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Detecon Management Report 1 / 2016 dmr Der Kunde im Fokus der digitalen Transformation Special CRM Kundenbindung in Zeiten von Social Media und Co. Digitale Megatrends entlang der Customer Journey Interview mit Roman Becker, forum! Entscheidend ist der Herzblutfaktor Interview mit Dr. Markus Messerer, Swisscom Den Kunden im Zentrum, die Organisation fit für die Zukunft Messung der Customer Experience Erfolgsfaktor für die emotionale Loyalisierung CRM in the Digital Age Chance und Herausforderung für die Automobilindustrie

Der Kunde im Fokus der digitalen Transformation Special CRM

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Detecon Management Report

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2016

dmr

Der Kunde im Fokus der digitalen Transformation

Special CRM

Kundenbindung in Zeiten von Social Media und Co. Digitale Megatrends entlang der Customer Journey

Interview mit Roman Becker, forum! Entscheidend ist der Herzblutfaktor

Interview mit Dr. Markus Messerer, Swisscom Den Kunden im Zentrum, die Organisation fi t für die Zukunft

Messung der Customer Experience Erfolgsfaktor für die emotionale Loyalisierung

CRM in the Digital Age Chance und Herausforderung für die Automobilindustrie

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Liebe Leserinnen und Leser,

es ist kein Geheimnis mehr: Die digitale Transformation entfaltet in nahezu allen Branchen und Industriezweigen ein fundamentales, zum Teil disruptives Potenzial. Damit verbunden sind immense Chancen für neue Geschäftsmöglichkeiten, aber auch existenzbedrohende Risiken, wenn es nicht gelingt, die digitale Transformation erfolgreich zu meistern.

Im Fokus erfolgreicher Unternehmen stehen auch in der digitalen Welt die Kunden und das aktive Management von Kundenbeziehungen. Dabei sind zwei Aspekte relevant: Zum einen bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, mit den Kunden in Interaktion zu treten und sie für das Unternehmen, seine Produkte und Dienstleistungen zu gewinnen wie auch zu halten. Zum anderen verändert die digitalisierte Umwelt das Verhalten und die Erwartungen der Kunden selbst. „Digital Natives“ fordern neue Wege des Beziehungsmanagements und erwarten andere Produkte und Services bis hin zu komplett neuen digitalen Geschäftsmodellen.

Getreu der Detecon-Mission „Leading Digital“ beraten wir unsere Klienten bei der Gestaltung ihrer „Digital Transformation Journey“ und beantworten die Frage: Wie müssen sich Kunden - be ziehungsmanagement und Kundeninteraktion weiterentwickeln, um die Möglichkeiten der Digi- talisierung im Kundenkontakt voll und bedarfsorientiert zu nutzen sowie Potenziale zur Realisierung einer neuen Qualität der Kundenbindung zu heben?

In dieser Ausgabe legen wir deshalb unser Augenmerk auf die folgenden Fragestellungen:• Wie gestaltet sich das Spannungsfeld der digitalen Transformation zwischen Kunden,

Unternehmen und Gesellschaft?• Welche digitalen Megatrends haben besonderen Einfluss auf das Management von

Kundenbeziehungen?• Wie kann Digital Customer Excellence die Bindungswirkung traditioneller, direkter

Kundeninteraktion halten und gezielt steigern?• Welchen Mehrwert schaffen Big Data und Customer Analytics im Management der

Kundenbeziehung?• Wie erweitert das „Internet of Things“ den Handlungsraum der Kundeninteraktion?• Welche neuen Möglichkeiten des Kundenfeedbackmanagements bieten digitale Kanäle?• Wie verändert die digitale Transformation Anforderungen an Grundfunktionen des

Kundenbeziehungsmanagements? • Warum sind Servicekultur und „Herzblutfaktor Mitarbeiter“ auch in digitalen

Interaktionskanälen entscheidend?

Experten der Detecon aus dem Bereich „CRM, Sales & Service“ sowie externe Interviewpartner und Gastautoren zeigen anhand vielfältiger Beispiele aus der Telekommunikation, der Automobil-industrie und der Gesundheitsbranche, wie unterschiedliche Unternehmen vom Start-up bis zum multinationalen Konzern die Herausforderungen der Digitalisierung im Kundenbeziehungs-management angehen.

Wir wünschen Ihnen eine anregende und impulsgebende Lektüre!

Joachim HaukManaging ConsultantLead Global Knowledge Community CRM, Sales & Service

Dr. Jürgen PadbergPartnerLead Global Knowledge Community CRM, Sales & Service

Der Kunde im Fokus der digitalen Transformation

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Inhalt

Herausgeber:Detecon International GmbHSternengasse 14–1650676 Köln

[email protected]

Aufsichtsrat:Thilo Kusch (Vorsitz)

Geschäftsführung:Francis Deprez (Vorsitz)Dr. Jens NebendahlHandelsregister: Amtsgericht Köln HRB 76144 Sitz der Gesellschaft: Köln

Druck:Druckerei Chmielorz GmbHOstring 1365205 Wiesbaden-Nordenstadt

Fotos:iStockphotofotolia

Impressum:

Digitale Transformation:Paradiesische Zukunft oder Absolutismus? 4

Kundenbindung in Zeiten von Social Media und Co.Digitale Megatrends entlang der Customer Journey 8

CRM-Tools im Zeitalter der DigitalisierungTante Emma 2.0 16

Interview mit Dr. Markus Messerer, Head of Corporate Strategy, SwisscomDen Kunden im Zentrum, die Organisation fit für die Zukunft 18

CRM in the Digital AgeChance und Herausforderung für die Automobilindustrie 26

New Mobility ServicesWende vom Autobauer zum Mobilitätsdienstleistergibt neue Impulse für CRM 32

Interview mit Juliane Zielonka, CEO Die Artverwandten GmbHDigital Health: Mit smarter Technologie Erkrankungen früher aufspüren 36

Digital Customer Excellence Imperativ für Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität 42

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Interview mit Alexandra Tymann, CFO Sixtyone BusinessDigitaler Kundenservice als Mission 46

Messung der Customer Experience Erfolgsfaktor für die emotionale Loyalisierung 48 Interview mit Roman Becker, CEO bei forum!„Entscheidend ist der Herzblutfaktor“ 52

Workforce Management (WFM) im Field ServiceMachen Sie Ihre Kunden glücklich! 58

Social Walls & DashboardsWie Manager dem Kunden in Echtzeit zuhören 62

Megatrend Internet of Things Den Kinderschuhen entwachsen 68 Big Data im KundenbeziehungsmanagementVertrauensvoll Mehrwert für Kunden schaffen 74

Analogos-Digitalis – Wandel in der Kommunikationsbranche Bildung bleibt der Schlüssel 80

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Digitale Transformation:

Paradiesische Zukunft oder Absolutismus?

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Digitalisierung ist das Phänomen unserer Zeit. „Always connected“ – die Möglichkeit, zu jeder Zeit an jedem Ort verbunden zu sein – durchdringt und verändert nahezu jeden Lebens- und Arbeits-bereich. Möglich macht es das Internet: Pro Minute werden heute rund vier Millionen Suchanfragen bei Google gestartet, bei Twitter circa 300.000 Tweets abgesetzt, 14 Millionen WhatsApp-Nach-richten versendet und 72 Stunden Videomaterial bei YouTube hochgeladen (Quelle: Statista). Diese Fakten sprechen für sich.

Digitalisierung verbindet Mensch und Technik enger miteinander. Das „Connected Car“ dient nicht mehr nur als Fortbewegungsmittel, sondern zugleich als Sender, Empfänger und Übermittler von Daten. Das selbstfahrende Auto ist schon lange keine Vision mehr, sondern ein ganz reales Szenario. Technik kom-muniziert mit Technik, von „Maschine zu Maschine“, ganz ohne Mensch. Diese Entwicklung schreitet rasant voran: Im Jahr 2011 waren weltweit etwa fünf Milliarden Menschen digital vernetzt, im Jahr 2020 werden zusätzlich ungefähr 50 Milliarden sachliche Dinge vernetzt sein (Quelle: BDU 2015). Die Bedeutung des Computers als Gerät schwindet, weil er durch andere „intelli gente“ Geräte ersetzt wird. Wir sind beim Internet der Dinge.

Ist die digitale Transformation nun Synonym für ein besseres Leben? Oder bewegen wir uns auf einen digitalen Absolutismus zu, mit dem Szenario einer gläsernen Gesellschaft? Die Meinungen der digitalen Enthusiasten und Pessimisten gehen aus-einander. Auf die Frage, ob für Gesellschaft und Wirtschaft die Chancen oder die Risiken überwiegen, ist noch keine abschließende Antwort gefunden worden. Wer an eine paradiesische Zukunft glaubt, den bremst Erik Brynjolfsson, Mitautor des viel beachteten Buchs „The Second Machine Age“ und Gewinner des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2015, ein Stück weit aus: „Roboter können nicht einmal einen Bleistift aufheben oder eine Küche säubern.“ (Quelle: Handelsblatt)

Unbestritten ist jedoch die Vielfalt an neuen Möglich keiten der Transparenz, Vernetzung und kollaborativen Mitgestaltung. Von Trends wie Patientenmonitoring im Gesund-heitsbereich, Lifestylecomputing mithilfe von Augmented Reality, Schlafüberwachung oder der sportlichen Selbstoptimierung per digitalem Fitnesscoaching kann der Verbraucher immens profitieren und gleichzeitig seine Position als Kunde durch ein Mehr an Ein-flussnahme verbessern. Über soziale Netzwerke, Communitys oder Blogs lassen sich in Bruchteilen von Sekunden Informationen mit grenzenloser Reichweite im Netz verteilen, die in positiver wie negativer Hinsicht meinungsbildend sein können.

Zur Reaktion gezwungen sind Unternehmen aller Branchen. Sie müssen sich auf die veränderten Kommunikationsmecha­nismen einlassen, ob sie wollen oder nicht. Der US-amerikanische IT-Konzern Dell ist ein Beispiel dafür, was bei Nichtbeachtung

passieren kann: Anfang der 2000er machten unzufriedene Dell-Kunden in Massen ihrem Unmut über soziale Kanäle und andere Plattformen Luft. „Dell Hell“ ging als erster echter „Shitstorm“ in die Geschichte ein und führte dazu, dass die Umsätze des Unter-nehmens dramatisch einbrachen. Allerdings schaffte Dell den Turnaround und dient heute als Lehrbuchbeispiel für den richtigen Umgang mit drohenden oder akuten Shitstorms. Andere Beispiele zeigen die Kehrseite dieser Medaille. Das soziale Netz-werk Facebook missbrauchte etwa 700.000 Nutzer unbemerkt für Tests und Manipulationen zu wissenschaftlichen Zwecken (Quelle: http://www.forbes.com). Millionen Nutzer von Sonys Playstation waren von einem durch Hacker verursachten Daten-diebstahl betroffen (http://www.dailymail.co.uk). Das Unter nehmen Samsung warnt seine Kunden gleich von sich aus vor, dass die Smart-TVs der Marke Funktionalitäten haben, die es ermöglichen, in die Privatsphäre einzudringen (http://www.dailymail.co.uk).

Digitalisierung macht vieles Vorstellbare machbar. Weniger ob, sondern wann lautet die richtige Fragestellung. Und natürlich liegen in dieser Entwicklung Chancen und Risiken nicht weit auseinander. Das stark wachsende digitale Gesundheits-monitoring ist ein anschauliches Beispiel dieser Zwiespältigkeit. Bereits heute haben Digital-Healthcare-Angebote wie digitale Insulinpumpen, smarte Brillen, Pillenkamera oder digitale Blut-drucküberwachung ein nahezu unüberschaubares Ausmaß erreicht. All diese Anwendungen eint das Versprechen einer zukünftig verbesserten Gesundheit und weniger Erkrankungen. Medizin und Gesundheitsvorsorge werden auf diese Weise personalisiert, Medikationen weiter auf den individuellen Bedarf abgestimmt. Erkrankungen können mitunter früher diagnostiziert und das Risiko des weiteren Fortschreitens kann gemindert werden. Die Transparenz, so ein umfangreiches Monitoring schafft, sowie die intensivere, regelmäßige Beschäftigung des Einzelnen mit der eigenen Gesundheit können allerdings auch Ängste vor möglichen Krank-heiten schüren – Stichwort Hypochondereffekt. Die unzähligen Möglichkeiten des Digital Healthcare könnten zu einer überstei-gerten Form der Selbstoptimierung animieren. Der Missbrauch von Nahrungsergänzungsmitteln könnte beispielsweise selbst Erkrankungen produzieren. Profitieren könnten von derlei erwei-terter Transparenz auch Dritte wie Versicherungskonzerne und Banken, wenn es darum geht, die Vergabe von Krediten zu bewerten oder Konditionen von Lebensversicherungen festzulegen – im Zweifelsfall auch zum Nachteil des Betroffenen.

Es darf also zu Recht von einer digitalen Ambivalenz gesprochen werden, und zwar nicht nur aus der Perspektive des Konsumenten. Dank Big Data, das eine komplexe Basis an Daten generiert, verstehen Unternehmen aller Branchen ihre Kunden im-mer besser und können sie individueller ansprechen. CRM-Systeme sind die Schatztruhe dieser wertvollen und verwertbaren Informationen und ermöglichen personalisierte Loyalitäts- und

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Kundenwertsteigerungskampagnen. Diese Schatztruhe macht Unter- nehmen allerdings automatisch zu einem hochinteressanten Ziel für Hacker und Industriespionage. Die Wege zur Durchdringung fremder Systeme hat die Digitalisierung ebenfalls geebnet. Zahlreiche Beispiele zeigen die vielseitigen Risiken, denen Unternehmen durch Angriffe von außen auf ihre Datensicherheit ausgesetzt sind. Spionage nimmt ein bisher nie gekanntes Ausmaß an. Bei der New York Times wie auch der Washington Post haben Hacker sich mehrere Monate lang unbemerkt Zugang zu vertraulichen Daten von dort arbeitenden Journalisten verschafft. Bei Sony wurden 100 Millionen Kundendaten gestohlen. Beim sozialen Netzwerk Twitter wurden schätzungsweise 250.000 Nutzerkonten und Pass-wörter geknackt, bei LinkedIn waren es gar 6,5 Millionen.

Nicht vergessen werden darf in dieser Geschichte die Politik als dritte handelnde Instanz. Und auch sie befindet sich im Zustand eines digitalen Dilemmas. Die Erwartungen an die flächen-deckende Versorgung mit ausreichend Breitbandkapazität, um die immens steigenden Datenmengen auch in Zukunft problemlos zu bewältigen, sind hoch. „Online“ ist quasi zu einem ungeschriebenen, wahrgenommenen Grundrecht geworden. Gleichzeitig verlangt die Bevölkerung regulierendes Eingreifen und Kontrolle, insbesondere wenn es um den Schutz vor Datenmissbrauch und Eindringen in die Privatsphäre geht. Die Politik soll einerseits ermöglichen, aber andererseits reglementieren und Risiken eindämmen.

Eine Studie belegt, dass sich die Ambivalenz der digitalen Transformation sehr deutlich in der Wahrnehmung der Menschen widerspiegelt (Quelle: Umfrage Bitkom Research):

Menschen bestätigen den fundamentalen Wandel!• 82 % der Befragten meinen, Digitalisierung verändere die Wirt-

schaft und Gesellschaft mindestens so immens wie die industrielle Revolution.

Chancen und Risiken werden erkannt!• 75 % sagen, Digitalisierung gefährde Arbeitsplätze in traditionellen

Sektoren. • 71 % sind der Ansicht, Digitalisierung schaffe neue Jobs. • Eine knappe Mehrheit von 65 % glaubt, Digitalisierung offeriere

mehr Möglichkeiten als Risiken.

Menschen erwarten mehr Engagement von der Politik!• 64 % sagen, Politik sollte die Digitalisierung stärker fördern. • 27 % sind der Meinung, Politik solle die Digitalisierung drosseln.

Wie also ist die digitale Transformation in Zukunft zu gestalten, um dieses digitale Dilemma möglichst erfolgreich zu überwinden? Wie schafft man ein positives Szenario, in dem nicht digitaler Absolutismus herrscht, sondern in dem alle Beteiligten von den Chancen profitieren?

Gesetze und Vorschriften schützen nicht vor Missbrauch und unlauterem Handeln. Sie bilden jedoch den unverzichtbaren recht-lichen Rahmen, innerhalb dessen sich die Digitalisierung weiter-entwickeln muss. Doch wenn die digitale Transformation ein Gewinn für alle bleiben soll, dann braucht es auf dieser Grundlage weitere Regulative und Prinzipien.

Es ist von höchster Bedeutung, dass ein flächendeckender Ausbau leistungsfähiger Breitbandkapazitäten mittelfristig realisiert wird. Denn Chancengleichheit bedeutet im entsprechenden Kontext, dass jeder die Möglichkeit erhalten muss, auf ein performantes Internet zuzugreifen. Dies darf nicht nur den in Ballungsgebieten lebenden Menschen vorbehalten bleiben. Hier ist der Schulter-schluss von Politik, Regulierungsbehörde und Telekommunika tions-anbietern gefordert.

Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen muss sich ein Ethos im Umgang mit Internet, sozialen Medien und persönlichen Daten etablieren. Es gilt, die Transparenz im Netz zu nutzen, um einen Kodex durchzusetzen, der Aktivitäten verurteilt, die sich außerhalb des ethischen Korridors bewegen und anderen schaden. Die Handelnden müssen spüren, dass ihr Verhalten in der Netzcommunity nicht erwünscht ist, im Zweifelsfall sogar sanktio-niert wird. Dies gilt für Unternehmen gleichermaßen wie für abweichende Nutzer.

Vertrauen wird zu einem entscheidenden Bindungs­faktor in der Beziehung zwischen Unternehmen und ihren Kunden. Unternehmen, die das Gefühl vermitteln, nicht vertrauensvoll mit ihren Kunden und deren Daten umzugehen, werden dies gegebenenfalls durch Aufkündigung der Kunden-beziehung spüren. Unternehmen, die gesetzliche Vorgaben hingegen ernst nehmen und darüber hinaus daran arbeiten, bei ihren Kunden „digitales Vertrauen“ zu erzeugen, werden nachhaltig profitieren. Indem sie dieses Vertrauen als elementaren Bestandteil des Kunden -erlebnisses verankern, schaffen sie eine wichtige Grundlage für den langfristigen Erfolg ihrer digitalen Geschäftsmodelle und differen-zieren sich an einem sensiblen und entscheidenden Punkt von ihren Wettbewerbern. Denn: So verlockend es für Unternehmen auch sein mag, aus den digitalen Spuren einen „digitalen Zwilling“ des Kunden zu konstruieren – der Kunde ist niemals identisch mit diesem. Der echte Kunde kann durchaus noch für Überraschungen sorgen und ist (hoffentlich!) weniger berechenbar, als gemeinhin suggeriert wird.

Für die Nutzer gilt heute wie in Zukunft das wichtige Prinzip der Eigenverantwortung. Wer die zahlreichen digitalen Mög-lichkeiten und Vorteile ausschöpfen möchte, muss dafür auch Informationen von sich preisgeben. Beides geht proportional mit-einander einher. Er muss aber auch die Gewissheit haben dürfen, dass mit seinen Daten nur gemacht wird, wozu eine Zustimmung

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gegeben wurde. Das kann in Einzelfällen auch Nachteile zur Folge haben – nur müssen diese sicht- und kalkulierbar sein. Wenn jemand an einem Bonussystem seiner Krankenkasse teilnimmt, welches auf digital erhobenen Gesundheitsdaten der Teilnehmer basiert, dann kann das für ihn im Falle einer vorbildlichen gesun-den Lebensweise den Vorteil einer Bonusleistung bringen. Im Falle eines gegenteiligen Lebenswandels, der eher zu schlechteren Gesundheitswerten führt, droht dann möglicherweise aber auch ein Malus, zum Beispiel ein höherer Beitrag.

In der Diskussion um die Ausrichtung der Digitalisierung fällt oftmals die Forderung nach Transparenz als fast schon heils-bringende Zauberformel. Transparenz dabei ist zu einem aus-schließlich positiv konnotierten Paradigma der Digitalisierung geworden – auch wenn die Algorithmen, die den Kern vieler Geschäftsmodelle bilden, oft alles andere als transparent sind. Es gibt jedoch viele Kunden, die sich den Zauber des Geheimnisses, den Wert des Ambivalenten und des Zweifels sowie den Charme der verborgenen Ineffizienz bewusst bewahren möchten. Für sie wäre eine vollkommen transparente Welt eine „ärmere Welt“ ohne digitale Überraschungen. Das heißt: Ein letztes Stück Intrans-parenz ist nicht selten wünschenswert, weil es der Sache ein Stück Spannung lässt. Das bereits beschriebene Vertrauen ist an der Stelle der wichtigere Ratgeber.

Fazit: Digitalisierung wird kein endloses Paradies erschaffen. Jedoch hält sie zahlreiche neue Möglichkeiten und Innovationen bereit. Menschliches Denken und eigenverantwortliches Handeln wird sie allerdings nicht ersetzen können – diese werden mit all seiner Unberechenbarkeit immer eigenständig bleiben. Zu einem digitalen Absolutismus wird es nicht kommen, weil sich die digitale Welt neben gesetzlichen Grundlagen immer stärker selbst reguliert. Missbrauch kann in einzelnen Fällen zwar nicht verhindert werden, dürfte aber keine größere Zukunft haben. Mehr Chancen als Risiken sehen auch die preisgekrönten Buchautoren von „The Second Machine Age“ und MIT-Professoren Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee: „Eine Maschine hat keine Ahnung davon, was gesunder Menschenverstand ist.“ Nicht nur aus diesem Grunde darf am Ende getrost der digitale Optimismus überwiegen.

AUTOREN

Andreas Penkert ist Managing Consultant und berät Kunden ver-schiedener Branchen rund um die Themen digitale Transformation der Customer Journey, Social Media Performance sowie Organisations- und Prozess-management. Er ist Autor zahlreicher Publikationen und Studien.

Sascha Krpanic ist Consultant mit Beratungsschwerpunkten in den Bereichen digitale Services, Omnichannel Manage-ment, Wettbewerbs- und Marktanalysen sowie Unter - nehmensstrategien.

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Kundenbindung in Zeiten von Social Media und Co.

Digitale Megatrends entlang der Customer JourneyTrends wie Big Data, mobile Lösungen oder Social Media revolutionieren das klassische Kundenbeziehungsmanagement. Mit dem „Customer Journey Trend Mapping“ unterstützt Detecon Unternehmen dabei, innovative digitale Konzepte entlang der Customer Journey zu entwickeln und auf diese Weise die Kundenbindung zu intensivieren.

Digitale Technologien haben in den letzten Jahren nicht nur zur Entwicklung neuer innovativer Geschäftsmodelle geführt, sondern branchenübergreifend auch in existierenden Geschäftsmodellen die Schnittstellen zum Kunden stark verändert. Es wird zuneh-mend wichtiger, bestehende Kundenkontaktpunkte um digitale Kanäle zu erweitern, um so eine noch individuellere Beziehung zum Kunden aufzubauen. Wer das versäumt, riskiert, dass sich stattdessen neue Player als digitale Mittler direkt an der Kunden-schnittstelle platzieren.

Detecon hat vor diesem Hintergrund ein umfassendes Portfolio digitaler Trends erstellt, die für das Kundenbindungsmanagement von Bedeutung sind. In enger Kooperation mit den Trend- Scouting-Experten am Detecon-Standort San Francisco haben wir innovative Konzepte entwickelt, die Unternehmen helfen, neue Wege zu gehen und Konzepte für die Einbindung digitaler Medien und Kanäle zu erarbeiten.

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OPEN

API

s

SOCIAL

MOBILE

BIG DATA

Wearable TechnologySensorsSmart Home/ Smart BuildingConnected Mobility

Data AnalyticsPredictive AnalyticsMachine LearningData Visualization

Meshed ServicesShared LoginSmart Triggers

Enterprise ListeningSocial AmplificationCrowd IntelligenceSharing Economy

Mobile First DesignLocation-based ServicesSmart Home AssistantMobile Wallet/Payments

INTERNET OF THINGS

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Das Smartphone hat sich zur Allzweckwaffe im Taschenformat gemausert und ist heute das intimste aller Geräte. Gleichzeitig dient es als Kontaktpunkt und Einfallstor zur digitalen Welt. Diese Kombination birgt erhebliches Potenzial für den bedürfnis-orientierten Kundenkontakt.

„Mobile First“, also das Zuschneiden von Webinhalten auf Smartphone-Displays, zielt auf Maximierung des Customer Engagement über mobile Endgeräte ab. Hier gilt: Weniger ist mehr. So ist zum Beispiel die radikale Einfachheit der Benutzer-oberfläche des Messaging-Dienstes Snapchat ein wesentlicher Grund für den großen Erfolg dieser mobilen Applikation. Auch die mobile App des Ridesharing-Dienstes UBER richtet das gesamte Reiseerlebnis seiner Nutzer konsequent auf den mobilen Nutzer aus: UBER agiert als unsichtbarer Begleiter – stets zur richtigen Zeit mit der richtigen Nachricht.

Ebenfalls als Enabler für Innovationen und neue Geschäfts-modelle gelten Echtzeitdaten zu Geopositionen sowie die auto-matische Identifizierung oder Authentifizierung des Kunden, beide übermittelt durch das Smartphone in der Hosentasche. Virtuelle mobile Assistenten kombinieren das Wissen über Standort, Stimmung oder Aktivitäten des Nutzers mit zusätz-lichen Informationen aus dessen privaten Diensten wie Kalender, E-Mail-Postfach oder Wecker. Ziel ist es, auf diese Weise ein ganzheitliches Nutzererlebnis zu generieren.

Die Mobile Payment App Square nutzt hingegen den Standort und die Authentifizierung des Nutzers auf dessen Smartphone, um stationäre Bezahlvorgänge abzuwickeln: Beim Betreten des Coffeeshops wird der Kunde (dank Geo-Fencing) direkt einge-checkt. Der Verkäufer sieht nun den Namen, das Foto und die Kaufhistorie des Kunden. Die unpersönliche Standardbe-grüßung wandelt sich zu einer individualisierten Ansprache: „Hallo, Herr Mayer! Schön, dass Sie diese Woche schon zum dritten Mal bei uns vorbeischauen! Wollen Sie wieder einen Caffé Latte mit Sojamilch?“ Diese Personalisierung bewirkt eine bislang nur Stammkunden vorbehaltene Emotionalisierung des Kauferlebnisses. Das fördert nicht nur die Beziehung zur Marke, sondern auch die Bereitschaft des Kunden, freiwillig weitere persönliche Informationen preiszugeben. Der Bezahlvorgang selbst findet dabei ganz beiläufig im Hintergrund statt.

MEGATREND

MOBILE1

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Die Präsenz von Marken in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram und Pinterest ist ein zweischneidiges Schwert: Man erreicht gut messbar ein großes Publikum, ist diesem aber ebenso ausgesetzt.

Laut einer Studie der Allianz erwartet ein Drittel der Social-Media- Nutzer in Deutschland, dass ein Unternehmen innerhalb von 60 Minuten auf Beschwerden über soziale Netzwerke reagiert. Kundenemotionen müssen daher schnell aus den (un-)struktu-rierten Daten des Social Web abstrahiert und verarbeitet werden – ein Vorgang, der als „Enterprise Listening“ bezeichnet wird.

54 Prozent der Internetuser beziehen laut GlobalWebIndex vor einem Kauf im Internet die Produkterfahrungen und Meinungen anderer Kunden in ihre Kaufentscheidung ein. Dabei ist es häufig ein kleiner Kreis äußerst aktiver Kunden, die mit ihren Reviews und Social-Media-Aktivitäten eine große Wirkung auf ihr Umfeld haben. Die Kultivierung und das Beziehungsmanage-ment derjenigen, die solche Amplifizierungseffekte auf andere Kunden ausüben, werden aus Unternehmenssicht immer wichtiger. Mithilfe von „Social Influencer Scoring“ lässt sich ebendiese Kundengruppe identifizieren und deren Reichweite und Ein-fluss quantifizieren.

Product Hunt hebt als „Crowd-Intelligence-Plattform“ für Produktentwicklung die Stimme der Kunden auf eine höhere Ebene. Dies verstärkt die Marktorientierung und erzeugt von Anfang an ein Gefühl der Zugehörigkeit zum Produkt.

