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AUSGABE 16 || Oktober 2010 Automatisierungsbranche Optimistischer Blick in die Zukunft Reibungsloser Transport dank SPS Vollautomatische Prozesslogistik im Einsatz Die Zukunft liegt auf dem Wasser Maritime Industrie: Innovationen als Chance Das Magazin für Technik und Management

Der Spezialist - Ausgabe 16

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Das Magazin für Technik und Management. Hintergrundberichte, Neuigkeiten, Wissenswertes und Gespräche mit interessanten Persönlichkeiten - das erwartet Sie in unserem Magazin "Der Spezialist". Zweimal jährlich beschäftigt sich unsere Zeitschrift mit Themen rund um Technologie und Management. Warum bringt Brunel als internationaler Projektpartner für Technik und Management ein eigenes Magazin heraus? Weil wir, genau wie Sie, in vielfältigen und spannenden Branchen arbeiten, in denen es jede Menge Berichtenswertes gibt. Außerdem sehen wir es als Teil unseres Services an, dass auch Sie von Brunel als Know-how-Manager und Netzwerk profitieren.

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AusgAbe 16 || Oktober 2010

Automatisierungsbranche Optimistischer Blick in die ZukunftReibungsloser Transport dank SPS Vollautomatische Prozesslogistik im Einsatz Die Zukunft liegt auf dem Wasser Maritime Industrie: Innovationen als Chance

Das Magazin für Technik und Management

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EffizienteProduktion durchAutomatisierungFachkräftemangel

erforder t umdenken

Herausforderungen für Unternehmen der maritimen und Offshore-Industrie

DieKommunikationderZukunft

saubere erdölgewinnung per Induktionser wärmung

Die Zukunft liegt auf dem Wasser

Eine Woche mit Jeroen van Drunen, Commercial Manager Brunel Energy Europe

Vollautomatische Transpor ttechnik für Feuer ver zinkereienMathematik als Basis für Kommunikation

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03der Spez ial ist

Köpfe dieser Ausgabe› 01

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› 03

› 01 D r . - I n g . W I l l I F u c h s ( 53 ) : Die Relevanz flexibler Be-schäftigungsformen wird vor allem im technischen Bereich zu-nehmen – da ist sich Dr.-Ing. Willi Fuchs sicher. Im Gespräch mit Der Spezialist diskutierte der Direktor des VDI mit Dr. Ralf Napi-wotzki, General Manager der Brunel GmbH, aktuelle und künftige Arbeitsmarktmodelle. Gerade bei der Umsetzung zukunftswei-sender Projekte ist spezifisches Fachwissen gefragt. „Und das“, so Dr.-Ing. Fuchs, „zeichnet die Ingenieure der Dienstleister aus.“ Denn neben ihrem Know-how bringen sie Flexibilität und Begeis-terung für neue Herausforderungen in die Kundenunternehmen ein: „Ein klarer Vorteil für deren Wertschöpfung.“ Das komplette Interview lesen Sie ab Seite 29.

› 02 s o h e j l r A FAT I ( 3 0 ) : Schon als Kind war Sohejl Rafati technikfasziniert, eine Karriere als Ingenieur stand für ihn daher früh fest. An der FH Aachen studierte der Diplom-Ingenieur Me-chatronik und befasste sich vor allem mit Forschungs- und Ent-wicklungsprojektarbeiten. Dass er bei Brunel direkt als Projektma-nager in den Beruf einsteigen konnte, verdankt er seiner umfang-reichen praktischen Erfahrung: Als Praktikant und Diplo mand un-terstützte er das Aachener Fraunhofer-Institut für Lasertechnik, setzte hier eigenständig Projekte wie die Qualifizierung eines Präzisionsdispergierers zum Mikro-Laserstrahl-Auftragschweißen um. Projektmanager ist für den 30-Jährigen der ideale Job: „Die laufend neuen technischen und kommunikativen Herausforde-rungen machen diese Aufgabe unheimlich spannend.“

› 0 3 r I T c h r A p p e l ( 59 ) : Brunel Spezialist Ritch Rappel ver-antwortete als Projektmanager bereits den Bau unzähliger An-lagen zur Gewinnung und Förderung von Erdöl und Erdgas. Der Ingenieur blickt auf über 30 Jahre Berufserfahrung zurück, die er zum Großteil in der Provinz Alberta im Westen seiner kana-dischen Heimat sammelte. Daher war Rappel für uns genau der richtige Ansprechpartner für einen Beitrag über innovative Ver-fahren zum Abbau von Erdöl aus Ölsand. In Alberta erlebt der Business Development Manager von Brunel Energy Canada Inc. täglich hautnah, wie ressourcenintensiv die konventionellen Ver-fahren sind. Forschungsvorhaben wie das von Siemens Oil & Gas Onshore Solutions beobachtet Rappel daher mit großer Span-nung. Hierzu lesen Sie mehr auf Seite 8.

AusgAbe 16 || Oktober 2010

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04 der Spez ial ist

15JahreBrunelinDeutschland,ProjekteweltweitSeit 15 Jahren ist Brunel im deutschen Markt vertreten. 15 Jahre, in denen wir mit den verschie­densten Unternehmen zusammengearbeitet und unzählige Projekte über Ländergrenzen hinweg realisiert haben. Eine Vielfalt, die Der Spezialist widerspiegelt – so auch die vorliegende Ausgabe.

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InhaltAusgAbe 16 || Oktober 2010

Der Spez ial ist

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1 Forschung: ressourcenschonende Verfahren zur erdölgewinnung Per Induktionserwärmung soll künftig wasser- und energiesparend Bitumen produziert werden

2 History: Der einstein der digitalen Kommunikation Claude E. Shannon legte den Grundstein digitaler Informationsübermittlung

3 Wissen: Die neumayer-station III Ausgeklügelte Technik bewahrt die Forschungsstation vor dem Versinken im Schnee

4 ImFokus: Automatisierungsbranche – optimistischer blick in die Zukunft Die Automatisierung ist Teil unseres Alltags und der Standort Deutschland weltweit führend Kompakt: Aus unserer sicht, Kurzmeldungen, Tipps, Termine 5 Querdenken: Von Digital bubbles und smart environments Interface-Designerin Romy Kniewel und ihr Konzept für ein mobiles, digitalisiertes Datenprofil

6 ImDialog: Flexible Arbeitsmodelle – wichtig für die Wertschöpfung von unternehmen VDI-Direktor Dr.-Ing. Willi Fuchs und Brunel General Manager Dr. Ralf Napiwotzki im Gespräch

7 Profil: Die Welt ist sein Zuhause Logistikexperte Terry Smith betreut Erdölprojekte auf dem gesamten Globus

8 Spektrum: reibungsloser Transport dank sps Erfolgreicher Schutz gegen Korrosion: eine vollautomatisierte Feuerverzinkungslinie

9 24Stunden: unterwegs mit jeroen van Drunen Rotterdam, Mailand, Kassel, Houston – wir begleiten den Commercial Manager eine Woche lang

Kompetenz: Die Zukunft liegt auf dem Wasser Andreas Dimter, Brunel Transport & Energy, über Aufgaben für die maritime und Offshore-Industrie

Wissen: Welche Techniken werden künftig eingesetzt, um schwer zugängliche energiereser ven zu nutzen? Ob fossile oder regenerative Quellen: Im Fokus steht die Effizienz

Spektrum: land in sicht – europas größter hafen wächst weiter In der Nordsee vor Rotterdam wird ein imposantes Landgewinnungsprojekt realisiert

Ausblick: Auf partner setzen Charles Sauviller, ITAB Operations, über die Zusammenarbeit mit Brunel

Impressum

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› Die Solar World ist mehr als nur das erste Solarflugzeug, das die Welt ganz ohne Treibstoff umrunden soll. Es kann „die nächsten Kapitel in der Geschichte der Luftfahrt mit Solarenergie schreiben“, so die Erbauer Bertrand Piccard und André Borschberg. Rund 12.000 Solarzellen bede-cken die 1.600 Kilo leichte Maschine, deren Flügel eine Spannweite von 63,40 Metern haben. Mit vier elektrischen 10-PS-Motoren erreicht das Flugzeug eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h und eine ma-ximale Flughöhe von 8.500 Metern. Nach dem Testflug im April und dem ersten Nachtflug im Juli 2010 ist das große Ziel nun die Erdumrundung im Jahr 2013. www.solarimpulse.com

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Forschung

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T e x T › Dr. Ralf Schrank

„Hier liegt der Reichtum Kanadas für die nächsten 50 Jahre!“ Ritch Rappels Arm schwenkt langsam über den Kearl Lake im Nordosten der Provinz Alberta. Lichte Wälder, Seen und Flussläufe, so weit das Auge reicht. Für Laien ist dieser Reichtum unsichtbar. Aber Rappel, Business Development Manager bei der Brunel Energy Canada Inc., ist Experte für so genannte Ölsande. Er weiß: „In den oberflä-chennahen Erdschichten rund um den Kearl Lake lagern mindestens 4,6 Milliarden Barrel Bitumen. Die große Herausforderung ist, da-raus rentabel und umweltverträglich Öl zu gewinnen.“

Ölsande enthalten bis zu 18 Prozent Koh-lenwasserstoffe, meist in Form von zähem, also hochviskosem Bitumen. Allerdings sind Sand und Bitumen so fest miteinander ver-bunden, dass die Aufarbeitung technologisch äußerst aufwendig, ressourcenintensiv und ökologisch bedenklich ist. Deshalb wird fie-berhaft an Verfahren gearbeitet, die Ressour-cen und Natur schonen. Zum Beispiel in Erlan-gen: Bernd Wacker, Leiter Technologie und In-novation bei Siemens Oil & Gas Onshore Solu-tions, entwickelt mit seinem Team seit 2006 ein Verfahren zur Gewinnung von Bitumen aus Ölsand, das mit deutlich weniger Ener-gie und Wasser auskommt als die konventio-nellen Methoden: die Induktionserwärmung.

Eine Pilotanlage soll 2013 in Alberta in Betrieb gehen.

Kearl Lake ist nur eines von vielen Ölsand-vorkommen in Kanada. Insgesamt schlum-mern unter Albertas Wäldern wohl bis zu 300 Milliarden Barrel Erdöl. Dagegen nehmen sich die rund 1,4 Milliarden Barrel konventio-nelle Erdölreserven des Landes geradezu be-scheiden aus. Die Förderleistung aus kanadi-schen Ölsanden liegt derzeit bei 1,3 Millionen Barrel pro Tag. Jedes dritte Barrel kanadischen Öls stammt inzwischen aus Ölsand – und für die nächsten Jahre ist eine Verdreifachung der Förderleistung geplant.

Michael McKinnon, Geschäftsführer von Brunel Energy Canada Inc., kennt die Hinter-gründe: „Um die Abhängigkeit von den OPEC-Staaten zu verringern, treibt die US-Regie-rung den Ausbau des kontinental-amerikani-schen Erdölnetzes voran.“ Der Erschließung der Ölsandvorkommen Kanadas direkt vor der Haustür der USA kommt eine Schlüsselfunkti-on zu, denn die Förderung aus den konventi-onellen Vorkommen Kanadas lässt sich kaum noch steigern. 120 Brunel Mitarbeiter – darun-ter Experten für Rohrleitungssysteme, Förder-techniken, den Pipelinebau oder das übergrei-fende Projektmanagement – sind laut McKin-non heute in kanadischen Ölsandprojekten tätig. „Und es werden kontinuierlich weite-re Spezialisten angefragt“, so der Geschäfts-führer.

Etwa 20 Prozent der kanadischen Ölsande liegen so nah an der Oberfläche, dass sie sich

Erdöl ist nicht nur einer der wichtigsten Energieträger, sondern auch Ausgangsstoff zur Herstel­lung von Kunststoffen, Düngemitteln, Pharmazeutika und vielen anderen Materialien. Der Abbau des „schwarzen Goldes“ aus ölhaltigen Sanden ist aufwendig und teuer – noch. Mit Hochdruck arbeiten Forscher weltweit an neuen Verfahren. So auch in Erlangen bei Siemens Oil & Gas On­shore Solutions.

RessourcenschonendeVerfahrenzurErdölgewinnung

porTräT

Der Australier Michael McKinnon (41) verfügt über elf Jahre Erfahrung in der Öl- und Gasindustrie und arbeitet seit 2001 bei Brunel Energy. Nachdem er 2005 den Brunel Energy Standort im südkoreani-schen Ulsan aufgebaut hatte, wechselte der Betriebswirt als Geschäftsführer von Brunel Energy Canada Inc. nach Calgary.

InDuKTIonserWärmung: pIloTAnlAge

IsT Für 2013 geplAnT

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› 04Etwa 90 Prozent der welt­weiten Ölvorkommen sind in Sand oder Schiefer gebunden. Ihr Abbau erfordert jedoch einen weit größeren Aufwand als die Bohrungen nach kon­ventionellen Vorkommen.

im Tagebau erschließen lassen. Das aus dem abgebau-ten Sand extrahierte Bitumen wird zu zentralen Raffi-nerien transportiert und dort zu synthetischem Roh-öl veredelt. Durch dieses so genannte Upgrading lässt sich aus circa zwei Tonnen Ölsand jedoch nur ein Barrel (159 Liter) Rohöl gewinnen. Die Naturzerstörung durch den Ölsandabbau ist wie überall, wo Rohstoffe im Tage-bau gefördert werden, besorgniserregend. Dazu kom-men die globalen Folgen durch die Freisetzung großer Mengen Treibhausgase bei Abbau und Upgrading.

Ist der Ölsand mit mehr als 75 Metern Se-diment bedeckt, werden In-situ-Verfahren wirtschaftlich. Dabei wird das Rohöl an Ort und Stelle aus dem Sand herausgelöst, indem man das zähe Bitumen durch Erhitzen ver-flüssigt und die entstehende Flüssigkeit ab-pumpt. Die gängigste Methode ist das SAGD-Verfahren (Steam-Assisted Gravity Drainage), bei dem bis zu 300 °C heißer Wasserdampf in horizontale Bohrlöcher gedrückt wird. Nach

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einigen Monaten „Vorbedampfung“ wird über Draina-geleitungen einige Meter unter den Dampfinjektoren ein flüssiges Öl-Wasser-Gemisch abgepumpt.

Da die oberflächennahen Vorkommen begrenzt sind, gewinnt die mit höheren Kosten verbundene In-si-tu-Ölextraktion an Bedeutung. Die verschiedenen Ver-fahren unterscheiden sich nur in der Art und Weise, wie die Wärme in den Boden gebracht wird, einen Nachteil haben sie jedoch alle: Die Abstände zwischen den kos-tenintensiven Bohrungen müssen kurz sein, um eine gute Ausbeute zu erreichen. Beim SAGD-Verfahren wer-den zum Beispiel alle 100 Meter je zwei 1.000 Meter lange Rohre – jeweils ein Dampfinjektor und eine Drai-nageleitung – in die Erde gebracht.

Im Vergleich zum Tagebau bleibt bei den In- situ-Verfahren bis zu 90 Prozent der Bewaldung bestehen. Umweltbelastend ist jedoch der hohe Energie- und Wasserbedarf. Immerhin: Die SAGD-Extraktion ver-braucht mit durchschnittlich einem halben Barrel, also rund 80 Litern, Frischwasser pro gefördertem Barrel Bi-tumen schon deutlich weniger Wasser als der Tagebau mit zwei bis fünf Barreln. „Aber auch das ist noch zu viel“, betont Brunel Spezialist Ritch Rappel: „Wir wissen bereits von einer Raffinerie, die die geplante Kapazität nicht erreichen konnte – weil das Wasser zur Dampfer-

porTräT

Bernd Wacker (44) ist bei Siemens Experte für Inno-vationen: 2005 wurde unter seiner Leitung der weltweit erste Hoch-Temperatur Supra leitende Generator getestet, ein Jahr später begann er mit der Forschung zur Induktions erwärmung. Ein wichtiges Hilfsmittel war dabei dieser Versuchsaufbau: Über eine thermisch isolierte Kupferschleife werden bis zu 400 Ampere Strom in den Sand geleitet und so die salzwasser getränkten Quarz-körner aufgeheizt.

zeugung fehlte.“ An dieser Stelle kommt die Induktionserwärmung ins Spiel. Denn Bernd Wacker ist überzeugt: „Es geht auch ganz ohne zusätzliches Wasser! Man muss ein-fach das Wasser nutzen, das im Ölsand selbst steckt.“ Ölsande enthalten rund vier Prozent Wasser, das sich als feiner Film zwischen dem Sandkorn und dem äußeren Bitumen-Man-tel befindet. Weil das Wasser aus urzeitlichen Meeren stammt, ist es reich an Mineralien – das heißt: Es hat eine hohe elektrische Leit-fähigkeit. Genau die Voraussetzung, die ge-

› 05Die sechs Container oben rechts versorgen die im Boden befindlichen Indukto­ren mit Strom. Im Produk­tionspad (unten links) wird das verflüssigte Bitumen gesammelt und von dort in eine Pipeline weitergeleitet.

› 0 5Auch DAs In-sITu-VerFAhren VerbrAuchT Zu

VIel WAsser unD energIe

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Calgary

Red Deer

Grande Prairie

Edmonton

Fort McMurray

AthabascaOil Sands

Peace RiverOil Sands

Cold LakeOil Sands

Lloydminster

A L B E R T A

Lake Athabasca

Kanada

USA

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braucht wird, um durch Induktion möglichst viel ther-mische Energie einzukoppeln.

