30
Paul Wagner, Georg Reischl, Gerhard Steiner Einführung in die Physik 2., neu bearbeitete Auflage

Der Schwerpunkt dieser Einführung liegt in der knappen und ...download.e-bookshelf.de/download/0000/6791/99/L-G-0000679199... · WAGNER, REISCHL, STEINER Einführung in die Physik

  • Upload
    vannhu

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

www.facultas.wuv.at

ISBN 978-3-7089-0824-3

Der Schwerpunkt dieser Einführung liegt in der knappen und geschlossenen Darstellung. Im Interesse der Betonung wesent-licher physikalischer Zusammenhänge und Querverbindungen wurde eine Auswahl der Stoffgebiete vorgenommen. Besonders die begrifflichen Grundlagen werden ausführlich erläutert, die physikalisch-anschauliche Bedeutung mathematischer Bezie-hungen herausgearbeitet sowie diverse physikalische Problem-lösungsmethoden vorgestellt.Der Hauptteil des Buches beschäftigt sich mit der klassischen Physik; ausgehend von Elektrodynamik und Optik erfolgt auch eine Darstellung von Grundzügen der Relativitätsmechanik und der Quantenmechanik. Die vorliegende Einführung eignet sich auch als Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit weiterführenden Gebieten der Physik.

Paul Wagner, Georg Reischl, Gerhard Steiner

Einführung in die Physik

2., neu bearbeitete Auflage

WA

GN

ER, R

EISC

HL,

STE

INER

E

infü

hru

ng

in d

ie P

hys

ik

2. A

uflag

e

Paul Wagner, Georg Reischl, Gerhard Steiner

Einführung in die Physik

Paul Wagner Georg Reischl Gerhard Steiner

Einführung in die Physik 2., neu bearbeitete Auflage

facultas.wuv

Ao. Univ. Prof. Dr. h.c. Dr. Paul E. Wagner, Ao. Univ. Prof. Dr. Georg P. Reischl, Mag. Gerhard Steiner, Fakultät für Physik, Universität Wien. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 2., neu bearbeitete Auflage 2012 Copyright © 2010, Facultas Verlags- und Buchhandels AG, facultas.wuv Universitätsverlag, Wien, Austria Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung sind vorbehalten. Umschlagbild: © siloto – Fotolia.com Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AG Printed in Austria ISBN 978-3-7089-0824-3

5

Vorwort Das vorliegende Buch ist im Zusammenhang mit Einführungsvorlesungen zur Phy-sik entstanden, die seit Jahren an der Universität Wien gehalten werden. Das Haupt-augenmerk liegt auf einer knappen und systematischen Darstellung. Im Interesse der Betonung wesentlicher physikalischer Zusammenhänge und Querverbindungen wurde eine Auswahl der Stoffgebiete vorgenommen. Besonders die begrifflichen Grundlagen werden ausführlich erläutert und die physikalisch-anschauliche Bedeu-tung mathematischer Beziehungen herausgearbeitet. Bei der Darstellung der ein-zelnen Stoffgebiete werden insbesondere auch diverse in der Physik angewendete Problemlösungsmethoden vorgestellt. Der Hauptteil des Buches beschäftigt sich mit der klassischen Physik. Ausgehend von Elektrodynamik und Optik erfolgt je-doch auch eine Darstellung von Grundzügen der Relativitätsmechanik und der Quantenmechanik. Das Buch eignet sich zum Gebrauch bei Einführungsvorlesungen für Studierende der Physik, Chemie, Astronomie, Meteorologie, Geophysik und verwandter Fächer. Außerdem vermittelt das Buch einen allgemeinen Überblick, der als Ausgangs-punkt für die Beschäftigung mit speziellen weiterführenden Gebieten der Physik dienen kann. Der mathematische Formalismus steht nicht im Vordergrund, für eine übersichtliche und konsequente Darstellung kann jedoch auf die Anwendung ma-thematischer Hilfsmittel nicht verzichtet werden. An einzelnen Stellen im Text werden einige der erforderlichen mathematischen Grundlagen kurz erläutert. Grundkenntnisse, insbesondere der Vektor- und Tensorrechnung, sowie der Eigen-schaften komplexer Zahlen, sind jedoch bei der Lektüre des vorliegenden Buches nützlich. Die Autoren sind dem Verlag für die Kooperationsbereitschaft, Geduld und profes-sionelle Unterstützung zu Dank verpflichtet. Ohne die reibungslose Zusammenar-beit mit dem Verlag wäre das vorliegende Buch nicht zustande gekommen. Die Au-toren danken auch den zahlreichen Hörerinnen und Hörern, die mit diversen kriti-schen Fragen und Bemerkungen während der Vorlesungen zu Verbesserungen der Darstellung beigetragen haben. Wien, im August 2009 Paul Wagner Georg Reischl Gerhard Steiner

7

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................... 13 1.1 Entwicklung des physikalischen Weltbildes ................................................... 13 1.2 Bedeutung der Physik in verschiedenen Wissensgebieten und Anwendungen .................................................................................................. 16 1.3 System und Modell .......................................................................................... 17 1.4 Der Messvorgang ............................................................................................. 18 1.5 Physikalische Größen und Einheiten ............................................................... 19 1.6 Messgenauigkeit .............................................................................................. 23 2 Mechanik .................................................................... 31 2.1 Mechanik von Massenpunkten ........................................................................ 31

2.1.1 Kinematik von Massenpunkten ............................................................... 31 2.1.2 Dynamik von Massenpunkten, Erhaltungssätze ...................................... 39 2.1.3 Wechselwirkungskräfte ........................................................................... 57

2.1.3.1 Gravitationswechselwirkung, Newton’sches Gravitationsgesetz ... 58 2.1.3.2 Molekulare Wechselwirkung und harmonischer Oszillator ............ 69

2.2 Bewegte Bezugssysteme, Trägheitskräfte ....................................................... 72 2.2.1 Translation von Bezugssystemen ............................................................ 72 2.2.2 Rotation von Bezugssystemen ................................................................. 76

2.3 Streuvorgänge .................................................................................................. 81 2.4 Mechanik starrer Körper .................................................................................. 92

2.4.1 Statik starrer Körper ................................................................................ 93 2.4.2 Dynamik der Rotation starrer Körper ...................................................... 98 2.4.3 Rotation starrer Körper um feste Achsen .............................................. 103 2.4.4 Rotation starrer Körper um freie Achsen, Kreiselbewegung ................ 111

2.5 Mechanik fester Körper, Elastizitätslehre ..................................................... 117 2.5.1 Deformationen (Verzerrungen) fester Körper ....................................... 117 2.5.2 Spannungen in festen Körpern .............................................................. 119 2.5.3 Elastische Eigenschaften isotroper und anisotroper Festkörper ............ 121 2.5.4 Spezielle elastische Verformungen isotroper Festkörper ...................... 124 2.5.5 Oberflächeneigenschaften fester Körper ............................................... 127

2.5.5.1 Härte von Festkörpern ................................................................... 127 2.5.5.2 Reibung von Festkörpern .............................................................. 128

2.6 Mechanik von Flüssigkeiten und Gasen ........................................................ 131 2.6.1 Mechanik ruhender Flüssigkeiten und Gase (Hydrostatik) ................... 131 2.6.2 Oberflächeneigenschaften ruhender Flüssigkeiten ................................ 136

8

2.6.3 Mechanik strömender Flüssigkeiten und Gase (Hydrodynamik) .......... 139 2.6.3.1 Grundbegriffe ................................................................................ 139 2.6.3.2 Erhaltung der Masse, Kontinuitätsgleichung ................................ 140 2.6.3.3 Strömung reibungsfreier Fluide .................................................... 143 2.6.3.4 Strömung zäher Fluide .................................................................. 148

3 Schwingungen und Wellen ........................................ 153 3.1 Grundbegriffe ................................................................................................. 153 3.2 Schwingungen ................................................................................................ 154

