiertes Material besser durch eine schmerzbezogene Angst
vorhergesagt als durch andere psychologische Merkmale?
7. Lassen sich größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu
lösen, besser durch die Unterdrückung von schmerzbezogenen Kognitionen
bzw. durch Durchhaltereaktionen vorhersagen als durch andere psychologische
Merkmale?
Diese Fragestellungen werden im Folgenden durch Hypothesen konkretisiert. Die
Hypothesen werden durch den augenblicklichen Forschungsstand begründet und
dementsprechend teilweise gerichtet und teilweise ungerichtet formuliert.
Hypothese 1: CLBP-Patienten zeigen im Vergleich zu gesunden Probanden größere
Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Stimulusmaterial. Dies
zeigt sich in einer stärkeren selektiven Aufmerksamkeit und einer Hypervigilanz für
schmerzassoziiertes Material sowie größeren Schwierigkeiten, sich von diesen zu lösen.
Begründung: Verschiedene Untersuchungen konnten einen Aufmerksamkeitsbias bei
chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden Probanden nachweisen
(Boissevain, 1994; Crombez et al., 2000; Pearce & Morley, 1989; Snider et al., 2000).
Die Befunde sind jedoch inkonsistent und bedürfen einer weiteren Überprüfung (Pincus
et al., 1998; Roelofs, Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003).
Hypothese 2: Schmerzbezogene Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen hängen
mit dem Aufmerksamkeitsbias zusammen. Je höher also das Ausmaß der
schmerzbezogenen Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen, umso stärker fällt
der Aufmerksamkeitsbias aus. Dies zeigt sich in einer selektiven Aufmerksamkeit und
einer Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie größeren Schwierigkeiten,
sich von diesem zu lösen.
Begründung: Die aktuelle Befundlage spricht dafür, dass sich eine selektive
Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material und Vigilanzeffekte im
Zusammenhang mit Merkmalen einer schmerzbezogenen Angst zeigen (Asmundson,
1997; Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001;
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
69
Pincus et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson, 2007). Zusätzlich sprechen
Untersuchungen aus der Angstforschung dafür, dass Patienten mit einer erhöhten
Ausprägung einer Angstsymptomatik Schwierigkeiten darin aufweisen, sich von
bedrohlichem Material zu lösen (Williams, 1996). Hasenbring et al. (2009) konnten
einen Zusammenhang zwischen Merkmalen einer schmerzbezogenen Angst und den
Angst-Vermeidungsreaktionen (FAR) zeigen. Insbesondere die kognitiv-affektiven
Komponenten der FAR scheinen mit schmerzbezogener Angst zusammenzuhängen
(Hasenbring et al., 2009). Folglich wird angenommen, dass sich bei FAR ähnliche
Zusammenhänge zeigen wie bei schmerzbezogener Angst.
Hypothese 3: Durchhaltereaktionen (ER) bzw. die Unterdrückung von
schmerzbezogenen Kognitionen hängt positiv mit Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen zusammen.
Begründung: Es werden Verzerrungen in der Aufmerksamkeit zugunsten einer
schemakongruenten Verarbeitung angenommen (s. Abschnitt II.2.1.2). In Anlehnung an
das AEM wird vermutet, dass ER infolge einer Gedankenunterdrückung mit einem
Rebound Effekt verbunden ist (Hasenbring & Verbunt, 2010; Klasen, Brüggert &
Hasenbring, 2006; s. Abschnitt II.1.3.4), so dass angenommen werden kann, dass ER
mit größeren Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,
assoziiert ist.
Hypothese 4: Die Disability der Patienten hängt positiv mit dem Aufmerksamkeitsbias
zusammen. Dies schlägt sich in einer selektiven Aufmerksamkeit und einer
Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie deutlicheren Schwierigkeiten,
sich von diesem Material zu lösen nieder.
Begründung: Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von Disability in der
Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen (s. Abschnitt II.1) wird angenommen, dass
bei einer schmerzbezogenen Disability eine schemakongruente Verarbeitung besteht.
Bisher liegen keine Untersuchungen vor, welche die Disability explizit im
Zusammenhang mit einem Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten untersuchen.
Dennoch wird aufgrund einer schemakongruenten Verarbeitung (s. Abschnitt II.2.1.2)
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
70
ein positiver Zusammenhang zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material mit einer schmerzbezogenen Disability erwartet.
Hypothese 5: Die verschiedenen Aspekte des Aufmerksamkeitsbias sind mit
allgemeinen Distress Variablen, wie z.B. Angst als Zustand und Angst als
überdauerndes Merkmal der Person (state und trait anxiety) sowie mit Depression
assoziiert.
Begründung: Aufgrund einer mangelnden Befundlage kann eine gerichtete Hypothese
hier nicht formuliert werden. Ein möglicher Zusammenhang kann dennoch nicht
gänzlich ausgeschlossen werden, da Merkmale der Untersuchungen zu den Null-
Ergebnissen und damit zur mangelnden Befundlage geführt haben könnten. Folglich
wird hier ein ungerichteter Zusammenhang angenommen.
Hypothese 6: Eine selektive Aufmerksamkeit sowie eine Hypervigilanz lassen sich am
besten durch schmerzbezogene Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen
vorhersagen.
Begründung: Auf Basis der Schematheorien und der assoziativen Netzwerktheorie lässt
sich vermuten, dass bei CLBP-Patienten ein ausgeprägtes Netzwerk sowie ein
ausgebildetes Schema für Rückenschmerzen bestehen. Folglich sollten Merkmale, die
eine höhere assoziative Nähe zum Schmerzschema aufweisen, einen höheren
prädiktiven Wert für den Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material
aufweisen, als allgemeine, nicht spezifisch auf das Schema bezogene Merkmale.
Weiterhin zeigen die Forschungsbefunde, dass Merkmale einer schmerbezogenen Angst
mit einer erhöhten Vigilanz für schmerzassoziierte Stimuli assoziiert sind, so dass hier
ein höherer prädiktiver Wert erwartet werden kann (s. Abschnitt II.2.3.1).
Hypothese 7: Größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen
werden am besten durch ER bzw. die Unterdrückung von schmerzassoziierten
Kognitionen vorhergesagt.
Begründung: Aufgrund des Rebound Effekts sollten größere Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen, in erster Linie durch ER bzw.
Gedankenunterdrückung vorhergesagt werden können.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
71
1.2 Methodik
Im folgenden Abschnitt wird die Methodik zur Überprüfung der im vorherigen
Abschnitt aufgeführten Fragestellungen und Hypothesen vorgestellt. Hierfür werden das
Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen
Variablen, der Untersuchungsablauf, die Stichprobe sowie die statistische Analyse und
der Datenschutz der Untersuchung dargelegt.
1.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign
Zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt explizierten Hypothesen wurde eine
Untersuchung mit CLBP-Patienten und gesunden Kontrollprobanden durchgeführt. Das
Untersuchungsdesign enthielt eine quasiexperimentelle Querschnittstudie, in der unter
einer Laborbedingung die Aufmerksamkeitsleistungen der beiden Stichprobengruppen
miteinander verglichen wurden. Die Zuordnung zur Kontroll- bzw. Patientengruppe
erfolgte in Abhängigkeit des klinischen Schmerzstatus der Probanden. Mithilfe von
Fragebögen wurden zusätzlich individuelle Charakteristika (klinisch-medizinische und
klinisch-psychologische Merkmale) der Probanden erfasst, um die Zusammenhänge
dieser mit den Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden sowie den prädiktiven Wert
der Charakteristika für den Aufmerksamkeitsbias zu erfassen.
1.2.2 Operationalisierung
Der Aufmerksamkeitsbias sowie die individuellen Charakteristika3
(soziodemographische, klinisch-medizinische und klinisch-psychologische Parameter)
wurden über verschiedene subjektive und objektive Parameter erfasst. Diese werden im
Folgenden dargestellt.
3 Für eine bessere Übersicht, sind die verwendeten Inventare im Anhang (s. Anhang B-J) dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
72
Aufmerksamkeitsindikatoren
Zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias der Probanden wurde das dot-probe
Paradigma4 in einer Bildversion verwendet. Das Stimulusmaterial wurde für jeden
Probanden nach der Prozedur von Roelofs et al. (2005) idiosynkratisch ausgewählt. Zu
Beginn wurde allen Probanden auf einem 17“ Monitor eine Serie von 96 Bildern aus der
Photograph Series of Daily Activities (PHODA; Kugler et al., 1999) gezeigt (s.
Abbildung 9).
Abbildung 9. Darstellung von Beispiel-Items aus der Photograph Series of Daily Activities (Kugler
et al., 1999).
Die Aufgabe der Probanden bestand darin, bei jedem Bild auf einer Numerischen
Ratingskala (NRS) mit den Endpunkten 0 und 100 anzugeben, wie sehr sie besorgt
seien, ihrem Rücken zu schaden, wenn sie die abgebildete Aktivität ausführen müssten.
4 Die dot-probe Aufgabe wurde programmiert über E-Prime und freundlicherweise von Herrn Dr. J.
Roelofs in der Version von Roelofs et al. (2005) zur Verfügung gestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
73
Der Wert „0“ bedeutete dabei keine Besorgnis und der Wert „100“ bedeutete höchste
Besorgnis. Die fünf Bilder, die am bedrohlichsten bewertet wurden, wurden gemeinsam
mit den 5 Bildern, die am wenigsten bedrohlich bewertet wurden, individuell für den
jeweiligen Probanden in die darauf folgende dot-probe Aufgabe automatisch integriert.
Jeder einzelne Durchgang (Trial) in der dot-probe Aufgabe bestand aus 2 Bildern, die
randomisiert zu einem Bildpaar kombiniert waren. Ein Bild hatte die Maße 3 x 3 Inch
(entspricht 7,35 x 7,35 cm). Aufgrund der sich ergebenden Kombinationsmöglichkeiten
der Darbietungsposition eines Bildes und der Darbietungsposition des Punktes wurde
jedes Bildpaar insgesamt vier Mal dargeboten (Zielreiz in der Position oben oder in der
Position unten, Punkt in der Position oben oder in der Position unten). Zehn neutrale
Bilder aus dem International Affective Picture System (IAPS, Lang et al., 1988; s.
Abbildung 10) wurden unter Berücksichtigung eines geringen Arousals und neutralen
Affekts ausgewählt und ebenfalls jeweils vier Mal präsentiert. Folglich wurden jedem
Probanden insgesamt 40 Trials dargeboten.
Abbildung 10. Darstellung von Beispiel-Items aus dem International Affective Picture System
(Lang et al., 1988).
Für die systematische Auswertung der Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden
wurden ihre Reaktionszeiten in der dot-probe Aufgabe erfasst. Falsche Antworten sowie
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
74
Ausreißer, definiert als eine Abweichung von mehr als drei Standardabweichungen
(SD) von der jeweiligen durchschnittlichen Reaktionszeit eines Individuums, gingen
nicht in die weitere Auswertung ein.
Die Aufmerksamkeitsleistungen wurden mit Hilfe von drei Indizes analysiert: dem Bias
Index (BI; als Indikator für einen allgemeinen Bias, wobei positive Werte eine selektive
Aufmerksamkeit und negative Werte eine Vermeidung des Zielreizes bedeuten), dem
Congruency Index (CI, als Indikator für einen Engagement-Effekt, wobei niedrigere
Werte eine Hypervigilanz für den Zielreiz bedeuten) und dem Incongruency Index (ICI,
als Indikator für einen Disengagement-Effekt, wobei höhere Werte stärkere
Schwierigkeiten, sich vom Zielreiz zu lösen bedeuten).
Der BI wurde über die folgende Formel berechnet:
Bias Index = [(tudl–tldl)+(tldu–tudu)/2]
Die durchschnittlichen Reaktionszeiten der Probanden in den experimentellen
Durchgängen, in denen ein Zielreiz mit hoher Bedrohlichkeit durch einen Punkt ersetzt
wurde (CI), wurden mithilfe der folgenden Formel berechnet:
Congruency Index = [(tudu+tldl)/2]
Die Berechnung der durchschnittlichen Reaktionszeit in den experimentellen
Durchgängen, in denen ein Zielreiz mit geringer Bedrohlichkeit durch einen Punkt
ersetzt wurde (ICI), erfolgte über die folgende Formel:
Incongruency Index = [(tudl+tldu)/2]
Die durchschnittliche Reaktionszeit in neutralen Vergleichsdurchgängen wurde über die
folgende Formel berechnet:
Neutral Index = [(nudu+nudl+nldu+nldl)/4]
Der Buchstabe “t” bezieht sich in diesen dargestellten Formeln auf die durchschnittliche
Reaktionszeit auf einen Zielreiz (target) der PHODA und “n” auf die durchschnittliche
Reaktionszeit auf ein neutrales Bild (neutral) aus dem IAPS. Weiterhin bedeuten die
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
75
Buchstaben “u” und „l“ die Position des Bildes, wobei „u“ (up) die obere Position und
„l“ (low) die untere Position angibt. Der Buchstabe „d“ bezieht sich auf den Probereiz
(dot).
Soziodemographische Parameter
Die allgemeinen biographischen Daten der Probanden wurden mithilfe einer
Sozialanamnese (s. Anhang B) erfasst. Diese stellte sich aus Fragen zur Lebenssituation
der Probanden zusammen. Es wurden die Angaben zum Alter und Geschlecht, zum
schulischen und beruflichen Werdegang, zur Rentensituation sowie zu der sozialen
Wohnsituation und den aktuellen Familienverhältnissen der Probanden erfragt.
Klinisch-medizinische Parameter
In der Schmerzanamnese (s. Anhang C) wurden Angaben zum Schmerzort sowie zu
der Dauer und der Intensität der aktuellen Schmerzen, der durchschnittlichen
Schmerzen innerhalb der letzten 14 Tage sowie der durchschnittlichen Schmerzen
innerhalb der letzten 3 Monate erfragt.
Zusätzlich wurde der Chronic Pain Grade Fragebogen (von Korff et al., 1992) in
seiner deutschen Version (Klasen et al., 2004, s. Anhang E) zur Erfassung des
Schweregrads der Schmerzen verwendet. Mit diesem Fragebogen kann mit Hilfe von
sieben Items die charakteristische Schmerzintensität (Characteristic Pain Intensity) und
die schmerzbezogene Disability (bestehend aus den Skalen Disability-Score und
Disability-Days) erfasst werden können. Die charakteristische Schmerzintensität wird
bei dem Chronic Pain Grade Fragebogen auf einer 11-Punkte NRS mit den Endpunkten
“0“ (kein Schmerz) und “10” (sehr starke Schmerzen) erfasst. Dabei werden die aktuelle
sowie die durchschnittliche und die maximale Schmerzintensität während der
vergangenen Woche sowie den vergangenen 4 Wochen eingeschätzt. Der Disability-
Score bezieht sich auf die Beeinträchtigungen bei alltäglichen, sozialen und
arbeitsbezogenen Aktivitäten, die auf einer 11-stufigen NRS mit den Endpunkten „0“
(keine Beeinträchtigung) und „10“ (sehr starke Beeinträchtigung) angegeben werden.
Mit der Skala Disability-Days werden die Anzahl der Tage erfasst, an denen der
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
76
Proband aufgrund seiner Schmerzen an gewohnten alltäglichen Aktivitäten nicht
teilnehmen konnte. Anhand dieser Angaben kann der Schweregrad der Schmerzen in 5
hierarchisch aufeinander folgende Grade (Chronic Pain Grade) eingestuft werden. Bei
Grad 0 liegt kein Schmerzproblem in den letzten 3 Monaten vor. Bei Grad I liegt eine
geringe Disability und geringe Schmerzintensität und bei Grad II liegt eine geringe
Disability jedoch eine hohe Schmerzintensität vor. Grad III ist dadurch gekennzeichnet,
dass eine moderate Disability durch die Schmerzen vorliegt. Grad IV wird erreicht,
wenn eine sehr hohe Disability durch die Schmerzen angegeben wird. Die
charakteristische Schmerzintensität wird bei einer Klassifizierung in Grad III und Grad
IV nicht berücksichtigt. Chronbach’s α der deutschen Version beträgt α=0.82 (Klasen et
al., 2004).
Klinisch-psychologische Parameter
Auf psychologischer Ebene wurde das Ausmaß der Depressivität, der allgemeinen und
schmerzbezogenen Angst, der Angst-Vermeidungsüberzeugungen sowie das Ausmaß
der schmerzbezogenen Angst-Vermeidungsreaktionen und Durchhaltereaktionen
erfasst.
Depressives Zustandsbild: Die depressive Symptomatik sowie der Schweregrad der
depressiven Symptomatik wurde mit Hilfe der deutschen Version des Beck-
Depressions-Inventars (BDI; Hautzinger et al., 1995; nach Beck et al., 1987; s. Anhang
E) erfasst. Der BDI ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, mit dem mit Hilfe von 21
Items der Schweregrad der depressiven Symptomatik der Probanden erfasst werden
kann. Jedes der Items enthält 4 Antwortalternativen. Diesen sind, je nach Schweregrad
der Aussage, Punktzahlen zugeordnet. Die Items beziehen sich auf die depressiven
Symptome Traurigkeit, soziale Isolation, Pessimismus, Entschlussunfähigkeit,
Versagen, negatives Körperbild, Unzufriedenheit, Arbeitsunfähigkeit, Schuldgefühle,
Schlafstörungen, Strafwünsche, Ermüdbarkeit, Selbsthass, Appetitverlust,
Selbstanklagen, Gewichtsverlust, Suizidimpulse, Hypochondrie, Weinen, Libidoverlust
und Reizbarkeit. Die Summenwerte des BDI können zwischen 0 und 63 liegen und
geben Aufschluss über den Schweregrad eines depressiven Zustandes. In Anlehnung an
Bishop et al. (1993) gelten Punktwerte unter 9 als unauffällig. Punktwerte zwischen 9
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
77
und 20 weisen auf eine milde bis mäßige Ausprägung der depressiven Symptome hin.
Als klinisch relevant gelten Punktwerte über 21. Die interne Konsistenz (Chronbach’s
α) des BDI kann mit einem Wert von α=0.88 als sehr zufriedenstellend beurteilt werden
und liegt in dem von Beck et al. (1987) zusammengefassten Wertbereich von α=0.73
und α=0.95.
Allgemeine Ängstlichkeit: Die allgemeine Ängstlichkeit der Probanden wurde mit der
deutschen Version des State-Trait Anxiety Inventory (STAI, Laux et al., 1981; nach
Spielberger et al., 1966, 1970; s. Anhang G) erfasst. Der STAI ist ein 40-Item
Selbstbeurteilungsinstrument, welches aus zwei Fragebögen besteht. Einer der beiden
Fragebögen dient der Erfassung von Angst als vorübergehender Zustand (State, Form
X1), der andere der Erfassung von Angst als relativ überdauerndes Merkmal (Trait,
Form X2). Bei jedem Item wird auf einer Skala mit den Punkten „1“ (überhaupt nicht),
„2“ (ein wenig), „3“ (ziemlich) und „4“ (sehr) angegeben, inwieweit die jeweilige
Aussage zutrifft. Der STAI weist eine gute interne Konsistenz (α=0.90) sowie eine
adäquate test-re-test Reliabilität für die Trait- (r=0.77 bis r=0.90) und die State- (r=0.22
bis r=0.53) Inventare auf.
Schmerzbezogene Angst-Vermeidungsreaktionen: Die schmerzbezogenen Angst-
Vermeidungs-Reaktionen der Probanden wurden mittels der entsprechenden
Unterskalen des Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ; Hasenbring et al., 2009; s.
Anhang H) erfasst.
Der AEQ ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, mit dem über insgesamt 49 Items
affektive, kognitive und verhaltensbezogene Reaktionen bei erlebtem Schmerz erfasst
werden können. Mit Hilfe des AEQ können auf diesen drei Ebenen u.a. Angst- und
Vermeidungsreaktionen (fear-avoidance-related-response, FAR) mittels insgesamt 30
Items erfasst werden.
Die emotionalen Reaktionen auf Schmerzen werden über die Skala „Angst-Depression-
Skala“ (anxiety-depression scale; ADS) mittels 7 Items erfasst. Die kognitiven
Reaktionen auf Schmerzen werden über die FAR Skalen „Hilf-/ Hoffnungslosigkeit“
(help-hopelessness scale, HHS) mit 9 Items und „Katastrophisieren“ (catastrophizing
thoughts scale, CTS) mit 3 Items erfasst. FAR auf der Verhaltensebene werden über die
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
78
Skalen „Vermeidung sozialer Aktivitäten“ (avoidance of social activities scale, ASAS)
mittels 6 Items und „Vermeidung körperlicher Aktivitäten“ (avoidance of physical
activities scale, APAS) mittels 5 Items erfasst. In den behavioralen Skalen wird eine
Unterscheidung zwischen dem Verhalten bei leichten (ASAS1, APAS1) und dem
Verhalten bei schweren Schmerzen (ASAS2, APAS2) vorgenommen. Die
dazugehörigen AEQ- Items für die einzelnen Skalen werden auf einer Skala von „0“
(niemals) bis „6“ (immer) eingeschätzt. Höhere Werte auf den einzelnen Skalen des
AEQ deuten auf höhere Ausprägungen des jeweils erfassten Merkmals hin. Die Skala
CTS (α=0.78) weist eine gute interne Konsistenz auf, alle anderen Skalen weisen eine
sehr gute interne Konsistenz von α>0.80 auf (Hasenbring et al., 2009).
Schmerzbezogene Angst- und Vermeidungsüberzeugungen: Die Angst- und
Vermeidungsüberzeugungen wurden mithilfe des Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire
(FABQ; Pfingsten et al., 1996; Pfingsten et al., 2000; Pfingsten et al., 2004; nach
Waddell et al., 1993) erfasst. Die deutsche Version des FABQ (s. Anhang I) besteht aus
16 Items, mit denen erfragt wird, inwieweit eine Person davon überzeugt ist, dass
körperliche Aktivität und Arbeit ihre Rückenschmerzen beeinflussen. Die Items werden
auf einer 7-stufigen Skala mit den Endpunkten „0“ (stimmt gar nicht) und „6“ (stimmt
genau) eingeschätzt. Der Fragebogen erfasst 3 Skalen. Die Skala “Körperliche Aktivität
als Ursache” besteht aus 5 Items, die auf die Überzeugung abzielen, dass die
Rückenschmerzen der Person durch körperliche Aktivität verursacht wurden. Die
zweite Skala “Arbeit als Ursache” besteht aus 6 Items, welche die Überzeugung der
Person erfragen, dass die Rückenschmerzen durch die Arbeit verursacht wurden. Die
dritte Skala “Arbeitsprognose” besteht aus 5 Items, die auf die Überzeugung des
Patienten abzielen, wieder zur Arbeit zurückkehren zu können. Die arbeitsbezogenen
Skalen der deutschen Version des FABQ weisen eine gute interne Konsistenz (α=0.89,
bzw. α=0.94) auf. Die interne Konsistenz der Unterskala “körperliche Aktivität als
Ursache” ist mäßig (α=0.64). Die Test-re-test Reliabilität für die Gesamtskala ist gut
(r=0.87; n=30).
Schmerzbezogene Angst: Die schmerzbezogene Angst der Probanden wurde mit der
deutschen Version des Fragebogens Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK, Rusu et al.,
in Vorbereitung; nach Kori, Miller & Todd, 1990) erfasst. Die deutsche Version des
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
79
TSK (s. Anhang J) ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, der aus 17 Items besteht, mit
denen die Angst vor Bewegung (fear of movement) und die Angst vor
Wiederverletzung (fear of re-injury) erfasst werden kann. Auf einer vierstufigen Likert-
ähnlichen Skala mit den Endpunkten „überhaupt nicht einverstanden“ und „völlig
einverstanden“, wird bei jedem Item eingeschätzt, inwieweit die Aussage auf die Person
zutrifft. Bisher unveröffentlichte Daten der Arbeitsgruppe von Hasenbring (Rusu et al.,
in Vorbereitung) weisen auf eine gute Validität und Reliabilität der deutschen Version
des TSK hin.
Schmerzbezogene Durchhaltereaktionen: Die ER der Probanden wurden mittels der
entsprechenden Unterskalen des Selbstbeurteilungsinstruments AEQ (Hasenbring et al.,
2009) erfasst. Mit dem AEQ (s. Anhang H) können mittels 19 Items auf emotionaler
und kognitiver Ebene sowie auf der Verhaltensebene „suppressive Reaktionen“
(endurance related responses; ER) erfasst werden. Die emotionale Ebene kann über die
ER Skala „Gehobene Stimmung trotz Schmerz“ (positive mood despite pain scale;
PMS) mit 3 Items erfasst werden. Die kognitive Ebene wird über die ER Skala
„Durchhalteappelle“ (thought suppression scale, TSS) mit 4 Items erfasst. Auf der
Verhaltensebene wird die Skala „Durchhaltestrategien“ (behavioural endurance scale,
BES), bestehend aus den Subskalen „Humor/Ablenkung“ (humor/distraction scale,
HDS) mit 5 Items und „Aktivität trotz Schmerz“ (pain-persistance scale, PPS) mit 7
Items, erfasst. Die Skalen HDS (α=0.78) und PPS (α=0.76) weisen eine gute interne
Konsistenz auf, alle anderen Skalen weisen eine sehr gute interne Konsistenz von
α>0.80 auf (Hasenbring et al., 2009).
1.2.3 Untersuchungsablauf
Die Probanden wurden aus einer Liste einer bereits im Jahre 2002 durchgeführten
Studie zur Medizinischen Trainings-Therapie rekrutiert. Sie bekamen vor der
eigentlichen Untersuchung eine Einladung zur Untersuchung sowie die Sozialanamnese,
die Schmerzanamnese, den Chronic Pain Grade Fragebogen und den AEQ per Post
zugeschickt. Es wurde darum gebeten, die Unterlagen ausgefüllt in einem frankierten
Rückumschlag zurück zu senden. Die darauf folgenden Untersuchungen fanden im
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
80
Labor der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der
Fakultät für Medizin an der Ruhr-Universität Bochum statt.
Zu Beginn der Untersuchung wurden die Probanden instruiert, die Fragebögen STAI,
TSK, FABQ und BDI in Papierversion auszufüllen. Alle weiteren Instruktionen
erfolgten über den PC-Monitor. Nach dem Ausfüllen der Fragebögen wurden die
Probanden instruiert, die Bilder aus dem PHODA zu bewerten. Aus dieser Instruktion
(s. Anhang K) ging hervor, dass die Probanden im Folgenden auf dem
Computerbildschirm nacheinander verschiedene Bilder dargeboten bekämen, auf denen
jeweils Alltagsaktivitäten dargestellt seien. Weiterhin ging aus dieser Instruktion hervor,
dass die Aufgabe der Probanden darin bestehe, sich die Bilder anzuschauen und bei
jedem Bild die folgende Frage zu beantworten:
"Wie besorgt sind Sie darüber, Ihrem Rücken zu schaden, wenn Sie diese Aktivität
ausführen müssten?"
Rechts neben jedem Bild war jeweils eine Skala mit den Endpunkten 0 und 100
dargestellt. Die Probanden wurden darauf hingewiesen, dass der Wert „0“ bedeute, dass
sie sich bei der dargestellten Aktivität keinerlei Sorgen darüber machen, ihrem Rücken
zu schaden. Dagegen bedeute der Wert 100, dass sie sich sehr große Sorgen darüber
machen, bei der Ausführung der dargestellten Aktivität ihrem Rücken zu schaden. Die
Probanden wurden gebeten, ihre Antwort für das jeweilige Bild auf der zugehörigen
Skala anzugeben, indem sie mithilfe der Computermaus den für Sie persönlichen Wert
für jedes Bild anklicken, bzw. einstellen sollten. Nach der Angabe des persönlichen
Wertes auf der Skala konnten die Probanden auf ein Dialogfeld mit dem Begriff
„volgende“5 klicken, um zum nächsten Bild zu gelangen. Nach der Klärung möglicher
Fragen wurden die Probanden gebeten, alle Bilder zu bewerten und sich nach
Beendigung ihrer Bewertung an den Versuchsleiter zu wenden, um weitere
Instruktionen zu erhalten.
5 Die Probanden wurden darauf hingewiesen, dass der Begriff aus dem Niederländischen stammt und für
„folgende“ steht.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
81
Für eine bessere Visualisierung des Vorgangs bei der Bewertung der Bilder aus der
PHODA ist die Bildschirmpräsentation aus der Sicht der Probanden in Abbildung 11
graphisch dargestellt.
Abbildung 11. Grafische Darstellung der Bildschirmpräsentation für die Bewertungen der Bilder
aus der PHODA (Kugler et al., 1999) aus der Sicht der Probanden.
Nachdem alle Bilder bewertet wurden, bekamen die Probanden die Instruktionen (s.
Abbildung 13) für die dot-probe Aufgabe auf dem gleichen Bildschirm präsentiert.
Hierbei wurde den Probanden zunächst ausführlich die dot-probe Aufgabe beschrieben.
Aus dieser Beschreibung ging hervor, dass bei der folgenden Aufgabe in der Mitte des
selbigen 17“ Monitors, auf dem zuvor die Bilder bewertet worden waren, ein
Fixierungskreuz dargeboten werde. Nach 500 Millisekunden (ms.) werde das
Fixierungskreuz von zwei Bilden abgelöst. Diese Bilder seien räumlich so angeordnet,
dass sich ein Bild oberhalb des zuvor dargebotenen Fixierungskreuzes befände und das
andere unterhalb dessen. Nach weiteren 500 ms. werde das Bilderpaar ausgeblendet und
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
82
ohne Verzögerung erscheine ein Punkt an der Position eines der beiden zuvor
präsentierten Bilder. Aus der Instruktion ging weiterhin hervor, dass die Aufgabe der
Versuchsteilnehmer darin bestehe, auf einer Antworttastatur6 (s. Abbildung 12) die
Taste für “oben” zu drücken, wenn der Punkt das obere Bild ersetze und die Taste für
„unten“ zu drücken, wenn der Punkt das untere Bild ersetze.
Abbildung 12. Photographische Darstellung der Antworttastatur (response box) zur Erfassung der
Antworten und der Reaktionszeiten der Probanden in der dot-probe Aufgabe.
Der Proband wurde darauf hingewiesen, dass unverzüglich nachdem er durch
Tastendruck seine Antwort gegeben habe oder aber nach maximal 3000 ms. der Punkt
wieder verschwinde. Sogleich werde das Fixierungskreuz wieder für 500 ms. in der
Mitte des Bildschirms dargeboten, um den nächsten Durchgang einzuleiten.
6 Die hier verwendete Antworttastatur entspricht der Antworttastatur, die in der Untersuchung von
Roelofs et al. (2005) zur Aufzeichnung der Antworten und Reaktionszeiten der Probanden verwendet
wurde. Sie wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Jeffrey Roelofs für die dargestellte Untersuchung zur
Verfügung gestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
83
Abbildung 13. Darstellung der Instruktion für die dot-probe Aufgabe auf dem Bildschirm
dargeboten wurde.
Im Anschluss an die Instruktion wurden mögliche Fragen der Probanden geklärt sowie
eine Übungsphase mit den neutralen Stimuli eingeleitet. Dies hatte den Vorteil, dass
einerseits sicher gestellt werden konnte, dass die Instruktionen verstanden wurden,
andererseits konnte verhindert werden, dass die neutralen Bilder im Vergleich zu den
schmerzassoziierten Bildern bei der anschließenden Testphase erstmalig gesehen
wurden. Auf diese Weise konnten Effekte auf die anschließenden Reaktionszeiten, die
auf eine Neuheit der neutralen Bilder hätten zurückgeführt werden können, reduziert
werden. Im Anschluss an die Übungsphase konnte der Proband durch Tastendruck
selbstständig die Testphase einleiten.
Für eine bessere Übersicht ist in Abbildung 14 der Ablaufs der dot-probe Aufgabe
schematisch dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
84
Abbildung 14. Schematische Darstellung des Ablaufs in der dot-probe Aufgabe, ISI =
Interstimulusintervall.
1.2.4 Statistische Datenanalyse
Zur Überprüfung der in Abschnitt III.1.1 formulierten Hypothesen wurden die
gewonnen Daten varianzanalytisch, korrelativ und regressionsanalytisch ausgewertet.
Alle statistischen Analysen erfolgten mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 19 für
Windows.
Es wurde a priori der benötigte Stichprobenumfang berechnet, um zu erfassen, wie viele
Personen unter den gegebenen Untersuchungsannahmen rekrutiert werden sollten, um
ein interpretierbares Ergebnis zu erhalten. Es wurde eine Poweranalyse für die
Verwendung des F-Tests bei einer Varianzanalyse für einen Zweigruppenvergleich mit
einer Messwiederholung auf einem Faktor mit zwei Faktorstufen mithilfe des
Programms G*Power 3.1.2 berechnet (Faul et al., 2007, 2009). Dabei wurden a priori
eine mittlere Effektstärke f = 0.25, eine Wahrscheinlichkeit für einen α-Fehler von
α=0.05, eine erwartete Power=0.95 sowie eine Korrelation von r=0.5 vorgegeben.
Daraus ergab sich eine benötigte Stichprobengröße von insgesamt 54 Probanden. Bei
einer Power=0.95 lag der kritische F-Wert bei F(1,52)=4.0266. Der
Nichtzentralitätsparameter lag bei λ=13.5.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
85
Es wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen (standard deviation, SD) für die
erhobenen Merkmale für die Kontroll- bzw. die CLBP-Patientengruppe berechnet, um
die Stichproben zu beschreiben und mögliche Gruppenunterschiede in den
Merkmalsausprägungen erfassen zu können. Die Gruppenunterschiede zwischen den
CLBP-Patienten und den gesunden Kontrollpersonen in den subjektiven Daten wurden
mithilfe einer univariaten Varianzanalyse im mehrfaktoriellen Design überprüft. Die
abhängige Variable stellte dabei der Klinische Status (CLBP-Patienten vs.
Kontrollgruppe) der Probanden dar. Die unabhängigen Variablen waren die
Merkmalausprägungen in den individuellen Charakteristika der Probanden (vgl.
psychologische Parameter in Abschnitt III.1.2.2).
Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse sind
mindestens das Intervallskalenniveau für die abhängigen Variablen, mindestens
Nominalskalenniveau für die unabhängigen Variablen (Faktoren), die
Varianzhomogenität und die Normalverteilung der Grundgesamtheit (Backhaus et al.,
2000; Bortz, 2005). Die Varianzhomogenität wurde mithilfe des Levene Tests überprüft.
Die Normalverteilung der Werte in der Grundgesamtheit wurde aufgrund seiner hohen
Güte mithilfe des Shapiro-Wilk Tests überprüft (Seier, 2002; Razali & Wah, 2011). Im
Falle der Verletzung der Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse
wurde ein non-parametrischer Mann-Whitney-U-Test durchgeführt. Mit diesem Test
kann über die Rangfolge überprüft werden, ob sich zwei unabhängige Stichproben
signifikant voneinander unterscheiden.
Zur Kontrolle der Bedeutung der hoch- und niedrig-bedrohlichen schmerzassoziierten
Bilder wurden zusätzlich die Gruppenunterschiede zwischen der Kontroll- und
Patientenstichprobe in Hinsicht auf die Bewertung der Bilder aus der PHODA
ausgewertet (manipulation check). Hierfür wurde eine univariate Varianzanalyse mit
Messwiederholung im einfaktoriellen Design berechnet. Der Klinische Status (CLBP-
Patienten vs. Kontrollprobanden) der Probanden stellte den Zwischensubjekt-Faktor
dar. Der Innersubjekt-Faktor war der Bildkategorie mit den beiden Faktorstufen hoch
bedrohlich und niedrig bedrohlich. Es wurde jeweils eine Klinischer Status x
Bildkategorie Interaktion erwartet. Die hochbedrohlichen Bilder sollten als bedrohlicher
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
86
bewertet werden als die niedrig bedrohlichen Bilder, dieser Effekt sollte bei CLBP-
Patienten stärker ausfallen als bei gesunden Kontrollpersonen.
Die Gruppenunterschiede zwischen den CLBP-Patienten und den gesunden
Kontrollpersonen im BI wurden in einer univariaten Varianzanalyse im einfaktoriellen
Design ausgewertet. Die abhängige Variable stellte der Klinische Status (CLBP-
Patienten vs. gesunde Kontrollpersonen) dar. Die unabhängige Variable war der
erreichte Score im Bias Index. Ein positiver Score im BI deutet auf eine selektive
Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes bedrohliches Material, ein negativer Wert
dagegen auf eine Vermeidung von schmerzassoziiertem bedrohlichem Material hin.
Die Gruppenunterschiede zwischen den CLBP-Patienten und der gesunden
Kontrollgruppe im Congruency Index (CI, als Indikator für einen Engagement-Effekt,
wobei niedrigere Werte eine Hypervigilanz bedeuten) bzw. im Incongruency Index (ICI,
als Indikator für einen Disengagement-Effekt, wobei höhere Werte stärkere
Schwierigkeiten, sich vom Zielreiz zu lösen bedeuten) wurden jeweils mit Hilfe von
separaten univariaten Varianzanalysen mit Messwiederholung im einfaktoriellen Design
ausgewertet. Der Klinische Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollprobanden) der
Probanden stellte den Zwischensubjekt-Faktoren dar. Der Innersubjekt-Faktor war der
Trial-Typ mit den beiden Faktorstufen neutraler und kongruenter bzw. neutraler und
inkongruenter Trial-Typ. Es wurde jeweils eine Klinischer Status x Trial-Typ
Interaktion erwartet.
Die Voraussetzungen für die univariate Varianzanalyse mit Messwiederholung sind
analog zur Varianzanalyse ohne Messwiederholung die Intervallskalierung der Daten
und die Normalverteilung der Grundgesamtheit. Zusätzlich müssen hier die
Korrelationen zwischen den einzelnen Stufen des Faktors, bei dem eine
Messwiederholung vorliegt, homogen sein. Dies ist beim Vorliegen von lediglich zwei
Faktorstufen erfüllt (Rasch et al., 2010). Als liberalere Annahme wird in der Regel die
Zirkularität (also die Annahme, dass die Varianzen der Differenzen zwischen zwei
Faktorstufen homogen sind) bzw. die Sphärizität der Daten überprüft. Hierfür kann der
Mauchly-Test berechnet und im Falle einer Verletzung der Bedingung eine Greenhouse-
Geisser Korrektur der Freiheitsgrade vorgenommen werden (Rasch et al., 2010). Die
Normalverteilung wurde mittels des Shapiro-Wilk Tests überprüft (Seier, 2002; Razali
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
87
& Wah, 2010). Aufgrund der kleinen Stichprobe und zur Vorbeugung einer Alpha-
Kumulierung aufgrund multipler Testung sowie in Anlehnung an die Untersuchung von
Roelofs et al. (2005), wurde hier ein Alpha-Kriterium von α<0.01 vorgegeben, obgleich
auf eine Anpassung des Alpha-Niveaus aufgrund des einfaktoriellen Designs hätte
verzichtet werden könnte (Rasch, 2010).
Weiterhin wurden die Korrelationen für die Variablen Geschlecht und Alter mit den
Indizes berechnet. Im Falle einer signifikanten Korrelation wurde das jeweilige
Merkmal als Kovariate in die Varianzanalyse mit Messwiederholung aufgenommen, um
den Einfluss des Merkmals auf die Aufmerksamkeitseffekte zu kontrollieren.
Für die statistische Bewertung der Signifikanz der Effekte wurde der F-Test
herangezogen. Weiterhin wurden die Kenngrößen η² (Eta Quadrat) für die Effektstärke
(Anteil des Faktors an der Gesamtvarianz) sowie der Standardisierte
Regressionskoeffizient β (Beta) für den Anteil des Faktors an der Gesamtvarianz
korrigiert um den Einfluss der übrigen Variablen herangezogen (Backhaus et al., 2010).
Die Mittelwertunterschiede wurden mithilfe von Post-Hoc-Analysen miteinander
vergleichen. Es wurde der Bonferroni-Test berechnet, der auch bei Varianzanalysen mit
messwiederholten Daten angewendet werden kann (Rasch et al., 2010).
Im Anschluss an die varianzanalytische Auswertung der Daten wurden Korrelations-
und Regressionsanalysen durchgeführt, um die Zusammenhänge zwischen den
Aufmerksamkeitsindizes und den individuellen Charakteristika der Probanden zu
erfassen. Diese wurden mithilfe einer bivariaten Korrelationsanalyse
(Korrelationskoeffizient nach Pearson) analysiert. Der Pearson-Korrelationskoeffizient
dient der Erfassung eines linearen Zusammenhangs zwischen zwei mindestens
intervallskalierten Merkmalen. Weitere Voraussetzung für diesen Koeffizienten ist eine
annähernde Normalverteilung der Merkmale. Im Falle der Verletzung der Prämissen zu
Berechnung der Pearson Korrelationskoeffizienten wurde der
Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman berechnet. Im Falle gerichteter Hypothesen
wurde die Signifikanz einseitig, im Falle ungerichteter Annahmen wurde diese
zweiseitig überprüft. Als Kriterium für eine signifikante Korrelation wurde für alle
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
88
weiteren Berechnungen aufgrund des Pilotcharakters der Untersuchung ein Alphaniveau
von α<0.05 vorgegeben.
Es wurden anschließend separate hierarchische multiple (lineare) Regressionsanalysen
für die abhängigen Variablen Bias Index, Congruency-Index und Incongruency-Index
berechnet. Damit kann die Abhängigkeit der jeweils metrisch skalierten, abhängigen
Variable (Kriteriumsvariable) und den unabhängigen Variablen (Prädiktorvariablen)
untersucht werden. Die Prämissen für die Berechnung einer Regressionsanalyse sind die
Linearität der Parameter, die Vollständigkeit des Modells, die Homoskedastizität und
Unabhängigkeit der Störgrößen (Residuen) sowie keine lineare Abhängigkeit zwischen
den unabhängigen Variablen (Multikollinearität) und die Normalverteilung der
Störgrößen (Backhaus et al., 2000). Die Vollständigkeit des Modells wurde aus den
theoretischen Implikationen der aktuellen Befundlage und den aktuellen
Störungsmodellen zum CLBP (s. Abschnitt II.1.3) abgeleitet. Die Linearität der
Parameter wurde zunächst über einen Plot überprüft. Anschließend wurde der
Goldfeld/Quandt- Test berechnet zur Überprüfung der Homoskedastizität. Es lag keine
Heteroskedastizität vor. Nach Backhaus (2000) kann dies als Indikator für die Linearität
der Parameter betrachtet werden. Die lineare Beziehung zwischen den unabhängigen
Variablen wurde über die Toleranzwerte der unabhängigen Variablen überprüft.
Toleranzwerte unter 0.1 deuten dabei auf eine Kollinearität hin, Werte unter 0.01 lassen
sicher von einer Kollinearität ausgehen (Bühl, 2008). Auch diese Prämisse der
Regressionsanalyse wurde nicht verletzt. Die Unabhängigkeit der Residuen wurde mit
dem Durbin/Watson- Test überprüft. Eine Autokorrelation konnte dabei ausgeschlossen
werden (Backhaus, 2000).
Es wurden die Merkmale, die in den vorgeschalteten Korrelationsanalysen mit den
abhängigen Variablen korrelierten (bei p<0.05), schrittweise (stepwise) in die jeweilige
Regressionsanalyse eingegeben. Bei dieser Methode werden die Variablen nicht alle
gleichzeitig betrachtet, sondern geordnet nach der Erklärungsstärke der Variablen
jeweils in das Modell aufgenommen (Backhaus, 2000). Als Aufnahmekriterium in das
signifikante Modell wurde ein Alphaniveau von α<0.05 vorgegeben. Zur Beurteilung
des Modells wurde das korrigierte Bestimmtheitsmaß (r²) erfasst. Durch diese Kennzahl
ist der prozentuale Anteil der durch die unabhängigen Variablen aufgeklärten Varianz
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
89
an der Gesamtvarianz unter Berücksichtigung kleinerer Freiheitsgrade und einer
höheren Anzahl von unabhängigen Variablen identifizierbar (Backhaus et al., 2000). Im
Falle eines signifikanten r² für einen Block wurde der standardisierte
Regressionskoeffizient β (Beta) erfasst, mit dem überprüft werden kann, auf welche der
Variablen des jeweiligen Blocks die Signifikanz von r² zurückgeführt werden kann
(Backhaus et al., 2000). Weiterhin wurde der F-Test zur Beurteilung des Modells
herangezogen. Im Falle eines bedeutsamen Zusammenhangs in der Grundgesamtheit
wurden die Regressionskoeffizienten ggf. einzeln mit einem t-Test überprüft.
1.2.5 Stichprobe
Das Einschlusskriterium für die CLBP-Patienten war (1) Erleben von
Rückenschmerzen innerhalb der letzten sechs Monate. Für beide Gruppen galt zudem
das Einschlusskriterium (2) Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Als Ausschlusskriterien
galten für beide Stichproben (1) gravierende Beeinträchtigungen der Seh- oder
Hörfähigkeit, (2) unzureichende Sprachkenntnisse in Deutsch, (3) gravierende
psychiatrische Auffälligkeiten basierend auf Selbstauskunft, (4) Alkohol- oder andere
Drogenprobleme basierend auf Selbstauskunft und (5) andere schwere Erkrankungen
basierend auf Selbstauskunft.
Alle Probanden unterschrieben eine schriftliche Einverständniserklärung (s. Anhang A),
in der Teile des experimentellen Designs erklärt waren. Die Probanden hatten während
des gesamten Versuchsverlaufs keine Kenntnis über die Hypothesen des Experiments.
Die vollständige Aufklärung erfolgte unverzüglich nach Beendigung des Experiments.
Der Versuch wurde von der Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät der Ruhr-
Universität Bochum genehmigt.
1.2.6 Datenschutz und Objektivität
Bei der Durchführung der Untersuchung blieb die Gruppenzugehörigkeit der Probanden
gegenüber dem Versuchsleiter möglichst unbekannt, um eine hohe
Durchführungsobjektivität zu gewährleisten. Die Auswertung der Daten erfolgte aus
Gründen des Datenschutzes und zugunsten einer möglichst hohen
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
90
Auswertungsobjektivität in anonymer Form. Jedem Probanden wurde eine
Versuchspersonennummer zugeteilt, unter welcher die Daten statistisch ausgewertet
wurden.
1.3 Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. Es folgt
zunächst eine Analyse der deskriptiven Charakteristika der CLBP im Vergleich zur
gesunden Kontrollstichprobe. Anschließend werden die Ergebnisse aus den Analysen
zur Überprüfung der einzelnen Hypothesen dargestellt.
1.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe
Von 64 Probanden, die kontaktiert wurden, nahmen 54 Probanden an der Untersuchung
teil. Die restlichen zehn kontaktierten Probanden berichteten, kein Interesse daran zu
haben, an Forschungsuntersuchungen teilzunehmen. Die Daten von fünf
Versuchspersonen, die an der Untersuchung teilnahmen konnten aufgrund von
technischen Problemen bei der dot-probe Aufgabe nicht verwertet werden, so dass die
Daten von 25 CLBP-Patienten im Alter zwischen 26 und 61 Jahren und 24
schmerzfreien Kontrollprobanden im Alter zwischen 24 und 62 Jahren die Grundlage
für die hier vorliegende Studie bilden. Das durchschnittliche Alter der CLBP-Patienten
lag mit einer SD von 7.91 Jahren bei 48.16 Jahren. Die gesunde Kontrollgruppe war
durchschnittlich 44.21 Jahre mit einer SD von 8.1 Jahren (s. Tabelle 4).
Die soziodemographischen Daten der Probanden sind in Tabelle 3 dargestellt. Die
CLBP-Patientengruppe setzte sich aus 15 männlichen und 10 weiblichen Personen
zusammen. Die gesunde Kontrollgruppe bestand aus 11 männlichen und 13 weiblichen
Personen. Die CLBP-Patienten gaben eine Schmerzdauer zwischen 6 Monaten und 25
Jahren an (durchschnittliche Schmerzdauer, 53.75 Monate; SD, 68.18 Monate). Die
Schmerzintensität wurde auf einer 10-mm NRS mit den Endpunkten „0“ (kein Schmerz)
und „10“ (stärkster vorstellbarer Schmerz) eingeschätzt. Die durchschnittliche
Schmerzintensität zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung lag bei 3.80 mm (SD, 2.14)
in der CLBP Gruppe und bei 0.5 mm (SD, 0.83 mm) in der Kontrollgruppe. Es konnten
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
91
zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede hinsichtlich der
Geschlechterverteilung (U=257.5; p>0.05) oder der Altersverteilung (F(1,47)=2.996;
p>0.05) festgestellt werden. Auch in den anderen soziodemographischen Daten
(Staatsangehörigkeit, Familienstand, Wohnsituation, Schulabschluss, Erwerbstätigkeit,
Rentensituation) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (p>0.05) zwischen den
beiden Gruppen.
Tabelle 3. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der absoluten (N) und
relativen (%) Häufigkeiten getrennt für die CLBP-Patienten (N=25) und die Kontrollpersonen
(N=24).
CLBP-Patienten
N = 25
Kontrollpersonen
N = 24
Häufigkeit (%)
Häufigkeit (%)
Geschlecht
weiblich 10 (40) 13 (54,2)
männlich 15 (60) 11 (45,8)
Staatsangehörigkeit
deutsch 25 (100) 24 (100)
Familienstand
verheiratet 16 (64,0) 12 (50,0)
ledig 5 (20,0) 3 (12,5)
ledig, in fester Partnerschaft 2 (8,0) 3 (12,5)
geschieden, getrennt lebend 2 (8,0) 6 (25,0)
Wohnsituation
allein lebend 3 (12,0) 6 (25,0)
mit Partner lebend 9 (36,0) 8 (33,3)
mit Partner und Kindern lebend 11 (44,0) 7 (29,2)
ohne Partner mit Kindern lebend 1 (4,0) 1 (4,2)
mit den Eltern lebend 1 (4,0) 1 (4,2)
in Wohngemeinschaft lebend 0 (0) 1 (4,2)
Schulabschluss
Abitur 9 (36,0) 12 (50,0)
Fachhochschulabschluss 3 (12,0) 2 (8,3)
Realschulabschluss 5 (20,0) 7 (29,2)
Polytechnischer Schulabschluss 1 (4,0) 0 (0)
Hauptschulabschluss 7 (28,0) 3 (12,5)
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
92
Berufsausbildung
Universität 3 (12,0) 5 (20,8)
Fachhochschule 1 (4,0) 1 (4,2)
Fachschule 2 (8,0) 1 (4,2)
Lehre 17 (68,0) 17 (70,8)
andere 2 (8,0) 0 (0)
Erwerbstätigkeit
ja, ganztags 15 (60,0) 18 (75,0)
ja, mindestens halbtags 2 (8,0) 2 (8,3)
ja, weniger als halbtags 1 (4,0) 1 (4,2)
nein, Hausfrau 3 (12,0) 1 (4,2)
nein in Ausbildung 0 (0) 1 (4,2)
nein, arbeitslos/ erwerbslos 1 (4,0) 1 (4,2)
nein, anderes 3 (12,0) 0 (0)
Rente
nein 23 (92,0) 24 (100)
ja, auf Zeit 1 (4,0) 0 (0)
ja, endgültig 1 (4,0) 0 (0)
Die Ergebnisse aus den subjektiven Charakteristika sind für die CLBP-Patienten und die
gesunden Kontrollprobanden in Tabelle 4 dargestellt. Die CLBP-Patienten zeigten
höhere Werte im BDI (U=196; p<0.05) sowie in den Skalen charakteristische
Schmerzintensität (U=6.5; p<0.001), Disability-Score (U=58.5; p<0.001) und
Disability-Days (U=204; p<0.005) des Chronic Pain Grade Fragebogens. Auch in der
Skala Chronic Pain Grade (U=75; p<0.001) nach von Korff erreichten die
Schmerzpatienten signifikant höhere Grade als die Kontrollprobanden. In Hinsicht auf
die Klassifizierung der Chronifizierung der Schmerzen nach von Korff (Klasen et al.,
2004) wiesen 62.5 % der Kontrollpersonen in der vorliegenden Untersuchung einen
Chronic Pain Grade I auf, die übrigen 37.5 % gaben gar keine Beeinträchtigung an. In
der CLBP-Patientenstichprobe wiesen mit 40 % die Mehrheit der Patienten einen
Chronic Pain Grade von I auf. 32 % der Patienten wiesen einen Chronic Pain Grade von
II auf. 16 % der Probanden wiesen einen Chronic Pain Grade III, 12 % einen Chronic
Pain Grade IV auf. Im AEQ zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den CLBP
und den gesunden Kontrollpersonen in den Skalen TSS (F(1,47)=10.53; p<0.01) und
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
93
HHS ((F(1,47)=7.21; p<0.01). In beiden Skalen erreichten die CLBP-Patienten deutlich
höhere Werte als die Kontrollpersonen.
Tabelle 4. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) für die individuellen
Charakteristika für die CLBP-Patienten (N=25) und für die gesunden Kontrollprobanden (N=24).