2 MEGATREND

SOCIALSO

CIAL

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Offene IT-Schnittstellen (Application Programming Interfaces – kurz APIs) ermöglichen den Austausch von Daten und das Ver-knüpfen von Serviceleistungen, die verschiedene integrierbare Applikationen und die dahinterstehenden Dienste verlinken. In den meisten Fällen werden über offene APIs eigene Daten mit denen anderer Plattformen angereichert, wodurch alle Player von einem höheren Informationsgehalt profitieren. Facebook, LinkedIn und Google haben beispielsweise Schnittstellen geschaffen, über die sich die Nutzer mit ihren jeweiligen Log-in-Daten auch bei den Diensten Dritter registrieren können – aus Kundensicht eine Erleichterung im Passwortalltag, aus Sicht der Dienstanbieter eine Chance, den Kunden noch besser kennenzulernen.

Neben der Anreicherung von Datenbeständen gibt es jedoch ein weiteres wichtiges Ziel von offenen Schnittstellen: das Verknüpfen mit Anbietern relevanter Value Added Services. Ziel dabei ist es, das Wissen über den Kunden so zu nutzen, dass dieser im rich-tigen Moment auf Dienste Dritter aufmerksam gemacht wird, zu denen er dann weitervermittelt wird. Ein Beispiel ist das Reisekosten abrechnungstool Expensify. Es verfügt über einen umfangreichen Datenschatz, bestehend aus Finanztransaktionen mit Zeitstempeln, gescannten Quittungen, Flug- und Hotel-reservierungen sowie hinterlegten Stammdaten von Geschäfts-reisenden. Die aus diesen Daten erstellten Bedürfnis-, Bewegungs- und Routineprofile triggern zu gegebener Zeit die Angebote externer Partnerapplikationen. So weiß Expensify, dass Herr Meyer an Dienstagen, an denen er geschäftlich in Miami war, bislang jedes Mal um 19:00 Uhr in einem bestimmten Restaurant zu Abend gegessen hat. Nun werden ihm automatisch während seiner nächsten dienstäglichen Miami-Reise um 18:45 Uhr ein Uber-Taxi zum Restaurant sowie eine Tischreservierung via OpenTable angeboten – beides über das jeweilige API mit den Partnerdiensten. Der Service denkt voraus, macht direkt buchbare Vorschläge und bietet so einen enormen Kundenmehrwert.

3 MEGATREND

OPEN APIs

OPEN APIs

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Mit immer leistungsfähigeren distribuierten Rechenverfahren – Hadoop und anderen – sowie erhöhter Datenverfügbarkeit macht die Big-Data-Welt auch vor dem CRM nicht halt. Die Analyse von Kundendaten wird dabei oftmals für Mehrwert-dienste in Form von Erinnerungen, Alarmen oder Empfehlungen verwendet, die der Kunde nahezu in Echtzeit erhält. Gleichzeitig tragen Big-Data-geschützte Features zur Individualisierung der Kundenbeziehung bei und machen diese transparenter. Machine-Learning-Algorithmen und Predictive Analytics ermöglichen es zudem, das Kundenverhalten zu prognostizieren.

RetailNext und Mattersight sind Anwendungsbeispiele dafür, wie sich Big Data im CRM-Kontext nutzen lässt. RetailNext generiert durch das Auswerten strukturierter und unstrukturierter Daten im Umfeld von Retail Stores eine Basis für die optimale Gestaltung der Ladenflächen und gibt Hinweise auf geeignete digitale Interaktionen mit Kunden. Mattersight erstellt durch die kontinuierliche Analyse von Sprachdaten aus Callcenteran-rufen Persönlichkeitsprofile von Kunden und Agenten. Kunden-anrufe werden dann künftig nicht mehr willkürlich dem nächsten freien Mitarbeiter zugewiesen, sondern es findet ein intelligentes Profilmatching von Anrufer zu Callcenteragent statt.

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Das Internet der Dinge beschreibt eine vernetzte Welt, welche aus „Dingen“ besteht, die jeweils ihre eigene virtuelle Identität besitzen und sich untereinander intelligent vernetzen. Wearable Techno-logy, Connected Mobility, Smart Home Devices und vieles mehr werden häufig unter diesem Begriff zusammengefasst. Für Kunden bedeutet das Internet der Dinge eine noch stärkere Vernetzung mit Produkten und Services im alltäglichen Leben. iBeacons, über die mit Kunden, welche sich in näherer Umgebung befinden, über smarte Devices und Wearables kommuniziert werden kann, sind eine große Hoffnung des Brick and Mortar Retail. Amazon findet seinen Weg über „Amazon Dash“ Buttons ins Smart Home und erlaubt seinen Nutzern, vordefinierte Haushaltsprodukte auf Knopfdruck an Ort und Stelle nachzubestellen – Lieferung inner-halb von zwei Werktagen garantiert. Versicherer können mit regelmäßigen Status- und Standortinformationen versicherter Gegenstände ihr Risikomanagement verbessern und ihren Kunden flexible Versicherungsprämien anbieten.

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INTERNET OF THINGS

MEGATREND

BIG DATA

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INTERNET OF

THINGS

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Methode: Customer Journey Trend Mapping

Die digitale Welt schafft eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, Kundenschnittstellen mit digitalen Erlebnissen auszustatten und dabei wertvolle Daten zu generieren. Doch welche digitalen Innovationen passen zu welchem Kundensegment und zu welchen Journeys? Mit dem Format „Next Generation CRM Work-shops“ unterstützt Detecon Consulting Unternehmen bei der strukturierten Generierung relevanter Use Cases. Das im Folgenden beschriebene „Customer Journey Trend Mapping“ hat sich hierfür als geeignete Methode bewährt.

Die Touch Points einer generischen Customer Journey werden aus der Sicht verschiedener Personen – hypothetische Kunden wie „der Business Traveller“ oder „der Silver Ager“ – in Break-out-Gruppen durchgespielt. Dabei kommt es darauf an, der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen und die Touch Points mit inno-vativen Use Cases auf der Grundlage relevanter ICT-Trends zu belegen. Innova tionen können dabei auch neue Touch Points erschaffen!

Folgende Beispielstory soll das Mapping der oben beschriebenen Trends auf die „Carsharing Customer Journey“ von Thomas (Per-sonenprofil: high-income, no kids, early adopter) verdeut lichen. Die Farben der angedeuteten Klebezettel auf der folgenden Ab-bildung korrespondieren mit den Megatrends im Trendwheel.

Customer Journey von Thomas

Thomas bucht ein Carsharingfahrzeug über seine Apple Watch, nachdem er automatisch gewarnt wurde, dass die Anzahl der verfügbaren Autos in seiner näheren Umgebung knapp ist. Per Fingerscan kann er das Auto öffnen. Der Fahrersitz hat beim Entriegeln der Fahrzeugtür bereits automatisch die Sitz-einstellungen von Thomas‘ letzter Fahrt eingenommen. Der Anschnallgurt registriert während der Fahrt, dass Thomas schwitzt, und empfiehlt ihm, an der nächstgelegenen Tankstelle, an der er mit seiner Mobile Wallet bezahlen kann, eine Flasche Wasser zu kaufen. Über eine Big-Data-Analyse seiner Social-Media-Profile und der dort abgelegten Fotos stellt das System fest, dass Thomas eine Vorliebe für Strände und Meer, aber eine Abneigung gegen Bäume und Wälder hat. Das Navigations-system des Fahrzeugs schlägt ihm daher vor, einen kleinen Umweg auf seinem Weg zum Zielort in Kauf zu nehmen, um dafür entlang einer Route mit Seen und Flüssen zu fahren, die den Wald so gut es geht meidet. Die Vorschau auf die Alternativ-route wird mit Bildern unterlegt, die keine fünf Minuten zuvor von der On-Board-Kamera eines anderen Carsharingfahrzeugs auf dieser Route aufgenommen wurden. Kurz vor der Ankunft an seinem Zielort wird Thomas nach dem Einholen relevanter Crowd-Intelligence und Sensorendaten empfohlen, aufgrund von Parkplatzmangel und des Nichterreichens seiner heutigen Fitnessziele einen etwas entlegeneren Parkplatz anzusteuern. Das Fahrzeug sorgt vorher dafür, dass ein freies Fahrrad in Park-platznähe für die letzten vier Kilometer reserviert ist. Thomas teilt vor dem Verlassen des Fahrzeugs über das Car-Infotainment-System die schönsten vom Fahrzeug aufgenommenen Fotos entlang der gefahrenen Strecke mit ausgewählten Personen in seinem sozialen Netzwerk und bekommt dafür seinem Account zusätzliche Loyalty-Punkte gutgeschrieben. Thomas erreicht mit dem Fahrrad sein Ziel und wird dort bereits von Freunden erwartet, die über seine voraussichtliche Ankunftszeit rechtzeitig informiert wurden.

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AUTOREN

Ingmar Haffke ist Senior Consultant mit Fokus auf Strategie- und Innovations-beratung und arbeitet in Detecons Office in San Francisco. Er begleitet Strategieteams von Kunden in Nordamerika, Europa und dem Mittleren Osten bei digitalen Innovationsthemen wie Digital Business Models, Digital CRM Strategy, Digital Customer Experience Management oder Mobile/Social Strategy.

Alessandro Cante ist Consultant im Detecon Office San Francisco. Als Digital Native und Silicon Valley Explorer setzt er sich mit dem „Customer of the Future” auseinander und berät seine Kunden zu den Themen Next Generation CRM, Digital Business Models, Digital Expe-rience Management und Innovation Scouting.

Diese beispielhafte Customer Journey verdeutlicht die Vielzahl von Ideen für digitale Touch Points, die bei dieser Übung ent-stehen. Nach einer solchen Kreativphase stellt sich dann die Frage, welche Use Cases weiterverfolgt werden sollen. Bewertet wird dies in der Regel nach strategischer Relevanz, Kern-kompetenzen, technischer Machbarkeit und Business Impact. Eine umfangreiche Bewertung aus unterschiedlichen Perspektiven stellt sicher, dass die Strategic CRM Roadmap der nächsten Planungsperioden die vielversprechendsten Use Cases enthält.

Es bleibt festzuhalten: Der Kampf um die Kundenschnittstelle wird härter und digitaler. Technologische Vorreiter aus Silicon Valley legen dabei ein hohes Tempo und große internationale Schlagkraft vor. Etablierte (analoge) Kundenbeziehungen sind bedroht. Ein absoluter Fokus auf den Kunden und seine digitalen Bedürfnisse sowie das gezielte Nutzbarmachen neuer digitaler Möglichkeiten sind daher zwingend notwendig – denn der Kunde bleibt schließlich König!

Abbildung: Customer Journey Trend Mapping – Carsharingstory

Reservation Vehicle Access Driving Experience Vehicle Return After Drive

Movement and Loca-tion Analytics Engine: Zeit für die Buchung

Fingerprintscanner als Ersatz für Autoschlüssel

Healthsensoren im Anschnallgurt regis-trieren biometrische Daten

Data Pool auf Basis von Crowd Intelligence und Sensoren mit Realtimedaten zur Parksituation

Link zum Fitnesstracker

Automatische Buchung von intermo-dalen Transportmög-lichkeiten für die letzte Meile (intermodal Travel Cooperation)

Picture Analytics auf Social-Media-Profil generiert automatisch bevorzugte Route ent-lang See und Fluss

Mobile-Wallet-Bezah-lung an der Tankstelle

Verlinkte Travel Accounts: Auto stellt Sitz und Air Conditio-ning automatisch ein (auf Basis der letzten Benutzung)

Apple Watch App zur Fahrzeugreservierung

Social-Rewards-Pro-gramm: Poste deine Fahrt und bekomme Loyalty Points

On-Board-Kameras haben Fotos auf der Fahrt gemacht; auto-matische Erstellung ei-nes Onlinefotoalbums

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16 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Tante Emma 2.0 CRM-Tools im Zeitalter der Digitalisierung

Spätestens nach dem dritten Besuch kannte sie die Vorlieben ihrer Kunden. Etwas reservieren? Kein Problem. Ein Extrastück Schokolade für den Sohn? Gerne. Für Kunden war der Besuch bei Tante Emma etwas Vertrautes, man fühlte sich wohl und geschätzt. Dieses Konzept ist heute nur noch vereinzelt anzu-treffen. Der Alles-in-einem-Shop ist längst dezentralisiert und online, der Kunde weitgehend anonym. Die Masse der Produkte ist unüberschaubar, komplex, in unzähligen Varianten und – dank der Globalisierung – in undurchsichtiger Qualität und zu unterschiedlichen Preisen verfügbar.

Ist es heutzutage überhaupt noch möglich, dem Kunden einen individuellen Service auf Tante-Emma-Niveau zu bieten? Ja, ist es. Mit den richtigen Tools und Methoden!

Warum brauche ich ein CRM-Tool?

So schnell sich Märkte verändern und Produkte an Komplexität gewinnen, so sehr verändern sich auch die Kunden. Ansprüche steigen und Wechselbarrieren brechen auf. Aus Verbraucher-sicht war es selten so leicht, Produkte und Dienste bei nahezu

gleichbleibender Qualität zu substituieren. Um den Anforde-rungen des Kunden gerecht zu werden und ihn langfristig zu binden, ist es daher wichtig, schnell, agil und mit einer 360-Grad-Sicht auf seine Wünsche zu reagieren – sowohl im Marketing als auch in Verkauf und Service.

CRM-Tools bieten eine Fülle von Möglichkeiten, diese Heraus-forderungen zu meistern. Sie vereinfachen nicht nur die Ge-schäftsprozesse und erhöhen die Effizienz, sondern ermöglichen eine ganzheitliche Sicht auf den Kunden, sein Verhalten und seine Präferenzen. Zudem sind viele Tools inzwischen auch aus der Cloud zu beziehen, sodass sich Daten in Echtzeit abrufen lassen. Kundenzentrierter Service unterliegt keinen zeitlichen oder geografischen Restriktionen mehr.

Funktionale Anforderungen an CRM-Tools

Die Digitalisierung ist aktuell einer der größten Treiber unserer Märkte und Kundenerwartungen. Dieser Trend wirkt sich natür-lich auch auf die Anforderungen an ein ganzheitliches CRM-Tool aus. Vier Funktionalitäten stehen dabei im Vordergrund:

Niemand lebte das Konzept der Kundenbindung und Kunden-zentrierung besser als Tante Emma. Doch die Zeiten des kleinen Lebensmittelgeschäfts um die Ecke sind vorbei. Längst bestimmen große Discounter und Onlineshops das Geschehen. Ist es heute trotzdem möglich, einen Kunden- service wie vor 50 Jahren zu bieten?

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1. Mobile Devices

Die Digitalisierung verinnerlicht im Wesentlichen drei Paradig-men, die sich auch auf CRM-Tools projizieren lassen: einfach, immer, überall. Kunden wollen immer, überall und möglichst einfach ihre Bedürfnisse befriedigen. Ob beim Kauf von Pro-dukten oder im Kontakt mit dem Service. Dies erfordert eine CRM-Lösung, mit der Kunden ihre Daten unabhängig vom Endgerät schnell, einfach und von jedem Ort aus abrufen können.

2. Big Data/Data Analytics

Während Unternehmen ihre Kundeninformationen früher primär aus internen Systemen wie beispielsweise dem CRM- und Warenwirtschaftssystem bezogen haben, können sie heute auch auf externe Quellen zugreifen. Denn im digitalen Zeitalter nutzen Kunden zunehmend elektronische Endgeräte und hin-terlassen somit überall im Netz ihren digitalen Fußabdruck – zum Beispiel bei Facebook, Onlineeinkäufen oder beim bargeldlosen Bezahlen. Den Unternehmen stehen folglich riesige Daten-mengen über ihre Kunden zur Verfügung, die sie für Marketing-zwecke analysieren können. Die Herausforderung besteht dabei nicht nur in der Verwaltung und Analyse der Daten und unter-schiedlichen Datentypen. Vielmehr gewinnt das Thema Daten-schutz zunehmend eine zentrale Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Datenschutzpannen und Hacker-angriffe. Mit dem richtigen CRM-Tool lassen sich selbst große Mengen an Daten sicher verwalten und qualitativ sowie Com-pliance-konform auswerten.

3. Social Media

Dass die Nutzung von sozialen Medien kontinuierlich zu-nimmt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Die Frage, die sich für viele Unternehmen stellt, lautet dabei: Wie lassen sich diese Medien für das Kundenbeziehungsmanagement nutzen? Gezielte Produktplatzierungen auf der Grundlage des zuvor ausgewerte-ten Kundenverhaltens – Stichwort Big Data/Data Analytics – sind bereits Usus. Doch inzwischen nutzen auch immer mehr Unternehmen diese Medien als Servicekanal, um beispielsweise Kundenanfragen direkt zu beantworten. Viele CRM-Tools besitzen bereits integrierte Features, um Social-Media-Kanäle direkt aus der Plattform heraus zu bedienen. Durch die sozialen Netzwerke hat sich auch die Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen geändert. Während beide früher nur direkt mitei-nander kommunizierten, tauscht sich der Kunde von heute über soziale Medien auch mit anderen Kunden aus. Er diskutiert bei-spielsweise in Foren über die Produkte des Unternehmens oder sucht Hilfe in einem Chat. Für Unternehmen bedeutet das Chance und Risiko zugleich. Daher ist es für ein Unternehmen

heute unerlässlich, eine klare Social-Media-Strategie zu ent wic keln und die Aktivitäten im Netz mithilfe geeigneter Software zu beobachten und zu steuern.

4. Customer Self-Services

Kunden scheuen sich häufig, ein Unternehmen bei Fragen und Unklarheiten direkt zu kontaktieren. Um dem Kunden diese Unsicherheit noch vor dem Erstkontakt zu nehmen, setzen viele Unternehmen auf Customer-Self-Service-Maßnahmen. So können FAQs, Hilfevideos oder Anleitungen auf der Website Service-anfragen erheblich reduzieren. Mit den richtigen CRM-Tools lassen sich jedoch noch weitaus mehr Potenziale erschließen. Ein beliebtes Instrument sind eigenständig gemanagte und durch Serviceagenten moderierte Communitys. Diese haben erheb-lichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und die Reduktion von Kundenkontakten.

Die Qual der Wahl

Wer sich für die Einführung oder Erweiterung eines CRM-Tools entscheidet, steht üblicherweise vor einer riesigen Auswahl von Anbietern und Systemfunktionalitäten. Neben den On- premise-Lösungen spielen dabei Cloud-basierte Systeme eine immer wichtigere Rolle. Nachteil der großen Vielfalt: Für ein Unternehmen gestaltet es sich oft sehr schwierig, die richtige Anwendung zu finden. Eine genaue Analyse der internen Prozesse und Anforderungen ist daher bei der Auswahl eines CRM-Sys-tems unerlässlich. Manchmal reicht es auch, eine bestehende Anwendung um zusätzliche Funktionalitäten zu erweitern. Grundsätzlich lohnt es sich heute für fast jedes Unternehmen, zu überprüfen, ob das bestehende CRM-System den Anforde-rungen, welche die Digitalisierung mit sich bringt, noch gerecht wird oder ob das System gegebenenfalls ausgetauscht oder er-weitert werden sollte. Denn nur wer in der Lage ist, die Kunden-beziehungen der Zukunft effektiv zu managen, wird langfristig am Markt bestehen.

AUTOREN

Alexander Hardtberät Kunden im Bereich Marketing, Sales & Service sowie bei der Implementierung von CRM-Tools, insbesondere salesforce.com.

Maria Mantheyist Consultant im Beratungsbereich Deutsche Telekom. Ihre Schwerpunkte liegen in den Segmenten Marketing, Sales & Service sowie Transformation und Change Management.

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Den Kunden im Zentrum, die Organisation fit für die Zukunft

Swisscom muss sich im Wettbewerb mit den globalen Internet-playern messen, gleichzeitig aber selbst der digitalen Transfor-mation stellen. Dr. Markus Messerer, Leiter Corporate Strategy bei Swisscom, sieht dem positiv entgegen: Er möchte den Wandel aktiv gestalten. Ein zentraler Ankerpunkt dazu ist, den Kunden konsequent ins Zentrum aller Handlungen zu stellen, um ihn bestmöglich in der digitalen Welt zu begleiten.

Interview mit Dr. Markus Messerer, Head of Corporate Strategy, Swisscom

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DMR: Digitale Technologien, wie soziale Medien, die gesamte mobile Kommunikation und Datenmengen, die im privaten wie im geschäftlichen Leben voll integriert sind, haben einen großen Einfluss auf Unternehmen und bewirken aktuell einen Strategie­wandel. Wie müssen sich Unternehmen daran anpassen? Was bedeutet digitale Transformation aus Ihrer Sicht als Strategiever­antwortlicher der Swisscom?

Dr. Messerer: Wir sind definitiv auf einer Transformationsreise. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Swisscom in fünf Jahren ein völlig anderes Unternehmen sein wird als die Swisscom vor fünf Jahren. Diesem Bewusstsein entsprechend, wollen wir den Wandel nicht nur geschehen lassen, sondern wir wollen ihn gestalten und steuern. Das ist multidimensional und hängt mit Systemen, mit der Technologie und mit Prozessen zusammen. Dazu gehören die Organisation, das Skillset und das Mindset der Belegschaft, die Führungskultur sowie das Führungs-verständnis. All diese Dinge begleiten wir integriert wie in einem Change-Management-Prozess. Und natürlich werden all diese Elemente um den Kunden gestrickt, denn sie haben einen erheblichen Einfluss auf den Kunden, auf die Customer Journey. Swisscom steht dafür, diese Reise sehr kundenzentriert anzugehen.

DMR: Das sieht man in der Unternehmensstrategie „Swisscom 2020“ – der Kunde steht prominent im Zentrum. Sie haben den Anspruch, den Kunden in der digitalen Kommunikationswelt zu begleiten, ihn mit dem besten Service hier durchzuführen, ihm Erlebniswelten zu bieten. Was ist heute für den Kunden ein außer­ordentliches Erlebnis, was erwartet er vom Service?

Dr. Messerer: Vorab: Die Schlagworte „Kundenorientierung“ und „bestes Netzwerk“ finden Sie sicherlich in allen Telco-Strategien. Unsere Auslegung ist, dass wir kein reiner Infrastruktur anbieter sind. Zwar haben wir das Ziel der besten Infrastruktur – dies aber nur als Basis, um die besten Kundenerlebnisse bieten zu können und Wachstumschancen zu realisieren. Ein Kunden erlebnis auf-zubauen steht tatsächlich im Zentrum der Unternehmens-strategie. Wir wollen mit unseren Produkten und Services und dem gesamten Ökosystem unsere Kunden inspirieren, begeistern und ein einfaches kundennahes Erlebnis bieten. Dahinter verbirgt sich, dass wir Produkte bereits so designen, dass sie viel intuitiver sind. Wir verzichten auf eine komplizierte und innenorientierte Sichtweise. Bereits in der frühen Entstehung soll über Co-Develop-ment und Co-Creation mit dem Kunden gemeinsam das Kunden-bedürfnis direkt und über den gesamten Lebenszyklus hinweg adressiert werden. Wir stellen den Kunden wirklich ins Zentrum der Betrachtung, Services werden konsequent um ihn herum gebaut. Kundenzentriertheit ist bei uns also nicht nur ein Schlagwort, sondern findet sich in Prozessen, Systemen und der gesamten Organisation wieder. Wir haben dafür beispielsweise

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eine eigene Einheit aufgebaut, das Human Centric Design, das sich nur damit beschäftigt, neue Services so zu gestalten, dass sie möglichst ansprechend, möglichst einfach, möglichst intuitiv und somit kundennah wahrgenommen werden. Das ist die Ziel-setzung in unserer eigenen Organisation.

DMR: Was prägt heute die Erwartung des Kunden, was hat sich im Zeitverlauf geändert?

Dr. Messerer: Durch die vielen neuen Produkte und Services aus der digitalen Welt, die vielen Webservices und mobilen Applika-tionen, ist der Kunde heute mit der Einfachheit vertraut. Er ist es gewohnt, jedes Produkt und jeden Service Device-übergreifend zu nutzen, real-time und integriert. Das prägt die Erwartungs-haltung des Kunden. Für Telcos ist es schon eine Heraus-forderung, eine integrierte 360-Grad-Sicht auf kundennahe Services zu leisten, Services mühelos und vor allem schnittstellenlos zu gestalten. Kunden wünschen wenig Interaktion, es gilt: Best Service is no Service.

DMR: Die Wettbewerbslandschaft hat sich stark verändert. Mit wem stehen Sie heute primär im Wettbewerb? Sind das noch Telcos?

Dr. Messerer: Nein, das sind nicht mehr nur Telcos. Wenn wir uns den Schweizer Markt ansehen, kommt natürlich eine Salt, Sunrise, UPC oder der eine oder andere Kabelbetreiber vor das geistige Auge. Wenn wir uns aber über die digitale Welt unterhalten, dann ist ganz klar, dass die Digitalisierung nicht infrastrukturbasiert, sondern webbasiert und servicebasiert ist und damit auch nicht von Ländergrenzen abhängt. Wettbewerb passiert heute auf der globalen Bühne. Dementsprechend sind die Wettbewerber nicht mehr nur die klassischen, sondern dazu gehören auch Amazon, Facebook und Google. Auf der Service ebene merken wir sehr stark, dass der Wettbewerb eindeutig ein globaler ist.

DMR: Das klingt relativ komplex. Wir wissen, dass die Margen sinken, der Markt schreit nach modernster Infrastruktur, der Wett­bewerb wird noch intensiver durch digitale Global Player. Der Kunde hat steigende Erwartungen an den Service, Sie aber stehen auch unter Kostendruck. Wie lässt sich das alles bewerkstelligen?

Dr. Messerer: Das ist eine massive Herausforderung. Gott sei Dank führt nicht alles, was zu einem besseren Service beiträgt, automatisch zu höheren Kosten! Das ist die gute Seite der Digi-talisierung. Wenn es uns als Swisscom gelingt, selbst ein Vorzeige-unternehmen in der digitalen Welt zu sein, bedeutet das auch, dass wir integriertere Prozessketten haben, eine bessere Kunden-interaktion und damit werden wir auch effizienter. Hier schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Nehmen wir mal ein Beispiel mit Self-Service Apps, um zu zeigen, wie wir unsere Systeme nach außen zugänglich machen. Damit gehen wir einen Schritt in Richtung Digitalisierung und treffen den Geschmack des Kunden, weil Kunden rund um die Uhr Self-Service nutzen möchten. Als Nebeneffekt senken wir damit auch unsere Kosten. Ein weiteres Beispiel ist das Thema Community: Kunden wollen heute nicht mehr nur durch die Swisscom beraten werden, sie lassen sich auch von anderen Kunden beraten, von der Community. Wir haben deshalb einen Community Service etabliert, der genau in diese Richtung geht. Diese Beispiele zeigen, dass bessere Services in der digitalen Welt nicht unbedingt mit großen Investi-tionen verbunden sind.

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DMR: Sie sprechen von Self­Services. Man könnte ja auch ganz ketzerisch sagen: Für einen Premiumanbieter wie die Swisscom gehört es sich nicht, den Service auf den Kunden abzuschieben – das ist doch nur Kostenvermeidung. Passt das zusammen: Self­Service und Premiumanbieter?

Dr. Messerer: Wir reden hier davon, Self-Services dem Kunden zugänglich zu machen in genau dem Umfang, in dem er das möchte, weil es für ihn dann praktischer ist. Sie werden bei Swisscom aber immer einen Topservice im Shop haben, an den Sie sich physisch wenden können, Sie werden immer Ansprech-partner in verschiedenen Sprachen finden, Servicelines, die Ihnen hochkompetent helfen. All das wird es bei Swisscom immer geben, um die Premiumposition zu halten.

DMR: Wir sprechen von verschiedenen Servicemöglichkeiten. Eine traditionelle Telco ist mit verschiedenen Kanälen aufgestellt – Stichwort Omnichannel Management. Die interne Koordination ist eine riesige Herausforderung. Was bedeutet das für Sie?

Dr. Messerer: Das Thema dahinter sind wiederum Prozesse, Systeme und Menschen. Gerade der Mensch, diese unmittelbare Schnittstelle zum Kunden, ist extrem wichtig. Swisscom hat dieser Schnittstelle schon immer größte Bedeutung beigemessen und viel in diese Stelle investiert. Wir haben schon lange erkannt, dass die direkte Kundeninteraktion ein wichtiges strategisches Asset ist. Die Herausforderung liegt hier im Verbund von Pro-zessen und Systemen. Auch Swisscom muss hier noch einen großen Schritt gehen, um die viel zitierte Multi-Channel-Präsenz aufbauen zu können. Wir müssen integrierte Prozessketten gestalten, um rasch und effektiv selbst ein digitales Vorzeige-unternehmen zu werden. Selbstverständlich ist das für alle großen Telcos eine große Herausforderung.

DMR: Dafür benötigt man also verschiedene Bausteine. Systeme und Prozesse bedeuten ja sehr langwierige Veränderungen. Was ist hier die größte Hürde? Welcher Baustein ist der schwierigste hin zur digitalen Transformation?