3.2.1 Ungedämpfte Schwingungen ................................................................. 154 3.2.2 Überlagerung ungedämpfter Schwingungen ......................................... 156 3.2.3 Gedämpfte Schwingungen ..................................................................... 159 3.2.4 Erzwungene Schwingungen .................................................................. 162 3.2.5 Gekoppelte Schwingungen .................................................................... 165

3.3 Wellen ............................................................................................................ 166 3.3.1 Grundbegriffe ........................................................................................ 166 3.3.2 Ausbreitungsgeschwindigkeit von Wellen ............................................ 169 3.3.3 Wellengleichung .................................................................................... 172 3.3.4 Ausbreitung und Überlagerung von Wellen .......................................... 173 3.3.5 Dopplereffekt ......................................................................................... 174 3.3.6 Mechanische Wellen in elastisch deformierbaren Medien ................... 177

4 Thermodynamik ....................................................... 181 4.1 Grundlagen ..................................................................................................... 181 4.2 Temperatur und Temperaturskalen ................................................................ 182

4.2.1 Temperaturmessung, Celsius-Skala ...................................................... 183 4.2.2 Zustandsgleichung idealer Gase, Kelvin-Skala ..................................... 183

4.3 Wärmemenge und mechanische Energie ....................................................... 185 4.4 Kinetik idealer Gase ...................................................................................... 187

4.4.1 Kinetische Berechnung des Gasdruckes ................................................ 187 4.4.2 Kinetische Definition der Temperatur ................................................... 190 4.4.3 Brown’sche Bewegung .......................................................................... 191 4.4.4 Maxwell-Boltzmann’sche Geschwindigkeitsverteilung ....................... 193 4.4.5 Mittlere freie Weglänge ......................................................................... 197

4.5 Wärmekapazität ............................................................................................. 198 4.5.1 Wärmekapazität von idealen Gasen ...................................................... 199 4.5.2 Wärmekapazität fester Körper ............................................................... 202

4.6 Transportvorgänge ......................................................................................... 204 4.6.1 Impulstransport ...................................................................................... 204 4.6.2 Massetransport ....................................................................................... 205 4.6.3 Wärmetransport ..................................................................................... 208

9

4.6.3.1 Wärmeleitung ................................................................................ 208 4.6.3.2 Wärmetransport durch Konvektion ............................................... 210 4.6.3.3 Wärmestrahlung ............................................................................ 211

4.7 Energieaustausch thermodynamischer Systeme, Hauptsätze der Thermo- dynamik ......................................................................................................... 215

4.7.1 Grundbegriffe ........................................................................................ 215 4.7.2 Erster Hauptsatz der Thermodynamik ................................................... 216 4.7.3 Spezielle Zustandsänderungen idealer Gase ......................................... 217

4.7.3.1 Isochore Zustandsänderungen ....................................................... 217 4.7.3.2 Isobare Zustandsänderungen ......................................................... 217 4.7.3.3 Isotherme Zustandsänderungen ..................................................... 218 4.7.3.4 Adiabatische Zustandsänderungen ................................................ 219

4.7.4 Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik ................................................ 221 4.7.5 Kreisprozesse in idealen Gasen ............................................................. 222 4.7.6 Entropie und dritter Hauptsatz der Thermodynamik ............................. 225 4.7.7 Statistische Interpretation der Entropie ................................................. 229 4.7.8 Thermodynamische Potenziale, Gleichgewichtsbedingungen .............. 233

4.8 Reale Gase ..................................................................................................... 234 4.8.1 Van der Waals’sche Zustandsgleichung ................................................ 235 4.8.2 Phasenübergänge ................................................................................... 236

5 Elektrodynamik ........................................................ 241 5.1 Grundbegriffe ................................................................................................. 241 5.2 Elektrostatik ................................................................................................... 242

5.2.1 Grundlagen, Coulomb’sches Kraftgesetz, Gauß’sches Gesetz ............. 242 5.2.2 Elektrische Felder statischer Ladungsverteilungen, Influenz ............... 249 5.2.3 Kondensatoren ....................................................................................... 255 5.2.4 Energiedichte des elektrischen Feldes ................................................... 264 5.2.5 Elektrische Dipole ................................................................................. 266 5.2.6 Isolierende Stoffe (Dielelektrika) im elektrischen Feld ........................ 269 5.2.7 Freie Ladungen und dielektrische Verschiebung .................................. 274

5.3 Elektrische Ströme ......................................................................................... 283 5.3.1 Grundbegriffe ........................................................................................ 283 5.3.2 Erhaltung der Ladung, Kontinuitätsgleichung ....................................... 285 5.3.3 Leitfähigkeit elektrischer Leiter, Ohm’sches Gesetz ............................ 286 5.3.4 Gleichstromnetzwerke ........................................................................... 288 5.3.5 Stromleistung ......................................................................................... 292 5.3.6 Schaltvorgänge bei Kondensatoren ....................................................... 294 5.3.7 Stromleitung in materiellen Medien ...................................................... 297

5.3.7.1 Stromleitung in Festkörpern, elektrische Kontaktspannungsreihe . 297 5.3.7.2 Stromleitung in Flüssigkeiten, elektrochemische Spannungsreihe 303

10

5.3.7.3 Stromleitung in Gasen ................................................................... 306 5.4 Magnetostatik ................................................................................................. 308

5.4.1 Grundlagen, Ampere’sches Gesetz, Quellfreiheit ................................. 308 5.4.2 Magnetfelder elektrischer Ströme, Biot-Savart’sches Gesetz ............... 315 5.4.3 Magnetfelder spezieller stromdurchflossener Leiter, Spulen ................ 318 5.4.4 Kräfte auf Ladungen im Magnetfeld, Lorentz-Kraft ............................. 325 5.4.5 Kraftwirkung zwischen stromdurchflossenen Leitern .......................... 327

5.5 Zeitabhängige elektromagnetische Felder ..................................................... 328 5.5.1 Zeitabhängige Magnetfelder, Faraday’sches Induktionsgesetz ............ 328 5.5.2 Induktivität von Leiteranordnungen, Spulen ......................................... 333 5.5.3 Schaltvorgänge bei Spulen .................................................................... 335 5.5.4 Energiedichte des magnetischen Feldes ................................................ 338 5.5.5 Zeitabhängige elektrische Felder, Maxwell’scher Verschiebungsstrom 340 5.5.6 Magnetische Dipole ............................................................................... 344 5.5.7 Materielle Medien (Magnetika) im magnetischen Feld ........................ 346 5.5.8 Freie Ströme und magnetische Feldstärke ............................................. 353 5.5.9 Grundgleichungen der Elektrodynamik ................................................ 358

5.6 Elektromagnetische Schwingungen ............................................................... 360 5.6.1 Wechselspannung und Wechselstrom ................................................... 360 5.6.2 Drehstrom .............................................................................................. 364 5.6.3 Transformator ........................................................................................ 365 5.6.4 Komplexe Impedanz .............................................................................. 368 5.6.5 Impedanzen spezieller Wechselstromwiderstände ................................ 370 5.6.6 Spezielle Wechselstromschaltungen, Resonanzerscheinungen ............. 373

5.7 Elektromagnetische Wellen ........................................................................... 377 5.7.1 Elektromagnetische Schwingkreise ....................................................... 377 5.7.2 Ausbreitung elektromagnetischer Wellenfelder .................................... 380

5.7.2.1 Wellenausbreitung in Abwesenheit freier Ladungen und Ströme 381 5.7.2.2 Wellenausbreitung in Anwesenheit freier Ladungen und Ströme 383

5.7.3 Ebene elektromagnetische Wellen im Vakuum .................................... 385 5.7.4 Energietransport in elektromagnetischen Wellen .................................. 388

6 Optik ........................................................................ 391 6.1 Grundlagen ..................................................................................................... 392 6.2 Strahlungsmessung und Fotometrie ............................................................... 394 6.3 Grundprinzipe der Optik ................................................................................ 399 6.4 Strahlenoptik .................................................................................................. 400

