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Der Plan: Weltmeister und Lehrer werden Hintergrund: Spitzensport und Studentenalltag, wie lassen sich diese zwei Welten miteinander verbinden? Die Technische Universität Kaiserslautern versucht, den Spagat zu schaffen, will Sportler fördern und ihnen den Weg im Studium erleichtern. Funktioniert das in der Praxis? Stabhochspringerin Gina Reuland und TaekwondoKämpfer Thomas Sommer berichten von ihrem Sport und Unileben. Gina Reuland (im Bild rechts) Die 1,80 Meter große Stabhochspringerin ist luxemburgische Meisterin. Die 19Jährige ist in Luxemburg geboren, betreibt seit 1998 Leichtathletik, ist seit 2005 als Stabhochspringerin aktiv, trainiert seit Herbst 2009 beim LAZ Zweibrücken. Seit dem Wintersemester 2011/12 studiert sie Mathematik an der TU Kaiserslautern. Thomas Sommer (im Bild links) Der 1,69 Meter große Taekwondo Kämpfer aus Kaiserslautern, für Koryo Kaiserslautern am Start, ist zweifacher VizeEuropameister, war Dritter bei der Universiade, zwei Jahre zuvor Dritter bei der Welt, im selben Jahr Dritter bei der Europameisterschaft, 2010 Dritter bei der StudentenWM in Spanien. In diesem Jahr hat er seinen zehnten deutschen Meistertitel geholt. Der 23 Jährige studiert im siebten Semester Sport und Biologie an der TU Kaiserslautern. Gina Reuland blickt angestrengt auf das Display und versucht irgendwie, schlau daraus zu werden. Vorsichtig drückt sie ein paar Tasten. Das Laufband unter ihren Turnschuhen bewegt sich, und plötzlich kippt der rechte Teil der Bahn nach unten. Die 19Jährige stolpert nach vorne und lacht. „Ich war da noch nie drauf”, gesteht sie. Normalerweise trainiert die Stabhochspringerin aus Luxemburg in Zweibrücken, mit Übungen, die gezielt auf ihren Sport ausgerichtet sind. Wenn sie nicht gerade lernt. Seit dem Wintersemester studiert sie Mathe matik an der TU Kaiserslautern. „Kristina hat sie mir empfohlen”, sagt sie. Und meint damit Kristina Gad schiew, die Stabhochspringerin aus Zweibrücken, die ebenfalls an der Uni studiert. Mit ihr ist die luxemburgi sche Meisterin befreundet, trainiert mit ihr. Dass sie auf die Empfehlung ihrer Sportkollegin gehört hat, hat sie nicht bereut. Für Thomas Sommer war es nie eine Frage, ob er hier studiert, nur mit der Fächerkombination hat er sich an fangs vertippt. „Ich habe angefangen mit Architektur. Das hat mir nicht gelegen”, gibt der 23jährige Lauterer

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Der Plan: Weltmeister und Lehrer werden Hintergrund:  Spitzensport  und  Studentenalltag,  wie  lassen  sich  diese  zwei  Welten  miteinander  verbinden?  Die  Technische  Universität  Kaiserslautern  versucht,  den  Spagat  zu  schaffen,  will  Sportler  fördern  und  ihnen  den  Weg   im   Studium   erleichtern.   Funktioniert   das   in   der   Praxis?   Stabhochspringerin   Gina   Reuland   und  Taekwondo-­‐Kämpfer  Thomas  Sommer  berichten  von  ihrem  Sport-­‐  und  Unileben.  

Gina  Reuland  (im  Bild  rechts)  

Die   1,80   Meter   große  Stabhochspringerin   ist   luxemburgische  Meisterin.   Die   19-­‐Jährige   ist   in  Luxemburg   geboren,   betreibt   seit   1998  Leichtathletik,   ist   seit   2005   als  Stabhochspringerin   aktiv,   trainiert   seit  Herbst  2009  beim  LAZ  Zweibrücken.  Seit  dem   Wintersemester   2011/12   studiert  sie   Mathematik   an   der   TU  Kaiserslautern.  