Dr. Messerer: Einfach ist keiner der angesprochenen Bausteine. Für einen Incumbent am spannendsten finde ich aber den Ver-bund von Systemen und Prozessen: Aus Ex-Mobilsystemen und Ex-Festnetzsystemen einen voll integrierten BSS-Verbund hin-zustellen, der auch in der Customer Journey voll integriert die Prozesse unterstützt und damit dem Kundenmitarbeiter eine integrierte 360-Grad-Kundensicht ermöglicht, das ist äußerst herausfordernd, aber eben auch nicht kurzfristig zu lösen.

DMR: Am Markt gilt Swisscom durchaus als kundenorientiertes Unternehmen. Aktuell gibt es viele Kundenkanäle. Wie ist das Verständnis bei Swisscom hierfür?

Dr. Messerer: Gewiss haben wir da schon einiges erreicht. Kundeninteraktion und die Erlebniskette werden allerdings von sehr fokussierten, straffen Internetplayern ständig optimiert, da müssen wir ein Stück weit mit. Das ist klar. Selbstverständlich haben wir hier noch gewisse Entwicklungsschritte zu gehen. Wie schon eingangs erwähnt, ist das für uns ein Weg, den wir aktiv gestalten. Von daher legen wir die höchste Topmanagement-attention auf diese Transformationsthemen.

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DMR: Auf der einen Seite steht die Topmanagementattention, auf der anderen aber, dass die Basis mitzieht. Welche Mechanismen haben Sie, oder anders gefragt, wie gewährleisten Sie, dass alle unisono in die gleiche Richtung laufen?

Dr. Messerer: Ein Patentrezept gibt es dafür nicht. Wir nutzen unterschiedliche Hebel im Change Management. So haben wir neben Topmanagementprogrammen auch Initiativen, die alle Führungskräfte involvieren und so versuchen, alle Kolleginnen und Kollegen auf die Transformation einzustimmen. Unsere Erwartung ist, mit gemeinsamer Meinungsbildung sowie mit breiter Kommunikation und Involvierung das Schiff in eine gewisse Richtung manövrieren zu können. Die Rezeptzutaten sind wahrscheinlich Zeit, ständiger Dialog und Manage- ment-Commitment.

DMR: Lassen Sie uns noch einmal zurückgehen zum Thema Service und Kundenerlebnis. Swisscom hat sich zum Ziel gesetzt, die Kunden­betreuung möglichst personalisiert und auch möglichst flexibel zu formen. Können Sie uns erklären, wie das zu verstehen ist?

Dr. Messerer: Das Thema Kundenzentrierung hört für uns natürlich nicht beim Customer Service auf, sondern ist integraler Bestandteil eines jeden neu entwickelten Produkts. Es ist ein Aspekt der digitalen Welt, dass wir von Mass Customization sprechen. Es gilt nicht mehr „One size fits all“, sondern im Idealfall hat jeder Kunde seinen eigenen Service, aber auf der Basis von Modularisierung und Standardisierung. Die Kunst eines digitalen Unternehmens wird es sein, nach außen hin möglichst viel Komplexität und Varietät bieten zu können, sich aber nach innen nicht mit dieser Komplexität zu erschlagen. Über Standardisierung und Modularisierung in Kombination mit Kundendaten erhoffen wir uns, solche Services bieten zu können. Auch hier ein einfaches Beispiel, nehmen wir Amazon: Kunden, die XY gekauft haben, interessieren sich auch für A, B und C. In unserer Industrie heißt das beispielsweise: Kunden, die auf Swisscom TV 2.0 einen bestimmten Film gesehen haben, können wir auch andere Filme dieses Schauspielers empfehlen. Dieses Kundenerlebnis muss in jedem Produkt stecken: vom Telefontarif bis zur App.

DMR: Das führt uns zum Thema Big Data, auch ein Schlagwort, das heute überall auftaucht. Sie sprechen von Variabilität gegenüber dem Kunden, von Komplexitätsreduktion, Personalisierung, die ja nicht nur die kundenkonforme Recommendation bedeutet, sondern auch heißen kann, zu wissen und zu verstehen, wo der Kunde gerade ist und welche Devices er hat? In diesem Bereich sind Daten sehr wichtig, der Zugang zu Daten gilt heute als Asset. Ist das wirklich ein Vorteil?

Dr. Messerer: In der digitalen Welt sind Daten auf jeden Fall von Vorteil, ganze Geschäftsmodelle basieren darauf. Mit den Daten kommt natürlich auch eine Verantwortung auf uns zu. Das ist ein Punkt, der die Swisscom sicherlich massiv von vielen Start-ups und globalen Playern unterscheidet, denn wir sind uns der Verantwortung bewusst. Das heißt konkret: Wir gehen mit größter Sicherheit und Sorgfalt mit allen Kundendaten um.

DMR: Hier ist sicherlich Augenmaß gefragt im Interesse des Kunden. Sie haben vorhin Ihr Ökosystem erwähnt. Wie sieht hier das Bild vor Ihrem geistigen Auge aus?

Dr. Messerer: In der digitalen Welt können nicht nur einzelne Produkte und einzelne Services angeboten werden, sondern ein Verbund von Themen mit Synergiewirkung. Das ist es, was wir als Ökosystem bezeichnen. Wenn Sie beispielsweise bei Apple die Hardware in den Kern des Ökosystems stellen, dann sehen Sie, dass alle Services, die um diesen Kern aufgebaut werden, vielleicht kommerziell gar nicht so relevant sind, aber in sehr effektiver Weise einen Verbund bilden, der den Kern des Öko-systems erweitert und beschützt.

DMR: Der Kunde kann daraus einen Durchgängigkeitsvorteil generieren. Das ist doch aber ein Wechsel im Mindset. Einzelne Services oder umsatzmaximierte Services in einem Case zu rechnen, ist manchmal einfacher als eine Ökosystembetrachtung. Wie geht Swisscom damit um? Über welche Ansätze stellen Sie sicher, dass Sie sich in Richtung Ökosystem entwickeln?

Dr. Messerer: Natürlich ist das ein schwieriges Thema. Theoretisch hätten Telcos in einer Ökosystemdenke schon viel früher IP-Messages etablieren können. Man hätte nicht warten müssen, bis WhatsApp das tut. Wenn wir unsere Denke aber nun in Richtung Ökosysteme verändern, darf das natürlich kein Freipass dafür sein, alle möglichen Services ungeachtet ihrer Monetarisier-barkeit und ihres kommerziellen Nutzens zu etablieren, nur mit dem Argument, das Ökosystem zu verteidigen. Das machen auch die großen Player nicht. Entgegen vielen Vorurteilen sind sie gar nicht so frei fliegend und hochkreativ, dass jeder basteln darf, was er will. Es gibt extrem strenge und rigide Vorschriften und da wird sehr diszipliniert darauf geachtet, was funktioniert und was kommerziell Sinn macht. Die anderen Dinge werden sehr rasch wieder abgeschafft. Als Normalverbraucher bekommt man die große Anzahl von Projekten, die wieder eingestellt werden, ja gar nicht mit. Wir dürfen also nicht nur auf die Inno-vationsfreude in der digitalen Welt schauen, sondern müssen auch die Disziplin haben, uns am kommer ziellen Nutzen zu orientieren.

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DMR: Das klingt nach schneller Entwicklung, aber auch Fast­Fail, in jedem Fall aber vor Kunde agil sein. Sind hierfür interne Struk­turen und viele Abstimmungsschleifen von größeren Unternehmen ein Hindernis?

Dr. Messerer: Definitiv. Aber auch hier haben wir wieder den Verbund von Themen, die wir gleichzeitig abarbeiten müssen. Wir sind uns dessen völlig bewusst, dass wir in unseren bestehen-den Strukturen und mit unserem Wasserfall-Projektmanage-ment nicht diese Schnelligkeit, diese Agilität, diese Wendigkeit und Flexibilität haben, als wenn wir uns in Teams mit Open Creation und Co-Creation organisieren. Genau diese Dinge, samt Skills, samt Organisation, samt Incentivierung, sind Teile unseres Transformationsprogramms. Wir versuchen bereits, in anderen Strukturen Services zu entwickeln.

DMR: Auf der Basis dieser Erfahrungen gibt es sicherlich Kern­erkenntnisse oder auch Handlungsempfehlungen, die Sie unseren Lesern hinsichtlich der digitalen Transformation mit auf den Weg geben möchten.

Dr. Messerer: Wahrscheinlich ist es in der digitalen Welt gar nicht die Hauptaufgabe von Strategen und Managern, die Zukunft genau zu kennen und sich optimal zu positionieren. Denn das ist nicht möglich. Stattdessen müssen wir unsere Unter nehmen lern- und veränderungsfähiger machen. Das beinhaltet, sich zu öffnen, die Sensorik zu stärken, mit Kunden im Dialog zu bleiben und generell mit der Außenwelt in Kontakt zu sein, um sehr schnell reagieren zu können. Auf diese Fähigkeiten wird es in der digitalen Welt ankommen.

DMR: Recht herzlichen Dank für diese Insights, Herr Dr. Messerer!

Das Interview führte Peter Tüscher, Managing Consultant, Detecon (Schweiz) AG.

KURZPROFIL

Dr. Markus Messerer ist Head of Corporate Strategy bei Swisscom, einem der führenden ICT-Anbieter und innovativsten Player in der Telekommunikationsbranche. In dieser Rolle unterstützt er die Wachstumsstrategie sowie Themen der Digitalisierung und Transformation. Vor Swisscom war er Strategieberater und leitete dann den Bereich „Strategy & Projects“ bei A1 Telekom Austria. Aufgrund seiner Passion für Strategie hat Markus Messerer nach dem Wirtschaftsstudium einen MBA in strategischem Management absolviert und in internationaler Unternehmens-führung promoviert.

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Bereit für . . . . . . die Zukunft ?

DETECONConsulting

Big Data

Integrierte Netzplanung

SDN

und

N

FV

Social Media Perfomance

5G

OTTs vs. Telcos

AgileIT-Architekturen

Digital CustomerExcellence

Net

wor

kEn

able

dSe

rvic

es

Mehr Informationen unter:www.detecon.com/de/future-telco-reloaded

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Chance und Herausforderung für die Automobilindustrie

Automobilhersteller können eine Vielzahl neuer digitaler Möglichkeiten für die Intensivierung ihrer Kundenbeziehungen einsetzen. Dabei kommt Data Management & Analytics als neuem Herzstück von CRM eine zentrale Rolle zu.

CRM in the Digital Age

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Mobile Devices, Social Media und das Internet of Things bieten Unternehmen und Kunden ganz neue Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu treten – überall, zu jeder Zeit und mit unterschied-lichsten Darstellungsformen. Analysen von Datenbeständen, die als Folge der Digitalisierung quasi „nebenbei“ erzeugt werden, erlauben neue Erkenntnisse über Kunden, Interessenten und deren Bedarfe in bislang unbekannter Breite und Tiefe. Dies tangiert die wesentlichen Eckpfeiler von Customer Relationship Management:• Kenne deinen Kunden und seine Bedarfe!• Biete ihm zu seinen Bedarfen passende Angebote!• Kommuniziere in der für ihn individuell geeignete Form!• Erzeuge dadurch ein positives und emotionales Kundenerlebnis,

um Kundenbegeisterung auszulösen und seine Loyalität zu gewinnen!

• Und: Tue all das möglichst wirtschaftlich, also unter Einsatz von effizienten Prozessen und unterstützt von adäquaten Systemen!

Digitale Customer Journey

Am Beispiel der Automobilindustrie sei verdeutlicht, welche Chancen und Herausforderungen die Digitalisierung für das Management der Kundenbeziehungen hat. Für die klassische Customer Journey eines (Neu-)Fahrzeugkaufs ebenso wie für die Customer Journey im Aftersales für Werkstattleistungen ergeben sich drei zentrale Änderungen:

1. Neue digitale Touchpoints

Es entstehen neue digitale Touchpoints. Beispiele hierfür sind die „Always-on“-Smartphones und Tablets der Kunden, die eine permanente Verbindung zwischen Kunden und Automobil-herstellern sowie Händlern und Werkstätten ermöglichen. Dies bringt gleichzeitig die Forderung mit sich, Kunden eine nutz-bringende App bereitzustellen, um nicht den Kontakt zu verlieren. Zentral ist das Adjektiv „nutzbringend“ – eine App um der App willen wird schnell als „Blindgänger“ enttarnt und birgt das Potenzial einer Karteileiche. Der Nutzen muss nicht notwendiger-weise direkt mit dem Automobil verbunden sein. Auch spielerische „Entertainmentelemente oder hilfreiche Funktionen für andere Bereiche des Alltags wie Smart Home, Smart Logistics, intermodale Mobilität oder Smart Health bringen Kunden zur regelmäßigen Nutzung einer App und binden ihn an die Marke. Smartphones bieten im Zusammenspiel mit iBeacons oder GPS-basierten Diensten die Möglichkeit, Kunden an bisher unbesetzten Orten einen „virtuellen Point of Sales“ bereitzustellen, an dem Location Based Services genutzt werden können. Connected Car spielt für das CRM in der Automobilindustrie eine ganz besondere Rolle: Zum einen wird das Fahrzeug selbst zum permanenten digitalen Touchpoint, den der OEM im Moment des Produkterlebnisses

besonders wirksam für die Kommunikation nutzen kann. Zum anderen eröffnen sich bisher nicht da gewesene Möglichkeiten für die Sammlung von Fahrzeug- und fahr- oder nutzungs-relevanten Daten.

2. Digitalisierung existierender Touchpoints

Der Umgang mit der digitalen Kommunikation ist selbstver-ständlich geworden, nicht nur für die „Digital Natives“. Wer die Kommunikation über die digitalen Kanäle nicht beherrscht, erreicht seinen Kunden nicht mehr. Dies gilt für elektronische Medien wie E-Mail und klassische Webauftritte ebenso wie für Customer Interaction Center und stationäre Retailformate. Auch im Customer Care ziehen Videochat und Nutzung der Social-Media-Plattformen als eine Form des Customer Self-Service ein. Und auch im Händlerbetrieb sowie in der Werkstatt wollen die Kunden digital „bespielt“ werden. In der Folge stellt die Digitali-sierung ganz neue Anforderungen an die Orchestrierung der Kommunikation über die verschiedenen digitalen und nicht- digitalen Kanäle. Die Komplexität des Multi- oder gar Omnikanal-managements wächst im Zuge der Digitalisierung enorm. Darüber hinaus verschwimmt die Grenze zwischen Kommunikation mit bekannten Kunden auf Basis vorhandener Kontaktdaten – CRM im engeren Sinne – und Ansprache von anonymen, nicht identi-fizierten Kunden, also klassische Werbung. Die Auswertung von Device-spezifischen Informationen und Verhaltensweisen des Nutzers eines digitalen Endgeräts, beispielsweise mittels Cookies, erlaubt oftmals eine individuelle und bedarfsgerechte Ansprache auch ohne Kenntnis der Identität des Kunden oder Interessenten. Damit werden die wesentlichen Merkmale von CRM erfüllt, auch ohne Identifizierung des Kunden.

3. Auflösung der vordefinierten Sequenz der Customer Journey

Digitalisierung verändert grundlegend die Art und Weise, in der Kunden eine Kaufentscheidung vorbereiten: Sie nutzen die viel-fältigen Möglichkeiten, sich über Produkte und Services zu informieren, unabhängig von Ort und Zeit. Jederzeit können zusätzliche Details erforscht werden. Die Informationsbeschaffung erfolgt daher häppchenweise und nicht mehr am Stück wie bei einem traditionellen Händlerbesuch. Es wird eine viel größere Anzahl unterschiedlicher Quellen herangezogen, weil die Kosten der Informationsbeschaffung nahezu null sind. Darüber hinaus ist es gängige Praxis, die „Peer Group“ über aktuelle Tätigkeiten mittels sozialer Medien zu informieren und sie an der Entschei-dungsfindung zu beteiligen. Die Kommunikation zwischen dem Automobilhersteller beziehungsweise dem Händler und dem Kunden wird laufend ergänzt durch Kommunikation der Kunden untereinander mit entsprechender Auswirkung auf die Ent scheidungsfindung.

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Touchpoint Hopping erhöht Abstimmungsaufwand

Die Customer Journey eines Kunden ist nicht mehr „linear“, sondern geprägt durch ein schnelles und nur schwer vorher-sehbares „Touchpoint Hopping“.

Mit Blick auf den in der Automobilindustrie üblichen dreistu figen Vertrieb kann ein durchgängiges und einheitliches Kunden-erlebnis nur dann erzeugt werden, wenn alle an der Kundenin-teraktion Beteiligten – Hersteller, Importeur (Wholesaleebene) und Händler/Werkstatt (Retailebene) – reibungslos zusammen-arbeiten. Bisher waren nahezu ausschließlich der Importeur und der Händler im direkten Kundenkontakt: der Importeur im Wesentlichen in den frühen Phasen der Leadgenerierung, der Händler in der anschließenden Verkaufsabwicklung. Und im Aftersalesgeschäft ist bislang nahezu ausschließlich die Werkstatt das Gesicht für den Kunden, im Bedarfsfall unterstützt durch Customer Care Center des Importeurs.

Dieses Zusammenspiel ändert sich durch die Digitalisierung dramatisch: Ein Großteil der Informationsversorgung kann zentral durch den Hersteller erfolgen, weil die digitalen Abruf-kanäle durch das Internet überall auf der Welt zur Verfügung stehen. Hier können bedeutende Skaleneffekte durch die Zentrali-sierung erzielt werden. Über das Connected Car, dessen Vertrags-partner für die mobilen Services rund um das Auto der Hersteller selbst ist – nicht mehr der Importeur oder der einzelne Händler –, kommt der Hersteller erstmals originär in die direkte Kunden-beziehung. Der Abstimmungsaufwand zwischen den einzelnen

Touchpoints erhöht sich in zweifacher Hinsicht: Erstens steigt die Anzahl der Touchpoints und der beteiligten Interakteure auf allen drei Vertriebsebenen. Und zweitens erzeugt das „Touch-point Hopping“ die Notwendigkeit eines wechselseitigen und jederzeitigen Informationsaustauschs über die bereits durchge-führten Interaktionen an vorhergegangenen Touchpoints, um den Kunden auf Augenhöhe im nächsten Schritt bedienen zu können.

„Next Generation Digital“-Kunde

Auch der Kunde selbst verändert sich mit all seinen Erwartungen und Bedürfnissen. Es ist kein Geheimnis mehr, dass der Verkauf von Autos an 18- bis 34-jährige Käufer signifikant zurückgegan-gen ist. Mobilität steht im Vordergrund, das Eigentum an einem Auto ist dagegen nicht mehr wichtig. Hat sich die Automobil-industrie insgesamt schon ausreichend auf diesen Wandel einge-stellt? Und kennt sie diese neue Generation und ihre Bedarfe? Die sogenannten Millennials sind die erste Generation, die mit digitaler Technik aufgewachsen ist. Kommunikation und Aus-tausch mit der Außenwelt über digitale Medien und Endgeräte sind integraler Bestandteil ihres Alltags. Dementsprechend unterscheiden sich auch ihre Erwartungen an die Kommuni-kation. Die Auswahl eines Kanals erfolgt aufgrund individueller Präferenzen oder der jeweiligen Situation. Unabhängig vom Kanal setzen diese Kunden heute voraus, dass sowohl der Inhalt als auch die Darstellung eines Produkts oder einer Marke ohne Brüche mit einer einheitlichen Stimme sprechen. Darüber hinaus wird erwartet, dass eine App oder ein Webportal neben einer

Dealership

E-Mail / Letter

Call Center

Digital Advertising

etc.

Web / App

Configurator

Social Media

Customer Portal

Connected Car

Abb. 1: „Touchpoint Hopping“ in der digitalen Customer Journey

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hohen Performance durch schnelle Reaktionszeit intuitiv bedienbar und nutzbar ist. Kunden möchten keine Zeit darauf verwenden, die Technik zu verstehen. Wenn man bedenkt, dass in dieser Zielgruppe 65 Prozent der Kunden ihre Customer Journey auf einem mobilen Endgerät starten, kann man nach-vollziehen, wie viel der Content und das Storytelling an Bedeutsamkeit gewinnen, die der Nutzer beim Herunterscrollen am mobilen Endgerät sieht. Die ersten zwei bis drei Sekunden des Contents sind entscheidend – sie lassen den Daumen stoppen oder sich weiter - bewegen.

Ausbau der Customer Intelligence

Als dritten wesentlichen Aspekt der Digitalisierung müssen Automobil-hersteller den Blick nach außen auf das Marktgeschehen um sie herum wenden. Die Digitalisierung hat disruptive Veränderungen im Umgang mit Daten hervorgebracht. Unzählige Geschäftsmodelle der digitalen Big Player basieren vollständig auf der Sammlung, Aus- und Verwertung von Daten. Die Customer Intelligence, die das für CRM so grundlegende Wissen um Kunden und ihre Bedürfnisse bereitstellt, liegt nunmehr überwiegend in den Händen anderer. Facebook, Google, Apple und andere sitzen auf einem wahren Schatz an Detailkenntnis über Kunden, die dieses Wissen teils bewusst, teils unbewusst zur Verfügung stellen. Insbesondere die Kombination ganz verschiedener Puzzleteile aus dem Leben eines Kunden bringt wertvolle Erkenntnisse über sein Verhalten und seine Bedarfe. Denn Google & Co. beschränken sich nicht auf einen bestimmten Bereich, beispiels-weise die Automobilität, sondern sammeln und kombinieren alle Spuren, die Kunden hinterlassen – auf welchen Pfaden sie mit ihrem mobilen Device auch immer wandeln. In Kombination mit mächtigen Analysewerkzeugen werden so Segmentierungen möglich, die eine extrem genaue Adressierung erlauben. Da die digitalen „Datensammler“ diese Daten und Erkenntnisse an sich nicht herausgeben, sondern dem Meistbietenden ertrag-reich den Kommunikationskanal zu den Zielgruppen eröffnen, müssen Automobilhersteller diese Kanäle mit nutzen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Und sie sollten nach Möglichkeiten suchen, selbst Daten zu sammeln und bezüglich der Customer Intelligence nicht vollständig in Abhängigkeit zu geraten.

Wenn man sehr abstrakt weiterdenkt und die Geschwindigkeit der Digitalisierung vor Augen hat, verwundert es nicht, dass erste Stimmen aus Google & Co. das Auto lediglich als ein weiteres Mobile Device betrachten. Der Wissensvorsprung im Umgang mit der Digitalisierung und die Kompetenz bezüglich Data Management und Analytics bergen das Risiko, von Non-OEMs wie Google und Apple verdrängt zu werden. Eigene digitale Mobilitätsprodukte bis hin zum autonomen Auto sind bekannt-lich bereits jetzt konkreter als jede Zukunftsvision. Dies zeigt, dass bei Mobilitätsdienstleistungen in Zukunft das Wissen um den Kunden und damit das Erkennen und Befriedigen seiner Bedürfnisse einen mindestens ebenso hohen Stellenwert haben wie die traditionelle Kenkompetenz „Blech und Motor“.

People always on

Communications

Smart Home– 2 –

Connected Society

New Mobility World

Seamless Experience of Digital Touchpoints

„Internet of (Every)Things“

Smart Parking Smart Logistics

Smart Health

Smart City

Smart Energy

Seamless Connectivity

Touchpoint Hopping Data Analytics

Abb. 2: „Next Generation Digital“-Kunde ist always on

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Data Management & Customer Analytics als Herzstück

Wie können sich Automobilhersteller all diesen Herausforde-rungen stellen? Indem sie sich auf die digitale Transformation einlassen und als Chance begreifen! Für die Digitalisierung der Customer Journey bedeutet das zunächst die konsequente Nutzung digitaler Kommunikationskanäle und ihre Orchestrie-rung durch Multi-/Omnikanalmanagement. Des Weiteren bedeutet es die Implementierung ganz neuer digitaler Touch-points und ihrer Einbindung in die Gesamtinteraktionen mit den Kunden. Vor allem aber kommt dem Kundendatenmanage-ment eine zentrale Rolle zu: Da die Anzahl der Touchpoints und die Frequenz der Touchpointbesuche steigen, es aber keine planbare Reihenfolge der Touchpointbesuche mehr gibt und sich außerdem die Anteile der Interaktionen durch die drei Vertriebsstufen OEM, Importeur und Retail stark verschieben, ist für digitales CRM die Sammlung aller Informationen über die Kundeninteraktionen und umgekehrt die Bereitstellung an allen Touchpoints der Schlüssel zum Erfolg. Der digitale Kunde erwartet jederzeit die ubiquitäre Verfügbarkeit von Interaktions-möglichkeiten am Touchpoint seiner Wahl. Er erwartet darüber hinaus, dass sein Gegenüber informiert ist über ihn, seine Bedarfe und insbesondere über die zuvor durchgeführten Schritte seiner Reise, damit der diese „nahtlos“ fortführen kann. Die Unterscheidung zwischen den drei Vertriebsstufen interessiert ihn nicht. Deshalb darf es keinen Bruch in der vom Kunden wahrgenommenen Interaktion geben, wenn de facto ein Wechsel von beispielsweise Retail- auf OEM-Ebene stattfindet, weil der Kunde sich nach dem Händlerbesuch im Webportal weiter informiert oder seine begonnene Konfiguration fortsetzt.

Voraussetzung hierfür ist die Bereitstellung des 360°-Blicks auf den Kunden, jederzeit und an allen Touchpoints. Die zentrale Rolle übernimmt die einheitliche Customer ID, die an allen Touchpoints die Aktionen von bereits bekannten Kunden zu besagtem 360°-Blick verbindet. Denn nur durch die Zusammen-führung aller Aktionen der Kunden entsteht dieses umfassende Bild. Für Aktionen, die anonym auf digitalen Endgeräten erfolgen, können diese (zunächst) über temporäre IDs, zum Beispiel Cookies, gesammelt und zusammengeführt werden. Zum geeigneten Zeitpunkt kann dann über entsprechende Anreize die Identifizierung oder Deanonymisierung des Kunden forciert werden, um auch diese digitalen Spuren dem Gesamtprofil hinzuzufügen.

Für die Umsetzung sind neben technischen Aspekten der Datenzusammenführung (Data Integration Layer) auch organisa-torische und legale Aspekte zu berücksichtigen, weil die Beteilig-ten auf den drei Vertriebsstufen rechtlich selbstständig agierende Einheiten sind und sie nicht ohne Weiteres alle Details über „ihren“ Kunden austauschen dürfen. Hier greifen erweiterte Konzepte für Marketingeinverständniserklärungen. Neben dem Dürfen muss allerdings auch das Wollen für den Kundendaten-austausch bei allen Beteiligten hinreichend adressiert werden: Jedem Interakteur muss der Vorteil durch das Data Sharing bewusst gemacht werden. Erst die Transparenz über den Kunden und seine Bedürfnisse ermöglicht wahres CRM!

Dealership

E-Mail / Letter

Call Center

Digital Advertising

etc.

Web / App

Configurator

Social Media

Customer Portal

Connected Car

AnalyticsBig Data & Prediction

Data ManagementIdentification & Combination

+ External Data

Data Integration Layer

Abb. 3: Data Management & Analytics

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31 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Connected Car – Connected Customer

Daten über Kunden, die dritte Marktakteure in großem Umfang sammeln, sind in Einzelfällen als „externe Daten“ den eigenen Kundendaten hinzuzufügen, um zielgenauere Segmen-tierungen und Kundenansprachen zu ermöglichen. Dies ist allerdings sehr teuer – schließlich beruht das Geschäftsmodell von Google & Co. auf den Einnahmen hieraus. Daher ist für Automobilhersteller die Erweiterung der eigenen Datensamm-lung besonders interessant: Connected Car bietet grundsätzlich die Möglichkeit, fahrzeugspezifische Bedarfe sowie mobilitäts-relevantes Verhalten der Fahrer zu erfassen*.