6.4.1 Grundbegriffe ........................................................................................ 400 6.4.2 Reflexion des Lichtes ............................................................................. 402 6.4.3 Abbildung durch Spiegel ....................................................................... 402 6.4.4 Brechung des Lichtes ............................................................................. 406

11

6.4.5 Lichtbrechung an einem Prisma ............................................................ 408 6.4.6 Abbildung durch dünne Linsen ............................................................. 410 6.4.7 Abbildungsfehler ................................................................................... 417 6.4.8 Optische Instrumente ............................................................................. 418

6.4.8.1 Kamera und Projektor ................................................................... 418 6.4.8.2 Lupe und Mikroskop ..................................................................... 419 6.4.8.3 Fernrohr und Spiegelteleskop ........................................................ 419

6.5 Wellenoptik .................................................................................................... 420 6.5.1 Interferenz und Kohärenz ...................................................................... 421 6.5.2 Interferometrie ....................................................................................... 425

6.5.2.1 Zweistrahlinterferenz ..................................................................... 425 6.5.2.2 Vielstrahlinterferenz ...................................................................... 428

6.5.3 Fraunhofer’sche Beugung ..................................................................... 434 6.5.3.1 Fraunhofer’sche Beugung an einem einfachen Spalt .................... 434 6.5.3.2 Fraunhofer’sche Beugung an einer kreisförmigen Öffnung .......... 439 6.5.3.3 Fraunhofer’sche Beugung an einem Doppelspalt ......................... 439 6.5.3.4 Fraunhofer’sche Beugung an einem Gitter ................................... 442

6.5.4 Fresnel’sche Beugung ............................................................................ 444 6.5.5 Auflösungsvermögen optischer Instrumente .......................................... 446

6.5.5.1 Auflösungsvermögen eines Fernrohrs ........................................... 447 6.5.5.2 Auflösungsvermögen eines Mikroskops ........................................ 448 6.5.5.3 Auflösungsvermögen eines Gitterspektrometers .......................... 450

6.5.6 Reflexion und Polarisation des Lichtes ................................................. 450 6.5.7 Optik anisotroper Medien und Doppelbrechung ................................... 454

7 Grundzüge der Relativitätsmechanik ........................ 461 7.1 Elektromagnetische Felder in verschiedenen Inertialsystemen ...................... 461 7.2 Grundprinzipe der speziellen Relativitätsmechanik ...................................... 464 7.3 Gleichzeitigkeit .............................................................................................. 465 7.4 Zeitdilatation .................................................................................................. 467 7.5 Längenkontraktion ......................................................................................... 471 7.6 Lorentz-Transformation ................................................................................. 473 7.7 Minkowski-Diagramme .................................................................................. 476 7.8 Geschwindigkeitsaddition .............................................................................. 480 7.9 Masse und Energie ......................................................................................... 481 8 Grundzüge der Quantenmechanik ............................. 485 8.1 Teilchennatur elektromagnetischer Wellen ................................................... 485 8.2 Quantenzustände von Atomen ....................................................................... 488 8.3 Wellennatur von Teilchen .............................................................................. 491 8.4 Die Schrödinger-Gleichung ........................................................................... 493

12

8.5 Beschreibung quantenmechanischer Zustände und Messgrößen .................. 494 8.6 Die Heisenberg’sche Unschärferelation ........................................................ 496 8.7 Aufbau von Atomen ...................................................................................... 498 Physikalische Konstanten und Einheiten im Überblick ...................................... 501 Sachregister .......................................................................................................... 505

13

1 Einleitung Die Bezeichnung Physik hat ihren Ursprung im griechischen bzw.

in der Bedeutung Naturordnung bzw. Naturforschung. Der Aufgabenbe-

reich der Physik umfasst die Untersuchung von Gesetzmäßigkeiten und Zusammen-hängen in den beobachteten Naturerscheinungen. Die Basis der Physik, wie auch je-der anderen Naturwissenschaft, besteht in Beobachtungen und Experimenten. Ein wesentlicher Aspekt physikalischer Forschung besteht darin, beobachtete Phä-nomene mit physikalischen Grundprinzipien in Beziehung zu setzen. Nötigenfalls können dabei bereits bestehende Grundprinzipien modifiziert oder erweitert, oder neue Grundprinzipien eingeführt werden. Durch Rückführung beobachteter Phä-nomene auf physikalische Grundprinzipien werden die Phänomene erklärt und gel-ten damit im Rahmen der Physik als verstanden. Weitergehende Aussagen über die „eigentliche Natur“ der betrachteten Phänomene werden damit im Allgemeinen nicht gemacht. 1.1 Entwicklung des physikalischen Weltbildes Bereits aus der Antike sind astronomische Beobachtungen durch Babylonier und Ägypter überliefert. Entscheidende Beiträge kamen aus dem antiken Griechenland. In seiner Naturphilosophie hat Aristoteles mit der Diskussion der Begriffe Raum, Zeit, Bewegung und Kausalität den Rahmen für die Beschreibung der Natur festge-legt. Thales von Milet berichtete im 6. Jh. v. Chr. bereits von Magnetismus und Reibungselektrizität. Neben ihren bahnbrechenden Arbeiten im Bereich der Ma-thematik begründeten die Pythagoräer mit der Einführung der harmonischen Tonin-tervalle und der Tonleiter die musikalische Akustik und schufen die Basis für die Entwicklung unserer Musik. Von Demokrit stammt das Postulat vom Aufbau der Welt aus Atomen, also nicht weiter teilbaren Einheiten. Die Annahme eines mole-kularen Aufbaues der Materie gilt allerdings erst seit Beginn des 20. Jh. als unbe-stritten. Eine Vielzahl von Beiträgen mit großer praktischer Bedeutung stammt von Archimedes aus dem 3. Jh. v. Chr., wobei vor allem das Hebelgesetz und das Ge-setz vom Auftrieb in Flüssigkeiten zu nennen sind. Die aus der Antike bekannten Arbeiten sind durch eine eher spekulative Vorgangsweise gekennzeichnet, experi-mentelle Überprüfungen behaupteter Gesetzmäßigkeiten wurden im Allgemeinen nicht als notwendig angesehen. In der Neuzeit, beginnend im 16. Jh., führte Galilei die experimentelle Methode ein und begründete damit die Physik im heutigen Sinn. In Experimenten mit Hilfe einer schiefen Ebene hat Galilei das Fallgesetz gefunden. Seine astronomischen Be-obachtungen bestätigten das Kopernikanische (heliozentrische) Weltbild, demzu-

