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Der Rebell Gottes - (Aus DerSpiegel 17-2011)

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Jesus-Bildnis aus dem 4. Jahrhundert (aus einer römischen Katakombe)

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Die letzten Kilometer ritt der Frem-de auf einem Esel. Er war etwa30 Jahre alt, stammte aus der Un-

ruheprovinz Galiläa und hatte sich einenNamen als „Zauberer“ gemacht. Einigemeinten, er stehe mit Satan im Bunde.

Zwölf Apostel folgten dem Mann imgroben Gewand. Sie kamen von Ostenund betraten Jerusalem wahrscheinlichan einem Frühjahrstag des Jahres 30 oder33 n. Chr.

Fiebrige Spannung lag auf der heiligenStadt. Es war die Woche vor dem Passa-

fest, das an die Flucht des auserwähltenVolkes aus Ägypten erinnerte. Massen jüdischer Pilger selbst aus dem fernenGallien, Britannien oder Mesopotamienströmten alljährlich herbei – angeblichbis zu 125000.

Auf dem Höhepunkt der Kultfeier ver-wandelte sich der Ort in eine Schlacht-bank. Tausende Lämmer starben, ihreHoden und Eingeweide verbrannten diePriester als Sühneopfer am Allerheiligs-ten. Das Fleisch wurde gegessen.

Jesus schritt möglicherweise nahe derstädtischen Müllkippe „gehenna“ (derenNamen er zuweilen für die Hölle benutz-te) durchs „Dungtor“, wo der große Ri-

tualteich lag. Dann stieg er die gestufteStraße zum Tempel empor.

Schneeweiß, mit steilen Böschungs-mauern, erhob sich das gewaltige Hei-ligtum – der größte Sakralkomplex derrömischen Epoche. Nach Angaben desHistorikers Flavius Josephus (um 37 bis100 n. Chr.) war der Tempel „mit Gold-platten bekleidet“ und „blendete dasAuge gleich den Strahlen des Tagesge-stirns“.

Der Innenhof maß 262 mal 262 Meter.In einer Markthalle wurden Turteltauben

als Opfertiere verkauft. Daneben standendie Tische der Wechsler.

Viele Pilger nutzten die Anreise, um ihreSteuer zu bezahlen. Weil das Tempel-schatzamt nur die stark silberhaltigen Sche-kel aus Tyros annahm, mussten die Gästeihre römischen Münzen umtauschen.

Gegen das Gefeilsche richtete sich dieWut des Fremden. Jäh warf er die Wechs-lertische um und schmetterte die Tauben-käfige zu Boden. Der Tempel, rief er, seieine „Räuberhöhle“.

Wenige Tage später war der Mann ausNazareth tot. Nach sechs qualvollen Stun-den am Marterholz starb er am Karfreitagvor knapp 2000 Jahren in einem aufge-

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Titel

Die rohe BotschaftStarb auf Golgatha ein politischer Rebell?

Bibelforscher sehen die historische Gestalt des Messias in neuemLicht. Als er lehrte, tobte in Palästina ein blutiger

Freiheitskampf gegen Rom. War Jesus Christus gewaltbereit?

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Pilger auf Karfreitagsprozession in Jerusalem 2009: Gedenken an einen Justizirrtum

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Spuren der PassionDer Weg Jesu vom Einzug in Jerusalem bis zur Kreuzigung ist nur an wenigen Stellen archäologisch belegt. Der Pilgerweg (Via Dolorosa), den Besucher heute abgehen, beruht größtenteils auf phantasievoller Deutung des Neuen Testaments.

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Herodes-Palast Verhör durch Pilatus

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Die Kreuzigung war das schlimmsteStrafmittel, das Roms Justizapparat zubieten hatte. Um den Zug an den Armenzu verringern (und einen schnellen Ersti-ckungstod zu verhindern), gab es Kreuzemit kleinen Sitzen oder Fußbrettchen. Sozog sich das Sterben in unvorstellbarerGrausamkeit über Tage hin.

Verhaftung, Verhör, Tod, Wiederauf-erstehung: Für rund 2,2 Milliarden Chris-ten ist der Opfertod, dessen sie an Kar-freitag und zu Ostern gedenken, Folgeeines brutalen Justiz irrtums.

Eindringlich beschreiben die Evange-lien, wie Jesus in die Fänge der jüdischenPriesterschaft gerät, die ihn der Gottes-lästerung bezichtigt und hernach an dieRömer ausliefert.

In der „neunten Stunde“, also gegendrei Uhr nachmittags, stirbt der Delin-quent demnach mit lautem Schrei. Erd-beben erschüttern das Land, der Vorhangim Tempel zerreißt, den Gräbern entstei-gen angeblich Tote.

Ein Sanftmütiger, zu Unrecht gequält,bespuckt und mit einer Dornenkrone ver-höhnt – das ist das Urerlebnis der christli-chen Bußreligion. Selbst der Centurio, deran der Hinrichtungsstätte Wache schiebt,nennt Jesus einen „Unschuldigen“.

So weit die Bibel.Nur, stimmt das? War Christus wirklich

so friedfertig, wie die Evangelisten Mat-thäus, Markus, Lukas und Johannes weis-machen wollen?

Religionswissenschaftler haben sichdar angemacht, das Neue Testament an-ders zu bewerten. Die LebensgeschichteJesu, so ihr Verdacht, wurde verklärt undumfrisiert.

Unter „dicken Schichten frommer Iko-nografie“ gelte es den „historischen“ Jesuszu entdecken, schreibt der britische AutorNick Page in einem bemerkenswertenneuen Buch*. Und diese Gestalt erinnereihn an ein „wandelndes Pulverfass“.

Der Neutestamentler Gerd Theißenstuft die Jünger als „Partisanen Gottes“ein, die mit „deutlicher moralischer Ag-gression gegen die Mächtigen“ antraten.Aus der Sicht der römischen Besatzungs-macht sei Christus ein Aufwiegler und„Wertrevolutionär“ gewesen.

Der Theologe Martin Ebner von derUniversität Münster geht davon aus,dass Jesus eine bestimmte Regierungs-form anstrebte. Demnach sah er die Juden als „föderalistisch strukturiertesBun desvolk“ mit den Aposteln als An-führern.

Folgende Punkte schälen sich heraus: ‣ Jesus lehnte das Finanzsystem des Je-

rusalemer Tempels ab; ‣ er rief zum Steuerboykott auf;

* Nick Page: „Die letzten Tage Jesu“. Pattloch Verlag,München; 400 Seiten; 19,99 Euro.

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Titel

‣ er zählte zu seinen Anhängern Leuteeiner gewaltbereiten Kaste.Mutiert der Heiland zum Verkünder

einer rohen Botschaft?Gegründet ist diese andere Bewertung

auf eine Vielzahl an Befunden. EntlegeneWüstenbibliotheken wurden durchfors-tet. Ausgräber haben in Israel Ruinen,Bäder und Stallgehöfte freigelegt: In diesem Umfeld lief das Drama von Todund Erlösung ab. Immer schärfer zeich-

net sich auch die biblische Passionsge-schichte selbst im historischen Nebel ab.Der verzierte Knochensarg des Hohe -priesters Joseph Kaiphas (der Jesus zu-erst verhörte) kam zutage. Pontius Pila-tus wurde durch eine steinerne Inschriftbezeugt.

Selbst eine Nebenfigur wie Simon vonKyrene (er schulterte für den ge -schwächten Jesus den Querbalken desKreuzes und trug es nach Golgatha) lässt

sich jetzt durch ein Familiengrab nach-weisen.

