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Der Tod von den Sternen

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Nr. 220Der Tod von den SternenSelbst ein Spezialgefängnis für Teleporter kann ihn nicht aufhalten - Ein neuesGucky-Abenteuer!von Clark Darlton

Vor 10000 Jahren - zu einer Zeit also, da die Erde noch keine echte Zivilisation aufwies - standen dieArkoniden in erbittertem Kampf mit den Methans.Dieser Krieg rüttelte an den Grundfesten des arkonidischen Imperiums. Er hätte zur totalen VernichtungArkons geführt, wäre es den damaligen Herrschern der Galaxis nicht im entscheidenden Moment gelungen,eine neue Waffe gegen die Methans zum Tragen zu bringen So aber unterlagen die Wasserstoffatmer, und dieArkoniden, in deren Flotte Atlan als junger Kommandant mitkämpfte, glaubten, die Bedrohung durch dienichthumanoiden Intelligenzen ein für allemal ausgeschaltet zu haben.Jetzt, runde zehn Jahrtausende später, als Perry Rhodans Solares Imperium der Menschheit längst das Erbeder Arkoniden angetreten hat, zeigt es sich überraschend, daß die Macht der Methans damals noch nichtgebrochen wurde.Das Auftauchen ihrer gigantischen Raumfestung, die die Transmitterzentrale von Kahalo bedrohte und die nurdurch den Einsatz dreier Teleporter von ihnen heraus „geknackt“ werden konnte, scheint zu beweisen, daß dieMethans mächtiger denn je sind und eine unheimliche Gefahr für die galaktische Zivilisation der Menschheitdarstellen.Zwar haben Ras Tschubai, Tako Kakuta und Gucky, die drei Teleporter, den ersten Schlag der Methansabgewehrt, indem sie der Festungsbesatzung den Tod brachten, doch nun sehen die Mutanten selbst den Todvor sich - den TOD VON DEN STERNEN ...

Die Hautpersonen des Romans:Perry Rhodan - Der Großadministrator ist nicht gewillt, die Suche nach den verschollenen Teleportern aufzugeben.Atlan - Man tritt dem Arkoniden auf die Zehen.Gucky - Der Mausbiber „schwitzt“ sich in die Freiheit.Tako Kakuta und Ras Tschubai - Zwei Teleporter hinter Gittern.Artosos - Kommandant eines Flottenverbandes der Akonen.Zech-Mellard - Ein „phänomenaler“ Chefastronom.

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„Niemals werde ich glauben können, daß sie totsind!“ Rhodans Gesicht war wie aus Stein gemeißelt,leblos und starr. Wie hypnotisiert beobachtete er dieBild- und Orterschirme der CREST, die dasGewimmel der Sterne im Milchstraßenzentrumwiedergaben. „Wie sinnlos wäre alles, wenn sie totwären. Wir hätten sie getötet! Wir allein! Es wäreunsere Schuld!“

Atlan, der in der Kommandozentrale desgigantischen Flaggschiffs auf und ab geschritten war,trat hinter ihn und legte ihm die Hand auf dieSchulter.

„Niemand von uns glaubt wirklich, daß sie denTod gefunden haben, Perry. Sie tragenSpezialraumanzüge und haben für zehn TageSauerstoff und Nahrungsmittel Sie haben sich inSicherheit gebracht, bevor die Raumfestung derMaahks vernichtet wurde. Sie selbst legten dieArkonbombe und wußten, wann sie detonierte. Ichweiß auch nicht, warum sie nicht zu uns

zurückteleportierten, aber sie werden ihre Gründegehabt haben. Vielleicht sind sie in einem der fünfgeflohenen schwarzen Stabschiffe.“

„Wenn wir sie fänden, wüßten wir es.“Der Erste Offizier der CREST, Oberstleutnant

Brent Huise, hatte den Kommandanten, Oberst CartRudo, abgelöst. Er saß im Kommandosessel undleitete die Suchaktion nach den Verschollenen. Seinnarbiges Gesicht blieb ausdruckslos, als er RhodansWorte hörte. Ein empfindlicheres Gemüt als er hättevielleicht daraus einen Vorwurf hören können, nichtaber Brent Huise.

„Wir finden sie“, sagte er trocken. „Früher oderspäter.“

„Später ist nicht gut.“ Rhodan sah ihn nicht an.„Sie haben noch für einen Tag Sauerstoff. Seit neunTagen suchen wir sie. Wenn sie noch leben, müssenwir sie spätestens morgen finden.“

Atlan setzte sich in den freien Sessel nebenRhodan.

„Wir sollten die Frist nicht als absolut ansehen“,meinte er mit ruhiger Stimme. „Wenn die Methanssie mitgenommen haben, in einem der fünf

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geflohenen Schiffe, die der Vernichtung entgingen...“

„Die Methans sind Wasserstoffatmer“, unterbrachRhodan.

„Sie sind durchaus in der Lage, eineSauerstoffatmosphäre herzustellen, auch im kleinstenSchiff. Wenn sie die drei Mutanten gefangen haben,werden sie auch dafür sorgen, daß sie weiterleben.“

Rhodan gab keine Antwort. Er war froh, daß auchdie anderen jetzt schwiegen. Die Ruhe gab ihmGelegenheit, noch einmal ganz kurz die Ereignisse zurekonstruieren, die zum vorläufigen Verlust der dreiwertvollsten Mutanten geführt hatte.

Die Methans waren aufgetaucht, die gefürchtetenMaahks. Schon vor zehntausend Jahren waren sie esgewesen, die das damals starke arkonidischeImperium beinahe vernichtet hätten. Seitdem galtensie als nicht mehr existent. Und nun waren sie esgewesen, die mit einem unvorstellbaren Schiff, einemkünstlichen Planeten, die terranischen Flottenangegriffen hatten. Nur durch die mutige Tat der dreiMutanten hatte dieses gewaltigste aller Schiffezerstört werden können.

Der Mausbiber Gucky, der Afrikaner Ras Tschubaiund der Japaner Tako Kakuta waren in die Festungder Methans teleportiert. Sie trugen speziellePanzerraumanzüge und eine Arkonbombe. DieFestung war detoniert, aber die drei Teleporterkehrten nicht an Bord der CREST zurück.

Die aus der Festung hervorquellenden Schiffe derMethans, schwarze, schlanke Walzen von tausendMetern Länge und hundert Metern Durchmesser,konnten bis auf fünf vernichtet werden.

Diese fünf verschwanden spurlos.Aber Gucky, Ras und Tako waren ebenfalls

verschwunden.„Wir hätten sie entdecken müssen wenn sie noch

in der Nähe gewesen wären“, sagte Atlan undunterbrach die Stille der Kommandozentrale. „Es istsomit anzunehmen, daß sie gefangen wurden undnoch leben.“

„Aber sie können auch atomar vernichtet wordensein, woran ich jedoch nicht glaube.“ Rhodan sahAtlan zum erstenmal an. „Nicht glauben will“, fügteer fast trocken hinzu

„Wir werden sie finden“, wiederholte Oberst Huiseabermals.

Rhodan schwieg eine Weile, dann fragte er Atlan:„Sei ehrlich, hältst du die fünf geflohenen Schiffe

der Methans wirklich für so wichtig - abgesehendavon, daß die drei Mutanten in ihnen sein könnten?“

Atlan nickte.„Sogar für sehr wichtig, Perry. Soweit wir wissen,

kamen die Maahks nur mit ihrer Raumfestung inunsere Milchstraße, wahrscheinlich vomAndromedanebel aus. Außer acht Gefangenen und

der Mannschaft der fünf geflohenen Schiffe entkamkeiner von ihnen. Aber wir wissen, daß die Methansvom Volk der Maahks sehr fruchtbar sind. Sievermehren sich ungeheuer schnell. Wenn sie einengeeigneten Planeten finden wird die Gefahr ineinigen Jahren bereits akut sein. Sie haben dasGeheimnis der Konverterkanone, vergiß das nicht.Sie sind furchtbare Gegner. Wir müssen die fünfSchiffe finden.“

Rhodan sah längst wieder auf die Bildschirme. Dieunzähligen Sonnen im Zentrum der Milchstraßestanden sehr dicht, waren aber immer nochdurchschnittlich bis zu zwei Lichtjahren voneinanderentfernt Hier ein Schiff zu finden, war so gut wieunmöglich, trotz der verfeinerten und verbessertenOrtungsmöglichkeiten. Nur ein Zufall konnte dahelfen.

„Ich fürchte“, sagte Rhodan, „du läßt dich vonalten Vorurteilen leiten. Die Arkoniden führten einsteinen unerbittlichen und furchtbaren Kampf gegendie Methans - die Erinnerung daran steckt dir noch inden Knochen.“

„Du hast die Methans selbst erlebt und weißt wiesie kämpfen“, erwiderte Atlan ernst. „Unterschätzesie nicht.“

„Das tue ich nicht, aber man sollte sie vielleichtauch nicht überschätzen. Jedenfalls suche ich die fünfSchiffe in erster Linie nur, um Gucky, Ras und Takozu finden. Du weißt, was diese drei für michbedeuten, Atlan.“

„Ich weiß es.“ Der Arkonide nickte „Sie sind deineFreunde, besonders Gucky. Der Gedanke, er wäre tot,ist so unfaßbar, daß ich ihn niemals akzeptierenkönnte. Trotzdem müssen wir ihre Lage zumindestals sehr ernst bezeichnen. Wenn es uns nicht gelingt,sie schleunigst zu retten ...“

Er schwieg.Rhodan nickte.„Oberst Rudo hat meine Befehle weitergeleitet.

Fünftausend Schiffe der Flotte haben den Auftragerhalten, nach den fünf Schiffen der Maahks zuforschen. Eine tausendfache Überzahl.“

„Sie bedeutet hier nichts. Ein einziges Suchschiffkonnte den gleichen Erfolg haben, wenn es vomGlück begünstigt wird.“

Rhodan biß sich auf die Lippen.„Warum bist du ein ewiger Pessimist, Atlan?

Warum willst du mir nicht die Hoffnung lassen, daßunsere Chancen so größer sind?“

Atlan lächelte flüchtig und deutete auf dieBildschirme.

„Ich bin Realist, das ist alles. Du bist es im Grundeauch, Perry, aber du klammerst dich an einewahnwitzige Hoffnung. Was hilft uns unsere ganzeTechnik, wenn wir versuchen, in einer Wüste einganz bestimmtes Sandkorn zu entdecken? Im

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Umkreis von hunderttausend Sonnen. Fast jede hatPlaneten. Auf jedem dieser Planeten können die fünfSchiffe gelandet sein, und mit ihnen die Vermißten -wenn sie sich an Bord eines der Schiffe aufhalten.Wollen wir sie alle absuchen? Und Technik ...? Wasnützt dir in der eben erwähnten Wüste ein modernausgerüsteter Reisewagen mit Gleitketten undLebensmittelvorräten, wenn dir das besagte Sandkornnicht rein zufällig direkt ins Auge fliegt?“

„Dein Vergleich ist wahrlich sehr ermunternd“,gab Rhodan sarkastisch zu. „Hoffen wir also, daß unsGucky ins Auge fliegt.“

Oberstleutnant Huise, der von dem Navigatoreinen Zettel erhalten hatte, sagte in die Pause hinein:

„Sir, eine Meldung von den Kommandanten dereinzelnen Flottenteile. Sie besagt, daß alle Schiffeihre Ausgangsposition eingenommen haben. Sieerwarten weitere Anweisungen über Kurs undSuchentfernungen.“

Rhodan nahm die Sternkarten und studierte sie.Atlan sah ihm über die Schulter.

„Wir müssen die Suche von hier aus in RichtungZentrum konzentrieren, wenn wir auch nicht sichersein können, ob die Schiffe der Methans den Kursbeibehalten haben oder nicht. Neun Tage sind einelange Zeit. Vielleicht hätten wir eher beginnensollen.“

„Wir haben rechtzeitig begonnen, aber es dauertelange, bis wir die Suchflotte zusammenzogen. Erstjetzt können wir planmäßig vorgehen. Ich bin dafür,den jetzigen Standort als Mittelpunkt der Aktion zubetrachten und die Kreise nach allen Seiten in Formvon Kugelschalen auszudehnen. Früher oder spätermüssen wir so auf eine Spur stoßen. DieEnergieballungen im galaktischen Zentrum behindernden Funkverkehr. Sobald er unterbrochen wird,müssen Kuriere eingesetzt werden, Gazellen oderschnelle Kreuzer.“ Er machte einige Notizen auf demZettel und reichte ihn Huise zurück. „Berechnen Siedie Kurse für die einzelnen Verbände und geben Siedie Daten weiter. Die Aktion beginnt in zehnMinuten.“

Das bedeutete natürlich nicht, daß die bisherigenneun Tage vergangen waren, ohne daß der Versuchunternommen wurde, die Vermißten zu finden. ImGegenteil. Seit neun Tagen durchforschten mehr alstausend Einheiten der terranischen Raumflotte dienähere Umgebung der Stelle, an der die vernichteteFestung sich zuletzt befunden hatte. Die CRESTselbst hatte einen gewaltigen Bogen geflogen, überLichtjahre hinweg, mit ständig eingeschaltetenSpezialortern und Suchschirmen, um nach denVermißten zu forschen. Es war vergebens gewesen.

Die fünf Schiffe waren und blieben spurlosverschwunden.

Inzwischen war der größte Teil der Flotte nach

beendetem Einsatz wieder frei geworden und standRhodan für die Suchaktion zur Verfügung.

„Befehle durchgegeben“, meldete Huise nacheinigen Minuten.

Rhodan atmete auf.„Jetzt können wir nur noch hoffen“, sagte er.„Wir tun es seit neun Tagen“, bemerkte Atlan.

*

Tako Kakuta hatte Wache.So sinnlos jede Wacheinteilung auch zu sein

schien, die drei einsamsten Lebewesen desUniversums hatten beschlossen, daß einer von ihnenimmer wach bleiben sollte, damit ihnen nicht diegeringste Möglichkeit einer Rettung entging.

Tako, der schmächtige Japaner mit dem ewigjungen und manchmal auch lächelnden Gesicht, wardurch eine dünne Leine mit Ras Tschubai und Guckyverbunden. So war es unmöglich, daß sie sichverloren.

Sie schwebten mitten im leeren Raum, zwischenden Sonnen im Zentrum der Milchstraße. DerSauerstoff reichte noch für knappe vierundzwanzigStunden. Wasser und Lebensmittel waren noch füreinen längeren Aufenthalt in dem schwerenSpezialanzug vorhanden, aber das nützte nun auchnichts mehr.

Tako drehte sich langsam um seine eigene Achse.Vorn im Helm glühte der Orterschirm, der mit einerSuchanlage gekoppelt war. Jeder Gegenstand, der inden Bereich der Orterstrahlen geriet, würdeautomatisch den Alarm auslösen und auf dem Schirmsichtbar werden.

Es schien eine Ewigkeit her zu sein, daß derTransformstrahl des terranischen Kreuzers dasschwarze Schiff der Methans getroffen und vernichtethatte. Mit einem verzweifelten Sprung ins Ungewissehatten sie sich retten können. Mitten in derUnendlichkeit rematerialisierten sie. Um sie herumwar nur das Nichts, die grauenhafte Leere des Allsund die unzähligen Sterne.

„Halb so schlimm“, hatte Gucky gesagt, damalsvor neun Tagen.

Nach fünf Tagen hatte er anders gesprochen.In diesen fünf Tagen hatten sich ihre Fähigkeiten

als Teleporter nahezu erschöpft. Gemeinsam war esihnen zwar gelungen, in die Nähe einer unbekanntenSonne zu springen, aber der einzige Planet dieserSonne war ein glühendes Meer flüssigen Gesteins,ohne jede Atmosphäre und zum Leben völligungeeignet. Mit Mühe und Not waren sie denelektromagnetischen Kraftfeldern der Sonne wiederentronnen, um erneut im leeren Raum zu schwebenund zu warten.

Der Funkverkehr versagte. Die Geräte reichten

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gerade aus, daß sie sich verständigen konnten, aber inden Empfängern blieb es sonst stumm. Oft machtenkosmische Stürme und energetische Spiralwirbel jedeVerständigung untereinander unmöglich, und siemußten sich durch Zeichen unterhalten. Dann wiederwar alles völlig ruhig, und sie schwebten fastbewegungslos im Raum.

Tako schaute besorgt zu Gucky. Hinter dem dickenGlas konnte er das Gesicht des Mausbibers deutlicherkennen. Gucky schlief. Die totale Erschöpfungzeichnete sich auf seinen Zügen ab. Die kleineGestalt hing zusammengekrümmt in demRaumpanzer, der wie ein winziges Schiff mitatomarer Sauerstoffregenerierungsanlage undVorratskammern für Wasser und Lebensmittelwirkte. Sogar eine kleine Luftschleuse zumAbsondern der Abfälle war vorhanden. In einemInnenfach lagerten Waffen und ein paarAusrüstungsgegenstände.

Es war gut, wenn Gucky schlief, denn dannbenötigte er weniger Sauerstoff. Auch dieRegenerierung hatte ihre Grenzen. Morgen warnichts mehr da, was regeneriert werden konnte.

Auch Ras schlief. Das Gesicht des Afrikanerswirkte grau und eingefallen. Die vergeblichenTeleportersprünge über große Entfernungen, dieEnttäuschung bei Erreichen des Feuerplaneten unddie kräftezehrende Begegnung mit den plötzlichauftretenden Gravitationsstürmen hatten ihnerschöpft. Hinzu kam, daß er die Hoffnung verlorenhatte, jemals gerettet zu werden.

Sie hatten eigentlich alle keine Hoffnung mehr,und das war am schlimmsten. Solange sie hofften,kämpften sie auch. Wenn sie aufhörten zu kämpfen,waren sie verloren.

Durch einen kurzen Druck auf die Steuerkontrolleseines Anzuges kontrollierte Tako die Drehung. DieRotation verlangsamte sich und hörte auf. Er sah jetztin Richtung des eigentlichen Milchstraßenzentrums.

Die Sonnen standen dort so dicht, daß keinZwischenraum mehr vorhanden zu sein schien. Daswar natürlich eine optische Täuschung, denn manwußte, daß selbst an besonders dichten Ballungenimmer noch viele Lichtmonate Entfernung zwischenden einzelnen Sternen lagen. Vom jetzigen Standortaus waren es aber bis zur eigentlichenZentrumsballung noch fünfzig oder hundertLichtjahre. Für die drei Teleporter eine Strecke, diesie unmöglich überwinden konnten, selbst dann nicht,wenn es keine störenden Kraftfelder und physischenErmüdungserscheinungen gäbe.

In den Orterschirm wanderte ein dunkler Fleckherein.

Sekundenlang schaute Tako darauf, ohne recht zubegreifen, was geschah, aber dann, als in seinemHelmradio der alarmierende Pfeifton war, schrak er

zusammen.Ein Objekt! Materie!Er handelte plötzlich ruhig und überlegt, fast

automatisch, aber er weckte die anderen beidenTeleporter nicht. Zuerst wollte er wissen, was dieOrterstrahlen gefunden hatten. Aber was immer esauch war, es bedeutete eine winzige Hoffnung. EinSchiff vielleicht ...?

Die Entfernung betrug zweihunderttausendKilometer. Der Gegenstand konnte kein Schiff sein,dazu war er zu groß. Ein Planet vielleicht? EinDunkelplanet, der ohne Sonne durch das Universumwanderte? Dann würde er kaum eine Atmosphärebesitzen, wenigstens keine gasförmige. Aber schongefrorener Sauerstoff konnte die Rettung bedeuten.