Induktionsöfen zum Erwärmen und Schmelzen von Metallen sind in der Industrie nicht neu. „Im Prinzip funktioniert das Verfahren wie beim Kochen auf einem Induktionskochfeld in der Küche“, erläutert Wacker. Durch eine Spule, den so genannten Induktor, wird ein Wechselstrom geschickt und ein elektromagnetisches Wechselfeld erzeugt. Befinden sich stromleitende Ma-terialien in der Nähe, induziert das Wechselfeld einen Stromfluss in diesen Materialien. Die so entstehenden Wirbelströme – und nicht etwa direkte Wärmeleitung – heizen die Materialien auf.

Simulatorisch erprobt bringt dieses Verfahren, die Electro-Magnetic Gravity Drainage (EM-GD), feuch-ten Sand auf Temperaturen, bei denen Bitumen flüssig würde. Erste Feldversuche mit maßvollen Temperatur-anstiegen hat Siemens bereits in Bayern durchgeführt und hierzu 200 Meter lange Induktoren ins Erdreich eingebracht. Zunächst soll EM-GD die konventionelle Dampfextraktion nach dem SAGD-Verfahren unterstüt-zen. Dazu planen die Ingenieure um Bernd Wacker, pa-rallel zum horizontalen Rohrpaar – bestehend aus ei-nem Dampfinjektor und einer Drainageleitung – rechts

und links je eine ein Kilometer lange Induk-torschleife zu verlegen. Simulationen zeigen, dass sich der Wassereinsatz damit halbieren lässt.

Ziel ist es, in einer späteren Phase ganz auf die Injektion von Dampf zu verzichten und das Bitumen allein durch Induktionser-wärmung vom Sand zu lösen. Dabei reicht es, den Ölsand auf etwa 70 °C zu erwärmen. Denn schon bei dieser moderaten Tempera-tur wird das Bitumen mobil. Noch sind jedoch etliche Versuche zur Verbesserung der Hori-zontalbohrtechnik und zur Optimierung der armdicken Induktorkabel erforderlich. Wacker zum weiteren Zeitplan: „In Kürze werden wir mit Tests in Alberta beginnen. Bis 2013 sollten die gewonnenen Erfahrungen dann reichen, um mit einer Pilotanlage in die Kommerziali-sierung der EM-GD-Technik einzusteigen.“

Bereits jetzt ist erwiesen, dass EM-GD weniger Energie verbraucht und ressourcen-schonender ist als die gängigen In-situ-Ver-fahren. Wacker weiß jedoch um seine Kon-kurrenz: „Mit Hochdruck wird an alternati-ven Verfahren gearbeitet, zum Beispiel an der ,toe to heel air injection‘ (THAI).“ Dabei wird ein kleiner Teil des Bitumens mithilfe heißer Luft verbrannt und die Verbrennungswär-me zur Ölgewinnung genutzt. Ölsand-Exper-te Ritch Rappel resümiert: „Der Druck der ka-nadischen Öffentlichkeit und Politik ist groß. Weil die Explorationsunternehmen ihre Anla-gen in Phasen planen, können und werden sie relativ rasch auf das Verfahren umstellen, das den größten ökonomischen und ökologischen Nutzen verspricht.“

› 0 6Rund 30 Millionen kanadi­sche Dollar (ca. 26 Millionen US­Dollar) investiert die Regierung Albertas in Tech­nologien zur Energiegewin­nung. Rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts der kanadischen Provinz basiert auf den Öl­ und Gasvorkom­men der Region.

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porTräT

Der Ingenieur Ritch Rappel (59) verfügt über mehr als 30 Jahre Berufserfahrung, u. a. in der Petrochemie sowie in der Erdölindustrie. Mit umfas-sendem Hintergrundwissen im Qualitätsmanagement hat er in seiner kanadischen Heimat als Bauleiter zahlrei-che Projekte im Industriebau realisiert.

Ab 2013 soll DAs neue VerFAhren Kommer-

ZIAlIsIerT WerDen

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T e x T › Marco Heinen

Der Mathematiker Claude Elwood Shan-non ist der breiten Öffentlichkeit eher unbe-kannt. Dabei ist er eine einflussreiche Persön-lichkeit der Wissenschaft: Die von ihm erar-beitete Informationstheorie bildet das Fun-dament jeglicher digitaler Kodierung von Informationen und ihrer Übermittlung. Shan-nons eigentliche Aufgabenstellung hatte je-doch nichts mit Kommunikation beispiels-weise im Sinne von Telefonie oder Telegrafie zu tun: Er unterstützte das US-Militär bei der zuverlässigen Berechnung von Flugbahnen feindlicher Bomber. Seine Forschungsergeb-nisse reichten indes weit über dieses Ziel hin-aus. „Was Einstein und Newton für die Physik sind, ist Shannon für die Medien und die di-gitale Kommunikation“, sagt der Medienwis-senschaftler Axel Roch (38), Autor des Buches „Claude E. Shannon: Spielzeug, Leben und die geheime Geschichte seiner Theorie der Infor-mation“.

In Shannons Hauptwerk „A Mathemati-cal Theory of Communication“ geht es um ein Modell zur Übertragung von Daten. Er liefer-te damit die mathematische Grundlage, wie Informationen beim Sender kodiert und beim Empfänger dekodiert werden können – die Basis dafür, dass wir heute das Internet nut-zen, Musikdateien abspielen oder digitale Ur-laubsbilder betrachten können. Bits pro Se-

kunde ist die Einheit, mit der die Leistungsfähigkeit ei-nes Kommunikationskanals angegeben wird, beispiels-weise eines Kabels oder eines Funksenders. Den Begriff der „Binary digITs“ hatte John Wilder Tukey 1947 mit einer anderen Definition eingeführt, aber erst durch Shannon bekam er seine heutige Bedeutung: Eine An-ekdote besagt, dass Tukey zu einem Gespräch Shannons mit anderen Mathematikern über die sprachliche Un-beholfenheit von „binary digits“ stieß und einwarf, ob nicht „Bit“ der bessere Ausdruck sei. Daraufhin war es Shannon, der das Wort als Erster in einer Veröffentli-chung verwendete.

Geboren am 30. April 1916, wuchs Claude E. Shannon in Petoskey auf, einer Kleinstadt am nördlichen Lake Mi-chigan. An der Universität des US-Bundesstaates stu-dierte er von 1932 bis 1936 Elektrotechnik und Mathe-matik. Nach dem Bachelor wechselte er an das renom-mierte Massachusetts Institut of Technology (MIT), wo er zwei Jahre später den Master-Titel in Elektrotechnik erwarb. Über einen Aushilfsjob am Department of Elec-trical Engineering lernte er seinen späteren Doktorva-ter und Mentor Vannevar Bush, ein Pionier auf dem Ge-biet analoger Rechenmaschinen, kennen. Die prakti-sche Arbeit am MIT mit den Rechenmaschinen und ih-ren fehleranfälligen Relais war der Ausgangspunkt für Shannons Masterarbeit von 1938. Für „A symbolic Ana-lysis of Relay and Switching Circuits“ wurde er zwei Jah-re später mit dem Alfred-Noble-Preis der American So-ciety of Civil Engineers ausgezeichnet. Shannon hatte boolesche Algebra, die statt mit Zahlen mit logischen Ausdrücken operiert, zur Konstruktion von digitalen Schaltkreisen angewandt und somit Mathematik sowie Elektrotechnik zur Schaltalgebra verschmolzen. 1939 promovierte er mit seiner Doktorarbeit zum Thema

DerEinsteinderdigitalenKommunikation

Claude Elwood Shannons 1948 veröffentlichte Informationstheorie galt als bahnbrechend und ist bis heute Grundlage für alle digitalen Datenformate. Mit ihr verbunden ist die Einführung des Bit als Bezeichnung für die kleinste Informationseinheit. Ausgangspunkt war ein rein militärisches Problem – letztlich auch ein Grund dafür, warum der humorvolle Mathematiker als Person weit­gehend anonym blieb.

› 02

› 07Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) studierte und arbeitete Claude Elwood Shannon viele Jahre. Hier sitzt er vor einem TX­0, einem der ersten transistor­basierten Computer.

InFo

Das MIT1861 gegründet ist das MIT heute eine Lehreinrichtung mit weltweiter Bekannt-heit. Ihr Ziel: den Studenten wissenschaftliches und technologisches Know-how zu vermitteln. An die hundert Nobelpreisträger sind mit der Einrichtung verbunden.

mAThemATIK Als bAsIs Für DIe über-

mITTlung Von DATen

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„Mathematical Genetics“. Die mathematische Begabung des 23-Jährigen, der als schüchtern und zurückhaltend galt, erregte Aufmerksam-keit: Der damalige MIT-Präsident Karl Comp-ton sah gar Anzeichen „mathematischen Ge-nies“.

Bereits im Sommer 1937 hatte Shannon in New York bei den Bell Laboratories (Bell Labs) gearbeitet, der Forschungsabteilung der American Telephone & Telegraph Corporation (AT&T). Als der junge Student dort die noch nicht veröffentlichten Ergebnisse seiner Mas-ter-Arbeit vorstellte, rief er begeisterte Reak-tionen hervor. Seine Überlegungen wurden bei der Konstruktion des damals sehr fort-schrittlichen „Complex Number Calculator“ angewandt, der für Telefonabrechnungen be-nutzt wurde. Damit war eine Verbindung zu den Bell Labs geknüpft, die so schnell nicht mehr abreißen sollte.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Welt-kriegs drohte Shannon zeitweise eine un-gewisse Zukunft beim Militär. Er wurde ein-gezogen, machte eine Kampfflieger-Ausbil-dung. Dank der Verantwortlichen beim MIT durfte er jedoch 1940 zu ergänzenden Studi-en an das Institute for Advanced Studies nach Princeton wechseln. Beenden konnte er die-se nicht: Das unter Vannevar Bush im glei-chen Jahr gegründete National Defense Re-search Committee (NDRC), das Teil der Vorbe-

reitung der USA auf einen möglichen Kriegseintritt war, brauchte kluge Köpfe wie Shannon. Zeitweise arbeite-te er im Auftrag des NDRC im Bereich der Flugabwehr, zunächst in Princeton und dann bei den Bell Labs, die zu dieser Zeit auch für das Militär arbeiteten. Shannon hatte den Auftrag, mathematische Grundlagen für die Feuerleitung, also die Steuerung der Flugabwehr, zu er-arbeiten. Konkret sollte er dazu beitragen, zuverlässige-re Berechnungen von Flugbahnen und Flugmanövern zu ermöglichen. Die Bomber flogen höher und schnel-ler als im Ersten Weltkrieg. Eine Vorhersage ihrer Flug-bahn war mittels der bis dahin üblichen ballistischen Tabellen nicht möglich. Ab 1943 beschäftigte sich Shan-non außerdem mit Kryptografie. Unter anderem verließ sich der amerikanische Geheimdienst bei der Einrich-tung einer abhörsicheren Telefonverbindung zwischen Washington und London auf die Erfahrung des Mathe-matikers. Diese militärischen Aufgaben bildeten die Ba-sis für Shannons folgende theoretische Arbeiten.

So beschrieb er in seiner Informationstheorie von 1948, wie ein technisches System zur Nachrichten- und Datenübertragung aussehen muss, das völlig unab-hängig von den transportierten Inhalten funktioniert; ein System also, das Sprache, Zahlen und sogar Rau-schen auf die gleiche Art und Weise kodiert. Seine Über-legung war, Inhalte als statistische Größe zu betrach-ten, für deren Informationswert eine Wahrscheinlich-

› 0 9› 0 8

› 08Claude E. Shannon, hier am Forschungsinstitut MIT Lincoln Laboratory, galt als schüchternes Genie mit viel Humor.

› 09Shannon war leidenschaft­licher Bastler und Sammler von Spielzeugen. Vor allem Schachcomputer hatten es ihm angetan.

neue lösungen Für DIe KoDIerung Von

sTeuersIgnAlen

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keit errechnet werden kann. Am Beispiel Sprache lässt sich das nachvollziehen: So weiß ein Leser beim Über-fliegen eines Textes in der Regel auch dann, worum es geht, wenn er nicht jeden Satz vollständig gelesen hat. Denn das menschliche Gehirn ist in der Lage, quasi aus sprachlicher Erfahrung heraus nicht gelesene Buchsta-ben oder Satzteile logisch zu ergänzen – weil sie wahr-scheinlich sind. Shannons Informationstheorie bilde-te die Grundlage für seine ein Jahr später veröffentlich-te „Communication Theory of Secret Systems“, eine an seine Hauptarbeit angelehnte Theorie der Kryptogra-fie. Auch hier waren militärische Bedürfnisse der Aus-gangspunkt: Durch die Einführung der Radartechnolo-gie wurde es notwendig, neue Wege zur Kodierung von Steuersignalen zu finden, um sie vor Manipulation und Spionage zu schützen.

Mitte der Fünfzigerjahre wechselte der für seinen Humor beliebte Shannon als Professor an das MIT, blieb aber parallel bis 1972 Berater der Bell Labs. An der Uni-versität gab er nur wenige Kurse, er unterrichtete nicht gern. Das wurde auch gar nicht von ihm erwartet, denn seine Verdienste für das Land waren unbestritten und eine bezahlte „Auszeit“ bis zu seiner Emeritierung 1978 wurde allgemein akzeptiert.

Am MIT wandelten sich die Interessen Shannons: War seine erste Ehe noch an seiner Leidenschaft ge-scheitert, mathematische Apparaturen zu bauen, hatte er in seiner zweiten Frau Betty die ideale Partnerin ge-funden. Das Haus der Familie quoll über von Spielzeu-gen, Musikinstrumenten und zum Teil selbst gebastel-

ten Gerätschaften aller Art. So war Shannon ein großer Fan von Einrädern und soll damit sogar durch die Gänge der Bell Labs gefah-ren sein – jonglierenderweise. Zudem ent-warf und baute er den ersten Jonglierroboter der Welt sowie ferngesteuerte Roboter, ma-thematische Spielmaschinen und zahlreiche Schachcomputer. „Ich baue ganz und gar un-nütze Apparate. Und zwar einfach nur, weil es mir Spaß macht“, soll Shannon, der am 24. Februar 2001 starb, einmal gesagt haben. Ein schönes Beispiel hierfür ist die Ultimate Ma-chine: Wird ein auf einer Box angebrachter Kippschalter umgelegt, öffnet sich ein Fach, aus dem eine Hand herausfährt. Sie stellt den Schalter wieder auf Aus und verschwindet.

› 10

› 10Um die berühmten Zauber­würfel enträtseln zu können, entwarf Shannon den Rubik Cube Solver: einen Manipu­lator, dessen Steuerung des Würfels Lösung fand.

meIlensTeIne

1696 Ausgehend von der Erkenntnis der Unvollkommenheit der Sprache entwickelte der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz die Idee einer Symbolsprache. Sie besteht nur aus zwei Zahlen: 0 und 1. Er formulierte damit das System der binären Zahlen, eine der wichtigsten Grundlagen der Computertechnologie.

1847 Der britische Mathematiker und Philosoph George Boole entwarf die boolesche Algebra, bei der er Begriffe der Logik – UND, ODER, NICHT – mit Aspekten der Mengentheorie verknüpfte. Boole gilt als Begründer der mathema-tischen Logik im Gegensatz zur philosophischen Logik – und als Pionier der Informatik.

1941 Den ersten störungsfrei laufenden Computer baute der Deutsche Konrad Zuse. Da der „Z3“ samt Aufzeichnungen im Krieg zerstört wurde, galt zunächst Howard A. Aiken mit seinem 1944 vorgestellten „Mark I“ als Vater des Computers.

1977 Ein Informationspaket wird mittels TCP (Transmission Control Protocol) unter anderem über eine Satellitenverbin-dung verschickt. Entwickelt wurde TCP von Robert E. Kahn und Vinton G. Cerf. In den Achtzigerjahren standardi-siert, gehört es bis heute zu den Grundlagen des Internets.

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WIssen

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70° 40‘ S 8° 16‘ W – so lauten die exakten Koordinaten der Neumayer­Station III in der Antarktis. Mit modernster Mess­technik ausgestattet, dient die neue Station seit Februar 2009 der Klima­ und Antarktisforschung. Hydraulische Hebevor­richtungen sorgen dafür, dass die 40 Millionen Euro teure Station nicht wie ihre Vorgängerin im Eis versinkt.

Die neumayer-station III

DIe hyDrAulIschen hebeVorrIchTungen: Neumayer III steht auf 16 Stützen, in die je zwei Hydraulikzylinder integriert sind. Gesteuert von einer Spezial-Software werden die aus Tieftemperatur-Stahl gefertigten Stützen zunächst paarweise angehoben und neuer Schnee wird unter die Fundament-platten – die „Füße“ der Stützen – geschoben. Nach dessen Aushärten werden die Stützen vorsichtig auf diesen Schneehaufen herabgelassen. Sobald sich unter allen Fundamentplatten neuer, fester Schnee be-findet, werden die Hydraulikzylinder um die volle Hubhöhe von 1,20 Metern ausgefahren – die Station wächst aus dem Schnee heraus. Knackpunkt des Konzepts war die Sensorik, die dafür sorgt, dass die Sta-tion während des rund 14 Tage dauernden Prozesses waagerecht bleibt.