14

folge sich die Erde um die Sonne bewegt. Dies führte dazu, dass Galilei von der In-quisition verfolgt wurde, seine offizielle Rehabilitation erfolgte schließlich Ende des 20. Jh. Auf Grund der von Tycho de Brahe durchgeführten astronomischen Be-obachtungen stellte Kepler drei Gesetze auf, die quantitative Aussagen über die Planetenbewegung beinhalten. Im 17. Jh. führte Newton das Trägheitsprinzip und den Kraftbegriff ein und schuf damit die Grundlage der klassischen Mechanik. Fer-ner hat Newton die Gravitationswechselwirkung mit Hilfe des Gravitationsgesetzes quantitativ beschrieben. Damit gelang es Newton, sowohl das Fallgesetz, als auch die Planetenbewegung auf die Gravitationswechselwirkung zurückzuführen und somit eine bedeutende Vereinheitlichung zu erzielen. Ebenfalls im 17. Jh. studierte Boyle gemeinsam mit Mariotte das Verhalten idealer Gase. Die Atomvorstellung wurde von Dalton bereits im 18. Jh. im Bereich der Thermodynamik eingeführt. Anfang des 19. Jh. entdeckte Brown bei der Untersu-chung von in Flüssigkeiten suspendierten Teilchen die heute nach ihm benannte statistische Zitterbewegung kleiner Partikel. Brown schuf damit die experimentelle Grundlage der etwa 80 Jahre später von Einstein und Smoluchowski unabhängig voneinander erbrachten Bestätigung des molekularen Aufbaues der Materie. Mitte des 19. Jh. wurde die Beziehung von Wärme und mechanischer Energie untersucht. Mayer, Joule und Helmholtz stellten den Ersten Hauptsatz, Clausius den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auf. Clausius prägte in diesem Zusammenhang den Entropiebegriff. Ende des 19. Jh. hat Boltzmann seine berühmte statistische Inter-pretation der Entropie gegeben und damit eine Vereinheitlichung von Thermo-dynamik und statistischer Physik erzielt. Boltzmanns Arbeiten wurden von Mach vehement kritisiert, der die von Boltzmann vertretene atomistische Vorstellung ab-lehnte. Avogadro erkannte, dass gleiche Volumina verschiedener idealer Gase bei gleichem Druck und gleicher Temperatur die gleiche Anzahl von Molekülen ent-halten. Experimente von Loschmidt erlaubten erstmals eine quantitative Bestim-mung der Anzahl der Gasmoleküle pro Volumseinheit. Seit Anfang des 17. Jh. rückte auch die Optik ins Zentrum des Interesses. Snellius stellte das Brechungsgesetz auf. Newton vertrat eine Korpuskulartheorie des Lich-tes, Fresnel beobachtete Interferenz von Lichtwellen und bestätigte damit den Wel-lencharakter des Lichtes. Gegen Ende des 17. Jh. gelang es Rømer, durch Beobach-tung der Bewegung eines Jupitermondes erstmals die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes zu ermitteln. Im 18. Jh. leitete Coulomb aus seinen Experimenten mit der nach ihm benannten Drehwaage das Coulomb’sche Kraftgesetz her, das die elektrostatische Wechsel-wirkungskraft zweier Punktladungen beschreibt. Ørsted entdeckte Anfang des 19. Jh. das magnetische Feld in der Umgebung elektrischer Ströme. Diese folgen-reiche Entdeckung führte zur Vereinheitlichung elektrischer und magnetischer Phä-nomene. Der hervorragende Experimentator Faraday stellte nach einer Serie von Experimenten das später nach ihm benannte Induktionsgesetz auf. Mitte des 19. Jh. veröffentlichte Maxwell die heute nach ihm benannten Gleichungen zur Beschrei-

15

bung der Elektrodynamik, die insbesondere die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen vorhersagen. Maxwell erkannte die elektromagnetische Natur der Lichtwel-len, was eine Vereinheitlichung elektromagnetischer und optischer Phänomene zur Folge hatte. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert setzten bedeutende neue Entwicklun-gen in der Physik ein. Michelson versuchte in seinem berühmten Experiment ge-meinsam mit Morley 1887 die Geschwindigkeit der Erde relativ zu dem als Träger-medium der Lichtwellen postulierten Lichtäther zu bestimmen. Aus dem ergebnis-losen Ausgang des Experimentes hatte bereits Mach geschlossen, dass das Postulat der Existenz des Lichtäthers fallengelassen werden muss. In weiterer Folge entwi-ckelte Einstein 1905 die spezielle Relativitätsmechanik, die insbesondere zur Auf-gabe des Begriffes der absoluten Zeit führte. Beeinflusst von Mach verallgemeiner-te Einstein 1916 die spezielle Relativitätsmechanik und gelangte zur allgemeinen Relativitätsmechanik, bei der die Gravitationswechselwirkung auf Grund von Trägheitsbewegungen in einer gekrümmten vierdimensionalen Raumzeit interpre-tiert wird. Dies führte zu einem Wegfall der begrifflichen Unterscheidung zwischen träger und schwerer Masse und somit zu einer unmittelbaren Erklärung des Prinzips der Äquivalenz von träger und schwerer Masse. Um zu einer realistischen Beschreibung der spektralen Intensitätsverteilung der Wärmestrahlung zu gelangen, postulierte Planck im Jahr 1900 eine Quantisierung der Energie elektromagnetischer Oszillatoren und begründete damit die Quanten-mechanik. Die von Hertz und Hallwachs 1887 durchgeführten Experimente zum photoelektrischen Effekt lieferten eine Grundlage für die 1905 von Einstein postu-lierte Teilchennatur elektromagnetischer Wellen und somit für die Einführung des Welle-Teilchen-Dualismus. Die bereits seit 1885 bekannten diskreten optischen Spektralserien veranlassten Bohr zur Annahme diskreter Energiezustände der Atome, was 1913 durch Experimente von Franck und Hertz auch direkt bestätigt wurde. Im gleichen Jahr hat Bohr, aufbauend auf drei Postulaten, ein Atommodell aufgestellt, das die Berechnung der diskreten Elektronenenergien in Atomen in Übereinstim-mung mit den experimentellen Spektralserien ermöglicht. Eines der Bohr’schen Postulate konnte 1924 mit Hilfe der von de Broglie postulierten Materiewellen plausibel gemacht werden. Anschließend an dieses Konzept stellte dann Schrödin-ger 1926 die berühmte Wellengleichung für Materiewellen auf, die für die Quan-tenmechanik von grundlegender Bedeutung ist. Im darauffolgenden Jahr haben Davisson und Germer durch Interferenzexperimente mit Elektronenstrahlen den Wellencharakter von Elektronenstrahlen direkt bewiesen. In der Kopenhagener In-terpretation liefert die Wellenfunktion für Materiewellen Information über die Auf-enthaltswahrscheinlichkeit der Teilchen. Eine deterministische Vorhersage der zeit-lichen Entwicklung eines Systems erweist sich im Rahmen der Quantenmechanik als unmöglich. Gemäß der von Heisenberg 1927 formulierten Unschärferelation sind bestimmte physikalische Größen nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit

16

messbar. In neuerer Zeit haben Fragen der Verschränkung und der Nichtlokalität quantenmechanischer Zustände zunehmend Beachtung gefunden. 1.2 Bedeutung der Physik in verschiedenen Wissens-gebieten und Anwendungen Die Physik liefert wesentliche Grundlagen für praktisch alle Naturwissenschaften. Im Bereich der Chemie spielt die thermodynamische Beschreibung von Systemen eine ausschlaggebende Rolle. Die physikalische Beschreibung des Atombaues hat zu einer Erklärung des periodischen Systems der Elemente geführt. Chemische Bindungen und Molekülstrukturen können mit Hilfe quantenmechanischer Metho-den quantitativ beschrieben werden. Zwischen Astronomie und Physik besteht eine enge Beziehung. Einerseits liefert die Physik Modelle zur Beschreibung der Entwicklung von Sternen, Galaxien und des gesamten Kosmos. Andererseits beruht die Entwicklung neuerer Beobachtungs-instrumente, wie etwa Radioteleskope, auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Die im Rahmen der Meteorologie erfolgende Beschreibung von Vorgängen in der Erdatmosphäre erfolgt zu einem erheblichen Teil mit Hilfe von Hydrodynamik und Thermodynamik. Die Entstehung von Wolken wird wesentlich durch Phasenüber-gangsvorgänge, insbesondere Nukleation an Aerosolpartikeln, bestimmt. Die phy-sikalische Wechselwirkung von solarer Strahlung mit Gasmolekülen, Aerosolparti-keln und Wolkentropfen hat erheblichen Einfluss auf die globale Klimaentwick-lung. Auch im Bereich der Biologie und der Medizin bestehen vielfältige Beziehungen zur Physik. Der Energiehaushalt von biologischen Zellen, Transportvorgänge durch Zellmembranen, sowie Wechselwirkung elektromagnetischer und radioaktiver Strahlung mit Zellgewebe werden mit physikalischen Methoden beschrieben. Dar-über hinaus beruhen diverse neuere Markierungsverfahren und Diagnosemethoden auf physikalischen Grundlagen. Physikalische Erkenntnisse haben auch zu diversen technischen Anwendungen geführt. Genannt seien Dampfmaschine, Elektromotor und Generator, Halbleiter-entwicklung und Laser. Energiegewinnung aus Kernenergie, Solarenergie, etc. ist von hoher Aktualität. Besonders vielfältige Anwendungen der Physik bestehen im Bereich der Nachrichtenübertragung und Informationstechnologie. Besonders sei auch auf die wichtigen Beziehungen der Physik zu Philosophie und Ethik hingewiesen. Ergebnisse physikalischer Forschung haben unter Anderem die Erkenntnistheorie maßgeblich beeinflusst. Auswirkungen der Anwendung neuer physikalischer Forschungsergebnisse in verschiedenen Bereichen der menschlichen Gesellschaft, und insbesondere potenzielle Gefahrenquellen, müssen laufend ein-gehend untersucht werden, wobei den Physikern wesentliche Verantwortung zu-kommt.