Vor kurzem meldete der ArchäologeShimon Gibson sogar, er habe den „ge-nauen Schauplatz des Prozesses“ ent-deckt. Demnach fiel das Todesurteil ineinem zugigen Tordurchgang des 140 Me-ter langen Herodespalastes in der Ober-stadt von Jerusalem.

Exakt dort, auf einem Richterstuhl sit-zend, rief Pilatus, seit 26 n. Chr. RomsStatthalter in Judäa, in der Frühlingskühleeines Freitagmorgens einen Gefoltertenauf, der bereits 24 Stunden lang nicht ge-schlafen hatte.

Auf seine entscheidende Frage an denAngeklagten: „Bist du der König der Ju-den?“, antwortete dieser: „Du sagst es.“(Markus Kapitel 15, Vers 2).

Soldaten führten den Mann hernach inden Innenhof des Regierungsgebäudesund geißelten ihn an einer Säule. EinePeitsche, an deren Riemen Eisen- oderKnochenstücke hingen, sauste auf ihnnieder. Aus antiken Berichten weiß man,dass die Folterknechte zu weilen zuschlu-gen, bis die Knochen bloßlagen.

Die Folterknechte schlugen zu,bis die Knochen bloßlagen.

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Haus des KaiphasVerhör durch den Hohepriester

Stadtgrenze zur Zeit Jesu

U N T E R S T A D T

Westmauer desTempels

Klagemauer

FelsendomFelsendom

Aksa-MoscheeAksa-Moschee

Burg AntoniaTempelwacht der Römer

Garten GethsemaneVerhaftung Jesu

DungtorEintritt Jesu in die Stadt

Der große Jahwe-Tempel von Jerusalem, um 10 n. Chr. eingeweiht, hatte sechs getrennte kultische Zonen.

1 „Hof der Nichtjuden“ für alle Besucher

2 Hofplatz nur für Juden

3 Hof der Frauen

4 Hof Israel für Frauen verboten

5 Hof der Priestermit Opferaltar

6 Allerheiligstes wurde nur einmal im Jahr vom Hohepriester betreten

Ritualteich

Abendmahlssaal

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Große Säulenhalle: Marktstände, Gehege für Opfertiere, WechslertischeGroße Säulenhalle: Marktstände, Gehege für Opfertiere, Wechslertische

südliche Treppendurchgänge zum Hof

südliche Treppendurchgänge zum Hof

Aufweg zum Tempel

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Nur, was geschah im Fall Jesus?Zu gern würden die Forscher in seiner

Prozessakte stöbern. Einiges spricht da-für, dass es solche Unterlagen einst wirk-lich gab. Das Römische Recht sah vor,„Anklagen schriftlich einzureichen“, er-klärt der Jurist Detlef Liebs. „Das Urteilmusste kurz begründet und öffentlichverkündet werden.“

Doch nichts davon blieb erhalten.Dass der Kriminalfall wirklich statt-

fand, steht außer Zweifel. Schon damalsgalt er als brisant und schlug Wellen. Fla-vius Josephus erwähnt einen gemar terten

ren da etwas umgeschminkt und ge-schönt?

Unzweifelhaft ist, dass Jesu Agitations-feldzug für das „nahe Himmelreich“ ein-gebettet war in einen breiten Freiheits-kampf, der damals im Gelobten Landtobte. Freischärler und Attentäter begehr-ten gegen die römischen Zwingherrenauf. Sie überfielen Handelsstraßen undmeuchelten Legionäre.

Immer wieder finden sich im NeuenTestament seltsa-

me Brüche und verräterische Spuren, dieden Wanderprediger aus Galiläa in dieNähe eines gefährlichen Empörers rü-cken.

„Wenn dich jemand auf deine rechteBacke schlägt, dem biete die andre auchdar“, verkündet der Erlöser zwar in seli-ger Demut. Doch er erklärt auch: „Ichbin nicht gekommen, Frieden zu bringen,sondern das Schwert“ (Matthäus 10,34).

Eine volle römische Kohorte, rund 600Soldaten, lässt der Evangelist Johannesaufmarschieren, um den Mann zu ver-haften – so, als gehe es um einen schlim-men Staatsfeind. Und in der Tat kommtes zum Tumult: Ein Jünger haut einemHäscher das Ohr ab.

Ähnlich ruppig geht es beim letztenAbendmahl zu. Voll dunkler Vorahnun-gen sitzt der Zwölferbund bei Brot undWein. Plötzlich – Lukas 22,36 – ruft Jesusseine Leute zur Selbstbewaffnung auf:„Wer aber kein Geld hat, soll seinen Man-tel verkaufen und sich dafür ein Schwertkaufen.“

Petrus legt sofort zwei geschliffene Ei-sen auf den Tisch. Erst im letzten Augen-blick verwirft der Meister den Gedanken.

Kirchenleute überlesen solche Stellengern. Sie halten fest am Credo des über-

„weisen Mann“ namens Jesus. Dem rö-mischen Historiker Tacitus zufolge ließPilatus ihn hinrichten, weil er einen „un-heilvollen Aberglauben“ verbreite.

Eine seltsame Notiz findet sich auchim Talmud. Dort taucht ein „Jeschu derNazarener“ auf, der wegen „Zauberei“und weil er „Israel verführt und abtrünniggemacht hat“, zusammen mit weiterenBanditen gehängt wird.

Der Heiland alsRebell – habenbiblischeZenso-

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Jericho

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Genezareth

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Meer

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Privatbesitz des römischenKaisers

Nazareth

Kaper-naum

Cäsarearömisches Heerlager

Qumran

Peräa

Sepphoris

Tiberias

Bet-saida

Gadara

Cäsarea Philippi

Gebiet des

Archelaos

seit 6 n. Chr.

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Gebiet des Antipas

Nach dem Tod Herodes’ des Großen (4 v. Chr.) wurde das Kernland der Juden an drei seiner Söhne verteilt. Kei-nem der Vasallen erlaubten die Römer, den Königstitel zu tragen.

Gebiet des Philippus

Bethlehem

Jerusalem

menschlichen Dulders. Abertausende Ge-mälde und Schnitzereien in Gotteshäu-sern zeigen den Heiland als Schmerzens-figur, hilflos und ausgemergelt.

Papst Benedikt XVI. spricht in seinemneuen Jesus-Bestseller (Teil II: „Vom Ein-zug in Jerusalem bis zur Auferstehung“)von einem „König, der die Kriegsbogenzerbricht“. Mit Gewalt, dem „Lieblings-instrument des Antichristen“, habe Jesu„Reich der Menschlichkeit“ nichts zuschaffen.

Doch selbst der Apostolische Vaterkann es nicht gänzlich leugnen: Die Bot-schaft des Nazareners rückt er in dieNähe von „politischem Dynamit“.

Eine Fraktion von Gelehrten geht sogarnoch viel weiter. Sie vermutet, dass derPrediger aus Nazareth auch vor Krawallnicht zurückscheute. Der Wiener Kultur-historiker Robert Eisler deutete bereitsvor dem Zweiten Weltkrieg Jesus als „Re-volutionär apokalyptischen Gepräges“,der nach seinem Einzug in Jerusalem ge-zielt einen Umsturz anzetteln wollte.

Der Hauptverdacht richtet sich dabeiauf den Jünger Simon, der in der Bibelden Beinamen „der Zelot“ trägt. So wur-de im ersten Jahrhundert ein jüdischerGeheimbund genannt, der aus dem Hin-terhalt Anschläge verübte.

Petrus, den sich schlichte Gemüter gernals freundlichen Wettermacher vorstellen,hat im Neuen Testament den SpitznamenBarjona – was „Terrorist“ heißen kann.