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grösse unD FunKTIonen: Die Neumayer-Station III ist Wohn- und Bürogebäude in einem: Auf drei Decks verteilt befinden sich Technik, Unterkünfte, Laboratorien sowie ein Hospital. In den 15 Wohn-, Schlaf- und Sanitärräumen sowie zwölf Büros und Labors können insgesamt 40 Menschen gleichzeitig leben und arbeiten. Sie können mit dem Fahrstuhl oder per Treppe alle Decks inklusive der Garage un-terhalb der Station erreichen. Hier finden neben elf Pistenbullys, neun Motorschlitten und zwei Ketten-fahrzeugen auch Werkstätten, Vorrats-, Abfall- und Tankcontainer Platz. Insgesamt umfasst die Station 4.473 Quadratmeter geschützte Nutzfläche, rund 1.850 davon sind klimatisiert.

DIe energIequelle: Gesteuert von einem Energiemanagementsystem versorgt ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit vier Dieselgeneratoren von je 150 kW die Station mit Energie. Eigenständig ermittelt das softwareba-sierte System stetig den thermischen und elektrischen Energiebedarf und schaltet die Generatoren an oder aus. Damit die Generatoren bei Temperaturen von bis zu minus 60 °C binnen 20 Sekunden starten, sind sie mit einem Vorwärmer ausgestattet. Um die Windgeschwindigkeiten von bis zu 144 km/h zu nutzen, soll eines der Aggregate durch die Energie aus fünf zwölf Meter hohen Windkraftanlagen mit je 30 kW Leistung ersetzt werden. Die erste Anlage ist bereits in Betrieb, Türme, Gondeln und Rotorblätter sind aus Spezialstahl gefertigt.

DIe Forschung: Aufgabe der Station ist es, präzise Umweltdaten zu erheben und diese perma-nent per Satellitenverbindung zum Alfred-Wegener-Institut nach Bremerhaven und ins globale meteoro-logische Datennetzwerk zu übertragen. Vier Observatorien messen Temperatur und solare Strahlung, lo-kale und weltweite Erdbebenereignisse, Veränderungen im Erdmagnetfeld, CO2 oder chemische Radikale in der Luft. Die Antarktis und die Arktis gelten als Schlüssel des Klimas. Die Daten der Station dienen so-wohl kurzfristigen Wettervorhersagen als auch zur Erforschung langfristiger Klimaveränderungen.

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Im FoKus

der Spez ial ist18

Automatisierungsbranche–optimistischerBlickindieZukunft

Die Idee, die eigene Arbeit an Maschinen zu delegieren, existiert schon seit Jahrtau-senden. Bereits im Altertum gab es mechani-sche Vorrichtungen, die durch Windräder an-getrieben die Arbeit von Menschen oder Tie-ren übernahmen. Während der Industrialisie-rung etablierte sich mit der Entdeckung der Elektrizität die rationalisierte Produktferti-gung am Fließband. Und heute ist es die Com-putertechnologie, die mit Industrierobotern, vollautomatischen Fertigungsstraßen und künstlicher Intelligenz ei-nen neuen Quantensprung ermöglicht. „Inzwischen ist die Automatisierung in vie-len Bereichen unseres Le-bens so selbstverständlich, dass wir sie im Alltag kaum noch wahrneh-men“, so Dr.-Ing. Kurt D. Bettenhausen, Vorsit-zender der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA). „Entweder werden die Produkte mithilfe der Automation produziert oder sie enthalten Funktionen, die nur mittels Automation erreicht werden kön-nen. Ohne Automatisierungstechnik lässt sich zum Beispiel ein Automobil heute gar nicht mehr effizient, zuverlässig und in der gefor-derten Qualität bauen. Zudem enthält es bis zu 80 Steuergeräte, um die Funktionen von Baugruppen im Fahrzeug sicherzustellen, da-runter die optimale und umweltschonende Verbrennung, ABS, ESP oder auch die Auslö-sung der Airbags.“

Aber nicht nur in der Automobilindus-trie, auch in den Anwenderbranchen Che-mie, Pharma, Maschinenbau, Umwelttech-nik, Energie, Medizintechnik, Verkehrssys-teme und Haushaltsgeräte hat sich die Au-tomatisierungstechnik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einem unverzicht-baren Standard entwickelt. Weltweit füh-rend innerhalb der Branche ist der Standort Deutschland, wo rund 230.000 Menschen al-lein in der Herstellung für die elektrische Au-

tomatisierungstechnik be-schäftigt sind. Der Umsatz betrug 2010 rund 30 Milli-arden Euro, der weltweite Marktanteil lag damit bei zwölf Prozent. Die Gründe

für den hohen technologischen Standard und den international ausgezeichneten Ruf der deutschen Automatisierungsbranche sind vielfältig: Da wären zunächst die räumli-che Nähe zu und die Verflechtung mit einem der bedeutendsten Märkte, da hierzulande rund neun Prozent der weltweiten Automa-tisierungstechnik abgesetzt werden. Hinzu kommt das anerkannt hohe Ausbildungsni-veau der deutschen Ingenieure und Fachkräf-te. Entsprechend positiv stellt sich die wirt-schaftliche Lage der deutschen Branche dar. Die jährlichen Zuwachsraten lagen im Zeit-raum von 2003 bis 2008 zwischen sechs und 15 Prozent. „Die weltweite Finanzkrise hat die Unternehmen allerdings vor eine schwieri-

T e x T › Robert Uhde

Ob als Verfahren zur Steigerung der Produktivität, als Element zur Steuerung von Haushaltsgerä­ten oder als Instrument zur Überwachung von Vitalfunktionen auf der Intensivstation – Automa­tion ist in vielen Bereichen unseres Lebens unverzichtbar. Und ihre Bedeutung wird noch zuneh­men: Denn weltweite Phänomene wie Klimawandel, Ressourcenverknappung oder Überalterung schaffen neue Märkte für die Branche.

porTräT

Dr.-Ing. Kurt D. Bettenhausen (45) ist seit Anfang 2010 Vorsitzender der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisie-rungstechnik (GMA). Bis 1996 studierte er Elektrotechnik an der TH Darmstadt und promovierte am Institut für Rege-lungstechnik. Anschließend war er in unterschiedlichen Funktionen Mitarbei-ter der Hoechst AG und verschiedener Nachfolgegesellschaften. 2003 wechselte er zur Siemens AG und ist heute Leiter des Geschäftssegments Engineering & Consulting Process Automation.

› 11Mithilfe regelungs- und automatisie-rungstechnischer Verfahren können die Gefahren für Arbeiter erheblich reduziert werden. Zudem ermöglichen automati-sierte Produktionsanlagen die Sicherstel-lung der Qualität.

„ohne AuTomATIsIerungs-

TechnIK lässT sIch eIn

AuTomobIl heuTe nIchT

mehr eFFIZIenT bAuen.“

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› 11

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0%

Maschinen-/Anlagenbau

Energietechnik

Umwelttechnik

Fahrzeugtechnik

Produktionstechnik

Gebäudetechnik

Medizintechnik-Gesundheit

Verfahrenstechnik

Verkehrstechnik

Biotechnologie

Mikro- und Nanotechnik

Logistik

Nichttechnische Prozesse

Andere technische Prozesse

Mehrfachnennungen möglich – durchschnittliche Anzahl der Nennungen 2008: 4,34/2010: 4,02 (n = 1.033)

10% 20% 30% 40% 50% 60%

4,6%

3,5%

16,0%

21,0%

21,8%

23,3%

25,3%

32,3%

33,8%

36,8%

37,1%

45,5%

49,9%

51,6%

D. W

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Umfrage der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA)Welche Anwendungsfelder bieten aus Ihrer Sicht die größten Potenziale für die Regelungs- und Automatisierungstechnik? 2010

2008

Im FoKus

der Spez ial ist20

ge Situation gestellt“, so Kurt D. Bettenhausen. „Inzwi-schen erholt sich der Markt aber langsam und hat im-merhin wieder das Niveau aus dem Jahr 2006 erreicht.“

So vielfältig die Einsatzmöglichkeiten der Automa-tisierungstechnik sind, so unterschiedlich gestaltet sich auch das Anforderungsprofil an die Mitarbeiter: „Ganz generell lässt sich feststellen, dass der Anteil der Inge-nieure in der Branche sehr hoch ist“, sagt Kurt D. Bet-tenhausen. „Benötigt wird methodisches und mathe-matisches Wissen, das nur über ein Studium zu erlan-gen ist. Wichtig ist dabei vor allem die Fähigkeit zu in-terdisziplinärem Denken, um sich bisher unbekannten Aufgabenstellungen strukturiert annähern zu können. Denn das zu entwerfende automatisierte System muss in der Lage sein, seine Umgebung vollständig zu erfas-sen und zielorientiert zu beeinflussen. Darüber hinaus werden auch Facharbeiter mit exzellenten Kenntnissen benötigt, um die notwendigen praktischen Realisierun-gen vor Ort umzusetzen.“

Oberstes Ziel der Automatisierung ist in der Regel eine hohe und zuverlässige Produktqualität bei mög-

lichst geringen Kosten – an sich also konkur-rierende Zielsetzungen. In vielen Bereichen wie der Herstellung von Computerchips oder der Fertigung von Solarzellen dient sie dabei vorrangig zur Übernahme von Routineaufga-ben. In anderen Feldern wie der Nano- und Biotechnologie oder der medizinischen Dia-gnostik ist sie dagegen ein notwendiger Bau-stein, der die Entwicklung neuer Technolo gien überhaupt erst möglich macht. Neben die-sen „klassischen“ Funktionen der Automati-sierung stehen aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ak-tuell außerdem die Themen Energie- und Res-sourceneffizienz im Vordergrund: „Denn der optimale Einsatz von Material und Energie lässt sich nur mit einer effizienten Steuerung oder Regelung der eingesetzten Maschinen, Produkte und Verfahren realisieren“, erklärt Kurt D. Bettenhausen.

Zu einem weiteren relevanten Aufgaben-feld für die Automatisierungstechnik hat sich in den vergangenen Jahren das Thema Si-cherheit entwickelt. So sorgt etwa der auto-matisierte Einsatz redundanter Systeme an

› 12

› 12Die aktuelle Umfrage des VDI belegt, dass die Unter-nehmen der Automatisie-rungsbranche positiv in die Zukunft blicken: Mindestens jedes zweite erwartet in den kommenden zwei Jahren wirtschaftliches Wachstum. Die Grafik zeigt, welche Anwendungsfelder dabei das größte Potenzial bieten.

eFFIZIenTe sTeuerung gArAnTIerT Den opTI-

mAlen eInsATZ Von mATerIAl unD energIe

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Im FoKus

der Spez ial ist 21

Schlüsselstellen dafür, bei Ausfall eines Teil-systems den funktional sicheren Betrieb ei-nes Kraftwerks oder einer Produktionsanlage aufrechtzuerhalten. „Um Unfälle und Störun-gen in solchen oder ähnlichen Bereichen zu vermeiden und eine optimale Sicherheit für Mensch, Umwelt und die jeweilige Anlage zu ermöglichen, ist es wichtig, die bestehenden Verfahren konsequent weiterzuentwickeln“, erläutert Bettenhausen. „Mit steigender Be-deutung der Informationstechnik wird dabei insbesondere die IT-Sicherheit in automati-sierten Anlagen immer bedeutender.“ Denn nur mit modernen automatisierten Verfahren lassen sich Systemfehler oder sicherheitsrele-vante Ausfälle etwa im Prozessleitsystem ei-nes Kraftwerks oder im Online-Banking-Sys-tem einer Bank verhindern.

Für die kommenden Jahrzehnte ist zu er-warten, dass die Anforderungen an die Auto-matisierungstechnik weiter steigen werden. Großes Zukunftspotenzial für die Branche ver-spricht insbesondere die fortschreitende Glo-balisierung mit ihren Veränderungen in den Bereichen Technologie, Gesellschaft und Öko-logie. Die Umsetzung und Gestaltung dieser Prozesse schafft und erfordert komplexe und immer stärker miteinander vernetzte Syste-me wie zum Beispiel intelligente Stromnetze (Smart Grids), die ein effektives Zusammen-spiel von Erzeugung, Speicherung, Netzma-nagement und Verbrauch ermöglichen. Für das Funktionieren dieser Netze sind zuneh-mend hochspezialisierte automatisierte Lö-sungen nötig. Kurt D. Bettenhausen: „Ob bei Mobilität, Arbeiten, Gesundheit oder Woh-nen – der Mensch wird immer mehr durch au-tomatisierte technische Systeme unterstützt, die ihm Aufgaben abnehmen und Entschei-dungen erleichtern.“ Vorstellbar ist zum Bei-spiel der vernetzte Kühlschrank, der über das Internet an einen Lieferservice angeschlossen ist und der anhand individueller Nutzer- und Bedarfsprofile automatisch die jeweils benö-tigten Artikel erkennt und bestellt.

Parallel dazu kommt der Automatisierung zuneh-mend die Aufgabe zu, Strategien gegen die negati-ven Folgen des Klimawandels, des weltweiten Bevöl-kerungswachstums oder der Verknappung natürlicher Ressourcen zu entwickeln. Diese Phänomene erfor-dern ein umfassendes und optimiertes Datenmanage-ment, das sich oftmals nur mit Lösungen der Automa-tisierung umsetzen lässt. So ist es etwa möglich, mit-hilfe automatisierter Frühwarnsysteme das Auftreten von Dürren, Überschwemmungen oder anderen Kata-strophen in bestimmten Regionen vorherzusagen und frühzeitig entsprechende Vorsorge- und Hilfsmaßnah-men einzuleiten.

› 13Technische Geräte wie der Roboter „Care-0-bot“ sind komplex. Damit er dem Personal in Alten- und Pflegeheimen eines Tages Routineaufgaben abnehmen kann, muss jedoch die Inter-aktion zwischen Mensch und Maschine möglichst einfach ablaufen.

› 13

DIe globAlIsIerung erForDerT

ZunehmenD Komplexe, VerneTZTe

sysTeme

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der Spez ial ist22

„In Deutschland und zahlreichen anderen Industrie-nationen wird außerdem der demografische Wandel zu einer immer bedeutenderen gesellschaftlichen Heraus-forderung“, sagt Kurt D. Bettenhausen und nennt damit einen weiteren Wachstumsmarkt für die Automatisie-rungsbranche. „Als wichtige Einsatzbereiche zeichnen sich hier insbesondere die Medizin und der häusliche Bereich ab. Vorstellbar ist zum Beispiel der Einsatz von Robotern zur Unterstützung und Pflege älterer Men-schen.“ Ob und inwieweit solche und ähnliche Utopi-en letztlich Realität werden, wird erst die Zukunft zei-gen. Denn noch stoßen manche dieser Überlegungen bei vielen Menschen auf Vorbehalte. Mit weniger Au-tomation ist in den nächsten Jahren und Jahrzehnten trotzdem nicht zu rechnen. Im Gegenteil: „Um zukünf-tig wettbewerbsfähig zu sein, werden wir in Deutsch-land eher mehr Automation brauchen, um noch effizi-enter und hochwertiger produzieren und neue Produk-te überhaupt entwickeln zu können“, blickt Kurt D. Bet-tenhausen optimistisch in die Zukunft.

› 14

› 14Nicht alle Produkte können manuell hergestellt werden. Beispielsweise in der Mikro- und Nanotechnik sind automatisierte Produktions-anlagen erforderlich.

brunel: unTersTüTZung In Allen bereIchen Der brAnche

Entsprechend der hohen Bedeutung für unterschiedlichste Industrie zweige stellt die Automatisierungstechnik auch für Bru-nel einen wichtigen Baustein dar. Der Projektpartner verfügt über Spezialisten für • den Entwurf,• die Programmierung,• die Implementierung und • die weltweite Inbetriebnahme von Automatisierungsfunktionen. Dabei ist Brunel in sämtlichen Bereichen aktiv: • Beratung• Anlagensteuerung • Anlagenüberwachung • Anlagenvisualisierung • Prozessdatenerfassung

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KompAK T

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› Der „Tps-l2“ von sonyAm 1. Juli 1979 brachte Sony seinen ersten Walkman auf den Markt. In den Achtzigerjahren war der tragbare Kassettenspieler unter Jugendlichen ebenso beliebt wie später der CD­Walkman und heute Walkman­Handys und MP3­Player.

Diplom­Ingenieur Thomas Popp (39) studierte an der RWTH Aachen Metallurgie und Werkstofftechnik. Seit 2002 arbeitet er bei der Brunel GmbH und ist seit 2010 Geschäftsbereichsleiter.

Aus unserer sicht

MittelstandnutztFachkräftepotenzial nichtausreichend

Wer hat’s erfunden?