Thomas  Sommer  (im  Bild  links)  

Der   1,69   Meter   große   Taekwondo-­‐Kämpfer   aus   Kaiserslautern,   für   Koryo  Kaiserslautern   am   Start,   ist   zweifacher  Vize-­‐Europameister,  war  Dritter   bei   der  Universiade,  zwei  Jahre  zuvor  Dritter  bei  der  Welt-­‐,  im  selben  Jahr  Dritter  bei  der  Europameisterschaft,   2010   Dritter   bei  der   Studenten-­‐WM   in   Spanien.   In  diesem   Jahr   hat   er   seinen   zehnten  deutschen   Meistertitel   geholt.   Der   23-­‐Jährige   studiert   im   siebten   Semester  Sport   und   Biologie   an   der   TU  Kaiserslautern.  

 

Gina  Reuland  blickt  angestrengt  auf  das  Display  und  versucht  irgendwie,  schlau  daraus  zu  werden.  Vorsichtig  drückt  sie  ein  paar  Tasten.  Das  Laufband  unter  ihren  Turnschuhen  bewegt  sich,  und  plötzlich  kippt  der  rechte  Teil  der  Bahn  nach  unten.  Die  19-­‐Jährige  stolpert  nach  vorne  und  lacht.  „Ich  war  da  noch  nie  drauf”,  gesteht  sie.  Normalerweise  trainiert  die  Stabhochspringerin  aus  Luxemburg  in  Zweibrücken,  mit  Übungen,  die  gezielt  auf  ihren  Sport  ausgerichtet  sind.  Wenn  sie  nicht  gerade  lernt.  Seit  dem  Wintersemester  studiert  sie  Mathe-­‐matik   an   der   TU   Kaiserslautern.   „Kristina   hat   sie  mir   empfohlen”,   sagt   sie.   Und  meint   damit   Kristina   Gad-­‐schiew,  die  Stabhochspringerin  aus  Zweibrücken,  die  ebenfalls  an  der  Uni  studiert.  Mit  ihr  ist  die  luxemburgi-­‐sche  Meisterin  befreundet,  trainiert  mit  ihr.  Dass  sie  auf  die  Empfehlung  ihrer  Sportkollegin  gehört  hat,  hat  sie  nicht  bereut.  

Für  Thomas  Sommer  war  es  nie  eine  Frage,  ob  er  hier  studiert,  nur  mit  der  Fächerkombination  hat  er  sich  an-­‐fangs  vertippt.  „Ich  habe  angefangen  mit  Architektur.  Das  hat  mir  nicht  gelegen”,  gibt  der  23-­‐jährige  Lauterer  

zu.  Er  ist  inzwischen  bei  Sport  und  Biologie  auf  Lehramt  gelandet  und  im  siebten  Semester.  

Dass   sein   Leben   aus  Vorlesungen  und   Training  besteht,  macht   ihm  nichts   aus.   Schwierig  wird   es   nur   dann,  wenn  Wettkämpfe  und  Prüfungen  zusammenfallen.  Dann  profitiert  er  von  seinem  Status  als  Spitzensportler.  „Wenn  es  darum  geht,  eine  Klausur  zu  schieben,  wenn  man  sich  vorbereiten  muss,  zum  Beispiel  auf  eine  EM,  frage   ich   den   Prof.   Ich   sage   dann,   dass   ich   im   Förderprogramm   bin,   und   es   gibt   nie   Probleme”,   berichtet  Sommer.  Er  weiß,  wovon  er  spricht.  Sechs  Weltmeisterschaften  hat  er  in  seiner  Unizeit  hinter  sich  gebracht,  fünf  Europameisterschaften  im  Studium  bestritten  und  alles  unter  einen  Hut  gebracht.  