CLBP-Patienten
N = 25
( x ± SD)
Kontrollpersonen
N = 24
( x ± SD)
Alter 48.16 ±7.91 44.21 ± 8.1
Beck Depressions-Inventar (BDI)* 6.84 ± 6.64 3.13 ± 2.77
State-Trait Angst Inventar (STAI)
State 33.27 ± 9.12 31.58 ± 4.09
Trait 35.6 ± 10.18 32.17 ± 5.14
Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) 29.52 ± 6.62 29.25 ± 6.11
Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)
Körperliche Aktivität als Ursache 2.55 ± 1.3 2.59 ± 1.14
Arbeit als Ursache 1.76 ± 1.59 1.47 ± 1.23
Arbeitsprognose 0.7 ± 1.66 0.13 ± 0.20
Gesamtwert 1.28 ± 1.5 0.86 ± 0.73
Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)
Endurance Related Responses
Gehobene Stimmung Skala (PMS) 3.93 ± 1.43 3.76 ± 1.79
Durchhalteappelle (TSS)**
3.23 ± 1.79 1.73 ± 1. 42
Durchhaltestrategien 1 (BES1) 3.46 ± 0.95 3.21 ± 1.08
Durchhaltestrategien 2 (BES2) 3.07 ± 0.97 2.79 ± 1.04
Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 3.18 ± 1.07 3.08 ± 1.25
Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 2.78 ± 1.15 2.68 ± 1.28
Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) 3.67 ± 1.23 3.3 ± 1.35
Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) 3.28 ± 1.17 2.87 ± 1.17
Fear-Avoidance Related Responses
Angst-Depression Skala (ADS) 1,48 ± 1.5 1.06 ± 1.27
Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS)**
1.49 ± 1.1 0.76 ± 0.75
Katastrophisieren (CTS) 0.75 ± 0.76 0.68 ± 1.0
Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) 0.44 ± 0.59 0.54 ± 0.77
Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) 1.47 ± 1.34 1.71 ± 1.67
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1 (APAS1) 1.41 ± 1.02 1.53 ± 1.05
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2 (APAS2) 3.54 ± 1.38 3.33 ± 1.44
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
94
Chronic Pain Grade Fragebogen
Charakteristische Schmerzintensität**
50.8 ± 15.85 8.75 ± 9.52
Disability-Score**
32.53 ± 27.27 2.50 ± 5.13
Disability-Days **
0.56 ± 1.003 0.00 ± 0.00
Chronic Pain Grade**
2.0 ± 1.04 0.63 ± 0.49
1.3.2 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von dem Schmerzstatus der
Probanden
Im folgenden Auswertungsschritt wurden die Unterschiede zwischen den CLBP-
Patienten und den gesunden Kontrollpersonen varianzanalytisch ausgewertet.
Zur Kontrolle der Bewertung der Bilder aus dem PHODA (manipulation check) wurden
diese getrennt für die CLBP-Patienten und die gesunde Kontrollgruppe betrachtet und
miteinander verglichen. Die Ergebnisse zu den Bewertungen der Bilder aus der PHODA
sind für die CLBP-Patienten und die gesunden Kontrollprobanden in Tabelle 5
dargestellt. Die entsprechende Varianzanalyse mit Messwiederholung, in der Klinischer
Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollprobanden) als Zwischensubjektfaktor und die
Bildkategorie als Innersubjektfaktor (hoch bedrohlich vs. niedrig bedrohlich) eingingen,
zeigte einen signifikanten Haupteffekt für den Faktor Bildkategorie (F(1,47)=196.418;
p<0.001; η²=0.807), nicht jedoch für den Faktor Klinischer Status (p>0.01). Hoch
bedrohliche Bilder wurden erwartungsgemäß als deutlich bedrohlicher bewertet als die
niedrig bedrohlichen Bilder. Die Bewertungen der Bilder unterschieden sich jedoch
nicht zwischen der Kontrollgruppe und der CLBP-Patientengruppe. Die
durchschnittliche Bewertung der hoch bedrohlichen Bilder aus der PHODA lag bei den
Kontrollprobanden bei 64.24 (SD, 33.56) und bei den CLBP-Patienten bei 65.47 (SD,
30.08). Die durchschnittliche Bewertung der Bilder, die am wenigsten bedrohlich
eingeschätzt wurden, lag in der Kontrollgruppe bei 1.68 (SD, 6.31) und in der CLBP-
Patientengruppe bei 2.25 (SD, 4.61). Es zeigte sich auch keine Klinischer Status x
Bildkategorie Interaktion (p>0.05).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
95
Tabelle 5. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Bewertungen der
Bilder aus der PHODA für die CLBP-Patienten (N=25) und für die gesunden Kontrollprobanden
(N=24).
CLBP Patienten
N = 25
( x ± SD)
Kontrollprobanden
N = 24
( x ± SD)
Ratings für die als hoch-bedrohlich bewerteten
Bilder aus der PHODA
65.47 ± 30.08 64.24 ± 33.56
Ratings für die als wenig-bedrohlich
bewerteten Bilder aus der PHODA
2.25 ± 4.61 1.68 ± 6.31
Anschließend wurden die Unterschiede zwischen den CLBP-Patienten und den
gesunden Probanden in den Aufmerksamkeitsindizes ausgewertet. Die Mittelwerte ( x )
und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten in den kongruenten,
inkongruenten und neutralen Durchgängen sowie den Werten im Bias Index sind in
Tabelle 6 getrennt für die CLBP-Patienten und Kontrollprobanden dargestellt.
Tabelle 6. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten
in den kongruenten, inkongruenten und neutralen Durchgängen getrennt nach CLBP-Patienten
und Kontrollprobanden.
CLBP-Patienten
N = 25
( x ± SD)
Kontrollpersonen
N = 24
( x ± SD)
Bias Index 24.24 ± 28.12 15.15 ± 25.31
Kongruente Durchgänge 463.96 ± 93.77 402.29 ± 50.92
Inkongruente Durchgänge 488.19 ± 106.22 417.44 ± 56.25
Neutrale Durchgänge 430.42 ± 85.06 377.63 ± 48.59
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
96
In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass CLBP-Patienten im Vergleich zu
gesunden Probanden größere Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für
schmerzassoziiertes Stimulusmaterial aufweisen. Dies sollte sich in höheren Werten im
Bias Index (BI; Indikator für eine selektive Aufmerksamkeit), niedrigeren Werten im
Congruency-Index (CI; Indikator für eine Hypervigilanz für schmerzassoziiertes
Material), und höheren Werten im Incongruency-Index (ICI; Indikator für eine erhöhte
Schwierigkeit, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen) zeigen. Die
Varianzanalyse zur Überprüfung dieser Annahme zeigte im BI jedoch keinen
signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen (p>0.01).
Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede in den
Reaktionszeiten der Kontrollprobanden im Vergleich zu den CLBP-Patienten in
kongruenten im Vergleich zu neutralen Durchgängen zeigte einen signifikanten
Haupteffekt für Trial-Typ (F(1,47)=72.164; p<0.001; η²=0.606). Die Reaktionszeiten in
den kongruenten Durchgängen waren dabei insgesamt deutlich länger als in den
Durchgängen mit den neutralen Bildern. Zudem zeigte sich ein signifikanter
Haupteffekt für Klinischer Status (F(1,47)=7.77; p<0.01; η²=0.142). Die CLBP-
Patienten zeigten insgesamt deutlich längere Reaktionszeiten als die Kontrollpersonen.
Es fand sich jedoch keine signifikante Trial-Typ x Klinischer Status Interaktion
(p>0.05).
Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede in den
Reaktionszeiten in den inkongruenten Durchgängen im Vergleich zu den neutralen
Durchgängen zeigte einen signifikanten Haupteffekt für Trial-Typ (F(1,47)=135.56;
p<0.001; η²=0.743). Die Reaktionszeiten waren dabei in den inkongruenten
Durchgängen bedeutsam länger als in den neutralen Durchgängen. Es zeigte sich auch
hier ein signifikanter Haupteffekt für Klinischer Status (F(1,47)=7.97; p<0.01;
η²=0.145). Dabei zeigten die CLBP-Patienten insgesamt bedeutsam längere
Reaktionszeiten als die gesunden Kontrollpersonen. Wenngleich sich eine Trial-Typ x
Klinischer Status Interaktion zeigte, erreichte diese jedoch unter Berücksichtigung der
Anpassung des Alphaniveaus auf α<0.01 keine statistische Signifikanz, sondern zeigte
sich lediglich im Trend (F(1,47)=4.59; p<0.05; η²=0.89; siehe Abbildung 15).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
97
Klinischer Status
0
100
200
300
400
500
600
Neutral Inkongruent
Trial-Typ
Rea
kti
on
szei
ten
in
ms
CLBP-Personen
Kontrollpersonen
Abbildung 15. Darstellung der Reaktionszeiten in den neutralen und inkongruenten Durchgängen
(Trial-Typ) in Abhängigkeit von dem klinischen Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollpersonen) der
Personen.
1.3.3 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und den
klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen Merkmalen der
Probanden
Zur Überprüfung der Hypothesen 2 bis 5 wurden im nächsten Auswertungsschritt die
Zusammenhänge zwischen den subjektiven Daten und den verschiedenen Indikatoren
eines Aufmerksamkeitsbias (BI, CI und ICI) mithilfe einer bivariaten
Korrelationsanalyse überprüft. Die Ergebnisse aus diesen Korrelationsanalysen sind in
Tabelle 7 dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
98
Tabelle 7. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen Charakteristika der
Probanden (N=49) und dem Bias Index, Congruency Index und Incongruency Index.
Bias
Index
Congruency
Index
Incongruency
Index
Geschlecht b, c
0.140 -0.185 -0.116
Alter c 0. 129 0. 255
+ 0. 263
+
Beck Depressions-Inventar (BDI) c -0.065 0.264
+ 0.215
State-Trait Angst Inventar (STAI) c
State -0.044 0.082 0.060
Trait -0.148 0.137 0.078
Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) -0.064 -0.011 -0.028
Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)
Körperliche Aktivität als Ursache 0.087 -0.087 -0.051
Arbeit als Ursache -0.035 -0.029 -0.036
Arbeitsprognose b 0.157 0.121 0.182
Gesamtwert 0.059 0.062 0.072
Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)
Endurance Related Responses
Gehobene Stimmung Skala (PMS) 0.118 0.120 0.141
Durchhalteappelle (TSS) -0.053 0.299* 0.249
*
Durchhaltestrategien 1 (BES1) 0.024 0.215+ 0.198
+
Durchhaltestrategien 2 (BES2) 0.0001 0.203+ 0.179
Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 0.053 0.106 0.109
Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 0.016 0.186 0.170
Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) -0.002 0.224+ 0.198
+
Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) -0.012 0.160 0.138
Fear-Avoidance Related Responses
Angst Depression Skala (ADS) -0.011 0.161 0.139
Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) 0.012 0.210+ 0.189
+
Katastrophisieren (CTS) -0.381**
-0.009 -0.119
Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) b 0.193
+ 0.012 0.085
Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) 0.096 -0.167 -0.120
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1 (APAS1) 0.308* -0.027 0.066
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2 (APAS2) 0.219+ -0.187 -0.101
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
99
Chronic Pain Grade Fragebogen
Charakteristische Schmerzintensität 0.142 0.371**
0.370**
Disability-Score b 0.187
+ 0.412
** 0.465
***
Disability-Daysb 0.172 0.159 0.249
*
Chronic Pain Grade b 0.097 0.378
** 0.354
**
Korrelationskoeffizient Pearson; b Korrelationskoeffizient Spearman’rho;
+ p<0.10;
* p<0.05;
** p<0.01;
*** p<0.001;
c Test auf Signifikanz: zweiseitig; N=49.
In der 2. Hypothese wurde ein Zusammenhang zwischen schmerzbezogener Angst und
Angst-Vermeidungsüberzeugungen sowie FAR mit den verschiedenen Aspekten des
Aufmerksamkeitsbias angenommen. Erwartet wurden dabei positive Zusammenhänge
zwischen dem BI bzw. dem ICI und den FAR-bezogenen Variablen. Ein negativer
Zusammenhang wurde dagegen zwischen dem IC und den FAR-bezogenen Variablen
erwartet. Im ersten Schritt der bivariaten Korrelationsanalyse zeigte sich eine
signifikante negative Korrelation zwischen dem BI und der AEQ-Skala CTS (r=-0.381;
p<0.01) sowie positive Korrelationen zwischen dem BI und der Skala APAS1 (r=0.308;
p<0.05) des AEQ. Im Trend korrelierte der BI positiv mit den Skalen ASAS1 (r=0.193;
p<0.10) und APAS2 (r=0.219; p<0.10) des AEQ. Eine positive Korrelation zeigte sich
im Trend zudem zwischen dem CI und der Skala HHS des AEQ (r=0.210; p<0.10).
In der 3. Hypothese wurde angenommen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen
ER und dem Aufmerksamkeitsindex ICI besteht. Die Korrelationsanalysen zeigten, dass
die Skala TSS des AEQ sowohl mit dem ICI (r=0.249; p<0.05) als auch mit dem CI
(r=0.299; p<0.05) positiv zusammenhing. Tendenziell zeigten sich positive
Korrelationen zwischen den AEQ-Skalen BES1 (r=0.215; p<0.10), BES2 (r=0.203;
p<0.10) und PPS1 (r=0.224; p<0.10) mit dem CI sowie zwischen BES1 (r=0.198;
p<0.10) und PPS1 (r=0.198; p<0.10) und dem ICI.
In der 4. Hypothese wurde angenommen, dass die schmerzbezogene Disability der
Patienten mit einem Aufmerksamkeitsbias assoziiert ist. Die Charakteristische
Schmerzintensität korrelierte signifikant positiv mit dem CI (r=0.371; p<0.01) und dem
ICI (r=0.370; p<0.01). Der Disability-Score korrelierte signifikant positiv mit dem CI
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
100
(r=0.412; p<0.01) und dem ICI (r=0.465; p<0.01) sowie tendenziell mit dem BI
(r=0.187; p<0.10). Die Skala Disability-Days korrelierte signifikant positiv mit dem ICI
(r=0.249; p<0.05). Der Chronic Pain Grade korrelierte signifikant positiv mit dem CI
(r=0.378; p<0.01) und dem ICI (r=0.354; p<0.01).
In der 5. Hypothese wurde angenommen, dass die allgemeinen Distress Variablen State-
und Trait-Angst sowie Depression mit einem Aufmerksamkeitsbias assoziiert sind. In
der bivariaten Korrelationsanalyse zeigten sich keine signifikanten Korrelationen (für
alle p>0.05). Im Trend korrelierten die Werte im BDI positiv mit dem CI (r=0.264;
p<0.10)
1.3.4 Die Vorhersage des Aufmerksamkeitsbias durch die individuellen
Charakteristika der Probanden
In den Hypothesen 6 und 7 wurden Annahmen zur Vorhersage der drei
Aufmerksamkeitsindikatoren durch die Merkmale der Probanden formuliert. Diese
Hypothesen wurden mit Hilfe einer Regressionsanalyse überprüft. Die Ergebnisse aus
diesen Analysen sind in Tabelle 10 dargestellt.
In der 6. Hypothese wurde angenommen, dass eine Hypervigilanz, indiziert durch
niedrigere Werte im CI, sowie eine stärkere selektive Verarbeitung von
schmerzassoziiertem Material, indiziert durch höhere Werte im BI, am besten durch
schmerzbezogene Angst und Angst-Vermeidungsüberzeugungen vorhergesagt werden
können.
In die Regressionsanalyse für den BI gingen entsprechend der vorgeschalteten
Korrelationsanalyse die FAR bezogenen Variablen CTS und APAS1 ein. Als FAR-
bezogene Variablen wurden beide Variablen in einem Block schrittweise in die Analyse
eingegeben. Die Regressionsanalyse für den BI zeigte, dass die CTS für den BI als
Prädiktor im ersten Schritt in das Modell aufgenommen wurde. Die CTS klärte dabei
14.6% der Varianz des BI auf (β=-0.381, p<0.01). Höhere Werte in der CTS sagten
niedrigere Werte im BI voraus. Im zweiten Schritt wurden CTS (β=-0.392, p<0.01) und
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
101
APAS1 (β=0.321, p<0.05) in das Modell aufgenommen. Die Änderung in r² durch die
Aufnahme von APAS1 lag bei 10.3%. Höhere Werte im APAS1 sagten höhere Werte
im BI voraus. Dieses letzte signifikante Modell (F(1,47)=7.608; p<0.01) klärte 24.9%
der Varianz des BI auf (s. Tabelle 8).
Tabelle 8. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse zur Erfassung der
Vorhersage des Bias Index durch die individuellen Charakteristika der Stichprobe.
RA 1 Abhängige Variable:
Bias Index
a r² T p
1. Modell 0.146
AEQ: Katastrophisieren (CTS)**
-0.381 -2.829 0.007
2. Modell 0.249
AEQ: Katastrophisieren (CTS)**
-0.392 -3.068 0.004
AEQ: Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2
(APAS2)*
0.321 2.511 0.016
a Standardisierte beta-Gewichte;
**p <0.01,
*p <0.05.
In die Regressionsanalyse für den CI wurde entsprechend der Korrelationsanalyse, die
vorab erfolgte, die Variablen Charakteristische Schmerzintensität, Disability-Score und
Chronic Pain Grade (Block 1) des Chronic Pain Grade Fragebogens sowie die ER-
bezogene Variable TSS des AEQ (Block 2) schrittweise eingegeben. Die
Regressionsanalyse für den CI zeigte, dass der Chronic Pain Grade als Prädiktor in das
signifikante Modell aufgenommen wurde (F(1,47)=8.058; p<0.01). Für den CI klärte
der Chronic Pain Grade nach von Korff 14.6% der Varianz des signifikanten Modells
auf (β=0.383, p<0.01). Dabei waren höhere Grade im Chronic Pain Grade mit höheren
Werten im CI assoziiert (s. Tabelle 9). Die Disability Variablen Charakteristische
Schmerzintensität und von Disability-Score des Chronic Pain Grade Fragebogens sowie
die ER-bezogene Variable TSS des AEQ gingen in das signifikante Modell nicht ein.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
102
Tabelle 9. Darstellung des signifikanten Modells aus der Regressionsanalyse zur Erfassung der
Vorhersage des Congruency-Index durch die individuellen Charakteristika der Stichprobe.
RA 2 Abhängige Variable:
Congruency-Index
a r² T p
Modell 0.146
Chronic Pain Grade Fragebogen:
Chronic Pain Grade**
0.383 2.839 0.007
a Standardisierte beta-Gewichte;
**p <0.01.
In der 7. Hypothese wurde angenommen, dass Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen, indiziert durch höhere Werte im ICI, am besten
durch ER vorhergesagt werden können. In die Regressionsanalyse wurde für den ICI
entsprechend der vorgeschalteten Korrelationsanalyse die Variablen Charakteristische
Schmerzintensität, Disability-Score, Disability-Days und Chronic Pain Grade aus dem
Chronic Pain Grade Fragebogen (Block 1) sowie TSS aus dem AEQ (Block 2)
schrittweise eingegeben. Im ICI ging die charakteristische Schmerzintensität in das
signifikante Modell ein (F(1,47)=7.45; p<0.01) und klärte 13.7% der Varianz des
signifikanten Modells auf (β=0.370, p<0.01). Eine höhere charakteristische
Schmerzintensität sagte einen stärkeren Bias im ICI vorher. Der Disability-Score und
TSS gingen in das signifikante Modell nicht ein (s. Tabelle 10).
Tabelle 10. Darstellung der signifikanten Modelle aus den Regressionsanalysen (RA) zur Erfassung
der Vorhersage des Incongruency-Index durch die individuellen Charakteristika der Stichprobe.
RA 3 Abhängige Variable:
Incongruency-Index
a r² T p
Modell 0.137
Chronic Pain Grade Fragebogen:
Charakteristische Schmerzintensität**
0.370 2.729 0.009
a Standardisierte beta-Gewichte;
**p <0.01.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
103
1.4 Zusammenfassende Bewertung
Auf Grundlage der in Kapitel II aufgeführten theoretischen Ausführungen zum CLBP
und zur Informationsverarbeitung wurde in diesem Kapitel der empirische Teil des
ersten Experiments der vorliegenden Arbeit dargestellt. Hierfür wurden zunächst
allgemeine Fragestellungen abgeleitet, um anschließend daraus konkrete Hypothesen
für die Untersuchung zu explizieren.
Zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen wurde eine Untersuchung durchgeführt,
in der die Aufmerksamkeitsleistungen von 25 CLBP-Patienten mit den Leistungen von
24 gesunden Kontrollprobanden in einer visuellen dot-probe Aufgabe mit
schmerzneutralem und idiosynkratisch ausgewähltem schmerzassoziiertem Bildmaterial
verglichen wurden. Aus den Reaktionszeiten der Probanden in der Aufgabe wurden drei
Indizes gebildet: der Bias Index, der Kongruenz Index und der Inkongruenz Index. Die
Leistungen der CLBP-Patienten wurden mit denen der Kontrollpersonen statistisch
verglichen. Darüber hinaus wurden die Zusammenhänge zwischen den Indizes und den
erfassten Merkmalen der Probanden wie generellen Distress Variablen (Angst und
Depression) sowie schmerzspezifischen Merkmalen und Reaktionen wie Disability,
schmerzbezogene Angst und FAR sowie ER analysiert.
Die Überprüfung des verwendeten Stimulusmaterials (manipulation check) zeigte, dass
die untersuchten Personen die hoch-bedrohlichen Bilder aus der PHODA tatsächlich als
deutlich bedrohlicher eingeschätzten als die niedrig-bedrohlichen Bilder. Folglich
erwies sich das verwendete Stimulusmaterial bei den untersuchten Personen als
geeignet für die Erfassung des Informationsverarbeitungsbias.
In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass CLBP-Patienten im Vergleich zu
gesunden Probanden größere Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für
schmerzassoziiertes Material aufweisen. Dies sollte sich in einer stärkeren selektiven
Aufmerksamkeit (also höheren Werten im Bias Index), einer Hypervigilanz für
schmerzassoziiertes Material (also niedrigeren Werten im Kongruenz Index) sowie in
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
104
deutlicheren Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen (also
höheren Werten im Inkongruenz Index) zeigen.
Die statistischen Analysen ergaben keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den
Leistungen der CLBP-Patienten und den gesunden Kontrollpersonen im BI (p>0.05). In
Hinsicht auf den CI und den ICI zeigte sich, dass sowohl CLBP-Patienten als auch
gesunde Kontrollpersonen langsamere Reaktionszeiten in den kongruenten
Durchgängen zeigten, als in den neutralen Durchgängen. Dies spricht für eine geringere
Vigilanz für das schmerzassoziierte Material. Gleichzeitig wiesen beide untersuchten
Gruppen deutlichere Schwierigkeiten darin auf, sich von dem schmerzassoziierten
Material zu lösen (p<0.001), wenngleich die CLBP-Patienten unabhängig von dem
Trial-Typ (Durchgang mit schmerzneutralen vs. schmerzassoziierten Bildern) insgesamt
einen stärkeren Aufmerksamkeitsbias zeigten als die gesunden Kontrollpersonen
(p<0.01). Eine Wechselwirkung zwischen dem klinischen Status der Probanden (CLBP-
Patienten vs. Kontrollpersonen) und dem Trial-Typ (schmerzassoziiert vs.
schmerzneutral) ließ sich nur tendenziell für den ICI zeigen. In Übereinstimmung mit
der aktuellen Befundlage (Roelofs et al., 2005) zeigten die Ergebnisse hierbei, dass die
CLBP-Patienten im Vergleich zu den gesunden Kontrollprobanden tendenziell größere
Schwierigkeiten darin aufwiesen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen
(p<0.05).
Die weiteren Hypothesen der Untersuchung bezogen sich auf die Zusammenhänge
zwischen den Aufmerksamkeitsindizes und den individuellen schmerzbezogenen und
schmerzunabhängigen Merkmalen der Probanden sowie auf die Vorhersage der
Aufmerksamkeitsverzerrungen durch diese Merkmale.
In der 2. Hypothese wurde dabei angenommen, dass sich mit einer zunehmenden
schmerzbezogenen Angst sowie mit zunehmenden Angst- und
Vermeidungsüberzeugungen und FAR deutlichere Verzerrungen in der
Aufmerksamkeit zeigen, wie sie sich in Engagement- und in Disengagement Effekten
niederschlagen. Weiterhin wurde angenommen, dass eine selektive Aufmerksamkeit
sowie eine Hypervigilanz am besten durch Merkmale und Reaktionen
schmerzbezogener Angst vorhergesagt werden kann (Hypothese 6). Diese Annahmen
konnten nicht bestätigt werden. Eine zunehmende Verzerrung in der Aufmerksamkeit
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
105
im Zusammenhang mit FAR konnte mit zunehmendem Katastrophisieren, zunehmender
Vermeidung körperlicher Aktivitäten bei leichten Schmerzen sowie in der Tendenz
auch mit zunehmenden Hilf-Hoffnungslosigkeitskognitionen gefunden werden. Dabei
war zunehmendes Katastrophisieren als FAR-bezogene kognitive Reaktion auf den
Schmerz mit einer deutlicheren Vermeidung von schmerzassoziiertem Material
(geringere Werte im BI) verbunden. Vermehrte Hilf- und
Hoffnungslosigkeitskognitionen waren tendenziell mit größeren Schwierigkeiten, sich
von scherzassoziiertem Material zu lösen sowie einer geringeren Vigilanz für
schmerzassoziiertes Material verbunden. FAR auf der behavioralen Ebene war mit einer
stärkeren selektiven Aufmerksamkeit für das schmerzassoziierte Material verbunden.
Diese zeigte sich besonders deutlich mit zunehmender Vermeidung von körperlichen
Aktivitäten bei leichten Schmerzen und in der Tendenz auch bei schweren Schmerzen
sowie mit zunehmender Vermeidung von sozialen Aktivitäten bei leichten Schmerzen.
Entgegen der Annahme, konnten dagegen zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
Angst vor Bewegungsschmerz, Angst-Vermeidungsüberzeugungen sowie FAR auf der
emotionalen Ebene keine Zusammenhänge gefunden werden. Die Regressionsanalyse
zeigte, dass vermehrte katastrophisierende Kognitionen wie z.B. „oh Gott, die
Schmerzen werden etwas ganz schlimmes zu bedeuten haben!“ sich als prädiktiv für
eine erhöhte Vermeidung von schmerzassoziiertem Material in der dot-probe Aufgabe
erwiesen. Ein vermehrtes Vermeiden von körperlichen Aktivitäten bei leichten
Schmerzen war dagegen mit einer deutlicheren selektiven Aufmerksamkeit für
schmerzassoziiertes Material verbunden. Beide Merkmale klärten zusammen 24.9% der
Varianz im BI auf.
Als 3. Hypothese wurde vor dem Hintergrund eines erwarteten Rebound-Effekts bei
Gedankenunterdrückung angenommen, dass mit zunehmenden ER deutlichere
Schwierigkeiten bestehen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen. In der
vorliegenden Untersuchung konnte diese positive Assoziation zwischen
Gedankenunterdrückung und Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material
zu lösen bestätigt werden. Gleichzeitig zeigte sich eine bei einer stärkeren
Gedankenunterdrückung eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material.
Tendenziell zeigte sich ein solcher Zusammenhang auch auf der behavioralen Ebene,
also in den Durchhaltestrategien und dem Aufrechterhalten von Aktivitäten trotz
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
106
anhaltender Schmerzen. Stärkere Durchhaltestrategien bei leichten und schweren
Schmerzen waren tendenziell mit einer geringeren Vigilanz assoziiert, leichte
Schmerzen gingen zudem in der Tendenz mit deutlicheren Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen einher. Die 7. Hypothese, in der angenommen
wurde, dass größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,
am besten durch ER bzw. die Unterdrückung von schmerzassoziierten Kognitionen
vorhergesagt werden kann, konnte nicht bestätigt werden, Gedankenunterdrückung
(AEQ-Skala TSS) ging in das signifikante Modell nicht ein (p>0.05).
Neben den Assoziationen zwischen den Aufmerksamkeitsverzerrungen und FAR bzw.
ER wurden in der hier dargestellten Untersuchung die Assoziationen zwischen den
Aufmerksamkeitsverzerrungen und den schmerzbezogenen Beeinträchtigungen, also der
Disability und dem allgemeinen Distress (allgemeine Angst und Depressivität) der
Probanden überprüft. Da bis dato keine Untersuchungen vorliegen, welche die
Disability explizit im Zusammenhang mit einem Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-
Patienten untersucht haben, wurde aufgrund der hohen Bedeutung der
schmerzbezogenen Disability in der Entwicklung von CLBP sowie einer
schemakongruenten Verarbeitung von schmerzassoziiertem Material, angenommen,
dass diese miteinander assoziiert sind (Hypothese 4). Dies sollte sich in Form einer
selektiven Aufmerksamkeit und einer Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material
sowie größeren Schwierigkeiten, sich von diesem zu lösen zeigen. In Hinsicht auf einen
allgemeinen Distress mangelt es an eindeutigen Befunden, so dass hier ein
Zusammenhang mit dem Aufmerksamkeitsbias angenommen, allerdings ungerichtet
formuliert wurde (Hypothese 5). Es fand sich in der vorliegenden Untersuchung eine
Tendenz für eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material mit vermehrten
depressiven Symptomen. Für die schmerzbezogene Disability nach von Korff et al.
(1992) zeigte sich besonders deutlich, dass diese sowohl mit einer geringeren Vigilanz
für schmerzassoziiertes Material als auch mit deutlicheren Schwierigkeiten, sich von
diesen zu lösen, zusammenhängt. Eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes
Material ging mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität, einem höheren
Ausmaß an Beeinträchtigungen an alltäglichen, sozialen und beruflichen Aktivitäten
sowie höheren Chronic Pain Graden, einem Index bestehend aus der Kombination aus
der charakteristischen Schmerzintensität, der erlebten Beeinträchtigung durch
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
107
Schmerzen sowie die Anzahl der durch die Schmerzen beeinträchtigten Tage einher.
Vermehrte Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen waren
ebenfalls mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität, einem stärkeren
Ausmaß an Beeinträchtigungen an alltäglichen, sozialen und beruflichen Aktivitäten
sowie mit höheren Chronic Pain Graden zu beobachten. Zusätzlich zeigten mit einer
ansteigenden Anzahl an Tagen, an denen sich die Betroffenen durch die Schmerzen
beeinträchtigt fühlten, zunehmende Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem
Material zu lösen. In der anschließenden Regressionsanalyse konnte gezeigt werden,
dass 14.6% der Varianz der Vigilanz für schmerzassoziiertes Material durch die Skala
Charakteristische Schmerzintensität nach von Korff aufgeklärt werden konnte. 13.7%
der Varianz für die Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,
konnten durch den von Korff Chronic Pain Grade aufgeklärt werden.
Diese Ergebnisse zeigen, dass, wenngleich ein allgemeiner Aufmerksamkeitsbias
konsistent mit der bisherigen Befundlage nicht berichtet werden kann, CLBP Patienten
tendenziell größere Schwierigkeiten darin zu haben scheinen, sich von
schmerassoziiertem Material, zu lösen. Unabhängig vom Schmerzstatus scheint eine
erhöhte Vermeidung von schmerzassoziiertem Material durch vermehrte
katastrophisierende Kognitionen vorhersagbar zu sein, während eine selektive
Aufmerksamkeit durch eine stärkere Vermeidung von körperlichen Aktivitäten
vorhersagbar zu sein scheint. Engagement- und Disengagement Effekte stehen eher im
Zusammenhang mit einer schmerzbezogenen Beeinträchtigung der Probanden. Ein
zunehmender Grad an Beeinträchtigung ist dabei mit einer geringeren Vigilanz
assoziiert. Größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziierten Stimuli zu lösen, sind
dagegen mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität assoziiert.
Dieses Ergebnis ist konsistent mit der Interaktion, die in der vorliegenden Untersuchung
im Trend zwischen dem Schmerzstatus und dem Bildmaterial für den ICI gefunden
wurde. Es weist darauf hin, dass Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem
bedrohlichem Material zu lösen, von dem Ausmaß von Schmerzen abhängen. Dagegen
scheint eine Vigilanz eher von der Überzeugung, von den Schmerzen beeinträchtigt zu
sein, beeinflusst zu sein, weniger vom klinischen Schmerzstatus oder der
charakteristischen Schmerzintensität. Die gegenwärtige Forschung weist darauf hin,
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
108
dass konzeptuell zwischen Schmerz und der mit ihm verbundenen Disability
unterschieden werden muss (Jensen, Turner, Romano & Karoly, 1991; Turk &
Holzman, 1986; Vlaeyen & Linton, 2000; Von Korff, Le Resche & Dworkin, 1993).
Die Ergebnisse der hier dargestellten Untersuchung unterstützen diese Annahme und
weisen darauf hin, dass der Schmerz und sich die Disability prädiktiv für
unterschiedliche Aufmerksamkeitseffekte wie dem Engagement- und Disengagement
Effekt erweisen. Dabei zeigen sich die Erfahrung von Schmerzen und eine mit ihr
verbundene Disability in der Gesamtstichprobe richtungsweisend für eine geringere
Vigilanz für schmerzassoziiertes bedrohliches Material, wohingegen sich die
Schwierigkeit, sich von schmerzassoziiertem bedrohlichem Material zu lösen, im
Zusammenhang mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität zeigt. Die
Unterscheidung zwischen den verschiedenen Effekten und die Erfassung der Disability
scheinen vor diesem Hintergrund bedeutsam. Das Ergebnis der vorliegenden
Untersuchung könnte den fehlenden signifikanten Unterschied zwischen CLBP und
gesunden Probanden im BI und im CI erklären. Im Gegensatz zu Schwierigkeiten, sich
von schmerzassoziiertem Material zu lösen, könnte ein genereller Aufmerksamkeitsbias
sowie ein Vigilanzeffekt bei schmerzassoziiertem Material also eher durch andere
individuelle Merkmale erklärt werden, als durch die Schmerzen per se. Folglich könnte
dies die mangelnden Befunde erklären, wenn CLBP-Patienten mit gesunden Probanden
verglichen werden und andere individuelle Merkmale der Probanden unberücksichtigt
bleiben.
In der vorliegenden Untersuchung konnte durch die erfassten Merkmale nur ein kleiner
Teil der Gesamtvarianz des Aufmerksamkeitsbias aufgeklärt werden. Es konnte kein
Beleg für den prädiktiven Wert von ER für den Aufmerksamkeitsbias geliefert werden,
wenngleich deutlichere ER tendenziell mit einer geringeren Vigilanz und größeren
Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen zusammenhing. Die
vorliegende Untersuchung spricht für die Annahme, dass ER bei CLBP-Patienten eine
bedeutsamere Rolle spielt als bei gesunden Personen, da in der vorliegenden
Untersuchung erwartungsgemäß die CLBP-Patienten deutlich mehr Durchhalteappelle
berichteten als Kontrollpersonen. Die Rolle von ER beim Aufmerksamkeitsbias bleibt
jedoch ungeklärt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass in der vorliegenden Studie nur
die Single-Responses der Probanden erfasst wurden. Hasenbring et al. (2010) weisen
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 1
109
darauf hin, dass kognitive, emotionale und behaviorale Single-Responses zur Erklärung
der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Rückenschmerzen nicht ausreichen,
sondern vielmehr zusammen bestimmte Response-Pattern bilden, die in ihrer
spezifischen Kombination zur Chronifizierung von Schmerzen beitragen. Die
Kombination spezifischer Kognitionen, die mit entsprechenden Reaktionen auf der
emotionalen und behavioralen Ebene verbunden sind, können zwei maladaptive Formen
(FAR und ER) oder eine adaptive Form annehmen. Folglich könnten die geringe
Varianzaufklärung der verschiedenen Indizes oder die nur geringen Korrelationen mit
denselben daher rühren, dass die Reaktionen in der vorliegenden Untersuchung nicht als
Muster, sondern als Single-Responses betrachtet wurden. Daher sollte die zukünftige
Forschung zum kognitiven Bias bei CLBP-Patienten nicht nur die Single-Responses,
sondern vielmehr die spezifischen Response-Pattern der Probanden berücksichtigen, um
die Effekte zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material bei
CLBP-Patienten zu untersuchen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bisherige Untersuchungen zum
Aufmerksamkeitsbias bei chronischen Schmerzen mithilfe des dot-probe Paradigmas
nur eingeschränkt Beweise für eine selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes
Stimulusmaterial bei Schmerzpatienten berichten konnten. Die vorliegende
Untersuchung zielte darauf ab, den Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten im
Vergleich zu gesunden Probanden zu untersuchen und die Zusammenhänge zwischen
den individuellen Merkmalen der Probanden mit dem Aufmerksamkeitsbias in einer
dot-probe Aufgabe mithilfe von Bildmaterial zu erfassen. Es wurden dabei sowohl
allgemeine (Depression und Angst) als auch schmerzbezogene Merkmale (Disability,
FOP, FAR, ER) betrachtet. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass sich CLBP-Patienten in
ihrer Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material, insbesondere in Hinsicht auf
Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen, von gesunden
Kontrollpersonen unterscheiden. Eine selektive Aufmerksamkeit ist mit einer stärkeren
Vermeidung körperlicher Aktivitäten assoziiert. Eine Vermeidung dagegen mit
vermehrtem Katastrophisieren. Bei der genaueren Betrachtung von Engagement- und
Disengagement-Effekten wird ersichtlich, dass eine reduzierte Vigilanz mit höheren
Disability-Graden assoziiert ist und eine Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem
Material zu lösen von der charakteristischen Schmerzintensität der Probanden.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
110
2 Experiment 2: Der Einfluss von schmerzbezogenen Fear-
Avoidance- und Endurance- Response-Pattern auf den
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material bei
CLBP-Patienten
Aus den Darstellungen der aktuellen Befundlage zum Aufmerksamkeitsbias bei
Schmerzpatienten in Abschnitt II.2.3.1 sowie den Darstellungen der Ergebnisse der
ersten hier präsentierten Untersuchung wird deutlich, dass die a-priori Annahme eines
generellen Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten nicht gehalten werden kann. In
diesem Kontext wurde für eine Reihe von Faktoren eine vermittelnde Funktion
aufgezeigt. Aus den theoretischen Ausführungen in Abschnitt II.1.3.4 wird zudem
ersichtlich, dass nicht nur schmerzspezifische Single-Responses, sondern vielmehr das
Vorliegen bestimmter Response-Pattern für die Chronifizierung von Rückenschmerzen
bedeutsam sind. In der vorliegenden Untersuchung soll daher der Einfluss von diesen
Response-Pattern auf den Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten untersucht werden.
2.1 Konkretisierung der Fragestellung und Hypothesen
Auf der Basis der Ausführungen in Abschnitt II.3 und Abschnitt III.1 wird zunächst die
übergeleitete Fragestellung, auf welche die vorliegende Untersuchung abzielt, wie folgt
formuliert:
Unterscheiden sich CLBP-Patienten in Hinblick auf ihren Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Stimulusmaterial in Abhängigkeit von ihren individuellen
Response-Pattern auf ihre Rückenschmerzen?
Dabei sollen vordergründig folgende Fragestellungen expliziert werden:
1. Wie unterscheiden sich CLBP-Patienten in Abhängigkeit von ihren
individuellen Response-Pattern bei Rückenschmerzen hinsichtlich ihres
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes visuelles Material?
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
111
2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material und einer schmerzbezogenen Angst?
3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und einer
Unterdrückung von Gedanken?
4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
katastrophisierenden Kognitionen?
5. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der
Disability der Probanden?
6. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und
einem allgemeinen, nicht spezifisch auf die Schmerzen bezogenen Distress?
Diese Fragestellungen werden im Folgenden durch Hypothesen konkretisiert. Die
Hypothesen werden durch den augenblicklichen Forschungsstand begründet und auf
dieser Grundlage gerichtet oder ungerichtet formuliert.
Hypothese 1: Der Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten zeigt sich in Abhängigkeit
von ihren Response-Pattern. Patienten mit einem ER-Response-Pattern (endurance
related response pattern; ER-RP) und FAR-Response-Pattern (fear avoidance related
response pattern; FAR-RP) weisen insgesamt stärkere Verzerrungen in der
Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material auf als Patienten mit einem AR-
Response-Pattern (adaptive response pattern; AR-RP). Im Vergleich zu Patienten mit
einem AR-RP oder ER-RP weisen dabei Patienten mit einem FAR-RP höhere Werte im
CI auf. Patienten mit einem ER-RP weisen dagegen höhere Werte im ICI im Vergleich
zu den Patienten mit einem FAR-RP oder AR-RP auf.
Begründung: Hasenbring und Verbunt (2010) nehmen an, dass Auffälligkeiten in der
Schmerzverarbeitung, z.B. ein Informationsbias, weniger in einem linearen
Zusammenhang mit einzelnen kognitiv/affektiven Variablen (z.B. Fear of Pain) stehen,
sondern eher vom Vorhandensein erworbener Response-Pattern abhängen. Dies umso
mehr, als zum Beispiel schmerzbezogene Angst im FAR-RP mit Vermeidungsverhalten
einhergehen kann, möglicherweise vermittelt durch eine erhöhte Vigilanz für
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
112
bedrohliche Informationen, und im ER-RP mit Thought-Suppression und extremen
Durchhalteverhalten, größere Schwierigkeit, sich von bedrohlichen Informationen zu
lösen, hier möglicherweise vermittelt durch den oben beschriebenen Rebound-Effekt).
Hypothese 2: FOP und FAR hängen mit dem Aufmerksamkeitsbias zusammen. Dies
zeigt sich in einer stärkeren Vermeidung (negativere Werte im BI) von
schmerzassoziiertem Material, einer geringeren Vigilanz (höhere Werte im CI) für
dieses Material sowie in größeren Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen
(höhere Werte im ICI).
Begründung: Aus der ersten hier dargestellten Untersuchung ging hervor, dass eine
erhöhte FAR in erster Linie mit einer Vermeidung von schmerzassoziiertem Material
assoziiert ist, so dass auch in der zweiten Untersuchung ein solcher Effekt erwartet
wird.
Hypothese 3: Eine stärkere ER hängt mit einer stärkeren Vermeidung (niedrigere Werte
im BI) sowie einer geringeren Vigilanz (höhere Werte im CI) und mit stärkeren
Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen (höhere Werte im ICI)
zusammen.
Begründung: Aufgrund der Ergebnisse aus der ersten Untersuchung, in der geringere
Vigilanz mit zunehmender ER (Gedankenunterdrückung, Durchhaltestrategien bzw.
Aufrechterhalten von Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen) gezeigt werden konnte,
kann im Allgemeinen eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material
angenommen werden. Angesichts der Bedeutung des Rebound Effekts bei
Gedankenunterdrückung sowie den Ergebnissen aus der ersten Untersuchung, in der
zunehmende Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen mit
zunehmender ER (Gedankenunterdrückung, Durchhaltestrategien bzw. Aufrechterhalten
von Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen) gezeigt werden konnte, kann
angenommen werden, dass Patienten mit höheren ER entsprechend größere
Schwierigkeiten zeigen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.
Hypothese 4: Eine stärkere Disability der Patienten hängt positiv mit Schwierigkeiten,
sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen zusammen (höhere Werte im ICI) und
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
113
einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material (höhere Werte im CI)
zusammen. Die Disability hängt mit einer generellen selektiven Aufmerksamkeit für
schmerzassoziiertes Material zusammen.
Begründung: Die erste hier dargestellte Untersuchung konnte zeigen, dass ein positiver
Zusammenhang zwischen der Disability und dem Aufmerksamkeitsbias, wie er durch
den CI und ICI erfasst wird, der Probanden besteht, so dass in Anlehnung daran hier
eine entsprechend gerichtete Annahme formuliert werden kann. Für den generellen
Aufmerksamkeitsbias ergeben sich aus den Ergebnissen der ersten Untersuchung keine
Anhaltspunkte für eine gerichtete Hypothese. Dennoch kann ein möglicher
Zusammenhang nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Hypothese 5: Allgemeiner Distress hängt mit einem Aufmerksamkeitsbias zusammen.
Depressivität hängt dabei mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes
Material ab.
Begründung: Eine gerichtete Hypothese kann auch hier nicht formuliert werden, da die
bisherigen Befunde keine Zusammenhänge berichten konnten. Jedoch besteht die
Möglichkeit, dass ein bestehender Effekt in den vorherigen Untersuchungen
beispielsweise aufgrund anderer bisher unberücksichtigt gebliebener Variablen oder
Untersuchungsmerkmalen nicht gefunden wurde (β-Fehler). Folglich ist ein Effekt nicht
gänzlich auszuschließen und soll hier überprüft werden. Weiterhin konnte in der ersten
Untersuchung gezeigt werden, dass eine stärkere Depressivität mit einer geringeren
Vigilanz assoziiert ist.
2.2 Methodik
Im folgenden Abschnitt wird die Methodik zur Überprüfung der im vorherigen
Abschnitt aufgeführten Fragestellungen und Hypothesen dargestellt. Hierfür werden das
Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen
Variablen, der Untersuchungsablauf und die Stichprobe sowie die statistische Analyse
der Daten und der Datenschutz der Untersuchung dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
114
2.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign
Zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt III.2.1 dargestellten Hypothesen wurde
eine Nacherhebung zur ersten Untersuchung durchgeführt, indem die Daten von
weiteren 31 CLBP-Patienten erhoben wurden. Das Untersuchungsdesign enthielt eine
quasiexperimentelle Querschnittstudie, in der unter einer Laborbedingung die
Aufmerksamkeitsleistungen der Untersuchungspersonen überprüft wurden. Mithilfe von
Fragebögen wurden die individuellen Charakteristika sowie die Response-Pattern der
Patienten auf CLBP erfasst und die Zusammenhänge mit den
Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden sowie den Einfluss der Response-Pattern auf
den Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material zu erfassen.
2.2.2 Operationalisierung
Der Aufmerksamkeitsbias sowie die individuellen Charakteristika7
(soziodemographische, klinisch-medizinische und klinisch-psychologische Parameter)
wurden über verschiedene subjektive und objektive Parameter erfasst. Diese werden im
Folgenden dargestellt. Es wurden in der hier dargestellten zweiten Untersuchung
sowohl die gleichen Fragebögen als auch der gleiche Test zur Erfassung des
Aufmerksamkeitsbias verwendet wie in der ersten Untersuchung (s. Abschnitt III.1.2.2).
Folglich werden diese im Folgenden nur kurz aufgegriffen.
Aufmerksamkeitsindikatoren
Zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias der Probanden wurde wie in Experiment 1 die
dot-probe Aufgabe in einer Bildversion verwendet (s. Abschnitt III.1.2.2). Die
Leistungen der Probanden in der dot-probe Aufgabe wurden über die Reaktionszeiten
der Probanden ausgewertet. Falsche Antworten sowie Ausreißer (definiert als eine
Abweichung von mehr als drei SD von der jeweiligen durchschnittlichen Reaktionszeit
eines Individuums) gingen nicht in die weitere Auswertung ein. Die Leistungen wurden
7 Für einen besseren Überblick sind die verwendeten Inventare im Anhang (B-J) dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
115
mit Hilfe von drei Indizes analysiert: dem Bias Index, dem Inkongruenz Index und dem
Kongruenz Index8.
Soziodemographische, klinisch-medizinische und -psychologische Parameter
Es wurden die gleichen soziodemographischen, klinisch-medizinischen und klinisch-
psychologischen Parameter erfasst wie in Experiment 18. Zu den verwendeten
Fragebögen zählten folglich wie in Abschnitt III.1.2.2 aufgeführt eine Sozialanamnese
zur Erfassung der biographischen Daten der Patienten, eine Schmerzanamnese und der
Chronic Pain Grade Fragebogen (Klasen et al., 2004; nach von Korff et al., 1992) zur
Erfassung der klinisch-medizinischen Parameter. Weiterhin wurden der BDI
(Hautzinger et al., 1995; nach Beck et al., 1987) zur Erfassung der allgemeinen
depressiven Stimmung der Probanden und der STAI (Laux et al., 1981 nach Spielberger
et al., 1966, 1970) zur Erfassung der allgemeinen Ängstlichkeit erhoben. Zur Erfassung
der schmerzbezogenen Angst- und Vermeidungsüberzeugungen wurde der FABQ
(Pfingsten et al., 1996) erhoben. Die Angst- und Vermeidungsreaktionen der Patienten
wurden über die FAR Skalen des AEQ (Hasenbring et al., 2009) und die
schmerzbezogene Angst mithilfe des TSK (Rusu et al., in Vorbereitung) erfasst. Die
Endurance bezogenen Reaktionen der Patienten wurden mit den Endurance bezogenen
Skalen des AEQ erfasst.
Klassifizierung der Response-Pattern bei erlebten Schmerzen
Die Response-Pattern der Probanden wurden mithilfe der erreichten Werte in den
Skalen TSS und BES im AEQ sowie dem Gesamtwert im BDI gebildet (Hasenbring,
Hallner, Klasen, Streitlein-Böhme, Willburger & Rusche, 2012; Hasenbring & Verbunt,
2010). Werte in TSS 3.5 oder BES9 3.5 wurden als ER-RP klassifiziert. Bei einem
TSS Wert von <3.5 und einem BES Wert von <3.5 in Verbindung mit einem BDI Wert
8 Eine genaue Darstellung der dot-probe Aufgabe, der Berechnung der Indizes zur Erfassung des
Aufmerksamkeitsbias sowie eine detaillierte Beschreibung der hier verwendeten Instrumente sind in
Abschnitt III.1.2.2 zu finden. Auf eine Wiederholung dieser Inhalte wird an dieser Stelle verzichtet.
9 Es werden hier ausschließlich die Angaben bei schweren Schmerzen berücksichtigt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
116
von 9 wurden die Reaktionen des Probanden als FAR-RP klassifiziert. Bei einem
Wert von TSS<3.5 und BES <3.5 in Verbindung mit einem BDI Wert von <9 wurde ein
AR-RP klassifiziert.
2.2.3 Untersuchungsablauf
Der Untersuchungsablauf entsprach dem Ablauf der hier dargestellten ersten
Untersuchung. Es wurde dabei besonderer Wert darauf gelegt, den Ablauf dieser
Untersuchung bestmöglich dem der ersten Untersuchung anzugleichen, um die
Wahrscheinlichkeit systematischer Effekte zu reduzieren, die auf
Untersuchungsunterschiede zurückgeführt werden können. Folglich bekamen die
Untersuchungsteilnehmer auch in dieser Studie vor der Durchführung des eigentlichen
Aufmerksamkeitsexperiments eine Einladung zur Untersuchung sowie die
Sozialanamnese, die Schmerzanamnese, den Chronic Pain Grade Fragebogen und den
AEQ per Post zugesandt. Die Unterlagen wurden ausgefüllt in einem frankierten
Rückumschlag zurück gesendet.
Vor der Durchführung der dot-probe Aufgabe wurden die Probanden instruiert, die
Fragebögen STAI, TSK, FABQ und BDI in Papierversion auszufüllen. Alle weiteren
Instruktionen erfolgten über den PC-Monitor. Nach dem Ausfüllen der Fragebögen
wurden die Probanden instruiert, die Bilder aus dem PHODA zu bewerten, um im
Anschluss daran am dot-probe Test teilzunehmen10
.
2.2.4 Stichprobe
Das Einschlusskriterium für die CLBP Stichprobe war (1) Erleben von
Rückenschmerzen innerhalb der letzten sechs Monate. Für beide Gruppen galt zudem
das Einschlusskriterium (2) Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Als Ausschlusskriterien
galten für beide Stichproben (1) gravierende Beeinträchtigungen der Seh- oder
Hörfähigkeit, (2) unzureichende Sprachkenntnisse in Deutsch, (3) gravierende
10 Auf eine detaillierte Darstellung des Untersuchungsablaufs wird hier verzichtet, da diese dem Ablauf
im ersten Experiment glich und bereits ausführlich in Abschnitt III.1.2.3 dargestellt ist.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
117
psychiatrische Auffälligkeiten basierend auf Selbstauskunft, (4) Alkohol- oder andere
Drogenprobleme basierend auf Selbstauskunft und (5) andere schwere Erkrankungen
basierend auf Selbstauskunft (s. Anhang C).
Die Probanden wurden über Anzeigen in lokalen Zeitungen und Zeitschriften sowie
Aushängen in Apotheken und Physiotherapiepraxen rekrutiert.
Alle Probanden unterschrieben eine Einverständniserklärung (s. Anhang A), in der Teile
des experimentellen Designs erklärt waren. Die Probanden hatten während der
Versuchsdurchführung keine Kenntnis über die Hypothesen des Experiments. Die
vollständige Aufklärung erfolgte unverzüglich nach Beendigung des Experiments. Der
Versuch wurde von der Ethik- Kommission der Ruhr-Universität Bochum genehmigt.
2.2.5 Statistische Datenanalyse
Zur Überprüfung der in Abschnitt II.2.1 formulierten Hypothesen wurden die gewonnen
Daten varianzanalytisch und korrelativ ausgewertet11
. Alle statistischen Analysen
erfolgten mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 19 für Windows.