Keine Frage: Je mehr die Wissenschaftden Gesalbten vom Fels der Kirchenlehrelosschmiedet, desto fremdartiger er-scheint er.

Vor allem die Sozialgeschichtler, dienach den konkreten Lebensbedingungen

im Heiligen Land fragen, haben vieleneue Details zutage gefördert. Als dieApostel auf staubigen Wegen durchs bäu-erliche Palästina schritten, brodelte es imKernland der Juden.

Ursache war der Einmarsch römischerTruppen. 63 v. Chr. erstürmte der Feld-herr Pompejus den befestigten Tempel

von Jerusalem und betrat das Allerhei-ligste – ein Sakrileg.

Zwar blickten die Einheimischen da-mals bereits auf eine 700 Jahre lange Un-terjochung durch Assyrer, Babylonier,Perser und Griechen zurück. Doch dieneuen Besatzer waren gründlicher in ihrer kulturellen Hegemonie und ver-schärften die wirtschaftliche Ausbeutungnoch.

Dagegen sperrte sich das stolze Volkdes Monotheismus. Nirgendwo im riesi-gen Imperium Romanum weigerten sichdie Unterworfenen erbitterter, den Na-cken zu beugen.

Die Folge: Eine nicht abbrechende Fol-ge von Kleinkriegen erschütterte das Gelobte Land. In der grausam geführ-ten Auseinandersetzung rächte sich dasReich zunächst mit Massenkreuzigungen. 70 n. Chr. zerhämmerte es den Tempel.Im Jahr 135 n. Chr. warf es schließlichalle Juden aus Jerusalem hinaus.

Das Evangelium der Liebe – es spieltauf der blutigen Bühne einer gescheiter-ten Zwangsintegration des palästinensi-schen Judentums.

Anfangs, unter Herodes dem Großen(37 bis 4 v. Chr.), ging es noch vergleichs-weise ruhig zu. Geschickt diente sich derVasallenkönig den Machthabern ausEuropa an und übernahm ihren Lebens-stil. Er schlemmte aus Goldgeschirr undpflasterte das Land mit Thermen undPferderennbahnen.

Zugleich umwarb er daheim die reli-giöse Elite. Wenige edle Familien, dieSadduzäer, kungelten untereinander denPosten des Hohepriesters von Jerusalemaus. Diesem Kultadel schenkte Herodesunter Einsatz „unermesslicher Kosten“

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Taufritual im Jordan: Knietief im Wasser stehend verkündete der Täufer die nahe Abrechnung mit dem BösenED KASHI / VII

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(Josephus) einen bombastisch vergrößer-ten Jahwetempel.

Goldene Spieße auf den Dächern ver-hinderten Vogeldreck. Um 10 n. Chr. wur-de das Gotteshaus eingeweiht. Jesus warzu dieser Zeit ein kleiner Junge.

Obwohl sich kaum jemand der Schön-heit dieses Sakralbaus entziehen konnte,war Herodes’ Ansehen im Volk längst rui-niert. Zu heidnisch und roh war er auf-getreten. In Arenen hatte er sich daranvergnügt, wie sich Stiere und Löwen zer-fetzten.

Als der – zuletzt nahezu paranoid ge-walttätige – König starb, teilte er dasLand per Testament unter seinen in Romerzogenen Sprösslingen Archelaos, He-rodes Antipas und Philippus auf.

Die Tora-Gläubigen im Volk verachte-ten diese Jüngelchen. Noch während dieBrüder in Rom um neue Vasallenverträgebaten, steckten religiöse Empörer daheimPalästina in Brand.

Drei Legionen waren nötig, um denAufruhr zu ersticken, bei dem 2000 Judenzur Strafe am Kreuz starben. Doch schonzehn Jahre später folgte die nächste Krise.Archelaos fiel in Rom in Ungnade undwurde abgesetzt.

Danach legte der Kaiser das aufmüpfi-ge Judäa noch enger an die Kette undverwandelte es in eine Provinz. Die förm-liche Verwaltung kam in die Hand derSadduzäer.

Nun haftete der Ruch der Kollabora -tion auch an den Tempel-Chefs. Grabun-gen bezeugen, dass die Hohepriester inprachtvollen, bis zu 600 Quadratmetergroßen Villen in Jerusalem lebten. Kai-phas’ liturgisches Gewand hatte blaueTroddeln, einen Goldsaum und zweiSmaragde als Schulterschmuck.

Die Römer hielten den Rock allerdingsunter Verschluss und gaben ihn nur zufestlichen Anlässen heraus.

Die Priester konnten zwar verhindern,dass das vergoldete Bildnis der Cäsarenin ihrem Heiligtum aufgestellt wurde.Doch dafür verlangten die Herren vomTiber, dass ihnen täglich ein Bulle undein Lamm zu opfern waren.

Auf dem Nährboden solcher Zwangs-kompromisse bildeten sich im Volk reli-giöse Spaltbewegungen. Schrullige Em-pörer zogen in die Wüste ab. Andere ver-übten mit Krummdolchen Attentate aufdie Priester.

Angeheizt wurde die Wut durch dieTatsache, dass die Bürger Judäas ihreSteuern nun direkt an den römischen Fis-kus abführen mussten. Heiden presstendas Land Gottes aus.

Besonders hartnäckig leisteten die Zeloten Widerstand, die Eiferer unternah-men von Schlupfwinkeln am Rand derWüste aus Vorstöße gegen Besatzungs -soldaten und reisende Beamte. Ein gewis-ser Judas hatte diese Gruppe 6 n. Chr. ge-gründet.

Exakt in diesem Krisenjahr kam in Na-zareth das Baby „Jeschua“ zur Welt. Dasjedenfalls behauptet der Evangelist Lu-kas. Andere Bibelstellen nennen ein frü-heres Geburtsdatum.

Zwischen Strohdächern und Ziegen-pferchen wuchs der Knabe auf. Gemüse-gärten umgaben das Dorf. Ausgräber fan-den Weinpressen. Schon vor Morgen-grauen mussten die Frauen aufstehen undBrot backen, das die Männer mit auf dieFelder nahmen.

Der Bibel zufolge hatte Jesus vier Brü-der. Einer von ihnen, Jakobus, wurde 62n. Chr. ebenfalls wegen Aufrührerei hin-gerichtet. Der Vater Joseph arbeitete als„tekton“, also Maurer. Luther machtedar aus einen Zimmermann.

200 bis 400 Menschen lebten damalsim ärmlichen Nazareth. Die dortige Syn agoge besuchte der Junge früh.

Seine Freunde nennen ihn später „Rab-bi“.

Die fromme Welt Galiläas war aller-dings bedroht. Am See Genezareth ent-stand eine Fischzucht samt Pökelzentrum.Münzen mit heidnischen Symbolen ka-men in Umlauf. Riesige Landgüter undLuxusvillen wurden gebaut. In Sepphoris,fünf Kilometer von Jesu Heimatdorf ent-fernt, öffnete ein Theater für 4200 Besu-cher.

19 n. Chr. erhielt Galiläa eine neueprachtvolle Hauptstadt: Tiberias am Uferdes Sees Genezareth. Dort lebte der jü-dische Landesfürst Herodes Antipas ineinem Palast, geschmückt mit Tierbil-dern.

Derlei war den Bauern im Umland einGräuel. Der Feind errichte Marktplätze,„um Huren daraufzustellen“, grollte einRabbi im 2. Jahrhundert.

Jüdisches Leben gehorchte ganz ande-ren – strengen – Gesetzen. Am Sabbatdurfte keiner arbeiten, nicht mal Feuermachen. „Aussätzigen“ (Josephus) wardas Betreten Jerusalems verboten.

