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PO2 hileermwchebsand elc. der Normandte. Der Meermaschelsand und Meeniiusclielmergel (la langue) der Normandie. Einige Lieues von der Kuste der Normandie erhehen sich die Inseln Choussey, der Mont Saint Michel, Tombe- laine und andere Felsen aus dem Meere; Granit ist das Gestein. woraus sie gebildct sind. tn ihrer %he findet sich eine ungeheure und unerschiipfliche Austernbank, deren Verzweigungen einer unterirdischen Bcrgkette gleich, sich wahrscheinlich ohne Untcrbrechung von Cancale bis Saint Vaast-la Hoguc iiber eine Strecke von 150 Kilometer ausdehnen. Nirgends anrlctrwiirls ist das hleer nnlgcregter, so von harten granitischen Felsen starrend, als hier. Jcdcn Augenblick werden zahllose 3lcngen von Austernschalcn durch die ungestiimen Wellen von der Bank abgcrissen, hinweggetragen. gcgen einander gerieben, mil Gewalt gegen die Felsen geschleudert und so nach und nach zu Staub zerrieben, der mit den1 ubrigen Sande des Mecres semengt in die Baien und Buchten Serrieben wird und sich hier aus dem beruliigten Wasser hesonders an den Miindungen der Flusscben absetzl. Dicscr hleermuschelsand und Meer- muschelmergel spielt bei den Landwirthcn der Deparle- mente la Manche, Calvados und Ille el Vilaine eine grosse Rolle als Dungemittel. Sic nennen ihn langue, tunqw, tanyzr, scablon, charre’e blanche, Meerasche, Mcrgcl, Stauh- sand n. s. w. Der Name Tangne ist am haufissten im Gebrauche. Die Tangue ist ein graues odrr weissgr!lbe~, bald mehr bald weniqcr thoniges odcr sandiges Cemcnge von kohlensaurem Kalk, Qunrzsand, Feldspa!hsantl, Glim- merblattchcn, Thon, nehst kleinen Quantilaten von Chlo- ridcn, schwefelsauren und pliosphorsaurcn Salzcn und sticksroffhaltigen organischcii Substanzen. Die Ablagerung dcr iichlcn Tangue schcint sich von der Yiindung der Rance his zur Bucht von Veys zu erstrecken. Die Alunduiigen der Rance, des Couesnon, dcr Sclune, der She, der Sicone, dcs Ay, der Taute, der Vire und der Aure sind die hauptsiichlichstcn Liiger- stiitteri dcrselben. Auch am Strantle von Tourlavillc, bei Cherboui-g und an der Miindung der Orne bei Caen sam- melt man dieselbe. Liingst der liuste dcr Brelognc und Normandie von St. Malo bis Cacn ist also die Hauprnieder- lag dicses hleeresproductes. Der jahrliche Capitalumsatz durch Aufsammlung der Tangue und Verkauf derselben an die Laiidwirthe belauft sich a’uf 4 - 5 Milkmen Franken. Nach einer von I s i d o r P i e r r e , Professor dcr Chemie zu Caen, ansestellten Berechnung werden jiihrlich gegen

Der Meermuschelsand und Meermuschelmergel (la tangue) der Normandie

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Page 1: Der Meermuschelsand und Meermuschelmergel (la tangue) der Normandie

PO2 hileermwchebsand elc. der Normandte.

Der Meermaschelsand und Meeniiusclielmergel (la langue) der Normandie.

Einige Lieues von der Kuste der Normandie erhehen sich die Inseln Choussey, der Mont Saint Michel, Tombe- laine und andere Felsen aus dem Meere; Granit ist das Gestein. woraus sie gebildct sind. t n ihrer %he findet sich eine ungeheure und unerschiipfliche Austernbank, deren Verzweigungen einer unterirdischen Bcrgkette gleich, sich wahrscheinlich ohne Untcrbrechung von Cancale bis Saint Vaast-la Hoguc iiber eine Strecke von 150 Kilometer ausdehnen. Nirgends anrlctrwiirls ist das hleer nnlgcregter, so von harten granitischen Felsen starrend, als hier. Jcdcn Augenblick werden zahllose 3lcngen von Austernschalcn durch die ungestiimen Wellen von der Bank abgcrissen, hinweggetragen. gcgen einander gerieben, mil Gewalt gegen die Felsen geschleudert und so nach und nach zu Staub zerrieben, der mit den1 ubrigen Sande des Mecres semengt in die Baien und Buchten Serrieben wird und sich hier aus dem beruliigten Wasser hesonders an den Miindungen der Flusscben absetzl. Dicscr hleermuschelsand und Meer- muschelmergel spielt bei den Landwirthcn der Deparle- mente la Manche, Calvados u n d Ille e l Vilaine eine grosse Rolle als Dungemittel. Sic nennen ihn langue, t u n q w , tanyzr, scablon, charre’e blanche, Meerasche, Mcrgcl, Stauh- sand n. s. w. Der Name Tangne ist a m haufissten im Gebrauche. Die Tangue ist ein graues odrr weissgr!lbe~, bald mehr bald weniqcr thoniges odcr sandiges Cemcnge von kohlensaurem Kalk, Qunrzsand, Feldspa!hsantl, Glim- merblattchcn, Thon, nehst kleinen Quantilaten von Chlo- ridcn, schwefelsauren und pliosphorsaurcn Salzcn und sticksroffhaltigen organischcii Substanzen.