DerSony-Walkman

gen kaum statt“, so Popp. „Daher möchten wir die Un-ternehmen über ihre Möglichkeiten informieren. Hier-zu führen wir Informationsveranstaltungen durch, auf denen wir die Ergebnisse der Studie vorstellen und mit den Unternehmen diskutieren.“

Der Mittelstand gilt als Herz der deutschen Wirtschaft, ist wichtiger Arbeitgeber und Treiber von Innovationen. Diese Rele-vanz war ausschlaggebend für Brunel, eine repräsentative Markt-stichprobe in Auftrag zu geben: Über 130 Mittelständler aus tech-nischen Branchen wurden von der unabhängigen Lünendonk GmbH zu ihrer Zusammenarbeit mit Ingenieur- und Personal-dienstleistern befragt. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Mittel-stand zwar den anhaltenden Fachkräftemangel als Problem emp-findet, im Umgang mit externen Partnern jedoch zögerlich ist“, erklärt Thomas Popp, Brunel Geschäftsbereichsleiter. Dabei ver-fügt allein Brunel über einen Pool von weltweit 8.000 Spezialis-ten, rund 30.000 Bewerbungen erhält das Unternehmen jährlich. „Das Potenzial ist also da, wird jedoch noch nicht ausreichend von den Mittelständlern genutzt“, macht Popp deutlich. Nur die Hälfte der Befragten greift auf externes Know-how zurück – und das auch eher zur Überbrückung personeller Engpässe. „Die Ein-bindung in die langfristige strategische Planung findet dage-

Bereits als Kind baute Akio Morita (1921–1999) das Grammophon seiner Eltern ausei-nander und wieder zusammen. 1946 mach-te er seine Leidenschaft dann zum Beruf: Ge-meinsam mit seinem ehemaligen Navy-Kolle-gen Masaru Ibuka gründete er Tokyo Tsushin Kogyo Kabushiki Kaisha, seit 1958 bekannt als Sony. Das Unternehmen führte 1979 den Walkman ein – mit großem Erfolg: Nach nur acht Wochen waren 30.000 Geräte verkauft. Bis zum 25. Geburtstag des Walkmans gin-gen weltweit insgesamt 335 Millionen Exem-plare über die Ladentheken. Einziger Wehr-

mutstropfen, der Morita bis zu sei-nem Tod begleitete: Der deutsche Erfinder Andreas Pavel behaupte-te, der Sony-Walkman sei eine Ko-pie des „Stereobelts“, eines tragba-ren Abspielgeräts für Kassetten, das er bereits 1977 zum Patent angemel-det hatte. Der Rechtsstreit zwischen Sony und Pavel wurde erst im Jahr 2004 außer gerichtlich beigelegt: Gerüchten zufolge erhielt Pavel eine stattliche Summe, um von weiteren gerichtlichen Schritten abzusehen.

www.sony.de

Die Management Summary zur Studie „Mehrwert von Inge nieur- und Personaldienstleistungen – sichtbar, messbar, akzeptiert, genutzt?“ sowie Informationen zu den Events finden Sie unter www.brunel.de/mittelstand.

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WeltrekordinderDatenverarbeitung

InsektenalsVorbild:neuesKonzeptfürDübel

Von diesem Weltrekord waren selbst die Wissenschaftler überrascht. Forscherteams des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie der Goethe-Universität Frankfurt konn-ten die Energieeffizienz bei der Verarbeitung großer Datenmengen um das bis zu Vierzigfa-che steigern. „Mit einem so deutlichen Ergeb-nis hatten wir nicht gerechnet“, erläutert Pro-fessor Peter Sanders vom KIT, der das Projekt zusammen mit Professor Ulrich Meyer von der Uni Frankfurt leitet. Der Ansatz: Statt Ser-verprozessoren verwendeten sie besonders sparsame Mikroprozessoren und statt Fest-platten die wesentlich schnelleren Solid State Disks. „Damit sind wir der Lösung eines Kern-problems der Informatik – dem energieeffizi-enten Sortieren wachsender Datenmengen – einen Schritt nähergekommen. Diesen Ansatz verfolgen wir nun weiter“, sagt Professor San-ders. „Denn die Verwendung kleiner, sparsa-mer, miteinander kooperierender Systeme ist eine mögliche Antwort auf den Energiehun-ger der Informationstechnik.“

www.kit.edu / www.uni-frankfurt.de

Leichtbauwerkstoffe sind auf dem Vor-marsch sowohl beim Bau von Gebäuden als auch in der Automobil-, Flugzeug- oder Möbelindus-trie. „Entsprechend gewinnen auch die Befesti-gungssysteme für diese Werkstoffe an Relevanz“, erklärt Markus Hollermann. Der Mitarbeiter des Bionik-Innovations-Centrums der Hochschule Bremen entwickelt gemeinsam mit seinem Kol-legen Felix Förster bioinspirierte Fixierungslö-sungen. Bereits im Rahmen ihrer Bachelorarbei-

ten entwarfen die beiden Dübel, die sich an Zwergzikaden oder Zecken orientieren. „Diese Tiere haben es perfektioniert, auf ef-fizienteste Art und Weise in Blätter einzudringen und sich dort zu verankern“, erläutert Förster. „Ihre Prinzipien haben wir analy-siert und darauf basierend unsere Modelle entwickelt.“ Diese Art der Befestigungssysteme sei noch wenig erforscht, so die beiden Nachwuchsforscher, die ihre Ansätze nun an der Bremer Hoch-schule weiterentwickeln. Mittelfristig plant das Team die Grün-dung eines eigenen Unternehmens.

www.die-bioniker.de

BlaufürdieUmwelt–rußfreierKeilriemenausHannover

Dieser Keilriemen fällt nicht nur wegen seiner extravaganten Farbe auf: Der leuchtend blaue CONTI-V® PIONEER ist der weltweit ers-te ummantelte Keilriemen, der aus nachwach-senden Rohstoffen produziert wird. Vorwie-gend besteht der Ökoriemen aus Naturkaut-schuk, als Weichmacher dienen pflanzliche Öle, für die Ummantelung wurde Baumwol-le verwendet. Der Riemen ist damit komplett rußfrei und erfüllt trotzdem die Leitfähig-keitsanforderungen nach ISO 1813. „Eine be-sondere Herausforderung“, erklärt Dr. Hei-ko Sattler, Leiter Forschung und Entwicklung Industrie der ContiTech Power Transmission Group. Denn bislang galt: Nur Ruß macht Keil-riemen leitfähig und sorgt so dafür, dass sie keine Zündquelle darstellen. „Die Herstellung der Leitfähigkeit nahm einen Großteil der zweijährigen Entwicklungszeit in Anspruch“, so Dr. Sattler. Nach dem ummantelten Keilrie-men soll noch in diesem Jahr ein ökologischer Zahnriemen im Markt etabliert werden.

www.conti-tech.de

Unter dem Label BlueConcept bietet die hannoversche ContiTech AG Produkte aus mehrheitlich nachwachsenden Rohstoffen an. Darunter auch den Keil­riemen CONTI­V® PIONEER.

Die Bohrwerkzeuge von Zwergzikaden dienten zwei jungen Bionikern als natürli­ches Vorbild für die Neuent­wicklung von Dübeln.

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Tipps

www.nasa.gov

Die NASA nimmt Sie mit auf eine multimediale Reise ins Welt-all: Live-Bilder aus Weltraumstatio-nen werden ergänzt durch eine Viel-zahl an Videos, beispielsweise von der ersten Testfahrt des neuen Mars Rover im NASA-Labor. In der Image Gallery finden Sie Bilder von Pla-netenoberflächen – darunter auch das erste Foto, das eine Raumsonde 1966 vom Mond aufnahm.

Joachim Radkau: Technik in Deutsch-land. Vom 18. Jahrhundert bis heute, Campus Verlag, Frankfurt/M., 2008

Beginnend im „hölzernen Zeit-alter“ beschreibt Joachim Radkau über 200 Jahre deutscher Technik-geschichte. Dabei betrachtet er ne-ben der reinen Technik stets auch ihre Wechselwirkungen mit Mensch und Umwelt. So beschreibt der His-toriker das Innovationsverhalten in einer Epoche oder durch Technolo-gien hervorgerufene Veränderun-gen in der Lebensweise.

BuchtippWebtipp

Swiss Science Center Technorama

Auf rund 6.500 Quadratmetern werden die Besucher mit Expona-ten, Workshops und Vorführungen spielerisch an Phänomene aus Wis-senschaft, Kunst und Technik heran-geführt. So können Schwingungen und Wärmestrahlung sichtbar ge-macht oder die Auswirkungen mag-netischer Kräfte auf das Licht unter-sucht werden. Weitere Informatio-nen unter www.technorama.ch.

Science-Center-Tipp

Termine DenBedarfdesMittelstandsimFokusDeutschlandweit organisiert die Brunel GmbH gemeinsam mit regionalen Verbänden und In-sti tutionen Informationsveranstaltungen zu folgendem Thema:

„ungenutztes Fachkräftepotenzial am standor t Deutschland für den mittelstand“

In einer repräsentativen Marktstichprobe der Lünendonk GmbH und der Brunel GmbH wurden Einsatzgebiete und Mehrwerte von Ingenieur- und Personaldienstleistern im deutschen Mit-telstand analysiert. Melden Sie sich für die Ergebnispräsentation an folgenden Standorten an:

6. 10. 2010 in Kooperation mit der IHK Lindau 7. 10. 2010 in Kooperation mit der IHK Villingen-Schwenningen 12. 10. 2010 in Kooperation mit der IHK Karlsruhe 10. 11. 2010 in Kooperation mit dem BVMW Bremen 16. 11. 2010 in Kooperation mit dem BVMW Rostock

Weitere Termine in Hamburg, Hannover, Braunschweig, Erfurt, Ulm und anderen Städten fol-gen. Informieren Sie sich auf www.brunel.de/mittelstand.

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querDenKen

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Bescheiden, fast zurückhaltend berichtet Romy Kniewel über ihre Ideen zur zwischen-menschlichen Kommunikation in der Zukunft. Mit me+, einem Konzept für eine mobile Soft-ware-Anwendung, hat sie dieser Vorstellung eine Gestalt gegeben. Die 29-Jährige ist kein Mensch vieler Worte – sie lässt lieber ihre Ar-beit sprechen. Schon in wenigen Jahren, so Kniewel, könnte die soziale und berufliche Kommunikation eine andere Form annehmen.

Wie diese aussehen könnte, zeigt folgen-des Beispiel: Bei einem Symposium über Um-weltverträglichkeit im Flugverkehr sind zahl-reiche Experten anwesend. Unter ihnen ist eine Doktorandin aus Berlin, die an einem Modell zur Reduzierung des Treibstoffver-brauchs von Triebwerken arbeitet. Für eini-ge Detailfragen würde sie gerne mit einem Strömungstech niker sprechen. Die Wissen-schaftlerin gibt über eine Suchfunktion in ihrem Mobiltelefon die Stichwörter „Strö-mungstechnik“ und „Flugzeugbau“ sowie den Radius von einem Kilometer ein – und be-kommt wenig später eine Nachricht: Ein Strö-mungstechniker, der aus Hamburg zum Kon-gress gekommen ist, wurde von seinem Han-dy über das Anliegen der Berlinerin infor-miert. Schon in der nächsten Vortragspause trifft sie ihn im Kongresszentrum auf einen Kaffee und spricht mit ihm über ihre Disser-tation.

Gut möglich, dass die beiden auch ohne die Hilfe einer mobilen sozialen Software wie

porTräT

Romy Kniewel (29) studierte zunächst Informationsdesign an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Anfang dieses Jahres erwarb die gebürtige Merseburge-rin (Saale), die sich auf Interface-Design spezialisiert hat, ihren Master-Abschluss an der Bauhaus-Universität Weimar. Aus-landssemester hatte sie in Graz, Limerick und Malmö absolviert. Zurzeit promo-viert Kniewel an der Universität Kassel.

me+ ins Gespräch gekommen wären. Doch der schnelle persönliche Kontakt war über-aus hilfreich für das Voranschreiten der Dok-torarbeit. Das Kürzel me+ steht für ein grafi-sches Interface, ist also das ausgestaltete De-sign einer Software, für die ein teilweise funk-tionsfähiger Prototyp existiert. me+ soll dazu befähigen, über ein Mobilgerät wie das Han-dy nutzereigene digitale Informationen effizi-ent für die Kommunikation einzusetzen und zu steuern. Zwar existieren mit Diensten wie Aka-Aki oder Mobiluck bereits soziale Netz-werke als Anwendung für das Mobiltelefon. Diese ermöglichen aber eher das Auffinden von Freunden in der näheren Umgebung ei-nes Nutzers und sind in ihrer Funktion einge-schränkter als me+.

Das fiktive Beispiel zeigt, welche Anwen-dungen zu unserem Alltag gehören, wenn sich viele Menschen künftig mit einer „Digi-tal Bubble“ umgeben. So eine digitale Blase besteht aus persönlichen Daten eines Einzel-nen, die mit den Mobilgeräten anderer Nutzer ausgetauscht werden. Darüber hinaus wird es laut Romy Kniewel vielerorts „Smart Envi-ronments“, intelligente Umgebungen, geben. Das sind Informations- und Serviceangebote, die etwa durch Firmen oder öffentliche Ein-richtungen bereitgestellt werden. Sie werden

T e x T › Marco Heinen

In der Zukunft nutzen wir soziale Netzwerke nicht mehr nur am heimischen Computer. Viele Menschen werden ihr digitalisiertes persönliches Datenprofil stets bei sich tragen. Wie so etwas aussehen kann, dafür hat die Interface­Designerin Romy Kniewel ein preisgekröntes Konzept ent­worfen.

VonDigitalBubblesundSmartEnvironments

ZuKunFTsForscher sTüTZen KnIe-

Wels VorsTellungen

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dem Nutzer per WLAN auf das Mobilgerät geschickt, wenn er sich in relativer Nähe befindet. „Für diesen Ra-dius gibt es keine feste Definition“, so Romy Kniewel, „grundsätzlich sollte er so weit reichen, wie es für die Angebote sinnvoll erscheint.“ Die intelligente Umge-bung eines Bahnhofs etwa, würde auf ein persönliches Profil zugeschnittene Reiseangebote offerieren, sobald der User den Bahnhof betritt – die Informationen er-scheinen automatisch auf dem Handy.

Dass die Menschen bereit sein werden, sich vieler-orts mit ihrer persönlichen digitalen Blase zu umgeben,

gilt nach Ansicht von Experten als sehr wahr-scheinlich. Eine solche Vision beschreibt zum Beispiel der namhafte britische Zukunftsfor-scher Ian Pearson in einem Aufsatz für The Journal of The Communications Network von 2005. „Es ist eine Art Zusammenfassung ver-schiedener Zukunftsvorhersagen“, kommen-tiert Romy Kniewel den viel beachteten Text von Pearson. Auch ihre Arbeit erhielt bereits viel Anerkennung: Das Konzept wurde mit dem Zukunftspreis Kommunikation des Deut-schen Verbands für Post, Informationstech-nologie und Telekommunikation ausgezeich-net. „Entstanden ist me+ in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation“, erläu-tert Kniewel, die bereits ihre Bachelorarbeit beim Fraunhofer IAO geschrieben hatte. Die Verantwortlichen kamen auf sie zu und frag-ten, ob sie das Interface-Konzept im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Bauhaus-Univer-sität Weimar entwickeln wolle. Projekte wie dieses sind häufig Vorläufer von EU-Projek-ten. So auch in diesem Fall: Voraussichtlich im Herbst wird „Digital Me“ aufgelegt – dann je-doch ohne die Beteiligung von Romy Kniewel. Sie schreibt gerade ihre Dissertation an der

› 15

› 16

› 15Wer sich mit Kommunika­tionstechnologien von morgen beschäftigt, muss sich auch mit dem Thema Datenschutz auseinander­setzen – eine der Herausfor­derungen bei der Entwick­lung von me+.

› 16me+ ermöglicht es dem Benutzer, soziale und beruf­liche Kontakte zu pflegen. Welche Informationen oder Personen ihn wann und wo erreichen dürfen, steuert der Nutzer mit dem „Bodyguard“.

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Universität Kassel. Das Thema: „Gestaltungs-richtlinien für die Schnittstellen des Ubiqui-tous Computing“. Die Begrifflichkeit Ubiqui-tous Computing beschreibt die Allgegenwär-tigkeit rechnergestützter Informationsverar-beitung und ist im Prinzip das Gegenstück zu Kniewels bisheriger Arbeit: Hatte sie sich bis-lang mit der Anwenderseite beschäftigt, geht es nun um die dafür notwendigen Umgebun-gen. „Hier“, so Kniewel, „kann ich das Wissen, das ich beim Entwickeln von me+ gewonnen habe, einbringen.“

Grundsätzliche Fragen, mit denen sie sich während dieser Entwicklungszeit immer wieder auseinandergesetzt hat, waren: Was möchte der Nutzer und was nicht? Welche Funktionen sind also sinnvoll? Und wie schützt man den Nutzer davor, dass er Infor-mationen ungewollt mit anderen austauscht? „me+ ist entsprechend eine sehr komplexe Software mit vielen Funktionalitäten gewor-den“, erläutert Kniewel, die auch an der Pro-grammierung der ersten Demonstrationsver-sion beteiligt war. Die Vielzahl an verschiede-

nen Detailanforderungen zu verbinden, sei für sie der Antrieb gewesen, sich mit dem Thema zu beschäfti-gen. „Ein wichtiger Aspekt und eine gleichzeitig große Schwierigkeit war, das System hinsichtlich der Privat-sphäre sowohl rechtlich als auch nutzergerecht zu ge-stalten“, so Kniewel. So reicht ein Klick, um sich für ein-zelne oder mehrere Nutzer, aber auch für intelligente Umgebungen unsichtbar zu machen. me+ unterschei-det sich hinsichtlich des möglichen Missbrauchs priva-ter Informationen von den populären Internetdiensten: „Es findet keine zentrale Speicherung der Daten auf den Servern von Providern statt“, sagt Kniewel.

Die Chancen, dass das Konzept eines Tages Realität wird, stehen gut, schließlich sind vielerorts bereits Hot-Spots und WLAN-Netze vorhanden. Die Infrastruktur der Zukunft befindet sich also längst im Aufbau.