Ständig wusch und reinigte sich derFromme. Unkoscheres Essen befleckteihn, mehr noch Menstruationsblut: Frau-en in der Periode mussten deshalb dieKüche verlassen.

Grabungsfunde zeigen, dass selbst Bau-ern in ihren Häusern Tauchbäder sowieSteinwannen für die rituelle Waschungund Ölung der Füße besaßen. Wer eineLeiche berührte, konnte sich nur mit Was-ser entsühnen, das mit der Asche einerroten Färse vermischt war.

Dem Imperium war derlei Totenscheufremd. Auf seinen Straßen wurden Bettlerzuweilen von streunenden Hunden zer-fleischt. Einen schaurigen Einblick in dieSitten der Römer bieten 75 Abfallgruben,die man in ihrer Hauptstadt fand. Sie wa-ren gefüllt mit Tierkadavern, Unrat undden Leichen armer Leute.

Straßenkehrer-Sklaven hatten dieSchächte gefüllt.

Die ganze Härte des kulturellen Zusam-menpralls verdichtet sich in der Gestalt desTiberius, der von 14 bis 37 n. Chr. regierte.Während Jesus durch die Levante schritt,ergötzte sich der lüsterne Kaiser in seinemAlterssitz auf Capri und ließ sich antikenBerichten zufolge in seinen Thermalbeckenvon Knaben verwöhnen.

Von seinen Statthaltern in den Provin-zen verlangte der Cäsar ein störungslosesSchröpfen der Untertanen. Seine Devise:„Mein Schaf soll geschoren, nicht gehäu-tet werden.“

Dabei ging der Ausbeuter durchaus ge-schickt vor. Die Juden im Reich genossenviele Sonderrechte. Vom Militärdienstwaren sie in der Regel ausgenommen.

Und dennoch: Die Ritualgesetze des 2. Buches Mose waren einfach zu streng.Schon die schiere Anwesenheit heidni-scher Soldaten, meint der Theologe Thei-

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Kaiser Tiberius, Apostel Simon der Zelot

Jüdischer Widerstand gegen die Besatzer

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ßen, habe das Gelobte Land in einen Zu-stand der „Verunreinigung“ versetzt.

Es war diese Angst um das eigene kul-turelle Erbe, die das Volk in Unruhe ver-setzte – und Johannes dem Täufer dieMassen zutrieb. Fernab, in der Wüste vonPeräa, bot Jesu Lehrmeister ungefähr ab27 n. Chr. ein Entsühnungsbad im Jordanan. Theißen sieht darin eine „Antwortauf eine Unreinheit“, die „das ganzeLand und alle Israeliten bedrohte“.

Tausende kamen anmarschiert. Johan-nes, um 5 v. Chr. geboren, trug ein Ge-wand aus Kamelhaar, aß wilden Honigund Heuschrecken und rührte keinen Al-kohol an.

Auch Jesus stieß zu dem Asketen.Knietief im Wasser stehend, verkündeteder Täufer das nahe Gottesgericht, ge-dacht als Generalabrechnung mit demBösen.

Jesus übernahm später viele Gedankenseines Lehrers. Beim Speisen allerdingsmochte er es gern üppiger. Seine Gegnernennen ihn einen „Fresser und Weinsäu-fer“ (Lukas 7,34).

Der Aufenthalt am Jordan endete fürden frischen Täufling mit einem Schock.Der Grund: Johannes hatte es gewagt,Herodes Antipas wegen seiner „Schand-taten“ (Lukas 3,19) zu rügen.

Auch verurteilte er das Sexuallebendes Regierungschefs. Der Fürst hatte sei-nem Halbbruder die Frau ausgespanntund dafür die eigene Gattin davongejagt.

Das gehe gar nicht, schimpfte Johannes.Den Machthabern galt das als Aufwiege-lei: Um 29 n. Chr. stürmten staatliche Büt-tel heran, überfielen die Kommune desTäufers und verschleppten ihn auf einenahe Festung.

Diese Verhaftung dürfte Jesus geprägthaben. Fortan redete er oft in Gleichnis-sen – eine Art Chiffriertechnik, um fürdie Häscher der Obrigkeit nicht greifbarzu sein?

Das Feuer des Widerstands jedenfallsschwelte nun auch in ihm. Beseelt vonder „Kraft des Geistes“ (Lukas 4,14), kehr-

te er nach Galiläa zurück und begann zügig mit dem Aufbau eines Anhänger-kreises. Am See Genezareth warb er vierFischer an, danach einen Zöllner.

Barfuß und ohne Wanderstab muss-ten die Apostel ihrem Führer folgen.Nicht einmal Vorratstaschen erlaubte er,auch nicht das Erbetteln von Geld. „Gehtnicht zu den Heiden!“, bläute er ihnenzudem ein. Selbst die Städte der Sama-riter, die gleich um die Ecke lagen, warentabu.

Nur in der Region, von Dorf zu Dorf,bewegte sich die Gruppe anfangs. Scha-ren umringten den Guru. Zumeist warenes Leute aus der Unterschicht sowie Dir-

nen, Räuber, Ehebrecher und andere Sün-der.

Sanft und milde trat dieser Anwalt derArmen auf. Oft aber wurde er auch lautund unwirsch – ein Missionar mit heißemAtem.

Die Bibel erwähnt, dass Jesus immerwieder in „Zorn“ gerät. Er wütet gegenden Mammon. Reichen verweigert er denZutritt zu seinem Himmelreich. Das vier-te Gebot wischt er mit scharfen Wortenvom Tisch: „Wenn jemand seinen Vater,Mutter nicht hasst, der kann nicht meinJünger sein“ (Lukas 14,26).

Wer seinen Verheißungen nichtglaubt, dem droht er: „In die Unterweltwirst du hinabgeworfen.“ In Nazarethhält er eine so barsche Strafpredigt, dassihn die Einwohner aus dem Dorf ver-treiben.

Dennoch nimmt seine Beliebtheit zu.Denn ihm werden heilende Hände undübernatürliche Kräfte nachgesagt.

Scharenweise, erzählt die HeiligeSchrift, schleppen sich Kranke heran.Christus befreit Taube und Gelähmte vonihren Leiden. Der eine erhält sein Au-genlicht zurück, der andere die reineHaut. Und immer hilft er Verwirrten, dievon „unreinen Geistern“ und „Dämo-nen“ besessen sind.

Manche Forscher erklären diese Wun-derkuren mit der angespannten Seelen-lage des jüdischen Volkes. Die „Bedro-hungsängste vor der fremden, kulturellen

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Osterfeierlichkeiten in der Grabeskirche: „In Jerusalem ist Gott getötet worden“

„Geht nicht zu den Heiden!“,bläute Jesus seinen Jüngern ein.

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Macht Roms“ hätten bei den Einheimi-schen offenbar „vermehrt zu echten dä-monischen Symptombildungen geführt“,vermutet Theißen.

Mit Kuscheltherapie hatte die Ertüch-tigungsmagie des Zauberers allerdingsnichts zu tun. Viele Theologen deuten Je-sus als „Exorzisten“, der eine durch Ka-tastrophen hereinbrechende neue Weltpredigte. Theißen nennt dessen Heiltaten„erste Zeichen und Befreiungsgefechteder Königsherrschaft Gottes gegen dieRegentschaft des Satans“.

Und es gibt Indizien dafür, dass der Hei-ler durchaus eine Vorstellung davon hatte,wer die Teufel waren, die das Volk krankund unglücklich machten: die Römer.

Zwar hielt sich der barfüßige Volkspre-diger mit Schimpfreden zurück. Er be-handelte die Fremden aus dem Abend-land lieber wie Luft und ignorierte ihreStädte und Heerlager.