Die Ablagerung dcr iichlcn Tangue schcint sich von der Yiindung der Rance his zur Bucht von Veys zu erstrecken. Die Alunduiigen der Rance, des Couesnon, dcr Sclune, der She, der Sicone, dcs Ay, der Taute, der Vire und der Aure sind die hauptsiichlichstcn Liiger- stiitteri dcrselben. Auch am Strantle von Tourlavillc, bei Cherboui-g und a n der Miindung der Orne bei Caen sam- melt man dieselbe. Liingst der liuste dcr Brelognc und Normandie von St. Malo bis Cacn ist also die Hauprnieder- l a g dicses hleeresproductes. Der jahrliche Capitalumsatz durch Aufsammlung der Tangue und Verkauf derselben an die Laiidwirthe belauft sich a’uf 4 - 5 Milkmen Franken. Nach einer von I s i d o r P i e r r e , Professor dcr Chemie zu Caen, ansestellten Berechnung werden jiihrlich gegen

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Aleermuschelsnnd elc. der Normandie. 1293

2 Will. Cubikrneler, oder da 1 Cubilrmeler derselben 1100 bis I500 Kilogrrn., im Mittel 4300 Kilogrm. wiegt, 2600 Mil l . Kilogrm. Tangue auf dem bezeichnclen Gebiele gesammelt und ziir Dungung der Feldsr benutxt.

Seit den altesten Zeitcn fuhren die Landwirthc jener Gegenden Tangue auf ihre Felder; in achten Doctimenten aus dem 121cn Jahrhrindert (1186) wirtl die Benulzung der Tangue zur Dungung als elwas larigst Uebliches bezeichnet.

Die ersle Analyse der Tanpue slellle C ti e v r e u I 1822 rnit einern Meersand von Cherbourg an. In 400 Theilen desselben fand er :

0,38 Proc. im Wasser ldsliche S a k e (die niintlii.hen, welcho das Meerwasser heim Abdnnipf'en hinterlAwI),

1 6 - 2 8 v knhlens. Kallc I 16,66 Proc. fcinzerriehene Muschel- 0,35 ,# kohlens. Tslkerde trlimmer, 0,28 ,t l'honerde, Eisenoxyd, phosphors. Kalk und phopphors.

Talkerdc, 82,62 I Quarrsand uad Sand anderer Silirsle. 99,91 Proc.

Dieser Sand wirkt nach C h e v r e u 1 I) indern cr die zu ziihen Bodenarten auflockerl; 2) durch seinen Gehalt an kohlensaurern tialk; 3) (lurch seinen Gehalt an Salzen; 4.) durch die sticksloffhaltigen Substanzcn, welche sich

darin zurn Theil im loslrchen Zustnndc befinden; die unliislichen organischen Substanzcn sind nach C h e v r e u I wahrscheinlich in dcn zerricbcnen Mu- scheln .enthalten.

Spatcr stellten P a y e n . V i t a l i s urid Bouc u e t Jeder eine Anal 'se mit dcr Tangue an. Sie fandcn kb-4.4 Proc. kot~lcns. k a l k , 48-55 Proc. plirnrncrhaltigen Sand. ? Proc. siickstotrhaltigc organische Suhstanz. kleirie hlengen von Kochsalz, Chlormagniurn. Gyps, schwrfels Kali Ilnd Zatron, Talkerde und Eisenoxyd. B ou q u e t fand 2 Proc. Phos- phorsaure.

vom rechten Ufer des Fliisschens She: Nach einer Analysc? von C l a u s s enthalt die Tangue

Kohlensauren Kalk. . . . 33,65 Proc. Kohlensuure Talkerde.. 1,44

Schwefelsauren Kalk . . 2 , 2 0 Pho9phorsauren Kalk . . 1 ,30 Schwefels. n'atron.. 0 ,12 Kochsalz 0,71

Kohlens Eisenoxydul.. . Spuren

... ............. leicht lbcliche Salre I Chlorkalium .......... 0.03 Chlormagniurn ........ 0,13

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204 Meertrrzcschslsnnd elc. der Nomandie.