17

1.3 System und Modell Der Gegenstand physikalischer Forschung sind Systeme:

Einzelne Atome und Moleküle, Cluster mehrerer in enger Wechselwirkung stehen-der Moleküle, sowie auch räumlich abgegrenzte makroskopische feste, flüssige oder gasförmige Körper, sind Beispiele physikalischer Systeme. Systeme stehen im Allgemeinen in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung. Ein zeitlich unveränderli-ches System wird als Zustand bezeichnet. Beobachtungen oder Experimente an physikalischen Systemen sind Ausgangspunkt für eine mögliche Idealisierung in Form eines Modells, wie etwa das Modell eines deformierbaren festen Körpers. Aufbauend auf Grundprinzipien und (idealisieren-den) Annahmen kann eine mathematische Beschreibung des betrachteten Modells in Form einer Theorie erfolgen, etwa die Elastizitätstheorie. Die Gültigkeit bzw. die Grenzen der Gültigkeit einer Theorie sind im Allgemeinen durch Experimente zu überprüfen, wie zum Beispiel Verformungsexperimente an Festkörpern. Durch Widerspruch eines experimentellen Ergebnisses zu einer zugehörigen theoretischen Vorhersage kann die entsprechende Theorie falsifiziert werden. So lange eine The-orie nicht falsifiziert wurde, kann sie als gültig angesehen werden. Die Gültigkeit einer Theorie ist jedoch im Allgemeinen auf einen bestimmten Bereich von physi-kalischen Bedingungen beschränkt. Für jede Theorie ist daher die Angabe des Gül-tigkeitsbereiches von ausschlaggebender Bedeutung. Eine Theorie erlaubt die Rückführung beobachteter Phänomene auf physikalische Grundprinzipien. Damit gelten diese Phänomene im Rahmen der Physik als ver-standen. Eine Theorie ermöglicht auch die Vorhersage des Verhaltens von Syste-men unter Bedingungen, die noch nicht experimentell untersucht wurden oder noch nicht untersucht werden können. Insbesondere gestattet eine Theorie im Allgemei-nen auch die Berechnung der zeitlichen Entwicklung eines Systems und damit eine Vorhersage des zukünftigen Verhaltens von Systemen. Im Rahmen der klassischen Physik kann das zukünftige Verhalten linearer Systeme bei hinreichender Kenntnis der Anfangsbedingungen beliebig genau konkret vorhergesagt werden, diese Sys-teme verhalten sich deterministisch. Bei der Beschreibung quantenmechanischer Systeme sind jedoch im Allgemeinen nur Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich, für diese Systeme besteht somit kein strenger Determinismus, die Kausalität bleibt jedoch gültig. Nichtlineare klassische Systeme verhalten sich im Allgemeinen de-terministisch, beliebig kleine Änderungen der Anfangsbedingungen können aber bereits zu gravierenden Änderungen der zukünftigen Entwicklung führen. Bei sol-chen chaotischen Systemen können daher grundsätzliche Probleme bei der Vorher-sage der zukünftigen Entwicklung auftreten. Meteorologische Vorgänge können etwa nur für verhältnismäßig kurze Zeitspannen vorhergesagt werden.

Ein System ist ein räumlicher Bereich, der durch eine Systemgrenze von einer Umgebung abgegrenzt ist.

18

Manche Modelle können oft in gleichartiger Weise auf mehrere unterschiedliche Systeme angewendet werden. Ein wichtiges Modell ist der Massenpunkt, das ist ein System, bei dessen Beschreibung es nicht auf die innere Struktur ankommt. Atome, Wolkentröpfchen, aber auch die Planeten auf ihrer Bahn um die Sonne, können unter gewissen Umständen als Massenpunkte aufgefasst werden. Eine de-tailliertere Beschreibung der betrachteten Systeme erfordert natürlich eine Verfei-nerung des Modells. Ein weiteres weit verbreitetes Modell ist die Welle. Oberflä-chenwellen (etwa Wasserwellen), akustische Wellen, elektromagnetische Wellen inkl. Lichtwellen, sowie quantenmechanische Materiewellen, werden in gleicharti-ger Weise im Rahmen des Wellenmodells beschrieben. Während es offenbar Modelle gibt, die auf unterschiedliche Systeme in gleichartiger Weise angewendet werden können, gibt es andererseits auch Systeme, deren Eigen-schaften nicht ausschließlich im Rahmen eines einzigen Modells beschrieben werden können. Bei elektromagnetischer Strahlung wurde etwa gefunden, dass sie sowohl Wellen-, als auch Teilchencharakter aufweist (Welle-Teilchen-Dualismus). In die-sem Fall hat es sich erwiesen, dass zur Beschreibung verschiedener Aspekte des gleichen physikalischen Systems zwei unterschiedliche Modelle erforderlich sind. 1.4 Der Messvorgang Ein Messvorgang besteht darin, dass ein Beobachter B sich über die Eigenschaften eines Systems S Informationen verschafft. Der Beobachter B wird stets als makro-skopisches System angesehen. B und S zusammen bilden ebenfalls ein System (siehe Abb. 1.1).

SSystem BBeobachter

Abb. 1.1: Schematische Darstellung eines Messvorganges

Es ist davon auszugehen, dass durch den Messvorgang das betrachtete System S beeinflusst wird. Falls S ein makroskopisches System ist, dann kann der Einfluss des Beobachters B erfahrungsgemäß meistens sehr klein gemacht werden. Falls der Beobachtungseinfluss vernachlässigt werden kann ist es sinnvoll, die Messergeb-nisse als objektive Systemeigenschaften anzusehen und man kann eine objektive Wirklichkeit annehmen (Realität). Eine wesentliche Voraussetzung für die Ver-lässlichkeit makroskopischer Messungen ist deren Reproduzierbarkeit. Falls das betrachtete System S mikroskopisch ist und somit im Rahmen der Quan-tenmechanik beschrieben wird, ist ein wesentlicher Einfluss des Beobachtungsvor-

19

ganges auf das System S im Allgemeinen unvermeidbar. Einerseits können im Allgemeinen zwei verschiedene physikalische Größen, etwa Ort und Impuls eines Teilchens, nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit gemessen werden. Dieser Umstand wird mittels der Heisenbergschen Unschärferelation