Einmal, während eines Abstechersnach Gadara in der Provinz Syrien, wirder deutlicher. In dem Ort (wo römischeMeistertechniker später den längstenWassertunnel der Antike bauten) kommtihm ein Tobsüchtiger entgegen, in demein Dämon wohnt. „Mein Name ist Le -gion; denn wir sind viele“ (Markus 5,9),knurrt der böse Geist.

Jesus gelingt es, den Dämon auszu -treiben und in eine Herde aus 2000

Schweinen zu jagen, die sodann in einenAbgrund stürzen.

Die Fabel lässt sich so deuten: Rom hatunreine Borstenviecher ins Land ge-bracht. Die Weltmacht und ihre vielköp-figen Legionen machen die Nation wahn-sinnig. Pikant: Die in Syrien stationierte10. Legion hatte einen Eber im Feldzei-chen.

Solche Anspielungen waren nicht un-gefährlich. Weil Tiberius um 20 n. Chr.die Gesetze verschärfte, häuften sich dieProzesse wegen Majestätsbeleidigung.Schon das Mitführen einer Kaisermützeins Bordell oder auf die Latrine reichte,um den Kopf zu verlieren.

Prostitution, Drogen, Götzendienerei– all das erlaubte das Reich. Nur nichtden Wutbürger.

Jesus aber bohrte weiter. Seine Ver-zichtsideologie lässt sich lesen als Auf-lehnung gegen die Latifundienwirtschaft,die weitgespannten Warenströme unddas Kreditwesen der Römer. „Brich demHungrigen dein Brot“, sagt er, „undwenn du einen nackt siehst, so kleideihn.“

Eine schlichte Urmoral stellt sich hierdem ökonomisch sprießenden Reich derCäsaren entgegen.

Besonders gefährlich: Der Messiaswollte keine Abgaben zahlen. Als sichzwei „Spitzel“ listig nach seiner Haltung

zum römischen Fiskus erkundigten, umihn so gezielt ins Gefängnis zu bringen,wich er der „Hinterlist“ (Lukas 20,20) ge-schickt aus.

Daheim, im Vier-Augen-Gespräch mitPetrus, outete er sich offen als Steuerpi-rat. Den „Königen dieser Welt Zölle undSteuern zu zahlen“, so sein Argument,lehne er ab, weil er selbst ein Königssohnsei und mit den Regierenden auf einerEbene stehe.

Aus Sicht der Römer sei der Heilandein „Subversiver aus der Unterschicht“mit „verbrecherischen Einstellungen“ ge-wesen, so der US-Forscher John Crossan.

Doch nicht nur das gottlose Rom lehnteder Empörer ab. Seine „Wertrevolution“(Theißen) keilte in alle Richtungen aus.Auch an jüdischen Gesetzen nahm er An-stoß.

Mit seinen Lieblingsgegnern, den Pha-risäern, lieferte er sich immer wiederWortduelle. Diese Leute achteten nebender Tora auch die vielen ungeschriebenenRegeln der Vorväter und beschwerten sodas tägliche Leben mit unzähligen Klau-seln und Verboten. Jesus warf ihnen Heu-chelei vor.

Ein Streit drehte sich um den Sabbat:Die herumziehenden Apostel rissen aucham Samstag Ähren von den Getreidefel-dern, um ihren Hunger zu stillen. Das seiArbeit, meinten die Pharisäer. Als Jesusan einem Feiertag in einer Synagoge eine„wassersüchtige“ Frau heilte, zürnten sieerneut.

Sogar einem in die Grube gestürztenHaustier wollten besonders Fromme amRuhetag Gottes nicht helfen.

Jesus hielt dagegen: „Der Sabbat istfür den Menschen da, nicht der Menschfür den Sabbat“ (Markus 2,27). Gegenmoralisches Spießertum setzte er die Sitt-lichkeit des Herzens.

Im Gleichnis vom barmherzigen Sama-riter brachte der Nazarener das Themaauf den Punkt: Ein Überfallener liegt ver-letzt im Graben. Ein Levit und ein Pries-ter gehen achtlos vorbei. Sie halten denMann offenbar für tot und fürchten, sichdurch die Berührung des Leichnams ri-tuell zu beschmutzen.

Die Frommen Israels standen plötzlichals Vertreter eines religiösen Kadaver-Ge-horsams da.

Kein Wunder, dass der Aposteltruppbald viele Feinde hatte. Page zufolge be-saß ihr Anführer die „ausgeprägte Gabe“,andere Leute als „Idioten“ hinzustellen.

Und er schob weitere Tabubrüchenach. Mehrfach wird in der Bibel er-wähnt, dass sich der Wunderheiler vordem Essen die Hände nicht wusch. Er fas-tete nicht richtig und missachtete dieSpeisegesetze. Kamel, Pferd und Schweingalten als unkoscher. Jüdische Köchedurften Milch und Käse nicht mit Fleisch

* Tafelbild von Hans Holbein d. Ä., um 1498.

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Dornenkrönung Christi*: Aufwiegelei eines Wutbürgers?

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mischen. Selbst Wein aus heidnischerProduktion war verboten.

Matthäus (15,11) berichtet, dass Jesusauch diese Regeln allesamt für nichtstichhaltig erklärte. Seine Grundüber-zeugung: „Was zum Mund hin eingeht,das macht den Menschen nicht unrein;sondern was aus dem Mund heraus-kommt.“

Das Ergebnis dieser Dispute war blan-ke Feindschaft. Die Pharisäer trachtetendanach, ihren unbequemen Gegner „um-zubringen“.

Doch der holte munter weiter aus undtat sich bald auch als Regierungskritikerhervor. „Ihr wisst, dass die Herrscher ihreVölker niederhalten und die Mächtigenihnen Gewalt antun“, erklärte er seinenGetreuen.

Dann beschimpfte er auch öffentlichden Landesherrn: „Hütet euch vor demSauerteig des Herodes.“ Der Fürst sei ein„Fuchs“ (Lukas 13,32). Im Altertumstand das Tier für Untreue und Heim -tücke.

Resultat: Der Geschmähte, der in ei-nem Edelpalast in Tiberias lebte, wolltedas staatsgefährdende Gerede nicht län-ger dulden.

Die Bibel erzählt, dass Christus oftüber die Landesgrenze ins Hoheitsgebietdes Philippus pendelte. Dann wiederwich er nach Judäa oder Syrien aus – wieein Untergrundkämpfer, der sich den Be-hörden entzieht.

Was trieb diesen Menschen? Wie vielPolitik steckte in seiner Ankündigung,den „Thron der Herrlichkeit“ zu bestei-gen? Und wie stand er zu anderen geisti-gen Strömungen seiner Zeit?

Den erstaunlichsten Denkansatz hatder Alttestamentler Bernhard Lang vor-gelegt. Er glaubt, in Jesu Botschaft Ein-flüsse des Diogenes zu erkennen. DieserFreidenker lebte angeblich in Athen ineinem Fass. Als Alexander der Große aufihn zutrat, meinte er nur: „Geh mir ausder Sonne.“

Wie Jesus lehrten die Anhänger desDiogenes die Feindesliebe. Sie lebtenvom Betteln, verspotteten die alten Op-ferbräuche und empörten sich gegen dieObrigkeit.

Kaiser Tiberius ließ die Provinzialbe-hörden streng gegen diese Leute vorge-hen, die zu Hunderten durch den Orientstreiften und geschliffene Brandredenhielten.

Gehörte auch Jesus dazu?Immerhin: Eine konkrete Spur liegt

vor. Der Schriftsteller Lukian erwähnt,dass sich einer dieser Aufmüpfigen imJahr 165 n. Chr. bei den OlympischenSpielen selbst verbrannte. Er war Vor-steher einer Sekte, die einem „in Paläs-tina gekreuzigten Philosophen“ anhing.