Aufgrund ökologischer Überlegungen durch die Komplexität der Erfordernisse für die
unterschiedlichen Fragestellungen sowie aufgrund einer erhöhten Schwierigkeit bei der
Rekrutierung von klinischen Stichproben mit den spezifischen erforderten Merkmalen
(hier die spezifischen Response-Pattern), wurde der Stichprobenumfang angepasst.
Hierfür wurde eine Power-Analyse nach der Compromise-Methode berechnet. Der
Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie bei klinischen Untersuchungen die Vorgabe
einer Stichprobengröße ermöglicht, wenn die Rekrutierung sich beispielsweise aufgrund
der vielfältigen Einschlusskriterien der untersuchten Patienten (hier spezifische
Response-Pattern bei CLBP-Patienten) als schwierig erweist. Es wurde ein α/β-
Verhältnis=1, eine Stichprobengröße von N=56, eine Effektstärke von f=0.25 bei drei
Gruppen (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) und dem Faktor Wort-Typ (schmerzassoziiertes
11 Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse und der Korrelationsanalyse
sowie die Vorgehensweise im Falle der Verletzung dieser sind in Abschnitt III.1.2.4 dargestellt und
werden daher hier nicht noch einmal wiederholt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
118
vs. schmerzneutrales Material) für eine ANOVA mit Messwiederholung voreingestellt.
Bei einem Stichprobenumfang von 56 Probanden insgesamt, lag die Power=0.933
(λ=14) bei einer α/β-Fehlerwahrscheinlichkeit=0.067.
Es wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen (standard deviation, SD) für die
erhobenen Merkmale für die CLBP-Patientengruppe und für die Kontrollgruppe
berechnet, um einerseits die Stichproben beschreiben und andererseits
Gruppenunterschiede in den Merkmalsausprägungen erfassen zu können.
Die Leistungen der Probanden wurden sukzessive in drei Analyseschritten ausgewertet.
Im ersten Schritt wurden die Gruppenunterschiede in den subjektiven Daten in
Abhängigkeit von den Response-Pattern der Probanden mithilfe einer multivariaten
Varianzanalyse im einfaktoriellen Design überprüft. Die unabhängige Variable stellte
dabei der Response-Pattern (AR-RP, ER-RP, FAR-RP) der Probanden dar. Die
abhängigen Variablen waren die Merkmalausprägungen in den individuellen
Charakteristika der Probanden (vgl. klinisch-medizinische und klinisch-psychologische
Parameter in Abschnitt III.1.2.2). Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung
einer Varianzanalyse sind mindestens das Intervallskalenniveau für die abhängigen
Variablen, mindestens Nominalskalenniveau für die unabhängigen Variablen
(Faktoren), die Varianzhomogenität und die Normalverteilung der Grundgesamtheit
(Backhaus et al., 2000; Bortz, 2005). Die Varianzhomogenität wurde mithilfe des
Levene Tests überprüft. Die Normalverteilung der Werte in der Grundgesamtheit wurde
aufgrund seiner hohen Güte mithilfe des Shapiro-Wilk Tests überprüft (Seier, 2002;
Razali & Wah, 2011). Im Falle der Verletzung der Voraussetzungen für die Berechnung
einer Varianzanalyse wurde ein non-parametrischer Kruskal-Wallis H-Test
durchgeführt, mit dem der Vergleich zwischen mehr als zwei unabhängigen Stichproben
möglich ist.
In einem zweiten Schritt wurde der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von den
Response-Pattern betrachtet. Hierfür wurden die Bewertungen der Bilder aus der
PHODA in einer Varianzanalyse mit Messwiederholung in Abhängigkeit der Response-
Pattern untersucht. Die Leistungen der Probanden im Bias Index in Abhängigkeit von
ihren Response-Pattern wurden mithilfe einer einfaktoriellen univariaten
Varianzanalyse ausgewertet. Die abhängige Variable stellte dabei der Bias Index dar.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
119
Die unabhängige Variable war das Response-Pattern (FAR-RP, ER-RP, AR-RP) der
CLBP-Patienten.
Die erhobenen Werte im Kongruenz Index und im Inkongruenz Index wurden getrennt
jeweils in einem 2x3-Design mithilfe einer Varianzanalyse mit Messwiederholung
ausgewertet. Der Innersubjekt-Faktor war der Trial-Typ mit den Faktorstufen neutraler
vs. kongruenter bzw. neutraler vs. inkongruenter Trial. Das Response-Pattern (AR-RP,
ER-RP bzw. FAR-RP) der Probanden stellte den Zwischensubjekt-Faktor dar.
Die Variablen Geschlecht und Alter wurden, im Falle einer signifikanten Korrelation
mit den Indizes, jeweils als Kovariate in den jeweiligen Varianzanalysen berücksichtigt.
Weiterhin wurde die Kenngröße η² (Eta Quadrat) für die Effektstärke (Anteil des
Faktors an der Gesamtvarianz) herangezogen.
Die Mittelwertunterschiede der Response-Pattern wurden mithilfe von Post-Hoc-
Analysen miteinander vergleichen. Es wurde der Bonferroni-Test berechnet, der auch
bei Varianzanalysen mit messwiederholten Daten anwendbar ist (Rasch et al., 2010).
Im dritten Schritt wurden die Zusammenhänge der Indizes mit den hier erhobenen
psychologischen Merkmalen überprüft. Hierfür wurde eine bivariate
Korrelationsanalyse (Korrelationskoeffizient nach Pearson) berechnet. Der Pearson-
Korrelationskoeffizient dient der Erfassung eines linearen Zusammenhangs zwischen
zwei mindestens intervallskalierten Merkmalen. Weitere Voraussetzung für diesen
Koeffizienten ist eine annähernde Normalverteilung der Merkmale. Im Falle der
Verletzung der Prämissen zu Berechnung der Pearson Korrelationskoeffizienten wurde
der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman berechnet. Im Falle gerichteter
Hypothesen wurde die Signifikanz einseitig, im Falle ungerichteter Annahmen wurde
diese zweiseitig überprüft. Für alle Berechnungen wurde aufgrund des Pilot-Charakters
der Untersuchung ein Alphakriterium von α<0.05 vorgegeben.
2.2.6 Datenschutz und Objektivität
Bei der Durchführung der Untersuchung blieb die Gruppenzugehörigkeit der Probanden
gegenüber dem Versuchsleiter unbekannt, um eine möglichst hohe
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
120
Durchführungsobjektivität zu gewährleisten. Die Auswertung der Daten erfolgte aus
Gründen des Datenschutzes und zugunsten einer möglichst hohen
Auswertungsobjektivität in anonymer Form. Jedem Probanden wurde eine
Versuchspersonennummer zugeteilt, unter welcher die Daten statistisch ausgewertet
wurden.
2.3 Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. Es folgt
zunächst eine Analyse der deskriptiven Charakteristika der CLBP in Abhängigkeit von
ihren Response-Pattern. Anschließend werden die Ergebnisse aus den Analysen zur
Überprüfung der einzelnen Hypothesen dargestellt.
2.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe
Insgesamt nahmen 56 CLBP-Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren ( x , 45.48
Jahre; SD, 11,38) an der vorliegenden Untersuchung teil (s. Tabelle 12). Die Stichprobe
setzte sich aus 27 männlichen und 29 weiblichen Personen zusammen. Die Patienten
gaben eine Schmerzdauer zwischen 9 Monaten und 34 Jahren an (durchschnittliche
Dauer 14.78 Jahre; SD=9.07 Jahre). Die Schmerzintensität wurde auf einer 100-mm
NRS (mit den Endpunkten „0“ = kein Schmerz und „10“ = stärkster vorstellbarer
Schmerz) eingeschätzt. Die durchschnittliche Schmerzintensität zum Zeitpunkt der
Versuchsdurchführung lag bei 3.5 mm (SD, 2.12).
Die soziodemographischen Daten sind für die Gruppen getrennt nach den Response-
Pattern der Patienten (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) in Tabelle 11 dargestellt.
Es konnten keine Unterschiede hinsichtlich der Geschlechterverteilung (p>0.05) oder
der Altersverteilung (F(2,53)=0.098; p>0.05) in Abhängigkeit von den Response-
Pattern der untersuchten Personen festgestellt werden. Auch in den anderen
soziodemographischen Daten (Staatsangehörigkeit, Schulabschluss, Erwerbstätigkeit,
Familienstand, Wohnsituation, Rentensituation) zeigten sich keine signifikanten
Unterschiede (p>0.05) zwischen den Patienten in Abhängigkeit ihrer Response-Pattern.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
121
Tabelle 11. Soziodemographische Merkmale der Stichprobe. Darstellung der absoluten (N) und
relativen (%) Häufigkeiten getrennt nach den Response-Pattern der untersuchten Probanden.
AR-RP
N = 19
ER-RP
N = 28
FAR-RP
N = 9
Häufigkeit (%)
Häufigkeit (%) Häufigkeit (%)
Geschlecht
Weiblich 8 (42.1) 17 (60.7) 4 (44.4)
Männlich 11 (57.9) 11 (39.3) 5 (55.6)
Staatsangehörigkeit
deutsch 19 (100) 28 (100) 8 (88.9)
andere 0 (0) 0 (0) 1 (11.1)
Familienstand
verheiratet 8 (42.1) 16 (57.1) 7 (77.8)
ledig 6 (31.6) 7 (25.0) 0 (0)
ledig, in fester Partnerschaft 1 (5.3) 2 (7.1) 2 (22.2)
geschieden, getrennt lebend 3 (15.8) 1 (3.6) 0 (0)
verwitwet 1 (5.3) 2 (7.1) 0 (0)
Wohnsituation
allein lebend 5 (26.3) 6 (21.4) 2 (22.2)
mit Partner lebend 4 (21.1) 9 (32.1) 3 (33.3)
mit Partner und Kindern
lebend
6 (31.6) 10 (35.7) 4 (44.4)
ohne Partner mit Kindern
lebend
1 (5.3) 1 (3.6) 0 (0)
mit den Eltern lebend 2 (10.5) 2 (7.1) 0 (0)
in Wohngemeinschaft lebend 1 (5.3) 0 (0) 0 (0)
Schulabschluss
Abitur 9 (47.4) 7 (25.0) 4 (44.4)
Fachhochschulabschluss 4 (21.1) 2 (7.1) 4 (44.4)
Realschulabschluss 4 (21.1) 8 (28.6) 1 (11.1)
Polytechnischer
Schulabschluss
0 (0) 1 (3.6) 0 (0)
Hauptschulabschluss 2 (10.5) 9 (32.1) 0 (0)
Kein Abschluss 0 (0) 1 (3.6) 0 (0)
Berufsausbildung
Universität 5 (26.3) 2 (7.1) 1 (11.1)
Fachhochschule 1 (5.3) 0 (0) 3 (33.3)
Fachschule 3 (15.8) 7 (25.0) 1 (11.1)
Lehre 7 (36.8) 16 (57.1) 3 (33.3)
andere 2 (10.5) 0 (0) 1 (11.1)
keine 1 (5.3) 3 (10.7) 0 (0)
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
122
Erwerbstätigkeit
ja, ganztags 10 (52.6) 12 (42.9) 6 (66.7)
ja, mindestens halbtags 1 (5.3) 5 (17.9) 1 (11.1)
ja, weniger als halbtags 6 (31.6) 2 (7.1) 0 (0)
nein, in Ausbildung 0 (0) 1 (3.6) 0 (0)
nein, Hausfrau 0 (0) 3 (10.7) 2 (22.2)
nein, arbeitslos/ erwerbslos 1 (5.3) 1 (3.6) 0 (0)
nein, anderes 1 (5.3) 4 (14.3) 0 (0)
Rente
nein 17 (89.5) 24 (85.7) 8 (88.9)
ja, auf Zeit 0 (0) 1 (3.6) 0 (0)
ja, endgültig 2 (10.5) 3 (10.7)
1 (11.1)
Die individuellen Charakteristika sind für die Gruppen getrennt nach den Response-
Pattern der Patienten (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) in Tabelle 12 dargestellt.
Signifikante Unterschiede in den individuellen Charakteristika der Patienten in
Abhängigkeit ihrer Response-Pattern zeigten sich erwartungsgemäß im BDI (χ²=
26,968; df=2; p<0.001), da dieser zur Klassifikation herangezogen worden war.
Patienten mit einem AR-RP wiesen deutlich geringere BDI-Werte auf als Patienten mit
einem ER-RP bzw. einem FAR-RP. Im STAI zeigten sich sowohl in der State-Skala
(F(2,53)=6.622; p<0.005) als auch in der Trait-Skala (F (2,53)=5.408; p<0.01)
signifikante Unterschiede zwischen den Probanden in Abhängigkeit von ihren
Response-Pattern. Der Post-Hoc-Test zeigte, dass Patienten mit einem FAR-RP sowohl
deutlich höhere State- als auch eine deutlich höhere Trait-Angst aufweisen, als
Patienten mit einem AR-RP (p<0.005 bzw. p<0.01), sowie eine höhere State-Angst als
Patienten mit einem ER-RP (p<0.05). Weiterhin zeigte sich ein signifikanter
Unterschied zwischen den Patienten in Abhängigkeit ihrer Response-Pattern in Hinsicht
der charakteristischen Schmerzintensität (F(2,53)=3.458, p<0.05). Über den Post-Hoc-
Test konnte ein tendenzieller Unterschied zwischen der ER-RP und AR-RP (p<0.08)
festgestellt werden.
Im AEQ zeigten sich erwartungsgemäß signifikante Unterschiede zwischen den
Response-Pattern klassifizierten Probandengruppen in der Skala ADS (F(2,53)=5.062;
p<0.01). Patienten mit einem ER-RP wiesen hier deutlich höhere Werte auf als
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
123
Patienten mit einem AR-RP (p<0.01). Im HHS zeigte sich ebenfalls ein signifikanter
Unterschied zwischen den Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern
(F(2,53)=4.193; p<0.05). Die Patienten mit einem ER-RP wiesen deutlich höhere Werte
auf, als Patienten mit einem AR-RP (p<0.05). In der TSS zeigten sich ebenfalls
signifikante Unterschiede in Abhängigkeit der Response-Pattern der Patienten
(F(2,53)=30.532; p<0.001). Dabei wiesen erwartungsgemäß Patienten mit einem ER-RP
höhere Werte auf als Patienten mit einem AR-RP (p<0.001) und einem FAR-RP
(p<0.001). In der CTS (χ²=6.989; df=2; p<0.05) zeigten sich signifikante Unterschiede
zwischen den Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern. In erster Linie
erreichten Patienten mit einem ER-RP höhere Werte als Patienten mit einem AR-RP. In
der APAS2 zeigte sich ebenfalls ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen
(F(2,53)=2.436; p<0.01). Im Post-Hoc-Test erreichten die Unterschiede zwischen den
Gruppen keine statistische Signifikanz. In der BES1 (F(2,53)=17.014; p<0.001) zeigten
sich signifikante Unterschiede zwischen den Subgruppen, die darauf zurück zuführen
waren, dass Patienten mit einem ER-RP sowohl signifikant höhere Werte auf als
Patienten mit einem AR-RP (p<0.001) als auch höhere Werte als Patienten mit einem
FAR-RP (p<0.05). In der Skala BES2 (F(2,53)=18.29; p<0.001) waren ebenfalls
signifikante Gruppenunterschiede zu verzeichnen. Auch hier wiesen Patienten mit
einem ER-RP sowohl signifikant höhere Werte auf als Patienten mit einem AR-RP
(p<0.001) als auch höhere Werte als Patienten mit einem FAR-RP (p<0.001). In der
PPS1 zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen (F(2,53)=20.311;
p<0.001), die darauf zurückzuführen waren, dass Patienten mit einem AR-RP
signifikant niedrigere Werte aufwiesen als Patienten mit einem ER-RP (p<0.001) und
tendenziell niedrigere Werte als Patienten mit einem FAR-RP (p<0.06). Tendenziell
zeigte ER-RP zudem höhere Werte als Patienten mit einem FAR-RP (p<0.07). In der
PPS2 waren ebenfalls signifikante Unterschiede zu verzeichnen (F(2,53)=24.317;
p<0.001). Hier erreichten Patienten mit einem ER-RP signifikant höhere Werte als
Patienten mit einem AR-RP (p<0.001) oder einem FAR-RP (p<0.005). In der HDS1
zeigten sich ebenfalls tendenzielle Unterschiede zwischen den Gruppen (F(2,53)=2.859;
p<0.07). Im Post-Hoc-Test zum paarweisen Vergleich zwischen den AEM Gruppen
erreichten die Unterschiede keine statistische Signifikanz. Schließlich zeigten sich in
der HDS2 signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen (F(2,53)=4.013; p<0.05).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
124
Diese gingen darauf zurück, dass in der Tendenz Patienten mit einem ER-RP höhere
Werte erreichten als Patienten mit einem AR-RP (p<0.10) und einem FAR-RP (p<0.10).
Tabelle 12. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) in den individuellen
Charakteristika der Probanden getrennt nach ihren Response-Pattern (fear-avoidance related
response pattern (FAR-RP; N=9), endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive
response pattern (AR-RP; N=19)).
AR-RP
N = 19
ER-RP
N = 28
FAR-RP
N = 9
( x ± SD) ( x ± SD) ( x ± SD)
Beck Depressions-Inventar (BDI) 2.74 ± 2.08 9.46 ± 7.73 14.44 ± 6.17
State-Trait Angst Inventar (STAI)
State 32.63 ± 6.18 35.25 ± 8.38 45 ± 12.54
Trait 34.63 ± 9.73 39.89 ± 11.75 48.67 ± 7.94
Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) 30.26 ± 7.22 32.61 ± 6.23 35 ± 5.77
Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)
körperliche Aktivität als Ursache 3.32 ± 1.68 2.94 ± 1.06 3.49 ± 0.96
Arbeit als Ursache 1.98 ± 1.81 2.11 ± 1.58 1.94 ± 1.08
Arbeitsprognose 0.82 ± 1.68 0.94 ± 1.6 1.02 ± 1.51
Gesamtwert 1.45 ± 1.63 1.58 ± 1.4 1.53 ± 1.09
Avoidance Endurance Questionnaire (AEQ)
Endurance Related Responses
Heitere Stimmung Skala (PMS) 3.84 ± 1.55 3.06 ± 1.63 2.93 ± 1.74
Durchhalteappelle (TSS) 1.49 ± 1.14 4.18 ± 1.44 1.28 ± 1.28
Durchhaltestrategien 1 (BES1) 2.7 ± 0.7 3.92 ± 0.78 3.17 ± 0.50
Durchhaltestrategien 2 (BES2) 2.27 ± 0.54 3.54 ± 0.93 2.45 ± 0.43
Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 2.91 ± 1.11 3.52 ± 1.01 2.82 ± 0.70
Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 2.22 ± 0.97 2.99 ± 1.3 1.98 ± 0.9
Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) 2.55 ± 0.88 4.21 ± 0.9 3.41 ± 0.82
Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) 2.31 ± 0.8 3.93 ± 0.83 2.79 ± 0.71
Fear-Avoidance Related Responses
Angst-Depression Skala (ADS) 1.08 ± 1.24 2.37 ± 1.45 2.17 ± 1.56
Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) 1.02 ± 0.89 2.06 ± 1.29 1.62 ± 1.52
Katastrophisieren (CTS) 0.07 ± 0.18 0.70 ± 1.13 0.48 ± 0.82
Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) 0.34 ± 0.63 0.77 ± 1.02 0.54 ± 0.89
Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) 1.65 ± 1.64 1.74 ± 1.55 2.41 ± 1.58
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1
(APAS1)
1.64 ± 1.11 1.82 ± 1.38 2.11 ± 0.87
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
125
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2
(APAS2)
3.83 ± 1.47 3.44 ± 1.39 4.58 ± 0.97
Chronic Pain Grade Fragebogen
Charakteristische Schmerzintensität 45.32 ± 19.10 55.83 ± 14.09 44.41 ± 9.00
Disability-Score 28.93 ± 24.27 38.04 ± 25.76 33.63 ± 21.75
Disability-Days 0.53 ± 0.96 0.79 ± 1.2 0.56 ± 1.01
Chronic Pain Grade 1.68 ± 1.06 2.25 ± 1.00 1.67 ± 1.00
2.3.1 Der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit der schmerzbezogenen
Response-Pattern
Im folgenden Auswertungsschritt wurden die Unterschiede der CLBP-Patienten in
ihrem Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern
varianzanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse aus den Bewertungen der Bilder aus der
sind für die Patienten getrennt nach ihren Response-Pattern in Tabelle 13 dargestellt.
Zur Kontrolle der Bewertung der Bilder aus dem PHODA wurden diese getrennt für die
CLBP-Patienten und die gesunde Kontrollgruppe betrachtet und miteinander verglichen.
Die Ergebnisse sind für die CLBP-Patienten und die gesunden Kontrollprobanden in
Tabelle 5 dargestellt. Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der
Unterschiede in den Bewertungen der PHODA Bilder, in der die Bildkategorie als
Innersubjektfaktor (hochbedrohlich vs. niedrig bedrohlich) und der Faktor Response-
Pattern (AR-RP vs. ER-RP vs. FAR-RP) als Zwischensubjektfaktor eingingen, zeigte
einen signifikanten Haupteffekt für die Bildkategorie (F(1,53)=336.788; p<0.001;
η²=0.864), nicht jedoch für den Faktor Response-Pattern (p>0.05). Die
hochbedrohlichen Bilder wurden erwartungsgemäß als deutlich bedrohlicher bewertet
als die niedrig bedrohlichen Bilder. Die durchschnittliche Bewertung der hoch
bedrohlichen Bilder aus der PHODA lag bei den Personen mit einem AR-RP bei 69.45
(SD, 31.65) und bei den Personen mit einem ER-RP bei 81.76 (SD, 24.31) und bei den
Personen mit einem FAR-RP bei 79.78 (SD, 24.95). Die durchschnittliche Bewertung
der Bilder, die am wenigsten bedrohlich eingeschätzt wurden, lag bei den Personen mit
einem AR-RP bei 0.02 (SD, 0.06), bei denen mit einem ER-RP 1.78 (SD, 4.41) bei und
bei denen mit einem FAR-RP bei 0.73 (SD, 1.5). Die Bewertungen der Bilder
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
126
unterschieden sich nicht in Abhängigkeit von den Response-Pattern (p>0.05). Ebenso
zeigte sich keine Bildkategorie x Response-Pattern Interaktion (p>0.05).
Tabelle 13. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) in den Bewertungen
der Bilder aus der PHODA sowie den individuellen Charakteristika der Probanden getrennt nach
ihren Response-Pattern (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9), die endurance
related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive response pattern (AR-RP; N=19)).
AR-RP
N=19
( x ± SD)
ER-RP
N=28
( x ± SD)
FAR-RP
N=9
( x ± SD)
Ratings für die als hoch-bedrohlich
bewerteten Bilder
69.45 ± 31.65 81.76 ± 24.31 79.78 ± 24.95
Ratings für die als niedrig-bedrohlich
bewerteten Bilder
0.02 ± 0.06 1.78 ± 4.41 0.73 ± 1.50
Die Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten in den
kongruenten, inkongruenten und neutralen Durchgängen sowie der erreichten Werten
im Bias Index sind für die Probanden getrennt nach den jeweiligen Response-Pattern im
Sinne des AEM in Tabelle 14 dargestellt.
Es wurde in der 1. Hypothese angenommen, dass sich der Aufmerksamkeitsbias bei
CLBP-Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern nach dem AEM zeigt.
Dabei wurde vermutet, dass die Probanden mit ER-RP und FAR-RP insgesamt stärkere
Verzerrungen in der Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen als
Probanden mit einem AR-RP. Im speziellen sollten im Vergleich zu den Probanden mit
einem AR-RP oder ER-RP, Probanden mit einem FAR-RP, höhere Werte im CI
aufweisen. Patienten mit einem ER-RP sollten dagegen im Vergleich zu den Probanden
mit einem FAR-RP oder AR-RP höhere Werte im ICI aufweisen.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
127
Die Varianzanalyse zur Überprüfung der Unterschiede zwischen den Leistungen der
Probanden in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern zeigte im BI keinen
Haupteffekt des Zwischensubjektfaktors Response-Pattern (p>0.05).
In die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede der
Reaktionszeiten in den kongruenten im Vergleich zu neutralen Durchgängen wurde die
Variable Geschlecht als Kovariate aufgenommen. Die Analyse zeigte weder einen
Haupteffekt für Trial-Typ (p>0.05) noch einen Haupteffekt für Response-Pattern
(p>0.05). Auch die Trial-Typ x Response-Pattern Interaktion erreichte keine statistische
Signifikanz (p>0.05).
In die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Unterschiede der
Reaktionszeiten in den inkongruenten Durchgängen im Vergleich zu den neutralen
Durchgängen wurden die Variablen Geschlecht und Alter als Kovariaten aufgenommen.
Es fand sich weder ein Haupteffekt für Trial-Typ (p>0.05) noch ein Haupteffekt für
Response-Pattern (p>0.05). Auch die eine Trial-Typ x Response-Pattern Interaktion
erreichte keine statistische Signifikanz (p>0.05).
Tabelle 14. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) der Reaktionszeiten
in kongruenten, inkongruenten und neutralen Durchgängen sowie im Bias Index getrennt nach den
Response-Pattern der Probanden (fear-avoidance related response pattern (FAR-RP; N=9), die
endurance related response pattern (ER-RP; N=28) und adaptive response pattern (AR-RP;
N=19)).
AR-RP
N=19
( x ± SD)
ER-RP
N=28
( x ± SD)
FAR-RP
N=9
( x ± SD)
Bias Index 24.71 ± 19.20 8.13 ± 44.95 11.05 ± 48.90
Congruency Index 446.84 ± 96.65 474.71 ± 108.32 489.93 ± 140.88
Incongruency Index 471.55 ± 99.94 482.84 ± 109.54 500.98 ± 142.16
Neutraler Index 436.21 ± 88.41 457.20 ± 105.63 484.74 ± 166.95
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
128
2.3.1 Die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und den
klinisch-medizinischen und klinisch-psychologischen Merkmalen der
Probanden
Zur Überprüfung der Hypothesen zwei bis fünf wurden im nächsten Auswertungsschritt
die Zusammenhänge zwischen den individuellen Charakteristika der untersuchten
Patienten und den verschiedenen Indikatoren eines Aufmerksamkeitsbias mithilfe einer
bivariaten Korrelationsanalyse überprüft. Die Ergebnisse aus den Korrelationsanalysen
der Aufmerksamkeitsvariablen und den individuellen Charakteristika der CLBP-
Patienten sind in Tabelle 15 dargestellt.
In der 2. Hypothese wurde erwartet, dass ein höheres Ausmaß der FOP bzw. der FAR
mit einem stärkeren Aufmerksamkeitsbias einhergeht. Dies sollte sich in einer stärkeren
Vermeidung und einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie in
größeren Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen zeigen. Die
Korrelationsanalysen zur Überprüfung dieser Hypothese zeigte signifikante negative
Zusammenhänge zwischen dem BI und der AEQ-Skala ADS (r=-0.231, p<0.05) des
AEQ sowie dem BI und dem FABQ-Gesamtwert (r=-0.223, p<0.05) und der Skala
FABQ-Arbeit als Ursache (r=-0.259, p<0.05). Marginale negative Zusammenhänge
zeigten sich zwischen dem BI und dem TSK (r=-0.196, p<0.10) sowie der AEQ-Skala
CTS (r=-0.182, p<0.10). Für den ICI fand sich eine marginale Korrelation mit der Skala
FABQ-körperliche Aktivität als Ursache (r=-0.190, p<0.10).
In der 3. Hypothese wurde angenommen, dass sich eine positive Korrelation zwischen
der ER und dem Aufmerksamkeitsbias zeigt. Der BI korrelierte signifikant positiv mit
der AEQ-Skala PMS (r=0.230, p<0.05). Der CI korrelierte signifikant positiv mit der
AEQ-Skala PPS1 (r=0.264, p<0.05). Ein marginaler positiver Zusammenhang zeigte
sich zwischen dem CI und der AEQ-Skala BES1 (r=0.217, p<0.10). Beim ICI zeigte
sich eine signifikante positive Korrelation mit der AEQ-Skala PPS1 (r=0.250, p<0.05).
Ein marginaler positiver Zusammenhang fand sich zwischen dem ICI und der AEQ-
Skala BES1 (r=0.209, p<0.10).
In der 4. Hypothese wurde erwartet, dass sich eine positive Korrelation zwischen der
Disability und dem Aufmerksamkeitsbias der Patienten zeigt. Die Korrelationsanalyse
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
129
zur Überprüfung dieser Hypothese zeigte marginale negative Zusammenhänge
zwischen dem BI und dem Disability-Score (r=-0.214, p<0.10) sowie zwischen dem BI
und dem Chronic Pain Grade (r=-0.212, p<0.10).
In der 5. Hypothese wurde angenommen, dass allgemeine Distress-Variablen mit einem
Aufmerksamkeitsbias assoziiert sind. Die Korrelationsanalysen zur Überprüfung dieser
Hypothese zeigte signifikante negative Zusammenhänge zwischen dem BI und dem
BDI (r=-0.316, p<0.05) sowie der Trait-Skala des STAI (r=-0.272, p<0.05).
Tabelle 15. Darstellung der Korrelationen zwischen den individuellen Charakteristika der CLBP-
Patienten (N=56) und dem Bias Index, Congruency Index und dem Incongruency Index.
Bias
Index
Congruency
Index
Incongruency
Index
Geschlecht b, c
-0.060 -0.286* -0.284
*
Alter c 0.058 0.253
+ 0.271
*
Beck Depressions-Inventar (BDI) c -0.316
* 0.189 0.076
State-Trait Angst Inventar (STAI) c
State 0.012 0.015 0.019
Trait -0.272* 0.118 0.021
Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) -0.196+ -0.057 -0.125
Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)
Körperliche Aktivität als Ursache -0.062 -0.170 -0.190+
Arbeit als Ursache -0.259* -0.076 -0.166
Arbeitsprognose b -0.160 -0.078 -0.082
Gesamtwert -0.223* -0.030 -0.108
Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)
Endurance Related Responses
Positive Stimmung Skala (PMS) 0.230* -0.020 0.061
Durchhalteappelle (TTS) -0.047 0.080 0.063
Durchhaltestrategien 1 (BES1) -0.017 0.217+ 0.209
+
Durchhaltestrategien 2 (BES2) -0.033 -0.020 -0.032
Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) 0.014 0.045 0.049
Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) 0.008 -0.041 -0.038
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
130
Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) -0.033 0.264* 0.250
*
Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) -0.056 0.002 -0.018
Fear-Avoidance Related Responses
Angst Depression Skala (ADS) -0.231* 0.070 -0.013
Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) -0.157 -0.068 -0.122
Katastrophisieren (CTS) b -0.182
+ 0.048 -0.071
Vermeidung sozialer Aktivitäten 1 (ASAS1) b -0.025 0.062 0.087
Vermeidung sozialer Aktivitäten 2 (ASAS2) -0.105 0.077 0.039
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1 (APAS1) -0.017 0.055 0.048
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2 (APAS2) -0.001 -0.003 -0.003
Chronic Pain Grade Fragebogen
Charakteristische Schmerzintensität -0.155 -0.023 -0.078
Disability-Score -0.214+ 0.056 -0.020
Disability-Days b -0.043 0.047 0.057
Chronic Pain Grade b -0.212
+ 0.045 -0.013
** p<0.01;
* p<0.05;
+ p<0.10; Korrelationskoeffizient nach Pearson;
b Korrelationskoeffizient nach
Spearman; c
Test auf Signifikanz: zweiseitig; N=56.
2.4 Zusammenfassende Bewertung
Basierend auf den in Kapitel II aufgeführten theoretischen Grundlagen zum CLBP und
zur Informationsverarbeitung wurde in diesem Kapitel der empirische Teil des zweiten
Experiments der vorliegenden Arbeit dargestellt. Ausgehend von allgemeinen
Fragestellungen, die aus den theoretischen Überlegungen abgeleitet wurden, wurden
anschließend konkrete Hypothesen für die Untersuchung expliziert.
Es wurde eine Untersuchung durchgeführt, in der die aufgestellten Hypothesen
überprüft wurden. In dieser Untersuchung wurden die Aufmerksamkeitsleistungen von
56 CLBP-Patienten in einer visuellen dot-probe Aufgabe mit idiosynkratisch
ausgewählten schmerzassoziierten und schmerzneutralen Bildern in Abhängigkeit von
den Response-Pattern der Patienten im Sinne des AEM (Hasenbring & Verbunt, 2010)
miteinander verglichen.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
131
Aus den Reaktionszeiten der Probanden wurden folgende Aufmerksamkeitsindikatoren
ermittelt: der Bias Index, der Kongruenz Index und der Inkongruenz Index. Weiterhin
wurden in Anlehnung an Hasenbring & Verbunt (2010) die schmerzspezifischen
Response-Pattern der CLBP-Patienten erfasst und die Indizes in Abhängigkeit dieser
Response-Pattern varianzanalytisch ausgewertet. Die Werte im Bias Index wurden
mithilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse, die Daten aus dem Kongruenz Index und
Inkongruenz Index wurden zusammen mit den Reaktionszeiten aus neutralen
Durchgängen jeweils mittels sukzessiver Varianzanalysen mit Messwiederholung
analysiert.
Die Überprüfung des verwendeten Stimulusmaterials (manipulation check) zeigte, dass
die untersuchten Personen die hoch-bedrohlichen Bilder aus der PHODA tatsächlich als
deutlich bedrohlicher eingeschätzten als die niedrig-bedrohlichen Bilder. Folglich
erwies sich das verwendete Stimulusmaterial bei den untersuchten Personen als
geeignet für die Erfassung des Informationsverarbeitungsbias.
In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Aufmerksamkeitsbias bei
CLBP-Patienten in Abhängigkeit von ihren Response-Pattern zeigt. Dabei wurde bei
Probanden mit den Response-Pattern ER und FAR insgesamt ein stärkerer
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material erwartet als bei Probanden mit
einem AR Response-Pattern. Während bei Probanden mit einem FAR Response-Pattern
in erster Linie eine stärkere Vermeidung aufweisen sollten, wurden bei Patienten mit
einer ER, deutlichere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen
erwartet.
Diese Annahmen konnten nicht bestätigt werden. Der Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material unterschied sich bei den untersuchten CLBP-Patienten
nicht voneinander, weder in Abhängigkeit ihrer Response-Pattern noch in Abhängigkeit
davon, ob Vigilanzeffekte oder Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material
zu lösen, untersucht wurden.
In der vorliegenden Untersuchung wurde neben diesen Effekten der Response-Pattern
auf den Aufmerksamkeitsbias überprüft, inwieweit sich Assoziationen zwischen
individuellen schmerzbezogenen und schmerzunabhängigen Merkmalen der Probanden
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
132
und den unterschiedlichen Aufmerksamkeitseffekten zeigen. Hierfür wurden
Hypothesen (Hypothesen 2 bis 5) formuliert, die mit Hilfe von bivariaten
Korrelationsanalysen überprüft wurden.
In der 2. Hypothese wurde in Anlehnung an die erste in dieser Arbeit dargestellte
Untersuchung erwartet, dass mit zunehmender FAR sich eine geringere Vigilanz für
schmerzassoziiertes Material zeigt und die Vermeidung von schmerzassoziiertem
Material sowie die Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen, zunehmen. Die
Hypothese zur Vermeidung schmerzassoziierter Reize mit zunehmender FAR konnte
auf kognitiver und emotionaler Ebene bestätigt werden. Mit ausgeprägteren
Angstvermeidungsüberzeugungen, dass die Schmerzen durch die Arbeit verursacht
seien, sowie in der Tendenz auch mit zunehmenden katastrophisierenden Kognitionen,
dass die Schmerzen beispielsweise etwas Schlimmes zu bedeuten haben, wenden die
CLBP-Patienten ihre Aufmerksamkeit von dem schmerzassoziierten Material ab.
Ebenso fand sich eine tendenzielle Abwendung der Aufmerksamkeit mit zunehmender
Angst vor Bewegungsschmerz. In den emotionalen FAR (AEQ-bezogene Angst und
Depressivität) zeigte sich ebenfalls, dass eine zunehmende Vermeidung von
schmerzassoziierten Bildern gegeben ist. Eine Tendenz, Schwierigkeiten darin zu
haben, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen, zeigt sich entgegen der
Erwartung mit einer geringeren Angst-Vermeidungsüberzeugung, dass körperliche
Aktivitäten die Schmerzen verursachen.
Die 3. Hypothese dieser Untersuchung bezog sich auf die Assoziationen zwischen den
Aufmerksamkeitseffekten und den ER der Patienten. Aufgrund der Ergebnisse aus der
ersten Untersuchung wurde eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material
angenommen. Gleichzeitig wurde der Ergebnisse aus der ersten Untersuchung sowie
aufgrund eines erwarteten Rebound Effekts bei ER, insbesondere bei zunehmender
Gedankenunterdrückung, angenommen, dass Patienten mit höheren ER entsprechend
größere Schwierigkeiten zeigen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.
Sowohl eine geringere Vigilanz als auch deutlichere Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen, konnte in der vorliegenden Untersuchung
primär mit einer zunehmenden ER auf der behavioralen Ebene bestätigt werden. Mit
zunehmendem Durchhalten von Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen zeigten sich
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 2
133
sowohl eine geringere Vigilanz als auch deutlichere Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen.
Da die erste hier dargestellte Untersuchung zeigen konnte, dass ein positiver
Zusammenhang zwischen der Disability und dem Aufmerksamkeitsbias der Probanden
besteht, wurde in der 4. Hypothese der gleiche Effekt erwartet. Es zeigte sich, dass mit
zunehmender Beeinträchtigung tendenziell eine stärkere Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material auftritt.
In der 5. Hypothese wurde angenommen, dass allgemeine Distress-Variablen mit einem
Aufmerksamkeitsbias assoziiert sind. Es zeigte sich, dass sowohl mit zunehmend
depressiven Symptomen als auch mit zunehmender schmerz-unabhängigen Trait-Angst,
schmerzassoziierte Reize vermieden wurden.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
134
3 Experiment 3: Der Einfluss von Fear-Avoidance und
Endurance bezogenen Reaktionen auf den Gedächtnisbias für
schmerzassoziiertes Material
Aus den Ausführungen zu den bisherigen Forschungsbefunden zum Gedächtnisbias (s.
Abschnitt II.2.3.2) wurde deutlich, dass chronische Schmerzpatienten ein selektives
Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material aufweisen, sich dieser Gedächtnisbias
jedoch in Abhängigkeit von der Stimmungslage der Patienten zeigt. Der Schwerpunkt
der hier vorliegenden Untersuchung lag in der Erfassung des Gedächtnisbias für
verschiedene schmerzassoziierte und schmerzneutrale Wort-Typen bei CLBP-Patienten
im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden. Gleichzeitig war ein wichtiges Ziel der
Studie, die Zusammenhänge von ausgewählten Faktoren mit dem Gedächtnisbias zu
untersuchen. Dabei sollten einerseits allgemeine Distress-Faktoren (z.B. Depression und
Angst), andererseits jedoch auch schmerzspezifische Faktoren berücksichtigt werden,
denen in der Exazerbation und Aufrechterhaltung chronischer Rückenschmerzen eine
bedeutsame Rolle zugesprochen werden (z.B. schmerzbezogene Angst-Vermeidungs-
und Endurance-Reaktionen; s. Abschnitt II.1.3). In Hinsicht auf die
schmerzspezifischen Reaktionen sollten diese zum einen einzeln, zum anderen als
spezifische Response-Pattern erfasst und im Zusammenhang mit dem Gedächtnisbias
bei CLBP-Patienten untersucht werden.
3.1 Konkretisierung der Fragestellungen und Hypothesen
Unter Berücksichtigung der in Abschnitt II.2.3.2 dargestellten Ausführungen werden
folgende zentrale Fragestellungen formuliert:
Unterscheiden sich CLBP-Patienten und gesunde Kontrollpersonen in ihrem
Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Stimulusmaterial? Welche Zusammenhänge
bestehen zwischen den individuellen Charakteristika der Probanden und ihrem
Gedächtnisbias und beeinflussen die schmerzspezifischen Response-Pattern von CLBP-
Patienten ihren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material?
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
135
Diese zentralen Fragestellungen werden wie folgt ausdifferenziert:
1. Weisen CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein
stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter auf als für
neutrale Wörter?
2. Welchen Einfluss hat die Depressivität auf den Gedächtnisbias für
unterschiedliches schmerzassoziiertes Stimulusmaterial bei CLBP-Patienten im
Vergleich zu den gesunden Probanden?
3. Welchen Einfluss haben die individuellen Response-Pattern der CLBP-Patienten
auf ihren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material?
4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen schmerzbezogener Angst bzw.
schmerzspezifischen Angst-Vermeidungsreaktionen von CLBP-Patienten und
dem Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material?
5. Wie hängt der Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten mit ihren schmerzbezogenen
suppressiven Reaktionen zusammen?
6. Welche Assoziation besteht zwischen der schmerzbezogenen Disability und dem
Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten?
7. Hängt der allgemeine Distress mit dem Gedächtnisbias zusammen und wenn ja,
in welche Richtung weist dieser Zusammenhang?
Diese Fragestellungen werden im Folgenden durch Hypothesen konkretisiert und vor
dem Hintergrund des augenblicklichen Forschungsstands begründet.
Hypothese 1: Der Gedächtnisbias zeigt sich in Abhängigkeit des klinischen
Schmerzstatus der untersuchten Personen. Schmerzpatienten weisen im Vergleich zu
gesunden Kontrollpersonen ein stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte
Wörter auf als für neutrale Wörter.
Begründung: Es konnte gezeigt werden, dass Schmerzpatienten im Vergleich zu
gesunden Kontrollpersonen ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
136
aufweisen (Edwards et al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et
al. 1995; Pincus, 1998).
Hypothese 2: Der Gedächtnisbias der Probanden für affektive und sensorische
Schmerzwörter zeigt sich in Abhängigkeit von der Depressivität der Probanden.
Nichtdepressive Schmerzpatienten weisen ein selektives Gedächtnis für sensorische
Schmerzwörter auf, wohingegen depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis
sowohl für sensorische als auch für affektive Schmerzwörter aufweisen.
Begründung: Die aktuellen Forschungsbefunde weisen darauf hin, dass sich der
Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten in Abhängigkeit von dem Ausmaß der
Depressivität zeigt (Edwards et al., 1992; Pincus et al. 1995). Edwards et al. (1992)
konnten zeigen, dass nicht-depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis für
affektive Schmerzwörter aufweisen, depressive Schmerzpatienten dagegen ein
selektives Gedächtnis für sensorische und affektive Schmerzwörter.
Hypothese 3: Der Gedächtnisbias für schmerzassoziierte und schmerzneutrale Wörter
zeigt sich in Abhängigkeit der Response-Pattern der Probanden. Dabei erinnern
Patienten mit einem ER-RP mehr, Patienten mit einem FAR-RP dagegen weniger
schmerzassoziiertes Material. Bei Patienten mit einem AR-RP wird kein Unterschied in
der Gedächtnisleistung für die beiden Wort-Typen erwartet. Bei einer Unterscheidung
zwischen affektiven und sensorischen Schmerzwörtern im Vergleich zu
schmerzneutralen Wörtern zeigt sich der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den
Response-Pattern.
Begründung: Aus den vorherigen Untersuchungen dieser Dissertationsschrift geht
hervor, dass FAR mit einer Vermeidung von bedrohlichem Material assoziiert ist, so
dass die Annahme überprüft wird, dass Patienten mit einem FAR-RP generell
schmerzassoziiertes Material vermeiden und sich dieses Vermeidungsverhalten in den
reduzierten Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Material widerspiegelt.
Weiterhin kann vor dem Hintergrund des Rebound Phänomens davon ausgegangen
werden, dass bei Patienten mit einem ER-RP, der Versuch, Gedanken zu unterdrücken
scheitert und in einem selektiven Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material resultiert.
Bei Patienten mit einem AR-RP werden keine Unterschiede angenommen, da bei diesen
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
137
keine Vermeidung oder Suppression von schmerzassoziiertem Material erwartet wird.
Im Hinblick auf die affektiven bzw. sensorischen Schmerzwörter wird vor dem
Hintergrund der Schematheorien und der assoziativen Netzwerktheorie (s. Abschnitt
II.2.1) bei Patienten mit einem ER-RP und einem FAR-RP erwartet, dass sie im
Allgemeinen einen stärkeren Gedächtnisbias für die sensorischen bzw. affektiven
Schmerzwörter im Vergleich zu den neutralen Wörtern zeigen und dass dieser Bias bei
ihnen stärker ausgeprägt ist als bei Patienten mit einem AR-RP.
Hypothese 4: Die Fear of Pain bzw. Fear-Avoidance Single-Responses hängen negativ
mit den Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Material zusammen. Je höher das
Ausmaß der Fear of Pain bzw. der Fear-Avoidance Single-Responses ausfällt, umso
weniger wird bedrohliches Material wiedergegeben.
Begründung: Die aktuelle Befundlage konnte bisher einen solchen Zusammenhang
nicht bestätigen, jedoch besteht die Möglichkeit, dass ein existierender Effekt in den
vorherigen Untersuchungen aufgrund anderer unberücksichtigt gebliebener Variablen
oder Untersuchungsmerkmalen lediglich nicht gefunden wurde (β-Fehler). Folglich ist
ein Effekt nicht gänzlich auszuschließen und bedarf der weiteren Überprüfung. Zu
schmerzspezifischen FAR existieren soweit bekannt aktuell keine Untersuchungen,
welche die Zusammenhänge mit dem Gedächtnisbias überprüft haben. Auf Basis der in
Studie 1 und Studie 2 dargestellten Ergebnisse, wird mit zunehmender FOP bzw. FAR
eine Vermeidung von schmerzassoziiertem Material erwartet. Aufgrund der starken
Überschneidung der Konzepte FOP und FAR (Hasenbring et al., 2009), werden zudem
für FAR und FOP ähnliche Effekte erwartet.
Hypothese 5: Der Gedächtnisbias der Probanden hängt positiv mit ihren suppressiven
Single-Responses auf die Rückenschmerzen zusammen. Höhere ER sind mit einem
stärkeren selektiven Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material assoziiert.
Begründung: Aufgrund einer schemakongruenten Verarbeitung sowie der Annahme
eines Rebound Effekts kann vermutet werden, dass bei Patienten mit vermehrten ER ein
selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material besteht.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
138
Hypothese 6: Je höher die Disability ausfällt, umso weniger schmerzassoziierte Wörter
werden wiedergegeben. Folglich wird ein negativer Zusammenhang zwischen der
Disability und dem Gedächtnisbias erwartet.
Begründung: In der ersten Untersuchung der vorliegenden Dissertationsschrift zur
Überprüfung des Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten konnte gezeigt werden,
dass die Disability mit dem Aufmerksamkeitsbias der Probanden zusammenhängt.
Dabei zeigte sich eine stärkere Vermeidung von sowie eine geringere Vigilanz für
schmerzassoziiertes Material. Es wird vor diesem Hintergrund vermutet, dass ähnliche
Zusammenhänge zwischen der Disability der Probanden und weiteren Verzerrungen in
der Informationsverarbeitung, wie zum Beispiel dem Gedächtnisbias, bestehen.
Hypothese 7: Allgemeiner Distress ist mit einem Gedächtnisbias assoziiert ist.
Depressive Merkmale hängen positiv mit der Wiedergabe von sensorischen und
affektive Schmerzwörter zusammen.
Begründung: Eine gerichtete Hypothese kann hier für eine schmerzunabhängige Angst
nicht formuliert werden, da die bisherigen Befunde keine Zusammenhänge berichten
konnten. Ein möglicher Zusammenhang kann dennoch nicht gänzlich ausgeschlossen
werden, da Merkmale der Untersuchungen zu den Null-Ergebnissen und damit zur
mangelnden Befundlage geführt haben könnten. Folglich wird hier ein ungerichteter
Zusammenhang angenommen. Die aktuellen Forschungsbefunde weisen darauf hin,
dass depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis für sensorische und
affektive Schmerzwörter aufweisen (Edwards et al., 1992).
3.2 Methodik
Im folgenden Abschnitt soll die Methodik zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt
dargestellten Fragestellungen und Hypothesen erläutert werden. Hierfür werden dem
das Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen
Variablen, der Untersuchungsablauf und die Stichprobe sowie die statistische Analyse
und der Datenschutz der Untersuchung dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
139
3.2.1 Allgemeines Untersuchungsdesign
Zur Überprüfung der im vorherigen Abschnitt dargestellten Fragestellungen und
Hypothesen wurde eine quasiexperimentelle Querschnittuntersuchung durchgeführt.
Unter Laborbedingungen wurden die Gedächtnisleistungen von CLBP-Patienten mit
denen von gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Zuteilung der
Untersuchungsteilnehmer in die Experimental- bzw. Kontrollgruppe erfolgte in
Abhängigkeit von dem klinischen Schmerzstatus der Probanden. Die Kontrollstichprobe
und die Patientenstichprobe wurden in Hinsicht auf ihre soziodemographischen
Merkmale parallelisiert. Mithilfe von Fragebögen wurden die individuellen
Charakteristika sowie die schmerzbezogenen Response-Pattern der Patienten erfasst, um
ihre Zusammenhänge mit den Gedächtnisleistungen der Probanden sowie den Einfluss
der Response-Pattern auf ihren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material zu
erfassen.
3.2.2 Operationalisierung
Der Gedächtnisbias sowie die individuellen Charakteristika (soziodemographische,
klinisch-medizinische und klinisch-psychologische Parameter) wurden über
verschiedene subjektive und objektive Parameter operationalisiert. Es wurden in der
hier dargestellten dritten Untersuchung sowohl die gleichen Fragebögen wie auch der
gleiche Test zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias verwendet wie in der ersten
Untersuchung (s. Abschnitt II.1.2.2). Daher werden diese im Folgenden nur kurz
dargestellt.
Gedächtnisleistungen
Der Gedächtnisbias der Probanden wurde mithilfe einer free-recall Aufgabe erfasst. Das
Stimulusmaterial bestand aus insgesamt drei Wortlisten (s. Anhang L). Jede Wortliste
beinhaltete jeweils acht schmerzassoziierte (bestehend aus je vier sensorischen und vier
affektiven Schmerzwörtern) und acht schmerzneutrale Adjektive. Die
schmerzassoziierten Adjektive wurden aus der Schmerzempfindungs-Skala (SES;
Geissner, 1996) und der Hamburger Schmerz-Adjektiv-Liste (HSAL; Hoppe, 1991)
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
140
generiert. Für die Auswahl der schmerzneutralen Wörter des Experiments wurden aus
einer Liste mit 400 Adjektiven aus der Arbeit von Schwibbe und Kollegen (Schwibbe,
Räder, Schwibbe, Borchardt & Geiken-Pophanken, 1981) 100 Adjektive mit einer
geringen Valenz ausgewählt und hinsichtlich der Silbenzahl sowie der
Gebrauchshäufigkeit in der deutschen Sprache (aus Hager & Hasselhorn, 1994) an die
schmerzassoziierten Wörter angepasst. Weiterhin wurden die schmerzneutralen Wörter
von fünf Experten aus der Schmerzforschung der Abteilung für Medizinische
Psychologie und Medizinische Soziologie im Hinblick auf ihren Schmerzbezug auf
einer NRS (0 bis 10) bewertet und nur die acht Adjektive, die als schmerzneutral
bewertet wurden (NRS=0) für die Aufgabe zur freien Wiedergabe ausgewählt.
Insgesamt wurden 48 Wörter dargeboten. Zu Beginn und Ende jeder Liste wurden
jeweils drei neutrale Füllwörter dargeboten, um Primacy- und Recency-Effekte zu
reduzieren. Der ISI der Wörter betrug ca. 2 Sekunden. Nach jeder Liste erfolgte eine
zweiminütige Phase zur freien Wiedergabe. Um Reihenfolgeeffekte zu kontrollieren,
wurden die Listen randomisiert dargeboten. Für die systematische Auswertung der
Gedächtnisleistungen der Probanden in der Aufgabe zur freien Wiedergabe wurde die
Anzahl der richtig wiedergegebenen Wörter erfasst. Neutrale Füllwörter gingen in die
weitere Analyse nicht ein. Die abhängige Variable war der Anteil der wiedergegebenen
Wörter eines jeden Wort-Typen an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter.
Soziodemographische, klinisch-medizinische und –psychologische Parameter
Es wurden die gleichen Instrumente zur Erfassung der psychologischen Charakteristika
der Probanden verwendet wie in den ersten beiden Studien12
(s. Abschnitt III.1 und
Abschnitt III.2). Neben einer allgemeinen Sozial- und Schmerzanamnese zählten zu den
verwendeten Fragebögen der Chronic Pain Grade Fragebogen (Klasen et al., 2004; nach
von Korff et al., 1992) zur Erfassung der Disability der Probanden, der BDI (Hautzinger
et al., 1995; nach Beck et al., 1987) zur Erfassung der depressiven Stimmungslage und
der STAI (Laux et al., 1981 nach Spielberger et al., 1966, 1970) zur Erfassung der
12 Für einen besseren Überblick sind die verwendeten Inventare im Anhang (B-J) dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
141
allgemeinen State- und Trait-Angst. Die schmerzbezogene Angst der Probanden wurde
mithilfe des Fragebogens TSK (Rusu et al., in Vorbereitung) erfasst. Weiterhin wurden
mithilfe des FABQ (Pfingsten et al., 1996) die Angst-Vermeidungsüberzeugungen der
Probanden ermittelt. Zusätzlich wurde auch hier der Fragebogen AEQ (Hasenbring et
al., 2009) eingesetzt, um sowohl die individuellen Fear-Avoidance und Endurance
bezogenen Reaktionen auf Rückenschmerzen auf kognitiver, emotionaler und
behavioraler Ebene zu erfassen, als auch eine Klassifizierung der Patienten in Hinsicht
auf ihre individuellen Response-Pattern bei erlebten Schmerzen vornehmen zu
können13
.