Ras bewegte sich in seinem Anzug. Er schlug dieAugen auf. Sein Radio war eingeschaltet. Auch seinOrterschirm. Er sah in der gleichen Sekunde, wasTako schon längst entdeckt hatte.

„Was ist das, Tako?. Warum hast du mich nichtgeweckt?“

„Ich wollte zuerst feststellen, was es ist. Warumsollte ich dich wegen einer betrogenen Hoffnungaufwecken, Ras?“

„Du hast recht. Und ... was ist es nun?“„Ein Dunkelplanet. Ich weiß nicht, ob wir hoffen

sollen. Wir müssen Gucky wecken.“Ras sah in Richtung des schlafenden Mausbibers.

Er schwebte in zehn Metern Entfernung, mit ihnennur durch die dünne Leine verbunden.

„Er ist vollkommen erschöpft. Wir sollten ihnschonen. Vielleicht merkt er nichts, wenn wir auf dieTeleportation verzichten und versuchen, den Planetenmit dem Steuerantrieb der Anzüge zu erreichen. Hastdu schon Daten errechnen können?“

„Bin dabei. Der Durchmesser betragt auf keinenFall mehr als zweitausend Kilometer.“

„Ziemlicher Brocken. Hätte eher auf einenkleineren Asteroiden getippt. Soweit ich feststellenkann, ist die relative Geschwindigkeit zu uns gering.Wir holen ihn leicht ein.“ Ras räusperte sich. „Ichglaube nicht, daß wir das finden, was wir amnötigsten brauchen.“

„Sauerstoff?“ Tako ließ sich nicht in seinenBerechnungen stören. „Es genügenSauerstoffverbindungen, um uns mit Atemluft zuversorgen. Ich würde die Hoffnung nicht so schnellaufgeben.“

Ras gab keine Antwort.Schweigend und verbissen arbeiteten die beiden

Männer, während der Mausbiber weiterschlief. Sieschalteten die kleinen Treibdüsen ein, die ihrenAnzügen die gewünschte Richtung und einegeringfügige Beschleunigung verliehen. Schon nachwenigen Minuten konnten sie registrieren, daß siesich schnell dem dunklen Kleinplaneten näherten.

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Zwei Stunden vergingen, dann begann derunbekannte Planet die dahinterstehenden Sternedeutlich sichtbar abzudecken. Er wurde von Minutezu Minute größer, und bald waren Ras und Takogezwungen, die Bremsdüsen einzuschalten.

Es sah aus, als fielen sie in ein schwarzes Lochhinein. Ringsum standen unzählige Sonnen, derenLicht unerträglich gewesen wäre hätten die Männernicht die Blendscheiben vor die Helme geschoben.Allmählich nur gewöhnten sich ihre Augen an dasDämmerlicht, das auf der Oberfläche des Planetenherrschte. Einzelne Konturen waren bereits zuerkennen. Es war völlig ausgeschlossen, daß aufdieser einsamen und kalten Welt Leben vorhandenwar. Der Planet war nichts als ein riesigerFelsbrocken, der seine Bahn durch das Nichts zog.

„Wir fallen zu schnell“, sagte Ras nach einemBlick auf die Instrumente seines Raumanzuges.„Vielleicht wäre es besser, die Antigravanlageeinzuschalten.“

„Die Anziehungskraft ist sehr gering, höchstensNullkommaeins. Ein Zehntel der Erdgravitation.Abbremsen, Ras.“

Gucky begann sich zu rühren. Er schlug die Augenauf und sah sich um. Es dauerte ziemlich lange, bis erbegriff was geschah.

„Wollt ihr da vielleicht landen?“ fragte erschwach. Man merkte seiner Stimme an, wie schwerihm jedes Wort fiel. „Welchen Sinn soll das haben?“

Tako erklärte es ihm. Er schloß:„Wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen,

Gucky. Selbst die daß wir Sauerstoff in gefrorenemZustand finden. Mit unseren Geräten können wir ihnlösen und in die Konverter schieben. Einer muß dabeidem anderen helfen. Wenn wir die Behälter neuauffüllen können, erhalten wir weiter zehn TageFrist.“

„Wie lange habe ich geschlafen?“„Fast vierundzwanzig Stunden. Wir haben dich

nicht geweckt, denn du bist der Schwächste von uns.“Gucky begann mit Armen und Beinen zu rudern.„Na gut, ich bin vielleicht etwas müde, aber denkt

nur nicht, ich mache jetzt schlapp. Wie soll manteleportieren können, wenn dauernd dieseGravitationsstürme dazwischenkommen? Übrigens -hier sind ja keine. Warum teleportieren wir nichteinfach zur Oberfläche hinab? Wir ersparen unsdamit Zeit und Treibstoff.“

„Wir wollten dich nicht wecken“, wiederholteTako geduldig. „Jetzt können wir von mir ausspringen. Ras, schalte die Triebwerke ab.“

Sie näherten sich soweit aneinander, daß sie sichberührten. Der Kontakt der Raumanzüge genügte füreinen gemeinsamen Teleportationssprung.

Tako übernahm die Führung. Er fühlte sich nochziemlich frisch und konnte es wagen, die anderen

beiden mitzunehmen. Sollte ein zweiter Sprungnotwendig sein, konnte Ras ihn durchführen.

Sie schwebten nun in einhundert Kilometern Höheüber dem öden Planeten, der mit Felsengebirgen undschroffen Graten und grundlosen Spalten bedecktwar. Der Anblick der toten Welt war alles andere alsermutigend.

„Dort!“ sagte Ras plötzlich und deutete nachunten. „Auf den Gipfeln der Gebirge schimmert esweiß. Gefrorene Atmosphäre wahrscheinlich.“

„Ich sehe es.“ Tako visierte das Ziel optisch an undkonzentrierte sich zum Sprung. „Wir werden ganz inder Nähe landen.“

Sie entmaterialisierten und standen, als siewiederverstofflicht waren, auf einem felsigenHochplateau, das sich bis zum nahen Horizonterstreckte. Die Oberfläche war nicht so glatt, wie sievon oben her ausgesehen hatte. Es gab tiefeSchluchten flache Senken und gratige Erhebungen.Trotz ausgeschalteter Antigravfelder fühlten sie sichleicht und unbeschwert. Mit einem einzigen Satzkonnten sie Hunderte von Metern zurücklegen, wieauf einem kleinen Asteroiden.

„Geringe Dichte“, konstatierte Ras. „Daher auchkeine Atmosphäre. Seht, dort liegt Schnee. Es sindnur geringe Reste, aber vielleicht genügen sie.“

Die weißen Flecke erinnerten an Schneereste imHochgebirge während des Frühjahrs. Aber sie warenweiß geblieben. Hier gab es keinen Staub, der sichdarauf ablagern konnte.

Ras schritt auf den Rand des nächstbestenSchneefeldes zu und blieb davor stehen.

„Es muß schon Jahrtausende hier liegen. Niemandhat es berührt oder etwas davon weggenommen.Wenn der Planet wirklich einmal eine Atmosphärebesaß, so muß sie sich zum größten Teil verflüchtigthaben. Die Anziehungskraft ist zu gering. Nur derRest konnte sich niederschlagen. Es ist nicht viel,aber für unsere Zwecke reicht es.“

„Wenn Sauerstoff dabei ist“, warnte Tako vorverfrühtem Optimismus.

„Ich atme jetzt alles, wenn es nur gasförmig ist“,erklärte Gucky wütend. Er hatte die Sauerstoffzufuhrderart gedrosselt, daß seine Lungen nur sovielerhielten, wie gerade notwendig war. Er fühlte sichmüde und schlapp. Die geringe Schwerkraft half ihm,sich auf den Beinen zu halten. Noch ein paarStunden, dann war es vorbei, wenn keine Rettungeintraf.

Rettung ...? Woher?Er sah hinauf in den sternenübersäten Himmel.

Tausende von Sonnen, die vielleichtSauerstoffplaneten hatten. Aber die Sonnen standenso nahe beieinander, daß ihre Gravitationsfelder sichüberlappten und gefährliche Wirbel hervorriefen, diejeden Teleportersprung zu einem lebensgefährlichen

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Experiment werden ließen. Der Raum war vollerEnergie, die von Sonne zu Sonne floß und Störungenfünfdimensionaler Natur erzeugten, von denen mansich keine Vorstellung machen könnte.

Gucky seufzte. Nein, von da war keine Rettung zuerwarten. Und wenn Rhodan mit zehntausendSchiffen das Zentrum der Milchstraße absuchte, siewürden die Gesuchten niemals finden. Wenigstensnicht durch einen Zufall.

Aber Sauerstoff würde neue Kräfte bedeuten.Vielleicht konnte man wieder teleportieren, alle dreiTeleporter gemeinsam. Ungeheure Entfernungenkonnten zurückgelegt werden, hinaus aus demZentrum, mehr hinein in die sternenarmen Räume.Dort waren die energetischen Störungen geringer.Man fand vielleicht eine geeignete Welt ...

Ras bückte sich und nahm eine Probe des Schneesauf. Er betrachtete die weißen Kristalle aufmerksam,aber mit bloßem Auge ließ sich nichts feststellen.

„Der Analysator“, erinnerte ihn Tako. „Er wird unsdie Antwort geben können.“

Ras nickte. Er drehte sich ein wenig seitwärts umdie Schneeprobe durch die winzige Luftschleuse inden Raumanzug zu bekommen. Als das geschehenwar, schob er sie in den Analysator. Zuerst mußtefestgestellt werden, aus welchen Elementen derSchnee bestand, ehe man ihn in den Konverter gab.

Es dauerte zehn Minuten. Im Helm des Afrikanersleuchteten die Kontrollämpchen auf. Tako stand dichtneben ihm und wartete auf das erlösende Wort. AberRas sagte nichts. Er beobachtete nur die erleuchtetenSkalen, auf denen chemische Zeichen zu sehenwaren. Es waren zwei.

„Nun, was ist, Ras? So sprich doch endlich!“Ras schüttelte den Kopf.„Es ist Ammoniak, reines Ammoniak. Stickstoff

und Wasserstoff. Nicht eine Spur von Sauerstoff.“„Vielleicht finden wir an einer anderen Stelle ...“„Machen wir uns doch nichts vor“, unterbrach ihn

Ras. „Wenn hier nur Ammoniak zu finden ist, warumsollte es an einer anderen Stelle Sauerstoff geben?Die chemischen Bestandteile waren gleichmäßig inder ehemaligen Atmosphäre verteilt, als sie sichniederschlugen und gefroren. Nein, hier gibt eskeinen Sauerstoff.“ Er sah in eine andere Richtung,wo schroffe Felsen einen Teil des Horizontesverdeckten. „Wenigstens nicht im Schnee.“

Tako folgte seinem Blick.„Du meinst, wir sollten es mit den Felsen

versuchen?“„Wir haben keine andere Wahl.“Gucky hatte sich längst auf einen Stein gesetzt und

mischte sich nicht in die Unterhaltung ein. Man sahihm nicht an, wie schwer ihn die neuerlicheEnttäuschung mitnahm. Noch nie in seinem langenLeben war der Mausbiber in einer so hoffnungslosen

Lage und dem Tod so nahe gewesen wie jetzt. Es gabeinfach keinen Ausweg mehr Sie saßen auf einemunbewohnbaren Dunkelplaneten, irgendwo imZentrum der Milchstraße, Lichtjahre von einermöglichen Rettung entfernt, und sie hatten nur nochfür zwanzig Stunden Atemluft.

„Willst du hier warten?“ fragte Tako denMausbiber.

Gucky erhob sich langsam.„Wohin wollt ihr? Ich bin schon zu faul, eure

Gedanken zu lesen.“„Hinüber zu den Felsen. Dort finden wir loses

Gestein, das sich leichter analysieren läßt. Vielleichthaben wir Glück ...“

„Auf unser Glück würde ich mich an eurer Stellenicht mehr verlassen, Tako. Ich glaube, es istendgültig vorbei. Dabei habe ich mir immergewünscht, im Bett zu sterben. An Altersschwäche,weißt du ...? Bis dahin wären zwar noch etlicheJahrhunderte vergangen, und ich hätte vielleicht nocherlebt, daß ich einen Sohn oder eine Tochter bekäme,aber - Pech! Es hat nicht sollen sein, sprach derDichter ...“

„Gehen wir“, mahnte Ras ungeduldig. SeinerMeinung nach war jedes Wort reineZeitverschwendung. Jede Sekunde war kostbar undwürde unter Umständen über Leben und Todentscheiden. „Es ist nicht weit. In zwei oder dreiSprüngen schaffen wir es leicht.“

Sie stießen sich ab und segelten fast schwerelosüber Spalten und Abgründe dahin. Mit denSteuerdüsen regulierten sie den Flug und dieRichtung. Sanft landeten sie schließlich dicht nebenden aufragenden Felsen, die stellenweise bis zuhundert Meter hoch waren.

In einer Senke fanden sie geeignete Brocken, dieklein genug waren, um analysiert werden zu können.

Tako und Gucky setzten sich, um sich von derAnstrengung zu erholen. Ras war unermüdlich. Erschien Kraftreserven zu besitzen, von denen er selbstnichts geahnt hatte. Er sammelte drei kleinereBrocken ein und holte sie in das Innere seinesAnzuges. Nacheinander ließ er sie analysieren.

Die ersten beiden Analysen waren negativ. KeineSpur von Sauerstoff. Erst in der dritten Probe ließensich geringfügige Spuren des lebenswichtigenElementes feststellen.

„Nun?“ fragte Tako gespannt.Ras faßte das Ergebnis seiner Untersuchung

zusammen:„Es ist wenig, sehr wenig. Wenn wir unsere drei

Konverter einsetzen, könnte es uns vielleichtgelingen, gerade soviel Sauerstoff herzustellen, daßwir weiterleben können. Wir hätten dann jedochnichts anderes zu tun, als Proben einzusammeln undin den Konverter zu bringen - und dabei müßten wir

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noch darauf achten, daß wir das richtige Gesteinfinden. Wenn ihr mich fragt: die beste Lösung ist esnicht.“

„Aber immerhin eine!“ knurrte Gucky. „Wiesollen die Steine denn aussehen?“

„Das spielt keine Rolle, denn äußerlich kann mansie nicht unterscheiden. Wir müssen eben Glückhaben, das ist alles. Wir haben noch für zwanzigStunden Luft. Ich schlage vor, wir suchen eine Stelle,an der es mehr loses Gestein gibt. Hier wissen wir inein paar Stunden schon nicht mehr, was wir nehmensollen. Wenn wir eine Art Steinbruch entdecken, undwenn es die richtige Sorte von Gestein ist, schaffenwir es vielleicht, einen gewissen Vorrat vonSauerstoff zu erzeugen.“

Man sah Gucky an, daß ihm so ziemlich alles egalwar. Sein Lebenswille war fast erloschen. Er hattesich mit seinem Schicksal abgefunden, und wenn ernicht aufgab, dann nur deshalb, um seinen beidenFreunden nicht zur Last zu fallen.

Ras und Tako nahmen ihn zwischen sich. Miteinem Stoß verließen sie das Hochplateau undschwebten langsam in die Höhe. Sie schalteten dieSteuerdüsen der Anzüge ein und flogen parallel zurOberfläche in geringer Höhe dahin. Ihre Augenhatten sich nun soweit an das Zwielicht gewöhnt, daßsie ohne Schwierigkeiten sehen konnten. Längstwaren die Schutzblenden zurückgeschoben worden.

Die vielen Sterne gaben soviel Licht, daß dieFelsen Schatten warfen. Es war so hell wie in einerirdischen Vollmondnacht. Im Vergleich dazu jedochwaren die Schatten nur schwach, weil das Licht fastgleichmäßig von allen Seiten kam und dieSchattenwirkung wieder zum Teil aufhob.

In den Schluchten leuchtete es weiß. Auch dortmußte also Schnee liegen - Schnee aus Ammoniak.Wenigstens Wasserstoff und Stickstoff gab es genug,aber ohne Sauerstoff war es wertlos.

Sie flogen fünfhundert Kilometer, dann sagte Rasplötzlich:

„Dort unten, am Fuß des langen Gebirgszuges.Wenn es dort kein Geröll gibt, finden wir esnirgendwo.“

Sie schalteten die Antriebe aus und segeltenlangsam nach unten. Sanft berührten sie unweit desSteilhanges den Boden und sahen sich um. Es gabGeröll genug. In allen Größen lagen dieGesteinsbrocken umher, und man brauchte sie nuraufzuheben. Einige von ihnen besaßen einengelblichen Schimmer.

„Gold“, brummte Tako verächtlich.„Noch nie in meinem Leben habe ich empfunden,

wie wertlos es ist.“„Wäre es wenigstens verrostetes Eisen, dann

hätten wir Aussicht, mehr Sauerstoff zu finden.“ Rasschnaubte wütend. „Gold, pah ...!“

Gucky erwachte aus seinem Halbschlaf.„Gold ...?“ fragte er. „Und es gab einmal eine Zeit,

da konnte man sich für Gold alles kaufen, sogarLuft.“

Sie lösten die Verbindungsleinen und machten sichauf die Suche nach geeigneten Gesteinsbrocken, dienicht zu groß für die Analysatoren und Konverterwaren. Tako bat Gucky, sich hinzusetzen, damit erseine Kräfte nicht vergeude. Aber Gucky weigertesich entschieden, seine Gefährten für sich arbeiten zulassen. Also machten sie sich gemeinsam ans Werk.

Es dauerte auch nicht lange, da hatten siegenügend Material zusammen, um eine Pauseeinlegen zu können. Den Rest würden die Maschinendes Regenerators für sie erledigen. Sie fühlten dieKonverterkammern und setzten sich hin, um Kräftezu sparen. Bei der Gelegenheit nahmen sie einige derNahrungstabletten zu sich. Gucky schlief wieder ein.

„Er ist verdammt fertig“, bemerkte Ras vollerSorge. „Ich hätte nie gedacht, daß er so wenigwiderstandsfähig ist.“

„Sein Anzug ist kleiner als der unsere, und damitauch sein Luftvorrat. Er hat wesentlich mehr sparenmüssen als wir. Außerdem war er es, der in denersten Tagen mit uns teleportierte. Er nahm uns mit,weil er der beste Teleporter ist. Dabei hat er sichverausgabt.“

Ras sah hinauf in den Himmel.„Ob wir es schaffen?“ fragte er.Tako folgte seinem Blick. Irgendwo zwischen den

Tausenden von Sternen war Perry Rhodan. Er würdedie Suche nach ihnen noch nicht aufgegeben haben.Niemals würde er sie im Stich lassen, und wenn esnoch so viele Probleme gab, die wichtiger schienen.Der Gedanke daran, daß Rhodan sie suchte, gab Takoneuen Mut. Er sah auf die Konverterkontrollen.

Es wurde bereits Sauerstoff produziert und in denTank geleitet. Der Zeiger stieg ganz langsam. Takoverbrauchte nun weniger Sauerstoff, als neuhinzukam.

Bei Ras und Gucky war es ähnlich, wenn auch dieMengen schwankten.

Nach fünf Stunden hatte sich ihr Luftvorrat vonzwanzig auf dreißig Stunden erhöht.