Zum einen können Unternehmen Meldungen der Steuergeräte – Warnmeldungen, Fehlermeldungen oder auch nur Hinweise auf den nächsten fälligen Service – zum Anlass nehmen, dem Kunden konkrete Angebote für genau diesen Wartungs- oder Reparaturbedarf des Fahrzeugs zukommen zu lassen. Und zwar im zeitlichen und räumlichen Kontext mit dem Entstehen des Bedarfs, am besten direkt auf die On-Board Unit des Fahrzeugs oder die dazugehörige App. Die hohe Qualität der vom Fahr-zeug direkt erzeugten Aftersales Leads überwindet auch die sonst übliche Skepsis der Retailebene in Bezug auf die Qualität der seitens des Herstellers bereitgestellten Leads: Die Ernsthaftig-keit (Richtigkeit) des Bedarfs und die Zeitgerechtheit des Bedarfs sind nicht zu übertreffen. Lediglich am Willen des Kunden müssen Händler und Werkstatt eventuell noch arbeiten …

Zum anderen können aus der ständigen Verbindung mit dem Auto wertvolle Daten über die Situation des Autos – Kilometer-stand, Alter, Geschwindigkeit, Drehzahl, Getriebestellung, Öl-temperatur, Außentemperatur – und über die Position des Autos zum Rückschluss auf Straßenzustand, Höhenmeter, Steigung oder Wetterbedingungen gewonnen werden. Diese Daten können ohne signifikanten Inhaltsverlust auch anonym gesammelt und ausgewertet werden, um Zusammenhänge zwischen Daten und Fahrzeugbedarfen wie Ersatzteilen, Wartungs- oder auch mögliche Reparaturbedarfe zu erkennen. Im Zuge von Predictive Marke-ting können Unternehmen auf dieser Datenbasis fahrzeug-spezifisch passende Angebote unterbreiten. Und im Zuge von Predictive Maintenance können sie Kunden frühzeitig ansprechen, um drohende Ausfälle in der Werkstatt beseitigen zu lassen, bevor die Fahrzeuge auf der Autobahn liegen bleiben. So werden negative Kundenerlebnisse vermieden.

„Next Generation” CRM

Zweifelsohne schafft die Digitalisierung wertvolle Chancen für die Automobilindustrie, um dem Kunden näher zu kommen: Neue digitale Kanäle erschaffen ein vielfältiges Potpourri in der Kundenkommunikation, Kunden sind überall und zu jeder Zeit erreichbar. Allerdings ergibt sich daraus auch das Versprechen, selbst permanent ansprechbar zu sein für die Anfragen des Kunden – und zwar auf dem von ihm gewählten Kanal. Omnikanal management gewinnt an Bedeutung für ein kanal-übergreifendes einheitliches Kundenerlebnis.

Connected Car bietet neue Möglichkeiten, mit dem Kunden in Kontakt zu kommen – und zwar im direkten Kontext mit der Produktnutzung: Die Kundenansprache kann die emotionale Situation des Fahrerlebnisses bewusst mit nutzen. Gleichzeitig entstehen ungeahnte Möglichkeiten für die Erweiterung der Customer Intelligence, indem Fahrzeug und Mobilitätsdaten gesammelt und ausgewertet werden – die Klärung rechtlicher, datenschutzrelevanter und organisatorischer Fragen in Bezug auf Datensammlung und -nutzung vorausgesetzt. Wichtig ist, dass der konkrete Mehrwert sowie die Begeisterung bezüglich der angebotenen Dienstleistung in Summe größer sind als die Ressentiments, die der Kunde haben könnte, während er seine Daten bereitstellt.

Automobilhersteller müssen sich künftig intensiv mit dem Herzen von CRM beschäftigen. Data Management & Analytics avancieren zum Gradmesser für die Fähigkeit eines Unter-nehmens, im digitalen Zeitalter mitspielen zu können.

* Weitere Details zu den Potenzialen von Connected Car für CRM siehe Padberg/Seel: „Kundenbindung im Aftersales“, Detecon Management Report „Special Automotive 2015“, September 2015, Seite 68–71.

AUTOREN

Dr. Jürgen Padbergist Partner im Bereich Automotive und Leiter der Global Practice CRM, Sales & Service. Er begleitet Klienten in ihrer digitalen Transformation, um mithilfe innovativer Technologien neue Wege der Kundenkommunikation und „Customer Experience“ zu gestalten.

Yujin Schmidtist Management Consultant und verfügt über mehrjährige Projekterfahrung in den Branchen Automotive und Tele-kommunikation. Ihre Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich Neue Mobilität und Connected Car sowie bei den Themen Customer Relationship Management, Customer Experience Management und digitale Geschäftsmodelle.

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New Mobility Services

Wende vom Autobauer zum Mobilitätsdienstleister gibt neue Impulse für CRM

Insbesondere für die junge Generation ist der Besitz eines eigenen Autos nicht mehr wichtig. Wohl aber eine komfortable Mobilität. Wenn Automobilhersteller jetzt umdenken, können sie die Chancen neuer Mobilitätskonzepte für das Kundenbeziehungsmanagement nutzen.

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Erwartungen und Ansprüche an die persönliche Mobilität sind im Wandel. Die Ursachen liegen zum einen in den großen Ballungs räumen und Megacitys, deren Infrastrukturen an Grenzen stoßen. Bereits heute äußert sich dies in einer hohen Umwelt-belastung, für den Einzelnen direkt spürbar sind aber vor allem Parkplatzmangel und innerstädtische Staus. Weltmetropolen wie Peking, Paris oder London reagieren darauf mit Maßnahmen wie Umweltplaketten, „Congestion Fees” oder „Ban Days”, die für Autofahrer immer eine Einschränkung bedeuten. Das Gefühl der Bequemlichkeit, mit dem Auto unterwegs sein zu können, schwindet.

Zum anderen nimmt die Wichtigkeit des Autobesitzes, seine Bedeutung als Statussymbol, in den jungen Generationen deutlich ab. Generation Y und Digital Natives brauchen das Auto nicht, um mobil zu sein. Sie suchen komfortable Mobilitäts-konzepte und maximale Flexibilität ohne Verpflichtungen – und greifen deshalb bevorzugt auf neue Mobilitätsangebote wie Carsharing und Transport-Apps für die intermodale Mobilität zurück. Der Wunsch nach Connectivity – sich in Netzwerken organisieren, über das Internet der Dinge verbunden sein – und Convenience – alles immer und überall verfügbar haben, Produkte und Services auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden – verstärkt diesen gesellschaftlichen Trend.

Mobilitätskonzepte auf digitaler Basis schaffen Kundennähe

Keine guten Nachrichten für Automobilhersteller? Weit gefehlt! Zwar titelte das renommierte Magazin Fast Company in diesem Jahr „Millennials Don‘t Care About Owning Cars, And Car Makers Can‘t Figure Out Why”. Doch noch sind Carsharing und intermodale Mobilitätskonzepte als Ergänzung der Urban Mobility zu sehen und keine Kannibalisierung der traditionellen Geschäftssparte der OEMs, des Verkaufs von Fahrzeugen. Bislang sieht nur ein Drittel der Autofahrer Carsharing als voll-ständiges Substitut zum eigenen Auto (Aral 2015: Trends beim Autokauf 2015). Noch ist also Zeit für OEMs, sich selbst auf den Wandel einzulassen und neue Mobilitätskonzepte zu ent-wickeln. Für den klassischen Automobilhersteller bedeutet dies den Mindshift hin zum Mobilitäts- und Servicedienstleister und zur Nutzung der Digitalisierung für den intensiven Kunden-austausch und eine stärkere Kundenbindung. Denn in der Vergangenheit haben sich OEMs fast ausschließlich um die Entwicklung und Herstellung von Autos gekümmert. Heute kommen IT-Unterstützung für Apps, Konnektivität und Backend, Supportprozesse wie Flottenmanagement und -disposition und vor allem – hier liegt die große Chance – das User Interface für die Endkunden mit Fokus auf Apps und Portale sowie Usability und User Experience dazu. Der Kunde auf dem (digitalen) Präsentierteller, wenn man so will.

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Der direkte Zugang zu Kunden schafft viele Ansatzpunkte für die Kundeninteraktion, die für Kunden und Unternehmen einen Mehrwert bieten. Mit einer Mobility Card oder Nutzer-ID könnten Kunden zum Beispiel mit einer ID verschiedene Arten der Mobilität nutzen. So ist vorstellbar, dass über eine Karte oder eine App Carsharingfahrzeuge, Taxis oder Tickets für den Fernverkehr gebucht, genutzt und abgerechnet werden können. Auch für das eigene Auto können Kraftstoffe und Parkgebühren hiermit beglichen werden. Die Total Cost of Mobility werden dem Endkunden transparent in einer Kostenübersicht dar-gestellt. Abhängig vom Mobilitätsbedarf sind gegebenenfalls verschiedene Mobilitätstarife oder Flatrates analog zu Mobil-funktarifen buchbar.

OEMs als Anbieter einer solchen Karte gewinnen Transparenz über das Mobilitätsverhalten ihrer Kunden und können auf dieser Basis maßgeschneiderte Mobilität für bestimmte Kunden-gruppen anbieten. Dies bindet Nutzer langfristig über den reinen Verkauf von Fahrzeugen hinaus. Mobilitätsdaten können weiter-hin genutzt werden, um zielgerichtet neue Services und Mobilitäts-dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten. Der Aufbau von Mobilitätsnetzen mit Vorteilen für die eigenen Kunden hinsichtlich der intermodalen Mobilität würde die Lock-in- Effekte für Kunden weiter erhöhen.

Das Mobile Device ist der neue „Point of Sale“

„Personalized – unique – just for you”, das ist der Weg, den OEMs im Kundenbeziehungsmanagement einschlagen müssen. Produkte, Kundenservice und relevante Marketingkampagnen müssen individuell auf den einzelnen Nutzer zugeschnitten werden. Gleichzeitig wird der Nutzer über die Crowd Intelligence zum Co-Creator und somit Teil des Produkts – er wird in die Produktentwicklung integriert. Viele erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle ziehen ihren Erfolg aus genau dieser Vorgehensweise.

Klassisches CRM legt den Fokus auf die internen Kundenschnitt-stellen und Prozesse. Die Aktivitäten im automobilen CRM kon zentrieren sich noch heute hauptsächlich auf Lead-Generie-rungsmaßnahmen im Salesprozess und begleitende Dialogmarke-tingkampagnen beim Modelllaunch. Ergänzend finden eher halbherzig umgesetzte Saleskampagnen im Aftersales statt, um den Kunden proaktiv an den Servicepartner zu binden. Der tat-sächliche Kundenkontakt findet nicht beim OEM, sondern maximal beim Importeur, meistens jedoch beim Händler statt. Bereits heute müssten aber tatsächlich der Kunde und das Gestalten des Kundenerlebnisses im Mittelpunkt stehen. Und so ziehen die Veränderungen im Mobilitätsverhalten veränderte Anforderungen, aber auch Möglichkeiten für das Kundenbeziehungs- und das Kundenerwartungsmanagement nach sich.

Andere Branchen, deren Digitalisierungsgrad bereits weiter fortgeschritten ist, bieten bereits differenziertere Ansätze, um ein nachhaltiges Kundenerlebnis zu kreieren und die Kunden an sich zu binden. App-basierte Geschäftsmodelle nutzen die Crowd Intelligence intensiv und binden den Kunden als Co-Creator über strukturierte Feedbackkanäle ein. Auf diese Weise kann ein Produkt in schnellen und agilen Entwicklungs-zyklen im Livebetrieb ständig weiterentwickelt werden. Aus der aktiven Mitgestaltung des Kunden an „seinem“ Produkt wächst eine enge Kundenbindung.

Im Kundenservice ergänzen soziale Medien den klassischen Servicekanal. Die Herausforderung für Unternehmen liegt in der schnellen Beantwortung der Anfragen oder Beschwerden. Etwa ein Drittel der Nutzer von Social Media erwartet eine Antwort innerhalb von maximal einer Stunde. Der Nutzen für Unternehmen liegt deshalb darin, schnell und zielgerichtet auf Unzufriedenheit reagieren zu können. Mit intelligenten Network-Mapping-Methoden können hier zusätzlich die Social Influencer identifiziert und kommunikativ entsprechend bear-beitet werden. Dies erhöht die Chance, Meinungsmacher im Netz zu positivem Engagement im Sinne des Unternehmens zu animieren, was zur Verbreitung von positiven Firmenmessages beiträgt.

Das wichtigste Element in der Interaktion mit dem Kunden und für die Schaffung von positiven Kundenerlebnissen ist die direkte Schnittstelle zum Kunden – das User Interface. Um dem Wunsch nach ständiger Konnektivität bei hoher Mobili tät nachzukommen, muss diese Schnittstelle „Mobile First“ designt werden. Das heißt, Kundenanwendungen werden zu-nächst für die Nutzung auf dem Smartphone oder Tablet gestal-tet, erst danach für Laptop oder PC. Daher müssen sich Apps oder Software intuitiv anwenden lassen, eine hohe Performance nachweisen und im ungünstigen Fall, in dem ein Kunde nicht weiterkommt, eine schnelle Problemlösung anbieten. Nur so kann ein einwandfreies Kundenerlebnis geschaffen und darüber eine Bindung zur Marke zu aufgebaut werden. Das Marken-image und positive Kundenerlebnis rund ums Auto werden in die digitale Welt übertragen.

IT und Organisation müssen CRM-tauglich werden

Digitale Geschäftsmodelle zur Mobilität beinhalten für OEMs die Chance des direkten Zugangs zu ihren Kunden und somit zu den Kundendaten. Die Herausforderung besteht nun darin, diese auch prozessieren und verarbeiten zu können. Heute noch ist in vielen Unternehmen die komplette Infrastruktur unzurei-chend, um dies zufriedenstellend abzubilden. Es fehlen beispielsweise integrierte performante Datenbanken, CRM-Systeme sind nur rudimentär vorhanden und nicht auf digitale

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Servicedienstleistungen ausgelegt, die interne Organisations-struktur ist nicht dienstleisterorientiert, die entsprechenden Prozesse fehlen. Performantes Kundendatenmanagement ist aber das Backbone, das neue digitale Mobilitätsdienstleistungen erst ermöglicht und darüber hinaus ein positives Kundenerlebnis wie auch langfristige Kundenzufriedenheit sicherstellt.

„Für Facebook ist das Auto nur ein weiteres Mobile Device.“ (Zitat Christoph Stadeler, Facebook, auf dem Automotive All-stars Event 2015.) Facebook hat erkannt, dass es in der Digitali-sierung der Automobilbranche nicht darum geht, das Auto zu vernetzen, sondern sich als Unternehmen im Sinne des Relation-ship Building mit dem Fahrer zu vernetzen. OEMs müssen hier gleichziehen, um in der Zukunft nicht die Position als reiner Hersteller von austauschbaren „Endgeräten“ einnehmen zu müssen. Dazu müssen die Business Capabilities im Customer Relationship Management sukzessive ausgebaut und vor allem die organisatorischen und IT-technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Nur so kann der Wandel vom Hersteller hin zum Anbieter von (neuer) Mobilität gelingen und die volle Wertschöpfungskette kommerzialisiert werden.

Vorreiter in diesem Bereich sind Ansätze wie moovel, Daimler AG, und Qixxit, Deutsche Bahn AG. Hier werden gezielt Geschäfts-bereiche aufgebaut, die sich intermodalen Mobilitätskonzepten widmen. Noch steckt dieses Geschäftsfeld allerdings in den Kinderschuhen.

AUTOREN

Jörg Recktenwald ist als Managing Consultant im Cluster Automotive tätig. Er berät in- und ausländische Firmen zu Themen der Digitalisierung, schwerpunktmäßig zu neuen Mobilitätskonzepten und digitalen Geschäftsmodellen. Recktenwald hat drei Jahre in Peking gelebt und dort ein B2B-Carsharingkonzept für einen großen deutschen OEM erfolgreich mit aufgebaut.

Yujin Schmidt ist Management Consultant und verfügt über mehr-jährige Projekterfahrung in den Branchen Automotive und Telekommunikation. Ihre Beratungsschwer-punkte liegen im Bereich Neue Mobilität und Connected Car sowie bei den Themen Customer Relationship Management, Customer Experience Management und digitale Geschäftsmodelle.

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Digital Health: Mit smarter Technologie Erkrankungen früher aufspüren

Exzellent integrierte Digital Health vereinfacht das gesundheitsbewusste Leben auf angenehme Weise, sagt Juliane Zielonka. Dieser Vision folgend, unterstützt das Start-up LARAcompanion Frauen und Paare mit ungewollter Kinderlosigkeit durch digitale Programme.

Interview mit Juliane Zielonka, CEO Die Artverwandten GmbH

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DMR: Juliane Zielonka, Sie sind Gründerin und CEO eines Digital Health­Start­ups in Berlin. Was genau ist Ihr Geschäftsfeld?

J. Zielonka: Digital Health steht für die Verbindung von medizi-nischem Wissen mit smarten IT-Lösungen zum Ausbau oder Er-halt menschlicher Gesundheit. Dazu gehören im Lifestylebereich zum Beispiel Fitnesstracker, die zusammen mit der passenden Smartphone-App Aufschluss über das eigene Bewegungsprofil geben, Schlaf und Stimmungslagen messen. Im Bereich der Medizinprodukte ist Monitoring von Körpervitalwerten wie Blutdruck, Herzschlag oder Blutzucker selbstverständlich. Unsere Smartphones begleiten uns im täglichen Leben, ob wir krank oder gesund sind. Früher gab es Ernährungstagebücher, Journale, Krankheitsverlaufsprotokolle. Heute können wir die digital auf-gezeichneten Werte durch intelligente Algorithmen interpretieren und daraus Verhaltensmaßnahmen selbst oder durch einen betreuenden Arzt ableiten. Aus Daten endpunkten werden Datenprozesse. Das daraus resultierende Geschäftsfeld umfasst Beratung und Entwicklung von Software-as-a-Service-Produkten und Services im Gesundheits- und Medizinbereich: interaktive Programme für Web & Mobile, die Nutzer animieren, selbst gesteckte Gesundheitsziele zu erreichen durch Ein gabe, Analyse und Auswertung von Daten.

Als Ausgründung unserer Digital Health Verlags- und Consulting gesellschaft Die Artverwandten haben wir das Start-up LARAcompanion ins Leben gerufen. Wir entwickeln digitale Trainingsprogramme zur Stressbewältigung für Frauen und Paare mit ungewollter Kinderlosigkeit. Stress ist ein signifikanter Faktor, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappen will. Unsere Programme senken den Stress und erhöhen so die Chance auf eine Schwangerschaft. Als wissenschaftlicher Unterbau dienen Maßnahmen zur kognitiven Verhaltensände-rung. Klinische Studien belegen, dass Frauen, die im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung an Entspannungskursen teil-nehmen, eine mehr als doppelt so hohe Chance auf eine Schwangerschaft haben als Frauen, die solche Kurse nicht besuchen. Genau hier setzen wir an und starten die digitale Transformation: Wir nehmen uns dieses hochemotionalen Themas professionell an und entwickeln wissenschaftlich fundierte Trainingspro-gramme zur Entspannung, die diese Paare außerhalb der Arztpraxis nutzen können. Kerngedanke des Programms ist, dass Nutzer im Verlauf der regelmäßigen Anwendung der LARAcompanion Gesundheitsprogramm-Reihe ihre körper-eigenen Fruchtbarkeits- und Stresslevel messen. Mit unserer App lassen sich aussagekräftige Ergebnisse speichern, maßgebliche Fortschritte abbilden und durch den intelligenten Algorithmus naheliegende Empfehlungsmuster erkennen. So kommt das Paar dem Ziel auf einfachem Weg durch smarte Technologie Stück für Stück näher.

DMR: Wie sind Sie auf die Idee für diese Gründung gekommen?

J. Zielonka: LARAcompanion ist die logische Weiterentwick-lung eines Frauengesundheitsportals zum Thema „fruchtbar-keitsgefährdende Erkrankungen bei Frauen“, das wir 2012 gemeinsam mit Ärzten ins Leben gerufen haben. Eigene Unwissen-heit und schlechte Erfahrungen im Umgang mit irrelevanten und widersprüchlichen Internetquellen veranlassten uns damals, eine zentrale Anlaufstelle für alle medizinisch verfügbaren Optionen in Form einer „Informationstherapie“ ins Leben zu rufen. www.uterus-myomatosus.net hat sich seither mit rund 50.000 Zugriffen im Monat bestens etabliert. Das in Kooperation mit Arztfachgesellschaften gelaunchte Frauengesundheitsportal bietet neutrale Informationen zu allen medizinischen Therapie-formen genetischer und hormoneller Fruchtbarkeit gefährdenden Erkrankungen. Über die medizinische Therapieentscheidung hinaus fehlt einem Webportal der zielführende Austausch zum Behandlungserfolg. LARAcompanion geht diesen Schritt weiter. Nach über 100 Interviews mit betroffenen Frauen sind sämtliche Erwartungen und Wünsche identifiziert. Unser Ziel ist es, ungewollt kinderlosen Frauen und Paaren durch interaktive Trainings-programme per Smartphone-App realistische Einschätzungen ihrer Schwangerschaftschancen aufzuzeigen. So können sie zeitnah die nächsten relevanten Schritte unternehmen, während der behandelnde Arzt mit größeren Datenmustern individuelle Behandlungen erstellen kann, um beispielsweise fruchtbarkeits-gefährdenden Erkrankungen schneller auf die Spur zu kommen. LARA steht für Learn, Appreciate, Reach decision and Act (lerne, verstehe, entscheide und handle). Wenn Frauen und Paare durch smarte App-Technologie Wissen anwenden können, ist das ein riesiger Mehrwert. Im Zeitalter der digitalen Vernetzung entstehen aus einem Behandlungserfolg von vielen Nutzern Datenmuster, die mit deren Einverständnis für wissenschaftliche Forschung genutzt werden können. Die Vernetzung smarter IT-Lösungen und die daraus resultierenden Möglichkeiten für bestmöglichen Behandlungserfolg faszinieren mich.

DMR: LARA wird der Beschreibung nach sehr aus der Kunden­ und Anwendersicht heraus entwickelt. Wie genau gehen Sie vor, um die Bedürfnisse der späteren Nutzerinnen und Nutzer bestmöglich zu berücksichtigen und umzusetzen?

J. Zielonka: Wir handeln nach dem Lean-Start-up-Prinzip. Das Prinzip beschreibt eine Unternehmensgründung oder einen Produktlaunch, bei dem mit möglichst wenig Kapital ein erfolgreiches Unternehmen gegründet werden kann. Der Fokus liegt auf Learning by Doing durch das frühzeitige „In-den-Markt-Führen“ des Produkts oder der Dienstleis-tung. Dies steht im Gegensatz zu einer langen Vorabplanung. Du hast eine Hypothese für einen Markt, eine Käufergruppe.

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Nach der weitläufigen Meinung ist der Businessplan das Erste, was jeder Gründer schreiben muss: ein statisches Dokument, das die Größe einer Marktmöglichkeit beschreibt und das Problem skizziert, sowie die monetarisierbare Lösung, die das Start-up zur Verfügung stellt. Typischerweise enthalten ist eine Drei- bis Fünfjahres prognose aller Finanzkennzahlen. Der Businessplan ist gut zum strukturierten Durchdenken aller Geschäftshandlungsfelder. Dafür reichen allerdings auch zehn Seiten. Denn nach dem Businessplan weiß ich immer noch nicht, ob mein Markt den ausgetüftelten Verkaufspreis überhaupt akzeptiert. Diesen Sommer haben wir als erstes Digital-Health-Start-up auf Deutschlands erster Crowd-investingplattform für Medizin-Start-ups „aescuvest“ eine achtwöchige Finanzierungskampagne gestartet. Über die Kampagne haben wir weitere Frauen und Paare mit unerfüll-tem Kinderwunsch gefunden, die uns bei der Produktent-wicklung unterstützen. Bei Lean gehst du mit dem kleinsten möglichen Produkt, dem MVP (Minimum Viable Product), in den Markt und arbeitest iterativ mit dem Nutzerfeedback an deiner Hypothese. Genau an dieser Stelle stehen wir gerade. Wir haben jetzt den ersten Kursplan geschrieben und testen die interaktiven Funktionen auf ihre Anwenderverträglich-keit. Das unmittelbare Feedback von den Usern stellt den nutzerzentrierten Ansatz sicher.

DMR: Wie muss man sich das rein praktisch vorstellen, durch eine App, also eine technische Entwicklung, eine sinnvolle und wirksame Unterstützung bei der Stressbewältigung zu bekommen?

J. Zielonka: So wie bei jedem anderen Web- und Mobile- gestützten Trainingsangebot auch. Es gibt einen Trainingsplan, eine Zielerreichung und Übungen. Dazu kann der persönliche Fortschritt in der App festgehalten werden. Über den Verlauf hinweg können die gesammelten Daten analysiert, interpretiert und Muster erkannt werden.

DMR: Warum kann eine Maschine das in diesem Fall besser als die persönliche menschliche Unterstützung?

J. Zielonka: Es geht nicht um besser oder schlechter, sondern um das Bereitstellen eines Zusatzservice. Empathie ist nach wie vor einer der wichtigsten zwischenmenschlichen Bausteine im Gesundheitswesen. Umso schwieriger ist es für Frauen und Paare, in der kühlen Schulmedizinwelt die entsprechende psycho-soziale Unterstützung zu bekommen. Wir ersetzen keinen Arzt, vielmehr kann die Maschine eine Verbindung zu einem Experten aufbauen, der sonst unentdeckt oder unerreichbar bleiben würde. Wir arbeiten mit ausgebildeten Kinderwunschcoaches zusammen, die über die Software erreicht werden können und für persönliche Fragen zur Verfügung stehen.

Maschinen können hilfreich sein für die gesundheitsrelevante Behandlung. Kognitive Systeme wie Apple’s SIRI oder IBM Watson nutzen unvorstellbar große Datenquellen, um in Sekundenschnelle die passende Information zurückzuspielen. Stellen Sie sich das in der Arzt-Patient-Gesprächssituation vor: Mit einem kognitiven System an der Seite hat der Arzt mehr

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Zeit für einfühlsame Gespräche mit dem Patienten, da er viel schneller relevante Informationen für die Diagnose erhält als durch mühsames Zusammenstellen grob verteilter Informationen auf MRT-Bildern, aus Patientenakten von anderen Fachärzten und weiteren zerstreuten Quellen. An der US-amerikanischen Klinik wird Watson bereits im Bereich der klinischen Studien eingesetzt, was zu einer großen Zeitersparnis in der klinischen Forschung führt. Und wer weiß, wie anfällig wir vielleicht für künstliche Intelligenz sind: In dem Science-Fiction-Film „Her” des US-Regisseurs Spike Jonze verliebt sich ein einsamer Mitt-dreißiger in sein Betriebssystem (gesprochen von der wunderbaren Scarlett Johansson), welches ihm den Alltag erleichtert.

DMR: Welche wegweisenden Innovationen und Errungenschaften sehen Sie im Bereich Digital Health in fünf Jahren?

J. Zielonka: Digital Health ist ein weltweites Thema. Ich sehe fünf Trends:

#1 AI: Kognitive Systeme wie IBM Watson, die Health Care Professionals und vielleicht auch Patienten in der Entschei-dungsfindung unterstützen, indem diese Systeme große Daten-mengen analysieren und mit wissenschaftlichen Studien abgleichen.

#2 Home Diagnostics: Diagnosetools für den Hausgebrauch durch Auslesen von Biomarkern, die innerhalb kürzester Zeit Biofeedback geben durch Speichel, Urin- oder Blutprobe. Im

Bereich Blutbild arbeitet zum Beispiel die US-Firma Theranos an einer Verkürzung der Wartezeit von Laborergebnissen durch eine disruptive Umgestaltung der Laborlogistikkette.

#3 3-D-Printing von Medikamenten, Prothesen, Organen. Pa-tienten können zu Hause selbst Tabletten mit spezifischer Dosis ausdrucken. Transplantationsorgane können durch Zellen via 3-D-Printing im Labor gezüchtet werden. Lange Lieferzeiten und Behandlungswege werden so drastisch verkürzt. Ebenso verkürzt Rapid Prototyping von Medizintechnikgeräten mithilfe der 3-D-Printing-Technologie deren Entwicklungszeit bis zur Markteinführung. Wer die neue Agilität dieser Tools unterneh-merisch klug einsetzt, sichert sich damit einen strategischen Wettbewerbsvorteil.

#4 Precision Medicine oder Präzisionsmedizin: individualisierten Therapien, abgestimmt auf den jeweiligen Patienten durch Genforschung. Weg von der „One Size Fits All“-Medikamenten-verschreibung hin zur gezielten Behandlung auf Basis geneti-scher Merkmale.

#5 Remote Care: Telemonitoring von Risikopatienten durch Health Care Professionals mithilfe von vernezten IT-Lösungen und Sensoren zum Monitoren von Körpervitalwerten. Einsetz-bar beispielsweise durch Apple AirStrip bei Risikoschwangeren oder Menschen, die bereits einen Herzinfarkt hatten. Dies gilt auch für Nanosysteme wie Pillen mit eingebauter Kamera, um innere Organe zu untersuchen.

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DMR: Welchen Vorteil, welchen konkreten Nutzen wird der Pa tient von diesen Entwicklungen haben?