3.2.3 Untersuchungsablauf
Alle Probanden bekamen vor der Untersuchung eine Einladung zur Untersuchung sowie
die Sozialanamnese per Post zugesendet. Die CLBP-Patienten bekamen zusätzlich
vorab eine Schmerzanamnese, den AEQ und den Chronic Pain Grade Fragebogen
zugeschickt. Die Unterlagen wurden ausgefüllt in einem frankierten Rückumschlag
zurück gesendet.
Zu Beginn der Untersuchung füllten die Probanden den STAI, TSK, BDI und FABQ
aus. Die Instruktion (s. Anhang M) für die Gedächtnisaufgabe wurde anschließend in
Papierversion dargeboten. In dieser Instruktion wurden die Probanden darauf
hingewiesen, dass im Folgenenden mit ihnen eine Gedächtnisaufgabe durchgeführt
werde, bei der nacheinander 3 Listen mit Wörtern auf Tonband über Kopfhörer
vorgespielt würden. Die Probanden wurden instruiert, sich so viele Wörter wie möglich
zu merken. Sie wurden darauf hingewiesen, dass sie nach jeder Darbietung gebeten
würden, dem Versuchsleiter so viele Wörter wie möglich aus ihrem Gedächtnis
wiederzugeben. Die Reihenfolge der Wiedergabe spiele dabei keine Rolle. Nach einer
Klärung möglicher Fragen seitens der Probanden wurden diese gebeten, sich so viele
Wörter wie möglich zu merken. Anschließend wurden den Probanden die Kopfhörer
13 Eine detaillierte Beschreibung der hier verwendeten Instrumente findet sich in Abschnitt III.1.2.2 und
Abschnitt III.2.2.2. Die Vorgehensweise bei der Klassifizierung der Response-Pattern der Patienten im
Sinne des AEM ist in Abschnitt III.2.2.2 dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
142
aufgesetzt, um die erste Liste über die Kopfhörer darzubieten. Nach jeder Liste standen
den Probanden zwei Minuten zur freien Wiedergabe zur Verfügung. Die Antworten der
Probanden wurden über ein Diktiergerät aufgenommen und zur späteren Auswertung
unmittelbar auf einen Personal Computer übertragen.
3.2.4 Stichprobe
Das Einschlusskriterium für die Patientenstichprobe war (1) Erleben von
Rückenschmerzen innerhalb der letzten sechs Monate. Für beide Gruppen galt als
Einschlusskriterium ein (2) Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Als Ausschlusskriterien
galten (1) gravierende Beeinträchtigungen der Seh- oder Hörfähigkeit, (2)
unzureichende Sprachkenntnisse in Deutsch, (3) gravierende psychiatrische
Auffälligkeiten basierend auf Selbstauskunft, (4) Alkohol- oder andere Drogenprobleme
basierend auf Selbstauskunft und (5) andere schwere Erkrankungen basierend auf
Selbstauskunft.
Die Probanden wurden über Anzeigen in lokalen Zeitungen und Zeitschriften sowie
Aushängen in Apotheken und Physiotherapiepraxen rekrutiert.
Alle Probanden unterschrieben eine schriftliche Einverständniserklärung (s. Anhang A),
in der Teile des experimentellen Designs erklärt waren. Die Probanden hatten während
des gesamten Versuchsverlaufs keine Kenntnis über die Hypothesen des Experiments.
Die vollständige Aufklärung erfolgte unverzüglich nach Beendigung des Experiments.
Der Versuch wurde von der Ethik- Kommission der Ruhr- Universität Bochum
genehmigt.
3.2.5 Statistische Datenanalyse
Zur Überprüfung der in Abschnitt III.3.1 formulierten Hypothesen wurden die
gewonnen Daten varianzanalytisch und korrelativ ausgewertet. Alle statistischen
Analysen erfolgten mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 19 für Windows.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
143
Es wurde a priori der benötigte Stichprobenumfang berechnet, um zu erfassen, wie viele
Personen unter den gegebenen Untersuchungsannahmen rekrutiert werden sollten, um
ein interpretierbares Ergebnis zu erhalten. Hierfür wurden zwei Poweranalysen für die
Verwendung des F-Tests bei einer Varianzanalyse mit einer Messwiederholung auf
einem Faktor mit zwei Faktorstufen (schmerzassoziierte Wörter und nicht-
schmerzassoziierte Wörter) mithilfe des Programms G*Power 3.1.2 berechnet (Faul et
al., 2007, 2009). In der ersten Analyse wurde die Berechnung der Stichprobengröße auf
einen Zweigruppenvergleich (CLBP-Patienten vs. gesunde Kontrollpersonen), einen
Dreigruppenvergleich (AR-RP, ER-RP und FAR-RP) und einen Viergruppenvergleich
(hoch-depressive CLBP-Patienten vs. niedrig-depressive CLBP-Patienten vs. hoch-
depressive gesunde Kontrollgruppe vs. niedrigdepressive Kontrollgruppe) bezogen. Es
wurde eine mittlere Effektstärke von f=0.25, eine Wahrscheinlichkeit für einen α-Fehler
von α=0.05, eine erwartete Power= 0.95 sowie eine Korrelation von r=0.5 vorgegeben.
Aus der Analyse für einen Zweigruppenvergleich (CLBP-Patienten und gesunde
Kontrollpersonen) ergab sich eine benötigte Stichprobengröße von insgesamt 54
Probanden. Für die gleiche Analyse zum Vergleich von drei Response-Pattern ergab die
Berechnung eine benötigte Stichprobengröße von 57 für den Innersubjektfaktor, 66 für
die Response-Pattern x Wort-Typ Interaktion und 189 CLBP-Patienten für den
Zwischensubjektfaktor. Der Viergruppenvergleich ergab eine benötigte
Stichprobengröße von vergleichsweise 56, 76 bzw. 212 CLBP-Patienten. Aufgrund
ökologischer Überlegungen durch die Komplexität der Erfordernisse für die
unterschiedlichen Fragestellungen sowie aufgrund einer erhöhten Schwierigkeit bei der
Rekrutierung von klinischen Stichproben mit den spezifischen erforderten Merkmalen
(hier die spezifischen Response-Pattern bzw. die Depressivität), wurde der
Stichprobenumfang angepasst. Hierfür wurde eine Power-Analyse nach der
Compromise-Methode berechnet. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie bei
klinischen Untersuchungen die Vorgabe einer Stichprobengröße ermöglicht, wenn die
Rekrutierung sich beispielsweise aufgrund der vielfältigen Einschlusskriterien der
untersuchten Patienten (hier spezifische Response-Pattern bei CLBP-Patienten) als
schwierig erweist. Es wurde ein α/β-Verhältnis=1, eine Stichprobengröße von N=30,
eine Effektstärke von f=0.25 bei drei Gruppen (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) und dem
Faktor Wort-Typ (schmerzassoziiertes vs. schmerzneutrales Wort) für eine ANOVA mit
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
144
Messwiederholung voreingestellt. Bei einem Stichprobenumfang von 30 Probanden
insgesamt, lag die Power= 0.874 (λ= 7.5) bei einer α/β-Fehlerwahrscheinlichkeit=
0.126. Bei vier Gruppen lag eine Power=0.808 (λ= 7.5) vor.
Es wurden die Mittelwerte und SD für die erhobenen Merkmale für die Kontroll- bzw.
die CLBP-Patientengruppe berechnet, um die Stichproben beschreiben und mögliche
Gruppenunterschiede in Merkmalsausprägungen erfassen zu können. Die
Gruppenunterschiede zwischen den CLBP-Patienten und den gesunden
Kontrollpersonen in den subjektiven Daten wurden mithilfe einer univariaten
Varianzanalyse14
im mehrfaktoriellen Design überprüft. Die abhängige Variable stellte
dabei der Klinische Status (CLBP-Patienten vs. Kontrollgruppe) der Probanden dar. Die
unabhängigen Variablen waren die Merkmalausprägungen in den individuellen
Charakteristika der Probanden (vgl. psychologische Parameter in Abschnitt III.3.2.2).
Für die Auswertung der Gedächtnisleistungen der Probanden in der Aufgabe zur freien
Wiedergabe wurde die Anzahl der richtig wiedergegebenen Wörter erfasst. Neutrale
Füllwörter gingen in die weitere statistische Analyse nicht ein. Die abhängige Variable
war der Anteil der wiedergegebenen Wörter eines jeden Wort-Typs an der Gesamtzahl
der wiedergegebenen Wörter.
Die Leistungen der Probanden beim Gedächtnistest wurden in vier Analyseschritten
ausgewertet.
Im ersten Schritt wurden die Effekte des klinischen Status auf die Gedächtnisleistungen
der Probanden mithilfe einer ANOVA mit Messwiederholung in einem 2x2-Design
überprüft. Der Zwischensubjektfaktor war dabei Klinischer Status (CLBP-Patienten vs.
Kontrollprobanden) der Probanden und der Innersubjektfaktor war der Wort-Typ mit
den beiden Faktorstufen schmerzassoziiert vs. schmerzneutral.
In einem zweiten Schritt wurde der Gedächtnisbias in Abhängigkeit der Depressivität
betrachtet. Die Leistungen im Gedächtnistest wurden hier in einen 3x4-Design mithilfe
14 Die zentralen Voraussetzungen für die Berechnung einer Varianzanalyse sowie die Vorgehensweise im
Falle der Verletzung dieser Voraussetzungen, sind in Abschnitt III.1.2.4 dargestellt und werden daher hier
nicht noch einmal dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
145
einer Varianzanalyse mit Messwiederholung ausgewertet. Der Innersubjekt-Faktor war
der Wort-Typ mit den drei Faktorstufen schmerzneutrales Wort, affektives
Schmerzwort und sensorisches Schmerzwort. Die Depressivität (hoch-depressive
CLBP-Patienten vs. niedrig-depressive CLBP-Patienten vs. hoch-depressive gesunde
Kontrollgruppe vs. niedrigdepressive Kontrollgruppe) der Probanden stellte den
Zwischensubjekt-Faktor dar. Die Zuteilung der Probanden in hoch- bzw. niedrig
depressive Probanden erfolgte über eine Medianhalbierung über den Median der
Gesamtstichprobe (Median=5.5).
Im dritten Analyseschritt wurden die Zusammenhänge zwischen den psychologischen
Charakteristika der CLBP-Patienten und dem Gedächtnisbias überprüft. Es wurde eine
bivariate Korrelationsanalyse (Korrelationskoeffizient nach Pearson) gerechnet. Im
Falle einer Verletzung der Berechnung eines parametrischen Korrelationskoeffizienten
wurde eine non-parametrische Korrelationsanalyse (Korrelationskoeffizient nach
Spearman) berechnet.
Im vierten Schritt wurde der Gedächtnisbias in Abhängigkeit der Response-Pattern der
Probanden betrachtet. Die Leistungen im Gedächtnistest wurden zunächst mithilfe einer
Varianzanalyse mit Messwiederholung in einem 2x3-Design ausgewertet. Der
Innersubjekt-Faktor war der Wort-Typ (schmerzneutrales vs. schmerzassoziiertes Wort).
Das Response-Pattern (AR-RP, ER-RP und FAR-RP) der Probanden stellte den
Zwischensubjekt-Faktor dar. Anschließend erfolgte eine Varianzanalyse im 3x3-Design
zur Überprüfung der Leistungen im Gedächtnistest für die drei Wort-Typen affektives
und sensorisches Schmerzwort sowie schmerzneutrales Wort (Innersubjekt-Faktor:
Wort-Typ) in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-Pattern AR-RP, ER-
RP und FAR-RP (Zwischensubjektfaktor: Response-Pattern).
Die Variablen Geschlecht und Alter wurden, im Falle einer signifikanten Korrelation
mit den Indizes für die Gedächtnisleistungen der untersuchten Personen, jeweils als
Kovariate in den jeweiligen Varianzanalysen berücksichtigt. Weiterhin wurde die
Kenngröße η² (Eta Quadrat) für die Effektstärke (Anteil des Faktors an der
Gesamtvarianz) herangezogen.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
146
Die Mittelwertunterschiede wurden mithilfe von Post-Hoc-Analysen miteinander
vergleichen. Es wurde der Bonferroni-Test berechnet, der auch bei Varianzanalysen mit
messwiederholten Daten anwendbar ist (Rasch et al., 2010).
3.2.6 Datenschutz und Objektivität
Bei der Durchführung der Studie blieb die Gruppenzugehörigkeit der Probanden
gegenüber dem Versuchsleiter möglichst unbekannt, um eine hohe
Durchführungsobjektivität zu gewährleisten. Die Auswertung der Daten erfolgte aus
Gründen des Datenschutzes und zugunsten einer möglichst hohen
Auswertungsobjektivität in anonymer Form. Jedem Probanden wurde eine
Versuchspersonennummer zugeteilt, unter welcher die Daten statistisch ausgewertet
wurden.
3.3 Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Untersuchung dargeboten. Bevor die
Ergebnisse zu den einzelnen Hypothesen präsentiert werden, werden zunächst die
Ergebnisse aus den Analysen zu den deskriptiven Charakteristika der CLBP im
Vergleich zur gesunden Kontrollstichprobe dargestellt.
3.3.1 Deskriptive Merkmale der Stichprobe
In der vorliegenden Studie wurden 31 CLBP-Patienten und 31 gesunde
Kontrollprobanden untersucht. 96.8% der CLBP-Patienten gaben an, seit über einem
Jahr Schmerzen zu haben ( x , 15.75 Jahre; SD, 8.91 Jahre; Minimum, 9 Monate;
Maximum, 31 Jahre). Die durchschnittliche Schmerzintensität zum Zeitpunkt der
Datenerhebung lag bei 4.81 (SD, 2.39; NRS, 0-10) in der CLBP Gruppe.
Die Ergebnisse aus den soziodemographischen Merkmalen der Probanden sind für die
CLBP-Patienten und gesunden Kontrollpersonen in Tabelle 16 getrennt dargestellt. Die
Kontrollgruppe wurde im Hinblick auf das Alter und Geschlecht sowie
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
147
soziodemographische Daten wie Staatsangehörigkeit, soziale Wohnsituation,
Familienstatus, Schul- und beruflicher Abschluss an die CLBP Gruppe angepasst.
Beide Gruppen bestanden jeweils aus 12 männlichen (38.7%) und 19 weiblichen
(61.3%) Probanden. Die CLBP-Patienten waren im Alter zwischen 18 und 65 Jahren
( x , 43.32; SD, 13.29). Die Probanden in der Kontrollgruppe waren im Alter zwischen
22 und 65 Jahren ( x , 43.0; SD, 12.97). Dementsprechend konnten in den Gruppen
keine Unterschiede hinsichtlich der Geschlechterverteilung (p>0.05) oder der
Altersverteilung (p>0.05) festgestellt werden.
Auch bezüglich der soziodemographischen Daten fanden sich keine signifikanten
Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in diesen Merkmalen. Lediglich in der
Verteilung des Schulabschlusses zeigte sich, dass die Kontrollprobanden tendenziell
einen höheren Schulabschluss aufwiesen als die CLBP-Patienten (U=366.5, p<0.10). Im
Vergleich zu 71% (N=22) der CLBP-Patienten gaben 35.5% (N=11) der
Kontrollpersonen an, eine allgemeine Hochschulreife aufzuweisen. 3.2% (N=1) der
CLBP-Patienten berichteten im Vergleich zu 22.6% (N=7) in der Kontrollgruppe die
Fachoberschulreife aufzuweisen. 12.9% (N=4) der CLBP-Patienten berichteten im
Vergleich zu 25.8% (N=8) in der Kontrollgruppe einen Realschulabschluss absolviert
zu haben. Jeweils 12.9% (N=4) der CLBP-Patienten und der Kontrollpersonen
berichteten einen Hauptschulabschluss aufzuweisen. Keinen Abschluss wies lediglich
eine Person aus der Kontrollgruppe (3.2%; N=1) auf.
Tabelle 16. Darstellung der absoluten (N) und relativen Häufigkeiten (%) in den
soziodemographischen Daten für die CLBP-Patienten (N=31) und die gesunden Kontrollpersonen
(N=31).
CLBP-Patienten
N = 31
Kontrollpersonen
N = 31
Häufigkeit (%) Häufigkeit (%)
Geschlecht
weiblich 19 (61.3) 19 (61.3)
männlich 12 (38.7) 12 (38.7)
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
148
Staatsangehörigkeit
deutsch 30 (96.8) 31 (100)
andere 1 (3.2) 0 (0)
Familienstand
verheiratet 15 (48.4) 12 (38.7)
ledig 8 (25.8) 9 (29.0)
ledig, in fester Partnerschaft 3 (9.7) 8 (25.8)
geschieden, getrennt lebend 2 (6.5) 2 (6.5)
verwitwet 3 (9.7) 0 (0)
Wohnsituation
allein lebend 10 (32.3) 7 (22.6)
mit Partner lebend 7 (22.6) 10 (32.3)
mit Partner und Kindern lebend 9 (29.0) 8 (25.8)
ohne Partner mit Kindern lebend 1 (3.2) 2 (6.5)
mit den Eltern lebend 3 (9.7) 2 (6.5)
in einer Wohngemeinschaft lebend 1 (3.2) 2 (6.5)
Schulabschluss
Abitur 11 (35.5) 22 (71.0)
Fachhochschulabschluss 7 (22.6) 1 (3.2)
Realschulabschluss 8 (25.8) 4 (12.9)
Hauptschulabschluss 4 (12.9) 4 (12.9)
Kein Abschluss 1 (3.2) 0 (0)
Berufsausbildung
Universität 5 (16.1) 8 (25.8)
Fachhochschule 4 (12.9) 1 (3.2)
Fachschule 8 (25.8) 2 (6.5)
Lehre 9 (29.0) 13 (41.9)
andere 1 (3.2) 0 (0)
keine 4 (12.9) 7 (22.6)
Erwerbstätigkeit
ja, ganztags 13 (41.9) 11 (35.5)
ja, mindestens halbtags 5 (16.1) 6 (19.4)
ja, weniger als halbtags 7 (22.6) 3 (9.7)
nein, in Ausbildung 1 (3.2) 3 (9.7)
nein, Hausfrau 2 (6.5) 5 (16.1)
nein, arbeitslos/ erwerbslos 1 (3.2) 0 (0)
nein, anderes 2 (6.5) 3 (9.7)
Rente
nein 26 (83.9) 27 (87.1)
ja, auf Zeit 0 (0) 1 (3.2)
ja, endgültig 5 (16.1) 3 (9.7)
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
149
Die Ergebnisse aus den psychologischen Merkmalen der Probanden sind für die CLBP-
Patienten und gesunden Kontrollpersonen in Tabelle 17 getrennt dargestellt. Die CLBP-
Patienten erreichten im BDI (F(1,60)=4.93, p<0.05) sowie im STAI in der Trait-Skala
(F(1,60)=6.15, p<0.05) deutlich höhere Werte als die Kontrollprobanden. Im FABQ
zeigten die CLBP-Patienten auf der Skala körperliche Aktivität als Ursache
(F(1,60)=2.95, p<0.10) tendenziell höhere Werte als die Kontrollgruppe.
Tabelle 17. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) in den subjektiven
Daten getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und gesunde Kontrollpersonen (N=31).
CLBP Patienten
N=31
( x ± SD)
Kontrollpersonen
N=31
( x ± SD)
Beck Depression Inventar (BDI)* 9.35 ± 8.12 5.45 ± 5.46
State- Trait Anxiety Inventory (STAI)
State 37.65 ± 9.31 34.65 ± 8.73
Trait* 42.39 ± 10.88
35.77 ± 10.11
Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) 34.16 ± 5.97 32.06 ± 7.39
Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)
Körperliche Aktivität als Ursache+ 3.65 ± 1.07
3.14 ± 1.26
Arbeit als Ursache 2.26 ± 1.54 1.83 ± 1.49
Arbeitsprognose 1.09 ± 1.53 0.96 ± 1.46
Gesamtwert 2.31 ± 1.16 1.97 ± 1.2
* p<0.05;
+ p<0.10.
3.3.2 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von dem klinischen Schmerzstatus
der Probanden
Zur Kontrolle der Bedeutung der Faktoren Geschlecht und Alter in den Varianzanalysen
wurden Korrelationsanalysen mit den abhängigen Variablen der free-recall Aufgabe
durchgeführt (s. Tabelle 10). Es zeigten sich signifikante Korrelationen zwischen
Geschlecht und dem Anteil der wiedergegebenen Schmerzwörter (r=0.373, p<0.001)
sowie zwischen Geschlecht und dem Anteil der wiedergegebenen neutralen Wörter
(r=-0.352, p<0.01) an der Anzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter und dem
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
150
prozentualen Anteil der sensorischen Schmerzwörter (r=-0.346, p<0.01). Folglich
wurde die Variable Geschlecht als Kovariate in die anschließende Varianzanalyse mit
Messwiederholung aufgenommen. Die Korrelationen zwischen den
Gedächtnisleistungen und dem Alter erreichten keine statistische Signifikanz (p>0.05).
Tabelle 18. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der Variablen Geschlecht
und Alter mit den Gedächtnisleistungen der Untersuchungsteilnehmer getrennt für die Wort-
Typen (schmerzneutrale Wörter und schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische
Schmerzwörter).
Anteil Schmerz-
wörter
Anteil neutrale
Wörter
Affektive
Schmerzwörter in %
Sensorische
Schmerzwörter in %
Alter 0.017 -0.036 -0.227+
-0.346**
Geschlecht b
0.373**
-0.352**
-0.097 -0.026
+ p<0.10;
** p<0.01; Korrelationskoeffizient nach Pearson; Test auf Signifikanz: zweiseitig;
b Korrelationskoeffizient nach Spearman;
N = 62.
In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Gedächtnisbias in Abhängigkeit
des klinischen Schmerzstatus zeigt, da Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden
Kontrollpersonen ein stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter als
für neutrale Wörter aufweisen sollten. Die diesbezüglichen Ergebnisse der
Untersuchung sind in Tabelle 19 dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
151
Tabelle 19. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) des Anteils der
Wiedergabe der schmerzassoziierten und neutralen Wörter an der Gesamtzahl der
wiedergegebenen Wörter in der Free-Recall Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und
gesunden Kontrollpersonen (N=31).
CLBP-Patienten
N = 31
( x ± SD)
Kontrollpersonen
N = 31
( x ± SD)
Anteil der Schmerzwörter 0.50 ± 0.18 0.43 ± 0.15
Anteil der neutralen Wörter 0.50 ± 0.17 0.57 ± 0.15
Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der Gruppenunterschiede
zwischen den CLBP-Patienten und den gesunden Probanden in Hinsicht auf ihre
Gedächtnisleistungen für schmerzassoziierte Wörter im Vergleich zu schmerzneutralen
Wörtern (2x2-Design) zeigte einen Haupteffekt für den Innersubjekt-Faktor Wort-Typ
(F(1,59)=13.09, p<0.001; η²=0.182). Die Variable Geschlecht ging in die Analyse als
Kovariate ein. Der Haupteffekt für den Zwischensubjektfaktor Klinischer Status
erreichte keine statistische Signifikanz (p>0.05). Die Wort-Typ x Klinischer Status
Interaktion erreichte ebenfalls keine statistische Signifikanz (p>0.05).
Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der
Gedächtnisunterschiede zwischen den beiden Gruppen im Vergleich für die
sensorischen, affektiven und neutralen Wörter (2x3 Design) zeigte weder einen
signifikanten Haupteffekt für den Innersubjekt-Faktor Wort-Typ (p>0.05) noch für die
Zwischensubjektvariable Klinischer Status (p>0.05). Die Wort-Typ x Klinischer Status
Interaktion erreichte keine statistische Signifikanz (p>0.05). Die Ergebnisse zum
Vergleich zwischen den prozentualen Anteilen der Wiedergabe der sensorischen und
affektiven Schmerzwörter und der neutralen Wörter sind in Tabelle 20 dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
152
Tabelle 20. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (SD) des prozentualen
Anteils der Wiedergabe der schmerzassoziierten und neutralen Wörter an der Gesamtzahl der
wiedergegebenen Wörter in der Free-Recall Aufgabe getrennt für die CLBP-Patienten (N=31) und
gesunden Kontrollpersonen (N=31).
CLBP-Patienten
N = 31
( x ± SD)
Kontrollpersonen
N = 31
( x ± SD)
Anteil der neutralen Wörter in % 0.21 ± 0.11 0.26 ± 0.11
Anteil der affektiven Schmerzwörter in % 0.19 ± 0.13 0.20 ± 0.12
Anteil der sensorischen Schmerzwörter in % 0.21 ± 0.12 0.20 ± 0.11
3.3.3 Die Abhängigkeit des Gedächtnisbias von der depressiven Stimmung der
Probanden
In der 2. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Gedächtnisbias für affektive und
sensorische Schmerzwörter in Abhängigkeit der Depressivität der Probanden zeigt. Es
wurde vermutet, dass nichtdepressive Schmerzpatienten dazu neigen, ein selektives
Gedächtnis für sensorische Wörter aufzuweisen, wohingegen depressive
Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis sowohl für sensorische als auch für
affektive Schmerzwörter aufweisen. Die Mittelwerte und Standardabweichungen des
prozentualen Anteils der Wiedergabe der sensorischen und affektiven
schmerzassoziierten Wörter sowie der neutralen Wörter an der Gesamtzahl der
erinnerten Wörter ist getrennt für die Gruppen (nicht-depressive CLBP-Patienten,
depressive CLBP-Patienten, schmerzfreie depressive Patienten und nicht-depressive
schmerzfreie Kontrollpersonen) in Tabelle 21 dargestellt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
153
Tabelle 21. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen des Anteil der freien
Wiedergabe der verschiedenen Wort-Typen (affektive Schmerzwörter vs. sensorische
Schmerzwörter vs. schmerz-neutrale Wörter) an der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter
getrennt für die depressiven CLBP-Patienten (N=18), nicht-depressiven CLBP-Patienten (N=13),
die schmerzfreien depressiven Patienten (N=13) und die nicht-depressiven schmerzfreien
Kontrollpersonen (N=18).
CLBP/
depressiv
N = 18
( x ± SD)
CLBP/
nicht depressiv
N = 13
( x ± SD)
schmerzfrei/
depressiv
N = 13
( x ± SD)
schmerzfrei/ nicht
depressiv
N = 18
( x ± SD)
Anteil der affektiven
Schmerzwörter in %
0.18 ± 0.11 0.22 ± 0.16 0.21 ± 0.09 0.2 ± 0.13
Anteil der sensorischen
Schmerzwörter in %
0.17 ± 0.11 0.26 ± 0.13 0.17 ± 0.1 0.22 ± 0.13
Anteil der neutralen
Wörter in %
0.19 ± 0.10 0.24 ± 0.13 0.25 ± 0.09 0.27± 0.13
Die Ergebnisse aus der Analyse des Gedächtnisbias für die verschiedenen Wort-Typen
in Abhängigkeit vom Schmerzstatus und der Depressivität zeigte weder einen
Haupteffekt für den Faktor Klinischer Status noch eine Wort-Typ x Klinischer Status
Interaktion (p>0.05). Es zeigte sich allerdings ein Haupteffekt für den Faktor Wort-Typ
(F(2,56)=7.27; p<0.005; siehe Abbildung 16). Die Variable Geschlecht ging als
Kovariate in die Analyse ein. Ein Post-Hoc-Test zum paarweisen Vergleich der
Leistungen für die Wort-Typen (schmerz-neutrale sowie sensorische und affektive
Schmerzwörter) zeigte, dass mehr schmerzneutrale Wörter wiedergegeben wurden als
sensorische Schmerzwörter, der Effekt erreichte allerdings keine statistische Signifikanz
(p<0.10). Die Probandengruppen unterschieden sich dabei nicht signifikant voneinander
(p>0.05).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
154
Klinischer Status
0
0,05
0,1
0,15
0,2
0,25
0,3
0,35
affektive
Schmerzwörter
sensorische
Schmerzwörter
neutrale Wörter
Wort-Typ
An
teil
des
ko
rrek
ten
Rec
all
s
CLBP/
depressiv
CLBP/ nicht
depressiv
schmerzfrei/
depressiv
schmerzfrei/
nicht-depressiv
Abbildung 16. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines jeweiligen Wort-Typs
(affektives Schmerzwort vs. sensorisches Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der
Gesamtzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe in
Abhängigkeit von dem klinischen Status (CLBP/ depressiv, CLBP/ nicht-depressiv, schmerzfrei/
depressiv, schmerzfrei/ nicht-depressiv) der Personen.
3.3.4 Der Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den schmerzbezogenen
Response-Pattern
In der 3. Hypothese wurde angenommen, dass sich der Gedächtnisbias für
schmerzassoziierte und schmerzneutrale Wörter in Abhängigkeit der Response-Pattern
der Patienten zeigt. Dabei wurde vermutet, dass Patienten mit einem ER-RP mehr
schmerzassoziiertes Material erinnern, Patienten mit einem FAR-RP dagegen weniger
schmerzassoziiertes Material erinnern. Bei Patienten mit einem AR-RP wurde kein
Unterschied in der Gedächtnisleistung für die beiden Wort-Typen erwartet. Die
Mittelwerte und Standardabweichungen des Anteils der Wiedergabe der jeweiligen
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
155
Wort-Typen an der Gesamtzahl der Wörter ist getrennt für die Response-Pattern (AR-
RP, FAR-RP und ER-RP) in Tabelle 22 dargestellt.
Tabelle 22. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus der Aufgabe zur
freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen in Abhängigkeit von den Response-Pattern
AR-RP (N=11), ER-RP (N=15), FAR-RP (N=5).
AR-RP
N = 11
( x ± SD)
ER-RP
N = 15
( x ± SD)
FAR-RP
N = 5
( x ± SD)
Anteil der Schmerzwörter 0.50 ± 0.18 0.55 ± 0.13 0.30 ± 0.19
Anteil der neutralen Wörter 0.50 ± 0.18 0.45 ± 0.13 0.64 ± 0.22
Die Varianzanalyse mit Messwiederholung im 2x3 Design zeigte eine signifikante
Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion (F(2,27)=4.014, p<0.05). Der Faktor
Geschlecht ging dabei als Kovariate in diese Analyse ein. Ein Post-Hoc-Test zum
paarweisen Vergleich der Response-Pattern zeigte, dass der signifikante Effekt auf
einen marginal (p<0.10) bedeutsamen Unterschied zwischen den Patienten mit einem
ER-RP und denen mit einem FAR-RP zurückzuführen war. Patienten mit einem ER-RP
gaben mehr Schmerzwörter als neutrale Wörter wieder. Dagegen gaben Patienten mit
einem FAR-RP umgekehrt mehr neutrale als schmerzassoziierte Wörter wieder (s.
Abbildung 17).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
156
Response-Pattern
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
schmerzassoziiert neutral
Wort-Typ
An
teil
des
ko
rrek
ten
Rec
all
s
AR-RP
ER-RP
FAR-RP
Abbildung 17. Darstellung des wiedergegebenen Anteils eines jeweiligen Wort-Typs
(schmerzassoziiertes vs. schmerzneutrales Wort) an der Gesamtzahl der insgesamt
wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe in Abhängigkeit von den
schmerzbezogenen Response-Pattern (AR-RP, ER-RP bzw. FAR-RP) der Patienten.
Weiterhin wurde in der 3. Hypothese angenommen, dass sich bei einer Unterscheidung
zwischen affektiven und sensorischen Schmerzwörtern im Vergleich zu
schmerzneutralen Wörtern, der Gedächtnisbias in Abhängigkeit der Response-Pattern
zeigt.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
157
Tabelle 23. Darstellung der Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen aus der Aufgabe zur
freien Wiedergabe für die verschiedenen Wort-Typen (affektive Schmerzwörter, sensorische
Schmerzwörter und schmerz-neutrale Wörter) in Abhängigkeit von den Response-Pattern AR-RP
(N=11), ER-RP (N=15), FAR-RP (N=5).
AR-RP
N = 11
( x ± SD)
ER-RP
N = 15
( x ± SD)
FAR-RP
N = 5
( x ± SD)
Anteil affektive Schmerzwörter in % 0.22 ± 0.15 0.19 ± 0.12 0.13 ± 0.11
Anteil sensorische Schmerzwörter in % 0.27 ± 0.13 0.19 ± 0.10 0.12 ± 0.14
Anteil neutraler Wörter in % 0.26 ± 0.13 0.17 ± 0.08 0.21 ± 0.13
Die Varianzanalyse mit Messwiederholung im 3x3 Design zeigte keinen signifikanten
Haupteffekt für den Innersubjektfaktor Wort-Typ (p>0.05) und keine signifikante
Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion (p>0.05). Unter Berücksichtigung des
Geschlechts als Kovariate fand sich ein marginaler Haupteffekt für den
Zwischensubjektfaktor Response-Pattern (F(2,27)=2.682, p<0.10). Dabei gaben
Patienten mit einem AR-RP insgesamt mehr Wörter wieder als Patienten mit einem ER-
RP, die wiederum mehr Wörter wieder gaben als Patienten mit einem FAR-RP (s.
Abbildung 18).
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
158
Response-Pattern
0
0,05
0,1
0,15
0,2
0,25
0,3
affektiv sensorisch neutral
Wort-Typ
An
teil
des
ko
rrek
ten
Rec
all
s AR-RP
ER-RP
FAR-RP
Abbildung 18. Darstellung des wiedergegebenen prozentualen Anteils eines jeweiligen Wort-Typs
(affektives Schmerzwort vs. sensorisches Schmerzwort vs. schmerzneutrales Wort) an der
Gesamtzahl der insgesamt wiedergegebenen Wörter in der Aufgabe zur freien Wiedergabe in
Abhängigkeit von den schmerzbezogenen Response-Pattern (AR-RP, ER-RP bzw. FAR-RP) der
Patienten.
3.3.5 Die Zusammenhänge zwischen dem Gedächtnisbias und klinisch-
medizinischen und klinisch-psychologischen Merkmalen der Probanden
In den Hypothesen 4 bis 7 wurden Annahmen über die Zusammenhänge zwischen dem
Gedächtnisbias und den individuellen Charakteristika der Versuchsteilnehmer
formuliert. Die Korrelationskoeffizienten aus den entsprechenden Korrelationsanalysen
mit den subjektiven Daten und den Leistungen in der freien Wiedergabe sind in Tabelle
24 dargestellt.
In der 4. Hypothese wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Fear of Pain
bzw. der Fear-Avoidance bezogenen Reaktionen der untersuchten CLBP-Patienten und
der Gedächtnisleistung für schmerzassoziiertes Material erwartet.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
159
Es zeigten sich signifikante negative Korrelationen zwischen dem TSK (r=-0.317,
p<0.05) und der FABQ- Skala Arbeit als Ursache (r=-0.360, p<0.05) sowie dem FABQ-
Gesamtwert (r=-0.340, p<0.05) mit dem Anteil der schmerzassoziierten Wörter an
Anzahl der insgesamt korrekt wiedergegebenen Wörter. Die Korrelationsanalysen für
die FAR Variablen des AEQ zeigten negative Korrelationen zwischen dem Anteil der
wiedergegebenen schmerzassoziierten Wörter und den FAR Skalen ADS (r=-0.412,
p<0.05), ASAS2 (r=-0.371, p<0.05) und APAS2 (r=-0.360, p<0.05) des AEQ.
Tendenziell zeigte sich eine negative Korrelation zwischen dem Anteil der
schmerzassoziierten Wörter und der FABQ- Skala Körperliche Aktivität als Ursache
(r=-0.279, p<0.10) sowie der FAR Skala APAS1 (r=-0.262, p<0.10) des AEQ.
Der Anteil der wiedergegebenen neutralen Wörter an der Gesamtwiedergabe korrelierte
signifikant positiv mit der FABQ-Skala Arbeit als Ursache (r=0.333, p<0.05) und den
FAR Skalen ADS (r=0.420, p<0.01), ASAS2 (r=0.368, p<0.05) und APAS2 (r=0.322,
p<0.05) des AEQ. Tendenziell zeigten sich hier positive Korrelationen zwischen dem
TSK (r=0.283, p<0.10), dem FABQ-Gesamtwert (r=0.260, p<0.10) und der FAR Skala
APAS1 (r=-0.258, p<0.10) des AEQ mit dem Anteil der wiedergegebenen neutralen
Wörter an der Gesamtwiedergabe. Hinsichtlich des prozentualen Anteils der
sensorischen Schmerzwörter zeigten sich im AEQ signifikante negative Korrelationen
mit der FAR Skala ASAS2 (r=-0.330, p<0.05).
In der 5. Hypothese wurde ein positiver Zusammenhang zwischen dem Gedächtnisbias
der CLBP-Patienten und ihren suppressiven Reaktionen auf die Rückenschmerzen
postuliert. Die Korrelationen zwischen dem Anteil aller schmerzassoziierten Wörter an
der Gesamtzahl der wiedergegebenen Wörter und den ER Skalen des AEQ erreichten
keine statistische Signifikanz (p>0.05).
Im prozentualen Anteil der affektiven Schmerzwörter zeigten sich signifikante negative
Korrelationen mit den ER Skalen BES2 (r=-0.327, p<0.05) und den Subskalen des BES
HDS1 (r=-0.325, p<0.05) und PPS2 (r=-0.310, p<0.05) des AEQ. Tendenzielle
Korrelationen zeigten sich zwischen dem prozentualen Anteil der affektiven
Schmerzwörter und den ER Skalen BES1 (r=-0.296, p<0.10) und HDS2 (r=-0.238,
p<0.10) des AEQ.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
160
Die 6. Hypothese postulierte einen negativen Zusammenhang zwischen der Disability
und dem Gedächtnisbias. Es zeigte sich hier eine negative signifikante Korrelation des
Anteils der schmerzassoziierten Wörter mit dem Disability-Score (r=-0.338, p<0.05).
Im Trend korrelierte der Disability-Score (r=0.283, p<0.10) positiv mit dem Anteil der
Wiedergabe der neutralen Wörter an der Gesamtwiedergabe.
In der 7. Hypothese wurde angenommen, dass ein allgemeiner Distress mit einem
Gedächtnisbias assoziiert ist. Tendenziell zeigte sich eine negative Korrelation mit dem
BDI Gesamtwert und dem Anteil der Wiedergabe der schmerzassoziierten Wörter
(r=-0.289, p<0.10).
Tabelle 24. Darstellung der Korrelationskoeffizienten aus den Analysen der individuellen
Charakteristika und den Gedächtnisleistungen der CLBP-Patienten getrennt nach den Wort-
Typen (schmerzneutrale Wörter und schmerzassoziierte Wörter sowie affektive und sensorische
Schmerzwörter).
Anteil
Schmerz-
wörter
Anteil
neutrale
Wörter
Affektive
Schmerz-
wörter in %
Sensorische
Schmerz-
wörter in %
Beck Depression Inventar (BDI) -0.289+ 0.253
+ -0.204 -0.242
+
State- Trait Angst Inventar (STAI)
State -0.148 0.194 0.006 0.035
Trait -0.068 0.095 -0.051 0.0001
Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK) -0.317* 0.283
+ -0.185 -0.141
Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire
(FABQ)
Körperliche Aktivität als Ursache -0.279+ 0.229 0.119 -0.002
Arbeit als Ursache -0.360* 0.333
* -0.140 -0.152
Arbeitsprognose b -0.082 -0.019 -0.211 -0.284
+
Gesamtwert -0.340*
0.260+
-0.088 -0.207
Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ)
Endurance Related Responses
Heitere Stimmung Skala (PMS) 0.131 -0.162 0.178 0.165
Durchhalteappelle (TTS) 0.086 -0.049 -0.050 -0.024
Durchhaltestrategien (BES1) -0.132 0.185 -0.296+ 0.015
Durchhaltestrategien (BES2) -0.062 0.081 -0.327* 0.106
Humor/ Ablenkung 1 (HDS1) -0.192 0.177 -0.325* 0.032
Humor/ Ablenkung 2 (HDS2) -0.042 0.009 -0.238+ 0.195
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
161
Aktivität trotz Schmerzen 1 (PPS1) -0.052 0.134 -0.186 0.043
Aktivität trotz Schmerzen 2 (PPS2) -0.061 0.119 -0.310* 0.001
Fear-Avoidance Related Responses
Angst Depression Skala (ADS) -0.412* 0.420
** -0.106 -0.137
Hilf-/ Hoffnungslosigkeit (HHS) -0.068 0.003 0.091 -0.139
Katastrophisieren (CTS) b 0.022 0.023 -0.048 0.167
Vermeidung sozialer Aktivitäten 1
(ASAS1) b
-0.191 0.182 -0.018 -0.216
Vermeidung sozialer Aktivitäten 2
(ASAS2)
-0.371* 0.368
* -0.070 -0.330
*
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 1
(APAS1)
-0.262+ 0.258
+ 0.136 -0.090
Vermeidung körperlicher Aktivitäten 2
(APAS2)
-0.360* 0.322
* 0.084 -0.195
Chronic Pain Grade Fragebogen
Charakteristische Schmerzintensität -0.055 0.035 0.006 0.067
Disability-Score -0.338* 0.283
+ -0.086 -0.177
Disability-Days b 0.001 -0.098 0.137 -0.184
Chronic Pain Grade b 0.035 -0.130 0.038 -0.171
+ p<0.10;
* p<0.05; Pearson Korrelationskoeffizient;
b Spearman Korrelationskoeffizient;
c Test auf
Signifikanz: zweiseitig; N = 31.
3.4 Zusammenfassende Bewertung
In dem vorliegenden Kapitel wurde der empirische Teil des dritten Experiments
dargestellt. Dabei wurden zunächst auf Basis der Ausführungen des theoretischen
Hintergrunds der Arbeit allgemeine Fragestellungen formuliert, um daraus anschließend
konkrete Hypothesen für die Untersuchung abzuleiten (s. Abschnitt III.3.1). Aus den
Ausführungen zu den theoretischen Hintergründen der vorliegenden Arbeit in Kapitel II
ging hervor, dass kognitive Faktoren in der Entstehung und Aufrechterhaltung
chronischer Schmerzen eine zentrale Rolle spielen. Verschiedene Untersuchungen
konnten bei chronischen Schmerzpatienten einen systematischen Gedächtnisbias für
schmerzassoziiertes Stimulusmaterial belegen (Edwards et al., 1992; Pearce et al., 1990;
Pincus, Pearce, McClelland & Turner-Stokes, 1993).
Das erste Ziel der hier dargestellten Untersuchung lag darin, den Gedächtnisbias bei
CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen zu untersuchen und bei
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
162
den CLBP-Patienten die Beziehung zwischen dem Gedächtnisbias und verschiedenen
psychologischen Faktoren zu untersuchen. Vor dem Hintergrund der aktuellen
Befundlage, welche den Einfluss von Depressivität bei chronischen Schmerzen auf den
Gedächtnisbias für schmerzassoziierte Wörter betont (Edwards et al., 1992; Pincus et al.
1995), zielte die Untersuchung darauf ab, die Effekte von Depressivität auf den
Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten zu überprüfen.
Das zweite Ziel lag in der erstmaligen Erfassung des Einflusses der individuellen
Response-Pattern der CLBP-Patienten auf ihren Gedächtnisbias. Zur Verfolgung beider
Ziele wurde eine Untersuchung durchgeführt, in der die Gedächtnisleistungen von 31
CLBP-Patienten in einer Aufgabe zur freien Wiedergabe von schmerzneutralen und
schmerzassoziierten Wörtern mit denen von 31 gesunden Kontrollpersonen verglichen
wurden. Die CLBP-Patienten wurden zudem hinsichtlich ihrer Response-Pattern auf
ihre Rückenschmerzen im Sinne des Avoidance-Endurance Modells (Hasenbring &
Verbunt, 2010) in die Gruppen Adaptive Response-Pattern (AR-RP), Endurance
Response-Pattern (ER-RP) und Fear-Avoidance Response-Pattern (FAR-RP)
klassifiziert. Innerhalb der schmerzassoziierten Wörter wurde zusätzlich zwischen
affektiven und sensorischen Schmerzwörtern unterschieden. Die Leistungen der
Probanden wurden varianzanalytisch ausgewertet.
Im Hinblick auf das erste Ziel der Untersuchung wurden die Gedächtnisleistungen der
CLBP-Patienten in der Aufgabe zur freien Wiedergabe mit den Leistungen der
gesunden Kontrollgruppe verglichen. In der 1. Hypothese wurde angenommen, dass
Schmerzpatienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein stärkeres selektives
Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter als für neutrale Wörter aufweisen (Edwards
et al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et al. 1995; Pincus,
1998).
Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung konnten diese Annahme nicht
bestätigen. Es zeigte sich jedoch, dass beide Gruppen schmerzassoziierte Wörter
zugunsten der neutralen Wörter vermeiden. Diese Vermeidung ging dabei auf die
sensorischen Schmerzwörter zurück. Im Vergleich zu den neutralen Wörtern wurden die
sensorischen Schmerzwörter vermieden, nicht jedoch die affektiven Schmerzwörter.
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
163
In der 2. Hypothese wurde angenommen, dass nicht-depressive Schmerzpatienten dazu
neigen, ein selektives Gedächtnis für sensorische Wörter aufzuweisen, wohingegen
depressive Schmerzpatienten ein selektives Gedächtnis sowohl für sensorische als auch
für affektive Schmerzwörter aufweisen (Edwards et al., 1992; Pincus et al. 1995). Diese
Hypothese konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht bestätigt werden. Es zeigte
sich jedoch, dass insgesamt, also unabhängig vom depressiven Status der Probanden,
weniger sensorische Schmerzwörter im Vergleich zu schmerzneutralen Wörtern
wiedergegeben wurden. Zusätzlich wurde der Zusammenhang zwischen dem
Gedächtnisbias und der Depressivität der Probanden überprüft, indem die Depressivität
im Rahmen von Hypothese 7 als kontinuierliches Merkmal in den Analysen
berücksichtigt wurde. Dabei wurde angenommen, dass mit zunehmender Depressivität
eine stärkere Wiedergabe affektiver und sensorischer schmerzassoziierter Wörter
gegeben ist. In der vorliegenden Untersuchung zeigte sich allerdings ein negativer
Zusammenhang zwischen Depressivität dem Anteil der schmerassoziierten Wörter.
Somit lässt sich festhalten, dass Depressivität im Zusammenhang mit dem
Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material eine wichtige Rolle spielt. Entgegen
der Annahme zeigten die Versuchspersonen in der vorliegenden Arbeit mit
zunehmenden depressiven Merkmalen jedoch eine zunehmende Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material.
Zur Verfolgung des zweiten Ziels der Untersuchung wurde in Hinsicht auf die
3. Hypothese auf Basis der Annahmen des AEM (Hasenbring & Verbunt, 2010)
angenommen, dass der Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten nicht ausschließlich als
Ergebnis des Erlebens der Schmerzen zu betrachten ist, sondern sich in Abhängigkeit
der individuellen Response-Pattern auf die chronischen Schmerzen zeigt. Im Falle
einem ER-RP wurde vermutet, dass es aufgrund des Scheiterns der
Gedankenunterdrückung zu einem stärkeren Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes
Material kommt. Bei Patienten mit einem FAR-RP wurde vermutet, dass diese dazu
neigen, schmerzassoziiertes Material eher zu vermeiden und dementsprechend im
Vergleich zu neutralen Wörtern weniger schmerzassoziierte Wörter wiedergeben.
Tatsächlich konnte in der hier dargestellten Untersuchung gezeigt werden, dass sich
Patienten, die unterschiedliche Response-Pattern auf CLBP zeigen, auch in ihrem
Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material unterscheiden. Dieses Ergebnis war in
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
164
erster Linie auf einen Gedächtnisunterschied zwischen Patienten mit einem ER-RP und
einem FAR-RP zurückzuführen. Wie erwartet, zeigten Patienten mit einem FAR-RP
eine deutliche Vermeidung von schmerzassoziiertem Material, wohingegen Patienten
mit einem ER-RP mehr schmerzassoziiertes Material wiedergaben. Dieses Ergebnis
stimmt mit den Annahmen der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (vigilance-avoidance
hypothesis; Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990;
Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998) überein, in der davon ausgegangen wird,
dass ängstliche Personen dazu neigen, sich in einer ersten Reaktion
schmerzassoziiertem Material zuzuwenden, anschließend jedoch eine detaillierte
Beschäftigung mit potenziell bedrohlichen Stimuli zu vermeiden, um ein mit diesen
Reizen assoziiertes Unbehagen zu reduzieren (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen
& Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg & Bradley, 1998).
In der vorliegenden Untersuchung wurden im Rahmen des ersten Ziels Annahmen zu
den Zusammenhängen zwischen dem Gedächtnisbias und den individuellen
Charakteristika der Probanden formuliert (Hypothesen 4-7). In der 4. Hypothese wurde
angenommen, dass mit zunehmender Fear of Pain bzw. mit zunehmenden Fear-
Avoidance Reaktionen, weniger bedrohliches Material wiedergegeben wird. Diese
Annahme konnte auf verschiedenen Reaktionsebenen bestätigt werden. Sowohl auf der
emotionalen Ebene, als auch auf der kognitiven und der behavioralen Ebene zeigte sich
mit einer zunehmenden Ausprägung der Fear-Avoidance bezogenen Reaktionen ein
deutlicherer Gedächtnisbias im Sinne einer deutlicheren Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material und einer stärkeren Wiedergabe von schmerzneutralen
Reizen. Die Vermeidungsreaktion auf das schmerzassoziierte Material zugunsten des
schmerzneutralen Materials zeigte sich besonders deutlich im Zusammenhang mit
zunehmenden Überzeugungen, die Schmerzen seien durch die Arbeit verursacht. Bei
einer Unterscheidung zwischen sensorischen und affektiven Schmerzwörtern, zeigte
sich eine zunehmende Vermeidung sensorischer Wörter mit zunehmendem
Vermeidungsverhalten in Hinsicht auf sowohl körperliche als auch soziale Aktivitäten.
In der 5. Hypothese wurden Annahmen zu ER und den Gedächtnisleistungen der
CLBP-Patienten formuliert. Aufgrund der Vermutung, dass insbesondere eine
Gedankenunterdrückung mit einem Rebound-Effekt verbunden ist, wurde ein positiver
III EMPIRISCHER TEIL: EXPERIMENT 3
165
Zusammenhang zwischen dem Gedächtnisbias der Probanden und ihren suppressiven
Reaktionen auf die Rückenschmerzen postuliert. Diese Hypothese konnte für
schmerzassoziiertes Material im Allgemeinen nicht bestätigt werden. Für die kognitiven
und emotionalen ER konnten keine bedeutsamen Assoziationen mit den
Gedächtnisleistungen gefunden werden. Es zeigte sich jedoch hinsichtlich des
suppressiven Verhaltens der Probanden, dass mit zunehmender ER eine geringere
Wiedergabe von affektiven Schmerzwörtern gegeben ist. Folglich ist den Ergebnissen
der vorliegenden Untersuchung ER nur auf der behavioralen Ebene mit einer stärkeren
Vermeidung von affektiven Schmerzwörtern assoziiert. Auf kognitiver und auf
emotionaler Ebene ist ER weder mit einer Vermeidung noch mit einem selektiven
Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material assoziiert.
Die 6. Hypothese postulierte, dass mit einer zunehmenden Disability eine stärkere
Vermeidung von schmerzassoziiertem Material einhergeht. In der vorliegenden
Untersuchung zeigte sich, dass mit zunehmender Disability weniger schmerzassoziiere
Wörter wiedergegeben wurden. Dies bestätigt eine zunehmende Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material bei zunehmender Disability.
Die letzte Hypothese (7. Hypothese) in der vorliegenden Untersuchung bezog sich auf
die Zusammenhänge zwischen einem allgemeinen Distress und dem Gedächtnisbias.
Während die Zunahme depressiver Symptome mit einer geringeren Wiedergabe
schmerzassoziierter Wörter verknüpft war (s.o. Hypothese 2), konnte ein
Zusammenhang zwischen schmerzunabhängiger Angst und dem Gedächtnisbias nicht
nachgewiesen werden. Wenngleich Depressivität mit einer Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material verbunden ist, ist in der vorliegenden Untersuchung
entgegen der Implikationen der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (Roelofs, Peters, van
der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg &
Bradley, 1998) eine allgemeine Angst mit keiner Vermeidung von schmerzassoziiertem
Material assoziiert. Auch ein stärkeres selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes
Material konnte sich im Zusammenhang mit einer allgemeinen Angst der Probanden
nicht nachweisen lassen.