Doch auch in der jüdischen Traditionfindet sich ein Vordenker des Erlösers.Jesu Vorbild hieß Elija.

Im Alten Testament tritt dieser Prophetwie ein antiker Che Guevara und Urvaterder Staatskritik an. Immer wieder griffElija den verderbten israelischen KönigAhab (871 bis 852 v. Chr.) an. Dabeischeute er selbst vor Mord nicht zurück.Von der Polizei verfolgt, lebte er in einemVersteck.

29-mal wird Elija im Neuen Testamenterwähnt. Selbst in der Todesnot, am Fol-terholz in Golgatha, ruft Christus denstreitbaren Gottesmann aus der Frühzeitan.

Zwar legt Matthäus dem sterbendenMessias den Psalm 22 in den Mund(„Mein Gott, mein Gott, warum hastdu mich verlassen“). Bei Johannesstöhnt er am Kreuz nur: „Es ist voll-bracht.“

Die wahren Ereignisse auf dem staubi-gen Richtplatz sind aber womöglich ambesten bei Markus überliefert, dem ältes-ten Evangelium. Ihm zufolge rief der Gemarterte nur unklare Worte. Die Um-stehenden verstanden sie so: „Hört, erruft Elija.“

All das besagt: Jesus verehrte einenAlt-Revoluzzer, der auf konkrete Verän-derung erpicht war. Offenbar wollte auchJesus im Hier und Jetzt die geschundeneNation befreien – wie im Himmel, so aufErden.

Damit war er übrigens ganz dem Zeit-geist verpflichtet. Angesichts der langenFremdherrschaft im Heiligen Land war-teten die Juden schon seit Jahrhunderten

* Ölgemälde von Mihály von Munkácsy, 1880.

sehnsüchtig auf einen politischen Führer,der das Joch abwerfen sollte.

Während der römischen Besatzungsteigerte sich dieser Wunsch noch. DiePsalmen Salomos beschreiben einen Ter-minator, der antritt, „zu zermalmen un-gerechte Fürsten, zu reinigen Jerusalemvon Heidenvölkern“.

Derlei Erlösungshoffnung spülte aller-lei Scharlatane hoch. Josephus tadelteden „Wahnsinn“ und die „Tollheit“, dasssich im Land der Juden jeder Strauchdiebzum endzeitlichen Retter aufschwinge.

Der griechische Philosoph Kelsus hattedafür nur Spott übrig: „Ich bin Gott –oder Gottes Sohn“, so äffte er den typi-schen Polit-Messias nach: „Gekommenbin ich, denn der Weltuntergang steht vorder Tür. Mit euch Menschen geht es we-

gen eurer Untaten zu Ende. Ich will euchaber retten.“

Es ist dieses Gewölk aus Banditentum,Kleinkriegen und religiösen Attacken, indem Jesu Botschaft wie eine Brandfackelloderte.

„Sohn Davids“, „König“, „Christus“:All diese Titel, die das Volk an ihn her -antrug, bezeichnen im Alten TestamentBefreiungshelden.

Ob der Wanderprediger aus Nazarethdiese gewaltige Rolle annahm, ist in derForschung bis heute umstritten. Sicher istnur, dass er am Ende nach Jerusalem zog –Auftakt zum tödlichen Finale.

Die Tora-Gelehrten dort rempelte erals stolze Gecken an: „Sie machen ihreGebetsriemen breit und die Quasten anihren Gewändern lang“. Zudem würden

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Jesus vor dem Richter Pontius Pilatus*: Schnellverhör in der Frühlingskühle

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sie „die Witwen um ihre Häuser“ brin-gen.

Derlei lockere Reden gefielen den Ver-waltern der Staatskults gar nicht. Pagenennt die Sadduzäer „biblische Funda-mentalisten“.

Wohl im Frühjahr 30 oder 33 n. Chr.zogen die Jünger los. Vom See Geneza-reth kommend wanderten sie wahr-scheinlich durchs Jordantal. Auf den Wie-sen des judäischen Berglands sprossenBlumen.

Schließlich tauchten, etwa 800 Meterüber dem Meeresspiegel, die herrlichenZinnen der Hauptstadt auf. Jesus aberhob sogleich mit düsteren Weherufen an:„Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Pro-pheten und steinigst die Boten, die zu dirgesandt sind.“

In der aufgeheizten Stimmung derPassa woche hätte ihn schon dieser Fluchhinter Gitter bringen können.

Immer wieder brachen während derFesttage Revolten aus.

Um für Ruhe zu sorgen, kam Pilatusmit seinen Truppen aus dem MilitärlagerCäsarea angerückt. Über 500 schwerbe-waffnete Fußsoldaten schritten mit blit-zenden Rüstungen durch die Gassen.

Zugleich strömten die Pilger herbei.Alles drängte und quetschte sich, dieStadt quoll über. Viele Wallfahrer wu-schen sich dicht an dicht in den Ritual-teichen.

In diese Situation platzten die Jünger.Die Bibel erzählt, dass ihr Chef sofortzum Tempelareal hochschritt. Aus demHeiligtum erklang Singsang. Trompeten-stöße mischten sich mit dem angsterfüll-ten Gebrüll von Opfertieren.

Ein Pergament, das Ende des 19. Jahr-hunderts auf einer ägyptischen Müllhaldeentdeckt wurde, berichtet, dass der be-rühmte Besucher auch den letzten Innen-hof betrat und ins Allerheiligste blickte,wo er die „heiligen Gefäße“ sah.

Davor, an einer Schranke stehend,schlachteten die Priester Rinder und Läm-mer – die kollektive Sühne für die KinderIsraels. Wer wollte, konnte zusätzlich ei-gene Opfer kaufen. Arme Leute begnüg-ten sich mit Tauben. Deren Köpfe knick-ten die Priester ab und spritzten das Blutan den Altar.

Jesus lehnte diese heiligen Handlungenab: „Ich will Barmherzigkeit, nicht Op-fer.“

Schließlich folgte seine ungestüme Ak-tion an den Wechslertischen. Damit hatteer das „politische, geistige und finanzielleZentrum Israels“ (der Bibelkundler Wolf-gang Reinbold) nun auch tätlich angegrif-fen.

Zwar deutet der Papst die Raserei inseinem neuen Buch als „Eifer der Liebe“,Sachbeschädigung und Randale sehen al-lerdings nicht anders aus.

Selbst die Jünger verglichen ihrenMeister danach mit jenem frommen Hitz-

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kopf, der in Psalm 69 klagt: „Hilf mir, oGott, schon reicht mir das Wasser bis andie Kehle ... Der Eifer für dein Haus hatmich verzehrt.“

Sofort eilte die Tempelpolizei herbei.Es kam zum Wortgefecht und kurz da-nach zur Verhaftung im Garten Gethse-mane. Kaum ein Forscher zweifelt am ge-schichtlichen Kern dieser Schilderung.

Das nachfolgende Gerichtsverfahrenwird in der Bibel allerdings verzerrt dar-gestellt. Demnach durchlief Jesus zweiInstanzen: Zuerst verhört man ihn imHaus des Hohepriesters. Noch in derNacht tritt das Synhedrion zusammen,das oberste Selbstverwaltungsorgan derJuden.

Ob er der Messias, der „Sohn desHochgelobten“, sei, fragt Kaiphas. Jesusbejaht. Daraufhin zerreißt der Kultobers-te sein eigenes Gewand – das Zeichen,dass gelästert wurde.