J. Zielonka: Gesteigerte Lebensqualität durch Verstehen und Akzeptanz der Krankheit. Durch leitliniengeprüftes Wissen wird so manchem Dr. Google ein Schnippchen geschlagen. Das Wort Patientensouveränität wird auf einmal greifbar. Der Mensch mit der Krankheit kann dem Arzt auf Augenhöhe begegnen. Er wird zum eigenen Piloten seiner Gesundheit. Da in der Luftfahrt nach wie vor vier Augen mehr sehen als zwei, ist der Arzt der Co-Pilot. Das größere Wissen ermöglicht einen leichteren Umgang mit der Krankheit. Außerdem werden lange Wartezeiten durch Videosprechstunden und chatgestützte Systeme obsolet.

DMR: Wie bewerten Sie die Akzeptanz von digitalen Health­ Applikationen zum gegenwärtigen Zeitpunkt: Stellen Sie durch das vielfältige Angebot an bereits bestehenden Anwendungen eine höhere Sensibilität für das Thema Gesundheit bei den Nutzern fest?

J. Zielonka: Im zweiten Gesundheitsmarkt der Selbstzahler ist zu unterscheiden zwischen den Gesundheitsinteressierten und den Menschen, die mit einer Krankheit leben. Die einen wollen fit bleiben und schmücken ihren aktiven Lebensstil mit Wearables, Sensoren und smarten Textilien, die ihre körperbetonte Lebens-weise auch nach außen symbolisieren. Dann gibt es die Quantified Self-Biohacker, die in „n = 1“-Experimenten ihren eigenen Fragen durch Selbstvermessung auf die Spur kommen und ihre

Erfahrungen in „Show & Tell“-Veranstaltungen, zum Beispiel im Berliner hub:raum Café – hub:raum ist der Inkubator der Deutschen Telekom –, mit anderen teilen. Menschen mit Krank-heiten und auch Menschen, die das Risiko einer Erkrankung in sich tragen und erste Symptome erahnen, haben einen viel privateren Zugang zu Gesundheits-Apps. Hier dienen die Gesundheitsprogramme und Anwendungen eher als Concierge und als Therapiebegleiter, um die richtige Behandlung zur richtigen Zeit anzuwenden.

Datensicherheit ist ein ernst zu nehmendes Thema. Anbieter von seriösen Gesundheits-Apps und -programmen stellen trans-parent dar, wer der Betreiber ist, was mit den Daten passiert und vor allem: wem sie gehören. Die digitale Transformation ist nicht aufzuhalten, auch nicht in einem sehr widerspenstigen System wie in Deutschland. Laut einer repräsentativen Umfrage einer großen Krankenkasse möchte jeder Zweite (52 Prozent) mit einem Arzt über das Internet in Kontakt treten. Wünsche wie das digitale Rezept (81 Prozent), Onlineterminvereinbarung (98 Prozent) stehen ebenfalls ganz weit vorn. 68 Prozent wollen genau das, was ich oben beschreibe: selbst zu Hause ermittelte Körpervitalwerte regelmäßig online an den Arzt weiter leiten. Befunde vom Arzt online erhalten wollen 60 Prozent der Befragten.

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DMR: Kann Digital Health uns aus Ihrer Sicht insgesamt lang­fristig gesünder machen?

J. Zielonka: Digital Health ist als Metapher zu sehen für den Menschen im Zentrum des digitalen Gesundheitssystems: von Technik unterstützt in seinen Entscheidungsprozessen und in seinem Handeln. Dieser „Mensch-im-Mittelpunkt“-Ansatz ist neu für unsere aktuell bestehenden Gesundheitssysteme weltweit und verlangt demzufolge ein neues Denken der Geschäftsmodelle und -beziehungen von „Patient, Provider, Payer“. Wer von den drei genannten den entscheidenden Schritt zur Digitalisierung unternimmt, ist die große Frage. Dient der Mensch der Technik, haben wir das Worst-Case-Szenario einer dystopischen Gesell-schaft, wie uns Filme à la „Terminator” oder „Krieg der Welten” veranschaulichen. Dort herrschen Maschinen über die Mensch-heit. Bei manchen Smartphone-Nutzern bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob das nicht schon längst der Fall ist … Ein kluger Umgang mit den Chancen und Möglichkeiten der rasanten technischen Entwicklungen kann zu einer angenehmen Lebens-gestaltung führen. Hier verschmelzen Internet of Things (IoT) und Digital Health. Wenn Krankheit erst gar nicht entsteht, sondern frühzeitig präventiv gehandelt oder diagnostiziert wird, ist das in meinen Augen eine Errungenschaft, von der wir in unseren Gesellschaften alle profitieren. In Hamburg ist Digital Health im Rahmen eines Pilotprojekts für Tinnituspatienten bereits möglich. Eine deutsche Krankenkasse lässt HNO-Ärzte Akustiktherapien per App verschreiben. Digital-Health-Produkte und -Services können bei regelmäßiger Anwendung die

Lebensqualität verbessern. Wie in allen Lebenslagen macht auch hier die Dosis das Gift. Die Motivation muss aus einem selbst herauskommen, ein Verantwortungsentzug ist nicht im Sinne des Erfinders. Verhaltensmuster können auf gespürt und aus dem Unbewussten in das sichtbare Bewusstsein geholt werden. Das gesundheitsbewusste Leben angenehm zu vereinfachen, statt durch Piepsen der technischen Helfer auf etwas zu reagieren, das ist für mich exzellent integrierte Digital Health.

DMR: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Andreas Penkert, Managing Consultant, Detecon International GmbH.

KURZPROFIL

Juliane Zielonka ist CEO der Artverwandten GmbH Verlags- und Consultinggesellschaft für Digital Health. Ihre Ausgründung LARAcompanion steht für ein auf digitale Trainingsprogramme zur Ent-spannung spezialisiertes Start-up für Frauen und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, die ohne Stress schwanger werden wollen.

www.die-artverwandten.comwww.laracompanion.com

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42 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Imperativ für Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität

Begeisternde Kundenerlebnisse in der digitalen Welt sind heute der Schlüsselfaktor für Differenzierung im Wettbewerb. Ein klares digitales Zielbild sowie Verständnis für die Kundenbedürfnisse, individuelle Angebote und persönliche Betreuung ebnen den Weg zur Digital Customer Excellence.

Digital Customer Excellence

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Die Digitalisierung eröffnet Unternehmen neue Wettbewerbs-vorteile: Nach innen lassen sich Prozesse effizienter gestalten, nach außen werden neue Geschäftsmodelle aufgebaut (digitale Transformation). Unternehmen müssen digitalisierte Kontakt-punkte zum Kunden etablieren. Die Zeit dafür drängt, denn der Kunde agiert bereits digital. Er entwickelt sich vom klassischen Verbraucher, dem Konsumenten, zum Verbraucher und gleich-zeitigen Produzenten, dem sogenannten Prosumenten1. Dieser Prozess setzt sich fort: „Metaprosumenten“ sind permanent miteinander vernetzt und erstellen digitale Informationen, deren Quantität die kommerziellen Inhalte im Netz deutlich übersteigen kann. Zu den maßgeblichen Treibern dieser Entwicklung zählen die Omnipräsenz von Konnektivität, die Funktionsvielfalt mobiler Endgeräte und die Vernetzung „intelligenter“ Gegenstände.

Digitalisierung von Kontaktpunkten heißt: Kundenbrille aufsetzen!

Viele Unternehmen haben die Digitalisierung von Kontakt-punkten mit Kunden auf der Agenda, einige können bereits Erfolge bei der Implementierung einzelner digitaler Kontakt-punkte vorweisen. Die Realisierung der digitalen Agenda setzt sich allerdings oft aus vielen kleineren Transformationsprojekten zusammen, bei denen der Blick für ein ganzheitliches Bild fehlt. Im Fokus ist häufig die Backoffice-Organisation, wobei viel Geld für Software ausgegeben wird, mit enormen Anforderungen an die IT.2 Fehlt die Koordination von Aktivitäten verschiedener Unternehmensbereiche im Rahmen einer klaren digitalen Strategie, entsteht eine Landschaft aus nicht aufeinander abgestimmten Prozessen, Plattformen, Self-Services und Apps. Dies vermittelt dem Kunden ein unklares Gesamtbild, das nicht im Einklang mit seinen Erwartungen steht und ihn häufig mit Fragezeichen zurücklässt. Darüber hinaus fokussieren Unternehmen mit der Etablierung digitaler Kontaktpunkte heute vor allem Einsparungen. Die Integration von Self-Services in den Kundenservice zielt beispielsweise in erster Linie auf Kontaktverlagerungen und Kostenreduzierungen ab.3 Eine kundenzentrische Sicht bleibt auf der Strecke. Keine gute Ausgangsbasis, wenn man bedenkt, dass Kunden heute Betreuung und eine konsistente Bearbeitung ihrer Anliegen kontaktpunkt- und kanalübergreifend erwarten.

Umfassendes Wissen über Kundenbedürfnisse und -wünsche vorausgesetzt, ist die systematische Gestaltung digitaler Kunden-beziehungen – hierzu zählen digitale Kundenerlebnisse sowie die nahtlose Integration digitaler Unternehmensfähigkeiten in die Offlinewelt der Geschäfte, Showrooms oder Servicepoints – der Schlüsselfaktor für die Differenzierung gegenüber dem

Wettbewerb sowie für eine hohe Kundenzufriedenheit und -loya-lisierung. Können Unternehmen dauerhaft digitale Kunden-erwartungen erfüllen oder gar übererfüllen, erreichen sie Digital Customer Excellence. Die Sicht des Kunden einzunehmen bildet das Fundament für ein tief gehendes Verständnis des Kunden. Als strategischer Bezugsrahmen für die Analyse, Strukturierung und Optimierung der Kundenerfahrungen bietet sich das Konzept der digitalen Kundenreise („Customer Journey“) an. Diese lässt sich in drei zentrale Phasen gliedern: Informieren, Entscheiden und Nutzen.

Kunde findet Unternehmen – im Netz

Die Digitalisierung macht aus Information suchenden und empfangenden Konsumenten auch Informationserzeuger. Nicht mehr nur die Unternehmen selbst stellen Konsumenten Informationen bei der Produktsuche zur Verfügung. Vielmehr findet zusätzlich ein intensiver Austausch der Konsumenten untereinander statt, der durch die digitale Vernetzung angetrieben ist. Neben der rein positiven traditionellen Werbung für Unter-nehmen, Produkte und Dienstleistungen sind vermehrt auch negative Informationen verfügbar. Im Rahmen der Informations-suche hat also eine Machtverschiebung hin zum Konsumenten stattgefunden, da Konsumenten heute deutlich bessere Möglich-keiten der Information und Bewertung vorfinden.

„Konsumenten suchen 75 % der Informationen vor einer Kaufentscheidung in digitalen Kanälen.“ 4

Unternehmen müssen deshalb dort aktiv werden, wo diese Informationen entstehen und Meinungen gebildet werden: im Netz. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die eigenen Produkte in den digitalen Kanälen optimal positioniert sind und potenzielle Kunden finden, wonach sie suchen. Hierzu empfiehlt sich die Nutzung eines breiten Spektrums digitaler Marketingaktivitäten wie Search Engine Optimization (SEO), Content Marketing, Social Media Sites oder der Einsatz von Videoplattformen. Akzente bei der Informationsvermittlung können durch die Verwendung innovativer digitaler Methoden wie der Einbindung von Links in TV-Spots, beispielsweise über die Tonerkennung von Shazam, gesetzt werden. Unternehmen können Kunden auf diese Weise vom Smartphone aus direkt auf ihre Homepage leiten, wo idealerweise weitere Informationen

1Vgl. Toffler, The Third Wave, 1980. 2 Vgl. Roos, S./Friedrich, O.: Kunden lieben es einfach! Eine durchdachte Omnikanalarchitektur ist das Fundament für erfolgreiche Customer Journeys, DMR Impulse, 2015. 3 Vgl. Penkert, A./Eberwein, P./Salma, V./Krpanic, S.: Customer Self-Services – Effizienz und Kundenbindung im Zeitalter der digitalen Transformation, Detecon-Studie 2014, S. 20.4Vgl. Ovum: Social Media Trends in Telecoms, 2014, S. 17.

informieren

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und inspirierende Inhalte zu finden sind. Die Vielfältigkeit der Kanäle, Kommunikationsmedien und Informationsplattformen wie Preisvergleiche und Bewertungsportale machen es absolut notwendig, dass die vom Unternehmen beeinflussbaren Infor-mationen eine eindeutige Nachricht, zum Beispiel „Best-in-Class-Service“, Preisführerschaft, beste Qualität, fokussieren. Nur durch eine konsistente Informationsvermittlung in allen Kanälen – einschließlich der Offlinekanäle – können Unternehmen ein klares Bild vor Konsumenten erzeugen.

Individualität und Transparenz in der digitalen Welt stärken das Unternehmensangebot

In der Entscheidungsphase erwarten Kunden klare Angebote, Simplizität, Transparenz und Effizienz in der Abwicklung von Entscheidungs-, Kauf- und Lieferprozessen. Für Unternehmen ist es deshalb nicht ausreichend, die Hygienefaktoren hinsichtlich einfacher Verkaufsprozesse zu erfüllen, um beispielsweise beim Kauf in Onlineshops Frustration zu verhindern. Vielmehr ist es notwendig, alle digitalen Prozesse in dieser wichtigen Phase aufeinander abzustimmen und hinsichtlich Nutzerfreundlich-keit zu analysieren, zu bewerten und zu optimieren. Personali-sierte, individuell zugeschnittene Zusatzangebote und Services schaffen während des Entscheidungsprozesses einen Mehrwert für die Konsumenten und einen zusätzlichen Anreiz zum Kauf. Vorgeschlagene Produkte und Services sollten zu den individu-ellen Gegebenheiten des Kunden, etwa Nutzungshistorie, und seinem aktuellen Kontext, zum Beispiel Standort, oder seiner aktuellen Aktivität passen. Damit diese Vorschläge auch im richtigen Moment adressiert werden, bietet sich der Einsatz von Echtzeitentscheidungssystemen an, die diese individuellen Kriterien berücksichtigen. Und auch das Feedback des Kunden ist wertvoll, um neue Erkenntnisse über den Kunden zu gewinnen. Diese Erkenntnisse sind in die Analyse einzuarbeiten und bei der Optimierung zukünftiger Vorschläge zu berücksichtigen. Mit den richtigen, kanalübergreifenden Vorschlägen können Unternehmen nahtlose Kundenerlebnisse erzeugen.

„32,7 Mrd. Euro Umsatz haben die 1.000 umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland im abgeschlossenen Ge­schäftsjahr 2014 erwirtschaftet – seit 2008 eine Verdopplung des Umsatzes.“ 5

Persönliche Betreuung, Einfachheit und Erreichbarkeit in digitalen Kanälen erhöhen Kundenloyalität

In der Phase der Nutzung entsteht die Kontaktaufnahme von Kunden zu Unternehmen in der Regel bei Serviceanliegen, Problemen oder sonstigen Fragen. Kunden wechseln hierzu in die digitalen Medien. Und sie erwarten, dass Serviceanliegen dort gelöst werden. Die digitalen Kanäle umfassen öffentliche Foren, Blogs und soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter, in denen Konsumenten und Unternehmen Informationen bereitstellen und Anfragen beantworten. Das Spektrum reicht von Self-Services, zum Beispiel Hilfevideos, bis hin zu E-Mails, die von Kunden direkt an Unternehmen gerichtet und von diesen beantwortet werden.

„Im Durchschnitt nutzen Kunden bis zu sechs verschiedene Kanäle, um Unternehmen zu verschiedenen Kundenservicefragen, Problemen oder Beschwerden zu kontak­tieren. Diese reichen von Social Media über die Unternehmenswebsite bis hin zur E­Mail.“ 6

Kunden nutzen digitale Kanäle, weil sie in ihren Alltag integ-riert, ständig verfügbar und schnell zugänglich sind. Darüber hinaus legen Kunden Wert darauf, dass sie ihre eigenen Daten verwalten können sowie endgeräte- und applikationsüber-greifend direkten Zugang zu Vertrags-, Rechnungsdaten, Kunden-programmen oder Statusinformationen bekommen. Die Simpli-zität, diese Daten zu verwalten, einen passgenauen, aktuellen Informationsstand zum eigenen Status oder zu Störungsbehe-bungen zu erhalten und proaktiv über Störungen informiert zu werden, ist entscheidend für die positive Kundenbewertung.

Die Herausforderung für Unternehmen liegt heute darin, den Wandel zu vollziehen von digitalen Services, die lediglich auf Kosteneinsparung ausgerichtet sind, hin zu digitalen Kunden-erlebnissen. Kunden mit positiven Erfahrungen während der Nutzung können durch gezielte Loyalitätsmaßnahmen als Fürsprecher gewonnen werden. Auch bei Loyalitätspro-grammen erwarten Kunden den Einsatz von endgeräteüber-greifenden Lösungen, um Bonuspunkte zu sammeln oder

5Vgl. EHI Retail Institute e.V. und Statista GmbH, 2015, S. 12.6Vgl. https://callcenter-verband.de/home/news/neue-nice-studie-mediennutzungsverhalten-im-kundenservice-2015

entscheiden

nutzen

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kontextabhängige Gegenleistungen wie besondere Produkt-angebote oder Mehrwertdienste zu erhalten. Digitale Applika-tionen, über die sich das Kundenverhalten analysieren lässt, schaffen die Basis für die Identifizierung von speziellen Kunden-bedürfnissen oder Loyalisierungshebeln sowie Kundensegmen-tierung und Reportauswertungen. Beim aktiven Kunden-management der Programmteilnehmer können dann gezielt Belohnungen, maßgeschneiderte Dienste und Aktionen adressiert werden, welche die Partizipation des Kunden („Customer Enga-gement“) fördern und Abwanderung reduzieren. Gleichzeitig bietet sich für die nahtlose Integration digitaler Loyalisierungs-maßnahmen in die Offlinewelt der Einsatz von Location-Based-Services an, über die Kundenstandorte identifiziert werden können und Kunden in Echtzeit Shops in seiner Nähe vorge-schlagen werden. Durch Bonuspunkte können Nutzer für „Check-ins“ im Shop incentiviert und deanonymisiert werden.

Digitales Zielbild sichert erfolgreiche Customer Journey

Veränderungen in den Kundenerwartungen bringen Chancen mit sich, die Unternehmen für sich nutzen können. Digital Customer Excellence wird sich in der Folge als Imperativ für Kundenzufriedenheit und -loyalisierung etablieren. Um sich durch ein begeisterndes Kundenerlebnis substanziell in der digi-talen Welt vom Wettbewerb zu differenzieren, ist es notwendig, digitale Kanäle nicht nur zur Kostenreduktion einzusetzen. Vielmehr gilt es bei allen Entscheidungen und Aktivitäten, die Kundensicht einzunehmen und den Kundenmehrwert im Blick zu halten. Daraus muss ein klares digitales Zielbild resultieren, welches über alle Phasen auf die digitalen Kundenbedürfnisse ausgerichtet ist und digitale Fähigkeiten in die Offlinekanäle eingliedert.

Um die Maßnahmen auf dem Weg zur Digital Customer Excel-lence effizient zu implementieren, ist es trotz der Schnelligkeit, mit der Kanäle und Medien aufgebaut werden sollten, notwendig, Entscheidungen bereichsübergreifend abzustimmen und zu beschließen. Dies dient der Sicherstellung der Konsistenz der Maßnahmen über alle Kanäle hinweg, erleichtert die Vernetzung relevanter Daten, beispielsweise die Bereitstellung von Kunden-informationen, und verhindert so „Wildwuchs“ von Apps oder digitalen Plattformen. Den Weg zur Digital Customer Excel-lence dürfen Unternehmen nicht nur als ein weiteres Projekt auf der digitalen Agenda betrachten. Neue unternehmerische Fähigkeiten in den digitalen Kanälen müssen aufgebaut und die Art und Weise, in der Unternehmen digital agieren, muss kundenzentrisch ausgerichtet werden.

AUTOREN

Jens Zimmermann ist Senior Consultant mit mehrjähriger Projekt-erfahrung in CRM, Vertrieb und Kommunikation. Der Schwerpunkt seiner Beratungstätigkeit liegt in den Themenfeldern Kundenservice, Vertriebs-steuerung, Loyalitätsmanagement und Digital Customer Experience.

Jan Grineisen ist Senior Consultant im Beratungsbereich Deutsche Telekom. Der Schwerpunkt seiner Beratung liegt auf der Entwicklung von Commercial Strategies im Endkundensegment mit dem Fokus auf Customer Experience. Er verfügt zudem über tief gehende Beratungserfahrung in der Entwicklung von Omni-channel-Geschäftsmodellen und -Vertriebsstrategien.

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DMR: Der Slogan von Sixtyone Business lautet: „Ihre Kunden leben. Wir kümmern uns um den Rest.“ Können Sie kurz erläutern, wie Sie mit Sixtyone Business diesen Slogan mit Leben füllen?

A. Tymann: Wir geben Unternehmen die Möglichkeit, ohne zusätzlichen Personal- oder Prozessaufwand ihren Service innovativ zu erweitern und ihren Kunden das wertvollste Gut zu schenken: Zeit. Durch eine (White Label) App bekommen deren Kunden Zugang zu mobilen persönlichen Assistenten, die ihnen unliebsame Aufgaben des Alltags abnehmen. Diese bündeln die vielen am Markt befindlichen Angebote und suchen die für den Nutzer passendste Lösung, was durch eine clevere Softwarelösung unterstützt wird. Das Charmante ist, dass Nutzer nur mit einer Person sprechen und nicht mehr selbst suchen, recherchieren, koordinieren oder organisieren müssen. Statt vieler einzelner Apps oder langer Suchzeiten kann der Nutzer uns die Aufgaben mitteilen. Wir kümmern uns um die Lösung, während unsere Kunden entspannen oder anderen Dingen nachgehen.

DMR: Die Realisierung perfekter Kundenerlebnisse zur Schaffung einer intrinsisch motivierten Kundenbeziehung haben sich viele

Unternehmen auf die Fahne geschrieben. Was hat der digitale Assistent mit Retention Management zu tun? Wie können Sie Unternehmen helfen, ihre Beziehung zu Endkunden zu intensivieren?

A. Tymann: Kunden wechseln viermal häufiger zum Wett-bewerb, wenn sie mit dem Service unzufrieden sind. Also nicht aufgrund des Preises oder des Produkts. Darüber hinaus erinnern sich Kunden länger an den Service als an den Preis eines Produkts oder an eine Dienstleistung. Wissen Sie beispielsweise noch, wie teuer das Hotel war, in dem Sie zuletzt übernachtet haben? Wahrscheinlich nicht. Aber an den netten Mitarbeiter an der Rezeption, der Ihnen gute Tipps für die Erkundung der Um-gebung gegeben hat, vielleicht schon? Genau das macht den Aufenthalt erst zum Erlebnis.

Mithilfe unserer Lösung lässt sich der entscheidende Extra-service nun ebenfalls in anderen Bereichen anbieten, ohne dass die Unternehmen dafür großen Aufwand betreiben müssen. Kunden bekommen zu einem Produkt – sei es ein Auto, eine Reisetasche oder eine Versicherung – einen persönlichen Service dazu, der ihnen lästige Aufgaben abnimmt. Das ist eine innovative Art, Kunden wirklich zu begeistern und dadurch zu binden.

Digitaler Kundenservice als Mission

Zeitmangel im privaten Alltag und Frust mit unliebsamen Erledigungen waren Auslöser der Idee, einen mobilen Assistenzservice zu schaffen. Mittlerweile ist das Start-up Sixtyone Business in der gesamten DACH-Region unterwegs. Geschäftsführerin Alexandra Tymann erklärt das Kundenerlebnis.

Interview mit Alexandra Tymann, CFO Sixtyone Business

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A. TymannSeit Sommer 2015 verstärkt Alexandra Tymann die Ge-schäftsführung der Sixtyone Minutes GmbH, die im Juli 2014 von Monique Hoell und Michael Gnamm in Berlin gegründet wurde. Zuvor hat sie fünf Jahre Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Finanzen und Con-trolling einer namhaften Beratung gesammelt. Aufgrund intensiver Arbeitswochen und vieler Geschäftsreisen hat sie sich einen Service wie den von Sixtyone selbst gewünscht. Da es keine zuverlässige Alternative zu teuren Concierge-services gab, beschloss sie, zu kündigen und die Lösung selbst zu entwickeln. Kurz darauf lernte sie das ambitio-nierte Sixtyone Minutes Team kennen und folgte dem Vorschlag, von Frankfurt am Main nach Berlin zu ziehen und mit Sixtyone die Businesslösung zu etablieren.

KURZPROFIL

Sixtyone BusinessSixtyone Minutes wurde als erster mobiler Assistenzservice in Deutschland gegründet (www.sixtyoneminutes.de) und bietet Nut-zern über eine App Zugang zu persönlichen Assistenten. Diese erledigen Aufgaben, die im Beruf, im Familienleben oder in der Freizeit wertvolle Zeit rauben, mit großer Sorgfalt, beispielsweise Vertragskündigungen, Reiseplanungen, Tischreservierungen, Arzt-termine oder Aufgaben im Haushalt – und viele mehr. Mit ihrer innovativen Businesslösung (www.sixtyonebusiness.de) können nun auch Unternehmen aufgrund der von Sixtyone entwickelten Software den Service ihren Kunden und/oder Mitarbeitern im eigenen Branding zur Verfügung stellen.

Detecon coachte das Start-up Sixtyone Business in Vorberei-tung auf die Live-Pitches um das Detecon ProBono-Projekt im Rahmen der „Langen Nacht der Start-ups“ in Berlin und unter-stützte die Gründer im Salesbereich.

DMR: „Ich vertraue lieber meiner langjährigen Assistentin, die meine Vorlieben genau kennt und zum Beispiel weiß, dass ich im Flugzeug lieber am Gang als am Fenster sitze.“ Wie begegnen Sie solchen Aussagen? Wie kann eine digitale Lösung Vertrauen schaffen?

A. Tymann: Auch bei uns sitzen „echte Menschen“, die die Auf-gaben bearbeiten – nur eben mobil. Nutzer haben also auch bei uns die Möglichkeit, ihre Vorlieben mitzuteilen, die selbstver-ständlich bei späteren Aufgaben ebenfalls berücksichtigt werden. Die mobile Lösung ermöglicht es, den Service jedem zugänglich zu machen. So können Unternehmen Mehrwerte verschenken, die sie in dieser Form bisher nicht hätten anbieten können.

DMR: Ohne digitale Transformation würde es Ihre Idee des digitalen Assistenten gar nicht geben. Wie betreiben Sie selbst Kundenmanagement?

A. Tymann: Durch eine speziell für unsere Anforderungen entwickelte Software und mit jeder uns gestellten Aufgabe sind wir in der Lage, noch schneller Kundenwünsche und -ansprüche individuell zu berücksichtigen sowie frühzeitig Bedürfnisse und Trends zu erkennen. Neben der technischen Entwicklung, die jeden Tag weiter voranschreitet, arbeiten wir mit unseren Assistenten regelmäßig in Workshops zusammen, um das Gelernte direkt anzuwenden, weiterzuentwickeln und in die Softwareentwicklung einfließen zu lassen.

Ferner legen wir Wert auf eine übersichtliche App, in der nach Aufgaben geclustert werden kann, statt auf einen einzigen Feed wie beispielsweise bei SMS oder WhatsApp. Und natürlich ist uns die Datensicherheit sehr wichtig, weshalb wir uns für ein deutsches Rechenzentrum mit den hier geltenden Datensicher-heitsbestimmungen entschieden haben. Seit August hosten wir bei T-Systems in München und arbeiten auch sonst aktuell sehr eng mit der Telekom zusammen.

Das Interview führte Jens Zimmermann, Senior Consultant, Detecon International GmbH.

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Erfolgsfaktor für die emotionale Loyalisierung

Customer Experience schafft Differenzierung im Wettbewerb. Eine prozessübergreifende Messung zeigt Ansatzpunkte für die Verbesserung des Kundenerlebnisses und damit die Sicherung der emotionalen Loyalität.

Messung der Customer Experience

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Für die Steuerung der Customer Experience bieten traditionelle Zufriedenheitsmessungen kein hinreichendes Instrumentarium. Unternehmen benötigen neue Methoden und Fähigkeiten, um die Verbesserung des Kundenerlebnisses zielführend zu gestalten und zu begleiten. Wichtig ist es, die konsequente Bewertung der Kundenperspektive über interne Kategorisierungen zu stellen, gleichzeitig aber einen ausreichenden Geschäftsbezug herzustellen. Erst dann sind Ansatzpunkte für Veränderungen klar zu adressieren.