IV DISKUSSION
166
IV DISKUSSION
Das folgende Kapitel dient der Zusammenfassung und Interpretation der im
empirischen Kapitel der Arbeit beschriebenen Untersuchungen und Ergebnisse. Hierfür
werden zunächst die Fragestellungen und Ziele der Untersuchungen zusammengefasst,
um anschließend die Befunde aufzugreifen, in den theoretischen Hintergrund
einzuordnen und zu diskutieren. Abschließend werden die klinischen Implikationen
erörtert sowie die Limitationen der Untersuchungen und die Perspektiven für die
zukünftige Forschung abgeleitet.
1 Untersuchungsziele
Das vorrangige Interesse lag bei der vorliegenden Arbeit in der
grundlagenwissenschaftlichen Erforschung des Informationsverarbeitungsbias für
schmerzassoziiertes Stimulusmaterial bei chronischen Rückenschmerzen. Mit dem
empirischen Untersuchungsteil wurden zwei Aspekte der Informationsverarbeitung
untersucht: erstens der Aufmerksamkeitsbias und zweitens der Gedächtnisbias. Zu
diesem Zweck wurden drei Untersuchungen mit CLBP-Patienten und gesunden
Kontrollpersonen geplant und durchgeführt.
Die ersten beiden Experimente dienten der Untersuchung des Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material, das dritte Experiment diente der Untersuchung des
Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material. Dabei sollten sowohl allgemeine als
auch schmerzspezifische Merkmale und Reaktionen in den Analysen berücksichtigt
werden. Als allgemeines Merkmal wurde der Distress (Angst und Depressivität) der
Probanden erfasst. Als schmerzspezifische Merkmale wurden die schmerzbezogene
Disability sowie die FAR mittels bekannter Konzepte wie zum Beispiel
Bewegungsangst und Angst- Vermeidungsüberzeugungen der Probanden erfasst. In
Anlehnung an das AEM (Hasenbring und Verbund, 2010) wurde zudem davon
ausgegangen, dass sich ER, ebenso wie FAR, als wesentliche Faktoren in der
IV DISKUSSION
167
Entstehung und Exazerbation von CLBP erweisen. Im Gegensatz zu FAR wurden in der
Aufmerksamkeitsforschung ER bisher deutlich vernachlässigt. In der vorliegenden
Arbeit wurden daher erstmalig schmerzbezogene ER im Kontext des
Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten berücksichtigt.
Zusammenfassend wurde im theoretischen Teil der Arbeit festgehalten, dass sich die
Befundlage zum Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten nicht einheitlich abbilden
lässt und eine selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-
Patienten inkonsistent berichtet wird. Die primären Ziele der ersten Studie lagen
folglich darin, die Unterschiede in den Aufmerksamkeitsleistungen für
schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden
Kontrollpersonen zu untersuchen und die Zusammenhänge zwischen den individuellen
Charakteristika der Probanden und ihrem Aufmerksamkeitsbias zu explorieren. Ein
weiteres Ziel lag darin, bedeutsame Charakteristika der Probanden als Prädiktoren für
den Aufmerksamkeitsbias zu identifizieren. Erstmalig sollten in diesem Zusammenhang
zudem schmerzspezifische ER erfasst und in die Analysen einbezogen werden. Sowohl
in Hinsicht auf FAR als auch auf ER wurden die Single-Responses der Probanden auf
der kognitiven, der emotionalen sowie auf der behavioralen Ebene erfasst.
In Anlehnung an das AEM wurde zudem davon ausgegangen, dass sich neben den
erfassten Single-Responses auf den Rückenschmerz Response-Pattern identifizieren
lassen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung und Exazerbation von CLBP
haben. Folglich wurde eine zweite Untersuchung geplant und durchgeführt, in der das
vorrangige Ziel darin lag, zu überprüfen, inwieweit sich CLBP-Patienten in ihrem
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Stimulusmaterial in Abhängigkeit von
diesen individuellen CLBP bezogenen Response-Pattern unterscheiden.
Die dritte Untersuchung, die in dieser Arbeit vorgestellt wurde, zielte darauf ab,
Unterschiede in den Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Material zwischen
CLBP-Patienten und gesunden Kontrollpersonen zu untersuchen. Wenngleich sich die
Befundlage beim Gedächtnisbias etwas einheitlicher gestaltet als beim
Aufmerksamkeitsbias, betont auch hier der aktuelle Forschungsstand, dass individuelle
Charakteristika eine bedeutsame Rolle spielen. In Bezug auf diese individuellen
Charakteristika wird die Bedeutung von Depressivität hervorgehoben. Folglich zielte
IV DISKUSSION
168
die dritte Untersuchung darauf ab, sowohl systematisch die Effekte von Depressivität
auf den Gedächtnisbias bei CLBP als auch die Zusammenhänge zwischen den weiteren
individuellen Charakteristika der Probanden mit ihrem Gedächtnisbias zu überprüfen.
Auch hier lag ein übergeordnetes Ziel darin, erstmalig den Einfluss von den Response-
Pattern der CLBP-Patienten auf ihren Gedächtnisbias zu erfassen.
2 Integration der Befunde
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse aus den Untersuchungen, der hier
vorliegenden Arbeit auf Basis der aktuellen Befundlage und bestehenden aktuellen
theoretischen Hintergründen diskutiert. Hierfür werden zunächst die Ergebnisse
diskutiert, die dem Vergleich der Leistungen der CLBP-Patienten und den gesunden
Kontrollpersonen dienen. Anschließend werden die Ergebnisse zur Erfassung der
Bedeutung der individuellen Charakteristika der Probanden diskutiert, wobei zunächst
die Bedeutung von Depressivität und schmerzbezogener Beeinträchtigung für den
Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten und gesunden Probanden erörtert
wird. Abschließend werden die Befunde zu schmerzunabhängiger und
schmerzabhängiger Angst (FAR), zu ER und zu schmerzspezifischen Response-Pattern
diskutiert.
2.1 Der Einfluss des klinischen Schmerzstatus auf den
Informationsverarbeitungsbias
In der ersten Untersuchung wurden Annahmen zum Aufmerksamkeitsbias in
Abhängigkeit von dem klinischen Status der Probanden formuliert. Es wurde vermutet,
dass CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden größere Verzerrungen in
ihrer Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen. Dies sollte sich bei
den CLBP-Patienten in einer stärkeren selektiven Aufmerksamkeit und einer erhöhten
Vigilanz für schmerzassoziiertes Material (Engagement Effekt) sowie in größeren
Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen (Disengagement
Effekt), niederschlagen.
IV DISKUSSION
169
Die Untersuchung zeigte, dass sowohl CLBP-Patienten als auch gesunde
Kontrollpersonen sowohl einen Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material
aufweisen. Beide Gruppen zeigten in der Untersuchung eine geringere Vigilanz für
schmerzassoziiertes Material und hatten gleichzeitig deutliche Schwierigkeiten, sich
von diesem zu lösen. Die CLBP-Patienten unterscheiden sich dabei allerdings nicht
bedeutsam von den gesunden Kontrollpersonen. Dieses Ergebnis stimmt mit der
aktuellen Befundlage überein. Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias bei
chronischen Schmerzpatienten geben sowohl mit dem Stroop-Paradigma als auch mit
dem dot-probe Paradigma wenig Anlass zu der Annahme, dass ein Bias bei chronischen
Schmerzpatienten besteht (Asmundson et al., 1997, Asmundson et al., 2005;
Boissevain, 1994; Crombez et al., 2000; Dehghani et al., 2003; Keogh, Dillon, Georgiou
& Hunt, 2001; Keogh, Ellery, Hunt & Hannent, 2001; Keogh et al., 2003; Pearce &
Morley, 1989; Pincus & Morley, 2001; Roelofs, Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen,
2003; Roelofs et al., 2005; Schoth & Liossi, 2010; Snider et al., 2000). Der Mangel an
Befunden, die einen allgemeinen Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit vom
Schmerzstatus anzeigen, wird in der aktuellen Forschung vor dem Hintergrund der
Bedeutsamkeit von anderen vermittelnden Merkmalen diskutiert. Als mögliche
vermittelnde Merkmale wird dabei beispielsweise die Stimmung der Probanden
diskutiert. Zusätzlich kann dieser Befund aus der ersten Untersuchung der vorliegenden
Arbeit durch mögliche Limitationen15
der Untersuchung (beispielsweise weist in der
ersten Untersuchung auch die Kontrollgruppe Erfahrungen mit Schmerzen auf)
begründet sein.
Es zeigte sich in der ersten Untersuchung zudem, dass der Aufmerksamkeitsbias bei
CLBP-Patienten stärker ausgeprägt ist als bei gesunden Kontrollpersonen. Dabei
handelt es sich bei den CLBP-Patienten allerdings um einen generellen
Aufmerksamkeitsbias, der unabhängig von dem dargebotenen Stimulusmaterial ist.
Dieses Ergebnis stimmt mit der aktuellen Befundlage überein. Roelofs et al. (2005)
berichteten ebenfalls einen stärkeren Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten. Dieser
Effekt zeigte sich in der Untersuchung der Arbeitsgruppe jedoch in Abhängigkeit vom
Stimulusmaterial. Die dargestellte Inkonsistenz könnte dadurch begründet sein, dass
15 Die Limitationen der Untersuchung sind ausführlich in Abschnitt IV.4 dargestellt.
IV DISKUSSION
170
sich in der vorliegenden Studie CLBP-Patienten und gesunde Kontrollpersonen in den
Bewertungen des Stimulusmaterials nicht bedeutsam unterschieden. Die Analysen der
Ratings der Probanden zeigten hier nämlich, dass die CLBP-Patienten die nicht
bedrohlichen und die bedrohlichen Bilder vergleichbar bedrohlich bewerteten wie die
gesunden Kontrollpersonen. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass bei beiden Gruppen
gleichermaßen schmerzbezogene Schemata und Assoziationen angesprochen worden
sind und folglich keine Wechselwirkung zwischen Stimulus-Typ (hoch bedrohlich und
niedrig bedrohlich) und klinischem Schmerzstatus zu beobachten war. In der
Untersuchung von Roelofs et al. (2005) war dies nicht gegeben, denn dort bewerteten
die CLBP-Patienten die bedrohlichen Bilder als signifikant bedrohlicher als die gesunde
Kontrollgruppe. Auch hier könnte bedeutsam sein, dass die untersuchte Kontrollgruppe
der vorliegenden Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias, wenngleich sie die Kriterien
zur Kategorisierung in die Kontrollgruppe erfüllten, Vorerfahrungen mit Schmerzen
berichteten.
Die Überprüfung von Engagement- und Disengagement Effekten in den
Aufmerksamkeitsleistungen der Probanden konnte in der ersten hier dargestellten
Untersuchung zeigen, dass CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden
Kontrollpersonen tendenziell einen stärkeren Disengagement Effekt aufweisen, also
größere Schwierigkeiten haben, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen. Ein
Engagement Effekt konnte dagegen nicht belegt werden. Dieses Ergebnis stimmt mit
der aktuellen Befundlage überein. Auch Roelofs und seine Kollegen (2005) fanden in
ihrer Untersuchung mit der Bildversion der dot-probe Aufgabe heraus, dass CLBP-
Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen stärkere Schwierigkeiten haben,
sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen. Die untersuchten CLBP-Patienten
wiesen aber auch in der Untersuchung von Roelofs et al. (2005) weder eine selektive
Aufmerksamkeit, noch eine Hypervigilanz für schmerzassoziiertes Material auf.
In der dritten Untersuchung der vorliegenden Arbeit wurde der Gedächtnisbias für
schmerzassoziiertes Material untersucht. Es wurde zunächst angenommen, dass CLBP-
Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein stärkeres selektives
Gedächtnis für schmerzassoziierte Wörter aufweisen als für neutrale Wörter (Edwards
et al., 1992; Pearce et al., 1990; Wright & Morley, 1995; Pincus et al. 1995; Pincus et
IV DISKUSSION
171
al., 1998). Ein solcher Gedächtnisunterschied für schmerzassoziiertes Material konnte
zwar auch in der hier dargestellten Untersuchung gefunden werden, allerdings erreichte
der Effekt keine statistische Signifikanz. Dieses Ergebnis stimmt mit vorherigen
Befunden in diesem Forschungsbereich nicht überein. Wenngleich allerdings ein
Gedächtnisbias im Sinne einer selektiven Wiedergabe von schmerzassoziiertem
Material bei Schmerzpatienten berichtet wird (vgl. Pincus & Morley, 2001), weisen die
Untersuchungen darauf hin, dass auch hier Untersuchungs- und Stichprobenmerkmale
eine wichtige Rolle spielen, wie zum Beispiel die Stimmung (Edwards et al., 1992;
Koutantji et al., 1999, eine vorherige Kodierung des Stimulusmaterials unter
Selbstbezug (Edwards et al., 1992; Koutantji et al., 1999; Pincus et al., 1993; Pincus et
al., 1995) oder eine stärkere Differenzierung des verwendeten Stimulusmaterials, indem
beispielsweise zwischen affektiven und sensorischen Qualitäten bei Schmerzwörtern
unterschieden wird (Edwards et al., 1992; Johnson & Spence, 1997; Pearce et al.,
1990)16
.
Weiterhin zeigte sich in der dritten Untersuchung, dass sowohl CLBP-Patienten als
auch gesunde Kontrollpersonen im Vergleich zu neutralem Material weniger
schmerzassoziiertes Material wiedergeben. Schmerzassoziiertes Material wird somit
von beiden Gruppen zugunsten neutralen Materials vermieden. Diese kognitive
Vermeidung ist konsistent mit verschiedenen anderen Untersuchungen, in denen eine
reduzierte Wiedergabe von negativem Material im Vergleich zu neutralem Material
gefunden werden konnte (Edwards et al., 1992; Watts, Tresize & Sharrock, 1996). Bei
gesunden Kontrollpersonen spricht die gegenwärtige Befundlage sogar durchaus für
eine Präferenz positiven Materials bei Gedächtnistests (Bower, 1981; Bradley &
Mathews, 1988; Dykman, Abramson, Alloy & Hartlage, 1989; Zaunbauer, 2004).
Möglicherweise sind hier ähnliche Mechanismen für eine vermehrte Wiedergabe von
neutralem im Vergleich zu negativem, bedrohlichem Material verantwortlich. Einen
Vorteil eines solchen Bias für positives Material sehen Taylor und Brown (1988) darin,
dass sich dieser als selbstwertdienlich erweist und negative Stimmung fernhält.
16 Die Bedeutung der Stimmung für den Gedächtnisbias werden in den folgenden Abschnitten dieses
Hauptkapitels ausführlich diskutiert.
IV DISKUSSION
172
Eine mögliche Erklärung für den fehlenden Gedächtnisunterschied zwischen den
CLBP-Patienten und den gesunden Kontrollpersonen könnte sein, dass sich die beiden
Gruppen möglicherweise hinsichtlich der wahrgenommenen Bedrohlichkeit des
schmerzassoziierten Stimulusmaterials nicht unterschieden. Weiterhin ist denkbar, dass
der Befund durch die fehlende Erfassung des Bezugs des Stimulusmaterials zum
eigenen Schmerz- und Selbstkonzept der Probanden den Befund mitbedingt wurde.
Bradley und Mathews (1988) fanden beispielsweise heraus, dass Probanden mehr
positive als negative Wörter erinnern, wenn sie unerwartet Wörter wiedergeben sollen,
die zuvor daraufhin bewertet werden sollten, inwieweit sie die eigene Person
beschreiben, also unter Selbstbezug kodiert wurden. In der hier dargestellten
Untersuchung wurde allerdings der Bezug zum Selbstkonzept der Probanden sowie
auch die Bedrohlichkeit des Stimulusmaterials nicht kontrolliert. Es ist auch denkbar,
dass hier andere Merkmale der Probanden, wie zum Beispiel die Fear-Avoidance und
Endurance Reaktionen, eine Rolle spielen und möglicherweise aufgrund gegenläufiger
Effekte einen allgemeinen Bias aushebeln.
Zusätzlich wurde in der hier dargestellten Untersuchung die Fragestellung überprüft,
inwieweit sich ein Gedächtnisbias in Abhängigkeit von der Qualität des Schmerzwortes
zeigt. Dabei wurde zwischen sensorischen und affektiven Schmerzwörtern
unterschieden. Es wurde erwartet, dass sich CLBP-Patienten von gesunden
Kontrollpersonen in ihrem Gedächtnisbias für sensorische und affektive Schmerzwörter
im Vergleich zu schmerz-neutralen Wörtern unterscheiden. Die Ergebnisse der
Untersuchung zeigen, dass sich der Gedächtnisbias bei allen Probanden in Abhängigkeit
von dem Stimulus-Typ zeigt. Tendenziell findet eine Vermeidung von sensorischen
Schmerzwörtern im Vergleich zu neutralen Wörtern statt. Zudem wurden weniger
affektive Wörter als neutrale Wörter wiedergegeben, allerdings erreichte dieser
Unterschied ebenfalls keine statistische Signifikanz. Ein Unterschied zwischen
sensorischen und affektiven Schmerzwörtern in Abhängigkeit des klinischen
Schmerzstatus ist dabei nicht gegeben.
Eine mögliche Erklärung für die reduzierte Wiedergabe sensorischer Schmerzwörter
verglichen mit der Wiedergabe neutraler Wörter könnte sein, dass die Probanden die
sensorische Qualität der Stimuli als bedrohlicher empfinden als die neutralen Wörter
IV DISKUSSION
173
und daher entsprechend die sensorischen Wörter vermeiden, um ein damit verbundenes
Unbehagen zu reduzieren. Allerdings wurde die wahrgenommene Bedrohlichkeit des
Materials hier nicht erfasst. Weiterhin ist denkbar, dass beim Gedächtnisbias in
Abhängigkeit vom Stimulus-Typ weitere Charakteristika der Probanden wie zum
Beispiel die Stimmung und schmerzspezifische Reaktionen der Stichprobe vermitteln17
.
2.2 Die Bedeutung von Depressivität und schmerzbezogener Disability
Depressionen und eine erhöhte Disability nehmen bei chronischen Schmerzen einen
hohen Stellenwert ein. Beispielsweise leiden chronische Schmerzpatienten etwa drei bis
vier Mal häufiger unter Depressionen als die Normalbevölkerung (Sullivan, Reesor,
Mikail & Fisher, 1992). Dabei werden Depressionen häufig als Folge und weniger als
Ursache chronischer Schmerzen betrachtet (Fishbain, 2003). Es wird angenommen, dass
mit einer zunehmenden Anzahl körperlicher Beschwerden, das Risiko dafür steigt, an
einer Depression zu erkranken (Kroenke et al., 1994). Gleichzeitig sind chronische
Schmerzen mit vielfältigen Funktionseinschränkungen, also einer hohen Disability der
Betroffenen, verbunden (Jensen, Turner, Romano & Karoly, 1991; Turk & Holzman,
1986; Vlaeyen & Linton, 2000; von Korff, Le Resche & Dworkin, 1993). In den hier
vorgestellten drei Untersuchungen zum Informationsverarbeitungsbias wurden aufgrund
der großen Bedeutung einer depressiven Stimmung sowie einer erhöhten Disability bei
Schmerzen, die Zusammenhänge zwischen diesen beiden Merkmalen und einem
Aufmerksamkeits- bzw. Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material überprüft. In
den folgenden Unterabschnitten werden die Ergebnisse aus den Analysen zur
depressiven Stimmung und der schmerzbezogenen Disability getrennt diskutiert.
17 Die Bedeutung individueller Charakteristika im Zusammenhang mit dem Gedächtnisbias werden in den
folgenden Abschnitten dieses Hauptkapitels ausführlich diskutiert.
IV DISKUSSION
174
2.2.1 Depressivität
In den ersten beiden Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias wurde angenommen,
dass im Allgemeinen eine Assoziation zwischen dem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material und der depressiven Stimmung der Probanden besteht.
Dies konnte in der ersten Untersuchung nur tendenziell bestätigt werden. Im Trend
zeigte sich eine geringere Vigilanz für schmerzassoziiertes Material. Die Befundlage zu
den Zusammenhängen zwischen Depressionen und einem Aufmerksamkeitsbias erweist
sich in der aktuellen Forschung als inkonsistent. Der Befund der ersten Untersuchung
fügt sich in die Reihe bisheriger Untersuchungen ein, die einen signifikanten
Zusammenhang zwischen depressiver Stimmung und einem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material weder bei gesunden Probanden (beispielsweise Roelofs,
Peters, Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) noch bei Schmerzpatienten (beispielsweise
Asmundson, Carleton & Ekong, 2005; Asmundson, Wright, Heather &
Hadjistavropoulos, 2005: Liossi, Schoth, Bradley & Mogg, 2008; Roelofs, Peters &
Vlaeyen, 2002) finden konnten.
Ein wichtiges Kriterium stellt in diesen Untersuchungen das Zeitfenster der
Stimuluspräsentation dar (Yiend, 2010). Donaldson, Lahm und Mathews (2007)
konnten zeigen, dass bei einer Stimulusdarbietung von 1000 ms ein
Aufmerksamkeitsbias in Richtung von negativem Wortmaterial bei Personen mit einer
Major Depression gegeben war. Bei einer Reizdarbietung von 500 ms konnte dieser
Effekt nicht beobachtet werden (vgl. auch Gotlib, Krasnoperova, Yue & Joormann,
2004). Bradley, Mogg und Lee (1997) konnten dagegen in einer Untersuchung mit einer
dot-probe Aufgabe bei Probanden mit einer Dysphorie und bei Personen, bei denen eine
dysphorische Stimmung experimentell induziert wurde, feststellen, dass sowohl bei
einer Reizdarbietung von 500 ms als auch bei 1000 ms ein stimmungskongruenter
Aufmerksamkeitsbias vorlag. Bei einer Reizdarbietung von 14 ms konnte ein solcher
Effekt in der Untersuchung von Bradley et al. (1997) nicht beobachtet werden. In einem
theoretischen Review fasst Yiend (2010) die Befunde zusammen und schlussfolgert,
dass im Zusammenhang mit Depressionen ein Aufmerksamkeitsbias nur bei einer
längeren Dauer der Stimuluspräsentation (ca. 1 Sekunde) ausgelöst werden kann. In der
IV DISKUSSION
175
hier dargestellten Untersuchung erfolgte die Stimuluspräsentation für 500 ms, so dass
möglicherweise die Dauer nicht ausreichend war, um einen entsprechenden
Aufmerksamkeitsbias im Zusammenhang mit der depressiven Stimmung zu erfassen.
Weiterhin wurden in der vorliegenden Arbeit Bilder, auf denen schmerzassoziierte
Aktivitäten dargestellt waren als Stimulusmaterial verwendet, während bei bisherigen
Untersuchungen mit Probanden mit depressiver Stimmung oder einer Major Depression
eher Bildmaterial, auf denen traurige Gesichtsausdrücke abgebildet waren oder
Wortmaterial mit negativem, positivem oder neutralem Gehalt verwendet wurden (vgl.
Yiend, 2010). Folglich hat das Stimulusmaterial im Sinne der Assoziativen
Netzwerktheorie (Bower, 1981) und der Schematheorie (Beck & Clark, 1988; Beck &
Emery, 1985; Beck, 1967; Beck, 1976) möglicherweise nicht ausreichend depressive
Schemata oder Knotenpunkte angesprochen, um einen stimmungskongruenten Bias
auszulösen. Gegen dieses Argument spricht, dass im Bereich der Erforschung des
Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten festgestellt werden konnte, dass depressive
Schmerzpatienten keinen Bias für depressionstypische Stimuli aufweisen, sondern für
Reize, die sich auf Gesundheit und Krankheit beziehen (Pincus & Morley, 2001).
Themen zu Gesundheit und Krankheit könnten folglich bei Schmerzpatienten relevanter
im Sinne der assoziativen Netzwerktheorie und der Schematheorie sein als allgemeine
stimmungsbezogene Themen.
In der zweiten Untersuchung der vorliegenden Arbeit zeigten die Ergebnisse, dass eine
zunehmende depressive Stimmung, tendenziell mit einer vermehrten Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material assoziiert ist. Eine genauere Betrachtung der Befunde
zum Aufmerksamkeitsbias bei depressiven Patienten unabhängig von Schmerzen zeigt,
dass sich dieses Ergebnis gegenläufig zu den bisherigen Befunden verhält. Shane und
Peterson (2007) konnten in einer Untersuchung mit dysphorischen Personen sowohl
eine Aufmerksamkeitshinwendung in Richtung negativer Wörter als auch eine
Abwendung von positiven Wörter feststellen. Kritisch ist hier anzumerken, dass die
Stichprobe der zweiten Untersuchung eine reine CLBP-Patientenstichprobe war, da
aufgrund eines anderen Schwerpunktes der Untersuchung auf eine gesunde
Vergleichsstichprobe verzichtet worden war. Post-hoc wurde daher eine Re-Analyse der
Daten aus der ersten Untersuchung der vorliegenden Arbeit vorgenommen. Es wurden
IV DISKUSSION
176
jeweils für die gesunde Kontrollstichprobe und die CLBP-Patientenstichprobe getrennt
noch einmal Korrelationsanalysen gerechnet, um zu überprüfen, ob sich auch in der
gesunden Stichprobe der in der zweiten Untersuchung gefundene Vermeidungseffekt
finden lässt. Die Korrelationsanalyse zeigte, dass sich ein solcher Effekt in der
gesunden Stichprobe der ersten Untersuchung ebenfalls nicht finden ließ (p>0.05).
Weiterhin ist anzumerken, dass die Ergebnisse durch den hohen Zusammenhang
zwischen Depression und Angst verfälscht worden sein könnten. In der vorliegenden
Arbeit lag eine hohe Korrelation zwischen der depressiven Stimmung und der Trait-
Angst der Probanden vor (r=0.786, p<0.001). Verschiedene Untersuchungen, die die
Zusammenhänge zwischen Depressionen und dem Aufmerksamkeitsbias überprüft
haben und einen positiven Befund berichten konnten (Bradley, Mogg & Lee, 1997;
Gotlib, Krasnoperova, Yue & Joormann, 2004b; Mathews, Ridgeway & Williamson,
1996; Mogg, Bradley & Williams, 1995), haben bei der Patientenwahl ein besonderes
Augenmerk darauf gelegt, eine Komorbidität mit Trait-Angst zu vermeiden (Yiend,
2010). In der vorliegenden Untersuchung wurden komorbide psychische Erkrankungen,
folglich Depressionen und klinisch relevante Ängste nach Selbstauskunft ebenfalls
ausgeschlossen.
Zusammenfassend stellen Gotlib und Joormann (2010) in ihrem Review fest, dass
depressive Personen ihre Aufmerksamkeit nicht stärker als gesunde Probanden auf
negatives Material richten, sondern eher Schwierigkeiten haben, sich von diesem zu
lösen, wenn das Material erst einmal ihre Aufmerksamkeit gewonnen hat. Dieser Effekt
konnte in verschiedenen Untersuchungen sowohl mit dem Paradigma zur visuellen
Suche (Rinck & Becker, 2005) als auch mit dem Eye-Tracking Paradigma bestätigt
werden (Caseras, Garner, Bradley, & Mogg, 2007; Eizenman et al., 2003).
Im Vergleich zum Aufmerksamkeitsbias erweist sich die Befundlage zum
Gedächtnisbias im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen als eindeutiger (Pincus
& Morley, 2001). In der dritten Untersuchung dieser Arbeit wurde angenommen, dass
im Zusammenhang mit CLBP eine depressive Stimmung den Gedächtnisbias für
schmerzassoziiertes Material beeinflusst. Hierfür wurden die Probanden in vier
Gruppen kategorisiert (CLBP/nicht depressiv, CLBP/depressiv, schmerzfrei/nicht
depressiv, schmerzfrei/depressiv) und der Einfluss des klinischen Schmerzstatus in
IV DISKUSSION
177
Verbindung mit der Ausprägung einer depressiven Stimmung auf den Gedächtnisbias
für die unterschiedlichen Stimulus-Typen überprüft.
In Anlehnung an die Arbeit von Edwards et al. (1992) wurde dabei angenommen, dass
nichtdepressive Schmerzpatienten dazu neigen, ein selektives Gedächtnis für
sensorische Wörter aufzuweisen, wohingegen depressive Schmerzpatienten einen
Gedächtnisbias sowohl für sensorische als auch für affektive Schmerzwörter aufweisen
sollten. Diese Annahme konnte jedoch nicht bestätigt werden. Eine mögliche Ursache
für die Inkonsistenz der Befunde der vorliegenden Untersuchung im Vergleich zu den
Befunden von Edwards et al. (1992) könnte unter anderem darin liegen, dass die hier
vorgenommene Gruppierung der Probanden in hoch und niedrig depressive Patienten
auf der Basis einer Medianhalbierung des Wertes der Probanden im Beck Depression
Inventar (BDI; Hautzinger et al., 1995; nach Beck et al., 1987) erfolgte, dieser Median
allerdings bei einem BDI Wert von 5.5 lag und damit weder im Sinne der Cut-offs des
BDIs, noch nach Hasenbring et al. (2010) von einer erhöhten depressiven Stimmung bei
der Patientengruppe mit Werten ausgegangen werden kann. Möglicherweise waren die
in der vorliegenden Untersuchung als hoch-depressiv klassifizierten Probanden nicht
wirklich hoch-depressiv im klinischen Sinne18
. Demnach würden sie im Vergleich als
eine gesunde depressive Gruppe gelten. So gesehen sind die Befunde konsistent mit der
aktuellen Forschungslage, in der bei gesunden Probanden eine generelle Tendenz einer
Bevorzugung von nicht-bedrohlichem Material bzw. einer Vermeidung von negativem
Material berichtet wird (Edwards et al., 1992).
Zusätzlich wurde der Zusammenhang zwischen dem Gedächtnisbias und der
Depressivität der Probanden als kontinuierliches Merkmal überprüft. In Anlehnung an
die Befunde aus dem Bereich der Gedächtnisbias-Forschung bei Depressionen wurde
dabei vermutet, dass im Allgemeinen depressivere Probanden dazu neigen, mehr
negatives bzw. bedrohliches Material wiederzugeben (beispielsweise Breslow, Kocsis
& Belkin, 1981; Clark & Teasdale, 1982; Lloyd & Lishamn, 1975; McDowell, 1984).
Es zeigte sich allerdings, dass in der Gesamtgruppe mit zunehmender Depressivität der
Anteil der Wiedergabe der schmerzassoziierten Wörter geringer ausfiel, was als
18 S. in diesem Zusammenhang auch Abschnitt IV.4 zu den Limitationen der vorliegenden Untersuchung.
IV DISKUSSION
178
Vermeidung von bedrohlichem Material gewertet werden kann. Die Inkonsistenz der
Befunde der vorliegenden Untersuchung mit den Befunden aus der
Depressionsforschung könnte auch hier dadurch entstanden sein, dass keine klinisch
depressiven Patienten untersucht wurden, sondern Patienten mit eher geringen
depressiven Werten.
Zu beachten ist hier, dass sich in der Untersuchung lediglich ein Trend für den
Vermeidungseffekt für sensorische Wörter zeigte, der bei den weiteren Analysen weiter
an Bedeutsamkeit verlor. Post-hoc wurden die Korrelation zwischen der depressiven
Stimmung und dem Gedächtnisbias für die gesunde Kontrollgruppe und die CLBP-
Patienten getrennt überprüft. In beiden Gruppen zeigten sich über alle Wortkategorien
hinweg keine bedeutsamen Korrelationen zwischen Depressivität und dem
Gedächtnisbias. Die Inkonsistenz der Befunde könnte neben den bereits aufgeführten
kritischen Anmerkungen durch die Wahl des Paradigmas sowie der verwendeten
Stimuli und durch andere methodische Vorgehensweisen entstanden sein19
. Bei
Schmerzpatienten, die zusätzlich eine depressive Stimmung oder einen hohen Distress
berichten, konnten Pincus, Satos und Morley (2007) beispielsweise mithilfe einer
Satzvervollständigungsaufgabe mit unter Selbstbezug kodierten Wörtern als
Stimulusmaterial, einen negativen Gedächtnisbias für Wörter finden, die auf Krankheit
und Gesundheit bezogen sind. Ein solcher Bias zeigte sich jedoch nicht für andere
Wörter mit einer negativen Valenz, die bei Untersuchungen zu Depressionen mit einem
Bias verbunden sind. In der vorliegenden Untersuchung wurden Wörter, die wie bei
Pincus, Satos & Morley (2007) auf Krankheit und Gesundheit bezogen waren, nicht
dargeboten.
Weiterhin ist hier denkbar, dass in der vorliegenden Untersuchung schmerz-
spezifischere Merkmale, die ebenfalls mit Depressionen zusammenhängen, Einfluss auf
das Ergebnis genommen haben. Hierzu wird auch die schmerzbezogene Disability
gerechnet.
19 Mögliche weitere Ursachen für die inkonsistenten Befunde werden in Abschnitt IV.4 unter den
Limitationen der Untersuchung dargestellt.
IV DISKUSSION
179
2.2.2 Schmerzbezogene Disability
In der hier dargestellten Untersuchung wurden die Assoziationen zwischen der
schmerzbezogenen Beeinträchtigung (Disability) der Probanden und ihrem
Aufmerksamkeitsbias sowie ihrem Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material
überprüft. Wenngleich der Disability im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen
ein hoher Stellenwert zugesprochen wird (Jensen, Turner, Romano & Karoly, 1991;
Turk & Holzman, 1986; Vlaeyen & Linton, 2000; Von Korff, Le Resche & Dworkin,
1993), sind Befunde zum Aufmerksamkeits- und Gedächtnisbias bei chronischen
Schmerzpatienten in dem Zusammenhang eher rar und inkonsistent (Boston & Sharpe,
2005; Dear, Sharpe, Nicholas & Refshauge, 2011; Dehghani, Sharpe & Nicholas, 2003;
Khatibi et al., 2009; Read & Pincus, 2004). Folglich wurde in der ersten Untersuchung
der vorliegenden Arbeit der Zusammenhang der Disability mit dem Aufmerksamkeits-
überprüft. Die Disability der Probanden wurde nach von Korff (von Korff et al., 1992;
deutsche Version Klasen et al., 2004) über folgende Skalen erfasst: (1)
Charakteristische Schmerzintensität, (2) Disability und (3) Chronic Pain Grade. In der
ersten Untersuchung wurde angenommen, dass der Aufmerksamkeitsbias mit der
Disability der Probanden positiv zusammenhängt.
Es konnte gezeigt werden, dass die zunehmende Disability nach von Korff et al. (1992)
mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material sowie mit deutlicheren
Schwierigkeiten, sich von diesem Material zu lösen, einhergeht. Hinsichtlich der
geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material stimmt dieser Befund mit den
Ergebnissen aus der Untersuchung von Khatibi et al. (2009) überein. Die Arbeitsgruppe
überprüfte die Zusammenhänge zwischen der selektiven Aufmerksamkeit für
Bildmaterial in einer dot-probe Aufgabe bei chronischen Schmerzpatienten und erfasste
dabei die Disability der Probanden mithilfe des Roland and Morris Disability
Questionnaire (RDQ; Roland & Morris, 1983). Als Bildmaterial verwendete sie
Gesichter mit fröhlichen, schmerzbezogenen und neutralen Ausdrücken. Vergleichbar
mit den Ergebnissen aus der hier dargestellten Untersuchung, konnten Khatibi und
Kollegen (2009) in kongruenten Durchgängen mit schmerzassoziierten Bildern eine
positive Korrelation zwischen den Reaktionszeiten der Probanden und der Ausprägung
ihrer schmerzbezogenen Disability feststellen. In den inkongruenten Durchgängen ihrer
IV DISKUSSION
180
Untersuchung zeigten sich allerdings keine signifikanten Korrelationen zwischen der
Disability der Probanden und ihrem Aufmerksamkeitsbias für die verschiedenen
Bildtypen.
Zu beachten ist hier, dass einige wesentliche Unterschiede zwischen der hier
dargestellten Untersuchung und der Untersuchung von Khatibi et al. (2009) bestehen.
Zum einen ist das verwendete Stimulusmaterial zu berücksichtigen. Während Khatibi et
al. (2009) Gesichter mit verschiedenen Ausdrücken verwendeten, wurden in der
vorliegenden Untersuchung Bilder präsentiert, auf denen schmerassoziierte und neutrale
Aktivitäten dargestellt waren. Weiterhin ist zu bedenken, dass in den dargestellten
Untersuchungen verschiedene Instrumente zur Erfassung der Disability verwendet
wurden. In der hier dargestellten Untersuchung wurde der Chronic Pain Grade
Fragebogen (Klasen et al., 2004; nach Korff et al., 1992) verwendet, Khatibi et al.
(2009) benutzten den RDQ (Roland & Morris, 1983). Vor diesem Hintergrund ist zu
beachten, dass in der vorliegenden Arbeit die geringere Vigilanz in der ersten
Untersuchung mit einer höheren charakteristischen Schmerzintensität nach von Korff
einherging, während die schmerzbezogene Disability im Sinne einer Kombination aus
der charakteristischen Schmerzintensität, der erlebten Beeinträchtigung durch
Schmerzen und der Anzahl der durch die Schmerzen beeinträchtigten Tage mit dem
Disengagement Effekt positiv zusammenhing. Als prädiktiv für den Engagement Effekt
für schmerzassoziiertes Material erwies sich hier die charakteristische
Schmerzintensität. Eine erhöhte Disability erwies sich als prädiktiv für eine geringere
Vigilanz. Erhöhte Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen,
konnten am besten durch den CPG erklärt werden. Folglich sprechen die Ergebnisse der
vorliegenden Arbeit dafür, dass eine stärkere Disability, wie sie vielmehr dem RDQ
(Roland & Morris, 1983) entsprechen würde, mit einem Disengagement-Effekt
einhergeht. Dies konnten Khatibi et al. (2009) allerdings nicht zeigen.
Um die Befunde aus der ersten Untersuchung zu überprüfen bzw. zu replizieren, wurde
in der zweiten Untersuchung der hier dargestellten Arbeit erneut die Disability der
Probanden mit ihrem Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material ins
Verhältnis gesetzt. In Anlehnung an die erste Untersuchung wurde angenommen, dass
eine erhöhte Disability mit einer geringeren Vigilanz sowie mit einem stärkeren
IV DISKUSSION
181
Disengagement Effekt assoziiert ist. In der zweiten Untersuchung konnten diese
Annahmen nicht bestätigt werden. Es zeigten sich für die Disability keine bedeutsamen
Zusammenhänge mit dem Engagement- oder mit einem Disengagement Effekt. Auch
Dear et al. (2011) konnten keine signifikanten Korrelationen zwischen der Disability
von chronischen Schmerzpatienten und ihrem Aufmerksamkeitsbias für
schmerzassoziiertes Material nachweisen. Dear et al. (2011) untersuchten dabei die
Aufmerksamkeitsleistungen von chronischen Schmerzpatienten mithilfe von zwei
visuellen dot-probe Aufgaben. Sie verwendeten dabei eine Aufgabe mit verbalem
Material und eine Aufgabe mit Bildmaterial. Es konnten weder in der Wort- noch in der
Bildversion signifikante Zusammenhänge mit der Disability festgestellt werden. Ebenso
zeigten sich in der Untersuchung keinerlei Effekte in Abhängigkeit davon, ob das
Stimulusmaterial idiosynkratisch ausgewählt wurde oder nicht.
Überraschenderweise zeigte sich allerdings in der hier dargestellten Untersuchung, dass
mit zunehmendem CPG nach von Korff eine stärkere Vermeidung des
schmerzassoziierten Materials (geringere Werte im Bias Index) gegeben ist. Einen
Vermeidungseffekt im Zusammenhang mit Disability konnten auch Dehghani et al.
(2003) berichten. Allerdings lassen sich die Ergebnisse der hier dargestellten Arbeit nur
sehr begrenzt mit den Befunden aus der Arbeit von Dehghani et al. (2003) vergleichen.
Dehghani et al. (2003) untersuchten mithilfe einer visuellen dot-probe Aufgabe bei
chronischen Schmerzpatienten den Aufmerksamkeitsbias für sensorische (z.B.
flickering, throbbing, shooting, boring), affektive (z.B. vicious, annoying, miserable,
troublesome) und bedrohliche Wörter (z.B. chrushing, fearful, frightful, terrifying)
sowie für Wörter, die sich auf Disability bezogen (z.B. paralysed, vulnerable, suffering).
Die Untersuchung zeigte, dass chronische Schmerzpatienten einen Bias für sensorische
Schmerzwörter aufweisen. Für Wörter, die auf Disability, Bedrohung oder auf affektive
Aspekte von Schmerzen bezogen waren, konnte dieser Effekt nicht gefunden werden.
Im Vergleich zu Patienten mit einer geringeren oder mittel ausgeprägten Schmerzangst
zeigten Patienten mit einer stärkeren schmerzbezogenen Angst deutlich langsamere
Reaktionszeiten, folglich eine stärkere Vermeidung von Wörtern, die auf Disability,
Bedrohung und auf sensorische Aspekte von Schmerzen bezogen waren. Hier ist zu
beachten, dass die Ausprägung der schmerzbezogenen Disability als individuelles
IV DISKUSSION
182
Merkmal der Probanden zwar mithilfe des RDQ (Roland & Morris, 1983) erhoben,
allerdings nicht korrelativ ins Verhältnis zum Aufmerksamkeitsbias für die
verschiedenen Wort-Typen gesetzt wurde. Disability wurde lediglich semantisch bei der
Auswahl der Wörter berücksichtigt. Eine ähnliche Untersuchung führten Boston und
Sharpe (2005) durch. Sie untersuchten mithilfe einer dot-probe Aufgabe, die
Aufmerksamkeitsleistungen einer gesunden Stichprobe in Abhängigkeit von
experimentell induziertem Schmerz und verwendeten in ihrer Untersuchung das gleiche
Stimulusmaterial wie Dehghani et al. (2003). Boston und Sharpe (2005) konnten im
Hinblick auf Wörter, die auf Disability bezogen waren, keine bedeutsamen Effekte
finden. Im Gegensatz zu Dehghani et al. (2003) erfassen Boston und Sharpe (2005) die
Disability der Probanden nicht. Eine Aussage zur Bedeutung von Disability als
Stichprobenmerkmal ist daher weder auf der Basis der Befunde von Dehghani et al.
(2003) noch der Befunde von Boston und Sharpe (2005) möglich.
In der dritten Untersuchung wurde der Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material
im Zusammenhang mit den individuellen Charakteristika der Probanden untersucht. Im
Hinblick auf die Disability der Versuchsteilnehmer wurde angenommen, dass sich mit
zunehmender Disability eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material
abbildet, folglich weniger schmerzassoziierte Wörter erinnert werden. In der dritten
Untersuchung zeigte sich, vergleichbar mit den Ergebnissen aus der zweiten
Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias, dass im Sinne einer Vermeidungsreaktion mit
zunehmender Disability weniger schmerzassoziierte Wörter wiedergegeben wurden.
Diese Vermeidung zeigte sich im Anteil der freien Wiedergabe der sensorischen
Schmerzwörter.
Eine genauere Betrachtung der Befundlage zum Gedächtnisbias bei Schmerzen zeigt,
dass auch hier konkrete Untersuchungen, welche die Disability der Probanden mit
berücksichtigen, sehr rar sind. Obwohl in einigen Untersuchungen die Disability der
Probanden erfasst wurde (Pincus & Newman, 2001; Read & Pincus, 2003), wurden die
Zusammenhänge zwischen der Disability und dem Gedächtnisbias nicht weiter
betrachtet (Read & Pincus, 2003).
Eine Untersuchung, in welcher der Gedächtnisbias bei LBP Patienten im
Zusammenhang mit ihrer schmerzbezogenen Disability untersucht wurde, stammt von
IV DISKUSSION
183
Pincus und Newman (2001). In einer unangekündigten Aufgabe zur freien Wiedergabe
mit schmerzbezogenen Adjektiven überprüften sie die Zusammenhänge zwischen den
Gedächtnisleistungen und verschiedenen individuellen Charakteristika der Patienten,
darunter auch die Disability. Pincus und Newman (2001) konnten allerdings keine
bedeutsamen Zusammenhänge zwischen der Disability (erfasst mithilfe des RDQ;
Roland & Morris, 1983) und dem Gedächtnisbias der Patienten feststellen. Letzterer
konnte vielmehr durch die Anzahl der Krankenhausaufenthalte der Patienten
vorhergesagt werden. Read und Pincus (2003) untersuchten bei depressiven und nicht-
depressiven chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zu einer gesunden
Kontrollstichprobe den Gedächtnisbias für verschiedene Wort-Typen (Wörter mit
Bezug zu Depressionen, Wörter mit positivem bzw. negativem Bezug zu Krankheit/
Gesundheit sowie neutrale Wörter). Zusätzlich wurden verschiedene individuelle
Charakteristika der Probanden erfasst, darunter auch die Disability mithilfe des
Oswestry Disability Questionnaires (ODQ; Fairbank et al., 1980). Das primäre Ziel der
Untersuchung lag allerdings darin, die zeitlichen Implikationen des Schema
Enmeshment Model of Pain (SEMP; Pincus & Morley, 2001) zu untersuchen, so dass
keine expliziten Annahmen oder Analysen zu den Zusammenhängen zwischen dem
Gedächtnisbias der Probanden und der Ausprägung ihrer Disability vorgenommen
wurden.
Wenngleich sich aufgrund der mangelnden Befundlage die Ergebnisse der hier
dargestellten Untersuchung schwer einordnen lassen, stimmen sie mit den theoretischen
Annahmen von Aldrich und Kollegen (2000) überein, die vermuten, dass es im
Zusammenhang mit Disability zu einer Abwendung der Aufmerksamkeit von
Schmerzen kommt. Aldrich und Kollegen (2000) nehmen an, dass bei ‚chronischen
Schmerzen, die Folgen und Konsequenzen der Schmerzen (als) das zentrale Problem
von Schmerzpatienten zu sehen sind und dass (…) die Aufmerksamkeit von Schmerzen
abgewendet wird, was sich als ursächlich für Disability und Distress erweist‘ (Aldrich et
al., 2000, S. 464).
Zusammenfassend spricht die hier dargestellte Arbeit dafür, dass eine stärkere
Disability im Sinne einer höheren charakteristischen Schmerzintensität mit einer
geringeren Vigilanz einhergeht. Die schmerzbezogene Disability im Sinne einer
IV DISKUSSION
184
Beeinträchtigung bei alltäglichen, erholsamen, sozialen und beruflichen Aktivitäten, ist
dagegen mit stärkeren Disengagement Effekten assoziiert. Weiterhin konnte in der
ersten Untersuchung gezeigt werden, dass der Grad der Disability (von Korff Chronic
Pain Grade) sowohl mit einer geringeren Vigilanz - als auch mit mehr Schwierigkeiten,
sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen verbunden ist. Dabei konnte der
Chronic Pain Grade als Prädiktor für den Engagement Effekt identifiziert werden. Die
Disability im Sinne der Beeinträchtigung bei alltäglichen, erholsamen, sozialen und
auch beruflichen Aktivitäten konnte als Prädiktor für den Disengagement Effekt
bestimmt werden.
Entgegen der Erwartung zeigte sich in der zweiten Untersuchung, dass der Chronic Pain
Grade bei den untersuchten Patienten mit einer zunehmenden Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material assoziiert ist. Tendenziell war diese Vermeidung sowohl
mit der Schmerzintensität als auch mit der Beeinträchtigung bei alltäglichen, sozialen
und beruflichen Aktivitäten auffindbar.
Kritisch ist in der aktuellen Forschung zum Aufmerksamkeitsbias anzumerken, dass in
den entsprechenden Untersuchungen bei Schmerzpatienten verschiedene individuelle
Merkmale diskutiert werden, die mit der Disability der Patienten korrelieren bzw. diese
vorhersagen können. Diese Merkmale könnten folglich in der vorliegenden
Untersuchung zwischen der Disability und dem Gedächtnisbias der Probanden
vermittelt haben, so dass die Vermeidungsreaktion nicht ausschließlich im
Zusammenhang mit einer erhöhten Disability der Probanden betrachtet werden kann.
Eine besondere Rolle wird hierbei dem Merkmal Katastrophisieren zugesprochen (z.B.
Roelofs et al., 2005; Ullrich, 2007; Van den Hout, Vlaeyen, Heuts, Sillen und Willen,
2001). Van den Hout et al. (2001) haben beispielsweise Prädiktoren für die Disability
von Rückenschmerzpatienten untersucht und konnten Schmerzintensität und
Katastrophisieren (erfasst über die Pain Catastrophizing Scale; PCS; niederländische
Version nach Crombez & Vlaeyen, 1996; Sullivan, nach Bishop, & Pivik, 1995 ) als die
stärksten Prädiktoren für die funktionale Disability der Patienten identifizieren. Auch
Roelofs et al. (2005) betonen im Zusammenhang mit der Disability der Probanden die
Rolle des Katastrophisierens. Sie gehen davon aus, dass Rumination mit
Katastrophisieren und über dieses mit Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem
IV DISKUSSION
185
Material zu lösen, verbunden ist. In der vorliegenden Untersuchung wurde die
Rumination der Probanden allerdings nicht erfasst. Allerdings konnte tatsächlich
gezeigt werden, dass ein erhöhtes Katastrophisieren ebenfalls mit einer stärkeren
Vermeidungsreaktion assoziiert ist (s. Abschnitt IV.2.3.2).
2.3 Die Bedeutung von allgemeiner Angst und schmerzbezogenen Fear-
Avoidance Reaktionen
Verschiedene Untersuchungen überprüften bei Patienten mit CLBP die Prävalenzrate
von Angststörungen, die nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental
Disorders III-Revised (DSM-III-R; American Psychiatric Association, 1987)
diagnostizierbar sind und berichteten Raten zwischen 17% und 28.8% (Atkinson, Slater,
Patterson, Grant & Garfin, 1991; Kinney, Gatchel, Polatin, et al., 1993; Polatin, Kinney,
Gatchel, Lillo & Mayer, 1993; vgl. Asmundson & Katz, 2009). Vor dem Hintergrund
der immensen Bedeutung von Ängsten bei CLBP (Asmundson & Katz, 2009)
insbesondere im Hinblick auf das Fear-Avoidance Modell (Vlaeyen & Linton, 2000)
sowie das Avoidance-Endurance Modell (Hasenbring & Verbunt, 2010) wurden die
Zusammenhänge zwischen allgemeiner bzw. schmerzspezifischer Angst und dem
Aufmerksamkeits- sowie dem Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material bei
CLBP-Patienten erfasst. Im Folgenden werden die Ergebnisse aus diesen Analysen
zusammenfassend diskutiert.
2.3.1 Allgemeine schmerzunabhängige Angst
In der ersten Untersuchung wurde angenommen, dass der Aufmerksamkeitsbias in
einem Zusammenhang mit der Ängstlichkeit der Probanden steht. Die Ergebnisse
konnten jedoch keine bedeutsamen Zusammenhänge bestätigen. Dies traf auf Angst als
gegenwärtigen Zustand (State) während der Untersuchung, als auch auf Angst als ein
überdauerndes Merkmal (Trait) zu. Einem meta-analytischen Review von Bar-Haim,
Lamy, Pergamin, Bakermans-Kranenburg und van Ijzendoorn (2007) zufolge, in der die
Zusammenhänge zwischen Angst und dem Aufmerksamkeitsbias für bedrohliches
Material überprüft wurde, hätte jedoch ein Zusammenhang zwischen Angst und dem
IV DISKUSSION
186
Aufmerksamkeitsbias erwarten lassen, wenngleich Bar-Haim und Kollegen darauf
verweisen, dass dieses Ergebnis in ihren Analysen lediglich eine Effektstärke von d =
0.45 aufwies. Eine mögliche Ursache dafür, dass in der ersten Untersuchung kein
bedeutsamer Zusammenhang gefunden wurde, könnte darin liegen, dass die hier
untersuchten Probanden insgesamt eine zu geringe Ausprägung von Trait-Angst
aufwiesen. In verschiedenen Untersuchungen konnte allerdings nachgewiesen werden,
dass gerade bei einer leichteren Ausprägung von Trait-Angst, eine Vermeidung von
leicht bedrohlichem Stimulusmaterial gegeben ist (Mogg et al., 2000; Wilson &
MacLeod, 2003; Yiend & Mathews, 2001, Experiment 1), dagegen bei Probanden mit
einer stärker ausgeprägten Trait-Angst eher eine Vigilanz vorliegt (Mogg et al., 2000;
Wilson & MacLeod, 2003). Bar-Haim und Kollegen (2007) überprüften in ihrer
Analyse den Aspekt der Ausprägung allgemeiner Ängstlichkeit im Zusammenhang mit
dem Aufmerksamkeitsbias und stellten fest, dass sich sowohl bei mittlerer als auch bei
hoher Angst ein Aufmerksamkeitsbias gut nachweisen lässt. Allerdings weisen sie
ebenfalls darauf hin, dass ein Aufmerksamkeitsbias bei nicht-ängstlichen Probanden
eher schlecht nachweisbar ist. Die hier untersuchte Stichprobe könnte somit insgesamt
nicht ängstlich genug gewesen sein, so dass entsprechend kein Aufmerksamkeitsbias für
bedrohliches Material gefunden werden konnte.