› 17

› 17Das Hauptmenü bildet den Überblick über alle Funkti­onsbereiche von me+. Unter „me“ beispielsweise sind Daten über den Benutzer selbst abgelegt. In „myFaces“ kann er bestimmen, welche Informationen seinen Kontakten („myPeople“) und Unbekannten zugänglich sind. „Nearby“ zeigt unter anderem an, welche „myPeo­ple“ oder „myPlaces“, also für den Benutzer interessante Personen und Orte, sich in seiner Nähe befinden.

› hauptmenü › elementeauswahl › nearby

prIVATsphäre unD DATenschuTZ –

Ansporn unD herAusForDerung

ZugleIch

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Im DIAlog

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Der Spezialist: Herr Dr. Fuchs, das Thema Arbeitnehmerüberlassung ist nicht unum-stritten. Woran, glauben Sie, liegt das?

Dr. Willi Fuchs: Den Personaldienstleis-tern wird unterstellt, dass sie Verträge mit schlechten Konditionen abschließen und sie so die prekäre Situation von Arbeitnehmern ausnutzen, die gerade in keinem festen Ar-beitsverhältnis stehen. Umgekehrt wird Un-ternehmen, die sich auf diese Dienstleister berufen, vorgeworfen, nicht mehr langfris-tig in eigene Mitarbeiter investieren zu wol-len. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass es auf beiden Seiten schwarze Schafe gibt. Doch vor allem bei den Ingenieurdienstleis-tern stimmt dieses negative Bild in vielen Fäl-len nicht mit der Realität überein. Ihnen geht es vielmehr darum, hochqualifizierten Ingeni-euren auf ihre Bedürfnisse und Anforderun-gen zugeschnittene Stellen zu vermitteln.

Der Spezialist: Verändert sich dieses Bild in der öffentlichen Wahrnehmung mittlerweile?

Dr. Fuchs: Sehr deutlich sogar. Denn die Anforderungen sowohl an die Arbeitgeber als auch an die Arbeitnehmer ändern sich. Vor al-lem im Ingenieurbereich gewinnt die Arbeit-nehmerüberlassung an Relevanz. Für Unter-nehmen werden flexible Beschäftigungsfor-men gerade dann wichtig, wenn sie auf neue Entwicklungen reagieren müssen und hierfür

Ingenieure mit äußerst spezifischem Fachwissen be-nötigen. Sie wissen also bereits um die Bedeutung des Know-hows „von außen“ und nutzen es zunehmend.

Von den Arbeitnehmern wird branchenübergrei-fend mehr Flexibilität und stets aktuelles Wissen er-wartet. Hier sind Angestellte eines Ingenieurdienstleis-ters im Vorteil. Denn für sie ist es normal, sich immer wieder fachlich wie menschlich auf neue Situationen einzustellen. Es ist also kein Makel, bei einem Dienst-leister tätig zu sein, sondern eine Qualifikation, mit der die Ingenieure selbstbewusst umgehen können.

Der Spezialist: Arbeiten die Ingenieurdienstleister denn auch aktiv daran mit, ihr Image weiter zu verbes-sern?

FlexibleArbeitsmodelle–wichtigfürdieWertschöpfungvonUnternehmen

I n T e r V I e W › Stine Behrens

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels gewinnen flexible Arbeitsmodelle an Relevanz. Hier sind sich VDI­Direktor Dr.­Ing. Willi Fuchs und Brunel General Manager Dr. Ralf Napiwotzki einig. Doch während Konzerne Ingenieur­ und Personaldienstleister bereits in ihre strategische Personalplanung einbeziehen, ist der deutsche Mittelstand in dieser Hinsicht noch eher zögerlich.

porTräT

Dr.-Ing. Willi Fuchs (53) studierte Maschinenbau an der Universität Siegen. Nach einem einjährigen Aufenthalt als Lehrkraft an der University of Houston (Texas) war Dr. Fuchs viele Jahre Geschäfts-führer der im technischen Bereich aktiven Dr. Reinold Hagen Stiftung. Seit Mai 1999 ist er Direktor des VDI sowie geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums.

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Dr. Fuchs: Das tun sie durchaus. Zumal sie erkannt haben, dass diese Arbeit schon beim Ingenieurnach-wuchs ansetzen muss. Brunel etwa unterstützt den VDI-Konstruktionswettbewerb Formula Student Ger-many sowie das Förderprogramm VDI ELEVATE. Bei der Formula Student treten Nachwuchsingenieure auf dem Hockenheimring in selbst gebauten Rennwagen ge-geneinander an. Sie können so praktische Erfahrungen sammeln, die ihnen den Berufseinstieg erleichtern. VDI ELEVATE bietet den Studierenden die Möglichkeit, wert-volle Kontakte zu Unternehmen aufzubauen und diese so besser kennenzulernen. Dieses Engagement ist ein guter Weg für Ingenieurdienstleister, Präsenz zu zeigen und die eigene Arbeitsweise sowie Karrieremöglichkei-ten aufzuzeigen. So kann mit möglichen Vorbehalten bereits bei angehenden Ingenieuren aufgeräumt und so das Image langfristig verbessert werden.

Der Spezialist: Herr Dr. Napiwotzki, in Deutschland wird das Thema Fachkräftemangel anhaltend disku-tiert. Können flexible Arbeitsmodelle eine nachhaltige Lösung dieses Problems sein?

Dr. Ralf Napiwotzki: Um dem Mangel wirklich nach-haltig entgegenzuwirken, müssten zeitnah entspre-chende Anpassungen in der Bildungspolitik vorgenom-men werden. Flexible Arbeitsmodelle aber bieten Un-

ternehmen zu jeder Zeit die Möglichkeit, Lücken zu schließen. Das gilt für den kurz-fristigen Bedarf, etwa bei Schwankungen in der Auftragslage, ebenso wie bei mittel- und langfristigen Planungen, beispielsweise für die Entwicklung und Umsetzung von Innova-tionen. Unabhängig vom akuten Problem des Fachkräftemangels in Deutschland hat jeder Betrieb immer einen variablen Bedarf an Ex-perten – und eben dieser wird durch flexible Arbeitsmodelle gedeckt. Diese moderne Ar-beitsweise ist damit ganz sicher ein wichti-ger Teil zur Lösung des derzeitigen Fachkräf-teproblems, ihre Relevanz geht aber weit da-rüber hinaus.

Der Spezialist: Welche technischen Bran-chen und Unternehmen setzen bereits auf In-genieurdienstleister?

Dr. Napiwotzki: Großunternehmen fast aller Branchen arbeiten mit Personaldienst-leistern zusammen, binden sie in ihre lang-fristigen unternehmenspolitischen Planun-gen ein und profitieren so von den Vorteilen: Flexibilität, Überbrückung personeller Eng-pässe, Bewältigung von Auftragsspitzen, ge-zielter Zukauf von Know-how. In der Luft- und Raumfahrt beispielsweise investieren Unter-nehmen vermehrt in die Entwicklung, um die Effizienz der Fluggeräte zu steigern. Entspre-chend sind hier derzeit Spezialisten für die Antriebs- oder die Werkstofftechnik gefragt – und eben die stellen wir zur Verfügung. Ähn-lich verhält es sich in den Branchen Automoti-ve, Maschinenbau, Energie- oder Elektrotech-nik: Auch hier nutzen Konzerne angesichts des wachsenden globalen Wettbewerbs die Vorzüge flexibler Beschäftigungsformen. Zwar sind diesem Wettbewerb auch mittel-ständische Unternehmen ausgesetzt, hier ha-ben wir allerdings eine gewisse Zurückhal-tung festgestellt. Gemeinsam mit einem un-abhängigen Marktforschungsinstitut sind wir dieser Annahme auf den Grund gegangen. Das Ergebnis unserer Marktstichprobe: Nur rund die Hälfte der bundesweit befragten Mittelständler hat bereits mit externen Part-nern zusammengearbeitet. Die Mentalität des „Selbermachens“ ist im deutschen Mittel-stand also noch sehr stark verankert.

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Dr. Ralf Napiwotzki (45) studierte Wirtschaftswissen-schaften an der Bergischen Universität Wuppertal und promovierte beim Institut für Europäische Wirtschafts-forschung. Bevor er 2006 als Geschäftsbereichsleiter zu Brunel kam, war Dr. Napiwot-zki als Vice President eines mittelständischen Maschinen-bauers tätig. General Manager der Brunel GmbH ist er seit 2009.

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Der Spezialist: Die Personaldienstleis-tungsbranche ist also bereits ein wichtiges Standbein der deutschen Wirtschaft. Wie wird sich diese Entwicklung fortsetzen?

Dr. Fuchs: Ich gehe davon aus, dass der Einfluss der Ingenieurdienstleister stei-gen wird. Vor allem wenn es darum geht, zu-kunftsweisende Projekte umzusetzen, für die bestimmtes Fachwissen im Unternehmen nicht verfügbar ist. Zum einen sind Ingeni-eure von Dienstleistern immer offen für Neu-es und können sich leicht an ein neues Team anpassen. Zum anderen wächst, wie Dr. Napi-wotzki bereits sagte, die Konkurrenz nicht nur

innerhalb Deutschlands, sondern auch im Ausland. Die Unterstützung der Personaldienstleister ermöglicht es den Betrieben, auch kurzfristig Aufträge anzunehmen und nicht mangels Know-how oder Kapazitäten abge-geben zu müssen. Das ist wichtig für die Wertschöp-fung der Unternehmen.

Dr. Napiwotzki: Da schließe ich mich voll und ganz an. Vor allem vor dem Hintergrund der Studienergeb-nisse gehe ich davon aus, dass auch mittelständische Unternehmen künftig mehr auf Ingenieur- und Perso-naldienstleister setzen werden. Denn eine Mehrheit von ihnen antwortete auf die Fragen nach ihren wich-tigsten Zielen für die nächsten zwei Jahre: Marktantei-le ausbauen und neue Technologien entwickeln. Ein er-

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› 18Branchenübergreifend sind es vor allem Großunterneh­men, die mit Personal­ und Ingenieurdienstleistern zusammenarbeiten. Hier im Bild ein Spezialist bei der thermischen Prüfung von Triebwerksteilen.

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höhter Personalbedarf ist damit absehbar. Unsere Auf-gabe ist es nun, die Mittelständler über die Möglichkei-ten flexibler Arbeitsmodelle zu informieren. Schließlich ergab die Studie auch, dass ihre Zurückhaltung eher auf vermuteten als auf tatsächlich erlebten Nachteilen be-ruht. Neben der Annahme, dass der Zukauf von Fach-wissen mit hohen Kosten verbunden ist, besteht etwa auch die Sorge, der Einsatz externer Fachkräfte könnte einen Know-how-Verlust bedeuten. Durch umfassen-de Informationen und einen engen Austausch mit dem Mittelstand planen wir, Unsicherheiten auszuräumen.

Der Spezialist: Herr Dr. Napiwotzki, Sie sind promo-vierter Wirtschaftswissenschaftler und waren einige Jahre lang Vice President eines mittelständischen Ma-schinenbauers. In welchen Bereichen profitieren Unter-nehmen Ihrer Erfahrung nach von flexiblen Arbeitsmo-dellen?

Dr. Napiwotzki: Jede Branche, jeder Betrieb setzt in-dividuelle Schwerpunkte und sieht sich unterschied-lichen Aufgaben gegenüber. Grundsätzlich aber ver-fügt jedes produzierende Unternehmen über eine Pro-zesskette. Sie umfasst alle betrieblichen Bereiche von der Auftragsannahme über Entwicklung, Einkauf und

Produktion bis hin zur Inbetriebnahme. In-nerhalb dieser Reihe gibt es unzählige Aufga-bengebiete, für die Ingenieure, Techniker oder Kaufleute mit speziellem Wissen gebraucht werden. Aktuell arbeitet einer unserer Ingeni-eure für einen international tätigen Energie-konzern. Dabei ist er als Experte für Konstruk-tionstechnik nicht nur in die Planungsphase des Ölförderprojektes eingebunden, sondern wird auch bei der Inbetriebnahme in Russ-land vor Ort sein. Denn er spricht die Spra-che und weiß aufgrund seiner beruflichen Er-fahrungen um die besonderen klimatischen und infrastrukturellen Herausforderungen. Zwar ist der Mitarbeiter nach Abschluss des Projekts nicht mehr im Unternehmen. Sein Know-how aber wirkt nach und so profitiert der Betrieb auch langfristig in jedem Bereich entlang der Prozesskette.

Der Spezialist: Wie sieht aus Ihrer Sicht der Arbeitsmarkt der Zukunft im technischen Be-reich aus?

Dr. Fuchs: Wir erleben im Nachgang der Wirtschaftskrise, dass die Zahl der offenen Stellen für Ingenieure seit Jahresbeginn kon-tinuierlich steigt – aktuell liegt sie bei rund 62.000. Die Zahl der arbeitslosen Ingenieu-

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› 19

› 19Auch die Maschinenbaubran­che setzt in vielen Bereichen auf externe Spezialisten. Durch den vermehrten Einsatz komplexer Robotik­technologien steigt auch der Bedarf an stets aktuellem Fachwissen.

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Umsatz-/Gewinn- und Absatzsteigerung Marktanteil erhöhen

Entwicklung/Einführung neuer Produkte und Technologien

Momentane Marktposition behaupten Umsatz/Liquität stabilisieren

Kundennähe. Kundengewinnung und Kundenzufriedenheit verbessern

Arbeitsplätze sichern und Motivation steigern

Effizienz- und Leistungssteigerung

Expansion (Erschließung neuer Märkte/Standorte)

Krise überstehen

60%

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Die drei wichtigsten Ziele und Herausforderungen der Kundenunternehmen in den kommenden zwei Jahren Mehrfachnennung, maximal drei

Lünendonk 2010

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re sank hingegen erfreulicherweise wieder auf derzeit 26.000. Diese Tendenz wird sich nach unserer Einschätzung weiter fortsetzen, vor allem infolge der alternden Belegschaf-ten und der hohen Anzahl an Arbeitnehmern, die in den kommenden Jahren in den Ruhe-stand gehen. Die Berufseinsteiger werden in Zukunft nicht mehr ausreichen, um die Aus-scheidenden zu ersetzen. Denn die Entwick-lung zu einer forschungs- und wissensin-tensiven Gesellschaft erhöht branchenüber-greifend den Bedarf an fachlich versierten Experten, es besteht damit eine Art Expansi-onsbedarf an Ingenieuren. Für sie wird es im-mer wichtiger, dass sie sich den Änderungen am Arbeitsmarkt anpassen, neue technologi-sche Entwicklungen verfolgen und sich ent-sprechend weiterbilden. Fähigkeiten im Pro-jektmanagement und die sogenannten Soft Skills spielen dabei eine ähnlich große Rolle wie technisches Wissen.

Dr. Napiwotzki: Auch hier gebe ich Dr. Fuchs recht. Zumal wir erleben, dass nicht nur Unternehmen angesichts des steigenden Be-

darfs moderne Arbeitsmodelle nutzen. Auch auf Arbeit-nehmerseite ist eine Veränderung zu spüren, was die wachsende Anzahl an Bewerbungen, die jährlich bei uns eingehen, belegt. 30.000 sind es im Durchschnitt – Tendenz steigend. Während vor allem Absolventen noch vor wenigen Jahren danach strebten, möglichst ihre ge-samte Karriere bei ein- und demselben Konzern zu ver-bringen, sehen sie heute die Vorteile eines Dienstleis-ters: Sie haben die Möglichkeit, vielfältige Erfahrun-gen zu sammeln, werden dabei gemäß ihrer individuel-len Qualifikation in ausgewählten Projekten eingesetzt und durch Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt. So können sie sich schnell weiterentwickeln und Verant-wortung übernehmen. Natürlich bleiben einige bei ei-nem unserer Kunden – aus unserer Sicht eine Wert-schätzung unserer Arbeit. Um einen Eindruck davon zu bekommen, wohin diese Entwicklung führt, müssen wir gar nicht in die Zukunft, sondern nur Richtung Nieder-lande schauen. Denn hier sind flexible Arbeitsmodelle längst Normalität.

Der Spezialist: Meine Herren, vielen Dank für das Ge-spräch.

› 2 0

› 20In einer von Brunel beauf­tragten Trendstudie befragte die Lünendonk GmbH mehr als 130 mittelständische Unternehmen mit 20 bis 1.000 Mitarbeitern nach deren wichtigsten Zielen und Herausforderungen.

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Fremde Kulturen zu erleben und neue Menschen kennenzulernen ist Terry Smith’ große Leidenschaft. „Ich möchte mein Leben voll auskosten und so viel von der Welt sehen wie möglich.“ Seine Energie und sympathi-sche Art zu erzählen reißen jeden Zuhörer so-fort mit. Zumal der US-Amerikaner bereits ei-niges erlebt und daher spannende Geschich-ten zu berichten hat. Als Experte für Dienst-leistungen rund um Erdölbohrprojekte war er in zahlreichen Ländern im Einsatz, darun-ter Nicaragua, Singapur, Spanien, Venezuela, Äquatorialguinea, Angola, Nigeria und Mexi-ko. Für Brunel verantwortete Smith in Bautino (Kasachstan) die Logis-tik eines Ölbohrprojektes. „Die Boh-rung sollte in einem abgelegenen Teil des Kaspischen Meers statt-finden, der meist zugefroren ist“, erinnert er sich. Die Gegend um das Dorf Bautino ist um-geben von Steppe – widrige Umstände, auf die sich das Team um den Projektmanager im Vorfeld intensiv vorbereitete. Bei anspruchs-vollen Projekten wie diesem kommen Smiths Stärken zum Einsatz: Sein vielfältiges Fach-wissen, sein Organisations- und Kommunika-tionstalent sowie seine positive Einstellung gegenüber Herausforderungen.