Über die Kundenzufriedenheitsmessung wird ermittelt, wie sehr der Kunde einem Unternehmen, einem Produkt, der Qualität einer Interaktion oder dem Resultat einer Transaktion zugetan ist. Ergänzend erfragt man seine Bereitschaft zur Weiterempfeh-lung, um so nicht nur Indikationen zu seiner Zufriedenheit, sondern auch zu seiner vermeintlichen Loyalität zu erhalten.

Unternehmen verfügen mittlerweile über mehr oder minder komplexe Kundenbefragungssysteme, welche die Qualität der Kundenbeziehung auf dem Weg zur Kundenbindung entlang der vermuteten oder der klar identifizierten Qualitätstreiber messen. Solche Systeme bilden eine wichtige Grundlage, um in einem Unternehmen den Reifegrad der Kundenorientierung weiter voranzubringen. So ist es auch nicht weiter verwunder-lich, dass eine große Zahl von Unternehmen ihre CRM- Anstrengungen als erfolgreich bezeichnet und einen positiven Trend bei den Zufriedenheitsindikatoren vermeldet.

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die intensiv umkämpften Kunden durchaus gerne in den Nachbargarten blicken. Die heutige Transparenz bringt es mit sich, dass sich das Gras jenseits des Zauns als grüner denn je präsentiert. In Anbetracht der Reizüberflutung ist die Loyalität des Kunden eine fragile Größe, deren Bemessung nur eine kurzfristige

Momentaufnahme sein kann. Dies bestätigen die konstanten Abwanderungstendenzen und der deutlich geringere Bindungs-wille der Kunden.

Customer Experience Management schafft Differenzierung

Customer Experience Management (CEM) liefert hier einen Perspektivenwechsel. CEM verfolgt das Ziel, positive Kunden-erfahrungen zu schaffen und darüber eine emotionale Bindung aufzubauen, welche loyale Kunden und vor allem begeisterte Botschafter entwickelt. Weiterhin ist CEM Treiber eines Para-digmenwechsels im Kundenmanagement. Heute steuert der Kunde das Wann, das Wo und das Wie seiner Interaktionen mit dem Unternehmen. Unternehmen müssen deshalb bestrebt sein, dem Kunden einen differenzierenden Mehrwert und ein sich weiterentwickelndes Erlebnis zu bieten. Entsprechend ist das CEM als ein Closed-Loop-Mechanismus zu gestalten, der mittels der gewonnenen Erkenntnisse die Ende-zu-Ende- Prozesse so anpasst, dass ebendieser differenzierende Mehrwert für den Kunden geschaffen werden kann.

Eine überzeugende Customer Experience (CEX) ist ein zentraler Differenzierungsfaktor im Wettbewerb. Unternehmen, die sich mit einer durchgängig überzeugenden CEX vom Wettbewerb abheben, können diese Positionierung in der Regel dauerhaft sicherstellen. Denn sie schaffen eine emotionale Loyalisierung und optimieren damit ihre Kosten- sowie Ertragssicht. Um das effizient zu tun, muss eine gezielte Messung der CEX den Status und die Entwicklung des Kundenerlebnisses absichern. Im Hinblick auf die der Erfolgsmessung der Bestrebungen zur kundenorientierten Ausrichtung bedeutet dies, dass die Unternehmen ihre Kundenbefragungssysteme weiterentwickeln und dabei auf die wesentlichen geplanten Einsatzgebiete zuschneiden müssen.

Konsequente Einnahme der Kundenperspektive

Klare Kausalität zum Geschäftsbezug

Zeitliche Relevanz/Reaktionsfähigkeit

Repräsentativität der Messgrößen

Komplexität/Vielschichtigkeit von CEX

Nutzung in Reporting/Steuerung

Integration in Zielsysteme

in Bezug auf

Herausforderung für die Messung der CEX

Abbildung 1

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Prozessübergreifende CEX-Messung deckt Potenziale auf

Dabei sind je nach Einsatzgebiet der CEX-Messung auch die Anforderungen auszugestalten und zu gewichten. Neben den regulären Anforderungen ist erfahrungsgemäß die Möglichkeit wichtig, dass auch Pilotversuche über die Standardmessung beurteilt werden können, verbunden mit der Fähigkeit, Messer-gebnisse in einem Feedbackloop zu validieren beziehungsweise diese noch weiter zu vertiefen. Wichtig ist vor allem eine prozess-übergreifende CEX-Messung. Eine traditionelle, kontaktorien-tierte Zufriedenheitsmessung greift zu kurz und erzeugt teilweise Fehlsteuerungseffekte durch Optimierung im (Kanal-)Silo anstelle einer Verbesserung des übergreifenden Kundenerlebnisses. Welchen Nutzen und welche Relevanz eine solche prozessüber-greifende Messung haben kann, zeigt beispielsweise das vom Konzernvorstand der Deutschen Telekom angestoßene Customer- Experience-Projekt „K1-Kunde zuerst!“, welches wir begleitet haben. Neben dem Identifizieren, Aufsetzen und Überwachen von priorisierten Maßnahmen zur Verbesserung des Kunden-erlebnisses bestand eines der zentralen Ziele darin, neue und stabile Messlogiken für die CEX-Messung zu etablieren.

Die Erfahrungen im Projekt haben klar gezeigt, dass Zufrieden-heitsindikatoren wertvolle Erkenntnisse zu den jeweils betrach-teten Aspekten liefern. Sie offenbaren aber auch, dass sie insbesondere bei komplexen Kundenprozessen ein lückenhaftes

Abbildung 2

Bild zeichnen. Speziell die bis dahin stark fokussierte Messung der Kontaktqualität über ACCI (After Call Customer Interview) hat ein durchaus positives Bild der Kundenzufriedenheit im Kontakt aufgezeigt, welches sich bei der übergreifenden Prozess-betrachtung im Rahmen des Prozesstrackings nicht bestätigte. Eine detailliertere Betrachtung hat ergeben, dass es wiederholt zu Fällen kam, in denen der Kunde durchaus rasch und unbüro-kratisch eine Problemlösung erhielt, welche er in der Zufrieden-heitserhebung auch äußerst positiv bewertet hat. Die zeitnah durchgeführte Erhebung vermochte jedoch nicht zu erfassen, dass das vermeintlich gelöste Problem mit gewisser Regelmäßig-keit wieder auftrat, was in Summe die Customer Experience massiv belastete. Auslöser war unter anderem die Entscheidung mancher Servicemitarbeiter, aufgrund der zeitlich ehrgeizigen Ziele, die ihnen für die Problemlösung auferlegt wurden, schon mal die saubere Root-Cause-Analyse auszulassen und dafür schnell, aber nicht nachhaltig vorzugehen.

Mit dem Prozesstrackingindex, welcher über eine Gewichtung der Befragungsergebnisse zur Weiterempfehlungsquote über alle zen-tralen Kundenprozesse gebildet wird, hat die Telekom Deutschland einen zentralen Indikator, der dort ansetzt, wo die Customer Experience tagtäglich genährt wird: bei den wert vermittelnden Kundenprozessen.

Erfolgsmessung Steuerungsgröße Analyseinstrument

Zuordnung Prozesse/Produkte

Mess- intervall

Konsistenz mit

Zielsystem

Differenzierung nach

Interaktionskanal

Fokus Gesamt- prozess

Messung Pilotversuche in Standard-

format

Zuordnung Abteilung/Team (anonymisiert)

Möglichkeit zum Feedback-

loop

Identifikation Mehrfach- kontakte

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Prozesstrackingindex liefert Basis für operative Steuerung

Dieser Index wurde im Rahmen des Projekts stärker in den Fokus gerückt und vor allem dahin gehend weiterentwickelt, dass er Schwachstellen im Prozess vor dem Kunde ausweist. Damit finden sich Ansatzpunkte für die Optimierung der CEX im Rahmen einer sogenannten Heat Map. Der Status wird pro wesentlichem Prozessschritt in Ampellogik dargestellt. Für die erkannten Schwachstellen werden über ein Customer Experience Blueprinting Auslöser für die Bewertung identifiziert und adres-siert. Über einen aus der Heat Map abgeleiteten und mit Geschäftsfallmengen angereicherten Mengenkompass negativer Kundenerlebnisse wurde im Programm ein hinreichend sensibler Gradmesser für die CEX-Messung realisiert. Reine Index-lösungen bergen das Problem, dass ihre Messausschläge meist zu gering sind, als dass sie Effekte von Maßnahmen fühlbar ausweisen können.

Dieses Verfahren hat sich nach unseren Projekterfahrungen als sehr zielführend erwiesen und in der operativen Steuerung der Kanäle bewährt. Nach dem grundsätzlichen Aufsatz einer solchen Messlogik besteht eine sinnvolle Ausbaustufe in der Ausweitung der Messung durch eine Softwareunterstützung der Befragung. Diese Lösungen, die gemeinhin als Customer Feed-back Management oder operative CEM kategorisiert werden, erlauben die Eröffnung eines Feedbackloops zum Kunden für eine detailliertere Analyse besonders herausstechender Kunden-feedbacks. Die Erweiterung liefert damit weitere wertvolle Ansatzpunkte für eine Optimierung der CEX.

AUTOREN

Joachim Haukist Managing Consultant und Knowledge Leader für CRM, Sales & Service. Zu diesem Themenkomplex berät er insbesondere Unternehmen der Dienstleistungsbranche. Sein besonderer Fokus liegt auf Fragestellungen zu Kanalmanagement, Customer Experience Management und Kundenbindung.

Peter Tüscherverantwortet seit 2007 den Beratungsbereich CRM, Sales & Service bei der Detecon Schweiz. Seine thematischen Schwerpunkte sind kundenorientierte Strategien und Prozesse, datenzentrische Geschäftsmodelle, Kundenservice, Omnichannel Management sowie Customer Experience Management.

Abbildung 3

Customer Experience Blueprinting

Kompass negativer Kunden-

erlebnisse

Heat Map und E2E-Kunden- zufriedenheit

• Reduktion der drängendsten Kundenenttäuschungen

• Kundenzentrierung im Unternehmen nachhaltig verankern

• Dauerhafte Steigerung der Kundenzufriedenheit und -bindung

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„Entscheidend ist der Herzblutfaktor.“

Interview mit Roman Becker, CEO bei forum!

Wie wirkt sich die zunehmende Verbreitung von Onlinekanälen auf die Kundenbindung aus? Und worauf sollten Unternehmen besonders achten, wenn sie ihre Kunden über digitale Medien ansprechen? Roman Becker, Gründer und Geschäftsführer des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens forum! und Experte auf dem Gebiet der emotionalen Kundenbindung, gibt Antworten.

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DMR: Herr Becker, warum sind Kontakte – sei es über analoge, persönliche oder über digitale Kanäle – grundsätzlich so wichtig für die emotionale Kundenbindung?

Becker: Das Modell der emotionalen Kundenbindung basiert auf der Erkenntnis, dass die Zufriedenheit allein kein aus-reichender Gradmesser für das Kundenverhalten ist. Auch hochzufriedene Kunden verhalten sich heute zunehmend illoyal, da Produkte und Leistungen in ihrer Wahrnehmung immer austauschbarer werden. Vor diesem Hintergrund sind Kontakte so wichtig. Sie bieten Unternehmen die Gelegenheit, Beziehungen emotional aufzuladen und für den Kunden einzigartig zu machen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von dem „Herzblutfaktor“. Was besonders erstaunlich ist: Wir wissen heute aus unseren Studien, dass es für diesen „Herzblutfaktor“ nicht entscheidend ist, ob tatsächlich ein direkter Kontakt zum Kunden besteht, sei es durch persönliche oder telefonische Kontakte. Auch auf digitalem Weg kann man eine spürbare Emotionalisierung erreichen. Entscheidend ist, dass der Kunde die Wahlmöglichkeit hat, also nicht in einen bestimmten Kanal gezwungen wird, und dass der Kontakt als exzellent erlebt wird. Wir sprechen in der Schulnotenlogik immer davon, dass nur die „1“ zählt. Unsere Studien zeigen zudem, dass es einen Zusammen-hang zwischen Kontakthäufigkeit und Kundenzufriedenheit oder -bindung gibt: Häufige Kontakte steigern die Zufriedenheit und Bindung von Kunden – vorausgesetzt natürlich, es geht dabei nichts schief und der Kontakt wird als exzellent erlebt.

DMR: Digitale Kanäle wie Internetseiten, mobile Applikationen oder Social Media gewinnen bei bestimmten Kundengruppen rasant an Bedeutung. Was sind hier die wichtigsten Erfolgsfaktoren?

Becker: Dort, wo digitale Kanäle immer beliebter werden, sinken gleichzeitig die Nutzerzahlen bei den herkömmlichen Kanälen. Somit schwindet die Chance, im persönlichen Kontakt Emoti-onen aufzubauen und Kundenbeziehungen positiv aufzuladen. Es kommt dann entscheidend darauf an, diese Emotionalisierung auch in den digitalen Kanälen voranzutreiben. Dazu sollten wir uns vorab anschauen, wie emotionale Kundenbindung entsteht. Sie entsteht immer dann, wenn ein Unternehmen durch fokus-sierte und orchestrierte Leistungserbringung und Kommunika-tion die zentralen Bedürfnisse seiner Kunden an allen Kontakt-punkten besser bedienen kann als jeder Wettbewerber. So erwächst in den Köpfen der Kunden eine Monopolstellung und das macht sie zu Fans. Wir sprechen daher auch vom „Fan-Prinzip“.

Im Grunde sind die Erfolgsfaktoren bei digitalen Kanälen die gleichen wie bei analogen: Kunden müssen sich abgeholt fühlen und sie müssen spüren, dass der jeweilige Kanal auf ihre zentralen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Wenn ich beispielsweise als

Bank- oder IT-Dienstleister besonders für die Entlastung meiner Kunden stehe, werden diese mich auch genau daran messen, sobald sie meine digitalen Medien nutzen. Sehr erfolgreich setzt dies beispielsweise BMW um. Der Autohersteller hat das Thema „Freude am Fahren“ zum Markenkern erhoben und sorgt dafür, dass dieses Versprechen für die Kunden immer wieder spürbar und erlebbar wird – und zwar an allen Kontaktpunkten: beim Produkt selbst, beim Händler, beim Service sowie über die digitalen Kanäle. So gelingt BMW jene Differenzierung und Alleinstellung, die sich allein mit guten Leistungen kaum erreichen lässt.

Des Weiteren müssen Unternehmen verstehen, dass die Online-kommunikation nicht nur in eine Richtung läuft wie beispiels-weise ein Fernsehspot. Das Web ist interaktiv und online-affine Nutzer erwarten mittlerweile, dass es auf Internetseiten oder Social-Media-Kanälen Feedbackmöglichkeiten gibt, beispiels-weise ein Chat mit einem Mitarbeiter, ein Forum, einen geschlossenen Nutzerbereich oder auch das klassische Kontaktformular.

KURZPROFIL

forum!forum! ist ein Marktforschungs- und Beratungsunternehmen aus Mainz, das sich auf die Analyse und Optimierung des unter-nehmerischen Beziehungsmanagements spezialisiert hat. forum! unterstützt nationale und internationale Unternehmen aus dem B2B- und B2C-Bereich dabei, die Beziehungen zu externen und internen Zielgruppen zu analysieren und zu optimieren und so wirtschaftlich erfolgreicher zu werden. Zudem bietet forum! Verbänden und Non-Profit-Organisationen Analyse- und Beratungsinstrumente zur Steigerung ihrer emotionalen Mitgliederbindung. Stets im Fokus: der Vergleich mit den Besten. forum! verfügt über ein großes Repertoire an branchen-übergreifenden Benchmarkstudien (unter anderem Fanfocus Deutschland, Mitarbeiterfocus Deutschland) und ist Initiator der bundesweiten Wettbewerbe „Deutschlands Kundenchampions“ und „Deutschlands Mitgliederchampions“.

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DMR: Viele Unternehmen versuchen, Kunden kanalübergreifend zu bedienen und die Integration zwischen Online­ und Offlinekanälen zu verbessern. Welche besonderen Anforderungen stellen Kunden an eine solche Omnichannel­Kommunikation?

Becker: Der Ansatz, Kunden kanalübergreifend konsistent zu bedienen, ist genau der richtige und entspricht dem Fan-Prinzip. Kundengruppen mit einer hohen Affinität zu digitalen Kanälen haben dabei besonders große Erwartungen an die Nutzerfreund-lichkeit, die Schnelligkeit sowie die intuitive Problemlösungs-kompetenz. Bei Omnichannel-Konzepten erwarten Kunden vor allem eine transparente und gut funktionierende Verzahnung zwi-schen den einzelnen Kanälen. Zum Beispiel sollte ein persönlicher Berater die Daten des Kunden sofort parat haben, die gleichen Leistungen zusagen können, die im Internet aufgeführt sind, und sich auf der eigenen Website gut auskennen. Ein Negativbeispiel sind manche Mobilfunkanbieter: Sie bieten unterschiedliche Tarife und Konditionen je nach Kanal – das merkt der Kunde und es verärgert ihn.

DMR: Sie haben in Ihrer Grundlagenforschung die Bedeutung von Mitarbeitermotivation und Kundenorientierung für die emotionale Kundenbindung betont. Welche Rolle spielen diese in der digitalen Welt?

Becker: Beides spielt bei digitalen Kanälen eine ebenso bedeutsame Rolle wie bei persönlichen Kontakten. Besucher von Webseiten haben ein sehr feines Gespür dafür, ob sich die Mitarbeiter eines Unternehmens bei der Gestaltung und Pflege digitaler Kanäle am Kunden orientieren. Sie können Aspekte wie „Ich fühle mich auf einer Website aufgehoben“ oder „Den Verantwortlichen fällt es leicht, sich in die Lage der Besucher/Nutzer zu versetzen“ sehr genau und differenziert bewerten. Und diese Aspekte haben einen entscheidenden Einfluss darauf, ob am Ende die bereits zitierte „1“ in der Schulnotenskala steht oder nicht. Häufig stoßen Kunden im digitalen Kundenservice allerdings auf Mitarbeiter, die wegen ihrer technischen und fachlichen Fähigkeiten und nicht aufgrund ihrer ausgeprägten Kundenorientierung rekrutiert wurden. Diesen Mitarbeitern ist häufig nicht bewusst, wie ihr Handeln auf den Kunden wirkt. Häufig sind Mitarbeiter aus „klassischen“ Serviceeinheiten besser geschult und auch besser geeignet. Hier ist meiner Meinung nach ein Umdenken notwendig, sowohl in der Aus gestaltung der Stellenprofile als auch in der Entwicklung der Mitarbeiter, die für digitale Kanäle zuständig sind.

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55 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

DMR: Wie verändert sich durch die digitalen Kanäle das Arbeits­umfeld der Servicemitarbeiter?

Becker: Mitarbeiter im Kundenservice empfinden es zunächst als komplexer, da sie digitale Kanäle gezielt einsetzen müssen, um Kundenbedürfnisse besser zu bedienen. Aber sobald die Mitarbeiter die Omnichannel-Konzepte verinnerlicht haben und diese gezielt nutzen, führt das zu einer merklichen Entlas-tung. Der Beratungsaufwand sinkt, wenn Kunden vertiefende Informationen auf der Website oder auf spezifischen Apps nachlesen können. Dazu steigt die Kaufchance, wenn sich die Kundenservicemitarbeiter auf das Thema Beratung und Verkauf konzentrieren und Interessenten sich gezielt auf Social-Media-Kanälen mit Fan-Kunden austauschen können.

KURZPROFIL

Roman Becker Roman Becker ist Gründer und Geschäftsführer des Markt-forschungs- und Beratungsunternehmens forum! aus Mainz und Pionier auf dem Gebiet der Analyse emotionaler Kunden-bindung. Er ist zudem Initiator der bundesweiten Benchmark-studie „Fanfocus Deutschland“ und des Unternehmenswettbewerbs „Deutschlands Kundenchampions“. Roman Becker studierte Publizistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und war dort zudem viele Jahre als Statistikdozent tätig.

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DMR: Welche Auswirkung hat diese Entwicklung auf Steuerungs­ und KPI­Systeme der Unternehmen?

Becker: Wir sehen keinen großen Änderungsbedarf hinsichtlich der Steuerungs- und KPI-Systeme. Denn eine nachhaltige Aus-richtung auf das Fan-Prinzip bedeutet ohnehin, dass Unternehmen relevante Kontaktpunkte kennen und steuern müssen. Bei den digi-talen Kanälen sollten Unternehmen die Qualität über kontinuier-liche Kundenfeedbacks messen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, auch die Treiber zu ermitteln, um ressourceneffizient an wesentlichen Stellgrößen digitaler Kanäle zu arbeiten.

Insgesamt gewinnt im Zusammenhang mit digitalen Kanälen der Fan-Kunde als Multiplikator massiv an Bedeutung. Es sollte Unternehmen also interessieren, wie gut es ihnen gelingt, Fans in den Social Media zu aktivieren und diese zu ihren Botschaftern zu machen. Unsere Studien zeigen, dass Fan-Kunden nicht nur die wertvollsten Kunden sind, da sie mehr und häufiger kaufen, sondern auch die besten Weiterempfehler. In der Botschafterrolle der Fan-Kunden steckt der eigentliche Gewinn von Social Media: Nicht die Anzahl von Likes und Followern ist entscheidend, sondern die Quote der Markenbotschafter, die bei einem Interes-senten für einen insgesamt positiven Gesamteindruck sorgen und so eine Kaufentscheidung auslösen. Es besteht somit ein deut-licher Unterschied zwischen einem Facebook-Fan und einem Fan-Kunden, wie wir ihn definieren.

DMR: Neben der Bedeutung der Mitarbeiter ist die Einbindung von Kunden in Unternehmensprozesse ein wichtiges Element, sei es im Peer­2­Peer Support, im Customer Feedback Management oder bei neuen Möglichkeiten der Innovations­ und Produktgestaltung. Worauf legen Kunden hier besonderen Wert?

Becker: Nicht alle Kunden wollen bei der Innovations- oder Produktgestaltung eingebunden werden, die Aussage lässt sich daher nicht verallgemeinern. Viele, auch hochzufriedene Kunden haben weder das notwendige Wissen noch das Interesse an einer solchen Einbindung in Unternehmensprozesse. Um Einbin-dungskonzepte gezielt und erfolgreich umzusetzen und Streu-verluste zu vermeiden, sollten Unternehmen die Ansprache auf ihre Fan-Kunden konzentrieren. Denn diese haben – das zeigen unsere Studien – eine hohe intrinsische Motivation und bringen ein hohes Involvement mit. Sie helfen „ihrem“ Unternehmen gerne. Fatal ist es allerdings, wenn Unternehmen „Fan-Kunden“ mit Potenzial-Kunden gleichsetzen: Nicht jeder Kunde, der auf den ersten Blick wirtschaftlich attraktiv ist, ist auch ein Fan-Kunde, und umgekehrt. Der Wert von Fan-Kunden entfaltet sich insbesondere mittelbar durch die extrem hohe und glaubwürdige Multiplikatorenwirkung. Orientieren sich Unternehmen also aus-schließlich an einer klassischen Abc-Segmentierung, fallen echte

Fan-Kunden durchs Raster. Das führt zu enttäuschter Liebe, Fan-Kunden mutieren im schlimmsten Fall zu „Terroristen-Kunden“ und arbeiten gegen das Unter nehmen.

DMR: Erwarten Kunden auch monetäre Vorteile und wenn ja, in welcher Form?

Becker: Für echte Fan-Kunden sind monetäre Anreize nicht nur unnötig, sondern sträflich. Wer lässt sich für seine Liebe schon gerne bezahlen? Solche monetären Vorteile ziehen in der Regel nicht die eigentlich wertvollen Fan-Kunden, sondern die Söldner- Kunden an. Kunden, die der Gruppe der Söldner angehören, sind zwar überdurchschnittlich zufrieden, aber nicht an das Unternehmen gebunden. Diese Gruppe hat hohe Wechsel-ambitionen zum Wettbewerb. Sie verfügen weder über die notwendige Identifikation noch haben sie einen ausreichenden Informationsstand, um ihren Anbietern wirkungsvoll weiterhelfen zu können. Wenn sie weiterempfehlen, ziehen sie regelmäßig neue – preissensible und renditeschwache – Söldner-Kunden an.

DMR: Lässt sich der Grad der emotionalen Kundenbindung über die Kundenbeteiligung in digitalen Kanälen messen?

Becker: Generell ist eine (positive) Äußerung eine Folge der emotionalen Kundenbindung. Die Stärke der emotionalen Kundenbindung ermittelt man auch in digitalen Kanälen am besten über die Marktforschung, das heißt über eine Kunden-befragung. Hierfür gibt es etablierte Instrumente. Eine indirekte Messung über die Beteiligung in digitalen Kanälen ist zwar möglich, wird aber weniger zuverlässig sein, da es hierbei keine exakte 1:1-Beziehung gibt. Ideal wäre eine Kombination beider Herangehensweisen, um die Äußerungen im Social Web mittels Fan-Port folio-Gruppen zuordnen und bewerten zu können.

DMR: Wie werden sich Customer Feedback Management und die klassische Loyalitätsmessung ändern müssen?

Becker: Auch die digitalen Kanäle werden nur dann nachhaltig zum Erfolg beitragen, wenn Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht haben. Wer kein fundiertes Verständnis von Kunden-bedürfnissen, Kundenwahrnehmungen und Differenzierungs-möglichkeiten zum Wettbewerb hat und diese Erkenntnisse nicht systematisch an allen Kontaktpunkten zum Kunden umsetzt, wird auch online keinen Erfolg haben. Hier verwechseln viele Verantwortliche schlichtweg Ursache und Wirkung. Nicht die digitalen Kanäle schaffen Loyalität und steigern die Fan-Quote, sondern umgekehrt: Eine hohe Fan-Quote ist die Garantie dafür, dass digitale Kanäle als zusätzliche Kontakt-, Orientierungs- und Vertriebskanäle den Unternehmenserfolg steigern.

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57 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

BuchtippIm April 2015 hat Roman Becker gemeinsam mit Gregor Daschmann im Verlag SpringerGabler das Fachbuch „Das Fan-Prinzip. Mit emotionaler Kundenbindung Unternehmen erfolgreich steuern“ veröffentlicht. Er plädiert dort für einen grundlegen-den Paradigmenwechsel im Beziehungsmanagement von Unternehmen und stellt das Fan-Prinzip als neues Managementsteuerungsinstrument für Unternehmen vor.

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Machen Sie Ihre Kunden glücklich!

Workforce Management (WFM) im Field Service

Viele denken bei Workforce Management (WFM) an Techniker in blauen Overalls oder an Themen wie Tourenoptimierung und Kostenreduktion. Workforce Management ist aber vor allem ein Treiber der Kundenzufriedenheit.

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Wir schreiben das Jahr 2015.

Ich benötige ein Taxi, da ich einen Freund besuchen möchte. Mithilfe meiner App sehe ich, welche Taxis in der Nähe sind, und bestelle eines. Auf meinem Smartphone kann ich sehen, wie sich das Taxi meinem Standort nähert. Ich weiß also, dass es tatsächlich losgefahren ist, und ich kann erkennen, wo es sich gerade befindet und wie lange ich folglich noch warten muss. Ich fühle mich involviert und informiert, da ich während der Wartezeit kontinuierlich mit relevanten Informationen versorgt werde. Als mich der Taxifahrer sicher am Ziel absetzt, überlege ich mir, dass ich beim nächsten Mal wieder denselben Service nutzen werde. Ich bin zufrieden.

Wir schreiben noch einmal das Jahr 2015.

Ich benötige einen Techniker, der ein Problem mit meinem Internetanschluss beheben soll. Nach der Terminvereinbarung per Telefon informiert mich mein Provider, dass der Service-mitarbeiter voraussichtlich zwischen 8:00 Uhr und 12:00 Uhr bei mir sein wird. Da ich nicht genau weiß, wann der Techniker kommt, muss ich mir einen halben Tag freinehmen. Ich stehe rechtzeitig auf und warte. Um 10:00 Uhr werde ich langsam unruhig, um 11:00 Uhr sehr nervös und um 11:45 Uhr rufe ich bei meinem Provider an, um nachzufragen, wo der Techniker bleibt. Als dieser endlich eintrifft, kann er das Problem nicht lösen. Ich fühle mich schlecht behandelt, weil mir mein Provider keinen genauen Termin nennen konnte und ich lange warten musste. Ich ärgere mich über den verschwendeten Vormittag, den schlechten Service und vor allem darüber, dass mein Problem immer noch nicht gelöst ist. Ich entscheide mich, meinen Vertrag so bald wie möglich zu kündigen und zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Ich bin sehr unzufrieden.

Diese beiden – ein wenig überspitzten – Beispiele verdeutlichen, worum es im Kern des modernen Workforce Managements (WFM) wirklich geht: um die Zufriedenheit des Kunden. Wie sich diese dauerhaft steigern lässt, zeigen die folgenden Ansätze.