In der State-Skala des STAI erreichte die Stichprobe im Durchschnitt einen Wert von
32.67 und in der Trait-Skala einen Wert von 33.92. Die Werte im STAI können dabei
zwischen 20 und 80 Punkten liegen. In der Untersuchung von Mogg et al. (2000) lag der
durchschnittliche Wert in der Trait-Skala des STAI in der niedrig-ängstlichen Gruppe
bei 31.6. In der Untersuchung von Mogg et al. (2000) lag der durchschnittliche Wert in
der Trait-Skala des STAI bei den hoch-ängstlichen Probanden bei vergleichsweise
52.2. Auch in der Untersuchung von Wilson und MacLeod (2003) erreichte die niedrig-
ängstliche Stichprobe einen mittleren Trait-Wert im STAI von 29.9 (vs. 52.1 in der
hoch-ängstlichen Gruppe). Insgesamt wäre also die Stichprobe der hier vorgestellten
Untersuchung eher als eine niedrig-ängstliche Probandengruppe zu betrachten. Folglich
hätte hinsichtlich der Ausprägung der Angst nach Bar-Haim und Kollegen (2007) ein
Bias dennoch gefunden werden können.
IV DISKUSSION
187
Darüber hinaus gehen verschiedene Forschungsgruppen (z.B. Fox, Russo, Bowles &
Dutton, 2001; Fox, Russo & Dutton, 2002; Yiend & Mathews, 2001) davon aus, dass
Ängstlichkeit keinen grundsätzlichen Einfluss darauf hat, ob bedrohliche Informationen
zunächst entdeckt werden. Verzögerungen in der Aufmerksamkeit bei ängstlichen im
Vergleich zu nicht ängstlichen Personen seien in erster Linie dadurch gekennzeichnet,
dass hoch ängstliche Personen einen stärkeren Disengagement Effekt aufweisen, also
größere Schwierigkeiten haben, sich von bedrohlichem Material zu lösen. Folglich
bestimme Angst eher, inwieweit jemand ‚seine Aufmerksamkeit auf die Quelle der
Bedrohung aufrechterhalte‘ (Bar-Haim et al., 2007). In der hier dargestellten ersten
Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias konnten jedoch auch dafür keine
Anhaltspunkte gefunden werden. Es konnte mit einer zunehmenden allgemeinen
Ängstlichkeit kein stärkerer Disengagement- Effekt festgestellt werden. Auch in der
zweiten Untersuchung zum Aufmerksamkeitsbias konnte ein solcher Effekt nicht
nachgewiesen werden. Die aktuelle Befundlage erweist sich hinsichtlich der
Engagement- und Disengagement- Effekte im Zusammenhang mit allgemeiner
Ängstlichkeit als sehr inkonsistent. Van Damme, Crombez und Notebaert (2008)
diskutieren in zwei Untersuchungen, dass diese inkonsistenten Befunde dadurch
begründet seien, dass Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias häufig die
Reaktionszeiten der Probanden zur Erfassung ihrer Aufmerksamkeitsbias heranziehen.
Dabei kritisieren sie u.a., dass aktuellen Befunden zufolge der Aufmerksamkeitsbias zu
‚kurzlebig‘ (short-lived; Calvo & Avero, 2005; Koster, Crombez, Verschuere,
Vansolem & DeHouver, 2007; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; zitiert nach van
Damme, Crombez & Notebaert, 2008) sei, so dass Untersuchungen, die die Richtigkeit
der Antworten der Probanden berücksichtigen, besser geeignet sind als Untersuchungen,
die ausschließlich die Reaktionszeiten der Probanden in die Analysen einbeziehen. In
zwei Experimenten mit einer modifizierten Version des Spatial Cueing Paradigmas
(Posner, 1980; Stormark, Nordby & Hugdahl, 1995) untersuchten van Damme,
Crombez und Notebaert (2008) in einer Studentenstichprobe Engagement und
Disengagement Effekte bei bedrohlichen und neutralen Reizen und erfassten
entsprechend die Richtigkeit der Antworten der Probanden. Sie konnten zeigen, dass in
bedrohlichen Durchgängen ein stärkerer Disengagement Effekt zu finden ist als in
neutralen Durchgängen. In Übereinstimmung mit den Befunden der hier dargestellten
IV DISKUSSION
188
Arbeit konnten allerdings auch van Damme und seine Kollegen (2008) keine
bedeutsamen Zusammenhänge zwischen Engagement und Disengagement Effekten und
einer allgemeinen Ängstlichkeit (erfasst über den State-Trait Anxiety Inventory; STAI;
Spielberger et al., 1966, 1970) berichten.
In der zweiten Untersuchung konnte gezeigt werden, dass CLBP-Patienten mit
zunehmender Trait-Angst, eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem,
bedrohlichem Material aufweisen. Diese positive Assoziation zwischen Vermeidung
von bedrohlichem Material und Angst fanden auch andere Arbeitsgruppen (Amir, Foa
& Coles, 1998; Appelhans & Luecken, 2006; Mogg, Philippot & Bradley, 2004; Smith,
2005). Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen werden im Sinne der Vigilanz-
Vermeidungs-Hypothese (vigilance-avoidance hypothesis; Mathews, 1990; Mogg et al.,
1987; Mogg & Bradley, 1998; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters,
van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) diskutiert. Diese Hypothese postuliert, dass
die Informationsverarbeitung für bedrohliches Material bei ängstlichen Personen durch
zwei verschiedene Reaktionen gekennzeichnet ist: eine Vigilanz und eine Vermeidung
des bedrohlichen Materials. Es wird angenommen, dass ängstliche Personen dazu
neigen, in einer ersten automatischen Reaktion ihre Aufmerksamkeit auf bedrohliches
Material hinzuwenden (Bar-Haim et al., 2007; LeDoux, 1995, 1996; Ohman, 1993). Auf
diese erste Reaktion folgt anschließend eine Vermeidung desselben Materials (Koster,
Verschuere, Crombez & Van Damme, 2005; Rinck & Becker, 2006; Rohner, 2002;
Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998; Roelofs, Peters, van der
Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003), wodurch eine detaillierte Beschäftigung mit den
potenziell bedrohlichen Stimuli gemieden und somit ein Unbehagen, welches mit diesen
Reizen assoziiert ist verringert wird (Gray, 1976; Luecken, Tartaro & Appelhans, 2004).
Ein Kriterium dafür, welcher der beiden Prozesse beobachtbar ist, stellt das Zeitfenster
dar, in dem die Verarbeitung des Stimulus erfolgt (Bar-Haim et al., 2007; Koster,
Verschuere, Crombez & Van Damme, 2004; Lee, 2007; Mogg, Bradley, Miles &
Dixon, 2004). Bei einer subliminalen Präsentation des Stimulus ist davon auszugehen,
dass eine Vigilanz für bedrohliches Material besteht (Bar-Haim et al., 2007; Boyer,
Compas, Stanger, Colletti, Konik, Morrow & Thomsen, 2006; Wolter, 2005). Bei einer
supraliminalen Stimuluspräsentation ist dagegen eine Vermeidung des bedrohlichen
Materials zu erwarten (vgl. Bar-Haim et al., 2007). In den hier dargestellten
IV DISKUSSION
189
Untersuchungen erforderte die Aufgabenstellung, dass supraliminal dargebotene
schmerzassoziierte und schmerzneutrale Reize verarbeitet werden sollten, so dass hier
die zweite Reaktion erfasst werden konnte. Die Beobachtung, dass bedrohliches
Material vermieden wurde, ist folglich konsistent mit der Vigilanz-Vermeidungs-
Hypothese.
Verschiedene Forschungsgruppen haben den vermuteten Reaktionsverlauf der Vigilanz-
Vermeidungs-Hypothese überprüft und liefern Befunde, die mit dem Ergebnis der
zweiten Untersuchung der vorliegenden Arbeit übereinstimmen. Appelhans und
Luecken (2006) untersuchten beispielsweise mithilfe einer visuellen dot-probe Aufgabe
in einer gesunden Stichprobe den Zusammenhang von Angst und der Cortisol
Reaktivität mit dem Aufmerksamkeitsbias für sozial bedrohliches Wortmaterial. Auch
sie fanden eine negative Korrelation zwischen Trait-Angst (erfasst über den STAI) und
dem Aufmerksamkeitsbias für bedrohliches Material. Appelhans und Luecken
interpretierten dies als eine zunehmende Vermeidung des bedrohlichen Materials mit
zunehmender Trait-Angst.
Die Inkonsistenz der Befunde aus der ersten Untersuchung (keine bedeutsamen
Zusammenhänge zwischen allgemeiner Angst und dem Aufmerksamkeitsbias) und der
zweiten Untersuchung (stärkere Vermeidung mit zunehmender Trait-Angst) ist
möglicherweise dadurch zu erklären, dass in der ersten Untersuchung sowohl CLBP-
Patienten als auch gesunde Probanden in die Korrelationsanalysen eingingen, während
in der zweiten Untersuchung nur CLBP-Patienten untersucht wurden. Die
Korrelationsanalysen aus der ersten Untersuchung lassen folglich Aussagen über beide
Gruppen gemeinsam zu, die Befunde aus der zweiten Untersuchung lassen dagegen
Aussagen zu CLBP-Patienten zu. Zur Überprüfung, ob die Befunde der ersten
Untersuchung auch für beide Gruppen getrennt gelten wurde post-hoc eine
Korrelationsanalyse getrennt für die CLBP-Patienten und die gesunden Probanden
durchgeführt. Die Analyse zeigte, dass in der gesunden Stichprobe ebenfalls keine
signifikante Korrelation zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der allgemeinen
Ängstlichkeit gegeben war. Für CLBP-Patienten konnte hier allerdings entgegen der
Befunde in der größeren Stichprobe der zweiten Untersuchung kein signifikanter
Zusammenhang zwischen allgemeiner Angst und Aufmerksamkeitsbias gefunden
IV DISKUSSION
190
werden. Denkbar ist hier im Sinne einer schemakongruenten Verarbeitung, dass mit
schmerzassoziiertem Material eher Effekte bei schmerzbezogenen Merkmalen (wie z.B.
FAR) als bei schmerzunabhängigen Merkmalen (wie z.B. allgemeine Ängstlichkeit) zu
finden sind (s. Abschnitt IV.2.3.2). Bei ausreichend großen Stichproben, wie in der
zweiten Untersuchung können jedoch auch kleinere oder weniger stabile Effekte
gefunden werden können, wie sie vielleicht bei allgemeiner Ängstlichkeit im Kontext
von Schmerz und dem Informationsverarbeitungsbias bestehen. In der zweiten
Untersuchung zeigten sich zudem deutlichere Interkorrelationen zwischen den FAR
Merkmalen und der State- und Trait-Angst der Probanden, während in der ersten
Untersuchung diese kaum vorhanden waren. Während in der zweiten Untersuchung
ausnahmslos alle FAR Merkmale mit State- und der Trait-Angst korrelierten, zeigte sich
in der ersten Untersuchung lediglich eine signifikante Korrelation zwischen der Trait-
Angst der Probanden und dem Katastrophisieren sowie der Vermeidung von sozialen
Aktivitäten bei starken Schmerzen. Bei dem bedeutsamen Effekt in der zweiten
Untersuchung könnte somit auch die FAR der Probanden vermittelt haben und das
Ergebnis somit nicht ausschließlich auf die Ausprägung der allgemeinen Angst
zurückzuführen sein, sondern eher durch spezifisch auf Schmerzen bezogene Angst.
In der dritten Untersuchung wurden die Zusammenhänge zwischen allgemeiner
Ängstlichkeit als State- und Trait-Merkmal mit dem Gedächtnisbias für
schmerzassoziiertes bedrohliches Material überprüft. Es zeigten sich auch hier keine
signifikanten Effekte, denn die allgemeine Ängstlichkeit war mit dem Gedächtnisbias
der Probanden nicht assoziiert. Die Befunde zur Bedeutung von klinisch relevanter
Angst erweisen sich als inkonsistent. Coles und Heimberg (2002) berichten in ihrem
Review über die Befundlage zum Gedächtnisbias bei Angststörungen, dass nicht
grundsätzlich ein Gedächtnisbias in Abhängigkeit von Angst zu erwarten ist. Während
die Befunde bei Panikstörungen eindeutig für einen Gedächtnisbias für bedrohliches
Material sprechen, weisen die Autoren darauf hin, dass bei verschiedenen anderen
Angststörungen wie z.B. bei Zwangsstörungen und der Posttraumatischen
Belastungsstörung die Befunde nur teilweise für, dagegen bei der Generalisierten
Angststörung und der Sozialen Phobie eher gegen einen solchen Bias sprechen.
IV DISKUSSION
191
Mitte (2008) überprüfte den Zusammenhang des Gedächtnisbias mit Angst und anderen
vermittelnden Variablen in einem meta-analytischen Review. Insgesamt gingen 165
Untersuchungen in die Analyse ein. Hinsichtlich eines Recallbias konnte sie zeigen,
dass die klinische Diagnose, hier im Sinne einer kategorialen Betrachtung von Angst,
keinen bedeutsamen Einfluss auf den Gedächtnisbias hat. Vielmehr sprechen die
Ergebnisse der Metaanalyse für einen dimensionalen Ansatz für Ängste, bei dem davon
ausgegangen werden kann, dass Angst als ein kontinuierliches Merkmal zu betrachten
ist und Angststörungen an dem Ende anzusiedeln sind, an dem die Angst hoch
ausgeprägt ist. Die Autorin stellt in ihrem Review zudem heraus, dass Trait-Angst eine
entscheidende Rolle beim Recallbias spielt und hoch ängstliche Personen mehr
bedrohliche Wörter und deutlich weniger positive Wörter wiedergeben als niedrig
ängstliche Personen. Dieser Befund konnte in der hier dargestellten Untersuchung nicht
bestätigt werden. Allerdings weist auch Mitte (2008) darauf hin, dass der Recallbias
nicht konsistent in allen Untersuchungen gefunden werden konnte und geht davon aus,
dass andere Variablen, z.B. die Depressivität beim Gedächtnisbias vermitteln.
Insbesondere Befunde aus Untersuchungen, die den STAI verwenden, lassen nur mit
Einschränkung Aussagen zu den Zusammenhängen zwischen Angst und dem Recallbias
zu. Bekanntermaßen besteht beim STAI die Problematik, dass ein deutlicher
Zusammenhang mit depressiven Merkmalen besteht. Dadurch sind Befunde, die unter
Zuhilfenahme des STAIs entstehen, durch depressive Merkmale mitbeeinflusst und
lassen keine ausschließlich auf Angst zurückführende Interpretationen zu (Bieling,
Antoniy & Swinson, 1998; Caci, Bayle, Dossios, Robert & Boyer, 2003; Mitte, 2008).
Mitte (2008) postuliert, dass bei Angst eher ein impliziter Gedächtnisbias bestehe und
ein expliziter Bias bei Angst nur aufgrund ihrer Überlappung mit Depressionen
gefunden werde.
Mitte (2008) hebt weiterhin hervor, dass sich der Recallbias in Abhängigkeit des
verwendeten Stimulusmaterials zeigt. Sie berichtet, dass sich mit einem höheren
inhaltlichen Bezug des Stimulusmaterials auf die Angst auch größere Effektstärken
finden lassen. In der hier dargestellten Untersuchung war das Stimulusmaterial in erster
Linie auf Schmerzen bzw. auf Schmerzangst bezogen. Folglich ist das Stimulusmaterial
vermutlich zu spezifisch gewesen, um einen Zusammenhang mit einer allgemeinen,
IV DISKUSSION
192
schmerzunabhängigen Angst aufzuweisen. Dies impliziert, dass eher Zusammenhänge
mit schmerzspezifischer Angst zu erwarten sind (s. Abschnitt IV.2.3.2).
2.3.2 Fear-Avoidance Reaktionen
In der ersten Untersuchung wurde angenommen, dass sich mit zunehmenden
schmerzbezogenen Angst- und Vermeidungsreaktionen (fear-avoidance reactions,
FAR), deutlichere Verzerrungen in der Aufmerksamkeit der Probanden abzeichnen.
Diese sollten sich in einer Hypervigilanz- (Engagement Effekt) und einer selektiven
Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material sowie in größeren Schwierigkeiten,
sich von diesem Material zu lösen (Disengagement Effekten) zeigen. Diese Annahmen
konnten teilweise bestätigt werden. Stärkere Vigilanzeffekte konnten mit zunehmenden
FAR nicht gefunden werden. Eine selektive Aufmerksamkeit konnte am deutlichsten im
Zusammenhang mit einer behavioralen FAR gezeigt werden, insbesondere eine
Vermeidung von körperlichen Aktivitäten bei leichten Schmerzen ist dabei mit einer
stärkeren selektiven Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material verbunden und
erweist sich als konsistent mit der aktuellen Befundlage, die für eine stärkere Vigilanz
für schmerzassoziiertes Material im Zusammenhang mit einer stärkeren FAR spricht
(Asmundson, 1997; Boissevain, 1994; Dehghani et al., 2003; Keogh, Ellery, Hunt &
Hannent, 2001; Pincus et al., 1998; Snider et al., 2000; Asmundson, 2007).
Ein zunehmendes Katastrophisieren, also eine stärkere FAR-bezogene kognitive
Reaktion auf den Schmerz, ist, den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung
zufolge, mit einer deutlicheren Vermeidung von schmerzassoziiertem Material
verknüpft. Katastrophisierende Kognitionen wie z.B. „oh Gott, die Schmerzen werden
etwas ganz schlimmes zu bedeuten haben!“ erweisen sich dabei als prädiktiv für eine
stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material.
Zusätzlich wurde hier post-hoc in einer Analyse jeweils getrennt für die Kontroll- und
CLBP- Gruppe mithilfe von T-Tests für unabhängige Gruppen überprüft, inwieweit sich
der Aufmerksamkeitsbias in Abhängigkeit von der Ausprägung der
katastrophisierenden Kognitionen der Probanden zeigt. Hierfür wurde zunächst getrennt
für beide Gruppen der Median in der Skala Katastrophisieren des AEQ (Hasenbring et
IV DISKUSSION
193
al., 2009) berechnet und eine Medianhalbierung vorgenommen. Probanden oberhalb des
jeweiligen Medians wurden in die Gruppe hoch-katastrophisierend und Probanden
unterhalb des jeweiligen Medians wurden in die Gruppe niedrig-katastrophisierend
eingestuft. Als abhängige Variable galt damit die Gruppe (hoch- vs. niedrig
katastrophisierend). Die unabhängigen Variablen waren die drei Indizes des
Aufmerksamkeitsbias (Bias Index, Kongruenz Index und Inkongruenz Index). In der
CLBP Gruppe zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Leistungen der
Probanden in Abhängigkeit ihres Katastrophisierens (t(23)=4,076; p<0.001). Hoch-
katastrophisierende CLBP-Patienten erreichten signifikant geringere Werte im Bias
Index als niedrig-katastrophisierende CLBP-Patienten. Folglich zeigten die hoch-
katastrophisierenden Probanden eine deutlich stärkere Vermeidung des bedrohlichen
schmerzassoziierten Materials im Vergleich zum niedrig bedrohlichen Material. Dieser
Effekt konnte in der Kontrollgruppe nicht gefunden werden.
Die Ergebnisse zum Katastrophisieren stimmen mit den Annahmen der Vigilanz-
Vermeidungs-Hypothese (Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998;
Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen &
Vlaeyen, 2003) überein. In der aktuellen Forschung wird diese in der Angstforschung
weit verbreitete Hypothese (s. Abschnitt IV.2.3.1) auf Aufmerksamkeitseffekte für
bedrohliches schmerzassoziiertes Material im Zusammenhang mit Schmerz
herangezogen (z.B. Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003).
Aufgrund der supraliminalen Stimuluspräsentation in den Untersuchungen der
vorliegenden Arbeit wird der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese zufolge eher die
Vermeidungskomponente untersucht (z.B. Bar-Haim et al., 2007; Koster, Verschuere,
Crombez & Van Damme, 2004; Bar-Haim et al., 2007; Lee, 2007; Mogg, Bradley,
Miles, & Dixon, 2004), so dass die gefundene Vermeidung des bedrohlichen Materials
konsistent mit der Annahme des Modells ist.
An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass das Ergebnis der vorliegenden
Untersuchung der Untersuchung von Khatibi et al. (2009) wiederspricht. Khatibi et al.
(2009) untersuchten mithilfe einer modifizierten dot-probe Aufgabe Vigilanz- und
Vermeidungseffekte bei chronischen Schmerzpatienten. Sie gruppierten die Probanden
mithilfe ihrer erreichten Werte im TSK (nach Kori, Miller & Todd, 1990) in hoch- und
IV DISKUSSION
194
niedrig-ängstlich und fanden heraus, dass sowohl hoch- als auch niedrig-ängstliche
Probanden ihre Aufmerksamkeit von Bildern mit positiven Gesichtsausdrücken
abwanden. Allerdings wanden die niedrig-ängstlichen Probanden ihre Aufmerksamkeit
zusätzlich von Bildern, die schmerzassoziierte Gesichter zeigten ab (im Sinne einer
Vermeidung), während die hoch-ängstlichen eine stärkere Vigilanz für diese aufwiesen.
Zu beachten ist, dass Khatibi et al. (2009) die schmerzbezogene Ängstlichkeit der
Probanden mithilfe des TSK erfassten. In der vorliegenden Untersuchung fanden sich
keine bedeutsamen Zusammenhänge mit dem TSK und den
Aufmerksamkeitsindikatoren, wenngleich die erreichten Werte im TSK mit denen in der
Skala Katastrophisieren des AEQ signifikant positiv korrelierten (p<0.01). Eine
mögliche Erklärung für die Inkonsistenz der Befunde könnte folglich darin liegen, dass
wenngleich sowohl der TSK als auch die Skala CTS des AEQ, Aussagen über
schmerzbezogene Angst zulassen, sie dennoch unterschiedliche Aspekte derselben
erfassen. Während der TSK die Angst vor Bewegung und (Wieder-) Verletzung misst,
bezieht sich die Skala CTS ausschließlich auf die Kognitionen der Angst vor Schmerzen
bzw. auf die Interpretation des Schmerzes selbst als Zeichen für etwas Bedrohliches (im
Sinne einer bedrohlichen Erkrankung). Folglich ist anzunehmen, dass die Vermeidung
von bedrohlichem Material eher mit der kognitiven Komponente der Angst
zusammenhängt (Katasprophisieren und tendenziell auch mit Kognitionen der Hilf- und
Hoffnungslosigkeit). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die hier untersuchten
Probanden insgesamt eine relativ geringe Tendenz zum Katastrophisieren aufwiesen
und eventuell als vergleichsweise niedrig ängstlich zu betrachten sind. Daher sind
Rückschlüsse auf den Aufmerksamkeitsbias bei Populationen mit hoher
Katastrophisierung oder Schmerzangst nur eingeschränkt möglich.
Zusammenhänge mit Disengagement Effekten konnten in der hier dargestellten
Untersuchung nur in der Tendenz mit Hilf- und Hoffnungslosigkeit im Sinne einer
kognitiven FAR gefunden werden, nicht allerdings mit Katastrophisieren. Dieser
Befund stimmt teilweise mit der aktuellen Befundlage überein, welche für eine positive
Assoziation zwischen den Schwierigkeiten, sich von bedrohlichem Material zu lösen
und FAR spricht (Van Damme, Crombez & Eccleston, 2002, 2004). Allerdings ist die
Konsistenz kritisch zu betrachten. Van Damme und Kollegen (2004) untersuchten
diesen Zusammenhang in einer nicht-klinischen Stichprobe mithilfe des Cueing
IV DISKUSSION
195
Paradigmas. In ihrer Untersuchung ging einem Zielreiz (die Wörter „Schmerz“ oder
„Ton“) ein Hinweisreiz in Form eines Schmerzreizes (transkutane elektrokutane
Stimulierung) oder eines auditiven Reizes (Ton) voraus. Die Aufgabe der Probanden
bestand darin durch Tastendruck anzugeben, ob ein Schmerzreiz oder ein Ton als
Zielreiz dargeboten wurde. Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass wenn ein Hinweis auf
einen Schmerzreiz dargeboten wurde, dieser jedoch im Anschluss ausblieb, die
Probanden Schwierigkeiten hatten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.
Dies zeigte sich insbesondere bei Personen mit vermehrten katastrophisierenden
Kognitionen im Vergleich zu den Probanden mit einer geringeren Tendenz zum
Katastrophisieren (van Damme, Crombez & Eccleston, 2004).
Eine mögliche Erklärung für die Befunde der ersten Untersuchung der vorliegenden
Arbeit im Vergleich zu den Ergebnissen von van Damme et al. (2004), könnte darin
liegen, dass einerseits den Untersuchungen unterschiedliche Paradigmen zugrunde
liegen. Weiterhin können Stichprobenmerkmale, wie zum Beispiel die Ausprägung der
katastrophisierenden Kognitionen, aber auch die verwendeten Instrumente zur
Erfassung der FAR bzw. der katastrophisierenden Kognitionen bedeutsam sein. In der
hier vorliegenden Untersuchung wurden die katastrophisierenden Kognitionen über den
AEQ (Hasenbring et al., 2009) erfasst, während van Damme et al. (2002) die Pain
Catastrophizing Scale (Crombez, Eccleston, Baeyens & Eelen, 1998; Sulivan, Bishop &
Pivic, 1995) verwendeten. Aber auch hier konnte in zahlreichen Untersuchungen mit
Schmerzpatienten kein Zusammenhang zwischen dem Katastrophisieren und dem
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material nachgewiesen werden (Roelofs,
Peters & Vlaeyen, 2002; Roelofs, Peters & Vlaeyen, 2003; Roelofs et al., 2004; Roelofs
et al., 2005).
In der zweiten Untersuchung wurde angenommen, dass mit zunehmenden FAR die
Vermeidung von schmerzassoziiertem Material umso stärker ausfällt. Diese Annahme
konnte auf kognitiver und auf emotionaler Ebene bestätigt werden. Mit zunehmender
Angst vor Bewegungsschmerz sowie zunehmenden Angstvermeidungsüberzeugungen
und katastrophisierenden Kognitionen wanden CLBP-Patienten ihre Aufmerksamkeit
von schmerzassoziiertem Material ab. Auf der behavioralen Ebene konnten die
Ergebnisse der ersten Untersuchung nicht bestätigt werden.
IV DISKUSSION
196
In der dritten Untersuchung wurde auf der Basis der Ergebnisse aus den ersten beiden
Untersuchungen angenommen, dass mit zunehmenden FAR eine Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material zu beobachten ist. Diese Annahme konnte bestätigt
werden. Sowohl auf der emotionalen, als auch auf der kognitiven und behavioralen
Ebene zeigte sich mit einer zunehmenden Ausprägung der FAR ein deutlicherer
Gedächtnisbias. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass schmerzassoziiertes Material
im Vergleich zu neutralem Material zunehmend vermieden wurde. Insbesondere
sensorische Wörter wurden stärker vermieden, je höher das Vermeidungsverhalten der
Patienten bei sowohl körperlichen als auch bei sozialen Aktivitäten ausgeprägt war.
Auch diese Ergebnisse sind im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese
interpretierbar.
Das Ergebnis der dritten Untersuchung ist mit verschiedenen Untersuchungen
konsistent, die bei ängstlichen Personen zeigen konnten, dass diese eine geringere
Erinnerungsleistung für bedrohliches Material (z.B. Foa, McNally & Murdock, 1989;
Landau, 1980; Mogg, Mathews & Weinman, 1987, Watts, Sharrok & Trezise, 1986;
Watts, Trezise & Sharrock, 1986), bzw. eine stärkere kognitive Vermeidung aufweisen
(z.B. Foa & Kozak, 1986; Mathews & MacLeod, 1987). Die in der vorliegenden Arbeit
untersuchte Stichprobe zeigte diese Vermeidung jedoch nicht im Zusammenhang mit
allgemeiner Angst, sondern im Zusammenhang mit schmerzbezogener Angst. Eine
mögliche Erklärung dafür könnte darin liegen, dass es sich bei dem verwendeten
Stimulusmaterial um schmerzassoziierte und neutrale Wörter handelte und somit auch
im Sinne des SEMP (Pincus & Morley, 2001) eher FAR mit einer Vermeidung des
Material assoziiert war.
Auf der behavioralen Ebene hing die Vermeidung von schmerzassoziiertem Material in
erster Linie mit der Vermeidung von sozialen Aktivitäten zusammen. Denkbar ist hier,
dass bei Personen, die eine stärkere Tendenz zur Vermeidung sozialer Aktivitäten
aufweisen möglicherweise durch die Schmerzen begründete, sozial phobische
Eigenschaften bestehen. Folglich kann es hier aufgrund ähnlicher Mechanismen, wie sie
bei Personen mit einer sozialen Phobie bekannt sind, zu einer Vermeidung von
bedrohlichem Material gekommen sein. Wenngleich die Befunde nicht einheitlich sind,
können verschiedene Untersuchungen aus dem Forschungsbereich zum
IV DISKUSSION
197
Informationsverarbeitungsbias bei sozialen Phobien zeigen, dass Probanden mit einer
sozialen Phobie ihre Aufmerksamkeit von bedrohlichem Material abwenden (Chen,
Ehlers, Clark & Mansell, 2002; Bar-Haim et al., 2007; Mansell, Clark, Ehlers & Chen,
1999; Mansell, Ehlers, Clark & Chen, 2002; Vassilopoulos, 2005). Auch hier werden
die Ergebnisse im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese diskutiert (Amir, Foa &
Coles, 1998; Vassilopoulos, 2005).
Es wird vermutet, dass es infolge einer Vermeidungsreaktion zu einer mangelnden
Habituation an Angst und angstauslösende Reize und Situationen kommt (Mogg et al.,
1997). In der Konsequenz wirkt sich dies wiederum aufrechterhaltend auf die Angst und
das damit verbundene Vermeidungsverhalten aus. Dieses Reaktionsmuster resultiert
somit in der Aufrechterhaltung der Schmerzen (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen
& Vlaeyen, 2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg & Bradley, 1998). 20
2.4 Die Bedeutung von Endurance Reaktionen
Bis dato hat die Forschung zum Aufmerksamkeits- bzw. Gedächtnisbias bei
chronischen Schmerzpatienten in erster Linie die Bedeutung von schmerzbezogenen
FAR überprüft. In der hier vorliegenden Arbeit lag ein besonderes Augenmerk darauf,
neben FAR, erstmalig auch die Zusammenhänge eines kognitiven Bias mit
schmerzbezogenen ER zu untersuchen.
In den ersten beiden Untersuchungen wurde dafür eine dot-probe Aufgabe mit
schmerassoziierten bzw. schmerzneutralen Bildern durchgeführt. Es wurde
angenommen, dass aufgrund eines Rebound-Effekts ER, und hier insbesondere
Thought-Suppression als ER auf kognitiver Ebene, mit größeren Schwierigkeiten, sich
von schmerzassoziiertem Material zu lösen, assoziiert sind.
Während in der ersten Untersuchung gezeigt werden konnte, dass
Gedankenunterdrückung sowohl mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes
20 Die mit diesen Effekten verbundene klinische Relevanz der Befunde wird in Abschnitt IV.1 dieses
Hauptkapitels genauer dargestellt.
IV DISKUSSION
198
Material als auch mit größeren Schwierigkeiten sich von diesem Material zu lösen
assoziiert war, konnte der Effekt in der zweiten Untersuchung nicht bestätigt werden.
In verschiedenen Untersuchungen wurde der Informationsverarbeitungsbias bei
Personen mit einen repressiven Coping-Stil (Weinberger, Schwartz, & Davidson, 1979)
untersucht. Die Annahmen zum repressiven Coping-Stil beruhen ursprünglich auf
Freuds Arbeiten zur „Konversionshysterie“ (Breuer & Freud, 1895/1955; Freud,
1915/1957). Es wird angenommen, dass ‚physische Schmerzen – insbesondere
chronische Schmerzen – das Produkt aus unterdrücktem emotionalen Distress darstellt,
das (…) in körperliche Symptome umgewandelt wurde‘ (Burns, 2010; S. 755). Personen
mit einem Repressiven Coping-Stil (sogenannte Repressors; REP) sind dadurch
gekennzeichnet, dass sie in stressigen Situationen trotz eines hohen emotionalen
Arousals, einen geringen emotionalen Distress berichten (z.B. Asendorpf & Scherer,
1983; Burns, 2000a; Newton & Contrada, 1992; Weinberger et al., 1979; zitiert nach
Burns, 2010).
Im Hinblick auf den Informationsbias konnte gezeigt werden, dass Personen mit hohem
REP in einem ersten automatisch ablaufenden Verarbeitungsschritt eine erhöhte
Vigilanz für bedrohliches Material aufweisen (Derakshan & Buie, 2007). In einem
zweiten folgenden Schritt kommt es dann allerdings zu einer Vermeidung des
bedrohlichen Materials (Broomfield & Turpin, 2005; Derakshan & Buie, 2007).
Derakshan und Buie (2007) konnten diese Verarbeitungsweise in einer dot-probe
Aufgabe nachweisen. Sie fanden heraus, dass REP bei einer kurzen
Stimuluspräsentation eine stärkere Vigilanz für emotionales (auf Ärger bezogenes)
Material aufweisen, bei einer längeren Stimuluspräsentation kommt es dagegen zu einer
Vermeidung des bedrohlichen Materials. Zur Interpretation der Befunde zog die
Arbeitsgruppe, wie auch in der Angstforschung, die Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese
(s. Abschnitt IV.2.3) herangezogen (Derakshan et al., 2007).
Eine Vermeidung bedrohlicher Stimuli bei REP im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-
Hypothese konnten auch Broomfield und Turpin (2005) in ihrer Untersuchung
bestätigen. Sie untersuchten mithilfe einer dot-probe Aufgabe beispielsweise bei
gesunden Probanden ihren Aufmerksamkeitsbias für bedrohliches Material in
Abhängigkeit von ihrer Angst und von ihrem suppressiven Verhalten. Anhand der
IV DISKUSSION
199
erreichten Werte im STAI (Spielberger et al., 1983) und im Marlowe Crowne Social
Desirebility Scale (SDS; Crowne & Marlowe, 1960) teilten sie die Probanden in die
Gruppen hoch ängstlich (hohe Werte im STAI, niedrige Werte im SDS), niedrig
ängstlich (niedrige Werte im STAI, niedrige Werte im SDS) und REP (niedrige Werte
im STAI, hohe Werte im SDS). Zusätzlich erfassten sie die Herzrate und die
Augenbewegungen der Probanden während der Untersuchung. REP machten deutlich
weniger Augenbewegungen in Richtung bedrohliche Stimuli im Vergleich zu weniger
bedrohlichen Reizen und zeigen folglich eine deutliche Vermeidung von bedrohlichem
Material. Die Vermeidung ist den Ergebnissen von Broomfield und Turpin (2005) bei
REP stärker ausgeprägt als bei hoch- und niedrig-ängstlichen Probanden.
Die bisher dargestellten Untersuchungen befassen sich mit einem kognitiven Bias bei
REP, ohne spezifische Assoziationen zu Schmerzen zu berücksichtigen. Die aktuelle
Befundlage spricht allerdings auch im Zusammenhang mit Schmerzen (z.B. bei
induziertem Schmerz) dafür, dass REP einen Bias für schmerzassoziierte Wörter
aufweisen. In einer Untersuchung mit gesunden Personen überprüften Burns et al.
(2010) den Aufmerksamkeitsbias für sensorische und affektive Schmerzwörter mithilfe
einer Aufgabenbearbeitung, die in zwei sukzessiven Blöcken durchgeführt wurde.
Während der dot-probe Aufgabe wurden die Probanden einem induzierten ischämischen
Schmerz mithilfe eines Dynamometers ausgesetzt. Die Probanden wurden für die
Untersuchung nach dem Schema von Weinberger, Schwartz und Davidson (1979)
mithilfe ihrer Werte in den Fragebögen Taylor Manifest Anxiety Scale (MAS; Taylor,
1953) und SDS (Crowne & Marlowe, 1960) in 3 Gruppen unterteilt: hoch- (hoch MAS,
niedrig SDS) bzw. niedrig-ängstliche (niedrig MAS und niedrig SDS) und REP (niedrig
MAS, hoch SDS). Die Ergebnisse (Burns et al., 2010; Experiment 2) zeigten, dass REP
im ersten Block der dot-probe Aufgabe, ihre Aufmerksamkeit von affektiven
Schmerzwörtern abwendeten. Beim zweiten Block konnte eine
Aufmerksamkeitsverschiebung (attentional shift) festgestellt werden, bei der REP ihre
Aufmerksamkeit zunehmend auf sensorische Wörter hinwendeten. Eine solche
Verschiebung wurde bei den hoch- und niedrig-ängstlichen Probanden nicht beobachtet.
Weiterhin konnten Burns et al. (2010, Experiment 1) beobachten, dass REP nach einem
Cold Pressor Test, deutlich weniger Distress; aber dafür stärkere Schmerzen empfanden
(beides erfasst mittels NRS) als hoch- und niedrig-ängstliche Probanden. Dabei fiel bei
IV DISKUSSION
200
REP, nicht aber bei den hoch- und niedrig-ängstlichen Patienten eine starke Diskrepanz
zwischen der Einschätzung des Distress und der Einschätzung des Schmerzes REP auf.
Burns et al. (2010) schlussfolgerten daraus, dass REP ihre Aufmerksamkeit von stärker
bedrohlichem emotionalem Distress abwenden und sie im Verlauf zunehmend auf
weniger bedrohlich wahrgenommene sensorische Informationen verschieben, wenn sie
einem schmerzhaften Reiz ausgesetzt sind (Attention Allocation Model, Burns et al.,
2010).
Eine mögliche Ursache, warum in der ersten Untersuchung der vorliegenden Arbeit eine
positive Korrelation zwischen dem Aufmerksamkeitsbias und der
Gedankenunterdrückung (hier eine geringere Vigilanz mit zunehmender ER) der
Probanden lediglich im Trend und in der zweiten Untersuchung gar nicht mehr zu
finden war, könnte in der Auswahl des Stimulusmaterials liegen. In den beiden dot-
probe Untersuchungen wurden Bilder dargeboten, auf denen schmerzassoziierte und
nicht-schmerzassoziierte Aktivitäten abgebildet waren. Möglicherweise vermischen sich
in den Bildern die sensorische und die affektive Qualität von Schmerzen. Den Befunden
von Burns et al. (2010) zufolge ist eine Vermeidung bei affektivem, nicht allerdings bei
sensorischem Material zu erwarten. Möglicherweise haben die hier verwendeten Bilder
keine emotionale, sondern eher eine sensorische Verarbeitung getriggert, wodurch
folglich im Zusammenhang mit ER die Vermeidung des Materials keine statistische
Signifikanz erreichte. Weiterhin ist vorstellbar, dass durch die Instruktion beim
vorherigen Rating bereits eine Verarbeitung sensorischer Aspekte der Bilder getriggert
wurde. Die Probanden wurden gebeten, bei jedem Bild auf einer NRS anzugeben, wie
sehr sie besorgt seien, ihrem Rücken zu schaden, wenn sie die abgebildete Aktivität
ausführen müssten. Da hier sowohl eine Besorgnis als auch ein möglicher Schaden
angesprochen wurde, kann allerdings davon ausgegangen werden, dass keine einseitige
Verarbeitung in Richtung sensorischer bzw. affektiver Aspekte vorgegeben wurde. Die
Ergebnisse von Burns et al. (2010) sprechen zudem für eine Zuwendung der
Aufmerksamkeit auf sensorisches Stimulusmaterial bei REP. In der vorliegenden Arbeit
konnte ein solcher Effekt nicht beobachtet werden. Zu beachten ist hierbei allerdings,
dass Burns et al. (2010) im Verlauf der Untersuchung, also im zweiten Block, erst eine
Zuwendung feststellen konnten. Möglicherweise könnte im Zusammenhang mit ER
eine selektive Aufmerksamkeit für die schmerzassoziierten Bilder eher beobachtet
IV DISKUSSION
201
werden, wenn eine eindeutige Differenzierung zwischen der affektiven und
sensorischen Qualität des Bildmaterials ermöglicht wäre und ein weiterer
Aufgabenblock dargeboten wäre.
Zu beachten ist darüber hinaus, dass in den bisherigen Untersuchungen zum
Aufmerksamkeitsbias gesunde Probanden in experimentellen Designs mit
Schmerzinduktion oder schmerzassoziierten Wörtern untersucht wurden. Die
Übertragbarkeit der Ergebnisse aus Untersuchungen mit gesunden Personen auf
Ergebnisse mit CLBP-Patienten bleibt kritisch zu betrachten. In der vorliegenden Arbeit
wurden CLBP-Patienten untersucht. Während in der ersten Untersuchung sowohl
Kontrollpersonen als auch CLBP-Patienten untersucht wurden, bildeten in der zweiten
Untersuchung ausschließlich CLBP-Patienten die zugrundeliegende Stichprobe.
Folglich könnte ein positiver Zusammenhang des Aufmerksamkeitsbias mit ER
abhängig davon sein, ob gesunde Probanden untersucht werden oder nicht. In
Übereinstimmung damit konnte in der vorliegenden Arbeit der Aufmerksamkeitsbias
lediglich in der ersten Untersuchung im Trend gefunden werden, in der gesunde
Probanden mituntersucht wurden. In der zweiten Untersuchung, in der ausschließlich
CLBP-Patienten untersucht wurden, konnte der Effekt nicht beobachtet werden. Um
diese Überlegung zu überprüfen wurden post-hoc die Korrelationen zwischen
Gedankenunterdrückung und den Aufmerksamkeitsindizes für die Kontrollpersonen und
die CLBP-Patienten separat berechnet. Es zeigte sich, dass sowohl in der CLBP-Gruppe
als auch in der Kontrollgruppe keine signifikante Korrelation zwischen TSS und den
Aufmerksamkeitsindikatoren (BI, CI und ICI) vorlag. Der Trend war nur in der
gesamten untersuchten Stichprobe zu finden, so dass davon auszugehen ist, dass der
Aufmerksamkeitsbias nicht auf gesunde Personen oder CLBP-Patienten begrenzt zu
sein scheint, sondern möglicherweise andere Merkmale eine bedeutsame Rolle spielen
könnten.
Eine Ursache, warum in den vorliegenden ersten beiden Untersuchungen der
Aufmerksamkeitsbias nicht eindeutig im Zusammenhang mit ER gefunden wurde,
könnte darin bestehen, dass ER im Sinne verschiedener Single-Responses diesbezüglich
nicht grundsätzlich dysfunktional sind und zu einem Aufmerksamkeitsbias führen,
sondern nach den Annahmen des AEM erst als unflexibles Reaktionsmuster zu einer
IV DISKUSSION
202
verzerrten Verarbeitung führen, die langfristig dazu beiträgt, dass Schmerzen zunehmen
und chronifizieren. Um dieser Frage nachzugehen wurden in den Analysen
dementsprechend die Reaktionsmuster erfasst und mit dem Bias der Probanden ins
Verhältnis gesetzt21
.
Neben dem Aufmerksamkeitsbias wurde in der vorliegenden Arbeit der Gedächtnisbias
für schmerzassoziiertes Material im Zusammenhang mit ER untersucht. In der dritten
Untersuchung wurde hierfür eine Aufgabe zur freien Wiedergabe mit
schmerzassoziiertem und schmerzneutralem Wortmaterial durchgeführt. Aufgrund der
Annahme, dass ER, insbesondere Thought-Suppression, mit einem Rebound-Effekt
verbunden sind, wurde auch hier zunächst vermutet, dass sich mit zunehmenden ER auf
Rückenschmerzen ein selektives Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material
abzeichnet.
Ein allgemeiner Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material konnte nicht gefunden
werden. Eine genauere Überprüfung des Gedächtnisbias im Hinblick auf die
semantische Qualität der Schmerzwörter, zeigte allerdings, dass behaviorale ER mit
einer geringeren Wiedergabe von affektiven Schmerzwörtern im Vergleich zu neutralen
Wörtern assoziiert ist, was auf eine stärkere Vermeidung dieser Wörter hinweist.
Vergleichbar mit den Untersuchungsergebnissen im Bereich des Aufmerksamkeitsbias
bei REP konnte auch für den Gedächtnisbias in verschiedenen Untersuchungen bestätig
werden, dass REP im Vergleich zu Personen, die keinen repressiven Verarbeitungsstil
aufweisen, negative Stimuli vermeiden. Es konnte beispielsweise gezeigt werden, dass
sie weniger negative autobiographische Erinnerungen wiedergeben (Davis, 1987;
Geraerts et al., in press; Myers, 2010; Myers & Brewin, 1994; Myers & Derakshan,
2004, 2009).
Die Ergebnisse aus der dritten hier dargestellten Untersuchung sind zudem konsistent
mit den Annahmen und Untersuchungen zur Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese
(Broomfield & Turpin, 2005; Derakshan & Buie, 2007). Die Aufgabe zur freien
21 Die Ergebnisse aus den Analysen der Zusammenhänge des Aufmerksamkeitsbias bzw. des
Gedächtnisbias mit den AEM basierten Response-Pattern werden in Abschnitt IV.2.5 diskutiert.
IV DISKUSSION
203
Wiedergabe hat eine bewusste Verarbeitung des Materials erfordert, wodurch eine
Vermeidung des bedrohlichen Materials mit zunehmendem ER zu beobachten war.
Zu überprüfen ist an dieser Stelle, wie spezifisch die hier gefundene
Vermeidungsreaktion für ER im Vergleich zu FAR ist. In einer bisher
unveröffentlichten Untersuchung aus der Arbeitsgruppe von Hasenbring (Burkhard,
Rusu, Kreddig & Hasenbring, in Vorbereitung; Burkhard, 2009) konnte in einer
Stichprobe von chronischen und subchronischen Rückenschmerzpatienten gezeigt
werden, dass ER mit FAR assoziiert sind. Es fanden sich positive Korrelationen
zwischen ER und den erreichten Werten im PASS und im ADS. Dabei hing ER
besonders deutlich mit emotionalen FAR im Vergleich zu kognitiven oder behavioralen
FAR zusammen. Die Vermeidungsreaktion bei affektiven Schmerzwörtern zeigte sich
in der hier dargestellten Arbeit mit zunehmender ER auf der behavioralen Ebene, nicht
jedoch mit zunehmender FAR, so dass angenommen werden kann, dass bei ER
affektive Aspekte als bedrohlich wahrgenommen und folglich vermieden werden. Bei
FAR zeigte sich dagegen, wie in Abschnitt IV.2.3.2 dargestellt, eine Vermeidung
sensorischer Schmerzwörter, so dass angenommen werden kann, dass bei FAR
sensorische Aspekte als bedrohlich wahrgenommen und folglich vermieden werden.
Eine mögliche Optimierung der hier dargestellten dritten Untersuchung lässt sich aus
der Untersuchung von Myers und Derakshan (2004a, 2004b) ableiten. Sie konnten
nachweisen, dass REP weniger negative Inhalte erinnern (im Sinne einer Vermeidung),
wenn sich diese auf sie selbst beziehen. Bei einem Bezug auf andere Personen blieb ein
solcher Bias aus. Möglicherweise hätte ein Gedächtnisbias für die (sensorischen)
Schmerzstimuli bei der Aufgabe zur freien Wiedergabe eher gefunden werden können,
wenn die Stimuli vorab unter Selbstbezug kodiert worden wären.
Zur Erklärung der Befunde könnte weiterhin argumentiert werden, dass die Vermeidung
affektiver Aspekte mit zunehmenden ER bei chronischen Schmerzpatienten aufgrund
einer Alexithymie gegeben ist. Im Zusammenhang mit suppressivem Verhalten konnte
beispielsweise gezeigt werden, dass hoch-suppressive Personen Emotionen wie Ärger,
Trauer und Freude weniger gut erkennen können als Kontrollpersonen (Lane, Sechrest,
Riedel, Shapiro, & Kaszniak, 2000). Bei einer Alexithymie bestehen jedoch darüber
hinausgehende Schwierigkeiten, beispielsweise emotionale Ereignisse zu identifizieren,
IV DISKUSSION
204
zu beschreiben und emotionale Zustände sowohl voneinander als auch von sensorischen
Wahrnehmungen abzugrenzen (Lane et al., 2000). Gegen die Annahme, dass eine
Vermeidung affektiven Materials bei Schmerz mit zunehmenden ER auf eine
Alexithymie zurückzuführen sind, sprechen jedoch die Befunde von Burns et al. (2010).
Sie greifen die Idee, dass eine Alexithymie den Bias erklären könnte, ebenfalls auf und
führen an, dass in ihrer Untersuchung eine ‘dynamische Veränderung während der
Schmerzinduktion weniger inkonsistent mit einer Alexithymie‘ sei (Burns et al., 2010,
S. 764). Ein Wechsel erfordere eine Unterscheidung zwischen sensorischen und
affektiven Aspekten, welche bei einer Alexithymie wiederum erschwert sei. Vielmehr
sprechen die Befunde dafür, dass ‚affektives Material aus dem Bewusstsein gehalten
wird, was Teil eines repressiven Copings ist‘ (Burns et al., 2010, S. 764). Im Hinblick
auf die Ergebnisse der hier dargestellten Untersuchung ist in diesem Zusammenhang
jedoch zu beachten, dass bei chronischen Schmerzen verschiedentlich von einer
verstärkten Alexithymie berichtet wird. Celikel und Saatcioglu (2006) konnten zeigen,
dass chronische Schmerzpatienten eine deutlich stärkere Alexithymie (erfasst über die
Toronto Alexithymia Scale; Taylor et al., 1988) aufweisen als gesunde
Kontrollpersonen und dass das Ausmaß der Alexithymie positiv mit der Schmerzdauer
der Patienten assoziiert ist. Die Rolle einer möglichen Alexithymie wurde in den hier
dargestellten Untersuchungen nicht überprüft. Gegen die Annahme, dass eine stärkere
Alexithymie dazu geführt hat, dass affektives Material vermieden wurde, sprechen die
Ergebnisse aus dem Gruppenvergleich zwischen den CLBP-Patienten und der gesunden
Kontrollgruppe (s. Abschnitt III.3.3.2). Eine Vermeidung affektiver Schmerzwörter in
Abhängigkeit des klinischen Schmerzstatus konnte im dritten Experiment nicht
gefunden werden.
Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit für eine
Vermeidung der emotionalen Aspekte von Schmerzen mit zunehmenden behavioralen
ER. Eine solche Inhibition emotionaler Inhalte (emotional inhibition) wird als ein
charakteristisches Merkmal eines repressiven Coping Stils betrachtet und wirkt sich
schädlich auf physische Gesundheit aus (Kelley, Lumley & Leisen, 1997; Smyth, Stone;
Hurewitz & Kael, 1999). REP wirkt sich dabei verschlechternd auf die
Schmerzwahrnehmung (Burns et al., 2008; Quartana & Burns, 2007; Quartana, Yoon &
Burns, 2007) und die Schmerzentwicklung aus (Burns 2000a; 2000b; Elfant, Burns &
IV DISKUSSION
205
Zeichner, 2008; Jamner & Schwartz, 1986). Folglich wird die Vermeidung affektiver
Inhalte bei REP als aufrechterhaltender Faktor verschiedener körperlicher
Erkrankungen wie zum Beispiel chronischer Schmerzen betrachtet (Burns et al., 2010).
2.5 Der Einfluss Fear-Avoidance und Endurance bezogener Response-
Pattern
In der zweiten und dritten Untersuchung der vorliegenden Arbeit wurde bei CLBP-
Patienten der Einfluss ihrer schmerzbezogenen Response-Pattern auf ihre
Informationsverarbeitung von schmerzassoziiertem Material überprüft. Dabei wurde in
der zweiten Untersuchung (s. Abschnitt III.2) der Einfluss der Response-Pattern auf den
Aufmerksamkeitsbias und in der dritten Untersuchung (s. Abschnitt III.3) der Einfluss
der Response-Pattern auf den Gedächtnisbias untersucht.
Im Hinblick auf den Aufmerksamkeitsbias wurde vermutet, dass Patienten mit einem
ER-RP bzw. mit einem FAR-RP insgesamt stärkere Verzerrungen in der
Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material aufweisen als Patienten mit einem
AR-RP. Im Vergleich zu Patienten mit einem AR-RP oder ER-RP sollten dabei
insbesondere Patienten mit einem FAR-RP eine geringere Vigilanz für
schmerzassoziiertes Material zeigen. Bei Patienten mit einem ER-RP wurde im
Zusammenhang mit einem Rebound Phänomen (Wegner et al., 1987) vor allem
erwartet, dass sie verglichen mit Patienten mit einem FAR-RP oder AR-RP größere
Schwierigkeiten darin aufweisen, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen.
Entgegen dieser Erwartungen konnte jedoch kein Einfluss der Response-Pattern auf den
Aufmerksamkeitsbias gefunden werden. Die Aufmerksamkeitsleistungen der Patienten
zeigten sich unabhängig von ihren schmerzbezogenen Response-Pattern.