Schon in jungen Jahren war Terry Smith vielseitig interessiert: Auf einige Semester Seerecht an der Tulane Law School in New Orleans folgte ein internationales Business-Studium an den Universitäten von Southern Mississippi und Miami. Anschließend stu-dierte er an den Hochschulen von North Ari-

DieWeltistseinZuhause

zona und Kalifornien Physik, Chemie und Bio-logie. Schon während des Studiums sammel-te Smith praktische Erfahrungen: „Möglicher-weise bin ich der Einzige, der eine juristische Fakultät verlassen hat, um hauptberuflich als Taucher auf einer Ölplattform zu arbeiten“, schmunzelt Smith. Konkret geplant habe er seine berufliche Laufbahn zwar nicht, doch es zeichnete sich früh ab, dass die internationa-le Ölbranche ihm das bietet, was er von sei-nem (Berufs-)Leben erwartet: immer wieder neue, spannende Aufgaben auf der ganzen Welt. Auf Basis seiner Erfahrungen könne er die vielfältigen beruflichen Situationen sehr

nAme: Terry SmithberuF: Experte für Erdölprojekte

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gut einschätzen. „Das ist unheim-lich wichtig, um Timings, Budgets sowie Materialbestände für große Bohrunternehmungen exakt pla-nen und trotzdem flexibel reagie-ren zu können“, erläutert der Exper-te. Denn die Dimensionen und der finanzielle Rahmen solcher Projekte lassen keinerlei Spielraum für Feh-ler: „Minimale Verzögerungen im Ablauf verursachen hohe Kosten.“

Seine Hobbys bieten dem Ame-rikaner einen Ausgleich zu sei-nem abwechslungsreichen berufli-chen Alltag. „Ich bin ein großer Fan

von Ernest Hemingway“, berichtet er. Seit Jahren verfolgt er die Spu-ren seines berühmten Landsmanns und besucht die Orte, in denen der Schriftsteller einst gelebt hat. In Key West, Paris und Madrid war er be-reits. Ketchum (Idaho), wo Heming-way starb, ist sein nächstes Ziel. Wenn er nicht gerade unterwegs ist, zieht es Terry Smith ans Meer. Er ist begeisterter Angler, taucht, surft und segelt gern. Seine Liebe zum Meer ist es auch, die ihn zu seiner nächsten Station geführt hat. Ge-meinsam mit seiner eigenen klei-nen Crew kämpfte er gegen das ausströmende Öl im Golf von Me-xiko an. Jeden Tag fuhr er am frü-hen Morgen hinaus aufs Meer und errichtete Barrikaden, die den Öl-film eindämmen sollten. Dem sonst so fröhlichen Smith ist die Anspan-nung deutlich anzumerken, wenn er sagt: „Die Auswirkungen dieses Un-glücks sind ebenso wenig abzuse-hen, wie die Dauer meines Aufent-halts hier.“ Denn auch nach dem Verschluss des Bohrloches müssen das Öl und die Folgeschäden besei-tigt werden. Für Terry Smith bedeu-tet das, er bleibt bis dieser Job erle-digt ist.

Terry Smith’ berufliche Stationen:

Terry Smith verantwortete die Logistik eines internationalen Ölbohrprojekts in Bautino (Kasachstan)

1 Singapur2 Spanien3 Angola4 Nigeria5 Äquatorialguinea6 Guatemala7 Nicaragua

8 Honduras9 Belize10 Frankreich11 Venezuela12 Mexiko13 Kasachstan

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ReibungsloserTransportdankSPS

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich das Feuerverzinken zu einem bedeutenden Korrosionsschutzverfahren entwickelt. Da-bei werden vorbehandelte Stahlteile im Ver-lauf eines mehrstufigen Tauchverfahrens mit einer 450 °C heißen Zinkschmelze überzo-gen. Das Zink bildet zusammen mit dem Stahl auch an schwer zugänglichen Stellen eine Le-gierung, die das Bauteil zuverlässig vor Rost schützt. Rund 1,4 Millionen Tonnen Stahl ver-zinkt die Stahlbaubranche auf diese Weise pro Jahr. Bei den modernsten Verfahren werden die Bauelemente vollautomatisch durch die Verzinkungslinie geführt. Für diese Technolo-gie ist die Scheffer Krantechnik GmbH Markt-führer in Europa. Seit der Gründung 1963 ent-wickelt und konstruiert das Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern Spezialkrane und Transportlösungen für unterschiedlichste An-forderungen. Neben Komplettlösungen in der Kran- und Fördertechnik liefert Scheffer die hochmoderne Automatiktransporttechnik für die Erweiterung und Modernisierung beste-hender Verzinkereien – ein wichtiger Produkt-bereich des Sassenberger Unternehmens. Das Alleinstellungsmerkmal: Scheffer passt die Transportanlagen individuell an die Wünsche der Kunden an, mechanisch sowie in der Soft-ware.

„Keine Anlage ist wie die andere“, be-schreibt Robert Tapken die besonderen Her-ausforderungen seiner Arbeit beim Kranher-steller. „Immer geht es darum, die örtlichen Gegebenheiten genau im Blick zu haben.“ Für

den Brunel Mitarbeiter ist eine genaue Ana-lyse der Bedingungen vor Ort deshalb wich-tig, weil er zusammen mit einem elfköpfigen Team die Programme für die automatischen Kranfahreinheiten und die Verteilerkrane ent-wickelt. Mit seinem Know-how in der Spei-cherprogrammierbaren Steuerung (SPS) sorgt er seit zwei Jahren bei Scheffer dafür, dass der Stahl alle Schritte der Feuerverzinkung rei-bungslos durchläuft. Eine SPS ist ein Gerät, dessen Hauptaufgabe in der Steuerung oder Regelung einer Anlage oder Maschine be-steht. Die SPS arbeitet auf digitaler Basis und übernimmt in wachsendem Maße auch wei-tere Aufgaben, wie die Visualisierung, Sicher-heitsmeldungen sowie die Aufzeichnung aller Betriebsmeldungen. Sie bildet das Kernstück für die Steuerung der einzelnen Komponen-ten in der Fördertechnik.

Robert Tapken hat als Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik auch die Programme für die Bauteile der vollautomatischen Verzinkungs-linie mitentwickelt, die Scheffer Krantechnik für OBO Bettermann geplant und konstruiert hat. Im März 2010 hat der Weltmarktführer für Kabeltragsysteme in Hüingsen auf einer Fläche von 30.000 Quadratmetern seine neue Produktionsstätte mit integrierter Verzinke-rei in Betrieb genommen – laut OBO die mo-dernste weltweit. Vom ersten Layout der Ver-

T e x T › Jörg Riedel

Er lauert überall – der Rost ist der natürliche Feind des Stahls. Um diesen wirksam vor Korrosion zu schützen, gilt das Feuerverzinken als bewährtes und modernes Verfahren. Für den Transport von Stahlteilen bei der Verzinkung sind ausgefeilte Systeme notwendig, auf deren Bau sich die Scheffer Krantechnik GmbH spezialisiert hat – mit Unterstützung des Diplom­Ingenieurs Robert Tapken von Brunel.

porTräT

Jörg Koglin studierte Maschinenbau mit der Fachrichtung Konstruktion. Direkt nach dem Studium kam der heute 43-Jährige 1994 zur Scheffer Krantechnik GmbH, deren Geschäftsführer er seit 2001 ist.

› 21Die Weiß- und Schwarzware wird bei OBO Bettermann mithilfe der orangefar-benen Verteilerkrane sowie der blauen Traversen durch die neue Feuerverzin-kungslinie geführt.

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Der WelT

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zinkungslinie über die Simulation der Anlage bis hin zu deren Installation übernahmen Tap-ken und seine Kollegen bei Scheffer innerhalb eines Jahres die komplette Entwicklung und Durchführung des Projekts. Das Kernstück bildete die Programmierung der vollautoma-tischen Transportanlage: Ein Verteilerkran transportiert den zu verzinkenden Stahl – die Schwarzware – zu einem Kettenförderer. Dort übernimmt eine Fahreinheit das Materi-al und bringt es auf einem 400 Meter langen Schienensystem über mehrere Drehweichen zum eingehausten Bereich mit den verschie-denen Becken zur Vorbehandlung. Hier wird die Oberfläche des Metalls zunächst entfet-tet, gebeizt und gespült. Nach der Trocknung werden die Teile von einer weiteren Fahrein-heit zum Zinkkessel transportiert, in die Zink-schmelze getaucht und anschließend als Weißware weiter zur Abkühlung, der Passivie-rung, gebracht. Eine Arbeit, die fast gänzlich ohne Menschenhand geschieht.

„Sicher, schnell und arbeitet kontinuier-lich“, umreißt Jörg Koglin, Geschäftsführer von Scheffer Krantechnik, die Vorteile der voll-automatischen Transporttechnik für Feuer-

verzinkereien gegenüber händischen Anla-gen. Auch mache die Vollautomatisierung Ar-beitsprozesse reproduzierbar, weil genau fest-gehalten werden kann, wie lange das Material behandelt wurde. Eine wichtige Informati-on beispielsweise für die Automobilindus trie. Denn sie ist besonders gefordert, Nachweise für den optimalen Korrosionsschutz ihrer ein-gebauten Stahlteile zu liefern. Ein weiterer wichtiger Aspekt der modernen, vollautoma-tischen Anlagen sei die geringe Umweltbelas-tung, so Koglin: „Sowohl die Vorbehandlung als auch der Zinkofen sind komplett einge-haust, entstehende Dämpfe und Zinkstäube werden aufgefangen und gefiltert.“ Zudem sind die geschlossenen Systeme abwasserfrei.

Das Feuerverzinken ist gegenüber ande-ren Methoden wie der mechanischen oder galvanischen Verzinkung sowie der Spritzver-zinkung besonders zuverlässig, sparsam und natürlich. Zuverlässig deshalb, weil das Ver-fahren eine jahrzehntelange Sicherheit vor

› 22Hier wird die gesamte Trans-porttechnik der Feuerverzin-kungsanlage visualisiert und gesteuert: Brunel Spezialist Robert Tapken (links) und Diplom-Ingenieur Kurt Kimm von Scheffer Krantechnik in der Steuerungszentrale von OBO Bettermann in Hüingsen.

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FeuerVerZInKen: spArsAm unD

ZuVerlässIg

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Brunel Mitarbeiter Robert Tapken stu-dierte Elektrotechnik an der FH in Osna-brück. Im Laufe seiner Karriere hat sich der 44-Jährige auf die Speicherprogram-mierbare Steuerung (SPS) spezialisiert und begleitet Montagen auf der ganzen Welt. Seit zwei Jahren ist er bei der Schef-fer Krantechnik GmbH im Einsatz.

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› 23Zwei Facharbeiter des Scheffer-Kunden OBO zeigen frisch verzinkte Kabelkanäle aus der neuen Anlage.

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Rost bietet, frei von jeglicher Wartung. Durch die Legie-rung verbindet sich der Zinküberzug unlösbar mit dem Stahl und ist dadurch auch in hohem Maß mechanisch belastbar. Sparsam ist dieses Verfahren, weil es bis zu dreimal weniger Ressourcen verbraucht als Rostschutz-beschichtungen. Das ist wichtig gerade für die im Stahl-bau an Relevanz gewinnende Leichtbauweise. Denn sie verlangt einen höheren Korrosionsschutz für die rost-anfälligeren Teile. Insofern ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht die Feuerverzinkung von Stahlkonstruktio-nen sinnvoll. Zudem entsteht bei der Feuerverzinkung im Vergleich zu Farbbeschichtungen weniger CO2. Ei-ner Studie der TU Berlin zufolge werden beispielsweise an einem Parkhaus, das aus rund 500 Tonnen Stahl be-steht, 50 Tonnen CO2 eingespart. Die Natürlichkeit ist darüber hinaus gegeben, weil kein anderes System mit dem Rostschutz vergleichbare metallene und lebendi-ge Oberflächen schafft. Die anfangs noch silbrige Legie-rung wird im Lauf der Zeit grauer und spiegelt die na-türliche Alterung des Stahls wider.

Für Scheffer bedeutet diese Entwicklung volle Auf-tragsbücher und für Robert Tapken eine abwechslungs-

reiche berufliche Zukunft: Für einen Auftrag-geber in Aserbaidschan wird der 44-Jährige die Fahreinheiten programmieren sowie sein Fachwissen außerdem in die Programmie-rung einer vollautomatischen Transportan-lage einer Verzinkerei in Frankreich einbrin-gen. Anschließend folgen zwei weitere Projek-te: eines im Saarland und eines in Ungarn. Da-nach geht es für Robert Tapken wieder zurück nach Sassenberg – vorerst.

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Enge Abstimmungen sind entscheidend für die ganzheitliche Betreuung der Kunden.

„Eine typische Woche? Gibt es bei mir nicht.“ Die Abwechslung ist die Konstante in Jeroen van Drunens Arbeitsalltag. „Unse-re Kunden sind Konzerne, die weltweit in der Energieerzeugung und -förderung tätig sind. Sie erschließen Öl- und Gasfelder, bauen und betreiben Produktionsanlagen, Pipelines, Raf-finerien.“ Entsprechend arbeitet auch der Commercial Manager von Brunel Energy Eu-rope auf dem gesamten Globus: „Etwa 30 bis 40 Prozent meiner Zeit bin ich in den Nieder-landen und sonst geschäftlich unterwegs.“

Jeroen van Drunen ist viel unterwegs: Als Commercial Ma­nager von Brunel Energy Europe verantwortet er die unter­nehmerischen Aktivitäten in den Energiemärkten Europas und Afrikas. Eine Woche lang begleiteten wir den 37­Jäh­rigen bei seiner Arbeit zwischen den Kontinenten.

Etwa zwei bis vier Wochen im Voraus plant er diese Reisen. Seine Station am Mittwoch: die Brunel Niederlassung in Kassel. Für ei-nen bestehenden Kunden sind Abstimmun-gen mit Niederlassungsleiter Gabriel Fassold nötig: Wintershall ist in der Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl sowie Erdgas aktiv. Die globalen Aktivitäten werden bereits von Bru-nel Energy unterstützt und künftig soll auch die Firmenzentrale in Kassel von der Brunel Niederlassung vor Ort betreut werden. Daher werden nun Verträge verhandelt, eine Aufga-

unterwegs mit jeroen van Drunen

T e x T › Stine Behrens

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Amsterdam – eine europäische Metropole mit vielen Gesichtern.

be, die intensive strategische Planung und einen engen Austausch zwischen den Brunel Standorten erfordert. „Genau wie die Unternehmen denken und arbeiten wir grenzüberschreitend“, erläutert Jeroen van Drunen. Ein Ansatz, der vom Kunden in Anspruch genommen wird: Denn wenige Monate nach diesem Treffen in Kassel wird Brunel Energy einen neuen Rahmenvertrag mit Wintershall schließen und Ga-briel Fassold erfolgreiche Ge-spräche für den regionalen Vertrag führen.

Am Donnerstagmorgen ist Jeroen van Drunen bereits um kurz nach 5 Uhr auf dem Weg zum Amsterdamer Flughafen Schiphol. Von hier aus fliegt er nach Mailand. Brunel Energy steht in Ver-handlungen mit verschiedenen Kunden, die der Com-mercial Manager gemeinsam mit dem Country Mana-ger für Italien besucht. Zu den Kunden zählen beispiels-weise die Betreiber von GALSI, der geplanten Erdgas-pipeline zwischen Algerien und Italien. „Die Pipeline ist sehr wichtig für die Versorgungssicherheit Italiens und Europas“, so van Drunen. „Und mit unserem Know-how

im Engineering sowie in der Bauausführung können wir dieses Projekt maßgeblich unterstützen.“ Solche Ver-handlungen sowie die Kundenpflege und Marktrecher-chen direkt vor Ort bilden ebenso wie das Business De-velopment wesentliche Schwerpunkte seiner Arbeit. Denn die komplexen Rahmenverträge, die van Drunen verhandelt, garantieren den Unternehmen die Unter-

stützung von mitunter sehr großen Spezialisten-Teams. Zudem ist er in die Entschei-dung eingebunden, ob ein be-stehendes Büro diese Zusam-

menarbeit koordiniert, ein Partner vor Ort eingebunden oder ein neuer Brunel Standort eröffnet wird.

Nach seiner Rückkehr ins Rotterdamer Office am Freitagvormittag folgt für Jeroen van Drunen ein Mee-ting auf das nächste. „Das ist ganz normal“, erläutert er, seine Tage bestünden häufig aus zahlreichen Bespre-chungen. Die Abende und auch Wochenenden sind ent-sprechend oft mit dem Aufarbeiten von E-Mails ausge-füllt. So auch in dieser Woche: Gegen 19 Uhr erreicht van Drunen sein Haus in Eindhoven – und loggt sich

„genAu WIe DIe unTernehmen DenKen

unD ArbeITen WIr grenZüberschreI-

TenD.“

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Houston, die größte Stadt Texas’, ist ein pulsie-rendes Wirtschaftszentrum.

nach dem Abendessen erneut in sein E-Mail-Postfach ein. Auch der Samstag ist für den Commercial Manager ein Arbeitstag, denn er muss letzte Vorbereitungen für seine anstehende Reise in die USA treffen: „Sowohl auf Geschäftsreisen als auch an Wochenenden wie diesem spreche ich mehrmals täglich unter anderem mit Aaron Dowds, unserem General Manager.“ Denn ihm und Je-roen van Drunen berich-ten die Country und Ac-count Manager der Brunel Energy Standorte in Euro-pa.