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Wie in unserem Beispielfall dargestellt, verärgert es den Kunden, wenn er den Status seines Auftrags nicht kennt. Denn es kostet ihn Zeit und Nerven. Er fühlt sich zu Recht schlecht informiert und nicht einbezogen. In einem optimalen WFM-Prozess sind die Eckdaten des Termins, der Status des Auftrags und gegebenen-falls sogar die Position des Servicetechnikers in Echtzeit für den Kunden verfügbar. Er kann zu jeder Zeit sehen, wann genau der Servicetechniker bei ihm eintreffen wird. Außerdem informiert ihn das System darüber, wie lange der Besuch in etwa dauern wird. Dem Thema Sicherheit wird durch ein Bild und den Namen des Technikers Rechnung getragen. Für den Fall, dass der Kunde den Termin kurzfristig doch nicht wahrnehmen kann, hat er die Möglichkeit, diesen schnell und unkompliziert zu stornieren und umgehend eine Alternative zu vereinbaren.

Kein Servicetechniker kann alles wissen. Trotzdem erwartet der Kunde, dass sein Problem beim ersten Besuch gelöst wird. Oft sind es nur kleine Wissenslücken, die den Techniker daran hindern, eine Störung vor Ort abschließend zu beheben und dem Kunden so ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Moderne WFM-Systeme verfügen daher über Tools, die es Servicemitarbeitern erlauben, ihr Wissen via Handy oder Tablet untereinander auszutauschen. Die Kollegen ergänzen sich gegenseitig und nutzen per Fingertip das Wissen der gesamten Gruppe. Dieser Know-how-Austausch ist umso effektiver, je mehr Servicetechniker zur selben Zeit auf das System zugreifen können. Häufig werden für solche Zwecke Chatlines verwendet. Die Frage, wie sich das Ausgangs-Set-up bei einer Fritzbox einspielen lässt, kann so kurzerhand der Kollege beantworten. Zusätzlich haben Unternehmen die Möglichkeit, solche Chats nachträglich auszuwerten, um den Weiterbildungs-bedarf ihrer Servicemitarbeiter zu ermitteln.

Beziehe den Kunden in den Termin ein und informiere ihn!

Löse das Problem des Kunden beim ersten Mal!

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61 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Wer sich von dem Gedanken frei macht, dem Kunden irgendetwas verkaufen zu MÜSSEN, erkennt, welches Kundenbindungs-potenzial auch im Thema „Sales“ steckt. Idealerweise sollte man den Kunden wie einen guten Freund behandeln: Einem guten Freund empfiehlt man in der Regel nur Dinge, die einen Mehr-wert für ihn bedeuten. Für den Kunden gilt das Gleiche: Auch ihm sollte man nur Services und Produkte ans Herz legen, die seinen Anforderungen entsprechen. Moderne WFM-Tools unter-stützen Servicetechniker dabei, indem sie abhängig von den Kundendaten (zum Beispiel gebuchte Bandbreite, gebuchte Produkte, gebuchte Services oder Servicehistorie) individuelle Vorschläge unterbreiten. Statt der 70-jährigen Rentnerin ein Bundesliga-Abonnement zu verkaufen, bietet ein guter Verkäufer ihr besser das Rundum-sorglos-Serienpaket mit einer leicht zu bedienenden Hardware an. Denn: Nur kluge, ehrliche und direkte Empfehlungen machen den Kunden nachhaltig glücklich.

Unternehmen stehen nur selten in so unmittelbarem Kontakt zum Kunden und werden so aktiv wahrgenommen wie im Field Service. Leider nutzen viele Firmen dieses Potenzial noch zu wenig. Allein durch die konsequente Umsetzung der beschrie-benen Ansätze können Unternehmen die Zufriedenheit ihrer Kunden deutlich erhöhen.

Nutzen Sie die Chance und machen Sie Ihre Kunden durch umfangreiche Informationen, schnelle Problemlösungen und interessante Angebote glücklich!

Behandle den Kunden wie einen guten Freund, berate und empfehle!

AUTOREN

Florian Bogenschütz ist vor zwei Jahren als Experte mit Erfahrung in der Automobil- und Versicherungsbranche gestartet. Weitere Expertise hat er in Projekten im Bereich Prozessdesign gesammelt. Sein Steckenpferd ist die digitale Transformation in Bezug auf Kundenzufrie-denheit und digitale Kollaboration.

Hans Gaiserist als Managing Consultant seit vielen Jahren als Projektleiter in verschiedenen Unternehmen tätig und war selbst viele Jahre Bereichsleiter im technischen Service. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören das Thema Workforce Management im Field Service sowie die Steigerung der Kundenzufriedenheit.

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Social Walls & Dashboards

Wie Manager dem Kunden in Echt zeit zuhören

Technische Innovationen und neue Kommu-nikationskanäle – vor allem Social Media – haben das Kundenverhalten radikal verändert: Der Kunde von heute pflegt einen aktiveren Er fahrungsaustausch über Marken, Produkte und Unternehmen als je zuvor. Social Walls helfen Unternehmen, diese ungefilterten und ehrlichen Informationen für ihre Organisa-tion zu nutzen.

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Der Elch hat jetzt auch ‘ne Knarre!

Der Kunde hat durch die digitale Revolution und deren Vernet-zungs- und Kommunikationsmöglichkeiten deutlich an Informa-tionsquellen, (Meinungs-)Macht und Entscheidungsfreiheit hin-zugewonnen. Die Konsequenz: Er verhält sich selektiver, flexibler und deutlich kritischer. Die Loyalität zu bestimmten Marken verwässert. Gleichzeitig nimmt die Tendenz, Unzufriedenheit oder Kritik offen zu äußern, durch den einfachen Zugang zum Social Web immens zu. Dabei erreicht die Einzelkritik eines Kunden (Incident Stufe 1 – 2) über soziale Medien deutlich mehr Menschen als beim klassischen Stammtischgespräch. Eine ein-setzende Gruppendynamik kann schnell eine virale Kaskadierung bis hin zum Proteststurm auslösen (Incident Stufe 3 – 4), dessen nicht angemessene Beachtung gerne im überall präsenten Shit-storm endet (Incident Stufe 5). Firmen erleiden so unter Umständen empfindliche Imageschäden, die im Extremfall in eine Unter-nehmenskrise münden können (Incident Stufe 6).

Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen und ihre Lenker ihr Ohr heute näher denn je am Kunden haben. Es ist ein Muss, ihm Aufmerksamkeit zu schenken, ihm auf Augenhöhe zu begegnen und sein Feedback grundsätzlich ernst zu nehmen.

Management-Informationssysteme – von 1.0 auf 4.0

Bisher war nichts älter als die Zeitung von gestern. Im digitalen Zeitalter ist nichts älter als die (Print-)Zeitung oder mancher Statusreport von heute. Die klassischen Informationskanäle des Managements werden den gestiegenen Anforderungen eines beschleunigten und dynamisierten „Geschäftslebens 4.0“ immer weniger gerecht.

Vor allem im Unternehmenskontext werden Informationen oft so stark aggregiert und standardisiert, dass die eigentliche Bot-schaft den Empfänger zu spät oder gar nicht mehr erreicht. „Melonenreports“ heißen diese Analysen, die außen eine wunder-bar „grüne Ampel“ zeigen, sich jedoch immer mehr ins Rote verfärben, wenn man eine Ebene tiefer „beißt“. Außerdem werden die ursprünglich klaren Aussagen und Empfehlungen fachlich versierter Mitarbeiter häufig durch Korrekturschleifen über mehrere Hierarchiestufen aufgeweicht.

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Die Lösung: Social Walls & Dashboards

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bieten Social Walls und Dashboards. Sie versetzen das Management in die Lage, mit einfachen Mitteln an aktuelle ungefilterte Informationen zu gelangen. Direkte Informationswege zeigen die Stimmungslage unmittelbar auf und geben einen direkten Einblick im Vergleich zu Statusberichten, die zum Beispiel durch Aggregation an Informationsgehalt verlieren. Oder als klassische Gremien-vorlagen, die im ersten Entwurf zwar oft mit dem ambitionierten Ziel starten, die Welt (des Kunden) zu verbessern, aber nach zahllosen Mitzeichnungskompromissen und zur Wahrung des betrieblichen Friedens am Ende dennoch wieder als zahnloser Schmusetiger in der Kuschelecke enden. Bei Social Walls und Dashboards kann Kundenfeedback zeitnah, direkt und unver-fälscht in die Chefetage gelangen.

Social Walls durchsuchen das Social Web anhand von vordefinier-ten Suchkriterien wie Schlüsselwörter, Hashtags oder Accounts nach Inhalten und stellen die gefundenen Beiträge visuell dar. Sie bilden im Vergleich zu Dashboards die qualitative Informations-ebene ab. Kennzahlen wie Anzahl der Beiträge, Sentiment oder Share of Voice stehen also nicht im Vordergrund. Damit bieten Social Walls einen optimalen Einstieg in die Social-Media-Welt: Ohne Anmeldung oder Registrierung erhält der Nutzer Zugang zu unternehmensbezogenen Inhalten aus zahlreichen Social Networks. Die Inhalte und Botschaften sind in der Regel kurz und mit Bildern oder Emoticons unterlegt. Zudem ist in der Regel kein Expertenwissen nötig, um die klaren Botschaften der Beiträge zu verstehen. Ein Beispiel: „Warum sind Sie unent-schuldigt nicht zum Unterricht erschienen? Ich übe für meine spätere Karriere als Techniker bei @deutschetelekom! “

Es geht in einem ersten Schritt darum, vorhandene Inhalte sichtbar zu machen. Dazu gehören primär nutzergenerierter Content, aber auch Unternehmensinhalte, die auf diese Weise auch für nicht-Social-Media-Nutzer visibel werden. Social Content lässt sich hierüber noch einfacher außerhalb sozialer Medien, beispielsweise auf Webseiten, Shop-Displays oder Veranstaltungsleinwänden, verwerten. Darauf aufbauend stimulieren Social Walls die User – ob Kunden, Mitarbeiter oder Partner –, selbst Content zu generieren.

Die Telekom Social Wall ist unter www.telekomwall.de frei zugänglich. Im Eingangsbereich der Telekom-Konzernzentrale soll sie die Kundenstimme allgegenwärtig machen und Gesprächs- und Gedankenanstöße liefern.

Auch in der Cafeteria der Bonner Telekom-Zentrale pumpt die Telekom Social Wall den digitalen Buzz ins Unternehmen.

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Spielerei oder spielentscheidend – das Beispiel John Legere

Die Nutzung sozialer Medien als seriöse Informations- und Feedbackquelle ist für manchen Manager noch schwer vorstell-bar. Immerhin stecken Unternehmen ein Vermögen in klassische Marktforschung, um an Feedback zu ihren Produkten und Marketingkampagnen zu gelangen. John Legere, gefeierter Managerstar und CEO von T-Mobile USA, bringt es beim GeekWire Summit 2014 jedoch auf den Punkt: „I learn almost everything I need to know to run T-Mobile IN TWITTER.” Sein Erfolg gibt ihm recht. Nachdem er in einer beispiellosen Aufholjagd jüngst auf Platz 3 der US-Mobilfunkunternehmen aufstieg und seinen amerikanischen Rivalen immer mehr Marktanteile abjagt, werden die Fragen nach seinem Erfolgs-rezept laut. Er selbst verweist auf Twitter als Hauptinforma-tions- und Feedbackquelle für seine strategischen „#Uncarrier“-Schritte, die Kundenprobleme systematisch beseitigen. Das Beispiel John Legere zeigt, dass erste Manager die Chancen von Social Media erkannt haben und durch deren systematischen Einsatz ihre Konkurrenten das Fürchten lehren.

Social Walls in Europas Vorstandsetagen

Nicht nur im fortschrittlichen US-Markt, sondern auch in Europa finden sich erste Beispiele für den Einsatz von Social Media als Informations- und Feedbackinstrument in der Chefetage. So ließ sich der Personalvorstand der Deutschen Telekom Christian P. Illek – ein digitaler Enthusiast – jüngst die Telekom Social Wall in seinem Bonner Vorstandsbüro installieren. Diese ist auch an weiteren Telekom-Standorten im Einsatz und zeigt in Echtzeit alle Beiträge über die Telekom, die in den größten Social Networks verfasst werden. „Dadurch habe ich die Möglichkeit, mir jeder-zeit ein Bild zu machen, worüber die Außenwelt in Bezug auf unser Unternehmen in dieser Sekunde spricht und was unsere Kunden, Partner aber auch Mitarbeiter beschäftigt“, so Illek. „Social Media macht Wissen transparenter. Mit der Social Wall bin ich mitten drin.“

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Social Media Center der Telekom: Analysen in der Chefetage

Im Rahmen des Social-Media-Business-Programms wurde bei der Telekom seit 2013 ein umfangreiches Social-Media-Analyse-Center aufgebaut. Mithilfe dieses Centers und dessen Social-Media-Analysen können automatisch Telekom-relevante Themen im Social Web identifiziert und kategorisiert werden. Auch die Stimmung (Sentiment) der öffentlichen Kommunikation lässt sich so bestimmen. Die Telekom ist dadurch in der Lage, direktes und ungeschminktes Kundenfeedback einzusammeln und daraus Verbesserungspotenzial bei Produkten, Services, Technik und Prozessen abzuleiten. Darüber hinaus können Großkampagnen sowie Produkt- und Tarifeinführungen analytisch begleitet werden. Wird im Social Web beispielsweise gehäuft negativ über bestimmte Themen gesprochen, können die Verantwortlichen kurzfristig reagieren. Aus Social-Media-Analysen lässt sich zudem ein zuverlässiges Stimmungsbarometer des Gesamtmarkts ableiten. Frühzeitig werden neue, innovative Themen, Trends und Hot Topics der OTT-Player wie Apple, Google, Facebook, Samsung und Microsoft erfasst und zentral zur Verfügung gestellt.

Social Media Dashboards als Informationsverteiler in Echtzeit

Die Echtzeitverteilung der Analyseinformationen wird insbe-sondere über Social Media Dashboards realisiert. Dabei handelt es sich um 70-Zoll-Touchscreens, die in den Büros des Top-manage ments, aber auch in den Service- und Qualitätszentren der Telekom stehen und aktiv genutzt werden. Dargestellt werden Kennzahlen wie die Anzahl der Beiträge im Tagesverlauf, das Stimmungsbarometer, die Quellenverteilung oder Trends. Viele unterschiedliche Bereiche innerhalb der Telekom sowie das Management können sich schnell, zentral und transparent über die wichtigsten Geschehnisse im Social Web rund um Telekom-relevante Topthemen informieren.

Wenn der Kunde mit am Tisch sitzt

Das Social Media Center ist darüber hinaus gemeinsam mit den „Telekom hilft“-Kundenservice-Kollegen wöchentlich mit einem ausgewählten Thema im Privatkunden-Topmanagement- Gremium vertreten. Behandelt werden stark diskutierte und konkrete Schmerzpunkte der Kunden mit Services, Prozessen oder Produkten der Telekom. Auf diese Weise verschafft das Social Media Center den Kunden eine Stimme im Top-management-Board. Eine Unterlage ergänzt das im Hintergrund laufende Dashboard und enthält Grafiken zu Stimmungstrends, Handlungsempfehlungen sowie ausgesuchte Kundenkommen-tare – auch wenn sie manchmal schmerzen. Garantiert sind dafür lebhafte Diskussionen!

Des Weiteren werden auf Wunsch der Geschäftsführung in einer wöchentlichen Kurzinformation alle Themen bereitgestellt, die gerade „Social Buzz“ zu unternehmensrelevanten Themen-feldern erzeugen.

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Die Mischung macht´s

Die Erfahrungen mit den beschriebenen Elementen des direk-ten Kundenfeedbacks zeigen, dass es nicht „die eine“ richtige Darstellungsform gibt, um Wirkung zu erzielen. Mit einer Mischung aus • Social Wall als einfachem Einstieg mit starken visuellen

Elementen • Dashboard als analytischem Überblick über das Social-

Media-Geschehen und• Analysen als aufbereiteter Aggregation und Detail infor mation

zu einem Thema lässt sich der Informationsbedarf des Managements hervor-ragend abdecken.

Kundenfeedback gelangt so unverfälscht und zeitnah in die Chefetage. Dies hilft dem Management, näher am Kunden zu sein und bessere Entscheidungen für das Unternehmen zu treffen.

Die Telekom Social Wall im Büro von Telekom Personalvorstand Dr. Christian P. Illek: Er hat jederzeit im Blick, was die digitale Welt über das eigene Unternehmen spricht.

Der Kunde sitzt mit am Tisch – via Social Wall und Dashboard im Arbeits-raum des Privatkunden-Topmanagement-Gremiums.

AUTOREN

Alexander Luyken arbeitet als Social Media Programm Manager der Telekom Deutschland GmbH und hat langjährige Beratungserfahrung im Telekommunikationssektor.

Dr. Marco Hetterscheidt ist Project Manager des Social Media Center der Telekom Deutschland GmbH.

Dr. Winfried Ebner leitet das Programm Social Media Business der Telekom Deutschland GmbH. Zuvor war er in verschiedenen Positionen als Vorstandsassistent der Deutschen Telekom sowie am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der TU München tätig.

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Den Kinderschuhen entwachsen

Megatrend Internet of Things

Das Internet der Dinge gehört derzeit zu den meistdiskutierten IT-Trends. Nach Schätzungen von Gartner wird die Anzahl vernetzter Endgeräte bis Ende 2015 auf weltweit 4,9 Milliarden steigen. Bis 2025 werden voraussichtlich 20 bis 40 Millionen Endgeräte miteinander (und mit Servern) verbunden sein. Doch damit der Trend hält, was er verspricht, müssen Unternehmen noch einige Hausaufgaben machen.

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Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT)1 besitzt das Potenzial, die Wertschöpfung etablierter Industrien von Grund auf zu verändern. Traditionelle Hersteller von „Offline-“Gütern entwickeln in Zukunft vernetzte, digital angereicherte Produkte und digitale Services. Sie sind damit in der Lage, Daten über ihre Kunden zu sammeln und diese zu analysieren, was ihnen völlig neue Erkenntnisse über das Verhalten und die Bedürfnisse ihrer Kunden verschafft. Dies eröffnet den Unternehmen einer-seits neue Geschäftsmöglichkeiten, andererseits müssen sie sich aber auch mit branchenfremden Playern auseinandersetzen.

Konsumenten zeigen sich (noch) verhalten

Derzeit steht das IoT noch am Anfang seiner Entwicklung. Zwar nutzt beispielsweise die Luftfahrtindustrie bereits seit mehr als einem Jahrzehnt Sensoren, um Flugzeugdaten zu erfassen und zu überwachen. Doch erst die rasante Verbreitung des In-ternets und mobiler Endgeräte sowie neue Entwicklungen in der Netztechnologie ermöglichen es Unternehmen heute, das Potenzial von IoT voll auszuschöpfen.

Neben Social Media, Mobile, Big Data und Cloud sehen die Experten von Gartner das IoT auch als wesentlichen Treiber von Customer Relationship Management (CRM). Doch die Konsu-menten zeigen sich noch verhalten. Zwar wecken Entwicklungen wie Wearables – mobile, tragbare Computer wie Smart Watches oder Pulsmesser – zunehmend Interesse bei den potenziellen Käufern, aber in der Realität fehlt es aktuell noch an überzeu-genden Anwendungsfeldern. Auch Produkte wie der vernetzte Rasierer oder der vernetzte Eierkarton führen beim potenziellen Kunden eher zu Skepsis oder einem Schmunzeln statt zu echter Begeisterung. Doch egal, welche Use Cases sich am Ende tatsächlich durchsetzen werden – dass IoT eine wichtige Stellung im Markt einnehmen wird, darüber sind sich die Experten einig.

Exemplarisch für die Chancen und Herausforderungen, die das Internet der Dinge mit sich bringt, stehen die Telekommuni-kations- und die Automobilindustrie. Während Letztere sich unter dem Stichwort „Connected Car“ bereits intensiv mit der Entwicklung von Kundenanwendungen beschäftigt, fokussieren sich Carrier auf die Vernetzung der verschiedenen Systeme.

Carrier müssen sich klar positionieren

Netzbetreiber nehmen im Zusammenhang mit dem IoT eine zentrale Rolle ein. Denn die von den Telekommunikations-unternehmen zur Verfügung gestellte Konnektivität ist für die Umsetzung mobiler Use Cases zwingend notwendig. Kurz: Sie ist der Kernfaktor, der das Internet der Dinge zu dem macht, was es ist. Beim Total Share of Value nimmt die Konnektivität allerdings mit 15 bis 20 Prozent nur einen geringen Anteil ein. Die Gefahr für Carrier besteht darin, auf die Bereitstellung von Managed Connectivity reduziert zu werden – und das bei zu-künftig weiter sinkenden Durchschnittserlösen (Average Revenue per User, ARPU) und steigendem Investitionsbedarf in die Netzinfrastrukturen aufgrund des erhöhten Datenaufkommens. Carrier sollten sich daher schnell darüber klar werden, welche Positionen sie in der IoT-Wertschöpfungskette zusätzlich zur Konnektivität einnehmen können, um nicht irgendwann als reine „Dumb Pipe“ zu enden oder sogar vollständig von an deren Playern verdrängt zu werden.

Nichtsdestotrotz besitzen Carrier – im Gegensatz zu vielen an-deren Branchen – eine breite Präsenz im stationären Handel, einen stark ausgeprägten Kundenservice sowie umfangreiche Erfahrungen mit der Administration einer Vielzahl von Kunden und Devices, zum Beispiel beim servicebasierten Billing. Zudem bringen Carrier ausgezeichnete Voraussetzungen als Plattform-bereitsteller für IoT-Anwendungen mit und sind mit den regula-torischen Herausforderungen im Zusammenhang mit internati-onaler Mobilität bestens vertraut.

An der Endkundenschnittstelle tun sich Carrier jedoch oft noch schwer, passende IoT-Services anzubieten. Selbst naheliegende Use Cases wie Real Time Promotions, On-Demand Pricing, Predictive Customer Services und individualisierte In-Store Experience für die klassischen Telekommunikationsprodukte werden nur zögerlich angegangen. Erste Endkundenprodukte, beispielsweise Connected Bikes, bringen die Carrier daher in der Regel gemeinsam mit Produktherstellern auf den Markt. Die Resonanz lässt hier jedoch noch zu wünschen übrig.

Automobilhersteller setzen Trends

Eine der ersten Industrien, die auf den IoT-Zug aufgesprungen sind, ist die Automobilbranche. Sie arbeitet schon länger daran, Use Cases zu entwickeln, die nicht nur die Funktionalität der Fahrzeuge verbessern und die Sicherheit erhöhen, sondern auch den Service für den Endkunden erweitern. Der Begriff

1 IoT umschreibt vereinfacht das Einbinden von Sensoren in verschiedene Consumer und industrielle Devices mit der Absicht, eine Internet-enabled Connection zu etablieren und eine weiträumige Vernetzung von Gegenständen zu erreichen, die Daten miteinander austauschen und aufgrund der ausgewerteten Daten entspre-chende Aktionen anstoßen.

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„Connected Car“ steht hier häufig für Features wie internet-gestütztes Infotainment, Vehicle Tracking, Remote Maintenance oder nutzungsbasierte Versicherungstarife. Zusätzlich öffnen Unternehmen wie Apple und Google mit ihren Fahrzeugplatt-formen auch für Fahrzeuge die Welt der Apps.

Für die Zukunft lassen sich im Automotive-Bereich drei Trends ausmachen, die aus CRM-Sicht eine wesentliche Rolle spielen werden: das Zusammenwachsen von Smart Home und der smarten Fahrzeugwelt, die Integration biometrischer Daten von Fahrzeuginsassen und das Interagieren smarter Objekte mit Fahrzeugen. Aus CRM-Perspektive entsteht damit ein noch reicherer Datenpool, der sich in Zukunft verstärkt für die Schärfung und Individualisierung des Kundenbeziehungs-managements einsetzen lässt.

1. Smart Home Integration:

Eine erste digitale Schnittstelle zwischen Gebäuden und Fahr-zeugen sind sogenannte Remote-Garagentüröffner. Sie werden heute bereits häufig genutzt. Mit der technischen Weiterent-wicklung vernetzter Häuser und Wohnungen werden sich darüber hinaus weitere Anwendungen etablieren. So könnten Sensoren, die ohnehin in Fahrzeugen verbaut sind (zum Beispiel Regensensor, Rückfahrkamera oder Außenthermometer), einem Smart Home wertvolle Daten über seine Umgebung liefern, die sich beispielsweise für Sicherheitssysteme verwenden lassen. Umgekehrt könnten Gebäude ihre Statusdaten künftig mit angeschlossenen Fahrzeugen teilen und diese auf ihren bevor-stehenden Einsatz vorbereiten (beispielsweise wärmen/kühlen). Auch der Fahrzeugalarm ließe sich für den Schutz des Hauses einsetzen.

2. Verwendung biometrischer Daten von Fahrzeuginsassen:

Das kontinuierliche Monitoring biometrischer Daten wie Blutdruck oder Herzfrequenz gehört durch die zunehmende Verbreitung von Wearables bei vielen Menschen bereits heute zum Alltag. Sensoren in Fahrzeugsitzen, Anschnallgurten und Lenkrädern könnten in Zukunft ebenso die wichtigsten biome-trischen Daten von Fahrer und Insassen aufzunehmen, diese in Echtzeit analysieren und interpretieren und schließlich dem Fahrzeugsystem zur Verfügung stellen. So könnte ein Fahrzeug beispielsweise automatisch die Driving Assistance auf ein höheres Level schalten, wenn der Fahrer nervös zu sein scheint. Auch eine Alarmierung des Fahrers bei drohendem Sekundenschlaf ist denkbar. Je nach Wohlbefinden und Stimmung der Insassen ließe sich auch das Fahrzeugambiente verändern und die Kommu-nikation mit dem Fahrer automatisiert steuern.

3. Interaktionen mit smarten Objekten:

In einer Welt, in der physische Gegenstände ihre eigene digitale Identität besitzen und miteinander kommunizieren, ist auch eine Reihe von Use Cases für andere Fahrzeuge vorstellbar. Ge-rade bei „fahrzeugnahen“ Objekten wie Fahrrädern, Taschen, Koffern, Freizeitequipment und Ähnlichem ist ein Datenaus-tausch sinnvoll. So könnte das auf dem Dachträger montierte Fahrrad den Fahrer über eine Fahrzeugschnittstelle warnen, wenn dieser einen höhenbeschränkten Bereich ansteuert. Der Fahrzeuginnen- oder Kofferraum könnte zukünftig auch als Objektzustell- und Speicherort mit Fremdzugang dienen. Er erkennt jederzeit sein Inventar und erinnert seine Nutzer an nicht richtig gesicherte oder versehentlich im Fahrzeug zurück-gelassene Gegenstände.

Ohne digitales Vertrauen geht es nicht

Ein wesentliches Thema beim Internet der Dinge sind die berechtigten Sicherheits- und Datenschutzbedenken der poten-ziellen Konsumenten. Schließlich wird beim IoT nicht nur eine immense Menge an Geräten miteinander vernetzt. Vielmehr erzeugen diese Geräte zum Teil auch sehr private und personen-bezogene Daten, die gespeichert und transportiert werden. Kein Wunder also, dass digitale Produkte und Services von einigen Kunden- und Verbrauchergruppen sehr kritisch gesehen und heftig diskutiert werden. Viele Unternehmen versuchen ihre Kunden zu beruhigen, indem sie auf den Gesetzgeber sowie die in ihren Häusern etablierten Prozesse und Regelungen (Compliance) verweisen.

Aus unserer Sicht greift dieser Ansatz jedoch zu kurz. Er nimmt die Sorgen und Befürchtungen der Kunden nicht ernst genug. Unternehmen sollten daher daran arbeiten, über die gesetz-lichen Vorgaben hinaus mit einem glaubwürdigen und ganz-heitlichen Ansatz das „digitale Vertrauen“ ihrer Kunden zu gewinnen. Wenn sie diesen Aspekt als elementaren Bestandteil des Kundenerlebnisses verankern, schaffen Unternehmen eine wichtige Grundlage für den nachhaltigen Erfolg ihrer digitalen Geschäftsmodelle. Zudem differenzieren sie sich damit an einem entscheidenden Punkt von ihren Wettbewerbern, die gerade bei IoT Use Cases häufig recht technisch und unpersönlich wirken.