2

xpx (1.1)

quantitativ beschrieben, wobei sJ341005.1 als reduziertes Planck'sches

Wirkungsquantum oder Drehimpulsquantum bezeichnet wird, 2h ist das Planck'sche Wirkungsquantum (siehe Kapitel 8). Je kleiner etwa die Unschärfe

xp bei der Messung des Impulses xp eines Teilchens ist, desto größer ist die un-

vermeidliche Unschärfe x des Teilchenaufenthaltsortes x . Andererseits wird der Zustand eines mikroskopischen Systems auf Grund der Durchführung einer Mes-sung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einen von mehreren Eigenzuständen präpariert. Als Beispiel sei hier die beim berühmten Stern-Gerlach-Experiment er-folgte Messung des Spins von Silberatomen durch Beobachtung der Ablenkung im Magnetfeld genannt. In vielen Fällen geht man davon aus, dass sich der quantenmechanische Zustand ei-nes Systems auf einen verhältnismäßig eng begrenzten Bereich bezieht. (Lokalität). Neuere Experimente (siehe Kap. 8.5) haben jedoch gezeigt, dass quantenmechani-sche Zustände auch erhebliche räumliche Ausdehnung haben können. 1.5 Physikalische Größen und Einheiten Systeme werden mit Hilfe physikalischer Größen beschrieben. Definition und Auswahl der verwendeten Größen sind im Allgemeinen modellabhängig und will-kürlich. Zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens mechanischer Systeme hat etwa Newton als neue physikalische Größe den Begriff der Kraft als Ursache der Beschleunigung eines Körpers eingeführt (siehe Kap. 2.1.2). Die Festlegung einer Größe erfolgt stets durch Vergleich mit einer gleichartigen Größe. Die Vergleichsgröße wird als Einheit bezeichnet. Dementsprechend wird jede physikalische Größe in der Form

EinheitMaßzahlGröße (1.2) angegeben. Eine Beziehung zwischen verschiedenen Größen in einem System wird mit Hilfe einer physikalischen Relation dargestellt. Physikalische Relationen werden ent-weder als Relationen zwischen den betrachteten Größen selbst, oder als Relationen zwischen den entsprechenden Maßzahlen angesehen.

20

Beispiele physikalischer Relationen sind etwa

tv (1.3)

amF (1.4)

für Geschwindigkeit v und Kraft F

.

Es ist sinnvoll, sich auf ein generell festgelegtes System von Größen und deren Einheiten zu einigen. Zu diesem Zweck werden willkürlich und abhängig von praktischen Gesichtspunkten absolute Basisgrößen, abgeleitete Basisgrößen und abgeleitete Größen definiert. Eine absolute Basisgröße wird definiert durch ein Messverfahren und eine festge-legte absolute Basiseinheit. Im Fall der Masse ist gegenwärtig das Messverfahren die Vergleichswaage und die absolute Basiseinheit Kilogramm ( kg ) durch ein orts-

festes Normal (Kilogramm-Prototyp bei Paris) festgelegt. Für die Zeit ist das Mess-verfahren die Cäsium-Atomuhr und die absolute Basiseinheit Sekunde ( s ) wird durch das überall reproduzierbare Normal von 7706311929 Schwingungen ent-

sprechend einem Übergang zwischen zwei Hyperfein-Niveaus von 133Cäsium be-stimmt. Bei der (absoluten) Temperatur ist das Messverfahren das Thermometer und die absolute Basiseinheit Kelvin ( K ) als 16.2731 der Temperatur des Tripel-

punktes von Wasser definiert. Mehrere unterschiedliche absolute Basisgrößen kön-nen auf Grund physikalischer Gesetzmäßigkeiten durch Relationen mit unveränder-lichen Größen miteinander in Beziehung stehen. Die Werte solcher universeller Konstanten sind experimentell zu bestimmen. Eine abgeleitete Basisgröße wird definiert durch eine vorgegebene physikalische Definitionsrelation mit absoluten Basisgrößen und einer unveränderlichen Größe. Der Wert einer solchen universellen Konstanten wird willkürlich festgelegt. Voraus-setzung für eine solche Definition ist natürlich, dass eine solche Relation existiert. Die Definitionsrelation bestimmt ein Messverfahren und eine abgeleitete Basisein-heit. Für die Länge wird die Definitionsrelation

tc 0 (1.5) verwendet, die die Ausbreitung des Lichtes im Vakuum beschreibt. Dabei ist t die Ausbreitungszeit, die Vakuumlichtgeschwindigkeit smc /4587922990 eine (will-

kürlich) festgelegte universelle Konstante und die Länge die abgeleitete Basisgrö-ße. Die abgeleitete Basiseinheit Meter (m ) ist somit definiert als die Wegstrecke, die das Licht im Vakuum in der Zeit st )4587922991( zurücklegt. Der Wert der

Lichtgeschwindigkeit 0c wurde naturgemäß derart festgelegt, dass die vorher gültige

Meterdefinition möglichst genau reproduziert wird. Im Fall der elektrischen Strom-stärke wird gemäß dem Ampere’schen Kraftgesetz (siehe Kap. 5.4.5) die Definiti-onsrelation

21

d

IF

20

2

(1.6)

verwendet, die die Kraftwirkung zwischen zwei geradlinigen, parallelen, vom glei-chen Strom durchflossenen Leitern beschreibt. Dabei sind d und Distanz und Länge der Leiter, F ist die Kraft auf jeden der beiden Leiter, die magnetische

Feldkonstante 270 /104 AN ist eine (willkürlich) festgelegte universelle

Konstante und die Stromstärke I die abgeleitete Basisgröße. Die abgeleitete Basis-einheit Ampere ( A ) ist somit definiert als die Stromstärke durch jeden zweier pa-

ralleler Leiter im Abstand m1 , die pro Meter Leiterlänge eine Kraft von N7102

bewirkt. Eine abgeleitete Größe wird definiert durch eine vorgegebene physikalische Defi-nitionsrelation mit Basisgrößen. Die Definitionsrelation bestimmt ein Messverfah-ren und eine abgeleitete Einheit. Für die Geschwindigkeit wird etwa die Defini-tionsrelation

tv

(1.7)

verwendet. Dabei ist die Weglänge und t die Zeit und die Geschwindigkeit v die abgeleitete Größe. Die abgeleitete Einheit sm / ist somit definiert als die Ge-schwindigkeit, bei der in der Zeit s1 die Wegstrecke m1 zurückgelegt wird.

Zur Charakterisierung physikalischer Größen wird häufig die Dimension der Größe betrachtet. Der Begriff Dimension einer Größe wird in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Einerseits ergibt sich die Dimension unmittelbar aus der Definitionsrelation, andererseits ist die Dimension einfach die entsprechende Ein-

heitenbezeichnung. Die Geschwindigkeit hat etwa die Dimension ][][ 1 tv oder

][][ 1 smv . Durch Überprüfung der Dimensionen aller in einer physikalischen

Relation enthaltenen Größen kann die Konsistenz dieser Relation festgestellt wer-den. Die Zentrifugalkraft (siehe Kap. 2.2.2) kann etwa durch die Relation

rmFzf 2 (1.8) ausgedrückt werden. Durch Einsetzen der Dimensionen ][][ kgm , ][][ 1 s ,

][][ mr und ][][ 2 smkgFzf zeigt sich die Konsistenz der Relation (1.8).