Möglicherweise wurden in diesem Kontext keine bedeutsamen Effekte gefunden, weil
bei Patienten mit einem ER-RP zwischen positiver und depressiver Stimmung nicht
unterschieden wurde. Hasenbring und ihre Arbeitsgruppe (Hasenbring et al., 2001;
Hasenbring & Verbunt, 2010; Hasenbring et al., 2012) postulieren, dass innerhalb des
ER-RP zwischen einer Eustress- (eustress endurance response pattern; E-ER-RP) und
IV DISKUSSION
206
einer Distress-Verarbeitung (distress endurance response pattern; D-ER-RP)
differenziert werden kann. Personen mit einem E-ER-RP werden dabei von der
Arbeitsgruppe dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Verarbeitungsmuster aufweisen,
welches auf kognitiver Ebene durch Thought-Suppression, auf emotionaler Ebene durch
Angst und Depression und auf der behavioralen Ebene durch die Verfolgung von
Aufgaben trotz Schmerzen charakterisiert ist. Personen mit einem D-ER-RP werden
dagegen durch Bagatellisierung der Schmerzen auf der kognitiven Ebene, positiver
Stimmung auf der emotionalen und Verfolgung von Aufgaben trotz anhaltender
Schmerzen auf der behavioralen Ebene charakterisiert (Hasenbring et al., 2001;
Hasenbring & Verbunt, 2010; Hasenbring et al., 2012). Diese Überlegung der
Arbeitsgruppe wurde in der vorliegenden Arbeit post-hoc aufgegriffen. Dafür wurden
die untersuchten Patienten mit einem ER-RP mithilfe ihrer BDI-Werte in die
Untergruppen E-ER-RP und D-ER-RP eingeteilt. Entsprechend der Untersuchung von
Hasenbring et al. (2012) wurden Patienten mit einem BDI-Wert ≥9 als D-ER-RP und
Patienten mit einem BDI-Wert <9 als E-ER-RP klassifiziert. Die Daten der zweiten
Untersuchung wurden in Abhängigkeit von den sich daraus ergebenen vier Response-
Pattern AR-RP, E-ER-RP, D-ER-RP, FAR-RP noch einmal analysiert. Allerdings zeigte
sich auch in der Re-Analyse kein bedeutsamer Einfluss der Response-Pattern auf den
Aufmerksamkeitsbias der CLBP-Patienten (p>0.05).
Im dritten Experiment der vorliegenden Arbeit wurde bei CLBP-Patienten der Einfluss
ihrer schmerzbezogenen Response-Pattern auf ihren Gedächtnisbias für
schmerzassoziiertes Material untersucht. Die Annahmen zum FAR-RP wurden hierbei
aus den Ergebnissen der ersten Untersuchung der vorliegenden Dissertationsschrift
abgeleitet. In dieser genannten ersten Untersuchung (s. Abschnitt III.1) konnte gezeigt
werden, dass FAR als Single-Response mit einer stärkeren Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material assoziiert ist. In der dritten Untersuchung sollte überprüft
werden, ob Patienten mit einem FAR-RP schmerzassoziiertes Material vermeiden und
sich dieses Vermeidungsverhalten in den Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes
Material gleichermaßen zeigt. Folglich wurde erwartet, dass Patienten mit einem FAR-
RP im Vergleich zu Patienten mit einem ER-RP bzw. AR-RP weniger
schmerzassoziiertes Material als schmerzneutrales Material erinnern. Für Patienten mit
einem ER-RP wurde vor dem Hintergrund des Rebound Phänomens (Wegner et al.,
IV DISKUSSION
207
1987) vermutet, dass diese im Vergleich zu Patienten mit einem FAR-RP oder AR-RP
mehr schmerzassoziiertes als schmerzneutrales Material erinnern. Im Hinblick auf die
Differenzierung zwischen affektiven und sensorischen Schmerzwörtern sowie
schmerzneutralen Wörtern wurde im Allgemeinen erwartet, dass sich der
Gedächtnisbias in Abhängigkeit von den Response-Pattern der CLBP-Patienten zeigt.
Tatsächlich konnte in der vorliegenden dritten Untersuchung gezeigt werden, dass sich
der Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten in
Abhängigkeit von ihren schmerzbezogenen Response-Pattern zeigt. Im Post-Hoc-Test
zeigte sich, dass dies auf einen marginalen Gedächtnisunterschied zwischen Patienten
mit einem ER-RP und einem FAR-RP zurückzuführen war. Wie erwartet, erinnerten
Patienten mit einem FAR-RP weniger schmerzassoziierte als schmerzneutrale Wörter
und wiesen damit eine Vermeidung des schmerzassoziierten Materials auf. Patienten
mit einem ER-RP wiesen dagegen ein selektives Gedächtnis für das schmerzassoziierte
Material auf. Dies zeigte sich darin, dass sie vergleichsweise mehr Schmerzwörter als
neutrale Wörter wiedergaben. In den Analysen, in denen der Gedächtnisbias für
affektive und sensorische Wörter im Vergleich zu schmerzneutralen Wörtern betrachtet
wurde, konnten keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Patienten in
Abhängigkeit von ihren Response-Pattern gefunden werden. Folglich scheinen hier die
Response-Pattern der Patienten keinen Einfluss auf den Gedächtnisbias für sensorische
oder affektive Merkmale von Schmerzen zu haben.
Somit lässt sich insgesamt festhalten, dass in der vorliegenden Arbeit der Einfluss der
schmerzbezogenen Response-Pattern bei CLBP-Patienten auf ihren
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Material nicht nachgewiesen werden
konnte. Dagegen gestaltet sich der Gedächtnisbias für schmerzassoziiertes Material in
Abhängigkeit der Response-Pattern. Dieses Ergebnis stimmt mit den Befunden
verschiedener Untersuchungen überein, die bei ängstlichen Personen zeigen konnten,
dass diese eine geringere Erinnerungsleistung für bedrohliches Material aufweisen (z.B.
Foa, McNally & Murdock, 1989; Landau, 1980; Mogg, Mathews & Weinman, 1987,
Watts, Sharrok & Trezise, 1986; Watts, Trezise & Sharrock, 1986) und dieses Material
stärker vermeiden (z.B. Foa & Kozak, 1986; Mathews & MacLeod, 1987; s. Abschnitt
IV.2.3). Die hier gefundene reduzierte freie Wiedergabe von schmerzassoziiertem
IV DISKUSSION
208
Material im Vergleich zu schmerzneutralem Material bei FAR-RP zeigt im Sinne der
Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg &
Bradley, 1998; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters, van der Zijden,
Thielen & Vlaeyen, 2003), dass CLBP-Patienten mit einem FAR-RP negatives Material
vermeiden. Diese Hypothese postuliert, wie in Abschnitt IV.2.3 bereits dargestellt, dass
die Informationsverarbeitung für bedrohliches Material bei ängstlichen Personen durch
zwei sukzessive Reaktionen gekennzeichnet ist: eine erste automatische
Vigilanzreaktion (Bar-Haim et al., 2007; LeDoux, 1995, 1996; Ohman, 1993) und einer
anschließenden zweiten Reaktion in Form einer Vermeidung desselben Materials
(Koster, Verschuere, Crombez & Van Damme, 2005; Rinck & Becker, 2006; Rohner,
2002; Mathews, 1990; Mogg et al., 1987; Mogg & Bradley, 1998; Roelofs, Peters, van
der Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003), durch die eine detaillierte Beschäftigung mit den
potenziell bedrohlichen Stimuli gemieden wird, um damit das Unbehagen, welches mit
diesen Stimuli assoziiert ist, zu reduzieren (Gray, 1976; Luecken, Tartaro & Appelhans,
2004). Infolge einer solchen Vermeidungsreaktion kommt es zu einer mangelnden
Habituation an Angst und angstauslösende Reize und Situationen, was sich in der
Konsequenz wiederum aufrechterhaltend auf die Angst und das damit verbundene
Vermeidungsverhalten auswirkt (Roelofs, Peters, van der Zijden, Thielen & Vlaeyen,
2003; Mathews, 1990; Mogg et al. 1987; Mogg & Bradley, 1998). Eine solche
dysfunktionale Vermeidungsreaktion konnte in der vorliegenden Arbeit für FAR als ein
Response-Pattern nachgewiesen werden.
Zu beachten ist hier, dass während die Vermeidungsreaktion bei FAR-RP mit den
Ergebnissen aus den Analysen zu FAR als Single-Response übereinstimmt (s. Abschnitt
III.3.3.5), das Ergebnis bei ER-RP aus den Analysen zu ER als Single-Response
abweicht. Während ER als Single-Response auf der behavioralen Ebene mit einer
stärkeren Vermeidung von schmerzassoziiertem affektivem Material assoziiert ist (s.
Abschnitt IV.2.4), führt ER als ein Response-Pattern zu einem stärkeren selektiven
Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material. Während ER auf der behavioralen Ebene
im Sinne der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese (Mathews, 1990; Mogg et al., 1987;
Mogg & Bradley, 1998; Mogg, Bradley, Miles & Dixon, 2004; Roelofs, Peters, van der
Zijden, Thielen & Vlaeyen, 2003) mit einer Vermeidung von bedrohlichem Material
und dem damit verbundenen Unbehagen assoziiert ist (Gray, 1976; Luecken, Tartaro &
IV DISKUSSION
209
Appelhans, 2004), führt ER als Response-Pattern aufgrund des erwarteten Rebound-
Effekts (Wegner et al., 1987) zu einem stärkeren selektiven Gedächtnis für selbiges
Material. Durch den Versuch, unangenehmes Material zu unterdrücken, um sich damit
nicht zu beschäftigen, scheint es bei CLBP-Patienten mit einem ER-RP somit
tatsächlich dazu zu kommen, dass dieses Material stärker im Gedächtnis bleibt und sich
in der Folge in einem selektiven Gedächtnis niederschlägt. Langfristig wird
angenommen, dass ER als Response-Pattern auf Rückenschmerzen zu einer
Chronifizierung der Schmerzen führt (Hasenbring et al., 2001; Hasenbring et al., 2012;
Hasenbring & Verbunt, 2010). Dabei wird im Avoidance-Endurance Model
(Hasenbring & Verbunt, 2010) angenommen, dass Personen mit einem ER-RP die
Gedanken ihre Rückenschmerzen unterdrücken, die Zähne zusammen beißen,
Tätigkeiten und Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen fortführen. Aufgrund des
Rebound-Phänomens (Wegner et al., 1987) misslingt allerdings der Versuch, die
Gedanken zu unterdrücken, wodurch diese Gedanken verstärkt wieder auftreten.
Dadurch kann es neben der Chronifizierung der Rückenschmerzen aufgrund der
Überbeanspruchung der Muskulatur (physical overload) durch die Überaktivität
(overuse), dazu kommen, dass Versagensempfindungen und eine reduzierte
Selbstwirksamkeit trotz anhaltenden Durchhaltens verstärkt auftreten. Dies führt zur
Zunahme einer depressiven bzw. gereizten Stimmung, was wiederum einen
Risikofaktor für chronische Rückenschmerzen darstellt (Klasen et al., 2006).
Einschränkend könnte an dieser Stelle argumentiert werden, dass die Stimmung das
selektive Gedächtnis für das schmerzbezogene Material beeinflusst haben könnte. In
den Analysen zur Bedeutung der Depressivität der Probanden auf ihren Gedächtnisbias
konnte allerdings gezeigt werden, dass Depressivität eher mit einer Vermeidung des
schmerzassoziierten Materials assoziiert ist. Auch nach Berücksichtigung des
Geschlechts und der BDI-Werte der Patienten als Kovariaten blieb die signifikante
Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion (F(2,26)=4.939, p<0.05) bestehen. Der Post-
Hoc-Test zeigte auch hier, dass im Trend der Effekt auf den bereits geschilderten
Unterschied zwischen Patienten mit einem ER-RP und denen mit einem FAR-RP
zurückging. Während Patienten mit einem ER-RP mehr schmerzassoziierte Wörter
erinnerten als neutrale, erinnerten Patienten mit einem FAR-RP weniger
schmerzassoziierte als schmerzneutrale Wörter.
IV DISKUSSION
210
Weiterhin stellt die Annahme von Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe (Hasenbring et
al., 2001; Hasenbring et al., 2012; Hasenbring & Verbunt, 2010), dass nach dem
Avoidance-Endurance Model (Hasenbring & Verbunt, 2010) innerhalb von ER-RP
zwischen E-ER-RP und D-ER-RP unterschieden werden kann, auch hier einen
interessanten Analyseansatz dar. Post-hoc wurde daher auch für die Daten aus der
Untersuchung zum Gedächtnisbias eine Re-Analyse durchgeführt, in der zwischen den
vier Response-Pattern E-ER-RP, D-ER-RP, FAR-P und AR-RP unterschieden wurde.
Es wurde erwartet, dass sowohl D-ER-RP als auch E-ER-RP zu einem selektiven
Gedächtnis für schmerzassoziiertes Material führt. Hier zeigte sich allerdings, dass die
Wort-Typ x Response-Pattern Interaktion zwar marginal noch vorhanden war,
allerdings keine statistische Signifikanz mehr erreichte (F(3,26)=2.602, p<0.08).
Folglich zeigt sich auch innerhalb ER-RP, dass die Stimmung nicht maßgeblich für den
Gedächtnisbias verantwortlich zu sein scheint, da die Interaktion auch mit
Differenzierung zwischen Eustress und Distress bei ER-RP, weiterhin zu beobachten
war, wenngleich nur noch als Trend. Eine mögliche Erklärung dafür, warum nach der
Aufteilung der Patientengruppe mit ER-RP der Effekt keine Signifikanz mehr erreichte
könnte darin liegen, dass dadurch die Anzahl der Gruppen die miteinander verglichen
wurden, sich erhöht und somit die Gruppengrößen deutlich verkleinert haben. In der
Folge könnte sich die statistische Power der Ergebnisse reduziert haben (s. Abschnitt
IV.4.4).
3 Klinische Implikationen der Untersuchungen
Aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit geht hervor, dass der
Informationsverarbeitungsbias für schmerzassoziiertes Material bei CLBP-Patienten
sowohl im Vergleich zu gesunden Personen (s. Abschnitt IV.2.1) als auch im
Zusammenhang mit den individuellen Merkmalen der untersuchten Personen (s.
Abschnitte IV.2.2, IV.2.3, IV.2.4 und IV.2.5) unterschiedliche Richtungen annehmen
kann. Dabei kann der Bias in Richtung einer verstärkten selektiven Verarbeitung und
einer erhöhten Schwierigkeit, sich von dem Material zu lösen, aber auch in Richtung
einer stärkeren Vermeidung des schmerzassoziierten Materials gehen. Weiterhin geht
aus der vorliegenden Arbeit hervor, dass sich die gefundenen Effekte in Abhängigkeit
IV DISKUSSION
211
davon zeigen, ob in der jeweiligen Untersuchung der Gedächtnis- oder
Aufmerksamkeitsbias untersucht wurde. Die teilweise gegenläufigen Richtungen in der
Verarbeitung des Stimulusmaterials beispielsweise im Zusammenhang mit den
individuellen Charakteristika der untersuchten Personen können entsprechend sehr
unterschiedliche klinische Implikationen bedeuten. Im Folgenden sollen diese erörtert
werden.
Im Bereich der Aufmerksamkeit zeigt sich eine zunehmende Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material mit zunehmendem allgemeinem Distress (Depressivität
und schmerzunabhängige Angst als überdauerndes Merkmal), und besonders deutlich
mit FAR als Single-Responses. Dabei erweist sich Katastrophisieren als wichtigster
Prädiktor für eine stärkere Vermeidung dieses Materials. Auch im Bereich des
Gedächtnisses ist eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material
zugunsten von neutralem Stimulus-Material mit zunehmendem Distress (hier nur
Depressivität) beobachtbar. Und auch hier zeigt sich die Vermeidung am deutlichsten
mit zunehmenden FAR-Single-Responses. Während der Aufmerksamkeitsbias mit den
Single-Responses der Betroffenen zusammenhängt, zeigt sich der Gedächtnisbias nicht
nur im Zusammenhang mit diesen, sondern auch in Abhängigkeit von den
schmerzbezogenen Response-Pattern der Betroffenen. CLBP-Patienten mit einem ER-
RP weisen den Befunden der vorliegenden Arbeit zufolge ein selektives Gedächtnis für
schmerzassoziiertes im Vergleich zu neutralem Material auf. Patienten mit einem FAR-
RP vermeiden im Gegensatz dazu schmerzassoziiertes Material zugunsten von schmerz-
neutralem Material.
In Hinsicht auf mögliche therapeutische Implikationen, legen die Ergebnisse der hier
dargestellten Untersuchungen nahe, den Verarbeitungsbias der CLBP-Patienten in der
Behandlung der Schmerzen zu berücksichtigen. Dabei können die Ziele in der
Behandlung in Abhängigkeit von den Merkmalen der Betroffenen ebenso gegenläufig
sein wie ihr jeweiliger Bias. In einem bisher unveröffentlichten Manual zur kognitiv-
verhaltenstherapeutischen Behandlung von chronischen Rückenschmerzen von
Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe (Hasenbring, 2002) ist diese Überlegung teilweise
aufgegriffen. Sie schlagen vor, dass der Aufbau funktionaler Reaktionen auf Schmerzen
in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Response-Pattern der Patienten erfolgen
IV DISKUSSION
212
sollte (Hasenbring, 2002). In Form eines Sensory-Monitoring kann dabei die
Informationsverarbeitung des Patienten in den Behandlungsprozess integriert werden.
Dabei lernen die Patienten, in regelmäßigen zeitlichen Abständen ihre Aufmerksamkeit
auf das Befinden ihres Rückens zu lenken, um die Schmerzen und Verspannungen
mithilfe einer NRS einschätzen zu können. Entsprechend dieser Einschätzung sollen
dann adaptive Bewältigungsmaßnahmen mit dem Patienten erarbeitet werden, um
langfristig eine Besserung der Symptomatik zu erreichen. Die Adaptivität der
Bewältigungsmaßnahmen ist dabei durch einen flexiblen Wechsel zwischen
Anspannung und Entspannung bzw. Belastung und Entlastung in Abhängigkeit von den
Signalen des Körpers charakterisiert. Die Dysfunktionalität, die letztlich nach
Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe zur Chronifizierung von Rückenschmerzen führt,
ist in erster Linie durch die Inflexibilität der Reaktionen der Betroffenen
gekennzeichnet.
Bei Personen mit einer erhöhten Tendenz, schmerzassoziierte Reize zu vermeiden,
indem Körpersignalen eher mit katastrophisierenden Kognitionen begegnet wird, hieße
dies, dass die Patienten zunächst lernen müssen, in regelmäßigen Abständen mithilfe
einer NRS das Befinden ihres Rückens zu überprüfen. In Abhängigkeit des Befindens
sollte sodann darüber reflektiert werden, welche Bewältigungsstrategie tatsächlich
angemessen wäre, anstatt aus einer Angst heraus Aktivitäten vorzeitig abzubrechen oder
gar nicht erst aufzunehmen und somit langfristig eine muskuläre Insuffizienz und in der
Folge eine Chronifizierung der Schmerzen zu begünstigen. Hier gilt es durch kognitive
Methoden (z.B. Wilken, 2010) den Patienten dazu zu befähigen, seinen dysfunktionalen
und katastrophisierenden Gedanken zunehmend realistische und funktionale
Kognitionen entgegen zu setzen und sich mit der Angst zu konfrontieren, um mehr
Aktivitäten wieder aufzunehmen und damit beispielsweise einen Aufbau der
Muskulatur zu ermöglichen. Die Vermeidung, die in den hier vorliegenden
Untersuchungen mehrfach gefunden wurde (beispielsweise Patienten mit vermehrten
depressiven Reaktionen und Patienten mit deutlichen FAR Single-Responses und FAR-
RP) verhindert, dass es zu einer elaborierten Evaluation der bedrohlichen Stimuli
kommt, und führt infolge dessen dazu, dass die Angst nicht zurückgehen, also nicht
habituieren, kann (vgl. Bar-Haim et al., 2007). Für die Behandlung der Angst der
Patienten können beispielsweise die Bilder aus der PHODA (Kugler et al., 1999), die
IV DISKUSSION
213
auch in der vorliegenden Arbeit präsentiert wurden, verwendet werden, um - in
Anlehnung an die Therapie bei Angststörungen wie zum Beispiel der spezifischen
Phobie (s. z.B. Hamm, 2006) - eine entsprechende Angsthierarchie für die schmerz-
assoziierten Situationen zu erarbeiten und anschließend mit den Situationen massiert
oder gestuft zu konfrontieren und damit eine Habituation an die Angst zu erreichen.
Verschiedene Autoren legen eine solche Behandlung mit einem Konfrontationsrational
bei CLBP-Patienten nahe (Linton et al., 2002; Vlaeyen et al., 2001; Vlaeyen et al.,
2002).
Die vorliegende Arbeit spricht allerdings nicht nur für eine Vermeidung, sondern auch
eine selektive Verarbeitung von schmerzassoziiertem Material im Zusammenhang mit
den individuellen Merkmalen der Betroffenen. Eine selektive Aufmerksamkeit für
schmerzassoziiertes Material findet sich in erster Linie im Zusammenhang mit
vermehrten emotionalen ER-Single-Responses. Dabei fällt die selektive
Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material umso stärker aus, je mehr die
Patienten auf der emotionalen Ebene eine heitere Stimmung trotz Schmerzen aufweisen.
Auch in Hinsicht auf den Gedächtnisbias findet sich eine selektive Verarbeitung von
schmerzassoziiertem Material in erster Linie bei Patienten mit einem ER-RP. Diese
Befunde befürworten, dass bei diesen Personen entsprechend ihres selektiven Bias, die
Ziele der Behandlung angepasst werden sollten. Wie bereits aufgeführt stellt nach
Hasenbring und ihrer Arbeitsgruppe ein wichtiges Ziel in der Behandlung von
chronischen Rückenschmerzen die Verbesserung der Fähigkeit zum Sensory-
Monitoring dar. Die Annahme ist, dass Personen mit einer verstärkten Tendenz zu ER
(bzw. bei Hasenbring von Personen mit einem ER-RP) auf Körpersignale erst bei sehr
hohen Schmerzintensitäten (Peak) wie z.B. bei NRS=8, mit einer Pause oder mit
entspannungsfördernden Strategien reagieren. Das Ziel der Behandlung kann hier darin
liegen, dass die Betroffenen lernen, ihre Körpersignale immer wieder zu überprüfen,
ernst zu nehmen und bereits bei mittlerem Schmerzempfinden beispielsweise eine Pause
machen. Dies könnte bedeuten, dass die Patienten z.B. bei einer Schmerzintensität von
NRS=4 bereits ihren Rücken entlasten, um nicht später zum Abbruch und Aufgeben der
Tätigkeit aufgrund sehr starker Schmerzen (z.B. NRS=9 bzw. NRS=10) gezwungen zu
werden. Langfristig soll auch hier angestrebt werden, einen flexiblen Wechsel zwischen
Aktions- und Ruhephasen zu erreichen.
IV DISKUSSION
214
Es konnte in der vorliegenden Untersuchung darüber hinaus gezeigt werden, dass sich
der Informationsverarbeitungsbias im Zusammenhang mit erlebten Disability der
Patienten steht. Interessanterweise hat die Höhe der Disability im Sinne der
charakteristischen Schmerzintensität der Betroffenen den stärksten prädiktiven Wert für
größere Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen und der Grad
der schmerzbezogenen Disability als Kombination aus der Höhe der Schmerzintensität
sowie der Dauer und Höhe der erlebten Funktionseinschränkungen durch die
Schmerzen, den größten Vorhersagewert für eine geringere Vigilanz für
schmerzassoziiertes Material.
Dies impliziert, dass bei Personen mit einer erhöhten Beeinträchtigung, die
Aufmerksamkeit nicht stärker auf schmerzassoziiertes Material gerichtet ist, sondern
abgewendet wird. Gleichzeitig fällt es diesen Personen schwer, sich von
schmerzassoziierten Reizen zu lösen, wenn die Aufmerksamkeit darauf gerichtet ist. In
der Behandlung könnte dies bedeuten, dass Patienten mit einer erhöhten Disability
tatsächlich in ihrer Verarbeitung stark von den Schmerzen eingenommen sind, so dass
als Folge diese Personen möglicherweise entsprechend weniger in der Lage sind,
schmerz-neutrale Aspekte von Situationen zu erkennen und damit möglicherweise
verbundene alternative und adaptive Ideen und Lösungen im Umgang mit ihren
Schmerzen weniger generieren können.
Die mit den aufgeführten klinischen Implikationen verbundenen neuen Erfahrungen mit
den Schmerzen bedeuten für die Betroffenen neue Gedächtnisspuren in ihrem
assoziativen Netzwerk zum Schmerz, die einen angstfreien flexiblen und funktionalen
Umgang mit den Schmerzen beinhalten. Beispielsweise können Patienten mit einer
stärkeren FAR nach Konfrontationen (oder auch Patienten mit stärkeren ER nach der
Etablierung von adaptiven Pausen) real erfahren, dass sie etwas schaffen und keine
Angst vor Aktivitäten oder potenziell schmerzauslösenden Aktivitäten und Situationen
zu haben brauchen. In der Folge kann langfristig somit der Aktionsradius der Patienten
erhöht werden und in Kombination mit einem Aufbau von angenehmen Aktivitäten in
sensu des Behandlungsrationals bei Depressionen (Hautzinger, 2003) in einer
Aufhellung der Stimmung der Patienten resultieren mit zunehmender Stärkung der
Selbstwirksamkeit der Patienten.
IV DISKUSSION
215
Die Bedeutsamkeit der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung wird auch vor dem
Hintergrund des chronischen Schmerzes als wichtiger Kostenfaktor bei Berentung und
Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit deutlich (Maniadakis & Gray, 2000; Wenig et al.,
2009; s. Abschnitt II.1.2). Je spezifischer das Wissen darüber ist, wie der
Aufmerksamkeits- bzw. der Gedächtnisbias bei CLBP-Patienten mit ihren individuellen
ER und FAR Single-Responses und Response-Pattern zusammenhängt, umso
spezifischer und patienten-näher können die therapeutischen Interventionen daraus
abgeleitet werden, um langfristig die Behandlung von chronischen Schmerzen zu
optimieren. Weitere Untersuchungen zu Interventionsmethoden sind hier allerdings
zwingend erforderlich, um die klinischen Implikationen der durch die hier gewonnenen
grundlegenden Befunde zu überprüfen.
4 Limitationen der Untersuchungen und Perspektiven für die
zukünftige Forschung
Die vorliegenden Untersuchungen haben Aspekte, welche die Interpretierbarkeit und
die Implikationen der Befunde limitieren. Die Limitationen ergeben sich dabei aus der
Wahl der verwendeten Paradigmen, Stimuli und Instrumente sowie aus den
Charakteristika der untersuchten Stichproben. Im Folgenden sollen diese Limitationen
dargestellt sowie Perspektiven für die zukünftige Forschung abgeleitet werden.
4.1 Die experimentellen Paradigmen
Eine erste Limitation der Untersuchungen begründet sich durch die Wahl der
Paradigmen zur Erfassung des Aufmerksamkeitsbias bzw. des Gedächtnisbias. Zur
Erfassung eines Aufmerksamkeitsbias können verschiedene Paradigmen verwendet
werden. Wie in Abschnitt II.2.3.1 dargestellt, stellt die modifizierte emotional stroop
task (Stroop, 1935) ein in der Forschung anfänglich am ehesten verwendetes Paradigma
zur Erfassung von Aufmerksamkeitseffekten dar. Aufgrund der Kritik (Algom, Chajut
& Lev, 2004; MacLeod, Mathews & Tata, 1986), dass die Benennungslatenzen, die in
der Stroop Aufgabe erfasst würden, nicht eindeutig einem Aufmerksamkeitsbias
zuzuordnen seien, sondern auf spätere Prozesse (response bias artefact, s. Abschnitt
IV DISKUSSION
216
II.2.3.1) zurückgeführt werden könnten, wurde der Aufmerksamkeitsbias zunehmend
mithilfe des dot-probe Paradigmas untersucht und diese in den vorliegenden ersten
beiden Untersuchungen präferiert.
Die dot-probe Aufgabe (MacLeod et al., 1986) wird als eine direktere Methode zur
Erfassung selektiver Aufmerksamkeit betrachtet. Sie hat dabei den deutlichen Vorteil,
dass durch die Erfassung der Reaktionen der Probanden in Durchgängen, in denen ein
Punkt einen bedrohlichen Stimulus ersetzt, nicht nur überprüft werden kann, inwieweit
dieser schneller die Aufmerksamkeit beansprucht (attentional capture, engagement),
sondern auch inwieweit Schwierigkeiten bestehen, sich von dem bedrohlichen Stimulus
zu lösen (attentional disengagement; Koster et al., 2004). Beim dot-probe Paradigma
liegt die Aufgabe des Probanden darin, auf einen neutralen Probereiz (der Punkt) zu
reagieren. Folglich ist von dem Vorteil auszugehen, dass die Latenzen in den
Reaktionen der Probanden nicht durch einen response bias (s. Abschnitt II.2.3.1) oder
einen allgemeinen Arousalzustand begründet sind (MacLeod et al., 1986, Koster et al.,
2004). Nachteilig ist hier jedoch anzumerken, dass sowohl in der dot-probe Aufgabe als
auch in der emotional Stroop Aufgabe Schmerz in Form eines visuellen Reizes
dargeboten wird, nicht jedoch als somatosensorischer Reiz (Asmundson et al., 2004).
Weiterhin ist limitierend anzumerken, dass die aktuelle Befundlage die Reliabilität der
dot-probe Aufgabe in Frage stellt. In insgesamt drei Studien überprüfte Schmukle
(2002) für verschiedene Versionen des dot-probe Paradigmas die Gütekriterien und
stellte fest, dass sowohl in der Wortversion als auch in der Bildversion mit bedrohlichen
Stimuli bei nicht-klinischen Probanden keine reliable Messung der
Angstbewältigungsdispositionen Vigilanz und Vermeidung gegeben war. Schmukle
(2002) stellte heraus, dass sich die erhobenen Werte über einen Zeitraum von einer
Woche hinweg weder als stabil noch als intern konsistent erwiesen. Weiterhin kann
mithilfe des dot-probe Paradigmas nicht erfasst werden, wie lange es tatsächlich dauert,
bis Probanden bedrohliches Material entdecken, da der entsprechende Stimulus (probe)
mit einer zeitlichen Verzögerung von üblicherweise 500 ms präsentiert wird (Byrne &
Eysenck, 1995). Auch wird vermutet, dass mithilfe des dot-probe Paradigmas wenig
Informationen zur Vigilanz-Komponente der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese
erhalten werden können, denn bei der dot-probe Aufgabe werden eher Angaben zu dem
Material erfasst, das unmittelbar vor der Präsentation des Punktes präsentiert wurde,
IV DISKUSSION
217
nicht jedoch zu dem Stimulus, der als erstes dargeboten wurde (Smith, 2005). Vor
diesem Hintergrund kann eine mögliche Quelle für die inkonsistenten Befunde in
klinischen Stichproben, hier bei chronischen Schmerzpatienten, in der Wahl des dot-
probe Paradigmas mitbegründet sein.
Eine Weiterentwicklung des dot-probe Paradigmas haben Posner und Peterson (1990,
Posner, 1980) mit dem sogenannten Cueing Paradigma vorgenommen. Bei diesem
Paradigma wird in seiner klassischen Version nach einem Fixierungskreuz in der Mitte
eines Bildschirms an einer von zwei möglichen Bildschirmpositionen ein Hinweisreiz
(cue) dargeboten. Diesem Hinweisreiz folgt die Präsentation eines Zielreizes (target)
entweder an der Position, auf die der Hinweisreiz hingedeutet hat (valide cue
condition), oder an einer alternativen Position (invalide cue condition). In der Mehrzahl
der Durchgänge stimmen dabei die Hinweisreize mit der anschließenden Position des
Zielreizes überein. In einer Variation des Paradigmas ermöglichten Stormark, Nordby
und Hugdahl (1995) die Erfassung von der Aufmerksamkeitsverteilung bei emotionalen
Inhalten, indem die Valenz der verwendeten Cues modifiziert wurde. Fox et al. (2001)
entwickelten auf dieser Grundlage das emotional spatial cueing paradigm, indem sie
bedrohliches und neutrales Stimulusmaterial hinzunahmen und ermöglichten durch die
Bildung von Differenzen zwischen den Leistungen in den validen und in den invaliden
Durchgängen, die Erfassung des Aufmerksamkeitsbias für emotionales Material.
Gegenüber dem cueing Paradigma birgt das dot-probe Paradigma jedoch einige
wesentliche Vorteile. In der dot-probe Aufgabe werden zwei Stimuli gleichzeitig
präsentiert. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass die Aufmerksamkeitsleistungen des
Probanden für emotionale (hier schmerzassoziierte) Reize direkt mit den
Aufmerksamkeitsleistungen für einen mit diesem konkurrierenden neutralen Reiz
verglichen werden können. Im cueing task wird dagegen immer nur ein Reiz
gleichzeitig dargeboten, so dass eine solche direkte Vergleichsmöglichkeit nicht
gegeben ist. Weiterhin stellt diese Konkurrenz zwischen bedrohlichen (beispielsweise
schmerzassoziierten) und anderen Stimuli eine typische Situation im Alltag dar, so dass
die dot-probe Aufgabe als sensitiver für die Erfassung eines entsprechenden Bias
betrachtet werden kann (Bar-Haim et al., 2007). Ein weiterer Vorteil der dot-probe
Aufgabe gegenüber dem cueing Paradigma stellt die Information der Probanden über
IV DISKUSSION
218
die Anweisung, dass bestimmte Cues valide sind. Folglich kann davon ausgegangen
werden, dass die Aufmerksamkeitseffekte nicht generell auf die emotionale Valenz der
Stimuli zurückzuführen ist. Die Unterschiede können durch die unterschiedlichen
Anweisungen sowie die Betrachtung der bedeutsamen Cues als relevant für die Aufgabe
entstehen (Bar-Haim et al., 2007). In der zukünftigen Forschung sind weitere
Untersuchungen zur Güte des dot-probe Paradigmas in klinischen Stichproben
notwendig. Weiterhin wäre eine mögliche Implikation, die Verwendung anderer
Paradigmen wie zum Beispiel dem Cueing Paradigma zur Überprüfung des
Aufmerksamkeitsbias bei CLBP-Patienten.
In Hinsicht auf den Gedächtnisbias bieten Paradigmen wie z.B. Aufgaben zum
Wiedererkennen (recognition tasks) alternative Untersuchungsmethoden. Insgesamt
spricht allerdings die aktuelle Befundlage dafür, dass sich das recognition Paradigma
weniger zur Untersuchung des Gedächtnisbias bei Schmerzpatienten eignet.
Insbesondere scheitern die Untersuchungen daran, eine Differenzierung der Effekte zu
ermöglichen, die auf den Schmerz an sich bzw. auf die Stimmung zurückgeführt werden
können (Pincus & Morley, 2001). Weiterhin ist in den bisherigen Untersuchungen keine
eindeutige Bestimmung der Leistungen der Probanden in der recognition Aufgabe
möglich, da in den Untersuchungen, in denen Gedächtniseffekte bei Schmerzpatienten
gefunden werden konnten, der recognition Aufgabe meist eine free-recall Aufgabe
(Edwards et al., 1992) oder die Erfassung autobiographischer Inhalte (Boissevain, 1994)
vorgeschaltet war. Eine weitere Schwierigkeit stellen bei recognition Aufgaben
sogenannte Deckeneffekte dar (Williams, 1997, nach Pincus & Morley, 2001). In
Anlehnung an Pincus und Morley (2001) wurde in der hier dargestellten Untersuchung
davon ausgegangen, dass der Gedächtnisbias am besten durch Aufgaben zur freien
Wiedergabe (free-recall tasks) erfasst werden kann. Folglich wurde dieses Paradigma in
der vorliegenden dritten Untersuchung präferiert.
4.2 Der Stimulus-Typ: verbales Material vs. naturalistisches
Bildmaterial
Neben der Frage nach der Wahl der Paradigmen ist davon auszugehen, dass die Wahl
der verwendeten Stimuli in den Experimenten eine bedeutsame Rolle spielt. In den
IV DISKUSSION
219
Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias wurde hier idiosynkratisch ausgewähltes
Bildmaterial verwendet. Es wurde überprüft, inwieweit Unterschiede in den
Bewertungen der dargebotenen Bilder bestehen. Dies diente der Kontrolle der
Bedeutsamkeit des verwendeten Stimulusmaterials und bestätigte die jeweilig
unterschiedliche Valenz der hoch- und niedrig-bedrohlichen Bilder. In der
Untersuchung zum Gedächtnisbias wurde dagegen das Stimulusmaterial nicht
idiosynkratisch ausgewählt. Vor dem Hintergrund der Schematheorien und der SEMP
(Pincus & Morley, 2001) ist jedoch davon auszugehen, dass gerade beim
Gedächtnisbias das individuelle Schmerzschema sowie das „Enmeshment“ des
Stimulusmaterials mit dem Selbstkonzept der Probanden maßgeblich an einem
Gedächtnisbias beteiligt ist. In der hier dargestellten Untersuchung zu Gedächtnisbias
wurde der persönliche Bezug des Stimulusmaterials zum Schmerz- und Selbstkonzept
der Probanden nicht erfasst. Im Sinne der aktuellen Forschungsbefunde, welche die
Verwendung von idiosynkratisch ausgewähltem Stimulusmaterial (Dear et al., 2011;
Riemann & McNally, 1995; Roelofs et al., 2005) sowie die Erfassung des
„enmeshment“ des Stimulusmaterials mit dem Selbstkonzept der Probanden betonen,
wären folglich in weiteren Untersuchungen diese Aspekte zu beachten, indem das
Stimulusmaterial auf der Basis eines vorangehenden Ratings der Stimuli ausgewählt
oder der individuelle Selbstbezug der Stimuli in den Analysen berücksichtigt wird.
Eine weitere Optimierung des Stimulusmaterials könnte weiterhin nach dem Vorbild
der Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsbias erfolgen, indem auch bei
Untersuchungen zum Gedächtnisbias Bildmaterial verwendet würde. Bildmaterial soll
dabei eine höhere ökologische Validität (Dear et al., 2011) aufweisen, weil sie stärker
den Objekten, die dargestellt sind, ähneln (Kissler, Herbert, Winkler & Junghofer,
2009). Verschiedene Untersuchungen belegen nicht, dass sich Bildmaterial besser zur
Erfassung des kognitiven Bias eignet (Roelofs et al., 2005; Busch, Montgomery, Melin
& Lundberg, 2006). Roelofs et al. (2005) gehen davon aus, dass Bilder stärker als
Wortmaterial, die Sorgen und Belange der Probanden ansprechen und visualisieren. Sie
haben einen deutlicheren Bezug zum realen Leben, weisen eine höhere Salienz auf und
sind daher für Untersuchungen mit einer dot-probe oder einer free-recall Aufgabe eher
als Stimulusmaterial geeignet als Wörter. Im Bereich des Gedächtnisbias verglichen
Busch et al. (2006) die Gedächtnisleistungen von 28 Patientinnen mit chronischen
IV DISKUSSION
220
Schmerzen mit denen von 28 schmerzfreien Kontrollprobandinnen, indem sie zwei
computergestützte Aufgaben zur freien Wiedergabe durchführten, dabei eine mit
neutralen und eine mit Bildern, auf denen schmerzassoziierte Aktivitäten dargestellt
waren. Neben dieser Gedächtnisaufgabe mussten die Probandinnen zwei Aufgaben zur
freien Wiedergabe mit Wortmaterial erfüllen. In der Aufgabe mit den neutralen Bildern
waren die Leistungen zwischen den Patientinnen und den Kontrollpersonen
vergleichbar. In den Aufgaben mit dem schmerzassoziiertem Bildmaterial zeigten die
Schmerzpatientinnen jedoch deutlich schlechtere Leistungen als die Kontrollpersonen,
während in der Wortversion der Aufgabe keine bedeutsamen Unterschiede zwischen
den beiden Gruppen gefunden werden konnte. Diese Ergebnisse sprechen einerseits,
wie in Abschnitt III.3.4 bereits aufgeführt, für eine kognitive Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material bei Schmerzpatienten. Andererseits weisen die Befunde
von Busch et al. (2006) darauf hin, dass sich Bildmaterial zur Erfassung des
Gedächtnisbias besser eignet als Wortmaterial. Den Befunden des meta-analytischen
Reviews von Bar-Haim und Kollegen (2007) zufolge ist die Erfassung eines
Aufmerksamkeitsbias sowohl mit Wortmaterial als auch mit Bildmaterial als
gleichermaßen robust zu bewerten.
4.3 Die Wahl der Instrumente und Merkmale der Stichprobe
Zur Erfassung der individuellen Merkmale der Probanden wurden in der vorliegenden
Arbeit, Fragebögen verwendet, in denen die Probanden, selbst Auskunft über ihre
individuellen Merkmale und ihre Stimmung geben. Dadurch ist der
Interpretationsspielraum der Befunde eingeschränkt, und zwar einerseits durch die
allgemeinen bekannten Limitationen bei Analysen mit Selbstbewertungsinstrumenten
und andererseits durch Limitationen, die sich spezifisch aus den hier verwendeten
Instrumenten ergeben. Auch die Klassifizierung der Probanden in Hinsicht auf ihre
Depressivität oder die schmerzspezifischen Response-Pattern wurde auf Basis der
Selbstauskunft der Probanden vorgenommen und ist somit mit Limitationen der
Interpretierbarkeit der Befunde verbunden. Die schmerzspezifischen Response-Pattern
sowie das Ausmaß der Depressivität hätten beispielsweise durch eine zusätzliche
Fremdbeurteilung, zum Beispiel durch einen Experten, untermauert werden können.
IV DISKUSSION
221
Ebenso hätte hier der Einschluss der Probanden in die verschiedenen Gruppen in
Hinsicht auf die Ausprägung der depressiven Merkmale (Untersuchung 3) durch den
Gebrauch eines standardisierten diagnostischen Interviews abgesichert werden können.
In der vorliegenden Untersuchung wurde dies jedoch nicht vorgenommen, da das
Hauptaugenmerk der Analysen auf die Untersuchung der schmerzbezogenen FAR und
ER bzw. FAR-RP und ER-RP lagen.
Eine weitere Einschränkung der Interpretierbarkeit der Befunde ergibt sich aus den
Ausprägungen der individuellen Merkmale der Probanden. Hierbei ist zunächst der
Schmerzstatus der Probanden zu nennen. Es ist zu berücksichtigen, dass alle Probanden,
die an der ersten Untersuchung teilgenommen haben, in der Vergangenheit Erfahrungen
mit Schmerzen berichteten wegen derer sie zuvor bereits untersucht und behandelt
worden waren, wenngleich die Kontrollgruppe die gängigen Ein- und
Ausschlusskriterien für die experimentelle Gruppe nicht erfüllte. In Anlehnung an die
Assoziative Netzwerktheorie und die Schematheorie kann möglicherweise davon
ausgegangen werden, dass durch die in der Vergangenheit bestandene Erfahrung mit
Schmerzen die Kontrollstichprobe ebenfalls über ausgeprägte auf Schmerzen bezogene
assoziative Verknüpfungen und Schemata verfügte. Folglich könnte angenommen
werden, dass die Kontrollstichprobe in dieser Hinsicht nicht distinkt genug zur CLBP
Gruppe war, obwohl sie die gängigen Kriterien zur Definition von Kontrollgruppen
erfüllte. Zukünftige Untersuchungen sollten daher diesem Aspekt gerecht werden,
indem die Schmerzerfahrung der Kontrollprobanden ebenfalls erfasst wird.
Eine weitere Limitation ergibt sich in Hinsicht auf die Ausprägung der verschiedenen
individuellen Merkmale der Stichproben in den hier aufgeführten Untersuchungen.
Zunächst ist zu beachten, dass die CLBP-Patienten im Allgemeinen eine relativ geringe
Schmerzintensität angaben, wenngleich sich diese deutlich von den Angaben der
gesunden Kontrollpersonen unterschied. Folglich könnten fehlende signifikante
Unterschiede in den Analysen hinsichtlich der kognitiven Leistungen der CLBP-
Patienten und denen der gesunden Kontrollgruppe, darauf zurückzuführen sein, dass die
CLBP-Patienten keine hohe Schmerzintensität aufwiesen.
Ähnlich verhält es sich mit der Ausprägung der Depressivität. Die in der zweiten Studie
untersuchten Probanden wiesen durchgängig relativ geringe depressive Symptome auf.
IV DISKUSSION
222
Die „hoch-depressiven“ Gruppen basierten auf einer Medianhalbierung bei einem
Median von 5.5. Dies ist nach den Cut-off Werten des BDI eher als nicht depressiv zu
klassifizieren. In der genannten Untersuchung wurde dies dagegen als hoch-depressiv
klassifiziert. Folglich können die fehlenden Befunde aus den Analysen zum Einfluss der
Depressivität auf den Gedächtnisbias dadurch begründet sein. Nachfolgende
Untersuchungen sollten sich daher an den vorgeschlagenen Cut-off Werten der
verwendeten Instrumente orientieren und gegebenenfalls zusätzlich strukturierte
klinische Interviews zur Absicherung des depressiven Status der Probanden
heranziehen.
Ebenso könnte in der vorliegenden Untersuchung als Einschränkung angenommen
werden, dass in den hier vorliegenden Untersuchungen keine differenzierte Aussage zur
Bedeutung von Angst für einen Informationsverarbeitungsbias getroffen werden kann,
weil die untersuchten Probanden keine klinisch relevante Angst aufwiesen und auch
insgesamt die Ausprägung der Angst sowohl als State- als auch als Trait-Merkmal nicht
hoch genug ausgeprägt war (s. Abschnitt IV.2.2.1). Bar-Haim et al. (2007) überprüften
allerdings in einer Metaanalyse die Effektstärken von verschiedenen Untersuchungen
und weisen darauf hin, dass sich der Aufmerksamkeitsbias im Zusammenhang mit
Angst als sehr robust erweist und sowohl in klinischen als auch in nicht-klinischen
Populationen sowie bei mittleren Ausprägungen gut nachweisen lässt. Auch ist die
Verwendung des STAI als Instrument zur Erfassung von schmerzunabhängiger Angst
kritisch zu betrachten. Verschiedene Autoren belegen, dass die Ergebnisse aus dem
STAI durch depressive Symptome deutlich mitbeeinflusst werden (beispielsweise
Bieling, Antony & Swinson, 1998; Caci, Bayle, Robert & Boyer, 2003).
Weiterhin zeigten die Probanden in den vorliegenden Untersuchungen eine relativ
geringe Beeinträchtigung. Folglich sind Aussagen über hoch-chronische und stark
beeinträchtigte Probanden hier nur bedingt möglich. Limitierend ist hier anzumerken,
dass die Beeinträchtigung der Probanden in der vorliegenden Arbeit über den Chronic
Pain Grade Fragebogen gemessen wurde. In internationalen Untersuchungen wird in
vielerlei Hinsicht der Pain Disability Index (PDI; Pollard, 1984) bevorzugt. Einen
Vorteil des PDI gegenüber dem von Korff Index wird darin gesehen, dass nicht nur
eine Klassifizierung der Probanden in die verschiedenen Chronic Pain Grade der
IV DISKUSSION
223
Beeinträchtigung, sondern detailliertere Überprüfung verschiedener Aspekte der
Beeinträchtigung möglich wäre. Folgende Untersuchungen sollten dementsprechend
eine detailliertere Erfassung der Disability ermöglichen, indem spezifischere
Fragebögen zur Beeinträchtigung der Probanden eingesetzt werden.
Bezüglich der Erfassung der Endurance-Reaktionen wie auch der Response Pattern der
untersuchten Probanden könnte im Allgemeinen angenommen werden, dass in der
vorliegenden Arbeit der Einfluss der Response-Pattern beispielsweise auf den
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes und schmerzneutrales sowie auf den
Gedächtnisbias für affektives und sensorisches Wortmaterial aufgrund der
Operationalisierung der Endurance- bezogenen (repressiven) Verarbeitung nicht
gefunden werden konnte. Eine gängige Methode für die Erfassung einer repressiven
Verarbeitung stellt das Schema von Weinberger et al. (1979) dar (Myers, 2010). Bei der
Klassifizierung nach Weinberger et al. (1979) werden die Ausprägung der Merkmale
Angst (beispielsweise erfasst über die Taylor Manifest Anxiety Scale; MAS; Taylor,
1953) und Defensivität (beispielsweise erfasst über die Marlowe-Crowne Social
Desirability Scale; SDS; Crowne & Marlowe, 1960) herangezogen. Dabei werden drei
Verarbeitungstypen voneinander unterschieden: repressiv, hoch-ängstlich und niedrig-
ängstlich. REP durch eine geringe Werte im MAS und hohe Werte im SDS
gekennzeichnet. REP beschreiben sich selbst nach Weinberger et al. (1979) unter
anderem mit den folgenden Merkmalen: ‚rational (subjugate emotion), do not get upset
very easily, (…) do not get discouraged easily, (…) I usually plan whatever I do‘
(Weinberger et al., 1979, S. 378). Hoch-ängstliche Personen weisen hohe Werte im
MAS und niedrige Werte im SDS auf. Sie beschreiben sich selbst unter anderem mit
den Merkmalen ‚shy, worried about what others think; quiet, slow in making friends
(…), independence… sometimes at the point of alienation, quiet, uncomplaining‘
beschrieben (Weinberger et al., 1979, S. 379). Niedrig-ängstliche Personen weisen
hingegen in beiden Inventaren geringe Werte auf. Sie beschreiben sich selbst nach
Weinberger et al. (1979, S. 179) unter anderem mit den Charakteristika ‚enjoying life,
versatility, flexibility, (…), fairly outgoing, like being with people, a diverse person
who enjoys doing active things‘. Dieses Schema wird auch in der Schmerzforschung
verwendet, um suppressives Verhalten zu identifizieren (s. Abschnitt IV.2.4). Kritisch
ist anzumerken, dass die Klassifizierung nach Weinberger et al. (1979) auf suppressive
IV DISKUSSION
224
Merkmale als allgemeine Eigenschaft, nicht jedoch spezifisch auf schmerzbezogenes
suppressives Coping basiert. Demgegenüber liegt ein Vorteil der in der vorliegenden
Untersuchung angewandten Klassifizierung nach Hasenbring (Hasenbring et al., 2001;
Hasenbring et al., 2012; Hasenbring & Verbunt, 2010) darin, dass weniger allgemeine,
sondern spezifisch auf Schmerzen bezogene Response-Pattern erfasst werden. Dieser
Vorteil der hier vorliegenden Arbeit gegenüber bisherigen Arbeiten zum repressiven
Coping-Stil bei Schmerzen ist auch auf die Untersuchung der Single-Responses zu
übertragen. Das hier verwendete Instrument (AEQ; Hasenbring et al., 2009) erfasst
suppressive Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen explizit auf Schmerzen. In
den bisherigen Untersuchungen wurden allerdings schmerzunabhängige Instrumente
verwendet, wie bereits aufgeführt bei dem Klassifizierungsschema nach Weinberger,
Schwartz und Davidson (1979), bei der die Einteilung mithilfe der Werte in den
Fragebögen MAS (Taylor, 1953) und SDS (Crowne & Marlowe, 1960) erfolgte.
Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen ist zu beachten, dass weitere hier nicht
erhobene Merkmale eine bedeutsame Rolle beim Informationsverarbeitungsbias spielen
und sich daraus Implikationen für die weitere Forschung zum
Informationsverarbeitungsbias bei CLBP-Patienten ergeben. So leitet sich aus den
Ausführungen in Abschnitt IV.2.2 ab, dass zukünftige Untersuchungen zum
Aufmerksamkeitsbias Aspekte wie Rumination berücksichtigen sollten. Weiterhin
wurden in bisherigen Untersuchungen der ASI (Reiss et al., 1986) und der PASS
(McCracken, Zayfert & Gross, 1992) zur Erfassung von FOP bzw. FAR eingesetzt. In
den hier vorliegenden Untersuchungen wurden diese Fragebögen nicht verwendet. In
der ersten Untersuchung lassen sich daher die Ergebnisse nur bedingt mit den Befunden
aus der Untersuchung von Snider et al. (2000) vergleichen. Allerdings ist hier eine
Einschränkung der vorliegenden Untersuchung in Hinsicht auf die Argumentation, dass
Patienten mit einem FAR-RP aufgrund ihrer hohen Schmerzangst schmerzassoziiertes
Material vermeiden, zu nennen. Tatsächlich basiert die Klassifizierung der Patienten
mithilfe des AEQ auf Items, die sich weniger auf FOP beziehen als auf suppressive
Kognitionen und suppressives Verhalten sowie Ausmaß der depressiven Symptomatik
im BDI. Um den Einfluss von FOP auf den Gedächtnisbias für schmerassoziiertes
Material zu überprüfen, wurden in der vorliegenden Untersuchung Korrelationsanalysen
vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass die FOP deutlich mit dem Gedächtnisbias
IV DISKUSSION
225
zusammenhängt. Konsistent mit den Ergebnissen aus dem Vergleich der Response-
Pattern konnte gezeigt werden, dass mit zunehmender FOP weniger schmerzassoziiertes
Material wiedergegeben wird und die Wiedergabe von schmerzunabhängigem Material
zunimmt. Folglich bestätigen die vorliegenden Ergebnisse, dass, ähnlich wie bei FAR-
RP, FOP mit einer Vermeidung von schmerzassoziiertem Material zugunsten von
neutralem Material assoziiert ist. Zusätzlich wurde hier post-hoc eine Medianhalbierung
mit den erreichten Werten im TSK ausgeführt, um die Gedächtnisleistungen in
Abhängigkeit einer hohen im Vergleich zu einer niedrigen Ausprägung von FOP
untersuchen zu können. Hier konnte ebenfalls gezeigt werden, dass Probanden mit einer
höheren FOP im Vergleich zu gesunden Probanden weniger schmerzassoziiertes
Material wiedergeben als gesunde Kontrollprobanden. Dieses Ergebnis bestätigt, dass
FOP, wie auch FAR-RP, eine stärkere Vermeidung von schmerzassoziiertem Material
bewirken. Die Korrelationsanalyse zeigten zudem, dass im AEQ die
verhaltensbezogenen Aspekte der FOP stärker mit einer Vermeidung von
schmerzassoziiertem Material assoziiert ist, als kognitive oder affektive Komponenten.