„Ganz schön und gut“, faßte Ras zusammen, alssie die Ergebnisse verglichen. „So hielten wir es auchganz gut aus, wenn nicht die Lebensmittel balderschöpft wären. Es geht zu langsam. Wenn es unsgelänge, die Tanks innerhalb weniger Stunden ganzzu füllen, könnten wir einen erneuten Vorstoß ins Allwagen. Aber so ...“

„Die Ruhepause tut uns gut, Ras. Gucky hat sichbereits ein wenig erholt. Auch ich fühle mich wohler.Wenn wir einen Tag hierbleiben, sammeln wirgenügend Kräfte, um neue Pläne zu machen.“

Gucky schlug die Augen auf. Er hatte nicht

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geschlafen.„Pläne? Wozu Pläne? Wollt ihr vielleicht einfach

ins Blaue teleportieren? Hier haben wir wenigstensSauerstoff. Ich kann wieder atmen soviel ich will. Dadraußen aber ... “, er deutete hinauf in den Himmel,„... da draußen aber weiß ich nicht, was geschieht.“

„Wir sind auf einem großen Dunkelkörper“, sagteRas. „Er ist größer als jedes Schiff. Rhodan suchtuns, daran können wir kaum zweifeln. Die Orterwerden diesen Planeten nicht übersehen. Ich stimmesomit Gucky zu. Wenn wir hierbleiben, erhöht sichdie Chance, daß man uns findet.“

„Gut, schließen wir einen Kompromiß“, erklärteTako. „Wir bleiben hier, bis sich ein zwingenderGrund findet, ins All zu teleportieren. Dazu zähle ich,daß auf unseren Orterschirmen etwas auftaucht - einSchiff, um ein Beispiel zu nennen. Wenn es nicht zuuns kommt, müssen wir zu ihm.“

Ras stand auf.„Ich werde inzwischen eine kleine Expedition

unternehmen. Es muß Gestein geben, das mehrSauerstoff enthält. Vielleicht finden wir auch Eisenoder andere Erze, die Sauerstoff gebunden haben.Dann wäre die Ausbeute lohnender.“

„Wir bleiben hier“, gab Tako seine Einwilligung.„Aber schalte das Funkgerät niemals ab. Wir müssenin Verbindung bleiben.“

„Ich unterrichte euch laufend davon, was ichentdecke.“

Tako und Gucky blieben sitzen während Ras sichabstieß und schräg in den Himmel stieg. SeineAntriebsdüsen flammten kurz auf, dann war er imDunkel der ewigen Nacht verschwunden.

*

Ras sprach nicht viel. Er war nie ein großer Rednergewesen und in Situationen wie dieser schon garnicht. Ab und zu bestätigte er durch eine knappePositionsmeldung, daß alles in Ordnung war. Halb imUnterbewußtsein lauschte er dem Gespräch zwischenTako und Gucky, bis tiefe Atemzüge verrieten, daßdie beiden friedlich eingeschlummert waren.Vielleicht war es die beste Lösung für sie.

Unter sich sah Ras das Gebirge liegen. DerHorizont wirkte aus der Höhe ungemein kurz und fielschnell ab. Darüber standen die Sterne.

Er überprüfte den Sauerstoffmesser. Knapp fürdreißig Stunden Luft. Bei sparsamstem Verbrauchvielleicht für fünfunddreißig, aber auf keinen Fallmehr. Wenn man ...

Ras hörte auf, darüber nachzudenken. Es warzwecklos und kostete nur Energien, die man besseraufsparte. Es würde nämlich eine Menge Energie undSelbstüberwindung dazu gehören, den Raumhelm zuöffnen, bevor der letzte Atemzug verbraucht war.

Schon wollte Ras seine Flugrichtung ändern, als eretwas aufblinken sah.

Auf dem Grund der vielleicht dreihundert Metertiefen Schlucht war etwas, das Licht reflektierte, undzwar sehr stark reflektierte. Felsen konnte es nichtsein, denn der verschluckte fast achtzig Prozent desauffallenden Lichtes.

Ras bremste die Geschwindigkeit ab und regulierteseinen Flug derart, daß er bewegungslos über derSchlucht schwebte. Langsam nur sank er tiefer, vonder Schwerkraft angezogen.

Jetzt sah er das Blinken deutlicher. Es war einlänglicher Fleck, etwa in der Form einer Spindel.Vorn war es stumpfer als hinten - oder umgekehrt.Ras schätzte, daß der Gegenstand, wenn es einer war,an die fünfzig Meter lang war. Höchstens zehn Meterbreit in der Mitte.

Es war Ras plötzlich, als durchzucke ihn einelektrischer Schlag.

Diese Form ...!Rechts und links ragten die Felswände der

Schlucht empor, während er nach unten fiel. Derschimmernde Fleck war größer geworden. Er lag aufdem Grund der Schlucht, etwas schräg und geneigt.

Wenn es ein Raumschiff war, das da unten lag, sowar es niemals freiwillig hier gelandet.

Als Ras noch fünfzig Meter entfernt war, konntekein Zweifel mehr daran bestehen, daß er einwinziges Raumschiff gefunden hatte - winzig imVergleich zu den gigantischen Kugelraumern derTerra-Flotte.

Er verstieß gegen alle Regeln, wenn er versuchte,sich ihm allein zu nähern und mit der eventuellenBesatzung Verbindung aufzunehmen.

„Hallo, Tako. Hörst du mich?“Im Lautsprecher war ein unwilliges Grunzen, dann

ein überraschter Ausruf.„Ras? Was ist? Ich habe geschlafen ...“„Dachte ich mir. Ich habe ein Schiff gefunden. Ihr

müßt kommen.“„Ein Schiff?“ Atemlose Pause. „Ein Schiff ...?“„Es muß ein Schiff sein, wahrscheinlich ein

Wrack. Sieht nach einer Notlandung aus. Hast dumeine Position?“ Ras sah auf die Instrumente. „Ichbin zweihundertvier Kilometer geflogen, genauwestlich.“

„Unternimm nichts, bis wir dort sind. Ich bringeGucky mit.“

„Beeilt euch!“ sagte Ras noch, dann bereitete ersich auf den sanften Aufprall vor, der auch nach dreiSekunden erfolgte.

Er stand auf der Hülle des fremden Schiffes.Wenn es eine Besatzung hatte, dann mußte sie den

dumpfen Schlag gehört haben. Aber nichts rührtesich. Vorsichtig ging Ras auf den Bug zu. Es mußtedoch Luken oder eine Schleuse geben. Aber er

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entdeckte nichts, was dem Gesuchten ähnelte. Einigefeine Silberstäbe vibrierten unter seinen Schritten,das war alles.

Wenigstens am Bug.Er kehrte um und marschierte in Richtung Heck.

Weit über der Mitte, in der Nähe der winzigenGleitflächen, fand er die Schleuse. Sie warverschlossen. Einen Hebel oder einen Knopf konnteRas nicht finden; Unschlüssig stand er davor undüberlegte, wie man sie öffnen konnte. Er durfte esnicht versuchen, solange er allein war. Er mußtewarten, bis die anderen bei ihm waren.

„Wie weit seid ihr?“ fragte er.„Noch fünfzig Kilometer“, antwortete Tako.

„Hoffentlich schaffen wir es rechtzeitig.“„Hier passiert nichts. Ich habe ein Einstiegsluk

gefunden, aber es ist verschlossen.“Ras wanderte weiter bis zum Heck und studierte

den Antrieb. Es war offensichtlich, daß das kleineSchiff durch Heckdüsen angetrieben wurde, aber Raskonnte nicht feststellen, welcher Art dieser Antriebwar. Er mußte auf jeden Fall überlichtschnell sein,oder es handelte sich bei dem Schiff lediglich um einRettungsboot.

„Wir müssen in der Nähe sein“, sagte Tako. „Unteruns ist eine Schlucht. Am Horizont ein Gebirge mitGipfeln, die wie Pyramiden aussehen ...“

„Das ist es! Wie hoch seid ihr?“„Zweihundert.“„Geht tiefer. Die Schlucht knickt an einer Stelle

scharf nach Süden ab. Von da aus fliegt einenKilometer weiter, dann müßt ihr das Blinken sehen.Auf dem Grund der Schlucht.“

„Schlucht ist gut“, kritisierte Gucky. „Sie istmindestens einen Kilometer breit.“

Fünf Minuten später sah Ras die beiden. DasSternenlicht wurde von ihren Anzügen reflektiert, alssie tiefer sanken. Tako hatte das Schiff längstentdeckt, und sicher landete er zusammen mit Guckyauf der Hülle.

„Ziemlich klein“, sagte er.„Wahrscheinlich ein Rettungsboot. Das

Mutterschiff muß wohl verunglückt sein. DieÜberlebenden fanden diesen Planeten. Viel Glückhatten sie nicht.“

„Wir haben auch nicht mehr Glück.“ Tako deuteteauf die Luke. „Sie ist verschlossen. Entweder habendie Schiffbrüchigen das Boot verlassen, oder siestarben in ihm. Wie sollen wir es herausfinden?“

„Indem wir die Luke öffnen, notfalls mit Gewalt.“„Mit dem Plasmabrenner?“„Ich finde, das ist der schnellste Weg. Vorher aber

wollen wir Klopfzeichen geben. Wenn wirklich nochjemand lebt, soll er nicht glauben, wir wärenPiraten.“

Sie erhielten keine Antwort.

Ras holte mühsam das Gerät aus seinem Anzugund machte sich an der Luke zu schaffen. Takountersuchte inzwischen die nähere Umgebung desLandeplatzes. Er hoffte, dort Spuren der Besatzungzu entdecken. Gucky hatte sich auf die Gleitflossengesetzt und war eingeschlafen. Lange würde er esnicht mehr aushalten. Er war am Ende Seiner Kräfte.

Etwa hundert Meter von dem Schiff entfernt fandTako etwas. Er nahm es auf und brachte es Ras.

„Was glaubst du, was das ist?“Der Afrikaner nahm den metallenen Gegenstand in

die Hand und wog ihn. Er hatte die Form einesgebogenen Hammers, war aber an beiden Seitenspitz. Das Metall hatte eine bläuliche Färbung.

„Sieht aus wie eine kleine Hacke, aber ich kannmir nicht vorstellen, daß man viel damit anfangenkann. Sieht allerdings sehr hart aus.“

Während er sprach, bückte er sich und schlug fastspielerisch mit dem Spitzhammer gegen den immernoch geschlossenen Lukendeckel.

Die blaue Spitze drang in das Metall ein, als wärees Butter.

Fassungslos schaute Ras auf das Werkzeug inseiner Hand. Seine Augen waren weit aufgerissen,und seine Hände begannen zu zittern.

„Aber ... “, stammelte er verwirrt. „Aber das istdoch gar nicht möglich!“

Tako bückte sich neben ihm und betrachtete dasWunder.

„Die Spitze des Hammers, oder was immer es auchist, muß so hart sein, daß sie die Moleküle desMetalls fast widerstandslos auf die Seite schiebt. Miteinem Holzmesser läßt sich auch kein Metallschneiden, aber Butter schon. Mit Metall wiederumkann man Holz formen. Und mit diesem da ... “, erdeutete auf den Hammer,

„... kann man Metall schneiden. Es istunwahrscheinlich anzusehen, aber nichtsübernatürliches. Damit kannst du die Luke öffnen,Ras. Packe den Schweißer weg.“

Als wäre das Metall weißglühend so weich schienes plötzlich geworden zu sein. Ras brauchte nurwenige Minuten, bis er die Einstiegsluke öffnenkonnte. Dahinter lag eine kleine, fast quadratischeKammer, deren Wände voller Instrumente hingen.Sie besaßen keinerlei Ähnlichkeit mit denInstrumenten, die Ras und Tako von irdischen oderarkonidischen Schiffen her kannten, und ihreBedienung würde vorerst ein Rätsel bleiben müssen.Es mußte auch so gelingen, in das Innere des fremdenSchiffes einzudringen.

Es war wiederum der gefundene Spitzhammer, derihnen weiterhalf. Während Gucky auf der Hülleschlief, betraten Ras und Tako das unbekannteSchiff. Es hatte einen schmalen Gang, in den aufbeiden Seiten Türen mündeten. Hinter ihnen waren

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winzige Kabinen mit Schlafkojen, in denen kaum einKind Platz gefunden hätte.

„Humanoiden waren sie nicht“, stellte Tako fest.„Wenigstens keine besonders großen. Wenn sie

nicht mehr leben, werden wir niemals feststellenkönnen, wer sie waren und wie sie aussahen.“

„Vielleicht gibt uns die Zentrale einen Hinweis.“Sie gab ihnen keinen.Es war ein kleiner, halbrunder Raum mit

schalenförmigen Sitzgelegenheiten. Gucky hätteohne Raumanzug darin leicht Platz gefunden. InBugrichtung waren Bildschirme, daran konnte keinZweifel bestehen. Sie blinkten schwarz und leer wietote Augen. Die Funktion der übrigen Instrumenteließ sich ebenfalls leicht erraten, wenn ihreAnordnung auch von der irdischer Raumschiffeverschieden war.

„Wir müssen die Sauerstofftanks finden.“ Ras sahauf seine Helmkontrollen. „Im Schiff selbst ist keineAtmosphäre, nur ein Vakuum.“

Tako gab keine Antwort. Er ging systematisch vorund hütete sich, etwas zu berühren. Dadurcherschwerte sich natürlich seine Aufgabe ungemein,und er hatte keine Gelegenheit, Vermutungennachzuprüfen.

„Es hat wenig Sinn. Wir müssen im Hecknachforschen. Wenn sie Tanks haben, dann sind sieim Heckteil untergebracht. Hier vorn wäre keinPlatz.“

„Was sucht ihr denn?“ fragte Gucky. Er waraufgewacht. „Kann ich helfen?“

„Kaum, Gucky“, sagte Ras. „Bleibe draußen undbeobachte die Umgebung. Schalte den Orter ein.Auch wenn wir das Schiff gefunden haben, solltenwir nicht in unserer Wachsamkeit nachlassen. Unsereeinzige Chance besteht immer noch darin, daß unsjemand findet.“

Die Tür zum eigentlichen Maschinenteil desSchiffes war geschlossen. Sie ließ sich nur mit demseltsamen Spitzhammer öffnen. Wenn die Besatzungdes Schiffes wirklich noch lebte und zurückkam,würde sie eine böse Überraschung vorfinden. Rashoffte inbrünstig, daß sie nicht zurückkam.

Die Antriebsaggregate wirkten im erstenAugenblick nahezu altmodisch. Übereinander an denWänden angebracht, saßen längliche Behälter, diemit dünnen Leitungen verbunden waren.Maschinenblöcke fühlten den Boden aus. DieSchaltvorrichtungen waren unter der Deckeangebracht, was Tako ein ungläubiges Kopfschüttelnentlockte.

„Unter der Decke ...! Das habe ich auch noch nichtgesehen.“

„Unerklärlich“, fügte Ras hinzu. „Vielleichtkonnten sie fliegen. Dann wäre es egal, wo dieKontrollen sind.“

„In den Tanks ist der Treibstoff, vielleicht auchAtemluft. Wir müssen es herausfinden, ohne daßzuviel verlorengeht, bevor wir es analysierenkönnen.“

„Wir bohren eine Leitung an, nicht den Tank“,schlug Ras vor.

Mit dem Spitzhammer war das kein Problem. Alseine winzige Öffnung in einer der Leitungenentstand, floß eine zähe, gelbliche Brühe heraus, dieim Vakuum sofort zu verdampfen begann. Takogelang es nur mit Hilfe einer Sonde, eine Probe zuentnehmen und in den Analysator zu bringen. Rasverstopfte das Loch in der Leitung inzwischen mitDichtungsmaterial aus dem Werkzeugfach seinesAnzugs.

„Schwefel, Stickstoff, ein unbekanntes Elementund eine Spur Wasserstoff“, gab Tako enttäuschtbekannt. „Wieso das als Treibstoff dienen soll, ist mirschleierhaft. Vielleicht erzeugten sie damit ihreAtemluft.“

„Guten Appetit“, sagte Gucky von draußen.„Müssen ja komisches Blut haben, wenn sie so etwasatmen.“

Tako grinste flüchtig.„Meine Theorie mit der Atemluft war übereilt.

Warum verließen sie das Schiff, wenn sie nochgenügend Luft hatten? Das Zeug muß einem anderenZweck gedient haben. Oder sie hatten keineLebensmittel mehr.“

„Probieren wir den nächsten Tank.“Die anderen Behälter enthielten verschiedene

Flüssigkeiten und Gase, aber nicht die geringste Spurvon Sauerstoff. Es war, als hätten die Unbekanntenüberhaupt nicht gewußt, was Sauerstoff ist. Demnachmußte die Umwandlung des Treibstoffs in Energieauf einer anderen Basis beruhen, als das bei den Rasund Tako bekannten Verbrennungsmaschinen derFall war. Es war durchaus möglich, daßAtomreaktoren diese Umwandlung besorgten.

Ras setzte sich auf einen der Maschinenblöcke.„Nichts, Tako. Dabei hatte ich all meine Hoffnung

auf dieses Schiff gesetzt.“ Er sah auf und Tako an.„Ich weiß jetzt keinen Ausweg mehr.“

Auch der schmächtige Japaner wirkte hilflos.„Es muß Sauerstoff an Bord des Wracks geben,

Ras! Um ehrlich zu sein, jetzt wäre es mir fast lieber,die Besatzung lebte noch und kehrte zurück. UnsereLage könnte sich kaum noch verschlechtern.Vielleicht gelänge uns eine Verständigung, und siewürden uns helfen.“

„Kaum. Wir sind nicht gerade freundschaftlich mitihrem Schiff umgegangen.“

„Stimmt auch wieder.“ Talio sann vor sich hin.„Was ist mit dem Metall? Enthält es nicht mitSicherheit mehr Sauerstoff als die Felsen desPlaneten? Mit Hilfe des Spitzhammers können wir

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geeignete Stücke aus der Hülle lösen.“Ras nickte ohne viel Enthusiasmus.„Versuchen können wir es ja.“Es war einfach, aber die bittere Enttäuschung ließ

nicht auf sich warten.Auch das Metall enthielt kein Sauerstoffmolekül.„Nahezu unwahrscheinlich“, sagte Ras verbittert.

„Sie müssen von einer Welt gekommen sein, auf derSauerstoff unbekannt ist. Ein unbekanntes Elementeinfach. Das glaubt uns niemand, wenn wir daserzählen.“

„Wir werden kaum noch dazu kommen“, eröffneteihm Tako und schob den Spitzhammer vorsichtig ineine Außentasche des Raumanzuges. „Ich schlagevor, wir verlassen das Wrack. Begeben wir uns aufden höchsten Gipfel des höchsten Gebirges undnehmen wir Tasterortungen vor. Dabei entziehen wirnoch einigen Gesteinsbrocken Sauerstoff, bis wireinen fünfzigstündigen Vorrat haben. Und dann ...“

„Was ... dann ...?“„Dann unternehmen wir einen letzten Vorstoß in

Richtung Milchstraßenrand. Wenn wir unsere Kräftekoordinieren, sollte es uns gelingen, wenigstenseinige Lichtjahre zu überwinden.“

„Tako hat völlig recht“, meldete sich Guckywieder. „Hier sitzen wir doch nur sinnlos herum.Oder glaubt ihr, das Schiff flottmachen zu können?“

„Es würde uns nichts nützen“, sagte Ras. „DerAntrieb ist nichts als ein Notantrieb. Mit ihm ist dieLichtgeschwindigkeit kaum zu erreichen. Da sind wirmit den Anzügen genauso schnell.“

Sie kamen aus dem Schiff und blieben noch einigeSekunden auf der Hülle stehen. Endlos erstreckte sichdie Schlucht nach Süden. Im Norden war dieAbbiegung. Die Felsenwände waren steil und wieabgeschliffen. Darüber stand der sternenbedeckteHimmel.

Sie nahmen Gucky in die Mitte und schalteten denAntrieb ein. Langsam stiegen sie nach oben, bis sieden Rand des Plateaus erreichten. In westlicherRichtung flogen sie weiter. Zwei Stunden späterüberquerten sie ein Gebirge, dessen Gipfel bis zuzwölf Kilometer in den Himmel hineinragten. Aufdem höchsten gingen sie nieder. Das kleine Plateauwar mit Gesteinsbrocken übersät. Es bot Sicht nachallen Seiten.