Zu diesen „vertrauensbildenden“ Maßnahmen gehören unter anderem eine größtmögliche Transparenz (Was passiert tatsäch-lich mit den Kundendaten und wohin werden sie geschickt?), Garantien sowie das Angebot von Versicherungen für die Ab sicherung in Schadensfällen.2

2Vgl. dazu u. a. den Vortrag von PwC im Rahmen der Bitkom-Fachkonferenz „Digitalisierung des Finanzmarktes /Bargeldlose Gesellschaft“, Berlin 2015.

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Nichts überstürzen

Weniger konkret, aber nach unserer Auffassung noch wichtiger ist eine reflektierte unternehmerische Haltung im Hinblick auf die Chancen der Digitalisierung. Drei Aspekte sind dabei von besonderer Bedeutung.

1. Die Digitalisierung schafft kein neues Paradies

IoT scheint ein hervorragendes und einfaches Mittel zu sein, kleine und große Alltagsprobleme zu lösen und die Welt besser zu machen. Dahinter steckt die durchaus sympathische Idee, die Welt zu vervollkommnen. Dabei werden jedoch häufig wesentli-che Aspekte, nämlich die Problemstellungen an sich und die (häufig nicht unproblematischen) Implikationen der technischen Lösungen, ausgeblendet. Es wird blinder „Solutionismus“3 betrieben. Die Probleme an sich werden dabei als gegeben ange-nommen, sie werden nicht analysiert, es werden einfache tech-nische Antworten gesucht, bevor die Fragen vollständig gestellt wurden.

2. Kunde bleibt der Mensch, nicht dessen digitaler Zwilling

So verlockend es auch sein mag, aus den digitalen Spuren einen digitalen Zwilling des Kunden zu konstruieren – die beiden sind nicht identisch. Der „wahre“ Kunde kann immer für Überra-schungen sorgen und ist (hoffentlich!) weniger berechenbar als angenommen.

3. Die Forderung nach „mehr Transparenz“ ist ambivalent

Transparenz ist zu einem fast ausschließlich positiv besetzten Paradigma der Digitalisierung geworden – auch wenn die Algo-rithmen, die den Kern vieler Geschäftsmodelle bilden, oft alles andere als transparent sind. Aber es gibt viele Kunden, die sich den Zauber des Geheimnisses, den Wert des Ambivalenten und des Zweifels sowie den Charme der verborgenen Ineffizienz bewahren möchten. Für sie wäre eine vollkommen transparente Welt eine „ärmere Welt“.

IoT ist dabei, den Kinderschuhen zu entwachsen. Exemplarische Use Cases zeigen das enorme Potenzial der kleinen digitalen Helfer. Doch bevor die vernetzten Produkte und Dienste den Markt erobern, müssen Unternehmen noch einige Heraus-forderungen meistern – insbesondere im Zusammenhang mit den Themen Interoperabilität, Konnektivität, Sicherheit und dem digitalen Selbstverständnis.

3Michael Dobbins, Urban Design and People, New York, 2009.

AUTOREN

Steffen Roos ist Managing Consultant und unterstützt Unternehmen aus unterschiedlichen Industrien dabei, die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern.

Ingmar Haffke ist Senior Consultant mit Fokus auf Strategie- und Innovations-beratung, zugehörig zu Detecon’s San Francisco Office. Er begleitet Strategieteams von Kunden in Nordamerika, Europa und aus dem Mittleren Osten auf dem Gebiet digitaler Innovations themen wie Digital Business Models, Digital CRM Strategy, Digital Customer Experience Management oder Mobile/Social Strategy.

Sascha Krpanic arbeitet seit Anfang 2013 als Unternehmensberater. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen digitale Services, Omni-kanalmanagement, Wettbewerbs- und Marktanalysen sowie Unternehmensstrategien.

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Künstler haben unsere Themen neu interpretiert und unsere neue Webseite mitgestaltet.

Besuchen Sie uns unter: www.detecon.com

Wir geben Kunst eine Bühne.

Art meets Consulting

Wir stehen mit unseren Geschäftsfeldern

an einer der spannendsten Baustellen unserer Zeit:

Die Vernetzung globaler Information und Kommunikation.

Unbenannt-1 2 12.11.2015 14:01:26

Page 75: Der Kunde im Fokus der digitalen Transformation Special CRM

Big Data im Kundenbeziehungsmanagement

Vertrauensvoll Mehrwert für Kunden schaffen

Kundenbeziehungen zu verbessern und daraus einen Mehrwert zu schaffen bedeutet vor allem, das Vertrauen der Kunden in das Unter-nehmen zu steigern. Unternehmen müssen deshalb mit Kunden über neue Technologien wie Big Data verständlich kommunizieren, damit diese die Anwendungen verstehen und mittragen.

74 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

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Bislang ist Big Data hinter den möglicherweise überzogenen Er-wartungen zurückgeblieben. Nach Einschätzung von Experten wie Gartner wird Big Data sich daher in absehbarer Zeit durch ein „Tal der Tränen“ bewegen, wie Abbildung 1 illustriert.

Abgesehen von der Enttäuschung über viele Big-Data-An-wendungen zieht dieser Tiefpunkt auch den Rückzug mancher Technologieentwickler nach sich. Was bedeutet das für Big Data im Kundenbeziehungsmanagement und wie soll künftig mit diesem Thema umgegangen werden?

PEAK OF INFLATED EXPECTATIONS

TROUGH OF DISILLUSIONMENT

GRADUAL ADOPTION

ZEIT, BIS PLATEAU DER PRODUKTIVITÄT ERREICHT WIRD

> 5 Jahre

2 – 5 Jahre

Virtual Personal

Assistants

MOVES FROM THE LAB

Argumented Reality

Speech to Speech

Translation

Virtual Reality

Machine Learning

Big Data

Natural Language Question

Answering

Advanced Analytics with Self-Service

Delivery

Citizens Data

Science

Abbildung 1: Big Data im „Tal der Tränen“ [Detecon in Anlehnung an Gartner‘s Hype Cycle]

75 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

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76 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Wertschöpfung für Kunden durch Einsatz von Big Data im Kundenbeziehungsmanagement

Im Mittelpunkt steht die Frage, welchen echten Wert Big Data für Kunden in der Zukunft schaffen kann. Wir liefern Richtlinien für Unternehmen, damit vertrauensvoll Mehrwert für Kunden geschaffen wird, sodass für beide – Unternehmen und Kunden – nachhaltig eine Win-win-Situation entsteht.

Doch zunächst ist zu definieren, was unter Big Data zu verstehen ist. Da Big Data sich durch viele konkurrierende Technologien sowie aufstrebende Technologien und eine Konsolidierung in der Landschaft der Zulieferer auszeichnet, empfiehlt sich eine technologieneutrale Definition. Wir verstehen Big Data als „die Wertschöpfung (Value), die durch Analyse der Daten mittels Volume, Variety und Velocity – die 4 V – erzeugt wird.“

Volume: Die Big-Data-Technologie soll große Datenvolumen bewältigen können. Das Versprechen von Big Data lautet, dass es diverse Terabytes im zweistelligen Bereich – das Volumen einer derzeitigen Speicherlösung – in Minuten verarbeiten und ein Gesamtvolumen im Petabytebereich (= 1015 Bytes, ent-spricht der Größe von Tausend aktuellen Festplattenlaufwerken) managen kann.

Variety: Die Big-Data-Technologie soll unterschiedliche Daten-typen bearbeiten können. Sie sollte nicht nur Antworten in Daten finden, die stark strukturiert sind (zum Beispiel Billing-daten), sondern auch in der Lage sein, aus Quellen mit wenig oder überhaupt keiner Struktur (beispielsweise E-Mails, Kunden-anrufe oder Bilder) Informationen zu extrahieren.

Velocity: Die Big-Data-Technologie soll große Datenvolumen schnell analysieren können. Die Leistung, die von den Big-Data-Systemen versprochen wird, liegt in der Unterstützung der Right-Time-Datenverarbeitung. Unter „Right Time“ verstehen wir, dass das Ergebnis der Datenverarbeitung dann vorliegen muss, wenn es betrieblich gebraucht wird. Das muss nicht notwen-digerweise im Einklang mit der Echtzeit stehen. Big-Data- Lösungen müssen zum Beispiel in der Lage sein, die Threads in den sozialen Medien schnell genug zu interpretieren, um Änderungen der „Stimmungsbilder“ aufzuspüren. Nur so wird die Steuerung der Kundenwahrnehmung proaktiv möglich.

Wir konzentrieren uns schwerpunktmäßig auf die Wertschöp-fung (Value), die für Kunden bei der Anwendung von Big Data im Kundenbeziehungsmanagement entsteht. Im Kundenbe-ziehungsmanagement existiert die Wertschöpfung für Unter-nehmen erst dann, wenn der Kunde einen klaren Mehrwert erhält. Die Wertschöpfung für das Unternehmen entsteht in der Folge aus daraus abgeleiteten Effekten, etwa aus einer verbesserten Kundentreue.

Abbildung 2 zeigt, wie Big Data Mehrwert erzeugt. Der Mehr-wert entsteht durch drei Faktoren. Erstens versetzt Big Data einen Kunden oder ein Unternehmen in die Lage, einen Sach-verhalt besser zu verstehen (Variety, Volume). Zweitens sorgt die Geschwindigkeit der Analyse dafür, dass diese Information zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht (Velocity). Hiermit kann man auf einen Sachverhalt schneller und zielführender reagieren. Dieser zweite Faktor heißt „Entscheidungsagilität“. Nur wenn Kunden oder Unternehmen durch Anwendung von Big Data bessere Informationen bekommen und es ihnen deshalb möglich ist, schneller zu handeln, kann eine Big-Data-Anwendung Mehrwert erzeugen.

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77 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Bessere Informationen

Entscheidungs-agilität

Große Volumen strukturierter und unstrukturierter Daten

Wert von Big Data

Abbildung 2: Der Mehrwert der Informationen mittels Nutzung von Big Data [Detecon 2015]

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Data

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Der Wert der Informationen mittels Nutzung von Big Data

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VOLUME VARIETY

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78 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Nachhaltig gemeinsam mit Kunden Mehrwert schaffen

Anhand von drei Beispielen im Kundenbeziehungsmanagement (Big Data Usecases, Barc Research Study 2015; Leitlinien für den Big-Data-Einsatz, Bitkom 2015) zeigen wir – allerdings ohne Berücksichtigung eines verbesserten klassischen Loyalitäts-managements – auf, wie Big Data Wertschöpfung erzeugt:

I. Integration der Customer TouchpointsIntegration von Informationen, die Kunden über die verschie-denen Berührungspunkte mit dem Unternehmen hinterlassen, womit durch Anwendung von Big Data ein 360-Grad-Kunden-bild entsteht

II. Personalisierung der VertriebskanäleAnpassung der Vertriebskanäle (gegebenenfalls laufend und zeitnah) an potenzielle Kundenwünsche

III. Digitale EinkaufsweltenVerbesserung des Einkaufserlebnisses in Verkaufsräumen und Einkaufszentren durch Informationen über Verkehrsströme und Anwendung digitaler Technologien

Wertschöpfung für Kunden und Unternehmen entsteht, weil Letztere durch Anwendung von Big Data in der Lage sind, schneller und zielführender auf einen Sachverhalt zu reagieren

Beispiele von Big Data Anwendungen im Kundenbeziehungsmanagement, die Potenzial für Wertschöpfung haben

Potenzial für bessere Informationen

Vollständiges und aktuelles Kundenbild

Auf aktuelles Kundenbedürfnis zugeschnittene Angebote machen

Das Einkaufsverhalten von Kunden im Handel besser verstehen

Potenzial für Entscheidungsagilität

Auf aktuelle Kundenanliegen reagieren können

Schnellere und bessere Kaufentscheidung

Agile Optimierung von Verkaufsräumen und Sortimenten entsprechend dem Kundenbedarf

Wertschöpfung für Kunden & Unternehmen

Kunden:• Weniger Aufwand, um

Informationen zu liefern

Unternehmen:• Erhöhte Kundenorientierung• Zufriedenere Kunden

Kunden:• Besseres Einkaufserlebnis

Unternehmen:• Zufriedenere Kunden• Höherer Umsatz• Weniger Retouren

Kunden:• Besseres Einkaufs erlebnis

Unternehmen:• Effizientere Regalausnutzung• Höherer Umsatz

Abbildung 3: Beispiele für mehrwertschöpfende Anwendungen im Kundenbeziehungsmanagement

I. Touchpoint-Integration

II. Personalisierung von Vertriebskanälen

III. Digitale Einkaufswelten

Page 80: Der Kunde im Fokus der digitalen Transformation Special CRM

Abbildung 3 zeigt Beispiele, in denen Anwendungen von Big Data eine Win-win-Situation für Kunden und Unter-nehmen schaffen. Mehrwertschöpfung entsteht nur, wenn die bessere Information, die durch Anwendung entsteht, auch agil eingesetzt wird.

Kundenbeziehungen verbessern und hieraus Mehrwert schaffen bedeutet vor allem, das Vertrauen der Kunden zum Unternehmen zu steigern. Unternehmen müssen sich die entsprechenden Erwartungen der Kunden besser bewusst machen und auf diese auch eingehen. Folglich müssen Unternehmen mit ihren Kunden im Hinblick auf neue Technologien wie Big Data offen kommuni-zieren, damit die Kunden die Anwendung von Data Analytics besser verstehen und auch mittragen können. Dies ist nur mög-lich, wenn Unternehmen Transparenz über die Anwendung von Big Data schaffen und entsprechende Verfahren einvernehmlich mit den Kunden einführen.

Dabei helfen klare Leitsätze. Die Deutsche Telekom hat ei gene Leitsätze zu Big Data aufgestellt (Deutsche Telekom Guiding Principles on Big Data, DTAG 2014). Ein zentraler Punkt dabei ist Transparenz für Bürger und Politik. Im Vordergrund steht für die Deutsche Telekom darüber hinaus die grundsätzliche Verwen-dung von anonymisierten Daten ohne Rückschluss auf Personen und unter Ausschluss der Möglichkeit zur Diskriminierung von Gruppen. Die Deutsche Telekom sucht darüber hinaus den Austausch mit Aufsichtsbehörden sowie nicht staatlichen Organi-sationen. Zudem ist ein aufgeklärter und verantwortungsbewusster Umgang mit Daten von allen Seiten nötig. Das setzt eine Kultur des Einverständnisses sowie die konsequente Berücksichtigung dieser Leitsätze voraus, damit das Vertrauen der Kunden weiter aufgebaut und gestärkt wird.

Win-win für Kunden und Unternehmen

Im Kundenbeziehungsmanagement ist die Wertschöpfung für Unternehmen nur existent, wenn der Kunde einen klaren Mehr-wert erhält. Big Data schafft Mehrwert für Kunden und Unter-nehmen, da die Verfügbarkeit von zutreffender Infor mation zum richtigen Zeitpunkt bessere und schnellere Entscheidungen gewährleistet.

Big Data eröffnet durch Proaktivität und Interaktion einen neuen Horizont im Kundenbeziehungsmanagement.

Da gute Beziehungen auf großem Vertrauen basieren, müssen Unternehmen mit Kunden über neue Technologien wie Big Data verständlich kommunizieren, damit die Kunden die Anwendung von Big Data verstehen, mittragen und im Idealfall sogar selbst einfordern. Hierfür brauchen Unternehmen klare Leitlinien, die transparent und konsequent eingehalten werden.

AUTOREN

Dr. Frank Wisselink ist Interim Manager und Managing Consultant bei Detecon. Er berät und leitet Innovations- und Strategiegroßprojekte innerhalb und außerhalb des Konzerns Deutsche Telekom.

Dr. Ralf Meinberg ist Senior Experte für Regulierungsstrategie bei der Deutschen Telekom AG. Er ist dort unter anderem mit der Strategieentwicklung von Innovations- und Internetthemen beschäftigt.

Julian Obeloer ist Berater bei Detecon und im Telekommunikati-onssektor mit Fokus auf Marketing, Strategie und Business Analytics . Sein derzeitiger Einsatzschwer-punkt ist in größeren nationalen und internatio-nalen Transformationsprojekten. Zuvor war er für Vodafone und Miele tätig und hat hier zahlreiche Erfahrungen gesammelt.

79 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

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Der Übergang von der analogen in die digitale Welt verlief von vielen Menschen nahezu unbemerkt. Und auch die Begleitumstände, die mit den neuen Techniken einhergingen, wurden vielfach nur punktuell, ohne erkennbaren Bezug zur technologischen Revolution, wahrgenom-men. Dass das aber ohne ein konsequent konstruiertes Zusammenspiel aus Technik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft nicht möglich gewesen wäre, macht der Wirtschaftsjournalist und Kommunikations-experte Dr. Reinhard Schwarz von der Bielefelder Inforce GmbH am Beispiel der Kommunikationsbranche deutlich.

– Franklin D. Roosevelt

„ Sei aufrichtig; sei knapp;

sei hartnäckig.“Analogos-Digitalis – Wandel in der Kommunikationsbranche

Bildung bleibt der Schlüssel

80 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

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81 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Willkommen im digitalen Zeitalter! Ein langer Weg. So manches musste im Vorfeld erledigt werden, bis wir dort angekommen sind, wo wir heute stehen. Als in den 80er-Jahren der Startschuss fiel, diskutierte die Menschheit noch eifrig über den gläsernen Menschen, die Vernichtung von Arbeitsplätzen, das papierlose Büro. Derweil nahm die Entwicklung ungerührt ihren Lauf, auch wenn niemand verlässlich sagen konnte, wohin die Reise überhaupt gehen sollte. Die großen Technologiekonzerne witterten ihre Chance, forschten, entwickelten, boten an und verkauften. Es entstand allmählich eine völlig neue Infrastruktur, die rein dem Digitalen diente. Aus proprietären Computersystemen erwuchsen offene. Großrechneranlagen schrumpften auf PC-Größe, analoge Netze aus dem „Telefonkoffer“ wandelten sich erst zum „Motorola-Knochen“, dann bald zu handlichen Mobiltelefonen. Lange Zeit unbemerkt von der Öffentlichkeit änderte sich die Arbeitswelt – auch diese Strukturen formierten sich neu. Ganze Branchen verschwanden sang- und klanglos. Man denke an Filmhersteller wie Agfa oder Kodak, die den digitalen Zug immer nur von hinten sahen, oder an die „litho-grafischen Anstalten“, wie sie sich vielerorts auch nach 2000 noch nannten.

Am Anfang das große Sterben

Eine besonders dramatische Entwicklung durchliefen die Berufe in der Kommunikationsbranche. Viele Agenturen nahmen jahre-lang nicht wahr, dass sich eine kleine Revolution vollzogen hatte, sie wurstelten so weiter wie bisher. Die Folge: molochartige Agenturgebilde mit bis zu 120 Mitarbeitern schrumpften auf Normalgröße, das heißt zwischen 5 und 30 Mitarbeitern, oder sie verschwanden ganz. Was war passiert? Nicht nur in den Agenturen, auch im Privaten und in den Unternehmen freuten sich die Menschen über erschwingliche Text- und Grafik s oft-wareprogramme, mit denen sich trefflich nicht nur Visitenkarten, sondern sogar Broschüren und ganze Bücher gestalten ließen. Jeder war plötzlich sein eigener Grafikdesigner, Texter und Druckvorstufenhersteller. Und es kostete nur einen Bruchteil dessen, was man vorher für vom Grafiker gestaltetes Briefpapier oder die Visitenkarte hinlegen musste. Sah zwar meist grauen-haft aus, aber warum auch eine mehrjährige Ausbildung dafür machen?

Inzwischen waren auch die analogen Fotoapparate verschwunden, die Digitalisierung setzte ihren Siegeszug fort und kreierte den Allroundfotografen, der zum Nulltarif draufhielt und massen-weise Bildmaterial lieferte. Das motivierte auch den Marketing-mitarbeiter in den großen Unternehmen, seinen Teil zur Kosten-dämpfung beizutragen. Unscharf? Egal! Und man stellte fest, dass das hochwertige Kundenmagazin nun keine hochpreisigen Lithos mehr brauchte, man nicht unbedingt einen Profifotografen einsetzen musste, man auch keinen Textprofi benötigte, denn

„Deutsch haben wir ja alle in der Schule gelernt“, wie es ein mittelständischer Unternehmer bei der Ansprache an seine Marketingabteilung einmal formulierte. Das Wissen der Kommu-nikationsspezialisten wanderte über die Entwicklung von leistungsfähigen Softwareprogrammen direkt in die Marketing-abteilungen, die die Devise ausgaben: „Lieber nicht perfekt, dafür aber kostengünstig von eigenen Leuten hergestellt.“ Denn Perfektion von außen zugekauft ist teuer. Agentursterben war die Folge.

Europäische Wissenschaftstradition: Immer im Mittelpunkt – und so im Wege!

Derweil tat sich im Bildungsbereich vieles, was den neuen Kurs stützte. Die Digitalisierung forderte die Vereinfachung. 1996 drückte man dem Volk eine Rechtschreibreform mit ebendiesem Ziel aufs Auge. Im Auge befand sich aber offensichtlich das sprachliche Mittelmaß, denn viele Schreibungen und lästige Regeln wie die Kommaregeln wurden durch andere, teils unsin-nigere ersetzt: So blieb zwar die „Grenze“ die „Grenze“, der „Stengel“ indessen mutierte wundersam zum „Stängel“, was immer noch zu allerlei Gequengel führt, das aber bloß nicht Gequängel geschrieben werden durfte.

Und schließlich ging man dem gesamten europäischen Bildungs-system an den Kragen.

Ende der 90er-Jahre stießen europäische Bildungsexperten den schon länger geplanten „Bologna-Prozess“ an, der einen homo-genen europäischen Bildungsraum mit einheitlichen, verkürzten Studienabschlüssen realisieren sollte. Gefördert werden sollten die Mobilität der Studierenden, Lehrkräfte und Wissenschaftler, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäfti-gungsfähigkeit. Gefragt war und ist fortan der „Brotstudent“, der seinen „Bachelor“ innerhalb von sechs Semestern berufs-qualifizierend abschließt. Die Fixierung der Studiengänge auf gängige Berufsbilder sollte die gewünschte „Employability“ sichern mit dem Ergebnis, dass die klassische Bildung auf dem Altar der beruflichen Ausbildung im Dienste einer hoch technisierten Wissensgesellschaft geopfert wurde. Die Chefs der Kommunikationsagenturen stellten indessen fest, dass die Ausbildung zum Volontär nun plötzlich ergänzt werden musste mit Grundlagenwissen, an dem es hinten und vorne mangelte.

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82 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

Digitalisierung revolutioniert die Kommunikation

So griff eins ins andere. Freie Fahrt für die Digitalisierung in alle Lebensbereiche! Die Technik forderte und bekam, was die Uni-versitäten und privaten Fachhochschulen produzierten: den auf ein Ziel hin fokussierten, zumeist auf Tagesaktualität hin abonnierten Geistesminimalisten, der digitale Technik intuitiv begreift und in der Lage ist, die Themen des gesellschaftlichen Lebens ganz unbefangen verkürzt auf die Displays der digitalen Welt zu projizieren. Was nun Standard war, ergriff die große Welt der Kommunikation. Wo früher ganze Archive in Ordnern gepflegt wurden, reicht heute bereits ein Smartphone, welches fast unbeschränkten Zugang zur Recherche gibt, zu Daten-banken, Wissensportalen und Medien. Wo im Fachzeitschriften-journalismus früher noch die tagelange Recherche mit ausführ-lichen Fachbeiträgen und Interviews von Experten gepflegt wurde, läuft heute die rasche Recherche im Internet, das schnelle Skype-Interview oder der kostenfrei ins Haus gelieferte PR-Beitrag, der massenhaft die Redaktionen überflutet.

Nicht aber gelitten haben die Auflagen. Nie gab es so viele Fachzeitschriftentitel wie heute, hier ist Print absolut „in“. Nicht mehr ganz so sexy sind die klassischen Tageszeitungen, die schwer unter der gewollten Oberflächlichkeit der Rezipienten zu leiden haben. Sie haben zum großen Teil die Chancen, welche die Digitalisierung bietet, verschlafen und schlimmer noch: Viele haben bis heute nicht die Notwendigkeit erkannt, ihre Marketingbudgets umzustellen zugunsten der digitalen Kommunikation. Sie denken immer noch analog und bilden ihre Zeitung eins zu eins im Netz ab. Leider falsch gedacht – und deswegen laufen die Abonnenten in Scharen davon.

Siegeszug der digitalen Technik

Und nichts kann diesen kontinuierlichen Abonnentenschwund aufhalten, solange Verleger und altvordere Chefredakteure nicht einsehen wollen, dass der digital verwöhnte Kunde das für die digitale Zeit adäquate Medium haben will: strategisch geplant, gekonnt moderiert, möglichst in Echtzeit, mit kurzen, knappen Inhalten, plakativ, illustriert, unterstützt von Podcasts und schnellen Responsemöglichkeiten durch Blogs und Fachforen. Und natürlich eng verknüpft mit der Social-Media-Welt. Da zeigt die Digitalisierung ihr Können. Tatsächlich bringt sie Kurzlebigkeit und Oberflächlichkeit mit sich. Was aber kein Gesetz ist, sondern nur denen entgegenkommt, die das rezipieren wollen. Wer tiefer in die Materie eindringen will, kann das besser und variantenreicher, als es in der analogen Welt jemals möglich war. Er muss nur in der Lage sein, zahlreiche Wissens-inseln durch eigenes Know-how und Kombinationsfähigkeit blitzschnell zu verknüpfen und daraus folgerichtige Schlüsse zu ziehen. Das aktuelle Bildungssystem fördert oder unterstützt diese Fähigkeiten aber nicht mehr.

So bleibt es einer relativ kleinen Bildungselite vorbehalten, die Chancen und Segnungen der digitalen Welt nutzbringend und durchaus genussvoll für sich und ihre Klientel einzusetzen. Für Unternehmen und beratende PR-Spezialisten eine Herausforde-rung, die allerdings auch große Chancen mit sich bringt: Dies könnte die Zukunft der vielfach bedrohten Kommunikations-branche sichern! Die gesellschaftliche Kommunikation entwic k-elt sich in Richtung Direktkommunikation, auch zwischen Unternehmen und Kunden. Wer in der Lage ist, aufgrund seines speziellen Wissens mit Social Media so arbeiten zu können, dass er Produkte, Lösungen und Leistungen eines Unternehmens authentisch, geschickt und sympathisch, ohne den Umweg über Medien nehmen zu müssen, platzieren kann, hat die digitale Herausforderung begriffen und wird sie souverän meistern. Bildung als Dienstleistung – ob klassisch, breit gefächert, spezia-lisiert oder auch virtuell – ist der Schlüssel dazu. Das Zeitalter der schlichten Kommunikation, der Verkürzung und Verflachung von Inhalten macht es uns einfach, die Stromschnellen des Mainstreams zu umschiffen. Das ist das erfreuliche Erbe der analogen Welt.

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83 Detecon Management Report dmr • Special CRM 1 / 2016

AUTOR

Dr. Reinhard SchwarzJahrgang 1952, hat nach seinem Studium der Germanistik, Geschichte und einem Aufbaustudium der Kommunikations-wissenschaften und Journalistik an den Universitäten Tübingen und Stuttgart-Hohenheim zunächst mehrere Jahre als freier Journalist und Autor gearbeitet. Seit 1987 ist er Inhaber und Geschäftsführer der Inforce GmbH, Agentur für Public Relations und Fachpresse arbeit in Bielefeld. Als Kommunikationsexperte berät er Mittel-ständler und Großunternehmen aller Branchen sowie Bildungseinrichtungen. Sein besonderer Fokus gilt dem Wissenschaftsjournalismus mit Spezialgebieten wie Wirt-schaftswissenschaften, IT/TK und medizinische Grund-lagenforschung/Pharmaforschung.

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Was erwarten Kunden an digitalen #Kontaktpunkten? Wie schaffen es Unternehmen zur #DigitalCustomerExcellence?

Wie sieht die #DigitaleKundenreise aus?

Antworten gibt eine Studie der FOM Hochschule Köln

und Detecon.

Antworten gibt eine Studie der

Die Studie steht hier zum Download bereit:

www.detecon.com/de/Publikationen/digital-customer-excellence

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4 Detecon Management Report DMR • Special 2015

Detecon ist die Heimat für Beraterinnen und Berater, die über den Tellerrand hinausschauen. Tunnelblick oder gar Karriere-Egoismus helfen nicht, den digitalen Wandel für alle Industrie- und Dienstleistungssektoren global zu gestalten. Unsere Kultur gibt Freiheiten, Möglichkeiten und auch Zeit, sich voll zu entfalten und ein echter Detecon- Consultant zu werden. Das gilt für die Arbeit an allen Firmenstandorten weltweit, genauso wie für das Leben zu Hause. Neugierig? Wir freuen uns auf Deine Bewerbung.

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Wanted:Digital Minds

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