Dieses Ergebnis stimmt mit der Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese überein und
bestätigt, dass verhaltensbezogene FOP Komponenten richtungsweisend sind für das
Auftreten eines Gedächtnisbias bei chronischen Schmerzpatienten. Bisher ist nur eine
Untersuchung bekannt, welche die Zusammenhänge zwischen FOP und dem
Gedächtnisbias untersucht hat. In dieser Untersuchung wurden bei gesunden Probanden
mithilfe einer Aufgabe zur freien Wiedergabe die Gedächtnisleistungen untersucht.
Williams et al. (2005) konnten bei gesunden Probanden ein selektives Gedächtnis für
schmerassoziierte und positive Wörter im Vergleich zu sozial bedrohlichen, auf Fallen
bezogenen und neutralen Wörtern nachweisen. Die Effekte zeigten sich unabhängig von
der FOP, gemessen über den FPQ-III (McNeil & Rainwater, 1998), der Probanden.
Daher ist davon auszugehen, dass die Befunde der hier dargestellten Untersuchungen
nicht in bedeutsamer Weise durch die Instrumentenwahl verzerrt sind. Dennoch wäre
für zukünftige Studien denkbar, die Zusammenhänge mit weiteren gängigen
Fragebögen zu erfassen und einen Vergleich dieser im Zusammenhang mit dem
Informationsverarbeitungsbias vorzunehmen.
IV DISKUSSION
226
4.4 Die Stichprobengröße
Einige Befunde der hier dargestellten Untersuchungen beruhen auf relativ geringe
Stichprobengrößen. Die Größe der untersuchten Stichprobe ist allerdings ein wichtiger
Faktor der statistischen Power der Ergebnisse. Insbesondere in klinischen Stichproben
stellen kleinere Stichprobengrößen ein häufiges Problem für die statistische Power der
Untersuchungen dar. Um einen adäquaten Umgang mit dieser Problematik zu
ermöglichen, wurden in der vorliegenden Arbeit mithilfe des Programms G*Power
(Faul, Erdfelder, Buchner & Lang, 2009; Faul, Erdfelder, Lang & Buchner, 2007) für
alle drei Untersuchungen Power-Analysen berechnet.
Für die erste Untersuchung wurde bei einer Gesamtstichprobengröße von 49 Personen
eine ANOVA mit 2 Messwiederholungen auf dem Faktor Trial-Typ (kongruente/
inkongruente Durchgänge) und dem Zwischensubjektfaktor Klinischer Status (CLBP-
Patienten vs. Kontrollprobanden) a priori eine Power-Analyse berechnet (s. Abschnitt
III.1.2.4). Daraus ergab sich eine benötigte Stichprobengröße von insgesamt 54
Probanden bei einer Power=0.95. Die Daten von fünf Personen, die an der
Untersuchung teilnahmen, konnten aufgrund von technischen Problemen bei der dot-
probe Aufgabe nicht verwertet werden, so dass insgesamt die Daten von 25 CLBP-
Patienten 24 schmerzfreien Kontrollprobanden in den anschließenden Analysen
eingingen. A posteriori wurde daher eine Power-Analyse mit der reduzierten Anzahl der
Untersuchungsteilnehmer (N=49) berechnet. Es wurde eine Effektgröße von δ=0.25,
einer α-Fehler-Wahrscheinlichkeit=0.05 vorgegeben. Für die Trial-Typ x Klinischer
Status Interaktion wurde eine Power=0.929 (λ=12.25) errechnet. Für den Effekt des
Innersubjektfaktors wurde eine Power=0.929 (λ=12.25) und für den
Zwischensubjektfaktor wurde eine Power=0.508 (λ=4.083) berechnet. Das Ergebnis der
schwerpunktmäßig erwarteten Klinischer Status x Trial-Typ Interaktion weist folglich
eine hohe Power auf. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass hier die richtige
Alternativhypothese angenommen wurde liegt somit bei ca. 93%.
In der zweiten Untersuchung wurden die Aufmerksamkeitsunterschiede in
Abhängigkeit von den Response-Pattern der CLBP-Patienten überprüft. Dabei gingen
die Daten von insgesamt 56 Patienten in die Analysen ein. Es wurde a posteriori eine
IV DISKUSSION
227
Power-Analyse für eine ANOVA mit 2 Messwiederholungen auf einem Faktor Wort-
Typ (schmerzassoziiert vs. schmerzneutral) mit den zwei Merkmalsausprägungen bei 3
Response-Pattern (AR-RP, ER-RP, FAR-RP) berechnet. Dabei konnte für den
Zwischensubjektfaktor eine Power=0.452 (λ=4.66), für den Innersubjektfaktor eine
Power=0.957 (λ=14.0) und für die Interaktion zwischen den beiden Faktoren eine
Power=0.919 (λ=14.0) berechnet werden. Insgesamt ist damit die berechnete Power für
den Zwischensubjektfaktor als klein und für den Innersubjektfaktor sowie für Response-
Pattern x Wort-Typ Interaktion als hoch zu bewerten.
A posteriori wurde zudem eine Power-Analyse für die Analysen mit den 4 Response-
Pattern (AR-RP, E-ER-RP, D-ER-RP, FAR-RP) berechnet. Dabei konnte für den
Zwischensubjektfaktor eine Power=0.386 (λ=4.66), für den Innersubjektfaktor eine
Power=0.957 (λ=14.0) und für die Interaktion zwischen den beiden Faktoren eine
Power=0.87 (λ=14.0) berechnet werden. Insgesamt ist damit die berechnete Power für
den Zwischensubjektfaktor als klein und für den Innersubjektfaktor sowie für die
Response-Pattern x Wort-Typ Interaktion als hoch zu bewerten. Trotz der hohen
berechneten Power der Klinischer-Status x Wort-Typ Interaktion ist an dieser Stelle zu
berücksichtigen, dass die Anzahl der Personen, die den jeweiligen Response-Pattern
zugeordnet wurden, sehr unterschiedlich hoch waren. Während die Anzahl der Patienten
mit einem ER-RP und einem AR-RP annähernd gleich waren, war die Anzahl der
Patienten mit einem FAR-RP relativ gering. Dementsprechend sind die Befunde aus den
Analysen zu den schmerzbezogenen Response-Pattern in ihrer Interpretierbarkeit als
eingeschränkt zu betrachten. Als Konsequenz dieser Überlegungen sollten zukünftige
Untersuchungen eine quasiexperimentelle Vorgehensweise, in der beispielsweise eine
gleiche Anzahl der Personen pro Response-Pattern geachtet wird.
In der dritten Untersuchung wurde a priori eine Power-Analyse für eine ANOVA mit
Messwiederholung auf dem Faktor Wort-Typ und dem Gruppierungsfaktor Klinischer
Status berechnet (s. Abschnitt III.3.2.5). Daraus ergab sich eine benötigte
Stichprobengröße von insgesamt 54 Probanden bei einer Power=0.95 für den Vergleich
der Leistungen der CLBP-Patienten mit denen der gesunden Kontrollgruppe. Insgesamt
wurden in der dritten Untersuchung 31 CLBP-Patienten untersucht. Für die ANOVA
zum Vergleich der Gedächtnisleistungen in Abhängigkeit der drei Response-Pattern bei
IV DISKUSSION
228
31 Probanden insgesamt wurde a posteriori eine Power=0.652 (λ=7.75) berechnet. Zu
beachten ist allerdings auch hier wie bereits in der zweiten Untersuchung, dass
insbesondere die Anzahl der Personen in einem FAR-RP relativ gering war. Daher kann
nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse durch diese kleine Stichprobengröße
verzerrt sein könnten. Auch hier ist in zukünftigen Untersuchungen darauf zu achten,
dass eine gleiche Anzahl der Personen pro Response-Pattern in die Untersuchung
aufgenommen werden. A priori wären bei einer Effektgröße von δ=0.25, einer α-Fehler-
Wahrscheinlichkeit=0.05 insgesamt 66 CLBP-Patienten notwendig bei 3 Response-
Pattern (ER-RP, FAR-RP und AR-RP) bzw. 76 CLBP-Patienten bei einem Vergleich
der 4 Response-Pattern (D-ER-RP, E-ER-RP, FAR-RP und AR-RP) miteinander (s.
Abschnitt III.3.2.5).
V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE
229
V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE
Kognitive Theorien postulieren, dass Personen mit chronischen Rückenschmerzen
aufgrund ihrer vermehrten Erfahrung mit Schmerzen und schmerzauslösenden
Situationen eine schmerzgefärbte Sicht der Welt aufweisen (Ruoß, 1998). In der Folge
wird angenommen, dass Personen mit chronischen Rückenschmerzen sich in ihrer
Verarbeitung von schmerzassoziiertem Material von gesunden Personen unterscheiden
(Grigsby et al., 1995; Pincus et al., 1998). Ein solcher kognitiver Bias konnte bisher
allerdings nicht einheitlich berichtet werden, so dass zunehmend individuelle Merkmale
der Personen in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Bisherige Untersuchungen
konzentrierten sich primär auf allgemeinen Distress und Fear-Avoidance Reaktionen.
Nach dem Avoidance-Endurance Modell (Hasenbring & Verbund, 2010) erweisen sich
bei der Entstehung und Exazerbation chronischer Rückenschmerzen jedoch nicht nur
Fear-Avoidance-Reaktionen sondern auch suppressive (Endurance-) Reaktionen auf
Schmerzen als bedeutsam. Die Zusammenhänge zwischen schmerzspezifischen
Endurance-Reaktionen und einem kognitiven Bias für schmerzassoziiertes Material
blieben in der bisherigen Schmerzforschung jedoch weitgehend unbeachtet.
Die vorliegende Arbeit zielte darauf ab, bei CLBP-Patienten und Kontrollpersonen
allgemeine Merkmale wie Depressivität und Angst sowie schmerzbezogene Disability
und Fear-Avoidance Reaktionen ebenso wie schmerzbezogene suppressive Reaktionen
zu erfassen und ins Verhältnis zu den Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen für
schmerzassoziiertes Material der Personen zu setzen. Ein besonderes Augenmerk lag
zudem darauf, die Fear-Avoidance- und die Endurance-Reaktionen auf Schmerzen
sowohl als Single-Responses als auch als Response-Pattern im Sinne des Avoidance-
Endurance Modells zu berücksichtigen. Für die Verfolgung dieser Ziele wurden
insgesamt drei Untersuchungen durchgeführt.
In der ersten empirischen Untersuchung wurde mithilfe einer dot-probe Aufgabe mit
Bildmaterial der Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes und schmerzneutrales
Material bei CLBP-Patienten im Vergleich zu gesunden Personen untersucht. Ein
V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE
230
Aufmerksamkeitsbias konnte allerdings nicht einzig in Abhängigkeit des klinischen
Status der untersuchten Personen nachgewiesen werden. Vielmehr ließ er sich durch die
individuellen Merkmale der untersuchten Personen vorhersagen. Dabei erwies sich
Katastrophisieren als prädiktiv für eine Vermeidung von schmerzassoziierten Bildern
und die verhaltensbezogene Vermeidung körperlicher Aktivitäten als prädiktiv für eine
stärkere selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material. Bei der
spezifischen Betrachtung von Engagement- und Disengagement-Effekten erwies sich
die schmerzbezogene Disability der Personen als prädiktiv für beide Effekte. Hierbei
sagte die charakteristische Schmerzintensität eine geringere Vigilanz vorher, während
die durch Schmerzen erlebte Beeinträchtigung bei alltäglichen, erholsamen, sozialen
und auch beruflichen Aktivitäten größere Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen vorhersagte. Auch zeigten sich mit einer
stärkeren Unterdrückung von schmerzassoziierten Gedanken sowohl eine geringere
Vigilanz für schmerzassoziiertes Material als auch größere Schwierigkeiten, sich von
schmerzassoziiertem Material zu lösen. Allerdings konnte hier kein Vorhersagewert für
Gedankenunterdrückung unabhängig von Disability nachgewiesen werden. Die
bivariaten Korrelationen zwischen Gedankenunterdrückung und dem Kongruenz Index
sowie dem Inkongruenz Index entfielen im multivariaten Auswertungsschritt.
In der zweiten empirischen Untersuchung lag der Schwerpunkt darauf, Formen des
Aufmerksamkeitsbias für schmerzassoziiertes Bildmaterial innerhalb von Subgruppen
bei CLBP-Patienten zu untersuchen, die sich in ihren individuellen
Schmerzverarbeitungsformen (Pain Response-Pattern) unterscheiden. Weiterhin wurde
geprüft, inwieweit die korrelativen Zusammenhänge aus der ersten Untersuchung sich
replizieren lassen. Der Aufmerksamkeitsbias zeigte sich auch hier im Zusammenhang
mit den individuellen Merkmalen der Patienten. Mit zunehmendem allgemeinem
Distress zeigte sich eine zunehmende Vermeidung von schmerzassoziiertem
Bildmaterial. Auch vermehrte schmerzspezifische Angst- und Vermeidungskognitionen
und FAR-bezogene Gefühle von Angst und Depression waren mit einer vermehrten
Vermeidung von schmerzassoziiertem Material verbunden. Mit zunehmender positiver
Stimmung trotz anhaltender Schmerzen als emotionale ER, zeigte sich dagegen eine
stärkere selektive Aufmerksamkeit für schmerzassoziiertes Material. Eine
verhaltensbezogene ER, Aktivitäten trotz anhaltender Schmerzen aufrechtzuerhalten
V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE
231
war mit einer geringeren Vigilanz für schmerzassoziiertes Material und mit größeren
Schwierigkeiten, sich von schmerzassoziiertem Material zu lösen assoziiert. Die
Response-Pattern hatten dagegen keinen bedeutsamen Einfluss auf den
Aufmerksamkeitsbias.
In der dritten empirischen Untersuchung wurden mithilfe einer free-recall Aufgabe die
Gedächtnisleistungen für schmerzassoziiertes Wortmaterial bei CLBP-Patienten und
gesunden Personen untersucht. Auch der Gedächtnisbias zeigte sich weniger in
Abhängigkeit von dem klinischen Status der Probanden als vielmehr im Zusammenhang
mit den individuellen Merkmalen der Probanden. Dabei nahm der Gedächtnisbias
sowohl im Zusammenhang mit den Single-Responses, als auch in Abhängigkeit von den
Response-Pattern der Patienten unterschiedliche Richtungen an, die von einem
selektiven Gedächtnis bis zu einer Vermeidung des schmerzassoziierten Materials
reichten. Hier zeigte sich ebenfalls im Sinne einer stärkeren Vermeidung, dass mit
zunehmender FAR weniger schmerzassoziierte Wörter zugunsten schmerzneutraler
Wörter wiedergegeben wurden. Diese Form des Gedächtnisbias zeigte sich bei FAR auf
emotionaler, kognitiver und auch auf behavioraler Reaktionsebene. Auch eine
vermehrte Disability war mit einer geringeren Wiedergabe, also einer stärkeren
Vermeidung, von schmerzassoziiertem Material, verbunden. Bei einer Differenzierung
zwischen sensorischen und affektiven Schmerzwörtern zeigte sich eine geringere
Wiedergabe von sensorischen Wörtern mit zunehmender behavioraler FAR. Für die
affektiven Schmerzwörter ließ sich dagegen beobachten, dass diese mit zunehmender
ER diese weniger wiedergegeben wurden. Diese geringere Wiedergabe von affektiven
Schmerzwörtern fand sich hier auf der behavioralen Ebene.
Insgesamt konnte gezeigt werden, dass eine differenzierte Erfassung sowohl der
Response-Pattern als auch der Single-Responses auf den verschiedenen
Verarbeitungsebenen bei CLBP bedeutsam ist. Die Ergebnisse lassen sich im Sinne der
Vigilanz-Vermeidungs-Hypothese interpretieren. Entsprechend der verschiedenen
Richtungen, die der kognitive Bias in Abhängigkeit der individuellen Merkmale
annehmen kann, lassen sich unterschiedliche klinische Implikationen ableiten. Weitere
Untersuchungen sind allerdings erforderlich, in denen beispielsweise weitere Aspekte
des Stimulus-Materials, Geschlechtsunterschiede sowie Unterschiede in den
V ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE
232
individuellen Charakteristika wie Angst-und Vermeidungsreaktionen sowie suppressive
Reaktionen sowohl als Single-Response als auch als Response-Pattern im Detail
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Grundlagen, Theorie und Praxis für Aus- und Weiterbildung, 2. Auflage (S. 3- 13).
Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
Zimmermann M. (1968). Dorsal root potentials after C-fiber stimulation. Science 160:
696-698. In: Basler H.D., Franz. C., Kröner-Herwig B., Rehfisch H.P. & Seemann
H. (Hrsg.). Psychologische Schmerztherapie Grundlagen, Diagnostik,
Krankheitsbilder, Behandlung, 4. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York: Springer.
Zimmermann M. (2001). Zur Geschichte des Schmerzes. In: Zenz M. & Jurna I.
(Hrsg.). Lehrbuch der Schmerztherapie. Grundlagen, Theorie und Praxis für Aus-
und Weiterbildung, 2. Auflage (S. 3-24). Stuttgart: Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft.
Zborowski M. (1996). People in pain. San Francisco: Jossey-Bass.
VII ANHANG
274
VII ANHANG
A. Einverständniserklärung
„Kognitive Funktionen bei Schmerz“
Einverständniserklärung
Hiermit erkläre ich, __________________________________________________
geboren am _____________________ in ________________________________
meine Bereitschaft, an einer Studie zur Untersuchung kognitiver Funktionen bei Schmerzen
teilzunehmen.
Ich erkläre mich bereit, an einer Befragung zum Schmerzerleben und zu weiteren
psychologischen Variablen teilzunehmen. Diese erfolgt anhand von Fragebögen, deren Dauer
individuell variiert (ca. 20-40 Minuten).
Ferner stimme ich einer Untersuchung zum Zusammenhang von Schmerz mit Gedächtnis und
Aufmerksamkeit zu. Die Untersuchung dauert insgesamt ca. 70 Minuten.
Ich werde hiermit darauf hingewiesen und bin damit einverstanden, dass die Ergebnisse der
Befragung, die Ergebnisse der Gedächtnis- und Aufmerksamkeitstests, sowie der Tests zum
Problemlösen und zur Kreativität mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV)
gespeichert und ausgewertet werden. Mir wird hiermit versichert, dass mein Name, meine
Anschrift und mein Geburtsdatum nicht mit den EDV-gespeicherten Daten zusammengebracht
werden. Die Speicherung und Auswertung der Daten mit Hilfe der EDV während des Projekts
unterliegt Datenschutzbestimmungen.
Die Untersuchungsgespräche fallen ebenfalls unter die Datenschutzbestimmung, sowie unter die
ärztliche Schweigepflicht.
Mir wird hiermit versichert, dass meine Teilnahme freiwillig ist und die bisher gespeicherten
Daten gelöscht werden, falls ich meine Bereitschaft zur Teilnahme widerrufe.
Bochum, den ___________ __________________________________
(Unterschrift d. Teilnehmers/in)
VII ANHANG
275
B. Sozialanamnese
Zunächst haben wir einige Fragen zu Ihrer Person:
1. Name:____________________ Vorname:__________________________
2. Geschlecht: □ männlich □ weiblich (szges)
3. Geburtstag: ____________ (szgesgen)
4. Welche Staatsangehörigkeit haben Sie? (szsta)
□ deutsch □ eine andere als deutsch
5. Wohnsituation: (szwosi)
□ allein lebend
□ mit Partner/in lebend
□ mit Partner/in und Kindern lebend
□ mit Kinder / ohne Partner/in
□ mit den Eltern lebend
□ mit Freunden lebend
□ in Wohngemeinschaft lebend
□ Sonstiges: ______________
6. Wie ist Ihr Familienstand? (szfav6)
□ ledig
□ verheiratet
□ ledig, in fester Partnerschaft
□ geschieden / getrennt lebend
□ verwitwet
7. Welchen Schulabschluss haben Sie? Kreuzen Sie bitte alles an, was auf Sie zutrifft!
□ Hauptschule / Volksschule (szha)
□ Realschule / Mittlere Reife (szre)
□ Polytechnische Oberschule (szpoly)
□ Fachhochschulreife (szfach)
□ Abitur / Allgemeine Hochschulreife (szabi)
□ anderen Schulabschluss (szande)
□ keinen Schulabschluss (szksa)
8. Welche Berufsausbildung haben Sie abgeschlossen? Kreuzen Sie bitte alles an, was auf Sie zutrifft!
□ Lehre (berufliche/betriebliche Ausbildung) (szbale)
□ Fachschule (Meister-, Technikerschule, Berufs- Fachakademie) (szbafa)
□ Fachhochschule / Ingenieurschule (szbafh)
□ Universität / Hochschule (szbaun)
□ andere Berufsausbildung (szbaab)
□ keine Berufsausbildung (szkb)
VII ANHANG
276
9. Sind Sie zurzeit erwerbstätig? (szewt)
□ ja, ganztags
□ ja, mindestens halbtags
□ ja, weniger als halbtags
□ nein, Hausfrau / Hausmann
□ nein, in Ausbildung
□ nein, arbeitslos / erwerbslos
□ nein, anderes________________________
10. Beziehen Sie derzeit eine Rente? (szren)
□ Nein □ ja, auf Zeit □ ja, endgültig
Falls Sie mit "Ja" geantwortet haben, handelt es sich um eine... (szrea)
□ Erwerbs-, Berufsunfähigkeitsrente
o wegen Ihrer Schmerzen?
o aus anderen Gründen?
□ Altersrente
□ vorgezogene Altersrente
□ Berufsgenossenschaftsrente
□ anderes_____________________________
VII ANHANG
277
C. Schmerzanamnese
Im Folgenden möchten wir Sie bitten, eine Reihe von Fragen zu Ihren
momentanen Hauptschmerzen zu beantworten.
1. Zeigen Sie bitte mit Hilfe der nachfolgenden Zeichnungen, wo Ihre Schmerzen sind:
Machen Sie auf der entsprechenden Zeichnung ein Kreuz, wo Sie Ihre Schmerzen spüren
Falls Ihre Schmerzen an diesem Punkt beginnen und in einen anderen Körperteil
ausstrahlen, zeichnen Sie dies bitte mit einem Pfeil ein.
Falls ein größeres Gebiet des Körpers schmerzt, so schraffieren Sie bitte die Schmerzzone.
VII ANHANG
278
Nur vom Untersucher auszufüllen!
□ cranial (salokcr)
□ facial (salokfa)
□ cervical (salokce)
□ thorakal (salokth)
□ lumbal (saloklu)
□ nicht dermatombezogene Ausstrahlung (salokps)
□ dermatombezogene Ausstrahlung (salokde)
□ sonstiges:________________________
2. Nennen Sie Ihre augenblicklichen Hauptbeschwerden:
1._________________________________________________
2._________________________________________________
3._________________________________________________
VII ANHANG
279
Die folgenden Fragen beziehen sich auf Ihre Rücken- und/ oder Beinschmerzen, auch wenn sie
gering ausgeprägt sind oder eher selten auftreten
3. Geben Sie bitte an, ob bzw. wie stark Ihre Schmerzen in den letzten 7 Tagen im Durchschnitt
ausgeprägt waren? (sas7t)
0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10
Kein stärkster
Schmerz vorstellbarer
Schmerz
4. Wie stark sind Ihre Schmerzen in diesem Moment ausgeprägt? (savk1)
0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10
Kein stärkster
Schmerz vorstellbarer
Schmerz
5. Wie lange dauern Ihre jetzigen Schmerzen bereits an? (sadauh)
□ Tage: wie viele Tagen genau? _____ (sadaug)
□ Wochen: wie viele Wochen genau? _____
□ Monate: wie viele Monaten genau? _____
□ Jahre: wie viele Jahren genau? _____
6. Bitte geben Sie die größte Schmerzstärke während der letzten 3 Monate an: (savk2)
0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10
Kein stärkster
Schmerz vorstellbarer
Schmerz
7. Bitte geben Sie die durchschnittliche Schmerzstärke während der letzten 3 Monate an: (savk3)
0 -------- 1 -------- 2 -------- 3 -------- 4 -------- 5 -------- 6 -------- 7 -------- 8 -------- 9 -------- 10
Kein stärkster
Schmerz vorstellbarer
Schmerz
Bitte prüfen Sie, ob Sie alle Fragen beantwortet haben!
VII ANHANG
280
D. Anamnese anderer Erkrankungen
Haben Sie im Moment andere schwerwiegende Erkrankungen? Bitte kreuzen Sie Zutreffendes an.
1. Herzerkrankungen (z.B. Angina pectoris, Herzinfarkt, Herzschwäche, Rhythmusstörungen)
□ ja □ nein (saanerkrhz)
2. Kreislauferkrankungen (z.B. Hochdruck, Unterdruck, Schlaganfall, Arterienverkalkung,
Aneurysma)
□ ja □ nein (saanerkrkl)
3. Bösartige Erkrankungen/ Tumoren
□ ja □ nein (saanerkrtum)
4. Erkrankungen des Nervensystems wie Anfallsleiden (Epilepsie), Nervenleiden, Gemütserkrankung
□ ja □ nein (saanerkrnerv)
5. Neurologische oder degenerative Erkrankungen (z.B. Demenz, Morbus Parkinson, Chorea
Huntington, Multiple Sklerose)
□ ja □ nein (saanerkrdeg)
6. Psychiatrische Erkrankungen (z.B. affektive Störungen, Angst- oder Panikstörungen, Schizophrenie)
□ ja □ nein (saanerkrpsy)
7. Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes (Zucker), Gicht, Erhöhung der Blutfettwerte, Schilddrüsen
und andere Hormondrüsenerkrankungen)
□ ja □ nein (saanerkrsto)
8. Lungenerkrankungen (z.B. chronischer Husten, Asthma, Bronchitis, Emphysmen, Tuberkulose,
Lungenentzündung)
□ ja □ nein (saanerkrlung)
9. Magen- Darm und Enddarmerkrankungen (z.B. Entzündungen, Geschwüre, Blutungen)
□ ja □ nein (saanerkrmd)
10. Harnwegserkrankungen (Niere, Blase, Harnröhre) z.B. Entzündungen, Steine, Blutungen,
chronisches Nierenversagen)
□ ja □ nein (saanerkrharn)
11. Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, Gallenleiden (z.B. Entzündungen, Steine)
□ ja □ nein (saanerkrleb)
12. Unterleibserkrankungen, Erkrankungen der Geschlechtsorgane
□ ja □ nein (saanerkrunt)
13. Unverträglichkeiten, Allergien (z.B. Pflaster, Lebensmittel, Wasch- und Putzmittel, Blütenstaub,
Hausstaub)
□ ja □ nein (saanerkrall)
14. Sind Sie allergisch gegen bestimmte Medikamente?
□ ja □ nein (saanerkrmedall)
15. Konsumieren Sie regelmäßig Substanzen wie z.B. Alkohol, Marihuana, LSD, Tranquilizer, Opiate,
Kokain, Amphetamine?
□ ja □ nein (saanerkrsubs)
VII ANHANG
281
E. Von Korff Fragebogen
VII ANHANG
282
F. BDI
Bitte lesen Sie jeden Abschnitt (A bis U) einzeln durch, und kreuzen Sie den Satz an, der am besten beschreibt, wie
Ihre Stimmung in der letzten Woche war. Machen Sie ein Kreuz durch die jeweils davorstehende Zahl. Manchmal ist
keiner der genannten Sätze in der Lage, Ihre Stimmung völlig zutreffend zu beschreiben. Bitte kreuzen Sie dann
denjenigen an, der noch am ehesten zutrifft.
A
[ ] Ich bin nicht traurig.
[ ] Ich bin schwermütig oder traurig.
[ ] Ich bin dauernd schwermütig oder traurig und kann aus dieser Stimmung nicht herauskommen.
[ ] Ich bin so traurig und unglücklich, dass es mich quält.
[ ] Ich bin so traurig und unglücklich, dass ich es nicht mehr aushalten kann.
B
[ ] Ich sehe nicht besonders ängstlich oder mutlos in die Zukunft.
[ ] Ich sehe mutlos in die Zukunft.
[ ] Ich glaube, ich habe nichts mehr zu erwarten.
[ ] Ich fürchte, ich werde aus meinen Schwierigkeiten nicht mehr herauskommen.
[ ] Ich glaube, dass meine Zukunft hoffnungslos ist und die Dinge sich nicht zum Besseren wenden können.
C
[ ] Ich fühle mich nicht als Versager.
[ ] Ich glaube, ich habe öfter versagt als die meisten anderen Menschen.
[ ] Ich glaube, ich habe im Leben wenig geschafft, was sich gelohnt hätte oder was von Bedeutung ist.
[ ] Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, sehe ich eine Menge Fehlschläge.
[ ] Ich glaube, ich bin ein völliger Versager (als Vater, Mutter, Ehemann, Ehefrau).
D
[ ] Ich bin nicht unzufrieden.
[ ] Ich fühle mich meist gelangweilt.
[ ] Ich kann mich nicht mehr so freuen wie früher.
[ ] Mich kann nichts mehr befriedigen.
[ ] Ich bin mit allem unzufrieden
E
[ ] Ich habe keine besonderen Schuldgefühle
[ ] Ich habe oft ziemliche Schuldgefühle.
[ ] Ich habe dauernd das Gefühl, schlecht und wertlos zu sein.
[ ] Ich glaube, dass ich ein sehr schlechter, wertloser Mensch bin.
F
[ ] Ich habe nicht das Gefühl, vom Schicksal gestraft zu sein.
[ ] Ich habe das Gefühl, dass mir etwas Schlimmes zustoßen könnte.
[ ] Ich glaube, dass das Schicksal mich straft oder strafen wird.
[ ] Ich fühle, dass ich solche Schicksalsschläge verdiene.
[ ] Ich wünsche mir, dass ich bestraft werde.
VII ANHANG
283
G
[ ] Ich bin mit mir nicht unzufrieden.
[ ] Ich bin von mir enttäuscht.
[ ] Ich kann mich selbst nicht leiden.
[ ] Ich ekele mich vor mir selber.
[ ] Ich hasse mich.
H
[ ] Ich meine nicht, dass ich schlechter bin als sonst irgendjemand.
[ ] Ich bin sehr kritisch, was meine Fehler oder Schwächen angeht.
[ ] Ich mache mir Vorwürfe bei allem, was schief geht.
[ ] Ich glaube, dass ich viele schlimme Fehler habe.
I
[ ] Ich käme nicht auf die Idee, mir selbst etwas anzutun.
[ ] Ich denke manchmal daran, mir etwas anzutun, aber ich brächte es nicht fertig.
[ ] Ich glaube, es wäre besser, wenn ich tot wäre.
[ ] Ich habe bestimmte Vorstellungen, wie man Selbstmord verübt.
[ ] Ich glaube, meine Familie wäre besser dran, wenn ich tot wäre.
[ ] Ich würde mich umbringen, wenn ich es könnte.
J
[ ] Ich weine nicht öfter als früher.
[ ] Ich weine häufiger als früher.
[ ] Ich weine jetzt dauernd, ich kann nicht aufhören zu weinen.
[ ] Früher konnte ich weinen; aber jetzt habe ich keine Tränen mehr, selbst wenn ich weinen möchte.
K
[ ] Ich bin nicht reizbarer als früher.
[ ] Ich werde leichter ungeduldig oder gereizt als früher.
[ ] Ich bin dauernd gereizt.
[ ] Was mich sonst geärgert hat, regt mich nun schon nicht mehr auf.
L
[ ] Ich habe das Interesse an anderen Menschen nicht verloren.
[ ] Mich interessieren andere Leute weniger als früher.
[ ] Ich kümmere mich kaum noch um andere Menschen und kann wenig für sie empfinden.
[ ] Ich habe mein Interesse an anderen Menschen verloren und kümmere mich nicht mehr um sie.
M
[ ] Ich bin so entschlussfreudig wie immer.
[ ] Ich bin unsicher geworden und versuche Entschlüsse aufzuschieben.
[ ] Ich kann mich ohne fremde Hilfe zu nichts mehr entscheiden.
[ ] Ich kann überhaupt keine Entschlüsse mehr fassen.
VII ANHANG
284
N
[ ] Ich finde, dass ich nicht schlechter aussehe, als früher.
[ ] Es bekümmert mich, dass ich alt und unattraktiv aussehe.
[ ] Ich spüre, dass ich mich in meinem Aussehen dauernd ändere und dadurch immer unattraktiver werde.
[ ] Ich glaube, dass ich hässlich oder abstoßend aussehe.
O
[ ] Ich kann so gut arbeiten wie immer.
[ ] Ich muss mir einen Ruck geben, bevor ich etwas anfange.
[ ] Ich arbeite nicht mehr so gut wie früher.
[ ] Ich muss mich geradezu zwingen, etwas zu tun.
[ ] Ich kann gar nichts mehr tun.
P
[ ] Ich schlafe so gut wie immer.
[ ] Ich wache neuerdings morgens unausgeruht auf.
[ ] Ich wache jetzt immer eine bis zwei Stunden früher auf und schlafe nur schlecht wieder ein.
Q
[ ] Ich ermüde nicht eher als früher.
[ ] Ich bin leichter ermüdet als früher.
[ ] Schon die geringste Anstrengung ermüdet mich.
[ ] Ich bin zu müde, um irgendetwas zu tun.
R
[ ] Mein Appetit ist nicht schlechter als sonst.
[ ] Mir schmeckt es nicht mehr so wie früher.
[ ] Mein Appetit ist viel schlechter als sonst.
[ ] Ich habe überhaupt keinen Appetit mehr.
S
[ ] Ich habe in letzter Zeit kaum abgenommen.
[ ] Ich habe mehr als fünf Pfund verloren.
[ ] Ich habe mehr als zehn Pfund verloren.
[ ] Ich habe mehr als fünfzehn Pfund verloren.
T
[ ] Ich sorge mich um meine Gesundheit nicht mehr als gewöhnlich.
[ ] Ich sorge mich um Schmerzen, Magendrücken, Verstopfung oder andere körperliche Beschwerden.
[ ] Ich bin so mit dem beschäftigt, wie es mir geht und was ich fühle, dass ich kaum etwas anderes denken kann.
[ ] Ich bin vollkommen damit beschäftigt zu beobachten, wie ich mich fühle.
U
[ ] Ich kann in letzter Zeit keine Veränderung in meinem sexuellen Interesse feststellen.
[ ] Ich habe weniger sexuelles Verlangen als früher.
[ ] Ich habe kaum noch sexuelles Verlangen.
[ ] Ich habe gar kein Verlangen mehr nach sexueller Betätigung.
VII ANHANG
285
G. STAI
VII ANHANG
286
VII ANHANG
287
H. AEQ
VII ANHANG
288
VII ANHANG
289
VII ANHANG
290
VII ANHANG
291
I. FABQ-D
Bitte kreuzen Sie für jede Feststellung eine Zahl zwischen 0 und 6 an, je nachdem, inwieweit körperliche Aktivitäten
wie Auswirkungen auf Ihre Rückenschmerzen haben oder haben könnten. Einige Gedanken beziehen sich auch auf
den Einfluss, den Ihre tägliche Arbeit auf Ihre Rückenschmerzen hat oder haben könnte.
Kreuzen Sie jeweils eine Zahl an, die Ihre Zustimmung zu diesen Gedanken entspricht. 0 bedeutet "stimmt gar nicht",
3 "unsicher" und 6 "stimmt genau"; mit den Zahlen dazwischen können Sie eine Abstufung Ihrer Zustimmung
angeben
stimmt unsicher stimmt
genau gar nicht
Meine Rückenschmerzen wurden durch körperliche Aktivitäten
verursacht.
0 1 2 3 4 5 6
Körperliche Aktivitäten verstärken meine Schmerzen.
0 1 2 3 4 5 6
Körperliche Aktivitäten könnten meinem Rücken schaden.
0 1 2 3 4 5 6
Ich sollte körperliche Aktivitäten, die meinem Rücken schaden,
unterlassen.
0 1 2 3 4 5 6
Ich kann körperliche Aktivitäten, die meinem Rücken schaden,
nicht ausüben.
0 1 2 3 4 5 6
Meine Schmerzen wurden durch meine Arbeit oder durch eine
Verletzung bei der Arbeit verursacht.
0 1 2 3 4 5 6
Durch meine Arbeit wurden meine Schmerzen verstärkt.
0 1 2 3 4 5 6
Ich hätte eigentlich einen Anspruch auf Entschädigung für meine
Schmerzen.
0 1 2 3 4 5 6
Meine Arbeit ist zu schwer für mich.
0 1 2 3 4 5 6
Meine Arbeit verschlimmert meinen Schmerz oder wird ihn
verschlimmern.
0 1 2 3 4 5 6
Meine Arbeit könnte meinen Rücken schädigen.
0 1 2 3 4 5 6
Mit meinen augenblicklichen Schmerzen sollte ich meine
gegenwärtige Arbeit eigentlich nicht ausüben.
0 1 2 3 4 5 6
Ich kann mit meinen augenblicklichen Schmerzen meine
gegenwärtige Arbeit nicht machen.
0 1 2 3 4 5 6
Bis meine Schmerzen nicht behandelt sind, kann ich meine
gegenwärtige Arbeit nicht tun.
0 1 2 3 4 5 6
Ich glaube nicht, dass ich in den nächsten drei Monaten an meine
normale Arbeit zurückkehren kann.
0 1 2 3 4 5 6
Ich glaube nicht, dass ich meine jetzige Arbeitstätigkeit überhaupt
wieder aufnehmen kann.
0 1 2 3 4 5 6
VII ANHANG
292
J. TSK-D
VII ANHANG
293
K. Instruktion für die Bewertung der Bilder aus der
PHODA
Im Folgenden werden Sie auf dem Computerbildschirm nacheinander verschiedene
Bilder dargeboten bekommen. Auf den Bildern sind jeweils Alltagsaktivitäten
dargestellt. Bitte schauen Sie sich die Bilder an.
Ihre Aufgabe besteht darin, bei jedem Bild jeweils die folgende Frage zu beantworten:
"Wie besorgt sind Sie darüber, Ihrem Rücken zu schaden, wenn Sie diese Aktivität
ausführen müssten?"
Ihre Antwort können Sie geben, indem Sie jeweils neben jedem Bild befindliche Skala
nutzen. Stellen Sie dabei bitte mit Hilfe der Computermaus, den für Sie persönlichen
Wert für jedes Bild ein.
Dabei bedeutet der Wert 0, dass Sie sich bei der dargestellten Aktivität keinerlei Sorgen
darüber machen, Ihrem Rücken zu schaden.
Der Wert 100 bedeutet, dass Sie sich sehr große Sorgen darüber machen, bei der
Aktivität Ihrem Rücken zu schaden.
Wenn Sie Ihren persönlichen Wert eingestellt haben, klicken Sie bitte auf die Fläche
„volgende“.
Bitte geben Sie für alle Bilder Ihre Bewertung ab! Wenn Sie dies getan haben, wenden
Sie sich bitte an die Untersucherin, die Ihnen dann weitere Instruktionen geben wird.
Haben Sie noch Fragen?
VII ANHANG
294
L. Stimulusmaterial für die Free-Recall Aufgabe
Affektive Schmerzwörter
unerträglich
bedrückend
grausam
mörderisch
quälend
durchdringend
lähmend
erschöpfend
unangenehm
beängstigend
bedrohlich
unheilvoll
Sensorische Schmerzwörter
reißend
pochend
schneidend
glühend
bohrend
durchzuckend
brennend
pulsierend
klopfend
hämmernd
ziehend
stechend
VII ANHANG
295
Schmerzneutrale Wörter
echt
bunt
zusätzlich
sachlich
spät
kurz
passend
frisch
durchsichtig
förmlich
früh
schnell
preiswert
rund
thematisch
verziert
neutral
nass
VII ANHANG
296
Liste 1 Liste 2 Liste 3
passend zusätzlich schnell
kurz bunt rund
förmlich spät thematisch
unerträglich erschöpfend farbig
reißend bedrohlich grausam
regnerisch sichtbar klopfend
beschriftet bohrend unangenehm
hämmernd unbekannt geräumig
alphabetisch brennend rational
mörderisch sauber stechend
lähmend zufällig systematisch
pulsierend ziehend unheilvoll
interessiert bedrückend durchzuckend
beängstigend modern ländlich
kurvig quälend ordentlich
sonnig typisch durchdringend
einfach methodisch gestreift
glühend pochend schneidend
trocken geblümt niedrig
frisch echt preiswert
durchsichtig verziert neutral
früh sachlich nass
VII ANHANG
297
M. Instruktion für die Free-Recall Aufgabe
Im Folgenden führe ich mit Ihnen eine Gedächtnisaufgabe durch. Ich werde Ihnen
nacheinander 3 Listen mit Wörtern auf Tonband vorspielen. Prägen Sie sich diese
Wörter bitte gut ein. Nach jeder Liste werde ich Sie bitten, mir so viele Wörter wie
möglich aus Ihrem Gedächtnis wiederzugeben. Die Reihenfolge der Wörter spielt dabei
keine Rolle.
Merken Sie sich jetzt bitte so viele Wörter wie möglich!
VIII ERKLÄRUNG
298
VIII ERKLÄRUNG
Ich versichere hiermit, dass die vorliegende Dissertationsschrift eigenständig und
ausschließlich von meiner Person verfasst wurde, ich keine anderen als die angegebenen
Quellen verwendet habe und sie weder in der vorliegenden noch in einer anderen
Fassung in einer anderen Fakultät bisher vorgelegen hat.
______________________
Dipl.-Psych. Zohra Karimi
IX CURRICULUM VITAE
299
IX CURRICULUM VITAE
Persönliche Daten
Name Zohra Karimi
Büroanschrift Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für
Medizinische Psychologie und Medizinische
Soziologie, Medizinische Fakultät,
Universitätsstraße 150, D-44780 Bochum
Emailadresse [email protected]
Geburtsdatum 28.08.1980
Studium
10/2000 – 10/2004
Ruhr-Universität Bochum; Studium der
Psychologie
Abschluss: Diplom
Thema der Diplomarbeit: „Der Einfluss von
exekutiven Funktionen und Psychotizismus auf
kreatives Denken“
Erstgutachter: Prof. Dr. Dr. O. Güntürkün
Zweitgutachterin: Prof. Dr. S. Windmann
Beruflicher Werdegang
03– 04/2003 Studentische Praktikantin an der
Westfälischen Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie Bochum (LWL-Klinik
Bochum)
IX CURRICULUM VITAE
300
05– 06/2003 Studentische Praktikantin an der Ruhr-
Universität Bochum, AE Biopsychologie
07/2003 – 09/2004 Studentische Hilfskraft am Institut für
kognitive Neurowissenschaften, Ruhr-
Universität Bochum
12/2004 – 12/2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
Abteilung für Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie, Ruhr-Universität
Bochum
04/2007 – 03/2008 Psychologische Psychotherapeutin in
Ausbildung in der LWL Klinik Dortmund
04/2008 – 03/2010 Psychologische Psychotherapeutin in
Ausbildung in der Verhaltenstherapeutischen
Schmerzambulanz der Abteilung für
Medizinische Psychologie und Medizinische
Soziologie der Ruhr- Universität Bochum
04/2010 – 12/2011 Psychologische Psychotherapeutin in der
Verhaltenstherapeutischen Schmerzambulanz
der Abteilung für Medizinische Psychologie
und Medizinische Soziologie der Ruhr-
Universität Bochum
10/2010 Approbation zur Psychologischen
Psychotherapeutin
01/2011 – 04/2011 Existenzgründung als selbstständige
Psychologische Psychotherapeutin mit einem
eigenen hälftigen Versorgungsauftrag
04/2011 Zulassung zur vertragstherapeutischen Praxis
als Psychologische Psychotherapeutin durch
die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-
Lippe (KVWL)
IX CURRICULUM VITAE
301
Seit 04/2011 Niedergelassene psychologische
Psychotherapeutin mit hälftigem
Versorgungsauftrag in einer
Gemeinschaftspraxis in Bochum-Weitmar
Weitere Aus- und Fortbildungen
04/2007 – 03/2010 Weiterbildung zur psychologischen
Psychotherapeutin (Schwerpunkt
Verhaltenstherapie) beim Studiengang
Psychotherapie an der Ruhr-Universität
Bochum
Abschluss: Staatsexamen
Seit 12/2009 Weiterbildung zur Speziellen
Psychologischen Schmerzpsychotherapeutin
bei der Akademie für Schmerzpsychotherapie
der Deutschen Gesellschaft für
Psychologische Schmerztherapie- und
Forschung (DGPSF)
Lehrtätigkeiten/ -zertifizierungen
2005 – 2007 Zertifikat Hochschuldidaktik – Basismodul
im Weiterbildungsprogramm „Professionelle
Lehrkompetenz für Hochschule“ der
Hochschuldidaktik an Universitäten in NRW.
Interne Fortbildung und Beratung (IFB),
Ruhr-Universität Bochum
SoSe 2005 Seminar II Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
WS 2005/2006 Seminar I Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
IX CURRICULUM VITAE
302
SoSe 2006 Seminar II Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
2006 – 2007 Zertifikat Hochschuldidaktik -
Erweiterungsmodul im
Weiterbildungsprogramm „Professionelle
Lehrkompetenz für Hochschule“ der
Hochschuldidaktik an Universitäten in NRW.
Interne Fortbildung und Beratung (IFB),
Ruhr-Universität Bochum
WS 2006/2007 Interdisziplinäres Seminar, Wahlpflichtfach
Medizinische Psychologie und Medizinische
Soziologie: Themen „Frühkindlicher
Autismus“ sowie „Interventionen bei
frühkindlichem Autismus“
Seminar I Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie. Ärztliche
Gesprächsführung (2 Kurse)
SoSe 2007 Seminar II Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
WS 2007/2008 Seminar I Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
SoSe 2008 Seminar II Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
WS 2008/2009 Interdisziplinäres Seminar/ Wahlpflichtfach
Medizinische Psychologie. Psychosoziale
Beratungskonzepte bei Organerkrankungen.
Thema: „Kognitive Verhaltenstherapie bei
chronischen Rückenschmerzen“.
Seminar I Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Kurse)
IX CURRICULUM VITAE
303
SoSe 2009 Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie II (2 Kurse)
Seminar III Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie
WS 2009/2010 Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie I (2 Kurse)
SoSe 2010 Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie II (2 Kurse)
Seminar III Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie (2 Seminare)
WS 2010/ 2011 Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie I (2 Kurse)
WS 2011/2012 Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie I (1 Kurs)
SoSe 2012 Kursus Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie: Ärztliche
Interaktion (Modellstudiengang)
Förderprogramme
2009 Rektoratsprogramm: Programm zur
Unterstützung besonderer Aktivitäten von
Doktorandinnen und Doktoranden. Ruhr
Universität Bochum. Reisestipendium für den
Kongress European Federation of the
International Association for the Study of
Pain Chapters (EFIC) Congress “Pain in
Europe VI”, Lissabon, Portugal.
IX CURRICULUM VITAE
304
Publikationen
Karimi Z., Windmann S., Güntürkün O. & Abraham A. (2007). Insight Problem
Solving in individuals with high versus low schizotypy. Journal of Research in
Personality, 41(2), 473–480.
Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2008). Selektive Aufmerksamkeit bei
chronischen Schmerzpatienten– die Rolle von psychologischen Merkmalen. In:
Rosendahl, Strauß (Hrsg.) 2008 – Psychosoziale Aspekte körperlicher
Krankheiten. Abstracts zum gemeinsamen Kongress der Deutschen Gesellschaft
für Medizinischen Psychologie(DGMP) und der Deutschen Gesellschaft für
Medizinische Soziologie (DGMS) 24. – 27. September 2008 in Jena.
Pilenko A., Karimi Z. & Hasenbring M.I. (2008). Der Einfluss individueller
Schmerzverarbeitung auf das selektive Gedächtnis bei chronischen
Rückenschmerzen. In: Rosendahl, Strauß (Hrsg.) 2008 – Psychosoziale Aspekte
körperlicher Krankheiten. Abstracts zum gemeinsamen Kongress der Deutschen
Gesellschaft für Medizinische Psychologie(DGMP) und der Deutschen
Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS). 24. – 27. September 2008 in
Jena.
Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2009). Attentional biases in chronic low
back pain patients: The mediating role of general distress and pain-related
cognitions. European Journal of Pain [Suppl 1], p. 137.
Karimi Z., Pilenko A. & Hasenbring M.I. (2009). Selective memory bias in CLBP
patients: impact of fear-avoidance versus endurance related response pattern.
European Journal of Pain [Suppl 1], p. 137.
Held M.S., Rolke R., Treede R.D., Schmieder K., Karimi Z. & Hasenbring M.I. (in
Vorbereitung). Pain and tactile sensitivity and endurance in back pain: New
correlates of clinical status?
Karimi Z., Pilenko A. & Hasenbring M.I. (in Vorbereitung). The role of chronic low
back pain patients’ individual coping styles in memory biases.
IX CURRICULUM VITAE
305
Karmi Z., Roelofs J., Windmann S., Held M.S. & Hasenbring M.I. (in
Vorbereitung). Attentional biases in chronic low back pain patients: the role of
fear-avoidance related cognitions and disability.
Rusu A.C., Nigbur C., Karimi Z. & Hasenbring M.I. (in Vorbereitung). Validation
of the German Version of the Tampa Scale for Kinesiophobia.
Kreddig N. & Karimi Z. (in Vorbereitung). Psychologie für Pflege-
und Gesundheitsmanagement. Psychologie für die berufliche Praxis. Ayan T.,
Hagemann T. (Hrsg.). Verlag für Sozialwissenschaften. Springer Fachmedien
Wiesbaden GmbH.
Präsentationen/Vorträge
Karimi Z. (2008). Relating chronic pain to attentional biases: a dot- probe evaluation.
Vortrag im Forschungskolloquium der Abteilung für Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie der Ruhr-Universität in Bochum, Januar 2008.
Karimi Z. (2008). Relating chronic pain to attentional biases: the role of fear of pain.
Vortrag im Forschungskolloquium der Abteilung für Medizinische Psychologie und
Medizinische Soziologie der Ruhr-Universität in Bochum, April 2008.
Karimi Z. (2008). Exekutive Funktionen bei Patienten mit chronischen
Rückenschmerzen. Vortrag im Forschungskolloquium der Abteilung für
Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Ruhr-Universität in
Bochum, Oktober 2008.
Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2008). Selektive Aufmerksamkeit bei
chronischen Schmerzpatienten– die Rolle von psychologischen Merkmalen.
Posterpräsentation beim Gemeinsamen Kongress der DGMP und der DGMS
„Psychosoziale Aspekte körperlicher Krankheiten“, Jena, Deutschland, September
2008.
IX CURRICULUM VITAE
306
Karimi Z., Pilenko A. & Hasenbring M.I. (2009). The impact of chronic low back pain
patients’ individual pain response pattern on memory biases. Posterpräsentation
beim Kongress der European Federation of the International Association for the
Study of Pain Chapters (EFIC) “Pain in Europe VI”, Lissabon, Portugal, September
2009.
Karimi Z., Roelofs J. & Hasenbring M.I. (2009). Attentional biases in chronic low back
pain patients: The mediating role of general distress and pain-related cognitions.
Posterpräsentation beim Kongress der European Federation of the International
Association for the Study of Pain Chapters (EFIC) “Pain in Europe VI”, Lissabon,
Portugal, September 2009.
Karimi Z. & Hasenbring M.I. (2010). Vom Wohl und Wehe suppressiver
Schmerzverarbeitung: Klinisches Fallbeispiel. Vortrag bei der Schmerzkonferenz
Ruhr, SoSe 2010, Juli 2010.