„Wir bleiben zehn Stunden“, schlug Tako vor.„Das sollte genügen, den Sauerstoffvorrat auf fünfzigStunden auszudehnen und uns auszuruhen. Gucky, duschläfst. Wir fühlen deinen Konverter; du brauchstdich darum nicht zu kümmern. Ras und ich wechselnuns mit der Wache ab.“

Gucky wollte protestieren, aber ehe er zu einementsprechenden Vortrag ansetzen konnte, war erbereits eingeschlafen.

Ras sammelte einige Stein- und Erzbrocken ein,

öffnete Guckys Zufuhrschleuse und praktizierte sie inseinen Konverter. Mit einem Griff schaltete er dieUmwandlungsanlage ein. Dann erst sorgte er für sichselbst. Als er damit fertig war, setzte er sich nebenTako, der bereits damit beschäftigt war, mit denOrtergeräten den sichtbaren Teil des Himmelsabzusuchen.

„Du kannst dich ausruhen, Ras. Ich wecke dich indrei Stunden.“

Als die beiden Gefährten friedlich in ihrenAnzügen schlummerten, konnte sich Tako intensivseiner Aufgabe widmen. Die Reichweite derOrterstrahlen war praktisch unbegrenzt, denn siearbeiteten auf überlichtschneller Basis. Da dieStrahlen jedoch unglaublich fest gebündelt waren undkaum Streuung besaßen mußten sie das hypothetischeZiel genau treffen, um eine Reflexion auf denSchirmen hervorzurufen. Diese Reflexion allerdingserfolgte im gleichen Augenblick. Der Zeitfaktor warso gut wie ausgeschaltet.

Nach zwei Stunden war Tako sicher, daß sich imUmkreis von zwei Lichtjahren weder ein Asteroidnoch ein Schiff aufhielt. Er erneuerte seinenKonvertervorrat und beschränkte sich darauf, stilldazusitzen und den Orterschirm zu betrachten.

Später löste Ras ihn ab.„Nichts, Ras. Allerdings sehen wir von hier nur

etwa sechzig Prozent des Himmels. Es müßte schonein Zufall sein ...“

„Wir sind auf ihn angewiesen“, unterbrach Ras.„Jetzt ruhe dich aus, Tako. Du bist seit Stundenwach.“

Tako nickte und war innerhalb von wenigenMinuten eingeschlafen.

Ras begann mit der Suche.

2.

Die Akonen hatten die Niederlage niemalsvergessen können, die ihnen die Terraner einstzugefügt hatten. Als das Große Imperium derArkoniden zusammenbrach, waren sie es gewesen,die das Erbe der Arkoniden übernahmen. Seitdemführten sie einen unerklärten, heimtückischenHandelskrieg gegen Terra und das Solare Imperium.Es war ein Krieg, den sie niemals gewinnen konnten,denn Rhodan war so stark wie nie zuvor. KeinWunder also, daß sich die Akonen mit kleinenSchlägen begnügten, die sie einzelnen Terraschiffenzufügen konnten.

Die Akonen suchten überall Verbündete für ihrenKampf. Die klugen Springer verhielten sich neutral;aber es gab andere Rassen, die nur allzuschnell bereitwaren, den Akonen bei ihren Aktionen zu helfen.

Dann passierte die Sache mit den Methanatmern,den Maahks.

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Fünf Schiffe entkamen der Vernichtung, und inihnen waren die Maahks wie die Heringeeingepfercht. Sie stießen in Richtung desMilchstraßenzentrums vor, um das zu suchen, was siedringend brauchten: einen geeigneten Planeten mithoher Gravitation und einer Methanatmosphäre.

Artosos war der Kommandant einer kleinenFlotteneinheit der Akonen. Dicht gestaffelt stand ermit seinem Verband im Randgebiet derSternenballungen und hielt enge Verbindung mitanderen Einheiten, denen die gleiche Aufgabe wieihm zugefallen war. Sie beobachteten alleFlottenbewegungen der Terraner und zogen darausihre Schlüsse.

Artosos war ein nüchterner Denker und kühlerRechner. Nichts konnte den Akonen lieber sein, alsdas plötzliche Auftauchen dieser kampflustigenMethanatmer, die sich als Todfeinde der Terranererwiesen. Mit aufrichtigem Bedauern hatte Artososdie Vernichtung der Fliegenden Festung registrierenmüssen, aber um so größer war seine Freude, als erdie gelungene Flucht der fünf Schiffe feststellenkonnte.

Er nahm nicht sofort Verbindung auf, sondern hieltsich in sicherem Abstand. Er hegte einen gewaltigenRespekt vor den Methans, die es so offen mit denTerranern aufgenommen hatten. Es war seine Pflicht,ihnen zu helfen, wenn sie Hilfe benötigten. Natürlichnicht ohne Gegenleistung.

Am zweiten Tag nach der Vernichtung der Festungfanden die Methans den Planeten, den sie suchten. Erwar unbewohnt und umkreiste als einzige Welt einedunkelrote Sonne. Seine Schwerkraft betrugzweikommavier Gravos, genau das Richtige für dieMethans. Der Planet stand auf der Ostseite desgalaktischen Zentrums und war unbekannt. Spätererst erhielt er von den Terranern den Namen„Metha“.

Die fünf Schiffe der Maahks landeten ungehindert.Hier, mehr als achthundert Lichtjahre von demSonnentransmitter entfernt, fühlten sie sich vor einerEntdeckung sicher.

Hier, würde es ihnen gelingen, in wenigenJahrzehnten den Rest ihrer Rasse so zu vergrößern,daß eine neue Macht entstand, mit der sich diezugefügte Schmach rächen ließ. Eine neueZivilisation würde entstehen.

Soweit gediehen ihre Überlegungen, da erschienArtosos mit seiner gewaltigen Übermacht über demPlaneten. Er selbst landete mit seinem Flaggschiff alsParlamentär.

Als er zum erstenmal die Maahks sah, erschrak er.Sie erinnerten nur entfernt an Humanoiden, waren

bis zu zwei Meter zwanzig hoch und fast anderthalbMeter breit. Ihre Figur wirkte stämmig und kräftig.Ihre blaßgraue Haut war mit kleinen Schuppen

bedeckt. Die dicken Beine hatten Füße mit vierZehen. Die in allen Teilen beweglichen Armereichten bis zu den Knien hinab und erinnerten anTentakel. Die Hände besaßen sechs Finger, zweidavon Daumen. Der Kopf war Bestandteil desKörpers und fest mit ihm verbunden. Er glich einemhalbmondförmigen von Schulter zu Schulterreichenden Wulst. Vier Augen sorgten dafür daß derBesitzer Sicht nach allen Seiten gleichzeitig hatte.Nur der Mund war erkennbar, von Nase oder Ohrenwar nichts zu sehen.

Da die Methans eine Lautsprache hatten, war eineVerständigung mit den Übersetzergeräten üblich.Was Artosos jedoch nicht wußte, war die Tatsache,daß die Methans zweigeschlechtlicheIntelligenzwesen waren, die Eier legten, die Jungenjedoch säugten. Mit diesem biologischen Phänomenhing auch die ungeheure Fruchtbarkeit dermethanatmenden Rasse zusammen. Jeder Maahkerhielt im Jahr bis zu neun Nachkommen.

Artosos wurde kühl und hoheitsvoll empfangen.Nach anfänglichen Schwierigkeiten klappte dieVerständigung ausgezeichnet. Der Akone war kluggenug, mit einem Kompliment zu beginnen, ehe erseine Forderungen stellte.

„Wir haben euren heldenhaften Kampf beobachtet,konnten aber leider wegen der Übermacht derTerraner nicht eingreifen. Bis wir Verstärkungerhielten - sie wartet jetzt draußen im Raum -, war eszu spät. Doch wir registrieren mit Freude, daß ihr derVernichtung entkamt.“

Die Methans, keiner war vom anderen zuunterscheiden, nahmen das Kompliment und dieAnteilnahme ohne Bewegung zur Kenntnis. Siewußten als Wesen ohne Gefühl, daß hinter jedemKompliment eine Absicht steckte.

„Dieser Planet“, fuhr Artosos fort, „gehört zumImperium der Akonen. Ihr seid auf ihm ohneErlaubnis gelandet, aber ich bin bevollmächtigt, euchnachträglich diese Erlaubnis zu erteilen. Allerdings“,setzte er im gleichen Tonfall hinzu, „unter einerBedingung.“

Einer der Methans sagte:„Wir können jetzt keinen Krieg gebrauchen, weder

mit euch noch mit den Terranern. Was sind eureBedingungen?“

„Wir führen seit Jahrzehnten einen erbittertenKampf gegen die Terraner, die auch eure Feinde sind.Sie sind uns an Zahl und Waffen überlegen, und esentstand in den Tiefen der Galaxis so etwas wie einPartisanenkrieg. Unsere Patrouillen durchstreifen dieWeiten des Kosmos, und wo immer sie aufvereinzelte Schiffe der Terraner stoßen, werden diesevernichtet. Unsere Bedingung ist, daß ihr uns indiesem Kampf gegen die Terraner unterstützt. Das istalles.“

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Die Stimme des Maahks klang unverändert, als ersagte:

„Wir sind einverstanden, aber wir benötigen Zeit,um uns von dem erhaltenen Schlag zu erholen. Inwenigen Tagen haben wir unsereVerteidigungsanlagen aufgebaut, mit denen wirjederzeit in der Lage sind, einen Angriff auf dieseWelt abzuwehren. Wir fahren in unseren Schiffenalles mit, was wir zum Aufbau derVerteidigungsanlagen benötigen.

Auch Heimstätten können wir uns schaffen.Jedoch benötigen wir nochAusrüstungsgegenstände.“

„Ihr erhaltet sie von uns.“„Gut, wir werden eine Liste ausarbeiten.“Damit war das erste Gespräch zwischen Akonen

und Maahks beendet. Die Methans hatten eine neueHeimat in der Milchstraße gefunden, die Akoneneinen neuen Verbündeten in ihrem Kampf gegenRhodans Imperium.

Artosos startete und kehrte zu seinem wartendenFlottenverband zurück. Ein Kurierschiff flog zurückins Blaue System, der Heimat der Akonen, undüberbrachte die erfreuliche Botschaft. Schon zweiTage danach trafen die ersten Versorgungsschiffe aufMetha ein.

Der Aufbau einer neuen Keimzelle derWasserstoffatmer begann.

Artosos nahm inzwischen seine Patrouillenflügewieder auf. In weiten Kreisen näherte er sich wiederdem Milchstraßenzentrum, durchstieß es mit seinenEinheiten und entfernte sich dann langsam wiedervon ihm.

Einmal begegneten sie mehreren Kugelraumernder Terraner. Die offensichtliche Überlegenheit desGegners veranlaßte Artosos dazu, lediglich einenFunkspruch abzusetzen, der seine Gegenwart indiesem Teil der Galaxis erklären sollte. DerKommandant der Terraner gab sich damit zufriedenund fragte zurück, ob die Akonen fünf schwarzeRaumschiffe unbekannter Bauweise beobachtethätten. Artosos bedauerte und versuchte, mehr zuerfahren. Aber er erhielt nur dasVerabschiedungssignal.

Die Terraner drehten ab und verschwanden imGewimmel der Sterne.

„Da könnt ihr lange suchen“, meinte Artosos. Erbeschloß, in diesem Gebiet zu bleiben, um dieWeiterentwicklung zu beobachten.

Sein Flaggschiff, ein Schlachtkreuzer der Akonen,besaß die Form einer abgeplatteten Kugel, und dieWulsttriebwerke traten stärker hervor als bei denarkonidischen und terranischen Schlachtraumern.

Aus der Ferne hätte es jedoch leicht eineVerwechslung geben können.

Und genau das war es auch, was dann geschah.

Es war Ras, der den Schatten auf seinemOrterschirm zuerst entdeckte.

Er hatte Wache, die zweite, seit sie auf dem Gipfelwaren. Tako und Gucky schliefen. DerSauerstoffvorrat hatte sich auf vierzig Stundenerhöht. Noch zu wenig, um einen Vorstoß zu wagen.

Da sah Ras den Schatten.Er zag sehr schnell dahin, und die Entfernung

betrug mehr als einhunderttausend Kilometer. Estauchten kleinere Orterreflexe auf, aber sieverschwanden sofort wieder, als sie den Kurswechselten.

Der größere Schatten blieb, und er hatte dieannähernde Form einer Kugel.

Ein Kugelraumer.Ein terranisches Schiff.Ras sprang auf und rüttelte an Takos Panzer, bis

der Japaner erwachte. Auch Gucky hörte den Lärm,den Ras machte, und setzte sich hin.

„Was ist denn los?“ maulte er, denn er verstandkein Wort von dem, was Ras da brüllte. „Schonedeine überschüssigen Kräfte!“

„Ein Schiff! Begreift doch, ein Schiff! Es ist mehrals hunderttausend Kilometer entfernt. Wir müssen eseinholen. Funkgeräte auf Distanz stellen, Tako.Versuche, Verbindung zu erhalten. Ich sorge dafür,daß wir es nicht verlieren. Mein Gott, das ist unsereChance ...!“

Sie handelten schnell und entschlossen.Es dauerte nur Sekunden, bis sie wieder durch die

dünnen Halteleinen verbunden waren, dannteleportierten sie in den Raum hinaus. Als sie wiedermaterialisierten, hatte Ras das Schiff aus denOrtergeräten verloren.

Der Dunkelplanet war fünfzigtausend Kilometerentfernt.

„Ich kann bald nicht mehr“, stöhnte Gucky. „Ichhätte nie gedacht, daß ich einmal nicht mehrteleportieren könnte. Dabei ist Luft genugvorhanden.“

„Es ist nicht allein die Luft“, gab Tako zubedenken, während Ras verzweifelt an denKontrollen seines Orters drehte. „Die seelischeBelastung ist schlimmer als der Sauerstoffmangel.Noch niemals war jemand so hilflos dem Zufallausgeliefert wie wir. Aber nun haben wir ein Schiffentdeckt, Gucky. Das gibt uns neue Hoffnung. Dumußt jetzt alle Kräfte zusammennehmen, wenn wirerneut teleportieren wollen. Allein schaffen wir esnicht über so gewaltige Entfernungen.“

„Verlaßt euch auf mich“, knurrte Gucky kleinlaut,aber über seine Hilflosigkeit zutiefst empört. „Ihrwerdet sehen, wenn es darauf ankommt, bin ichwieder vollwertig.“

Tako bezweifelte das zwar, aber er sprach es nichtaus. Er begann ebenfalls, mit seinem Orter nach dem

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verschwundenen Schiff zu suchen. Es war mitUnterlichtgeschwindigkeit geflogen, was eindeutigdarauf hinwies, daß es ein Patrouillenschiff war undetwas suchte. Vielleicht suchte es sogar sie, dieVermißten.

„Der Dunkelplanet steht in Richtung Zentrum“,stellte Ras fest und drehte sich um seine Achse. „DasSchiff flog parallel dazu. Entfernung undGeschwindigkeit bekannt. Demnach könnte es jetztnur im Sektor BH-60-JH sein. Riskieren wir nocheinen Sprung?“

Sie schafften abermals fünfzigtausend Kilometerund mußten sich an der Stelle befinden, an der dasSchiff gewesen war, als Ras es vom Planeten ausentdeckte. Sie schalteten den Antrieb ein und folgtendem gleichen Kurs. Die Ortergeräte arbeiteten aufHochtouren.

„Ohne Teleportation holen wir es nie ein“, sagteTako nach einer Weile mit einem besorgten Blick aufdie Meßinstrumente. „Es ist so schnell wie wir.“

„Nur kurze Sprünge, sonst überholen und verlierenwir es“, schlug Ras vor. „Fertig, Gucky?“

Gucky gab keine Antwort. Er war bewußtlos.„Wir springen und nehmen ihn mit.“ Ras sah

vergeblich auf seinen Orterschirm. Das Schiff tauchtenicht mehr auf. „Wir verändern bei jedem Sprung einwenig die Richtung. Zehntausend Kilometer, nichtmehr. Ich verstehe nur nicht, warum wir es verlorenhaben.“

„Mit der unbegrenzten Reichweite derOrterstrahlen stimmt es eben doch nicht“, vermuteteTako. „Außerdem dürfen wir den störenden Einflußder energetischen Kraftfelder nicht vergessen, dieden Funkverkehr auch beeinträchtigen. Wir dürfennicht aufgeben!“

Sie teleportierten, bis Ras nach einigen Sprüngensagte:

„Schluß jetzt, Tako. Es nimmt mir die letztenKraftreserven. Wenn wir das Schiff entdecken undspringen wollen, werden wir versagen. Sparen wiruns die verbleibenden Energien für denentscheidenden Sprung auf. Suchen wir mit denOrtern.“

Stunden vergingen. Es mußten mindestens dreisein. Auf den Orterschirmen waren oft Flecke undWirbel zu erkennen, aber sie stammten vonenergetischen Störungen. So wie sie kamen, gingensie auch wieder. Feste Materie wäre geblieben.

Auf dem Schirm erschien ein dunkler Fleck, fastkugelförmig.

„Tako! Da ist es!“„Wo?“„Genau vor uns. Ein Kugelraumer. Etwas verzerrt,

aber der Orter arbeitet nicht mehr zuverlässig. Er hatdie gleiche Geschwindigkeit wie wir. Wir müssenteleportieren.“

„Bei optischer Anpeilung unter normalenUmständen kein Problem. Aber leider herrschenkeine normalen Umstände.“

Es war ein Sprung über achtzigtausend Kilometerhinweg, unter normalen Umständen eineunbedeutende Leistung. Aber Gucky schlief undzählte als „tote“ Fracht. Außerdem waren Ras undTako völlig erschöpft und hatten ihre letztenKraftreserven aufgeboten.

Sie entmaterialisierten und legten die ihrenGehirnen befohlene Strecke durch denfünfdimensionalen Raum zurück. Es gab keineStörungen, und sie erreichten ihr Ziel. Sierematerialisierten.

Ras und Tako spürten noch den festen Boden unterihren Füßen und wußten, daß sie in einem Schiffwaren, dann wich die Spannung von ihnen.

Sie versanken in eine tiefe Bewußtlosigkeit.

*

Durch Artosos, Flaggschiff gellte der Alarm.Die Schutzschirme waren für den Bruchteil einer

Sekunde zusammengebrochen; etwas hatte siedurchdrungen, aber die Hülle des Schiffes war dabeinicht beschädigt worden. Allein das warungewöhnlich.

Noch ungewöhnlicher war jedoch die Tatsache,daß der Massenwert des Schiffes um rundvierhundert Kilogramm angestiegen war.

Artosos schaute verwundert auf die betreffendenKontrollen und überlegte, wie es möglich seinkonnte, daß sein Schiff von einer Sekunde zuranderen um vierhundert Kilo schwerer gewordenwar. Die Hülle war dabei unbeschädigt geblieben.Der Gegenstand also, der in das Schiff eingedrungenwar, hatte die fünfdimensionalen Schutzschirmebeeinflußt, nicht aber die feste Metallhülle.

Dafür gab es nur eine Erklärung:Der Fremdkörper war fünfdimensional - oder er

war es wenigstens während des Eindringens insSchiff gewesen.

Die Suchkommandos fanden Ras, Tako und Guckyin ihren Raumpanzern. Die beiden Humanoiden unddas kleinere Lebewesen waren bewußtlos. Artososwurde sofort unterrichtet. Er eilte in den Lagerraumund stand dann vor dem seltsamen Fund. DerWissenschaftler Kentares war gerade damitbeschäftigt, die Fremden durch die Helme hindurchzu studieren. Er richtete sich auf.