Die beschriebenen absoluten und abgeleiteten Basiseinheiten zusammen mit den abgeleiteten Einheiten bilden ein (kohärentes) Einheitensystem, Le Système Inter-national d’Unités (SI). Aus praktischen oder traditionellen Gründen werden gele-gentlich neben den (kohärenten) SI-Einheiten auch inkohärente Einheiten ver-wendet. Insbesondere die folgenden Zehnerpotenzvorsätze haben große prakti-sche Bedeutung:

22

110 210 310 610 910 1210 1510 1810

d c m μ n p f a

dezi centi milli micro nano pico femto atto

110 210 310 610 910 1210

da h k M G T

deka hekto kilo mega giga tera

Darüber hinaus werden unter Anderem auch weitere inkohärente Einheiten ver-wendet:

smin 601

sh 60031

mj 15104605.91 33101 m

Jkcal 9.18641

JeV 1910602.11 Wie erwähnt, sind Anzahl, Auswahl und Definition von Basisgrößen willkürlich und abhängig von praktischen Gesichtspunkten. Dementsprechend sind bei der De-finition von Basisgrößen im Laufe der Zeit mehrfach Änderungen vorgenommen worden. Die Wärmemenge etwa wurde ursprünglich als absolute Basisgröße defi-niert und die absolute Basiseinheit Kilokalorie ( kcal ) wurde festgelegt als die Wärmemenge, die zur Erwärmung von 1 Wasser um C1 benötigt wird. Die be-

rühmten Joule’schen Experimente (siehe Kap. 4.3) zeigten, dass zugeführte Wär-memenge Q und zugeführte mechanische Arbeit W durch die Relation

WKQ W (1.9) miteinander in Beziehung stehen, wobei das Wärmeäquivalent stets den gleichen

Wert JkcalKw /103884.2 4 hat. Das Wärmeäquivalent ist somit eine univer-

selle Konstante, die experimentell zu bestimmen ist. Dieser Umstand legt es nahe, die Wärmemenge Q als abgeleitete Basisgröße zu definieren und dabei Gleichung

(1.9) als Definitionsrelation zu verwenden, in der die universelle Konstante

JkcalKw /103884.2 4 willkürlich festgelegt wird. Damit wird die Kilokalorie

(kcal ) als abgeleitete Basiseinheit definiert. Im Rahmen der statistischen Thermody-namik wurden Wärmemenge und mechanische Energie als gleichartige Größen er-kannt. Damit lag es nahe, die universelle Konstante 1wK zu setzen. Damit ergibt

sich, wie gegenwärtig üblich, dass die Wärmemenge nicht mehr als Basisgröße ange-

23

sehen wird und die zugehörige Basiseinheit JJkcal 9.4186)103884.21(1 4

zur inkohärenten Energieeinheit wird. Als weiteres Beispiel werde die Länge betrachtet, die bis 1983 als absolute Basis-größe definiert war, wobei die absolute Basiseinheit Meter ( m ) durch ein Normal bestimmt wurde. Experimentell zeigt sich, dass die Lichtausbreitung im Vakuum mittels der Relation

tc 0 (1.10) beschrieben werden kann, wobei die Vakuumlichtgeschwindigkeit stets den glei-chen Wert smc /4587922990 hat. Die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist somit

eine universelle Konstante, die bis 1983 experimentell zu bestimmen war. Dieser Umstand hat es nahe gelegt, die Länge als abgeleitete Basisgröße zu definieren und dabei Gl. (1.10) als Definitionsrelation zu verwenden, in der die universelle Konstante smc /4587922990 willkürlich festgelegt wird. Damit wurde, wie bei

den SI-Einheiten festgelegt, das Meter (m ) als abgeleitete Basiseinheit definiert. Im Rahmen der Relativitätsmechanik können Länge und Zeit als gleichartige Größen angesehen werden (siehe Kap. 7.6). Damit läge es nahe, die universelle Konstante

10 c zu setzen. Damit ergäbe sich, dass die Länge nicht mehr als Basisgröße an-

gesehen und die zugehörige Basiseinheit nssm 3.3)4587922991(1 zur inko-

härenten Zeiteinheit würde. Derartige Einheiten werden gelegentlich im Bereich der theoretischen Physik verwendet. Allgemein erkennt man, dass im Fall der Definition einer größeren Anzahl absolu-ter Basisgrößen auch mehr universelle Konstanten auftreten, die experimentell zu bestimmen sind. Beispiele solcher universeller Konstanten sind Vakuumlichtge-schwindigkeit, Planck’sches Wirkungsquantum, Boltzmannkonstante, Gravitations-konstante, Wärmeäquivalent, sowie elektrische und magnetische Feldkonstante. Durch willkürliche Festlegung dimensionierter universeller Konstanten erfolgt der Übergang zur Definition abgeleiteter Basisgrößen. Der Vorteil dieser Definition liegt darin, dass dabei die universellen Konstanten ohne Messfehler festgelegt sind. Falls zwei unterschiedliche Basisgrößen als gleichartig angesehen werden können, dann kann es zweckmäßig sein, die zugehörige dimensionierte universelle Konstan-te durch die dimensionslose Zahl 1 zu ersetzen. Dadurch entfällt dann eine der bei-den Basisgrößen und die zugehörige Basiseinheit wird zu einer inkohärenten Ein-heit. Abschließend sei besonders darauf hingewiesen, dass bei der Angabe einer physi-kalischen Größe neben der Maßzahl stets auch die Einheit anzugeben ist. 1.6 Messgenauigkeit Ergebnisse physikalischer Messungen sind stets mit Fehlern behaftet, wobei zwi-schen zwei Arten von Fehlern unterschieden werden kann. Systematische Fehler

24

entstehen durch ungenügende Ausschaltung oder ungenügende Berücksichtigung störender Effekte, durch unrichtige Eichung von Messinstrumenten, fehlerhafte Messdatenübertragung oder Ähnliches. Statistische Fehler hingegen werden her-vorgerufen durch zufällige Schwankungen auf Grund der gleichzeitigen Wirkung vieler unkontrollierbarer Einflüsse. Eine quantitative Abschätzung des Fehlerberei-ches ist von großer Bedeutung. Systematische Fehler sind oft schwer zu quantifizie-ren. Im Folgenden werden nur statistische Fehler betrachtet. Wir betrachten die experimentelle Bestimmung einer Größe x . Es werde eine Messserie mit n Einzelmessungen mit den Einzelmesswerten ix durchgeführt. Die

Verteilung der Häufigkeiten, dass die Einzelmesswerte innerhalb gewisser Interval-le (Klassen) liegen, kann in Form eines Histogramms graphisch dargestellt werden (siehe Abb. 1.2). Dabei ist auf der Messwertskala die Klasseneinteilung eingetra-gen.

4

8

12

16

x

x

Häu

figk

eit

0

Abb. 1.2: Histogramm zur Darstellung der Häufigkeitsverteilung der Mess-

werte ix bei einer Messserie. Auf der Messwertskala ist die Klasseneinteilung eingetragen.

Die erwähnte Messserie kann durch einen repräsentativen Wert der Messgröße charakterisiert werden. Dieser repräsentative Wert liefert eine Abschätzung für den wahren Wert der Messgröße. Zur Festlegung eines solchen repräsentativen Wertes x für die Messserie gehen wir davon aus, dass alle Einzelmesswerte ix gleicher-

maßen nach oben und unten von x abweichen und dementsprechend alle Abwei-chungen xxi einander gerade kompensieren:

01

n

ii xx . (1.11)

25

Daraus ergibt sich

01

n

ii xnx

und man erhält damit als repräsentativen Wert für die Messserie den arithmeti-schen Mittelwert aller Einzelmesswerte ix :

n

iix

nx

1

1. (1.12)

Die betrachtete Messserie kann ferner durch ein Maß für die Streuung der Ein-zelmesswerte charakterisiert werden. Wir betrachten zunächst die Abweichungen

xxi der Einzelmesswerte ix vom repräsentativen Wert x . Als Maß für die

Streuung der Einzelmesswerte könnte der arithmetische Mittelwert aller Abwei-chungen herangezogen werden. Summe und somit auch arithmetischer Mittelwert aller Abweichungen xxi verschwinden allerdings gemäß Gl. (1.11) durch Kom-

pensation positiver und negativer Abweichungen und sind daher als Streuungsmaß ungeeignet.

Im Folgenden betrachten wir die Abweichungsquadrate 2xxi . Damit wird die

oben erwähnte Kompensation vermieden, die Summe aller Abweichungsquadrate ist positiv. Dies ermöglicht nunmehr eine alternative Festlegung des repräsentativen Wertes x für die Messserie in der Weise, dass die Summe aller Abweichungsqua-

drate 2xxi minimiert wird:

MinimumxxQn

ii

1

2 . (1.13)

Die Bestimmung von x erfolgt durch Nullsetzen der ersten Ableitung von Q :

021

n

ii xx

xd

dQ.

Daraus erhält man als repräsentativen Wert für die Messserie in Übereinstimmung mit Gl. (1.12) ebenfalls den arithmetischen Mittelwert aller Einzelmesswerte ix .