........... .........

Ta'krrds ' . * ' * * ' ' ' . ''375

Eisenoxyd. 3.39 hlangtanoxyd 0,73

Kali 2,91 Natron . . . . . . . . . . . . . 0,83 Thnnerde. . . . . . . . . . . . 7,29 Kieselerdc . . . . . . . . . . 3 1.3'2 Schwefeleisen . . . . . . . . 0.9'2 Yehwefelblei ......... 0,33 (?) Orpanische Substanzen 1,23 Veilust .............. 1.72

Thon, Qiiarzsand und Sand anda- ................ rer Silicate 1 100,OO.

Elerr K i v o t verbffentlichte sechs Analysen von Tangue- sortcn, welche unter seiner Leitung i n der Ecole des rnirres arigesteIIt wurden. Sic enthielten:

3,5-6!4 Proc. kohlensiuren Kalk, 1,1-4.6 I( Eisenoxyd,

0 - 5 6 ,, eines durrh Siuren leicht angreifharen Thons, 12,8 -iO ,, ()uarzs:ind untl andere sandige Silicate,

0.5-2 ,O ,I liouhsiilz, 0,3-0,5 ,, liohlailsaures R'nlron (?), 0,2-0,5 ,t phosphorsnores R'nlron,

Spiiren bis 0,3 ,, f'hosyhorsfiure (als phosphors. Kalk vnrhaadeii). Herr M a r c h a l , Ingenieur, verofl'en~lichte 1844 Ana-

Er fand dnrin : lysen von I G vcrschiedenen Sorten Tangue. 22,14-53,22 Proc. kohlensaiiren Yalk, 0,86 - 2,0 ,, hohlensaure Tsllterde,

1 - 2,0 ,, .phosphorsaiiren K a l k , 0,25 - 5,8 . ,) i i n Wasser liisliche Salze, nreis\ens n s r 1 Proc.

u n i l wrniger, 4 4 - i 5 i n S luren unliislirhe Substanzen (Thon utid

Sand), nebs1 e twas in Siuren ldslicheni Eisen-

1-10 t, Glfihverlust (Wsssr r t i . organische Substanzen). oxyd.

Die mhlreichsten und vollstiindigsten, mit sorgfaltig an Ort und Slelle gesammcllen Proben angestellten Ana- lysen hat im Jahrc 4852 Herr I s i d o r P i e r r e veroffent- licht. 18 verscliicdenct Proben der Tangue von S L Rlalo, Rloidrey, Mont Martin s i ir Bler, Cherbourg, Pont tle la Kocque, Brcvantls, higny, von der Miindung dcr S h und der Orne enthielten be1 100° C. getrocknet:

23-52 Proc. knhlensauren l ialk, 0,1-1,3 ,, lallcerde, O,i-2,1 I! Eisenoxyd und Thonerde, lbslich i n knlter ver-

dfinnter Salpeterstiure, Kali und Katron, loslich in k a l k r verdiinnter Sal- pelersaure.

Spuren bis 1,13 ct

Spuren bis 2,25 ldsliche Kieselerde, C,08-1,38 u Phosphorsbure,

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Meerrnuschekand elc. der Normandie. 295

Spuren bis 0,66 Proc. Schwefelstiure, 0,01-0,9 x Chlor,

0,016--0,160 c Stickstoff, 37,9 - 7 3 2 tt Sand (Quarzsand, Feldspathsand, Bimmerbli~tchen)

und Thon, ual0,alich in kiilter verdiinater Salpetes- siiure.

0 3 - 7 , l *f durch schwaches Cliihen ao der Luft zu vertliicb- tigends Theile (Wasser u. organische SuLstanzeo).

Der Wassergehall J e r luhtrocknen Proben ist ver- schieden; sic verlieren, bei 100° C. gelrocknet, 0,24 bis 2,s Proc. hygroskopisches Wasser.

DieSorten aus einer und derselben Bucht, aus einem und deniselhen Lager sind um so reicher an Stickstoff, ja fetter sie erscheinen, d. h. j e feiner ihre Theilchen sind.'

Sieht man die Tangue durch verschieden feine Siebe, so sind die auf tlem groberen Siebe zuruckbleibenden Theile reicher an kohlensaurem Kalk, als die durchfallen- den feincrcn Theile.

blelirere Tensuesoslen geben heim Schlarnmen eine Feioertle, welclic reicher is1 an kohlensaurem Kalk, phos- phorsaurern Kalk und Stickstoff, als die rohen Tangue- sorten.