„Zwei sind Terraner“, sagte er. „Daran kannüberhaupt kein Zweifel bestehen. Den dritten kannich nicht identifizieren. Er ist kleiner als dieanderen.“

„Terraner?“ Artosos, Augen leuchteten auf.„Ausgezeichnet. Und wie kamen sie in das Schiff?

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Haben Sie eine Erklärung?“„Nur eine: Teleportation!“Der Bildschirm des Interkoms leuchtete auf. Der

Erste Offizier erschien darauf.„Kommandant, kein Schiff im Umkreis von zwei

Lichtjahren.“„Danke. Suchen Sie weiter, Lotor.“Der Schirm wurde dunkel.Artosos sah Kentares forschend an.„Teleportation? Sind Sie sicher?“„Ganz sicher, Kommandant. Es gibt keine andere

Möglichkeit. Das kurze Zusammenbrechen derSchirme, die auf fünfdimensionaler Basis arbeiten,die Unversehrtheit der Hülle, das plötzlicheAuftauchen hier im Schiff - es kann nur Teleportationsein. Wie wir wissen, haben einige Terraner dieseFähigkeit, und auch ein nichtterranisches Wesen.“ Erdeutete auf den kleinen Raumpanzer. „Das ist derMausbiber, Artosos. Sie nennen ihn Gucky.“

„Gucky?“ Artosos Gesicht zeigte Erschrecken.„Sie meinen, das sei der Mausbiber Gucky? Dannhätten wir heute einen Glückstag, denn wenn ichmich recht erinnere, war es gerade dieser Gucky, demwir einige Unannehmlichkeiten zu verdanken hatten.Sind sie bewußtlos?“

„Ja. Überanstrengung, nehme ich an. Man müßtesie untersuchen ...“

„Damit sie uns wieder davonspringen? ReineExperimente, Kentares. Sie dürfen nicht wiederentfliehen. Was schlagen Sie vor?“

„Zuerst einmal eine Tiefnarkose damit sie nichtaufwachen können. Dann müssen wir uns um ihreAtemluft kümmern. Ich nehme an, ihre Erschöpfungrührt von Sauerstoffmangel her. Solange siebewußtlos sind, können sie nicht fliehen. Vielleichtwissen die Wasserstoffatmer einen Rat. Sie habenErfahrungen in diesen Dingen, denn auch derSonnentransmitter arbeitet auf fünfdimensionalerBasis. Fragen wir sie um Rat, Artosos.“

Artosos war einverstanden.„Wir nehmen Kurs auf den Planeten der Maahks.

Inzwischen sorgen Sie dafür, daß die Gefangenennicht erwachen können. Sorgen Sie für künstlicheErnährung und genügend Atemluft. Nehmen wirihnen die Anzüge ab?“

„Davon rate ich ab. Wir sorgen lediglich dafür, daßin den Atemlufttanks keine Reserven vorhanden sind.Dann wäre jede Flucht sinnlos, denn wohin solltensie springen?“

„Und woher kamen sie?“Darauf wußte auch Kentares keine Antwort.Artosos kehrte in die Kommandozentrale zurück

und unterrichtete die anderen Schiffe. Der Kurswurde gewechselt, und erneut stieß der kleineVerband durch die Sternenballung und nahmRichtung auf Metha, den Planeten mit der giftigen

Atmosphäre und seinen neuen Bewohnern, die dabeiwaren, sich eine Zivilisation aufzubauen.

Kentares versetzte Ras, Tako und Gucky in eineTiefnarkose und untersuchte sie. Er konnte feststellendaß die Terraner und der Mausbiber total erschöpftwaren und nur der Ruhe bedurften, um sich wieder zuerholen. Wie sie ohne Schiff in das Zentrum derMilchstraße geraten waren, fand er nicht heraus.

Nach wenigen Stunden Flug durch den Hyperraumkam der Planet Metha in Sicht. Zuerst erschien diedunkelrote Sonne auf den Bildschirmen desakonischen Kreuzers, dann wurde der Planet sichtbar.Die Maahks bewiesen, daß sie in den vergangenenacht Tagen nicht untätig geblieben waren.

Noch aus mehreren Lichtminuten Entfernungerreichte Artosos eine Warnung. Als er seine Identitätlüftete, erhielt er sofort die Landeerlaubnis. Da ihmdie Methans von Natur aus unheimlich waren und ersie nur aus der Notwendigkeit heraus als Verbündeteanerkannte, gab er seinen Schiffen den Auftrag, sichin Bereitschaft zu halten. Bei dem geringstenAnzeichen einer Gefahr sollten sie Metha mit allenzur Verfügung stehenden Waffen angreifen.

Er selbst landete.Ursprünglich war es durchaus nicht seine Absicht,

den Maahks seine wertvollen Gefangenenauszuliefern. Er wollte nur ihren Rat, wie manTeleporter an der Flucht hindern konnte. DieTiefnarkose war nur ein unverläßliches und für kurzeZeit wirksames Mittel. Man konnte die Gefangenennicht ständig bewußtlos halten, wenn man etwas vonihnen erfahren wollte. Artosos Absicht war eslediglich, die Maahks um Rat zu bitten.

Er erklärte dem Kommandanten der neuen Koloniesein Anliegen. Zu seiner Überraschung zeigte derMaahk keinerlei Erstaunen über die Tatsache, daß esTeleporter gab.

„Die Terraner sind Humanoiden wie dieArkoniden, unsere Erbfeinde. Es hat immerTeleporter unter ihnen gegeben, aber wahrscheinlichhaben sie früher niemals ihre Talente richtig erkanntoder ausgenutzt. Wir wissen es nicht, aber wirvermuten es. Inzwischen erhielten wir mit denversprochenen Gütern aus dem Blauen System auchhistorische Unterlagen, um die bisherige Entwicklungstudieren zu können. Wir erfuhren, daß die Terranerseit Jahrhunderten ein Korps Mutanten einsetzen, dieals unsterblich bezeichnet werden. Unter ihnenbefinden sich auch Teleporter. Wir wären dankbar,wenn man uns Gelegenheit gäbe, die dreiGefangenen zu untersuchen.“

„Es war meine Absicht, sie zu meinemHeimatsystem zu bringen, um dort ...“

„Sie würden das niemals schaffen. Trotz derNarkose, in die Sie Ihre Gefangenen versetzen,würden sie Ihnen entkommen. Vergessen Sie nicht,

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daß alle überlichtschnellen Flüge auffünfdimensionaler Basis beruhen. Die Teleporterwerden erwachen und fliehen.“

„Sie sind es auch nicht auf dem Flug hierher.“„Das liegt an dem Erschöpfungszustand. Sobald

sie sich etwas erholt haben, hilft Ihnen auch dieNarkose nichts. Es gibt nur zwei Mittel ihre Flucht zuverhindern: Sie fliegen mit einfacherLichtgeschwindigkeit zu Ihrem Heimatsystem, oderSie überlassen die Gefangenen uns.“

Artosos bat sich Bedenkzeit aus und kehrte insSchiff zurück. Dort besprach er sich mit Kentares.

„Der Maahk hat recht, Artosos“, sagte derWissenschaftler. „Ich kann mir vorstellen, daß die inunserem Raum-Zeit-Kontinuum wirksame Narkosein einem anderen Kontinuum, das den Teleporternvertrauter ist als uns, aufgehoben wird. Wenn siebisher nicht flohen, dann nur deshalb, weil sie vonNatur aus bewußtlos waren.“

„Wir hätten dann keine andere Wahl, als sie denMaahks auszuliefern?“

„Es wäre das einzige Mittel, ihre Flucht zuverhindern, falls die Methans in der Lage sind, siefestzuhalten.“

„Davon wollte ich mich zuerst überzeugen. Ichwollte von Ihnen nur wissen, ob wir keine andereWahl haben.“

„Wir haben keine.“Artosos verließ abermals das Schiff.Mit eigenen Augen konnte er sich davon

überzeugen, welche Veränderungen inzwischen aufdem einst öden und toten Planeten vor sich gegangenwaren. Unter dem Licht der roten Sonne warengewaltige Werksanlagen entstanden, riesige Kuppelnund Flachbauten. Rings auf den Hügeln undGebirgsgipfeln standen Energieaggregate undAbwehrgeschütze unbekannter Bauweise. DieGeneratoren für die Schutzschirme waren im Bau.Ähnlich wie beim Blauen System sollte auch hier einEnergieschirm um den Planeten gelegt werden, umjede Landung eines unerwünschten Besuchers zuverhindern.

Der Maahk nahm Artosos, Entscheidung wieselbstverständlich hin.

„Wir werden dafür sorgen, daß wir alles über dieTeleporter erfahren, und über ihren geheimenAuftrag. Übrigens haben unsere Nachforschungenergeben, daß nur ein Teleporter unsere künstlicheHeimat, die Festung, zerstört haben kann. Darumsind wir Ihnen für die Übergabe der Gefangenenbesonders dankbar.“

Artosos begriff. Er begriff plötzlich alles.Er, der Terraner bis in den tiefsten Grund seiner

Seele haßte, begann Ras, Tako und auch denMausbiber Gucky zu bedauern. Hätte er nicht an denFortbestand seiner Rasse gedacht, wäre er vielleicht

sogar in Versuchung geraten, seine Gefangenen nichtauszuliefern.

So zögerte er die Übergabe nur hinaus.„Was werden Sie mit ihnen tun?“ fragte er.Bereitwillig erhielt er Auskunft.„Wir besitzen Geräte, die fünfdimensionale

Störfelder erzeugen und aussenden. Alleparapsychischen Fähigkeiten beruhen auffünfdimensionaler Grundlage. Sie werdenunwirksam, wenn ihre Träger im Einfluß dieserStörfelder gehalten werden. Alle ihre Fähigkeitenwerden vollends neutralisiert, auch wenn sie beivollem Bewußtsein sind. Uns machen diese Fehlernichts aus. Sie beeinflussen uns in keiner Weise.“

Artosos verdaute die Mitteilung, dann fragte er:„Wird es euch eines Tages möglich sein, uns das

Geheimnis und die Erzeugung dieser Störfeldermitzuteilen? Wir stehen in ewigem Kampf gegen dieTerraner und die Mutanten. Wenn wir sie ausschaltenkönnten, würde der Kampf vielleicht zu unseren undeuren Gunsten entschieden werden können.“

Der Maahk antwortete vorsichtig:„Eine solche Entscheidung läge nicht allein bei

mir, aber ich bin davon überzeugt, daß unser ObersterRat sich dazu entschließen könnte, euch in jederHinsicht zu unterstützen.“

Damit mußte sich Artosos zufriedengeben.Die drei bewußtlosen Gefangenen wurden den

Maahks übergeben noch ehe sie zu sich kamen.Dann startete Artosos wieder. Er fühlte ein wenig

Beklemmung, als er die neuen Anlagen noch einmalsah.

Wenn die Maahks das in einer Woche schafften,wessen würden sie erst in einem Jahr fähig sein?

Er hoffte, daß seine Entscheidung, den Fremden zuhelfen, richtig gewesen war.

3.

Seltsamerweise war es Gucky, der zuerst aus derBewußtlosigkeit erwachte.

Als erstes fiel ihm auf, daß er keinen Raumanzugmehr trug.

Er lag auf einem breiten Ruhebett und sah gegeneine gewölbte Decke aus blinkendem Metall. Siehatte einen Durchmesser von vielleicht dreißigMetern und reichte bis drei Meter zum Boden herab.Die runde Wand darunter war durchsichtig. DerBoden bestand ebenfalls wieder aus Metall.

Gucky richtete sich auf. Auf zwei anderen Bettenlagen Ras und Tako.

Sie waren immer noch bewußtlos; auch sie trugenkeine Anzüge mehr. Die Luft in der Kuppel war kühlund frisch, aber nicht zu kalt. Sie war gut undatembar.

Durch die runde Wand hindurch konnte Gucky auf

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die Oberfläche eines bewohnten Planeten sehen.Riesige Anlagen beherrschten das Bild. Geschäftighin und her eilende Gestalten waren zu erkennen. Siewaren größer und kompakter als Menschen. Guckyerkannte sie sofort: Methans.

Sie waren in die Hände der Methans gefallen.Der Gedanke war so erschreckend, daß Gucky

wieder aufs Bett zurücksank. Mühsam nurunterdrückte er das Zittern, das ihn überfiel. PanischeAngst ergriff von ihm Besitz. Die Maahks mußtenwissen, wer ihnen die entscheidende Niederlagebeigebracht hatte, und nun hatten sie jedeGelegenheit erhalten, sich dafür zu rächen. Wennkein Wunder geschah, waren er, Ras und Takounrettbar verloren.

So verloren, wie sie es auf dem Dunkelplanetenauch gewesen wären.

Es war kein guter Tausch gewesen.Ras regte sich und schlug die Augen auf.

Verständnislos sah er sich um, bis er Guckys Blickbegegnete. Er richtete sich auf.

„Wo sind wir?“ Er erschrak. „Wir haben keineAnzüge mehr! Sauerstoffatmosphäre! Mein Gott ...!Gucky, wir sind gerettet?“

Langsam schüttelte Gucky den Kopf.„Bereite dich auf einen Schock vor, Ras. Sieh nach

draußen! Wir sind Gefangene der Maahks.“Auch Tako wurde wach.Dann erst, als der erste Schock überwunden war,

bemerkten sie die merkwürdige Veränderung, die mitihnen vorgegangen war. In ihrer Aufregung hatten sieim ersten Augenblick nicht darauf geachtet.

Zwar trugen sie keine Raumanzüge und Helmemehr, dafür aber etwas anderes. Über ihre Köpfewaren feinmaschige Gitter gestülpt worden. Sieerinnerten an Vogelkäfige. Die Gitterenden warenfest mit der Kopfhaut verbunden, etwa in der Höheder Augenbrauen. Sie bedeckten die Haare völlig.

Gucky versuchte, das Gitter zu entfernen, dessenZweck er zu ahnen begann. Es war vergeblich. Dasbiochemische Klebeverfahren war fehlerlos. DasMetall war so fest mit der Haut verbunden, daß manes nur operativ wieder davon trennen konnte.

„Was soll das bedeuten?“ fragte Tako entsetzt.„Da fragst du noch?“ Gucky sah durch die

Scheiben. „Sieh dir die Maahks doch an! Sehen sie soaus, als ob sie sich überlisten ließen? Sie wissen, wensie gefangen haben. Und sie haben dafür gesorgt, daßwir nicht fliehen können. Wir könnten es nichteinmal, wenn wir diese Abschirmgitter nicht trügen.Draußen ist bestimmt keine Sauerstoffatmosphäre,sonst müßten sie Raumanzüge tragen. Wir aber habenkeine Anzüge mehr. Wir würden ersticken, woimmer wir auch hinteleportieren.“

„Warum dann das Gitter?“„Sie gehen eben kein Risiko ein, Tako. Immerhin

könnte ich ihnen doch telekinetisch zu schaffenmachen. Ein Wunder ist nur, daß sie uns nicht gleichgetötet haben, als sie uns erkannten. Sie müssenwissen, daß wir es sind, die ihre Festungvernichteten.“

„Sie werden ihre Gründe haben, es nicht zu tun.“Ras war an die Glaswand getreten. Einer der Maahkswar herbeigekommen und sah zu ihnen herein. Ermachte eine Bewegung mit seinen tentakelhaftenArmen, dann eilte er davon. „Jetzt werden wir sicherbald Besuch erhalten.“

Gucky setzte sich wieder. Er strich noch einmalmit den Händen über das Gitter auf seinem Kopf undseufzte.

„Ich fühle mich frisch und ausgeruht. Wenigstenslassen sie uns nicht verhungern.“

„Wollen wir nicht versuchen, ob dieseverdammten Gitter nicht doch eine andere Funktionhaben, als unsere Fähigkeiten zu neutralisieren?“

Gucky verschränkte die Arme auf der Brust.„Spart euch die Mühe, Freunde. Ich habe es bereits

versucht.“ Er seufzte. „Keine Teleportation, keineTelekinese, keine Telepathie. Aus damit! Ich bin sodumm geworden wie ein Karnickel. Jeder junge Haseliefe mir jetzt davon, weil er wenigstens Hakenschlagen kann. Kein Ausweg! Wenigstens sehe ichkeinen.“

„Wenigstens ersticken wir nicht“, tröstete Takound setzte sich ebenfalls wieder, nachdem er einenkleinen Rundgang gemacht hatte. „Verhungern auchnicht. In den Schränken stehen Konserven - richtigeKonserven! Wasser ist vorhanden, und eineAtemluftanlage mit Regenerator. Ich komme mir vorwie in einem Zoo. Gleich werden sie herbeieilen unduns wie Wundertiere anstarren.“

„Sollen sie“, knurrte Gucky und drehte sich so, daßer seine Rückseite der durchsichtigen Wandzuwendete. „Sollen sie ihren Spaß haben.“

Tako und Ras saßen ihm gegenüber. Sie fandensich nicht so leicht mit der Situation ab.

„Es muß sich um die geflohenen Raumschiffehandeln die der Vernichtung entgingen. EinerFunkmeldung nach, die wir aufschnappten, handelt essich um fünf Schiffe.“ Tako sah nach draußen. „Es istausgeschlossen, daß die Maahks, wenn sie nur mitdiesen fünf Schiffen hier landeten, in so kurzer Zeiteine solche Anlage aufbauen konnten. Da stehenFabriken, riesige Energiewerke und ausgedehnteWohnviertel. Sie sind auch keine Zauberer.Außerdem, Ras, sieh dir den Generator links nebender eiförmigen Kuppel an. Fällt dir daran nichts auf?“

Ras sah in die angegebene Richtung. Er kniff dieAugen zusammen.

„So ein Ding habe ich schon gesehen, aber ichkann mich nicht erinnern ...“

„Ich will dir helfen, Ras. Vor etwa zwei Monaten

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fiel uns ein Patrouillenkreuzer in die Hände, dessenBesatzung rechtzeitig mit den Rettungsbooten fliehenkonnte. Wir waren in der Lage, das Innere desSchiffes zu untersuchen, und da fanden“

„Die Akonen?“ Ras nickte.„Es ist ein Reaktor akonischer Bauweise, der sich

äußerlich ein wenig von einem Arkonidengeneratorunterscheidet.“ Er sah Tako an. „Meinst du, daß dieAkonen ...?“

Tako nickte.„Ich bin sogar davon überzeugt Maahks und

Akonen arbeiten zusammen, denn sie haben einengemeinsamen Gegner. Uns.“

„Sehr richtig“, stimmte auch Gucky zu. „Jetzt weißich wenigstens auch, warum Ras zuerst meinte, wirhätten eins von unseren Schiffen gefunden. Er hat dasEi mit der Kugel verwechselt. Die Akonen haben unsgefangen und an die Maahks ausgeliefert.“

„Warum sollten sie das tun?“ fragte Tako vollerZweifel.

„Keine Ahnung, aber sie werden schon ihreGründe gehabt haben. Sicher werden wir sie balderfahren.“

„Ich möchte wissen“, sagte Ras, „wo wir sind.Was kann das für ein Planet sein? Eine rote Sonneund soviel Sterne, daß sie bei Licht sichtbar bleiben.Im Zentrum der Galaxis jedenfalls.“

„Wir haben uns nie viel um Methan-Weltengekümmert, vielleicht war das ein Fehler.“ Takodeutete nach draußen. „Ich wette, dieser Planet ist aufkeiner unserer Karten verzeichnet. Einunwahrscheinlicher Zufall, daß die geflohenenMaahks ihn entdeckten. Oder die Akonen halfenihnen.“

Eine halbe Stunde später wurden ihreVermutungen bestätigt.