Es sei erwähnt, dass auch durch Betrachtung der Abweichungsbeträge xxi die

oben erwähnte Kompensation positiver und negativer Abweichungen vermieden werden kann, die Summe aller Abweichungsbeträge ist positiv. Eine eindeutige Festlegung des repräsentativen Wertes x durch Minimierung dieser Summe aller Abweichungsbeträge ist jedoch im Allgemeinen nicht möglich, wie etwa am Bei-spiel einer aus zwei Einzelmesswerten bestehenden Messserie unmittelbar ersicht-lich ist.

26

Zur Festlegung eines Maßes für die Streuung der Einzelmesswerte können wir grundsätzlich von den Abweichungen wi xx der Einzelmesswerte ix vom wahren

Wert wx der Messgröße ausgehen und wir betrachten die Abweichungsquadrate

2wi xx . Als ein Maß für die Streuung der Einzelmesswerte wählen wir den

arithmetischen Mittelwert aller Abweichungsquadrate:

n

iwi xx

nVar

1

21. (1.14)

Var wird als Varianz bezeichnet. Der wahre Wert der Messgröße ist jedoch im Allgemeinen unbekannt. Zur Festle-gung eines Maßes für die Streuung der Einzelmesswerte gehen wir daher nunmehr von den Abweichungen xxi der Einzelmesswerte ix vom repräsentativen Wert

x der Messgröße aus und wir betrachten die Abweichungsquadrate 2xxi . Als

ein Maß für die Streuung der Einzelmesswerte kann wieder der arithmetische Mit-telwert aller Abweichungsquadrate gewählt werden, wir wählen jedoch eine etwas unterschiedlich definierte Größe:

n

ii xx

n 1

22

1

1 . (1.15)

wird als Standardabweichung bezeichnet. Es ist zu beachten, dass für den Fall, dass nur ein Einzelmesswert vorliegt ( 1n ), die Abweichung vom arithmetischen Mittelwert naturgemäß verschwindet. Würde in (1.15) analog zu (1.14) durch n di-vidiert werden, dann würde dies im erwähnten Fall eine Standardabweichung

0 ergeben, obwohl bei nur einem Einzelmesswert gar keine Angabe über die Streuung der Einzelmesswerte möglich ist. Da in (1.15) aber durch 1n dividiert wird, ist der Fall 1n ausgeschlossen und das vorhin erwähnte sinnlose Ergebnis wird vermieden. Falls eine große Anzahl von Einzelmesswerten vorliegt, sodass der Unterschied zwischen n und 1n vernachlässigbar ist, kann die Berechnung der Standardabweichung in folgender Weise vereinfacht werden:

2

1

2

1 1

2222 1122

11xn

nx

nxxxxxx

nxx

n

x

n

ii

n

i

n

iiii

und man erhält damit

222 xx , (1.16)

wobei

n

iix

nx

1

22 1 ist.

27

Als Maß für die relative Streuung der Einzelmesswerte eignet sich die relative Standardabweichung x . Eine konkrete quantitative Interpretation der Standardabweichung wird vom Zentralen Grenzwertsatz geliefert:

(1.17)

Dieser Satz erklärt die Sonderstellung der Normalverteilung (1.17).

Auf Grund des Zentralen Grenzwertsatzes können bei einer mit statistischen Feh-lern behafteten Messgröße die Einzelmesswerte ix stets in guter Näherung als

normalverteilt angesehen werden. Die Verteilungsfunktion )(xf in Gl. (1.17) ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte und

somit ist xxf die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Einzelmesswert im Inter-

vall ],[ xxx liegt. Mit Hilfe von Gl. (1.17) können Vertrauensbereiche für Ein-

zelmessungen ermittelt werden:

Wahrscheinlichkeit, dass %68, xxxi

Wahrscheinlichkeit, dass %952,2 xxxi (1.18)

Wahrscheinlichkeit, dass %7.993,3 xxxi Auf Grund dieser Vertrauensbereiche können üblicherweise Einzelmesswerte, die außerhalb der dreifachen Standardabweichung liegen, als „Ausreißer“ angesehen und daher ausgeschieden werden. Häufig liegt die Situation vor, dass ein Messresultat ...,,, zyxRR aus mehreren

Messgrößen ...,,, zyx zu berechnen ist. Beispiele dafür sind etwa die Dichte

Vm oder die Geschwindigkeit tv . Die Streuungen der Messgrößen

...,,, zyx seien durch die Standardabweichungen ,,, zyx gegeben. Die auf-

grund der sogenannten Fehlerfortpflanzung resultierende statistische Unsicherheit des Messresultates R werde durch einen mittleren Fehler R beschrieben.

Eine Abschätzung von R erhält man durch Bestimmung des absoluten Größtfeh-

lers von R . Unter der Annahme einer gleichsinnigen Wirkung der Fehler aller Messgrößen erhält man für den absoluten Größtfehler von R den Ausdruck:

Die Summe hinreichend vieler unabhängiger, im Rahmen gewis-ser Einschränkungen beliebig verteilter Zufallsgrößen ist normal-verteilt:

2

2

2

2

1

xx

exf

.

28

yxR y

R

x

R . (1.19)

Als häufig auftretenden Spezialfall betrachten wir ein Potenzprodukt in der Form

ba yxAR . (1.20) Durch Einsetzen in (1.19) erhält man

y

bax

baR yxbAyxaA 11 .

Damit erhält man für den relativen Größtfehler von Potenzprodukten

y

bx

aR

yxR . (1.21)

Als Spezialfall ergibt sich daraus:

Eine genauere Berechnung des mittleren Fehlers R des Messresultates R , unter

Berücksichtigung der teilweisen Kompensation der Fehler der Messgrößen ...,,, zyx , kann mit Hilfe des Gauß’schen Fehlerfortpflanzungsgesetzes erfolgen

und man erhält damit den absoluten mittleren Fehler von R :

22

22

yxR y

R

x

R . (1.22)

Gleichung (1.22) kann auch angewendet werden auf die Berechnung des absoluten mittleren Fehlers x eines arithmetischen Mittelwertes nxxxx n 21

von n Einzelmesswerten ix . Unter der plausiblen Annahme, dass jedem Einzel-

messwert ix die gleiche Standardabweichung x zukommt, erhält man durch Ein-

setzen in (1.22) unmittelbar

22

22

22

11121 xxxx n

nnn

und es ergibt sich für den absoluten mittleren Fehler des arithmetischen Mittel-wertes

Für Potenzprodukte mit Exponenten 1 oder -1 ist der relative Größtfehler des Messresultates R einfach die Summe der relativen Fehler yx yx der

entsprechenden Messgrößen ...,,, zyx .

29

xxn

1

. (1.23)

Die von der Anzahl der Einzelmesswerte praktisch unabhängige Standardabwei-chung x beschreibt die Streuung der Einzelmesswerte und charakterisiert somit

die Schwankungen beim Messvorgang. Andererseits charakterisiert x den Fehler-

bereich des arithmetischen Mittelwertes x , also des Messergebnisses. Durch Erhö-hung der Anzahl n der Einzelmesswerte kann der mittlere Fehler x des arithmeti-

schen Mittelwertes x verringert werden. Allerdings zeigt sich gemäß Gl. (1.23), dass etwa zehnmal so viele Einzelmessungen erforderlich, um den statistischen Fehler des arithmetischen Mittelwertes auf ein Drittel zu drücken. Abschließend sei besonders darauf hingewiesen, dass eine Messung nur dann aus-sagekräftig ist, wenn neben dem resultierenden Messwert auch dessen Fehlerbe-reich angegeben wird. In graphischen Darstellungen kann der Fehlerbereich mit Hilfe von Fehlerbalken dargestellt werden. Bei tabellarischen Daten ist darauf zu achten, nur signifikante Stellen anzugeben.