Die Tangue wird hochst selten im frischen Zustande als Diingemiitel benutzt. sondern ersl nachdern sie 3 bis 5 blonatc lang der Lufi ausgesetzt auf Haufen gelegen hat, i d e m man gefunden hat, dass Pie alsdann hesser auf die Pflanzen einwirkl. Wahrend dieser Aufbewahrune erleidet diescll)e eirie %unahme ilires Volunis um 9 - 40 Procenl; durch Umschaufeln wird dieses sog. Gedeihen befiirdert. Die Volurnvermchrung der Tangue durcli la'ngeres Liegen an der Luri ist eine Folge des Aufbhtterns der einzelnen b~uschelhrochstucke. Beini Erhitzen der Tangue Cndel elmifalls ein Aufblahen derselben stult. Oh die Se1)rannle 'riingue aiif die Vegclalion vorlheilhaft w i r l t . ist zweifelhafi. I n uiigehanntem Zustnnde, nach ihrer Auflockeimg durch melirmoni~tliches Liegeri auf die Pelder gcbracht, wirkt sic niich Is i d o r P i e r r e Iiauplsiichlich durcli ihren Gehalt an kohlcnsaurem Kalk, sodann auch diirch ihren Gchalt an phosphorsauren Salzen urid an Stickstoff. Auch die uhrigen in Wasser u n d Saiiren loslictien Beslandtheile rniigen Theil an der siinstigeri Wirkung haben. A u f zu zjlicn Rodcn wirkt sic mechanisch durch Auflockerung des Dodens. Dass sie nicht durch das in ihnen enihallene Kochsalz wirken, wie die dortigen Landwirthe insgemein glauben, ergiebt sich schon daraus, dass die an Koshsalz armsten Sortcn haufig die beste Wirkung zeigen. S0dan.n

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e96 Titrirmethode ZUT Uestimmung des %inns

fand I s i d o r P i e r r e in den Regenwassern von Caen die Salze des Meerwassers in hinrsichender Menge urn 1 Hcc- tare Landes jahrlich 60 Kilogrm. Chlormetalle, darunter 45 Kilogrm. Kochsalz zuzufihren, ausserdem noch 33 Kilo- gramme schwefelsaure Salze. Manche Tanguesorlen ent- halten aher in den 12 Cubikmetern ( = 16,000 Kilogrni), welche jahrlich auf 1 Hectare Land gebracht werdea, zuweilen nur 5 Kilogrm. Salz

Die Tangue wird selten allein auf die Felder gefahren. meistens men, t man sie vorher mit Stallmist. Hofcrde, Strassenkehric t 1, Teichschlarnm, Schlamm ails Bacheri unt f Graben u. s. w. Die gebildeten Cornposthaufen lasst man 1 4 Tage bis 4 Wochen lang liegen, sticht sic alsdann ein- ma1 urn, Ikst aberrnals 8Tage liegen und fahrt den Dun- ger nun auf die Felder.

A u f Wiesen wendet man die Tangue ohne Ver- mischung an.

Die Quantitat der aiif 4 Hect. Land gefuhrten Tangue betragt bei guter Beschaffenheit der lcrzteren 8--18 Cubik- meter, bei miltelmassigcr Beschaffenheit lo-20 Cubikmeter. I n der Urngc,gend von Chcrhourg bringt man sogar 23 his 400 Cubikrneter derselben auf 1 Hectare Land.

Seltcn bringt man dieselbe alljiihrlich auf das Land; Luzernefcldcr hcliommcn dieselbe alle zwci bis drei Jahre, anderes Ackerland u n d Wiescn alle drei, vier, ja nur nlle f i n f Jahre. Die geschatztesten Sortrn ergaben sich bei der Analyse irnmer als die an kohlensaurcm Kalk reich- sten. (Ann. de Chim. el de Phys. 3. Sdr. T. 37. Janv. el Picr. 1853. p . 81 - 154.) H . Lvdwig.

Titrirmethode zur Bestiininuiig des Zinns. S a i n t - L i: g e r theilt dariiber Fol cndes mil: Ver-

schiedene Titrirrnerhoden sind vorgesch?agen zur' Bestim- mung des Zinns.

C o t t e r e a u fiigt zu der Losung des Zinns in Chlor- wasserstoffsaure ein wcnig schwefelsaure Indiglosung und

iesst dann nach und nach eine titrirte Chlorlosung hinzu, fis der Indigo sich entfarbt, his folglich alles Chtoriir in Chlorid verwandelt ist. Dieses Verfahren wurde nicht zu tadeln sein wofern es moglich ware, eine Chlorlosung in

leicher Starke zu conserviren; aber man weiss, dass 88s Chlor, selbst im Dunkeln, das Wasser zersetzt, und die Losung nach einigen Tagen (1) stall Chlor Chlor- wasserstoffsaure enthalt.