Von der Kuppel aus konnten sie ein Stück desnahe gelegenen Raumhafens übersehen. Vier schwereAkonentransporter landeten darauf. Kräne wurdenherangefahren, die Antigravfelder erzeugten und dasEntladen erleichterten. Unförmige Roboterunbekannter Bauart verrichteten die Arbeit, währenddie Maahks sich damit begnügten, die Kommandoszu geben und die Aktion zu überwachen

„Maschinen, zum größten Teil“, kommentierteRas. „Die Akonen versorgen die Methans mit allemNotwendigen. Sie müssen ein Abkommen mit ihnengetroffen haben.“

„Warum nicht? Sie werden auch wissen, wasinzwischen geschah und in den Maahks einenwillkommenen Verbündeten gegen uns sehen. Siehelfen ihnen jetzt in der Bedrängnis und werdendafür Waffenhilfe fordern. Bei dem unheimlichenVermehrungspotential der Methans entsteht hier inwenigen Jahrzehnten eine Zivilisation, die unsgefährlich werden kann. Wir müssen Rhodan

“„Aber wie?“ rief Gucky und stöhnte. „Wie sollen

wir ihn warnen, wenn wir selbst nicht einmal wissen,wie wir lebendig aus der ganzen Sacheherauskommen sollen?“

„Es wird sich schon ein Weg finden.“ Ras bliebimmer noch optimistisch. „Vielleicht können wirentfliehen und ihnen ein Schiff wegnehmen.“

„Hier sind wir genauso sicher wie in einerTaucherglocke tausend Meter unter dem Meer“,versicherte Tako. „Ringsum ist nichts als giftigeAtmosphäre, und wir haben keinen Raumanzug.Wüßten wir wenigstens wo sie unsere haben.“

Gucky räkelte sich.„Wollt ihr einen Rat von einem alten Mausbiber

hören?“ Er blickte in ihre Richtung und sah in ihrenGesichtern wohlwollendes Interesse, das sich mitetwas gutmütigem Spott mischte. „Wir essen ersteinmal etwas, dann schlafen wir. Wenn wir wiedererwachen, findet sich schon ein Ausweg. Sieh malnach, Tako, ob sie auch an Mohrrüben gedachthaben.“

„Konserven, wenn du es genau wissen willst. Dukannst schließlich nicht verlangen, daß siedeinetwegen extra Rüben von der Erde anfordern.“

„Verlangen kann ich das schon“, meinte Guckywürdevoll, um dann etwas kleinlaut hinzuzufügen:„Aber sie werden es ignorieren.“

Sie öffneten einige der ausgezeichnetenKonserven, von denen einige sogar von der Erdestammten. Terranische Qualitätsware. Sie aßen mitrichtigem Heißhunger, tranken das kühle Wasser undlegten sich auf ihre Betten. Gerade als sie die Augenzu einem Nickerchen schließen wollten, öffnete sicheine bisher unsichtbar gebliebene Tür, und zweiMaahks betraten den Kuppelraum. Sie trugenAtemmasken und ein Übersetzergerät akonischerHerkunft.

„Du liebe Neune!“ hauchte Gucky entsetzt obwohler schon früher Gelegenheit gehabt hatte, Maahks ausder Nähe zu betrachten. „Sind das Monster! Vondenen haben wir nichts Gutes zu erwarten.“

Ras und Tako hatten sich erhoben. Ruhig standensie da und erwarteten die riesigen Methans. Guckygesellte sich zu ihnen, offenbar empört darüber, daßman ihn nicht einmal in Ruhe sein Mittagsschläfchenhalten ließ.

Die Maahks setzten das Übersetzergerät ab undhantierten daran herum. Das Atemgerät verdecktefast ihren halben Kopf. Sie bewegten sich seltsamleicht und schwebend, als gingen Menschen auf demMond. Erst jetzt fiel den drei Gefangenen auf, daß inder Kuppel eine Schwerkraft wie auf der Erdeherrschte. In Wirklichkeit aber mußte dasGravitationsfeld des Planeten mindestens doppelt sogroß sein.

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Aus dem Translator kamen die erstenverständlichen Laute:

„... verstehen, so gebt uns ein Zeichen. Wiradjustieren dann den Zweiwegverkehr inLautsprache. Wir warten ...“

Ras schaute Tako an, dann trat er einen Schritt vor.„Wir verstehen euch. Was habt ihr mit uns vor?“Es dauerte eine Weile, bis die Frage beantwortet

wurde.„Die Verständigung ist gut. Wer von euch ist der

Mutant, der unsere Festung zerstörte?“„Wir wissen nichts von einer Festung“, log Ras. Er

hatte keine Lust, von diesen Artfremden etwa alsKriegsverbrecher abgeurteilt zu werden. „Wir wissennicht einmal, wie wir hierhergekommen sind.“

„Wir werden euch dem Akonen Artososgegenüberstellen, dann finden wir die Wahrheit. DerAkone fand euch in seinem Schiff. Ihr seid alsohineinteleportiert. Ist das richtig so?“

Ras zögerte.„Und wenn es so wäre? Was hat das mit eurer

Festung zu tun?“„Sie wurde von Teleportern angegriffen und

vernichtet. Gibt es bei den Terranern so vieleTeleporter? Wer ist das kleine Wesen mit dem plattenSchwanz und dem Vegetationszahn?“

„Vegetationszahn?“ Gucky stand ganz verdattertda und sah die Methans an. „Was soll das heißen?Paßt euch mein Zahn vielleicht nicht?“

„Wir stellen nur etwas fest, das ist alles. Derunpaarige, einzelne Zahn deutet darauf hin, daß ernur Pflanzen zu kauen pflegt. Stimmt das?“

„Stimmt genau! Es wäre sehr liebenswürdig, wenndarauf künftig mehr Rücksicht genommen würde. Inpunkto Verpflegung bin ich nämlich sehr heikel. Wassoll ich wohl mit garnierten Springmausschenkelnvon Deneb IV anfangen? Zarte Spargelspitzen undfrühreife Mohrrüben wären ...“

„Wer also hat die Festung zerstört?“ fragte derTranslator kalt und gefühllos. „Wir müssen wissen,wie es geschah, damit künftig derartigeZwischenfälle ausgeschaltet werden können.“

Fast ihre ganze Zivilisation war zerstört worden,und sie nannten das einen Zwischenfall! Tako beganndie Vitalität der Methans zu bewundern nachdem erbereits Gelegenheit gehabt hatte, ihreKampfbereitschaft zu bestaunen. Die Maahks wareneine bemerkenswerte Rasse - und eine äußerstgefährliche.

Er gab Gucky ein Zeichen, besser zu schweigen.„Wir können euch nicht verraten, wie die Festung

zerstört wurde und wer es tat“, sagte er. „Sicherlichgeschah es in einem Akt der Notwehr und sollte voneuch aus ebenfalls aus dieser Perspektive betrachtetwerden. Wann erfahren wir, was ihr von uns wolltund warum ihr uns gefangenhaltet?“

„Ihr seid Teleporter, stimmt das?“Es hatte wenig Sinn, das zu leugnen.„Ja, das stimmt“ gab Tako daher zu, immer in der

Hoffnung, ihre Lage zu verbessern. Er ahnte nicht,daß die Maahks fast überhaupt keine Gefühlekannten, somit auch keine Dankbarkeit. Sie kanntennur den Zweck und das entsprechende Handeln, dasdem Ziel diente. „Wir sind Teleporter, aber ihr habtja dafür gesorgt, daß wir es nicht mehr sind.“

„Unsere Technik bezieht sich nur aufdreidimensionale Räume und den Zeitfaktor. Wirdenken aber manchmal auch fünfdimensional, wennes uns als richtig erscheint. Ihr seid hilflos und ohnedie Akonen wäret ihr vielleicht auch tot.“

Das stimmt haargenau, dachte Tako. Laut sagte er:„Wer weiß. Doch bevor wir irgendwelche Fragen

beantworten, wollen wir wissen, was mit unsgeschehen wird. Auch wünschen wir eineInformation darüber, was ihr auf diesem Planetenmacht, der bisher, unbewohnt war.“

„Er gehört zum Imperium der Akonen, die unsAsyl gewährten. Wir können nicht mehr dorthinzurückkehren, woher wir kamen. Wir suchen eineneue Heimat und sind glücklich, sie hier gefunden zuhaben. Die Akonen sind großzügig genug, uns zuhelfen. Auch diese Kuppel, in der ihr euch aufhaltet,ist ihrer Technik zu verdanken. Sie wird einmal Teileiner mächtigen Maschinenanlage sein, mit derenHilfe das Klima des Planeten beeinflußt werden soll.Auch verliert die Sonne ihre Kraft. Wir müssenrechtzeitig für einen Ersatz sorgen. Später - auch dasdürft ihr wissen, denn ihr werdet mit eurem Wissennichts mehr anfangen können - werden wir von hieraus den Todesstoß gegen eure Rasse führen.“

„Habt ihr euch gedacht!“ flüsterte Gucky so leise,daß es nicht mehr von dem Übersetzungsgerätaufgenommen und wiedergegeben wurde. „Euchwerden wir die Suppe versalzen!“

„Ruhe jetzt, Gucky“, warnte Tako. Er wandte sichwieder den Maahks zu, deren Offenheit sieverblüffte. „Und welche Pläne habt ihr mit uns?“

„Wir könnten euch töten, aber das hat noch Zeit.Schon immer haben uns die Fähigkeiten gewisserRassen interessiert, besonders die der Mutanten. Wirerfuhren, daß ihr zum Mutantenkorps der Terranergehört. Wir werden herausfinden, ob dieseFähigkeiten nicht zu erwerben sind.“

Also Versuchskaninchen, dachte Tako, trotz allemerleichtert. Das war besser, als sofort umgebracht zuwerden.

Die Maahks begannen, den Translator abzubauen.Ohne weitere Fragen verschwanden sie wieder.Gucky sah ihnen wütend nach.

„Ziemlich kurz angebunden, die Burschen. Siewollen uns also auseinandernehmen? HübscheAussichten.“

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Ras hatte eine steile Falte auf der Stirn.„Merkwürdig. Sie kamen doch, damit wir Fragen

beantworten. Ist euch aufgefallen, daß sie nachherüberhaupt keine Fragen mehr stellten? Sie hatten esplötzlich sehr eilig, uns zu verlassen. Ob sieherausgefunden haben, was sie wissen wollten? Ohnedaß wir antworteten?“

„Telepathen?“ Gucky schüttelte den Kopf. „Wenndu das meinst, muß ich dich enttäuschen. Sie sindkeine Telepathen, das konnte ich schon früherherausfinden. Ich weiß auch nicht, warum sie gingen.Jedenfalls bin ich froh darüber.“

Draußen vor der Kuppel erschienen mehrereMaahks. Sie kamen näher heran und blieben vor dendurchsichtigen Wänden stehen. Neugierig schautensie herein.

„Es geht schon los“, meinte Tako. „DieWissenschaftler fangen an, uns zu studieren. Na,dann viel Vergnügen.“ Er legte sich auf sein Bett.„Ich schlafe und lasse mich nicht stören. Sollen siegucken, solange sie Lust dazu haben.“

Bald hatten sie sich an ihre Zuschauer gewöhntund ignorierten sie.

Lediglich Gucky konnte es sich nicht verkneifen,ihnen die Zunge rauszustrecken. Er verursachte damiteine heftige Diskussion unter den Methans, die allemAnschein nach bemüht waren, die tiefe Bedeutungdieser merkwürdigen Geste herauszufinden und sichoffenbar dabei heftig in die Haare gerieten. Jedenfallsvergaßen sie bald darauf die Gefangenen undschritten davon, in angeregte Gespräche vertieft.

Ras, Tako und Gucky schliefen schon längst.Draußen senkte sich die Sonne dem Horizont

entgegen und versank dann in einem glutroten Meergiftiger Methan- und Ammoniakatmosphäre.

Die Nacht brach herein.

4.

Mitten in der Nacht erwachte Gucky durch einGeräusch.

Er blieb bewegungslos liegen und versuchte, dieDunkelheit mit den Augen zu durchdringen. Nacheiner knappen Minute stellte er fest, daß es gar nichtso dunkel war. Die Sterne spendeten genügend Licht,um ihn die Einzelheiten in der Kuppel erkennen zulassen. Außerdem war der Raumhafen draußenerhellt.

Es war ein leises, schabendes Geräusch, dessenUrsache sich Gucky nicht erklären konnte. Es hörtesich so an, als versuche jemand, die Gitter seinesGefängnisses durchzusägen. Vielleicht wollte jemandzu ihnen eindringen.

Gucky richtete sich vorsichtig auf.Das Geräusch verstummte.Auf Takos Bett war eine Bewegung.

„Bist du wach? Tako?“Gucky flüsterte es leise, denn er wollte den

vermutlichen Eindringling nicht abschrecken odervon seiner Absicht abbringen.

Tako seufzte.„Du hast einen leichten Schlaf, Kleiner.“„Hast du auch das Geräusch gehört?“Abermals seufzte Tako.„Das war ich. Du kannst ruhig weiterschlafen.“„Du?“ Gucky rutschte vorn Bett und ging zu Tako.

„Das mußt du mir näher erklären.“„Setz dich. Eigentlich wollte ich es allein

versuchen. Wenn es nicht gelingt, gibt es wenigstensnur einen, der enttäuscht ist. Ich habe in derBrusttasche meiner Kombination meine Nagelfeilegefunden. Die Maahks haben sie übersehen odermessen ihr keine Bedeutung zu. Seit einer Stundeversuche ich, die Haltestäbe des Gittersdurchzufeilen.“

„Aha“, machte Gucky und nickte. „So hörte es sichauch an. Wie weit bist du gekommen?“

„Nicht weit, Gucky. Das Zeug ist hart wieDiamant. Ich schaffe das nie mit der Feile. Hätten wirwenigstens den Spitzhammer, den wir auf demDunkelplaneten fanden. Damit wäre es einKinderspiel.“

Unwillkürlich griff Gucky nach seinem Kopfgitter.Es saß unverrückbar fest. Die Idee, es einfachabzufeilen, war gar nicht so dumm. Es fehlte nur dasgeeignete Werkzeug dazu.

„Nicht einmal angekratzt“, flüsterte Tako, derversuchte, mit den Fingerspitzen den Erfolg seinerbisherigen Arbeit festzustellen. „Dabei feile ich seiteiner Stunde.“

„So kommen wir nicht weiter. Es muß eine andereMöglichkeit geben.“

„Man müßte raus aus der Kuppel.“Gucky deutete in Richtung der Tür, die in der

einzigen Stelle der Wand lag, wo das Glas durchMetall ersetzt war.

„Dort ist die Schleuse. Ich wette, sie ist nichteinmal verschlossen. Warum auch? Ohne einenRaumanzug sind wir hilflos. Ein AtemzugWasserstoff mit Ammoniak und Methan - und wirsind erledigt.“

„Wo mögen sie unsere Anzüge haben?“„Selbst wenn wir es wüßten, es nützt uns nichts,

solange wir nicht teleportieren können. Machen wiruns doch nichts vor, Tako, wir stecken in einerscheußlichen Klemme. Wir müssen die Anzügehaben, damit wir unser Werkzeug bekommen, umdas Gitter zu entfernen und wieder teleportieren zukönnen. Um an die Anzüge heranzukommen, müßtenwir aber teleportieren können. Du siehst, Tako, es istein Teufelskreis. Kein Anfang und kein Ende.“

Tako legte sich wieder aufs Bett.

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„Es ist warm hier drin. Wenn man wenigstens einFenster aufmachen könnte.“

„Deinen Humor möchte ich haben“ knurrte Guckyunwillig. „Fenster auf ... und pfft! Meine Lungenhaben etwas gegen Methan und Ammoniak.“

Nebenan rührte sich Ras.„Was macht ihr denn? Seid ihr wach?“„Wir erzählen uns Witze“, eröffnete ihm Gucky

bissig. „Hast du vielleicht einen auf Lager?“„Kennst du den von dem Känguruh, das

versehentlich sein Junges verlor und einen Mausbiberin den Beutel steckte, um dann damit ...?“

„Möchte wissen, warum sich die Menschen immerdiese dämlichen Mausbiberwitze erzählen und nochdarüber lachen“, unterbrach ihn Gucky wütend, weiler den Witz schon kannte. „Witze über Terraner sindviel lustiger.“

„Ich finde jetzt überhaupt nichts lustig“, warf Takoein. „Wie ihr auch nur einen Augenblick unsereSituation vergessen könnt, ist mir schleierhaft. Ichzerbreche mir den Kopf wie ich das Gitter abkriege,und ihr ... es ist nicht zu fassen!“

„Das Gitter abkriegen?“ wiederholte Rasverwundert.

Sie klärten ihn über Takos Versuche auf. Ras griffsich an den Kopf.

„Ich habe das Gefühl, als wären die Haltestäbe mitmeinen Schläfenknochen verschweißt worden. Diewerden wir nie mehr los.“

„Ich habe keine Schläfenknochen“, sagte Guckyplötzlich und setzte sich auf sein Bett. Seine Stimmehatte überrascht und sehr nachdenklich geklungen.„Soweit mich eure Mediziner aufklärten, habe ichüberhaupt keine richtigen Schädelknochen sondernnur Knorpel. Ist das ein Unterschied?“

„Hm“, machte Ras und betrachtete Gucky, als säheer ihn heute zum erstenmal. „Knorpel also! Natürlichist das ein Unterschied, aber ich wüßte nicht, was dasmit den Kopfgittern zu tun haben sollte. Meinst duetwa ...?“

„Vorläufig meine ich gar nichts. Du sagtest, duhättest das Gefühl, als wären die Enden des Gittersmit deinen Knochen verschweißt worden. Daraufhinstellte ich fest, daß ich keine Knochen habe. Und nunseid mal einen Moment ruhig, ich muß kombinieren.“

„Möchte wissen, was es da zu kombinieren gibt“,erkundigte sich Ras.

Gucky gab keine Antwort. Vorsichtig ergriff er dasGitter und versuchte, es zu bewegen.

Es bewegte sich tatsächlich, als säße es nicht ganzfest.

Vorher hatte es sich nicht bewegt.Er versuchte es abermals und begann vor

Aufregung zu schwitzen. In großen Tropfen lief ihmder Schweiß über die Stirn hinein ins Gesicht.

„Der Schweiß“ flüsterte Gucky aufgeregt. „Das

muß es sein - der Schweiß! Er löst die Halterung.Biochemisches Verfahren - pah! Daran, daß wirschwitzen, haben sie nicht gedacht.“

Ras und Tako versuchten es auch aber das Gitterrührte sich nicht.

„Hat es also doch etwas mit den Knorpeln zu tun“,vermutete Gucky nicht ohne seine Genugtuungbesonders hervorzuheben. „Ich habe schon immergesagt, daß ich unendlich froh bin, kein Terraner zusein.“

Ras gab seine vergeblichen Versuche auf.„Es ist mir klar, daß zwischen einem Mausbiber

und einem Terraner gewisse anatomischeUnterschiede bestehen. Daran haben die Maahksnicht gedacht. Vielleicht mußten sie sich auchbeeilen, um mit der Operation fertig zu werden, ehewir aufwachten. Was ist, Gucky? Bekommst du esab?“

„Immer mit der Ruhe, Ras. Gut Ding will Weilehaben.“

„Das hat er von Bully!“ stöhnte Ras. „Der hat auchimmer solche Weisheiten parat.“

Auch Tako hatte erneut an seinem Gitter probiert,gab es aber auf. Guckys Knorpelargument schien ihmeinzuleuchten. Wenn es dem Mausbiber tatsächlichgelingen sollte, das Gitter zu entfernen, wäre das einungeahnter Fortschritt. Es wäre vielleicht sogar dieRettung.