In den frühen Morgenstunden des Sonntags ver-lässt van Drunen sein Haus, um zum Flughafen nach Amsterdam zu fahren. Um 10 Uhr hebt das Flugzeug in Schiphol ab. Das Ziel: Houston, Texas, USA. Hier fin-det die Offshore Technology Conference (OTC) statt. Mit mehr als 50.000 Teilnehmern und über 2.000 Aus-stellern eine der wichtigsten Veranstaltungen für die Öl- und Gasindustrie. „Das Event ist nicht nur groß, auch die Qualität ist sehr hoch“, betont der Commer-cial Manager. „Daher ist diese Konferenz eine wichtige Networking-Veranstaltung für mich: Hier kommen die

Entscheider der gesamten Branche zusammen.“ Um etwa 15 Uhr Ortszeit checkt er im Aloft Hotel in der Nähe der Büros von Brunel Energy ein und nutzt den Rest des Tages, um sich auf den Eröff-nungstag der OTC vorzubereiten.

Am Montagmorgen macht Jeroen van Drunen sich dann um kurz nach 9 Uhr auf den Weg zur OTC im Reliant Center. Hous-ton gefällt ihm auf Anhieb, „denn die Stadt ist sehr sauber und

modern“. Im Laufe seiner zwölfjäh-rigen Karriere bei Brunel Energy hat er ein feines Gespür für Orte entwi-ckelt und entscheidet daher schnell, ob er ein Land noch einmal privat

besuchen und genauer kennen lernen möchte. China und Libyen sind solche Länder: „Hier habe ich die großen Städte kennen ge-lernt, die ländlichen Gegenden jedoch noch nicht. Das werde ich auf jeden Fall nachholen.“ Meist sieht er von einer Stadt kaum mehr als Besprechungs- und Hotelzimmer, den Flughafen oder – wie hier in Houston – das Kongresszentrum. Hier verläuft sein Tag so erfolgreich, wie van Drunen es erwartet hatte: Bereits am Er-öffnungstag der OTC knüpft er wichtige Kontakte, unter anderem spricht er mit Vertretern der Konzerne Gazprom und Petrobras.

Dienstag und Mittwoch verbringt Jeroen van Drunen im Houstoner Office von Brunel Energy. Einige seiner Kollegen trifft

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Am Sonntag landet Jeroen van Drunen im texanischen Houston. Sein Ziel: die OTC.

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Seit 1969 findet die Offshore Technology Conference jährlich statt.

er hier erstmals persönlich: „Wir arbeiten sehr eng zusammen, meist aber per Telefon und E-Mail. Es ist daher angenehm, nun auch die Gesichter vor Augen zu haben.“ Beide Tage im Bru-nel Büro sind geprägt von Strategiemeetings. Hauptthema ist die Anfrage des amerikanischen Mineralölkonzerns Exxon Mo-bil: Das Unternehmen arbeitet bereits in 30 Ländern mit Brunel Energy zusammen und möchte diese Partnerschaft ausbauen. Zwar kennt der Kunde die Struktur und Arbeitsweise von Brunel Ener-gy. Doch die Ausweitung der Un-terstützung auf Ungarn, Rumänien und die Türkei erfordert die Recher-che und Bewertung der landesspezifischen Anforderungen, die dort an Unternehmen gestellt werden. Vieles davon hat Je roen van Drunen im Kopf. Doch auch wenn er ein Land gut kennt, sind aufwendige Marktuntersuchungen nötig: „Es bedarf intensiver Recherchen, verschiedener Telefonate und ausführlicher Gesprä-che, etwa mit nationalen Wirtschaftsexperten, um alle Detail-informationen zu bündeln.“ Faktoren wie das Steuersystem, Ar-beits- und Aufenthaltsbestimmungen, Auflagen für Im- und Ex-porte sowie Eigenheiten des Vertragsrechts beeinflussen die Aus-gestaltung der Zusammenarbeit ebenso wie die Sicherheit im Land oder die allgemeine wirtschaftliche Situation. „Die Unter-

schiede selbst zwischen Ländern innerhalb der EU sind sehr groß. Hier muss jede Feinheit bedacht werden und jeder im Team seine Hausaufgaben machen“, fasst van Drunen zusammen.

„Das war eine sehr erfolgreiche Reise“, resümiert Jeroen van Drunen zufrieden, als er sich am Donners-tag auf den Weg zum Houstoner Flughafen macht. Am

Freitagvormittag trifft er Aaron Dowds, um die Er-gebnisse der Houston-Rei-se sowie die weiteren Ak-tivitäten von Brunel Ener-

gy in Europa und Nordafrika zu besprechen. Nach wei-teren Meetings setzt sich van Drunen um 19 Uhr in sein Auto, um nach Eindhoven zu fahren. Die Vorfreude auf diesen Abend und die darauf folgenden Tage ist ihm deutlich anzumerken: „Meine Freundin und ich werden die Koffer packen.“ Denn am Samstagmorgen geht es erneut nach Schiphol. Diesmal allerdings ohne ein be-rufliches Ziel, sondern in den Urlaub.

Für jeDes lAnD IsT eIne mArKTunTersu-

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beDAchT WerDen

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der Spez ial ist44

I n T e r V I e W › Stine Behrens

Der Spezialist: Herr Dimter, Sie sind Exper-te für den Schiff- und Anlagenbau. Vor wel-chen Herausforderungen stehen Unterneh-men dieser Branchen?Andreas Dimter: Der Fachkräftemangel ist branchenunabhängig ein Problem, was der European Engineering Report von VDI und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Frühjahr noch einmal aufzeigte. Daneben müssen die Unternehmen kostensparend ar-beiten. Nehmen wir den Schiffbau als Beispiel: Um den Trend zum Spezialschiffbau mitge-stalten zu können, müssen die Werften ihre internen Prozesse neu gestalten. Denn Struk-turen und Kapazitäten sind teilweise noch auf den Serienschiffbau ausgelegt. Hier aber sind europäische Werften der Konkurrenz aus Asi-en preislich unterlegen. Die Chance für deut-sche Schiffbauer liegt also in der Entwicklung und Umsetzung von Innovationen wie Brenn-stoffzellenantrieben. Eine Technik, die zwar im Schiffbau am Anfang steht, da die Zellen in ihrer Leistung noch beschränkt sind. Der klimapolitische Druck auf die Reeder steigt jedoch. Hier haben deutsche Unternehmen jetzt die Chance, Standards zu setzen.

Der Spezialist: Und inwiefern unterstützt Brunel Transport & Energy die Unternehmen?Andreas Dimter: Unsere Arbeit fängt dort an, wo die Kapazitäten unserer Kunden aus-

gereizt sind – inhaltlich wie auch personell. Branchenübergreifend sind Unternehmen ge-fordert, Innovationen umzusetzen sowie ihre Effizienz beispielsweise durch interne Stan-dardisierungen zu steigern. Dazu setzen sie sich kurz-, mittel- und langfristige unterneh-mens- sowie personalpolitische Ziele. Als Pro-jektpartner der Unternehmen ist es unsere Aufgabe, sie im Rahmen dieser Planungen be-darfsorientiert zu unterstützen. Entsprechend wickelt das Team von Brunel Transport & Energy einerseits einzelne, von den standardi-sierten Prozessen abweichende Spezialaufga-ben ab, realisiert aber auch ganze Projekte ei-genständig. Indem wir beispielsweise Mach-barkeitsstudien erstellen sowie die Konzept-entwicklung und Ausführungsplanung etwa für Spezialkonstruktionen bis hin zum Ver-

DieZukunftliegtaufdemWasser

„Kosten sparen, Trends mitgestalten“, fasst Andreas Dimter, Leiter von Brunel Transport & Energy, die Herausforderungen für Unternehmen der maritimen und Offshore­Industrie zusammen. Der internationale Konkurrenzdruck steigt, der Fachkräftemangel hält an, der Wettbewerb sowohl im Bereich der fossilen als auch der erneuerbaren Energien nimmt zu. Unternehmen müssen daher vor allem eines sein: flexibel.

unTernehmen müssen InnoVATIonen

umseTZen

porTräT

Andreas Dimter (42), Diplom-Ingenieur für Maschinenbau, ist seit 2009 Leiter des Rostocker Entwicklungszentrums Brunel Transport & Energy. Bevor er zu Brunel kam, leitete er in den Werften von Wismar und Rostock die konstruktive Vorbereitung umfassender Schiffbaupro-jekte.

Audio-Version unter: www.brunel.de/podcast

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› 24Material und Technik müssen auf Offshore­Plattformen extremen Bedingungen standhalten. Das gilt für die Messtechnik ebenso wie für Verankerungssysteme, Rohr­leitungen oder Pumpen.

gabeverfahren begleiten, können sich die Experten der Unternehmen ganz auf ihre Kerngebiete konzentrieren. Dabei bringen wir technisches Fachwissen, etwa aus dem Maschinen-, Stahl- und Schiffbau oder der Elektro-technik, mit betriebswirtschaftlichem Know-how zu-sammen. Denn nur ein nachhaltiges und umfassendes Projektmanagement gewährleistet einen effizienten Projektverlauf.

Der Spezialist: In welchen Branchen liegen dabei Ihre Schwerpunkte?

Andreas Dimter: Das ist zum einen der Anla-genbau und hier schwerpunktmäßig die Ener-gieerzeugung und -verteilung. So zählt un-ter anderem das Design von ganzen Offshore-Umspannplattformen inklusive Gründungs-strukturen zu unseren Kompetenzen. Hinzu kommen der Stahlbau sowie die maritime und die Offshore-Industrie. Zudem bieten wir die Berechnung von Spezialkon struktionen an. Das beinhaltet FEM-Berechnungen oder die mechanische und thermodynamische Di-

› 2 4

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mensionierung von Bauteilen. Eine Dienst-leistung, die weit über die angesprochenen Branchen hinausgeht. Beispielsweise können wir die Festigkeiten von Regalböden für La-gerhallen oder Fundamente von technischen Anlagen mit statischer und dynamischer Be-lastung berechnen und sowohl Einsparpo-tenzial beim Materialverbrauch aufzeigen als auch fertigungstechnisch optimierte Entwür-fe erstellen.

Der Spezialist: Können Sie uns diese Zu-sammenarbeit an praktischen Beispielen er-läutern?Andreas Dimter: Nehmen wir beispielswei-se Offshore-Umspannplattformen. Wir entwi-ckeln Konzepte, die Bauspezifikation und das Mengengerüst, übernehmen dann die Raum-planung inklusive der Inneneinrichtung, der maschinenbaulichen Rohrsysteme, der Ver- und Entsorgungssysteme sowie der Klima- und Lüftungsanlagen. Neben dem Konzept und der Basiskonstruktion fertigen wir zudem die Genehmigungsunterlagen an. Sehr anschaulich ist auch unsere Partner-schaft mit der Perebo GmbH & Co KG: Das Un-

ternehmen ist als Spezialist für Schwimmkonstruktio-nen und als Generalauftragnehmer für die Entwicklung und Umsetzung einer schwimmenden, etwa vierein-halb Hektar großen Photovoltaikanlage verantwortlich. Ein spannendes, weltweit bisher einmaliges Projekt, bei dem wir die komplette Entwicklung und wirtschaftliche Vorauslegung der Konstruktion verantworten.

Der Spezialist: Welche Entwicklungen erwarten Sie in naher Zukunft in der maritimen Wirtschaft?Andreas Dimter: Hier werden der Schiff- und Anlagen-bau und auch der Stahlbau von den positiven Entwick-lungen im Offshore-Bereich profitieren. Denn die Zu-kunft wird sich vermehrt im und auf dem Wasser ab-spielen. Beispiele sind Offshore-Windkraftanlagen, So-laranlagen auf dem Wasser sowie Offshore-Gas- und Ölplattformen. Die Verlagerung auf das Wasser hat po-sitive Effekte hinsichtlich der Energieausbeute: Der Wind ist hier berechenbarer. Zudem lohnen sich In-vestitionen auch in den kostenintensiven Abbau von Öl und Gas in tiefen oder schwer erreichbaren Gewäs-sern. Denn die Preise für diese endlichen Rohstoffe stei-gen. Natürlich gilt es hier zu bedenken, dass die Ereig-

› 2 5

› 25 Um den optimalen Schutz der Fracht zu gewährleisten, müssen Spezialschiffe wie dieser 17.000 Kubikmeter fas­sende Gastanker zum Trans­port von hochbrenn barem Ethylen hohe Standards erfüllen. Denn zuverlässige Schiffe bieten deutliche ökonomische Vorteile: Ab 4.000 Kilometern Land­ oder 2.000 Kilometern Seeweg ist diese Art der Beförderung günstiger als der Transport über ein Rohrleitungssystem.

InVesTITIonen In Den KosTenInTensIVen

AbbAu Von öl unD gAs lohnen sIch

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nisse nach dem Untergang der Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko Aus-wirkungen auf die Sicherheitsauflagen für Bohrungen und den Transport von Rohstoffen haben werden. Vor diesem Hintergrund ge-winnen der Bau von Spezialschiffen für die In-stallation, Wartung und Versorgung von Off-shore-Anlagen sowie die Marinisierung, also Anwendbarmachung von Landanlagen auf dem Wasser, an Relevanz und bieten Chancen für Unternehmen dieser Branchen.

Der Spezialist: Die Branchen, in denen sich Ihre Kunden bewegen, gelten als Zukunfts-branchen. Können Sie das konkretisieren?Andreas Dimter: Künftig werden einerseits die erneuerbaren Energien noch an Relevanz gewinnen: Denn fossile Rohstoffe schwin-

den, die Sensibilität von Bürgern, Industrie und Politik für den Umweltschutz steigt. Unter den regenerativen Energien sehe ich die Windenergie besonders weit vor-ne, deren Ausbau weiter rasant ansteigen wird. Ande-rerseits verlieren fossile Energieträger jedoch nicht an Bedeutung. Hier wird der Wettbewerb eher noch zu-nehmen. Um den Handel beispielsweise im Erdgas-markt flexibler zu gestalten und die Abhängigkeit von Pipelines zu verringern, ist der Seetransport von ver-flüssigtem Erdgas ein Zukunftsthema. Denn die Nach-frage nach immer größeren LNG-Tankschiffen mit iso-lierten Lagertanks, nach optimierten Tanksystemen oder Alternativen wie Schiffen für Compressed Natural Gas (CNG) steigt.

Der Spezialist: Herr Dimter, vielen Dank für das Ge-spräch.

Telefon: 0381 / [email protected]

› 2 6

› 2645 Kilometer nördlich der Insel Borkum befindet sich der erste deutsche Windpark alpha ventus. Erwartet wird ein jährlicher Energieertrag von rund 220 Gigawattstun­den.

„DIe sensIbIlITäT Von bürgern,

InDusTrIe unD polITIK Für Den

umWelTschuTZ sTeIgT.“

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WIssen

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Um diese Frage zu beantworten, müssten wir zunächst „schwer zugängliche Reserven“ definieren. Zum einen sind das natürlich fos-sile Ressourcen wie Öl und Gas. Zum anderen zählen auch Sonne, Wind oder Was-ser zu den Energiereserven. Zwar sind sie nicht, wie das über Milli-onen von Jahren durch chemische Umwandlung entstandene Erdöl, tief im Untergrund verborgen und damit schwer zugänglich. Trotzdem muss es künf-tig neue Technologien geben, um diese Quel-len effektiver zu nutzen. Denn letztlich geht es auch immer darum, Kosten zu sparen.

In der Erdöl-Branche gewinnt daher die 3-D-Seismik an Bedeutung. Denn Testboh-rungen zum Auffinden von Ölquellen sind nicht nur aufwendig, sondern auch teuer: Rund eine Million Euro und mehr kosten die-se Bohrungen, von denen in wenig erforsch-ten Gebieten oft bis zu zehn nötig sind. Die 3-D-Seismik haben Bohrexperten zusammen mit Informatikern und Geologen entwickelt. Mittels Druckwellen, die im Untergrund re-flektiert und an der Erdoberfläche von einer Spezialsoftware ausgewertet werden, kön-nen mehrere tausend Meter tiefe Reservoirs

Mit der „Leserfrage“ möchten wir Sie als Leser unseres Magazins mehr einbinden. Nach der Einführung dieser neuen Rubrik in der letzten Ausgabe schickte uns Petra Hollstedt ihre Frage. Beantwortet wird sie von Fithawie Habte, Brunel Spezialist für Energiethemen.

porTräT

Brunel Spezialist Fithawie Habte (29) studierte in Darmstadt Energiewirtschaft. Seine Schwerpunkte lagen dabei u. a. auf dem Energie- und Umweltmanagement, der rationellen Energieanwendung, der Energiepolitik sowie der Energietech-nik. Gebürtig aus Eritrea spricht Habte Englisch sowie seine Muttersprachen Deutsch und Tigrinya.

[email protected]

dreidimensional vermessen werden. Der Un-tergrund wird so virtuell sichtbar und es kann festgestellt werden, ob sich dort tatsächlich Kohlenwasserstoff befindet.