Gina  Reuland  hat  zwar  das  meiste  noch  vor  sich,  aber  der  Start  hat  schon  mal  ganz  gut  geklappt.  Sie  hat  sich  selbst  eine  Wohnung  gesucht,  wohnt  fünf  Minuten  von  der  Uni  weg,  fährt  nach  den  Vorlesungen  zum  Training  und  dann  wieder  heim  zum  Lernen.  Dass  sie  jeden  Tag  trainiert,  ist  auch  für  sie  normal.  Nur  am  Sonntag  hat  sie  frei,  wenn  nicht  gerade  ein  Wettkampf  ist  oder  das  Studium  seine  Pflicht  verlangt.  

Zur  Uni  gehen,  lernen,  abends  trainieren,  am  Wochenende  ein  Lehrgang  seines  Vereins  Koryo  Kaiserslautern  oder  vom  Bundeskader,  so  sieht  das  Leben  von  Thomas  Sommer  gerade  aus.  Er  wohnt  bei  seinen  Eltern,  sein  Vater,  der  rheinland-­‐pfälzische  Landestrainer  Klaus  Sommer,  trainiert  ihn  -­‐  in  der  Turnhalle  des  Hohenstaufen-­‐Gymnasiums,   fünf  Minuten  weg   von   seiner  Wohnung.   „Wir   reden   den   ganzen   Tag   über   Taekwondo”,   sagt  Sommer.  Taekwondo  steht  für  ihn  auf  dem  Stundenplan,  seit  er  drei  war.  Und  er  ist  froh,  dass  seine  Freundin  das  gleiche  „Hobby”  hat.  „Sie  ist  im  Nationalteam,  ist  mit  mir  zusammen  deutsche  Meisterin  geworden.”  

Dass  das  Studium  unter  dem  Sport  etwas  leidet,  muss  er  zugeben.  „Ich  habe  seit  meinem  ersten  Semester  zig  Turniere  bestritten.  Bin  auch  durch  Klausuren  gefallen,  weil   ich  so  viel   trainiert  habe.”  Normalerweise  wäre  nach  dem  siebten  Semester  Schluss.  „Ich  habe  ein  zusätzliches  achtes  bekommen.”  Reuland   ist  da  noch  am  Anfang.  Die  ersten  schweren  Prüfungen  hat  sie  schon  bestanden  und  ist  ganz  zufrieden.  Dass  die  Mitstuden-­‐ten  neidisch  sind,  weil  sie  öfter  mal  nachmittags  nicht  da  ist,  hat  sie  nicht  festgestellt.  Im  Gegenteil.  „Sie  sind  alle  sehr  nett,  helfen  mit.”  

„Es  ist  anders  als  in  der  Schule.  Meine  Freunde  lassen  mir  die  ganzen  Zusammenfassungen  zukommen,  bieten  mir  an,  dass  ich  abends  vorbeikommen  kann”,  erzählt  Sommer.  „Sie  sind  auch  stolz,  dass  sie  jemanden  ken-­‐nen,  der  in  der  Welt  rumfliegt  und  mit  ihnen  Basketball  und  Fußball  spielt.”  

Auf  Studentenpartys   ist  der  Taekwondo-­‐Kämpfer  so  gut  wie  nie  zu   finden.  „Mir   ist  mein  Training  wichtiger.  Wenn  ich  auf  eine  Party  gehe,  muss  ich  mich  zwei  Tage  erholen.”  Seine  Freundin,  die  aus  Wiesbaden  stammt,  hat   er   auf   einem   Turnier   kennengelernt   -­‐   in   Luxemburg.   Seit   acht   Jahren   sind   die   beiden   jetzt   zusammen.  Sommers  Zukunftswunsch:  Lehrer  werden.  Und  er  hofft,  dass  sich  das  dann  mit  seinem  Sport  verbinden  lässt.  Doch  im  Juni  steht  erstmal  die  Studenten-­‐WM  an.  

 

Zur Sache: Partnerhochschule des Spitzensports Seit  fünf  Jahren  trägt  die  Technische  Universität  (TU)  Kaiserslautern  das  Prädikat  „Partnerhochschule  des  Spit-­‐zensports”.  Das  deutschlandweite  Projekt  läuft  an  mehr  als  90  Universitäten  mit  dem  Ziel,  studierenden  Spit-­‐zensportlern  den  Spagat  zwischen  akademischer  Ausbildung  und  Spitzensport  zu  erleichtern.  