Inzwischen tastete Gucky die Klebestellen anseinem Kopf mit empfindlichen Fingern ab. Erspürte, wie sich die verdickten Enden der Haltestäbezu lösen begannen. Sie reichten nicht bis unter dieHaut, sondern schienen nur mit ihrer Oberfläche festverbunden zu sein. Wenigstens bis vor wenigenMinuten. Der Schweiß - eine andere Erklärung fandGucky nicht - hatte die biochemische Verbindunggelöst.

Warum aber nur bei ihm, nicht auch bei Ras undTako?

Später war Zeit, darüber nachzudenken, dieHauptsache war jetzt, er konnte das Gitter völligentfernen und seine Fähigkeiten zurückerhalten.

An der linken Schläfe gelang es zuerst.Dann die rechte.Ras und Tako halfen ihm, die beiden

Schweißstellen am Hinterkopf zu lösen. Dannnahmen sie das Gitter vorsichtig ab. Zurück bliebenvier rote Wundstellen auf der Haut Guckys, die angewisse Körperstellen von Pavianen erinnerten.

„Nun, wie ist es?“ fragte Ras ungeduldig. „Kannstdu teleportieren oder Gedanken lesen? Hast du deineFähigkeiten wieder?“

Gucky sah Ras an und grinste.„Du solltest nicht so skeptisch sein. Aha, jetzt

denkst du an den Spitzhammer. Und jetzt meinst du,es wäre doch eine verteufelte Sache, wenn man nicht

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mehr denken kann, was man will, ohne daß ein soverflixter Telepath mitlauscht. - Ihr seht, esfunktioniert wieder!“

„Großartig!“ freute sich Tako während Ras einverdutztes Gesicht machte. „Dann wird es mit derTeleportation auch in Ordnung sein.“

Gucky schüttelte den Kopf.„Immer langsam, Tako. Nur nichts übereilen!

Wenn die Maahks merken, daß ihr Gitter nichts nützt,werden sie uns vielleicht umbringen, um kein Risikoeinzugehen. Setzt mir also das Gitter wieder auf.Versucht, es provisorisch zu befestigen. Es mußgehen.“

Es ging. Zwar mußte Gucky sich jetzt langsambewegen und den Kopf ruhig und gerade halten damitdas Gitter nicht verrutschte aber wer nicht genauhinsah, mußte unweigerlich annehmen, daß nochalles so war wie vorher. Erst jetzt war der Mausbiberberuhigt. Seit er sich von den schrecklichen Tagen imRaum erholt hatte, war sein Selbstbewußtsein wiedergestiegen.

„Ich würde die Nacht ausnutzen“ schlug Tako vor.„Ich auch“, pflichtete Ras bei.Beide Männer lagen nun wieder auf ihren Betten.

Sie hatten die nutzlosen Versuche aufgegeben. Zwarschwitzten auch sie, aber die Gitter wollten sich nichtlösen. Sie saßen fest, als wären sie mit Haut undKnochen verbunden.

„Die Bewachung scheint nicht besonders streng zusein“, meinte Gucky. „Aber wohin soll ichteleportieren, wenn ich keinen Raumanzug habe? Woimmer ich auch materialisiere, es ist keine Atemluftvorhanden. Ich würde ersticken.“

„Luft anhalten“, schlug Ras vor.„Wie lange kannst du die Luft anhalten?“ fragte

auch Tako, dem keine bessere Lösung einfiel.„Vielleicht genügen einige Sekunden, sich zuorientieren. Dann springst du hierher zurück, holsteinen neuen Luftvorrat und kannst bereits gezieltnoch einmal springen: Mit der Zeit müßtest du dichdann zurechtfinden. Wenn du nur einen Anzugfändest wären wir ein großes Stück weiter.“

„Wie ihr ja wohl wißt“, sagte Gucky stolz, „bin ichein berühmter Taucher. Im Goshun-See stellte ichletztes Jahr den Rekord der Mausbiber ein Ich bliebsolange unter Wasser, bis alle dachten, ich wärebereits ertrunken. Zwei Minuten, würde ich sagen.“

„Zwei Minuten sind eine lange Zeit“, gab Rasbewundernd zu und bemühte sich, seine Zweifel zuverbergen, aber er hatte vergessen, daß Gucky wiederGedanken lesen konnte.

„Kohlkopf!“ fuhr der Mausbiber ihn an. „Wenn ichmich dabei nicht zu bewegen brauche, halte ich essogar drei Minuten aus. Aber Teleportation istanstrengend. Eine Minute würde ich sagen. “

„Das genügt“, versicherte Tako optimistisch. „In

einer Minute kannst du viel, sogar sehr vielerreichen.“

„Aber die Schwerkraft“, gab Gucky zu bedenken.„Sie wird mir zu schaffen machen.“

„Ausprobieren! Aber sei vorsichtig!“ Tako hattesich aufs Bett gesetzt. „Glaube mir, ich würde dichbestimmt jetzt zurückhalten und dir nicht nochzureden, dich in eine solche Gefahr zu begeben,wenn es nicht für uns alle die einzige Möglichkeitwäre, einen Weg zur Rettung zu finden. Es gibtkeinen anderen. Unternehmen wir nichts, werden wirfrüher oder später von den Maahks getötet. Sie sindunsere Todfeinde, und sie wissen auch, daß wir eswaren, die ihre Festung zerstörten. Und wenn siebemerken, Gucky, daß du das Gitter gelöst hast, sindwir alle verloren.“

„Ich werde vorsichtig sein“, versprach Gucky. Erstand auf und ging ein paarmal in der Kuppel auf undab, als wolle er Mut sammeln. „Ich frage mich nur,wohin ich springen soll. Ein Platz ist so gut wie derandere. Und was tue ich, wenn mich ein Maahksieht?“

„Das darf nicht geschehen!“ Tako hob mahnendden Finger. „Niemand darf dir begegnen, hörst du!Unsere Anzüge können nur in einem ihrerForschungslabors sein. Sie werden untersuchtwerden.“ Tako ging zur Fensterwand. „Dort drüben,dicht neben dem Raumhafen, das flache Gebäude.Die Fenster sind vergittert. Die Kisten vor demEingang stammen von Akon. Ich kenne die Art. Mehrnoch, ich möchte sogar behaupten, sie stammen ausakonischen Forschungsstätten. Ich an deiner Stelle,Gucky, würde zuerst in dem flachen Gebäudenachsehen.“

„Es ist egal, wo ich anfange, Hauptsache ist, ichkann die Luft solange anhalten.“

„Sei vorsichtig!“ warnte Tako noch einmal.Gucky nickte und trat an die Wand heran. Draußen

war es hell wie in einer Vollmondnacht, etwas hellerals auf dem Dunkelplaneten. Hinzu kamen dieScheinwerfer des Landefeldes, auf dem noch die vierTransportraumer standen. Dicht daneben konnteGucky eins der schwarzen Schiffe erkennen, mitdenen die Maahks aus der vom Atombrandvernichteten Festung geflohen waren. Es wurde nichtgearbeitet. Einige Roboter patrouillierten zwischenden verlassenen Bauwerken. Maahks waren nicht zusehen.

Gucky konzentrierte sich auf sein Ziel, holte tiefLuft, hielt sie an - und entmaterialisierte.

In derselben Sekunde war ihm, als wolle ihn eineunsichtbare Faust zerschmettern und alle Luft ausden Lungen pressen. Unwillkürlich sackte er in dieKnie und fiel auf die Hände. Mit einem Blickversuchte er, seine Umgebung zu erkennen. Da in derDecke eine Lampe brannte, gelang ihm das auch. Er

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befand sich in einem großen Saal, der mitInstrumenten aller Art nur so vollgestopft war. Anden Wänden standen Regale, und auf niedrigenTischen lagen unbekannte Gegenstände.Unausgepackte Kisten versperrten den Durchgang.Alles machte den Eindruck einer heillosenUnordnung, wie bei einem Umzug.

Gucky hatte nur fünf Sekunden Zeit, dann hielt eres nicht mehr aus.

Er teleportierte in die sichere Kuppel zurück.Ras schaute ihn verblüfft an, dann blickte er auf

seine Uhr.„Fünf Sekunden, mein Lieber. Hattest du nicht

etwas von zwei Minuten gesagt?“Gucky schnappte nach Luft und ließ sich aufs Bett

sinken.„Die Schwerkraft - rund zweieinhalb Gravos -

hätte mich fast zerquetscht. Das nächstemal muß ichversuchen, sie mit Telekinese aufzuheben,wenigstens teilweise. Dann halte ich es länger aus.Du hattest recht, Tako. Das muß etwasWissenschaftliches sein. Aber ein Durcheinander,direkt zum Fürchten. Wie soll ich da etwas finden?Sieht auch nicht so aus, als wären da unsereAnzüge.“

„Irgendwo müssen sie sein! Wir können nichterwarten, sie auf Anhieb zu entdecken.“

Gucky konzentrierte sich erneut und sprangabermals. Nun war er gewarnt. Kaumrematerialisierte er in der fremden Umgebung, setzteer sofort seine telekinetischen Kräfte ein um dieGravitation zu kompensieren. Er hob sich ein wenigvom Boden ab ... zuviel. Er ließ ein wenig nach bis erwieder stand. Nun bereitete ihm nur noch der höhereLuftdruck Schwierigkeiten. Die Kuppel sah er imGeiste vor sich. Er konnte jederzeit dorthinzurückspringen, ohne überlegen zu müssen.

Er stieg über Kisten und Maschinenteile hinwegund gelangte in einen zweiten Raum. In ihm sah esauch nicht viel besser aus als in dem ersten, aberwenigstens der Zweck war klar ersichtlich. Eshandelte sich um eine Schaltzentrale fürEnergieverteilung.

Gucky konnte noch kurz einen dritten Rauminspizieren, dann zwang ihn der Luftmangel, in dieKuppel zurückzuspringen.

„Schon besser“, lobte Ras, dem der Schlafendgültig vergangen war.

„Du hast gut reden“, fauchte Gucky empört.„Liegst faul auf dem Bett herum und kritisierst.Nimm den Vogelkäfig vom Kopf und hilf mirlieber.“

Ras grinste gutmütig. Tako meinte:„Nun?“Gucky setzte sich.„Nicht viel. Scheint mehr eine Energiestation zu

sein - aber das spielt keine Rolle. Wir sind nicht mehrso hilflos wie vor einigen Stunden. Hauptsache ist,niemand erfährt das. Sie brauchen uns hier nur dieLuft abzudrehen, dann ist alles zu Ende. Mich machtdas noch verrückt - seit Tagen heißt unser einzigesProblem immer nur: Luft! Wenn ich mal wieder aufder Erde bin, werde ich bei jedem Atemzug darandenken, wie lebenswichtig doch die Luft ist.“

„Könntest du wenigstens einen, von unsmitnehmen“, schlug Tako vor

„Hat keinen Sinn wegen der Schwerkraft. Nichtszu machen Freunde, ich bin eben der Fähigste voneuch. Hoffentlich siehst du das bald ein, Ras.“

„Klar“, knurrte der Afrikaner großmütig. „Du bistder Größte - wie der selige Mohammed Ali!“

„Geistig gesehen bestimmt!“ meinte Guckyzufrieden. „So, ich habe mich erholt. Bin schonwieder fort.“

Mit vier Teleportationen hatte er den unteren Teildes Gebäudes durchsucht. Er hielt es nun tatsächlichvolle zwei Minuten aus, ohne in Bedrängnis zugeraten. Die oberen Stockwerke waren leer.

Sein nächstes Ziel war ein Rundbau, dessenschimmerndes Kuppeldach an das eigene Gefängniserinnerte. Er materialisierte mitten in der weitenHalle. Auf den ersten Blick erkannte er, daß es sichum eine Art Lagerraum handeln mußte. RiesigeKisten fühlten die Wände fast bis zur Decke aus. DieAufschrift war in akonischer Sprache gehalten.Gucky entzifferte mühsam einigeTypenbezeichnungen von Maschinen, die zweifellosForschungszwecken galten. Einige ausgepackte Teilebestätigten seine erste Vermutung. In diesemKuppelbau würde das Forschungszentrum derMaahks entstehen.

Beim zweiten Sprung entdeckte er weitereNebenräume auf gleicher Höhe. Einige waren bereitseingerichtet. Er fand ein chemisches Labor, einephysikalische Versuchsanstalt und die biologischeAbteilung.

In der Sektion für Physik hing einer derSpezialraumanzüge an der Wand.

Gucky sprang zu Ras und Tako, um Atem zuschöpfen. Ohne ihre Fragen zu beantworten, kehrte erdann in das physikalische Labor zurück.

Der Anzug war unbrauchbar geworden. Man hatteihn auseinandergenommen, um die einzelnen Teilezu untersuchen. Der Stoff war aufgeschnitten und diehauchdünne, aber starke Metallpanzerungaufgeschweißt worden. Die Sauerstofftanks hatteman zerlegt, ebenso den Regenerator. Wenigstens dieAusrüstungsgegenstände und die Waffen lagenunversehrt auf dem Tisch nebenan.

Gucky fand als erstes den seltsamen Spitzhammer.Sicherlich hatten sich die Methans den Kopfzerbrochen, wie die Terraner an ein solches Material

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kamen. Sie würden es analysieren wollen.Pech gehabt, dachte Gucky und teleportierte mit

dem Hammer in der einen und einem kleinenNadelstrahler in der anderen Hand zu seinenFreunden zurück.

„Es war Takos Anzug“, berichtete er erschöpft undsetzte sich auf sein Bett. „Aber das hier habe ichretten können. Viel ist es nicht, aber wenigstens dasGitter sollt ihr jetzt loswerden. Mit dem Strahler läßtsich im Notfall auch ein Maahk umbringen. Ichbehalte ihn.“

„Willst du wieder fort?“ In Takos Stimme klangBesorgnis mit. „Wir haben genug erreicht für heute.“

„Wer weiß, ob wir morgen noch Zeit haben.“Gucky sah durch das Wandfenster zumSternenhimmel empor. „Bald graut der Morgen, unddann werden sie sich um uns kümmern.“

„Selbst wenn du die anderen Anzüge findest,helfen sie uns nicht weiter. Einer müßte hierbleiben,denn er wäre ohne Atemluft.“

Gucky winkte ab.„Darum mache ich mir jetzt noch keine Sorgen.

Ich wäre froh, wenn ich die anderen Anzügegefunden hätte. Inzwischen versucht, die Kopfgitterloszuwerden, und wenn das geschehen ist, kümmerteuch um die Sauerstoffvorräte in dieser Kuppel. Fallsich die Anzuge finde, möchte ich die Tanks auffüllen.Legt auch Lebensmittel und Wasser bereit. Es kannsein, daß wir Hals über Kopf diese gastliche Stätteverlassen müssen.“

„Und wohin?“ fragte Ras neugierig Er erhieltkeine Antwort mehr. Gucky war bereitsverschwunden.

Diesmal versuchte er es in den anderen Räumender Forschungskuppel.

Als er materialisierte, stand er keine drei Metervon einem Maahk entfernt, der ihm den Rückenzuwandte. Gucky war so erschrocken, daß er nichtsofort reagierte. Er hielt die Luft an und blieb stehen.Sein kleines Herz klopfte zum Zerspringen, als er diemächtigen Körperformen des unheimlichenLebewesens erblickte, dessen Ahnen vor zehntausendJahren beinahe die Galaxis erobert hatten Langsamdrehte sich der Methanatmer um, als ahne er, daß inseinem Rücken Gefahr drohe. Es war Gucky nichtganz klar, was das Monster hier zu suchen hatte.Bisher war er keinem Maahk begegnet. Nachtsschienen sie zu schlafen und die Wache ihrenRobotern zu überlassen. Vielleicht handelte es sichum einen Wissenschaftler, der an einem wichtigenProblem arbeitete.

Ein Ausdruck ließ sich in dem halbmondförmigenGesicht nicht feststellen, aber die Handbewegungwar eindeutig. Gucky sah, daß der Maahk an dieSeite griff, wo in einem schmalen Behälter einsilberner Stab steckte.

Da blieb ihm keine andere Wahl, als das zu tun,was er ohnehin hätte tun müssen.

Er mußte den Maahk töten. Es durfte keinenZeugen dafür geben, daß die Gefangenen ihreTeleporterfähigkeiten zurückerlangt hatten. Wenndas dennoch geschah, waren sie verloren.

Der Maahk oder sie ...!Die Wahl fiel nicht schwer, erst recht nicht, als der

Methan zur Waffe griff.Gucky sprang schnell einen Schritt zurück, hob

den Nadler und zielte. Dur feine Energiestrahl schoßaus der Mündung und fand sein Ziel.

Der Wasserstoffatmer sank zu Boden, wo erbewegungslos liegenblieb.

Gucky hätte jetzt gern aufgeatmet, aber das gingleider nicht. Er hatte noch für eine Minute Luft, die erauszunutzen gedachte. Als erstes nahm er densilbernen Stab an sich, dann rannte er in denbenachbarten Raum, aber auch da fand er diegesuchten Anzüge nicht. Wenn er wenigstens seinenfinden würde, dann bekäme er mehrBewegungsfreiheit und könnte in aller Ruhe eineneventuellen Fluchtweg ausfindig machen. Erteleportierte zurück, Tako war gerade dabei, Ras,Kopfgitter mit dem Spitzhammer zu bearbeiten. Ersah nicht sehr zufrieden aus, und dazu hatte er auchallen Grund.

Der Spitzhammer hatte ohne Schwierigkeiten dasharte Metall einer Raumschiffhülle wie Butterzerschnitten, aber vor der unbekannten Legierung desGitternetzes mußte er kapitulieren. Kein Wunder,wenn Takos Nagelfeile es nicht einmal zu ritzenvermochte.

„Nun?“ fragte Gucky ungeduldig.„Nichts“, erwiderte Tako mutlos. „Das Zeug ist

unglaublich hart härter noch als der Hammer. Oderzumindest genauso hart“ Tako kehrte an seinen Platzzurück. „Was Neues, Gucky?“

„Ein Maahk kam mir in die Quere und hat sterbenmüssen. Was blieb mir anderes übrig?“

„Niemand macht dir einen Vorwurf. Hoffentlichkommen die anderen nicht auf den Gedanken, daßwir es waren. Hast du keine Spuren hinterlassen?“

„Kaum. Ich werde mir das Kopfgitter wiederprovisorisch aufsetzen, damit sie keinen Verdachtschöpfen. Bald geht die Sonne auf. Wollen wirhoffen, daß die Maahks noch genug mit sich selbst zutun haben und uns noch einen Tag in Ruhe lassen.Morgen nicht sehen wir dann weiter.“

Tako war voller Skepsis.„Wenn wir morgen noch Zeit dazu haben. Aber du

hast schon recht, allein kannst du nicht viel erreichen,Und schon gar nicht, wenn wir keine Zeit mehrhaben. Warten wir den Tag ab und was er bringt. “

Sie legten sich auf die Betten.Draußen ging die rote Sonne auf.