Bereits im Morgengrauen überstellendie Juden den Gefesselten an Pilatus, derals Oberbefehlshaber der Besatzungs-macht die Blutgerichtsbarkeit innehatte.

In allen vier Evangelien wird der Prä-fekt als milde und besonnen dargestellt.Er hält Jesus für unschuldig. Nur weil derMob wütet und Druck macht, gibt er nach

* Ölgemälde von Karel Dujardin, 1661.

und fällt schließlich das Todesurteil. ImKlartext: Die Juden tragen die volle Ver-antwortung für die Kreuzigung.

Es ist diese Deutung der Vorgänge, dieals Saat des Antisemitismus bald schlim-me Blüten trieb. Bereits in der ältestenerhaltenen christlichen Gemeindepredigtaus dem 2. Jahrhundert heißt es: „Ein un-erhörter Mord geschah, in Jerusalem istGott getötet worden.“

Zwar haben moderne Vertreter deschristlich-jüdischen Dialogs immer wie-der versucht, den hässlichen Vorwurf zu

entkräften. Doch auch der antike Chro-nist Josephus – selbst ein Jude – schreibt,dass Jesus „auf Betreiben unserer vor-nehmsten Männer“ angeklagt wurde.

Pontius Pilatus dagegen kommt in derBibel viel zu gut weg. Er war in Wahrheitein brutaler Büttel des Imperiums. In Sa-maria ließ er 36 n. Chr. auf einen SchlagHunderte Demonstranten abschlachten.

Dass dieser Tyrann zartfühlend an die Unschuld Jesu glaubte, ja ihn im Austausch gegen den Mörder Barabbasvorm Kreuz bewahren wollte, halten dieRechts historiker für ausgeschlossen.

Solch eine Amnestie durfte er gar nichtaussprechen.

Zudem: Warum hätte der Römer ander Schuld des Angeklagten zweifeln sol-len? Der Sträfling, der im April vor ihmstand, galt als Steuernörgler und Volks-verhetzer. Der Statthalter machte mit sol-chen Leuten stets kurzen Prozess.

Viele Gelehrte gehen davon aus, dasshinter der Süßholzraspelei der Evange-listen ein taktisches Motiv stand. Weil diechristlichen Urgemeinden einen Sträflingverehrten, lebten sie ohnehin schon ge-fährlich. Hätten sie die Schuld für dessenTod auch noch dem Imperium in dieSchuhe geschoben, hätte dies ihre Bekeh-rungsarbeit enorm erschwert.

„Die Schuld der Römer abzuschwä-chen“, so der Jurist Weddig Fricke, seieine „wichtige Voraussetzung für einemöglichst erfolgreiche Verkündigung desEvangeliums im römischen Kaiserreich“gewesen.

Aber auch am hohen Tempo des Ver-fahrens hegen die Juristen Zweifel. AmAbend wird Jesus – laut Bibel – gefangen.Am nächsten Morgen hat er bereits Ver-hör und Verfahren durchlaufen, er wirdgegeißelt und mit einem umgehängtenPurpurmantel verspottet.

Es bleibt sogar Zeit, ein Holzschild zufertigen, auf dem das Verbrechen des Na-zareners steht („König der Juden“), undihn halbtot durch die Stadt zu treiben.Gleichwohl hängt er schon zwischen achtund neun Uhr am Kreuz. Am frühenNachmittag stirbt er.

Der im Talmud erwähnte Prozess ge-gen „Jeschu“ dagegen dauerte viel länger.Dort sitzt er 40 Tage in Haft.

Der Grund für die Rasanz im bibli-schen Drehbuch liegt auf der Hand: Jesussollte möglichst punktgenau gegen 15 Uhrnachmittags sterben – unmittelbar vordem Passafest.

Das große Tierschlachten, das in Vor-bereitung dieses Festes stattfand, wolltendie Urchristen durch ihre höhere Opfer-vorstellung ersetzen. Jesus war ihr„Lamm Gottes“.

Auf geniale Weise deuteten die Ver-künder der Kreuzesreligion das schreck-liche Geschehen damit zum Triumph umund ließen einen Rebellen aus seinemGrab zum ewigen Leben auferstehen. Daseben war ihre „frohe Botschaft“ (grie-chisch: „evangelion“).

Zu diesem Zweck zeichneten sie Jesusbesonders sanftmütig und legten ihm gna-denreiche Worte in den Mund. Der wahreKämpfer für ein besseres Diesseits wurdevertuscht und in den Hintergrund ge-drängt.

So gesehen würde die christliche Reli-gion auf Geschichtsklitterung fußen.

Andererseits: Als Politiker erlitt dertapfere Mann aus Galiläa eine Pleite. AlsTröster und barmherziger Sohn Gotteslebt er bis heute fort. MATTHIAS SCHULZ

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Kreuzigung auf Golgatha*: Urerlebnis der christlichen Bußreligion

Pontius Pilatus war ein brutalerBüttel des Imperiums.

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Kommentar aus einem Forum:

Zeitschrift SPIEGEL 04/2011: Der Rebell Gottes

Heidi am Fr 01 Jul 2011, 21:03: Mich hat jemand gebeten, zu dem Artikel meine Meinung zu sagen und heute kam eine Nachfrage, wie weit ich bin und ich stelle meine Antwort auch hier ein, da mir inzwischen mehrere Leute sagten, dass der Spiegel auf unchristlicher Seite steht. Ich habe meine Antworten bewusst kurz gehalten und nur mit den wichtigsten Bibelstellen bespickt, damit der Fragesteller beim Lesen nicht gleich einschläft - und muss sagen, der Spiegel kennt aber die Bibel schlecht: Ich bin noch lange nicht mit dem Artikel durch, ich habe gründlich gelesen und nachgesehen, ob der Spiegel die hingestellten biblischen Wahrheiten auch durch die Bibel belegen könnte. Auch wenn ich erst 2 Seiten gelesen habe, sieht es so aus, als würde uns hier lediglich eine politische, gegen die damaligen Systeme rebellierende Person des Jesus vorgestellt und nicht etwa ein Jesus, der gekommen ist, um mit seinem Kreuzestod Sünden zu vergeben. Dabei steht das doch so in der Bibel drin,.... herrliche Sätze: Der Apostel Paulus sagt es so: Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied: sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden...(aus Römer 3,22-26) Also kein Rebell, sondern ein Opferlamm! Der Spiegel schreibt weiter einfach, dass sich folgende Punkte aus der Bibel herausschälen: 1.) Jesus lehnt das Finanzsystem des Jerusalemer Tempels ab. Jesus wurde listig gefragt, ob er denn den damals obligatorischen Tempelgroschen zahle. Und er tat es!!!, und zwar mit der Begründung, dass er keinen Anstoß geben wollte, obwohl Gott als sein himmlischer Vater quasi Inhaber des Tempels war und ein Vater von seinem Kind gewöhnlich für das Betreten des Hauses keine Abgabe verlangt. (Matthäus 17,24-27) 2.) Jesus rief zum Steuerboykott auf . Das stimmt auch nicht, denn Jesus sagte: "So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt...!" (Römer 13,6)