Um  dies  auch  an  der  TU  Kaiserslautern  zu  ermöglichen,  kooperiert  der  UNISPORT  als  zentrale  Einrichtung  der  Universität   unter   der   Leitung   von   Thomas  Woll  mit   dem  Olympiastützpunkt   Rheinland-­‐Pfalz/Saarland,   dem  Studierendenwerk  Kaiserslautern  und  dem  Allgemeinen  Deutschen  Hochschulsportverband.  

In   ihrer   Kooperationsvereinbarung   bieten   die   TU   Kaiserslautern   und   das   Studierendenwerk   Kaiserslautern  verschiedene  Möglichkeiten,  Studium  und  Spitzensport  aufeinander  abzustimmen.  Beispielsweise  sollen  per-­‐

sönliche  Mentoren  die  Athleten  bei  einer  individuellen  Studienplanung  unterstützen.  

Ziel   ist  eine  Flexibilisierung  der  Studienplanung  während  des  Semesters  und  über  das  gesamte  Studium  hin-­‐weg.  Um  die  Teilnahme  an  Meisterschaften  zu  ermöglichen,  besteht  zum  Beispiel  die  Möglichkeit,  Urlaubsse-­‐mester  zu  beantragen.  So  kann  die  Regelstudienzeit  trotz   längerer  Abwesenheit  eingehalten  werden.   Ist  ab-­‐sehbar,   dass   trotz   aller   Bemühungen   Fristen   nicht   eingehalten  werden   können,   dürfen   Fristverlängerungen  beantragt  werden.  Das  Studierendenwerk  stellt  ein  gewisses  Kontingent  an  Wohnheimplätzen  zur  Verfügung,  und   der  UNISPORT   ermöglicht   die   kostenfreie   Nutzung   der   Hochschulsportanlagen   und   -­‐Einrichtungen.   So  können  die  Sportler,  die  gefördert  werden,  im  Idealfall  am  selben  Ort  wohnen,  studieren  und  trainieren.  

Derzeit  studieren  an  der  TU  Kaiserslautern  mehrere  studentische  Spitzensportler,  die  durch  dieses  Programm  gefördert  und  unterstützt  werden.  Sie  verpflichten  sich   im  Sinne  der  Kooperationsvereinbarung  unter  ande-­‐rem  dazu,  ihr  Studium  sorgfältig  zu  planen  und  sich  auf  alle  Prüfungen  gewissenhaft  vorzubereiten.  Außerdem  repräsentieren   sie   die   Universität   und   den  UNISPORT   bei   Hochschulmeisterschaften,   Universiaden,   Studie-­‐rendenweltmeisterschaften  und  offiziellen  Veranstaltungen.  

Im  Projekt  befinden  sich  zurzeit  unter  anderem  Kristina  Gadschiew  (Stabhochsprung),  Stella  Holczer  (Karate),  Thomas  Sommer  (Taekwondo)  und  Felix  Blümmel  (Kunstrad).  

Weitere   Informationen  gibt  es  auf  der  Homepage  des  Allgemeinen  Deutschen  Hochschulsportes  unter  „Pro-­‐jekte”,  bei  den   jeweiligen  Kooperationspartnern  oder  beim  Projektbeauftragten  der  TU  Kaiserslautern,  Tho-­‐mas  Woll.  (red)  

 

Autorin:  Maria  Huber  Quelle:    

Verlag:  DIE  RHEINPFALZ    Publikation:  Pfälzische  Volkszeitung    Ausgabe:  Nr.83    Datum:  Samstag,  den  07.  April  2012    Seite:  Nr.25    "Deep-­‐Link"-­‐Referenznummer:  '8793505'    Präsentiert  durch  DIE  RHEINPFALZ  Web:digiPaper