Die anschließende Ausbeutung von Quel-len gerade in tiefen Gewässern birgt weite-re Herausforderungen: Es ist extrem kalt, der Wasserdruck enorm hoch. Eine Vision, an der bereits gearbeitet wird, ist daher die Ölplatt-form am Meeresboden. Sie kann auch in stür-mischen oder eisbedeckten Regionen einge-setzt werden. Ferngesteuerte, teilautoma-tische Roboter sollen Bau, Betrieb, Wartung und schließlich auch den Rückbau der Unter-wasser-Produktionsanlagen übernehmen. Die Steuerung erfolgt von einer bis zu 100 Kilo-meter entfernten Leitstelle an Land.

Im Bereich der erneuerbaren Energien ge-hört die Zukunft den solarthermischen Kraft-werken sowie den Wellenkraftwerken. Beide gibt es bereits. Die bekanntesten solarther-mischen Kraftwerke sind sicher das „Wüs-

WelcheTechnikenwerdenkünftigeingesetzt,umschwerzugänglicheEnergiereservenzunutzen?

T e x T › Fithawie Habte

neben FossIlen energIen IsT Auch DIe

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sonne eIne herAusForDerung

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WIssen

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tenprojekt“ Desertec oder das spanische An-dasol. Die Anlagen werden aber stetig größer und leistungsstärker. Spannend wird hier der Auf- und Ausbau der Infrastruktur, schließ-lich muss der gewonnene Strom verteilt wer-den. Für die Übertragung großer Leistun-gen über weite Distanzen hat die Hochspan-nungs-Gleichstrom-Übertragung, kurz HGÜ, aus meiner Sicht das größte Potenzial. Da hier im Gegensatz zum Wechselstromnetz we-der eine Synchronisierung noch Kompensati-onsspulen entlang der Leitungen erforderlich

sind, wird HGÜ schon heute beim Energietransport un-ter Wasser eingesetzt. Wasser ist im Übrigen eine Ener-giequelle, die zwar schon seit Jahrhunderten genutzt, aber nur auf den ersten Blick „leicht zugänglich“ ist. In Deutschland können Wasserkraftwerke nicht überall eingesetzt werden, weil das Gefälle fehlt und die Flüsse als Binnenstraßen dienen. Gleiches gilt für Meerengen, die zwar aufgrund der starken Strömung ideale Stand-orte für Wasserkraftwerk wären, als wichtige Seestra-ßen aber nicht bebaut werden können. Eine Innovation ist daher die so genannte Strom-Boje, ein schwimmen-des Strömungskraftwerk. Ihr Vorteil: Am Stand- bzw. „Schwimmort“ sind keine baulichen Maßnahmen nötig, es muss lediglich für die Abführung der Energie und die Befestigung mittels eines Ankers gesorgt werden.

› 27Meeresströmungskraftwerke nutzen die natürlichen Gezei­ten der Meere. Dabei werden Turbinen zur Stromerzeu­gung der Wasserströmung ausgesetzt und auf diese Weise angetrieben, ähnlich wie bei Windkraftanlagen.

› 2 7

Ihr WIssensDursT WIrD belohnT!

Unter allen Einsendern einer Leserfrage verlosen wir vier Ein-trittskarten für ein Science Center. Wohin es geht, bestimmt der Gewinner selbst. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail mit Ihrer Frage an [email protected]. Ob zu einer Technologie, über die Sie mehr erfahren möchten, oder zu einem naturwissen-schaftlichen Phänomen – unser Spezialist antwortet Ihnen.

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LandinSicht–EuropasgrößterHafenwächstweiter

Die Inselgruppen Palm Island oder The World in Dubai sind wohl die berühmtesten Landgewinnungsprojekte der Welt. Weniger touristisch ausgerichtet, aber hinsichtlich der Dimensionen ähnlich spektakulär ist ein Vor-haben, das derzeit im niederländischen Rot-terdam realisiert wird: Maasvlakte 2, eine im Wasser aufgeschüttete Sandfläche südlich der Maas-Flussmündung an der Nordsee-küste. Die ursprüngliche „vlakte“, zu Deutsch Ebene oder Flachland, wurde bereits 1973 als künstlich angelegte Hafenverlängerung in Be-trieb genommen. Nun wird sie um 2.000 Hek-tar erweitert, was etwa 3.000 Fußballfeldern entspricht. Das gesamte Hafenareal wächst damit um 20 Prozent und ermöglicht so die dringend nötige Verdopplung der Container-kapazität. Denn seit 1995 hat sich der Um-schlag in Rotterdam durchschnittlich um je sechs Prozent pro Jahr erhöht und droht als-bald die Grenzen der vorhandenen Infrastruk-tur zu sprengen. Zudem vergrößert Maasvlak-te 2 nicht nur den ohnehin größten Hafen Eu-ropas: Auch die Fahrrinne wird auf 20 Meter vertieft, um den Anforderungen der größten Containerschiffe der Welt zu genügen.

Technisch umgesetzt wird das 2,9-Milliar-den-Euro-Projekt von der Projectorganisatie Uitbreiding Maasvlakte (PUMA), einem Kon-sortium bestehend aus den niederländischen Unternehmen Boskalis und Van Oord. Beide verfügen über Expertise in der Bagger- und Schiffstechnik und sind auf Landaufschüttun-gen spezialisiert. Auftraggeber ist die privati-

sierte Hafenbehörde von Rotterdam. Sie kon-trolliert die Einhaltung des Zeitplans sowie des geschlossenen Design-, Konstruktions- und Wartungsvertrags. Spezialisten von Bru-nel unterstützen sowohl den Hafen als auch PUMA. „Unsere Ingenieure sind in ganz ver-schiedene Bereiche des Projekts eingebun-den“, erklärt Klaas Buizer, kaufmännischer Projektleiter bei Brunel in Rotterdam.

So ist Brunel Mitarbeiter Auke de Jong beim Hafen als AutoCAD-Ingenieur tätig. Der 25-Jährige entwirft sowohl kleinere als auch sehr umfassende technische Zeichnungen, zum Beispiel von Straßen- oder Schienenver-läufen oder einzelnen Hafenanlagen. „Mei-ne Vorlagen dienen meist als Planungsgrund-lage für die Projektmanager. Im Fokus steht dabei die effiziente Nutzung des erweiterten Gebiets. Denn es ist ganz entscheidend, ob und wie eine Parallelstraße zum Uferdamm verläuft oder wo Windkraftturbinen am Ran-de der neuen Maasvlakte platziert werden“, erläutert de Jong. Doch nicht nur ökonomisch ist eine Orientierung an Effizienzmaßstäben zweckmäßig, sondern auch ökologisch. Denn je sinnvoller der bestehende Platz genutzt wird, desto weniger Meeresboden muss be-ansprucht werden.

Auke de Jong ist damit entscheidend in die erste Phase des über mehrere Etappen

T e x T › Bastian Korte

365 Millionen Kubikmeter Sand werden in den kommenden Jahren am Rotterdamer Hafen in der Nordsee aufgeschüttet. Ziel ist die Vergrößerung der Hafenfläche, um so der stetig steigenden Containerkapazität gerecht zu werden. Auftraggeber des beeindruckenden Projekts ist die Hafen­behörde, die Umsetzung verantwortet das Konsortium PUMA. Beide Partner werden von Brunel Spezialisten unterstützt.

porTräT

Auke de Jong (25) arbeitet seit diesem Jahr bei Brunel. Seinen Bachelor-Ab-schluss machte de Jong im Studiengang Built Environment mit der Fachrichtung Bauingenieurwesen. Im Maasvlakte-2-Projekt ist er als AutoCAD-Ingenieur beim Rotterdamer Hafen im Einsatz.

2013 sollen conTAInerschIFFe An

Den neuen TermInAls Anlegen

Audio-Version unter: www.brunel.de/podcast

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› 28Bis zu elf Kilometer vor die Küste fahren die Schiffe hinaus, um dort besonders grobkörnigen Sand aufzu-saugen.

geplanten Mammutprojekts eingebunden: 2013 sollen Containerschiffe an den neuen Terminals anlegen kön-nen, die ersten Flächen zum Bau der Hafen- und Indus-triebetriebe werden bereits Mitte des nächsten Jahres zur Verfügung stehen. Die komplette Maasvlakte 2 soll bis 2033 in Betrieb sein. „Dann wird die Hälfte des Are-als zur kommerziellen Nutzung für den Containerum-schlag, die Chemieindustrie und die Logistik bereitste-hen, die andere Hälfte wird für die Infrastruktur benö-tigt“, so Klaas Buizer. Die Schaffung neuer Flächen wird dabei immer an die Nachfrage angepasst, um unnötige

Landgewinnungen zu vermeiden. „Aber schon jetzt sind von der Hafenbehörde bereits 40 Prozent des Gesamtgebiets an künftige Kun-den vergeben“, berichtet der studierte Schiff-bauer und Betriebswirt.

Neben der gestalterischen Planung ist derzeit insbesondere der eigentliche Auf-schüttungsprozess von Bedeutung. „Durch-schnittlich sechs Saugbaggerschiffe ziehen ihre jeweils zwei Saugköpfe durch den Mee-resgrund und wirbeln so den Sand auf. Die-

› 2 8

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ser wird durch ein mit den Köpfen verbunde-nes Saugrohr in den Laderaum des Schiffs be-fördert“, beschreibt Daniel dos Santos, Brunel Spezialist bei PUMA, den Vorgang. Ausgela-den wird dieser Sand im Drop-Verfahren, also durch die Bodenklappen des Schiffs. So ent-stand das Fundament des zu Beginn aufzu-schüttenden bananenförmigen Damms. So-bald das Wasser durch das wachsende Funda-ment zu flach wird, werfen die Saugbagger-schiffe den Sand dann durch ein Düsenrohr auf und hinter den Damm. „Diese Technik wird auch als Rainbowing bezeichnet, da das aufgesogene Material in hohem Bogen auf-gesprüht wird und der feuchte Schlamm und der Sand bei sonnigem Wetter das Licht ähn-lich wie bei einem Regenbogen brechen kön-nen“, erklärt dos Santos, dessen Hauptauf-gabengebiet die Dokumentation der Sand-produktion ist.

Eine der Schlüsselfragen des Projekts war zunächst: Wo sollte gebaggert werden? Bei

der Wahl des Gebiets mussten Aspekte wie die Lage von Naturschutzgebieten oder Munitionsrückständen so-wie Kabel- und Pipelinekorridore beachtet werden. Zu-dem gilt es, den regulären Schiffsverkehr nicht zu be-hindern. Daniel dos Santos: „Normalerweise wird der Sand bis zu einer Bodentiefe von zwei Metern abge-saugt. Um auf die geforderte Menge Sand zu kommen, hätten wir dann aber einen Nordseestreifen von bis zu 30 Kilometern Länge benötigt. Daher haben wir ent-schieden, stattdessen Meeresboden weit draußen vor der Küste hinaufzuholen – dort baggern wir bis zu 20

› 2 9

› 29Durchschnittlich sechs Laderaumsaugbagger sind vor Rotterdam im Einsatz. Pro Woche werden so rund zwei Millionen Kubikmeter Sand aufgetragen.

porTräT

Klaas Buizer (36) studierte Schiffbau und Betriebswirt-schaft an der Fachhochschule in Delft und ist seit seinem Abschluss 1997 bei Brunel in den Niederlanden tätig. Der kaufmännische Projektleiter verantwortet unter anderem die Angebotserstellung und die Verhandlung von Rahmen-verträgen für Großkunden.

sTrömung Als grosse herAusForDe-

rung Des projeKTs

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speK Trum

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› 3 0

› 30Die Maasvlakte 2: Zunächst wird der bananenförmige Uferdamm gebildet, dahinter werden die Terminal­Flächen aufgeschüttet. Der Rotter­damer Hafen wächst somit um 20 Prozent.

Meter in die Tiefe.“ Der Sand ist hier besonders grobkör-nig und eignet sich damit hervorragend für den Damm-bau, da er nicht so leicht von der Strömung wegge-schwemmt wird. Die Strömung ist es auch, die gemein-hin als eine der größten Herausforderungen für ein Landgewinnungsprojekt gilt. Im Vorfeld wurde ihr Ver-lauf genau analysiert. Daraufhin wurde der Uferdamm, der nach seiner Fertigstellung 14 Meter über Normal-null liegen wird, parallel dazu angelegt. „Das minimiert die Instandhaltungsarbeiten“, so der Brunel Spezia-list. Die Mischung aus grobem Sand, verschiedenstem Gestein und 40 Tonnen schweren Betonblöcken sorge zudem für Stabilität, so dass der Damm „auch einem Sturm standhält, der acht Meter hohe Wellen erzeugt“.

Insgesamt werden rund 365 Millionen Kubikme-ter Sand aufgeschüttet. Zum Vergleich: „Das sind cir-ca 60.000 vollbeladene Saugbaggerschiffe“, rechnet dos Santos vor. Zur Erreichung dieses Ziels arbeiten die

Frachter rund um die Uhr. Eine Route von der Förderstelle zur Maasvlakte und wieder zu-rück dauert inklusive des Rainbowings zwi-schen drei und vier Stunden. „Wir liegen bei PUMA gut im Plan“, resümiert dos Santos, „im April dieses Jahres haben elf unserer La-deraumsaugbagger 3,8 Millionen Kubikme-ter Sand in einer Woche aufgeschüttet – ein Landgewinnungsrekord.“

Doch nicht nur für den Schutzdamm und die Hafenflächen werden Unmengen an Sand benötigt. „Das Gebiet, das die wirtschaftlich notwendige Maasvlakte 2 beansprucht, wird in umliegenden Küstengebieten durch neue Dünen und geschützte Meeresgebiete kom-pensiert. Damit wird der Natur ein Stück zu-rückgegeben“, fasst Klaas Buizer zusammen.

AuFschüTTung runD um DIe uhr – lAnDge-

WInnungsreKorD erZIelT

Daniel Alonso dos Santos (30) war seit seinem Abschluss 2002 in verschiedenen Fachdisziplinen tätig. Seit einem Jahr ist er im Maasvlakte 2-Projekt für die Dokumentation der Sandproduktion verantwortlich.

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AusblIcK

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In meiner Funktion als Director ITAB Ope-rations weiß ich um die besonderen Heraus-forderungen, vor denen der Mittelstand in Deutschland, aber auch in anderen Ländern Europas steht. Denn insbesondere mittelstän-dische Unternehmen werden künftig sehr schnell auf die Anforderungen der Märkte re-agieren müssen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Jedoch sehen sich diese Unternehmen aufgrund mitunter hoher Auf-tragsschwankungen immer wieder mit perso-nellen Engpässen konfrontiert.

Die ITAB Harr GmbH, ein Tochterunterneh-men der schwedischen ITAB-Gruppe, zählt zu den europäischen Marktführern für die Ent-wicklung und Produktion von Kassentischen für den Groß- und Einzelhandel. Auch in die-

ser Branche sind die Auftragsschwankungen sehr stark ausgeprägt. Ein Grund, warum unsere mitteleuropä-ischen Fertigungsunternehmen in den kaufmänni-schen, technischen und auch gewerblichen Bereichen auf externe Unterstützung setzen. Nur so gelingt es, Auftragsspitzen wirtschaftlich zu bewältigen und zu-dem unternehmerische Weiterentwicklungen sowie zusätzliche Projekte zu realisieren. Unser Standort in Sachsen setzt dabei seit mehr als fünf Jahren auf die Dienstleistungen von Brunel. Die hochqualifizierten Ar-beitskräfte des Projektpartners sind bei uns überwie-gend in den Abteilungen Konstruktion, Arbeitsprozess-gestaltung und Arbeitsvorbereitung im Einsatz. Zudem unterstützt uns Brunel beim Recruiting. So konnten wir bereits fünf kompetente Fachkräfte, zwei davon in Füh-rungspositionen, dauerhaft einstellen.

Gerade für uns Mittelständler sind neben der kon-tinuierlichen Prozessoptimierung hohe Qualität sowie stetige Innovationen Grundvoraussetzungen, um sich am Markt zu behaupten. Deshalb stellen wir an die Qua-lifikation all unserer Mitarbeiter höchste Ansprüche – das gilt auch für externe Spezialisten. Zudem bringen die Experten von Dienstleistern wie Brunel durch ih-ren Einsatz in verschiedensten Unternehmen und Bran-chen einen großen Erfahrungsschatz und interdiszipli-näres Know-how mit. Vorteile, die sich auf die fachliche Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitern und auf das gesamte Projektergebnis auswirken.

Charles SauvillerDirector ITAB Operations

Auf partner setzen

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AusgAbe 16 || Oktober 2010

reDAKTIonsAnschrIFT

Brunel GmbH, Redaktion Der SpezialistAirport City, Hermann-Köhl-Str. 1, 28199 [email protected] 0421 / 1 69 41-14

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Beschäftigt auch Sie eine Frage aus den Bereichen Technik und Naturwissen­schaften, zu der Sie gern eine Spezialisten­meinung lesen möchten? Dann schreiben Sie uns! Wir finden den passenden Brunel Spezialisten, der Ihrer Frage auf den Grund geht. Ihre Wissbegier wird zudem noch belohnt: Unter allen Einsendern verlosen wir vier Karten für ein Science Center Ihrer Wahl.

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„KlugfragenkönnenistdiehalbeWeisheit.“

Francis Bacon, englischer Philosoph und Staatsmann, 1561–1626

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6023_09.2010

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