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3.) Er zählte zu seinen Anhängern Leute aus einer gewalttätigen Kaste. Petrus war der einzige, der Zelot genannt wurde. Meine Tochter sagte mir gerade, dass Zeloten damals richtige Eiferer für den Glauben waren. In der Bibel wird nur Petrus Zelot genannt. Vielleicht kam es aus diesem Temperament heraus, dass Petrus dem Knecht des Hohepriesters ein Ohr abschlug, als Jesus nach dem Verrat des Judas verhaftet wurde. Jesus sagte darauf dieses: Da sprach Jesus: Lasst ab! Nicht weiter! Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn. (Lukas 22,50-51) Vielleicht könnte man noch die 2 Jünger Jakobus und Johannes erwähnen. Die waren sauer, weil niemand Jesus eine Herberge geben wollten und sagten: Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre. Aber wie reagierte Jesus? Jesus aber wandte sich um und wies sie zurecht. (Lukas 22,50-51) Ich glaube sicher, dass die Jünger sich durch die Reaktionen und Anweisungen von Jesus von jeder anderen Gewalttätigkeit entfernt haben. Andere Stellen über gewalttätige Nachfolger fallen mir beim besten Willen nicht ein. Soweit ein Beitrag zu den Aussagen, die der Spiegel als Wahrheit der Bibel vermarktet - und man sehe und staune - es ist eben nicht so, wie behauptet! Trotzdem frage ich mich bis heute, woran es wirklich liegt, dass die meisten Menschen schnell bereit sind, einer Zeitschrift für 4,- Euro zu glauben, anstatt der Bibel, die doch 16,- Euro kostet. :-))) *Scherz* Aber wenn Sie darauf eine Antwort haben...lassen Sie es mich wissen. Fröhlichen Gruß Heidi Heidi Foren Legende

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Re: Zeitschrift SPIEGEL 04/2011: Der Rebell Gottes Günter am Fr 01 Jul 2011, 23:32 Heidi schrieb: Trotzdem frage ich mich bis heute, woran es wirklich liegt, dass die meisten Menschen schnell bereit sind, einer Zeitschrift für 4,- Euro zu glauben, anstatt der Bibel, die doch 16,- Euro kostet. :-))) *Scherz*

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In der Zeitschrift für 4,- Euro sind eine Handvoll Seiten zu dem Thema zu lesen, in dem dicken, alten Buch sind das so viele Seiten, dass man erst gar nicht damit anfängt. Woher soll man auch die Zeit nehmen? Viele Grüße und Gottes Segen, <°)))>< Günter Günter Bibelkenner

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Zeitschrift SPIEGEL 04/2011: Der Rebell Gottes Heidi am Sa 02 Jul 2011, 15:04 Der Spiegel schreibt, dass die Bibel falsch übersetzt wurde, weil Josef nicht Zimmermann, sondern Maurer war. Das ist an und für sich nur eine kleine Sache, aber es bewirkt, dass die Leute sich dann noch mehr schönreden, sie brauchen die Bibel gar nicht lesen, wenn sie schon in kleinen Dingen falsch übersetzt ist. Daher habe ich einen anderen Christen gefragt, was er über den Beruf Josefs weiß. Außerdem sagt der Spiegel, das der Apostel Simon Petrus in der Bibel den Spitznamen Barjona hatte, was übersetzt Terrorist hieße. Richtig heißt das Wort Bar Jona und Bar heißt Sohn und mit Jona ist wohl der Vater Johannes gemeint - Sohn des Johannes. In der Bibel findet sich immer wieder der Zusatz "der Sohn des xyz". Anbei die ganze Antwort zu den beiden Sachen von einem Christen, der Tobias heißt und früher hier im Forum war: Liebe Heidi, ich kenne niemand der da „Maurer“ übersetzt. Haubeck, Siebenthal – Neuer sprachlicher Schlüssel zum griechischen Neuen Testament übersetzen ebenso „Zimmermann“, wie Dietzfelbinger in seiner Linearübertragung des NT. Mein Wörterbuch sagt: „Bauhandwerker, Zimmermann“. Vielleicht haben wir einfach diese Vorstellung das ein Zimmermann ausschließlich Möbel fertigt, wobei er natürlich im Hausbau z.B. beim Dachstuhl usw. eingebunden war/ist. Bei uns kam vor einiger Zeit ein Zimmermann ums Leben, weil er bei einer Dacherneuerung durchgebrochen ist. Einmal abgesehen davon, ob die einfachen Häuser damals „gemauert“ waren. Josef wohnte ja nicht in einer Metropole, sondern in dem kleinen Ort Nazareth. Die meisten Häuser werden dort sehr schlicht gehalten geblieben sein. Oder

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denke mal an »Und da sie wegen der Volksmenge nicht an ihn herankommen konnten, deckten sie das Dach ab, wo er war; und als sie es aufgebrochen hatten, ließen sie das Bett hinab, auf dem der Gelähmte lag.« (Markus 2,4). Das war keine derart solide Bauweise, wie wir sie heute haben. Kurz gesagt: Ich habe keinen Zweifel daran, dass Josef Zimmermann war. Nur wird das in der damaligen Zeit sehr viel mehr „Bauhandwerk“ beinhaltet haben, als wir dem in unserer heutigen Vorstellung zugestehen. Auf keinen Fall jedoch taugt dieses Beispiel für eine „schlechte“ oder gar „falsche“ Übersetzung. Dann: »Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.« (Matthäus 16,17) Bar jonah ist aramäisch (bar = Sohn) und man nimmt an, das es sich bei „ionah“ um die volkstümliche Verkürzung von Johannes handelt. In der Überlieferung werden diese Namen manchmal (an anderer Stelle) nämlich auch gerne vertauscht*. Jedenfalls war mit diesem Beinamen ganz eindeutig, welcher „Simon“ gemeint war, nämlich der Sohn des Johannes. Apropos Simon „Petrus“. So heißt er ja nur im griechischen, im aramäischen wird er „Kephas“ genannt. Beides bedeutet „Stein“ (wobei „petros“ mehr „Felsen“ meint, im Gegensatz zu „litos“ – aber das sind jetzt Feinheiten und es ist nicht immer klar voneinander abgegrenzt). * Mein Vater heißt z.B. Andreas, aber alle kennen ihn hier im Schwäbischen als „Endres“. Als ich einmal auf einem Fest nach „Andreas“ fragte hat man mich prompt zum Falschen geschickt und erst nachdem ich sagte, dass ich zu „Endres“ wollte fand ich ihn endlich. So abwegig ist das also nicht. Möglicherweise war auch „Johannes“ damals allen als „Jona“ bekannt. Das Neue Testament geht mit Namen sehr unterschiedlich um. „Iesos“ ist einfach die Transliteration von „Jeschua“ d.h. im eigentlichen Sinn keine Übersetzung. (–os am Ende, als griechische maskulin-Endung). Von daher muss man sich das immer im Einzelfall ansehen. Auch hier wieder kurz: Simon, Bar Jona ist einfach Simon, der Sohn des Jona (bzw. Johannes) im Gegensatz zu anderen Jüngern im Umfeld des Herrn die ebenso Simon hießen. „Sohn des…“ ist im Altertum eine typische Namensnennung, so auch: „Jakobus, den Sohn des Zebedäus“ (Markus 1,19); „Levi, den Sohn des Alphäus“ (Markus 2,14); „der Sohn des Timäus, Bartimäus, der Blinde“ (Markus 10,46); „Johannes, den Sohn des Zacharias“ (Lukas 3,2); „Jesus, den Sohn des Joseph, den von Nazareth.“ (Johannes 1,45); „Saul, den Sohn des Kis“ (Apostelgeschichte 13,41); „Sopater, der Sohn des Pyrrhus, ein Beröer“ (Apostelgeschichte 20,4) Das Problem des Spiegel – der schon unter Augstein einen Feldzug gegen die Bibel führte – war schon immer, dass er sich nicht zu schade war auch den abstrusesten Theorien

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noch ein Forum zu geben. Und zwar unabhängig davon, wie umstritten diese selbst in Forscherkreisen ist. http://jesus.aktiv-forum.com/t724-zeitschrift-spiegel-04-2011-der-rebell-gottes#5076