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*

Einige Stunden später, die rote Sonne stand schonhoch am Himmel, meldete Tako, der bereitsaufgestanden war und an der Glaswand stand, daßau! dem Raumhafen mehrere Schiffe gelandet seien.Ras war ebenfalls schon wach, Er erhob sich leisevon seinem Bett, um Gucky nicht zu wecken, undging zu Tako, der an der Stelle der durchsichtigenWand stand, von wo aus man den besten Blick aufdas Landefeld hatte,

„Es sind Akonen“, sagte Ras. „Aber bestimmtkeine Transporter.“

„Kriegsschiffe!“ äußerte Tako. „Wenn ich michnicht sehr irre, sind das Kriegsschiffe.“

„Ein Freundschaftsbesuch der Akonen auf demneuen Planeten der Maahks“, pflichtete Ras bei. „Dasnenne ich aber eine Überraschung.“

„So groß ist die Überraschung nun auch wiedernicht. Aber sprich nicht so laut, Ras. Gucky muß sichausschlafen, um heute nicht wieder auf dem Postenzu sein. Jedenfalls verspricht der Besuch der Akonenhier nichts Gutes für uns.“

Dicht am Rand des Feldes waren drei schwereSchlachtraumer niedergegangen. Die Luken warenweit geöffnet, und Arbeitsroboter begannen sofortdamit, die mitgebrachten Güter auszuladen. Ras undTako konnten auf den ersten Blick feststellen, daß essich zum größten Teil um Waffen handelte. Flachgebaute Transportfahrzeuge nahmen schlankgebauteRaumtorpedos auf und fahren mit ihnen davon.Auseinandergenommene Energiegeschütze, und zwarsolche modernster Bauart, wurden an Ort und Stellezusammengebaut und abtransportiert. Unterprovisorisch errichteten Schutzdächern stapelten sichBomben aller Art und Kaliber.

„Was mag in den Kisten sein?“ fragte Tako.„Ich wette, das sind Handfeuerwaffen“, vermutete

Ras.„Die Akonen zögern also nicht, die Maahks

aufzurüsten. Damit lassen sie endlich die Maskefallen und zeigen ihr wahres Gesicht. Wir werden inZukunft keine Rücksicht ihnen gegenüber mehr zunehmen brauchen.“

„Es wäre gut gewesen, Rhodan hätte niemalsRücksicht auf sie genommen“, sagte Ras.

Hinter ihnen war ein Geräusch.Gucky gähnte, streckte sich und setzte sich aufs

Bett.„Was gibt's denn da zu sehen?“ fragte er, stand auf

und kam zu ihnen. „Sieh mal einer an!Akonenschiffe! Eine ganze Menge sogar. Die habenes aber eilig, ihren neuen Freunden zu helfen.“

„Sie bringen Waffen und Munition“, klärte Takoihn auf. „Man könnte fast meinen, Akonen und

Maahks hätten sich offiziell gegen uns verbündet.“„So offiziell ist das nicht“, meinte Gucky und rieb

sich die Augen. Wir zählen ja nicht mehr. Ob wirsolche Dinge sehen oder nicht, spielt keine Rolle.Wir sind in ihren Augen schon so gut wie tot. Ergrinste und zeigte hoffnungsfroh seinen Nagezahn.„Da irren sie sich aber. Wenn sie uns heute in Ruhelassen, fällt in der kommenden Nacht dieEntscheidung.“

„Bist du so sicher?“ Tako schien es nicht zu sein.„Selbst wenn du die Anzüge findest ...“

„Erstens kennen wir die Schiffe der Akonen wieunsere eigenen“ eröffnete ihm Gucky, ohne sich inseinem Optimismus stören zu lassen, „und zweitensatmen sie Sauerstoff. Wir brauchen eure Anzüge alsogar nicht mehr zu suchen. Nun, dämmert es beieuch?“

Es dämmerte wahrhaftig.„Eine ausgezeichnete Idee!“ Tako nickte und

lächelte etwas. „Wir werden uns ein Schiff derAkonen kapern und damit fliehen. Hoffentlich bist duwieder kräftig genug, um mit uns teleportieren zukönnen.“

„Worauf du dich verlassen kannst“, versicherteGucky und hielt ihm den rechten Arm hin. „Dukannst ja mal meine Muskeln fühlen.“

„Leider haben sie nichts mit Teleportation zu tun“,dämpfte Tako seinen Eifer. „Aber ich glaube dir auchso, daß wir es schaffen. Die Hauptsache ist, niemandbemerkt zu früh, daß du dein Gitter abnehmenkannst.“

Gucky nickte sorgenvoll.„Um das zu vermeiden, müssen wir auf alles

vorbereitet sein. Kommt besprechen wir denEinsatzplan.“ Nachdenklich blickte er in RichtungRaumhafen. „Die Maahks haben jetzt genug zu tun.Ich denke, sie lassen uns vorerst in Ruhe. Wirkommen erst dann an die Reihe, wenn sie sicheingerichtet haben. Bis dahin können Tage vergehen.Trotzdem Vorsicht ist besser als Nachsicht.“ Als siesaßen, fuhr Gucky fort: „Wir leben weiter, als seinichts geschehen, so schöpfen die Methans keinenVerdacht. Zwar werden sie sich den Kopf darüberzerbrechen, wer ihren Gefährten ermordet hat, aberauf uns sollte kein Verdacht fallen. Wenn das abernun doch der Fall ist und sie kommen, um uns zuuntersuchen, werde ich teleportieren. Und zwar direktin ein Schiff der Akonen. Damit kann ich umgehen,wenn es nicht zu groß ist. Ich werde direkt startenund unmittelbar neben der Kuppel hier landen. Ihrrast einfach durch die Schleuse hinaus. Ich nehmeeuch auf. Dann höchste Beschleunigung, und fortsind wir.“

Ras schüttelte den Kopf.„Das ist zu einfach, viel zu einfach, Gucky. Es ist

so einfach, daß es niemals klappen wird.“

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„Hast du einen besseren Vorschlag?“ fragteGucky.

Da Ras keinen hatte, machte Tako einen:„Wir sollten handeln, ehe die Maahks überhaupt

einen Verdacht gegen uns hegen. Dann haben wirmehr Zeit zur Vorbereitung. Die Idee mit dem Schiffder Akonen ist richtig, Gucky, denn die Akonen sindSauerstoffatmer wie wir, und Atemluft ist nochimmer unser vordringlichstes Problem. Ohne einAkonenschiff können wir niemals fliehen. Aber nichtdie Maahks, sondern wir sollten den Zeitpunkt dieserFlucht bestimmen.“

„Du hast ja völlig recht“, gab Gucky zu. „Natürlichwäre es besser, die Initiative läge bei uns. Was icheben vorschlug, galt ja auch nur für den Notfall.Geschieht heute im Verlauf des Tages nichts, handelnwir in der könnenden Nacht. Tagsüber ist mir das zuriskant.“

Ras richtete sich ein wenig auf, um besser sehen zukönnen.

„Zwei Maahks. Sie kommen in unsere Richtung.Hoffentlich wollen sie uns keinen Besuch abstatten!“

„Ich fürchte doch“, meinte Gucky und verschwandim Bett. Er deckte sich zu und schloß die Augen. „Ichschlafe.“

Ras und Tako blieben sitzen. Es hatte ihrerMeinung nach wenig Zweck, den Kopf einfach inden Sand zu stecken. In ihren Taschen waren diebeiden Waffen, die Gucky mitgebracht hatte.

Die beiden Methans brachten das Übersetzergerätmit. Sie stellten es auf, und nach einiger Zeit fragteeiner von ihnen:

„Eure Namen sind Ras Tschubai Tako Kakuta undGucky. Ihr gehört zum Mutantenkorps des PlanetenTerra?“

Tako nickte und bestätigte das. Insgeheimwunderte er sich darüber wie die Maahks dasherausgefunden hatten. Er brauchte nicht langedarüber nachzudenken

„Wir erhielten von den Akonen entsprechendeInformationen. Die Terraner sind mit vielen Schiffenunterwegs, um euch zu finden. Ihr müßt also sehrwertvoll für sie sein. Außerdem erhielten wir dieBestätigung, daß ihr es wart, die unsere Festungvernichteten.“ Der eine Maahk deutete auf Gucky.„Was ist mit ihm?“

„Er ist müde und schläft“, gab Tako bereitwilligAuskunft. „Er ist klein und schwach.“ Aus GuckysRichtung kam ein unterdrücktes Grunzen, dasdeutliche Mißbilligung ausdrückte. „Er muß sichschonen, sonst überlebt er den heutigen Tag nicht.“

„Wir werden einen unserer fähigsten Medizinerschicken. Euer Leben soll nicht in Gefahr geraten.Wir brauchen euch noch.“

„Nicht nötig“, sagte Tako erschrocken. EineUntersuchung war das letzte, was sie jetzt wollten.

Der Kleine muß nur schlafen, das ist die besteMedizin. Ein Arzt kann nicht viel helfen. Morgenwerdet ihr schon mit ihm sprechen können.“

„Ihr müßt es wissen. Wir werden also keinenMediziner schicken.“ Er zeigte mit dem einenSchlangenarm in Richtung des Raumhafens. „Ihrhabt die Schiffe unserer Verbündeten gesehen? Ihrwißt, was das bedeutet?“

„Darüber machen wir uns keine Gedanken. Wirsind eure Gefangenen. Ihr habt dafür gesorgt, daß wirnicht mehr teleportieren können. Was weitergeschehen wird, liegt bei euch. Auch wenn ihr sagt,unser Leben sei wertvoll, so werdet ihr uns docheines Tages töten. Wir sind zu gefährlich für euch.“

„Das stimmt“, gab der eine Maahk zu. „Aber bevorihr sterbt, werdet ihr uns alle Geheimnisse Terrasmitteilen. Mit der Unterstützung der Akonen werdenwir dann in der Lage sein, eine neue Zivilisationaufzubauen. In hundert oder zweihundert Jahren,Terraner, sind wir die Herren dieser Galaxis. Daranwerden uns weder Terraner noch Akonen hindernkönnen. Wir gehen jetzt. Bevor die Sonne sinkt,werden wir noch einmal nach euch sehen.“

Als Sie verschwunden waren, öffnete Gucky dieAugen.

„Sie müssen mich für einen Schwächling halten“,beschwerte er sich.

„Ist das ein Nachteil?“ Ras kam zu ihm und setztesich auf den Bettrand. „Unsere Ausgangsposition istum so besser, je mehr uns der Gegner unterschätzt.Sie werden es dann nicht für nötig halten, uns extrazu bewachen. Wir werden uns ungestörter bewegenkönnen, was besonders in der kommenden Nachtnotwendig wird. Macht es dir vielleicht etwas aus,wenn dich die Maahks für einen Schwächling halten,wenn davon unser Leben abhängt?“

„Schon gut“, knurrte Gucky besänftigt. „War janicht so gemeint.“

Sie öffneten einige Konserven und aßen. Dannunterhielten sie sich und sahen zu, wie weitereAkonenschiffe landeten und Waffen brachten.

Der Tag verging in quälender Erwartung.Als die angekündigte Inspektion beendet war und

Gucky befreit aufatmen konnte, landeten drei weitereAkonenschiffe auf dem Raumfeld. Es handelte sichum einen riesigen Kugelraumer und zwei kleineBoote.

„Sie machen uns schon bald Konkurrenz“, sagteTako besorgt. „Fast achthundert Meter Durchmesservon Pol zu Pol. Entweder ein Schlachtschiff oder einmoderner Transporter.“

„Ich würde auf einen Transporter tippen“, meinteRas. „Bis obenhin voll mit Munition, schätze ich.Sicher werden die Roboter heute Überstundenmachen müssen. Gucky, stört dich das nicht?“

„Kaum, Ras. Ich werde schon dafür sorgen, daß

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mich niemand sieht. Und mit einem Roboter werdeich genauso fertig wie mit einem Maahk. Gib mirjetzt den Strahler, Tako.“

Der Japaner reichte ihm den Nadler.„Wende ihn nur im Notfall an“, riet er.Die winzige Waffe verschwand in Guckys Tasche.„Hoffentlich ist es bald dunkel“, sagte er nur.

5.

Gucky schwebte in einer Höhe von zweiKilometern bewegungslos über dem Raumhafen desPlaneten Metha. Es war eisig kalt, und es fiel demMausbiber schwer, die Luft anzuhalten. Aber ermußte sich orientieren ehe er sich sein Zielaussuchte.

Es waren viel mehr Schiffe der Akonen gelandet,als man von der Kuppel aus hatte beobachtenkönnen. Erst noch vor einer halben Stunde warenweitere dreißig Transporter eingetroffen, die sofortentladen wurden.

Lediglich der Achthundertmeterraumer und diebeiden Beiboote blieben von den Arbeitskommandosunbehelligt. Entweder brachten sie keine Güter, oderman wollte sich ihrer erst am anderen Tag annehmen.

Das konnte ein Zufall sein, es konnte aber aucheine ganz bestimmte Absicht dahinterstecken.

Das Gelände war taghell erleuchtet. Überallbrannten Scheinwerfer und verwischten jedenSchatten. Dort unten zwischen den Schiffen hättesich Gucky kaum bewegen können, ohne nicht sofortentdeckt zu werden.

Er sprang in die Kuppel zurück.„Wo soll ich anfangen?“ fragte er, nachdem er

mehrere Male kräftig ein- und ausgeatmet hatte. „Dergroße Kugelraumer würde mich reizen.“

„Mit ihm können wir niemals fliehen, er ist viel zugroß“, gab Tako zu bedenken.

„An Flucht habe ich diesmal nicht gedacht, Tako.Aber sicherlich gibt es in dem Kasten akonischeRaumanzüge. Sie würden uns ein Stückweiterhelfen.“

Ras hob die Fäuste.„Ich fühle mich so verdammt hilflos“, beschwerte

er sich wütend. „Da sitzt man hier herum und kannnichts tun. Ein Raumanzug wäre gut sehr gut sogar!Tu, was du für richtig hältst, Gucky. Ich hindere dichnicht daran.“

Diesmal materialisierte Gucky in dem großenRaumer.

Zum erstenmal, seit er auf Metha gefangen war,konnte er wieder richtig atmen, nachdem er dieGefängniskuppel verlassen hatte. Die Luft in demAkonenschiff glich der von terranischen Schiffen.Vor ihm lag ein breiter Gang, schwach erleuchtet undleer. Nun hatte er Zeit und brauchte sich nicht zu

beeilen. Wenn in der Kuppel jetzt keine Maahksauftauchten, war er vor jeder Entdeckung sicher. DieAkonen fürchtete er nicht. Ehe sie mit den Augenzwinkern konnten, würde er verschwunden sein.

Er durchsuchte mehrere Räume, bis er in denLagerraum unter der Waffenzentrale geriet. DasArsenal!

Es war mehr als das.Guckys Nackenhaare sträubten sich, als er die

gewaltigen Vorräte an atomaren Bomben erblickte,die hier aufgestapelt waren. Zugleich gezündet,würden sie einen Planeten auseinanderreißen können.Wenigstens, wenn man sie vorher tief genug unterdie Oberflächenkruste brachte.

Hatten die Akonen vor, den Maahks solche Waffenzu geben? Sie mußten verrückt sein wenn sie dieGefahr nicht sahen, die ihnen dann selbst drohte. Siemußten ...

Weiter kam Gucky nicht. Er empfingGedankenimpulse, ganz deutlich und ganz nah. ZweiAkonen unterhielten sich. Sie mußten sich überGucky in der Feuerleitzentrale aufhalten.

Vorsichtig teleportierte Gucky, denn der Inhalt desGespräches war so interessant, daß er sich die beidenAkonen ansehen mußte. Vielleicht erfuhr er schonjetzt Dinge, die von ungeheurer Wichtigkeit waren.

Er blieb geduckt hinter einem Sockelgenerator underkannte undeutlich die Schatten zweier Männer, dievor einem erleuchteten Bildschirm standen. Außereinem abstrakten Farbenmuster war auf dergewölbten Scheibe nichts zu sehen.

„... würde, der Besitz der Waffe die unbedingteÜberlegenheit gegenüber den Terranern bedeuten.Somit ist die Auslieferung der Bomben durchausgerechtfertigt. Die Maahks hätten es, so gesehen, garnicht nötig, unsere Hilfe in Anspruch zu nehmen.Warum tun sie es?“

„Sie werden ihre Gründe haben“ sagte der andereAkone.

„Richtig, sie haben ihre Gründe. Sie wollen uns inSicherheit wiegen, das ist alles.“

„Aber sie wollen uns auch dasKonstruktionsgeheimnis der Konverterkanonemitteilen.“

Gucky stockte der Atem.Die Konverterkanone, die fürchterliche Waffe der

Methanatmer!Was war damit?„Na gut, die Konverterkanone. Dafür bekommen

sie unsere Bomben. Ein reelles Geschäft. Aber es istscheinbar so günstig für uns, daß ein Haken dabeisein muß.“

Gucky teleportierte in die Kuppel zurück. Er hattegenug gehört.

„Die Konverterkanone“, sagte Ras, als Guckyseinen Bericht beendete, „hat einen ähnlichen

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Kampfwert wie unsere Transformkanone. Wirbekommen eine Menge Ärger, wenn die Maahks sietatsächlich an diese Akonen ausliefern. Unter allenUmständen müssen wir das verhindern.“

„Und wie?“ wollte Tako wissen. Er sah ziemlichschockiert aus.

„Ich wüßte schon wie“, verriet ihnen Gucky mitgeheimnisvoller Miene, „aber dazu brauchte ichmeinen Raumanzug. In der Ausrüstungstasche istnoch eine Minibombe mit Zeitzünder. Wenn ich diehätte, würden die Maahks und Akonen eine heißeÜberraschung erleben, bevor wir von hierverschwinden.“

„Im Endeffekt würde das kaum etwas ändern,Gucky. Es wird immer überlebende Maahks geben,die den Akonen die Konstruktionspläne für dieKonverterkanone übergeben könnten.“

Ras sah plötzlich wieder unternehmungslustig aus.„Du möchtest also den Raumhafen in die Luftsprengen?“

„Nicht in die Luft, sondern ins Methan“,korrigierte Gucky. „Wenn der große Raumer mit denBomben detoniert, bleibt hier in der näherenUmgebung nichts mehr heil. Ich behaupte sogar, daßniemand die Katastrophe überlebt. Rücksichtslos, dasgebe ich zu, aber hat jemand eine bessere Idee?“

Ras und Tako sahen sich an und zogen es vor zuschweigen.

„Na also!“ trumpfte Gucky auf. „Keine! Dannmache ich mich jetzt auf die Suche nach meinemAnzug. Haltet euch bereit. Es kann sein, daß wirschnell fliehen müssen. Packt ein paar Konservenein. Wer weiß, was die Akonen in der Küche haben.“

Beim siebten Sprung fand er die restlichenAnzüge, entnahm dem seinen die Mikrobombe,steckte auch die beiden Handstrahler noch ein undteleportierte mit dem letzten Rest von Luft in denLungen in die Kuppel zurück.

Er breitete die Schätze vor Ras und Tako aus.„Na, was sagt ihr nun? Hat sich unsere Situation

nicht wesentlich verbessert?“„Du hättest meinen Anzug mitbringen sollen,

Gucky.“„Wozu, Ras? Wir könnten ihn hier kaum

verstecken. Wenn jemand kommt, würde er unsverraten. Die Waffen hingegen sind in den Bettensicher. Außerdem brauchen wir bald keinen Anzugmehr. Ich werde uns jetzt ein Schiff aussuchen. Esdarf nicht zu groß sein. Die kleinen Beiboote gefallenmir. Sie haben Lineartriebwerke.“

„Es geht in erster Linie um die Besatzung. Wennwir sie ausschalten wollen, darf sie nicht besonderszahlreich sein.“ Tako deutete auf die Handstrahler.„Wir werden schon mit ihnen fertig, wenn wir das dahaben.“

„Damit rechne ich auch“, gab Gucky zu und

entmaterialisierte.Er hatte weder die Mikrobombe noch, außer dem

Nadler, eine Waffe mitgenommen, da er auf keinenFall Dinge in Fluß bringen wollte, die später nichtmehr aufzuhalten waren. Erst wenn der Fluchtweggesichert war, konnte die Bombe gelegt und derZeitzünder eingestellt werden. War das geschehen,war die Detonation unvermeidlich.

*

Das Beiboot der Akonen hatte die Form einerplattgedrückten Kugel und durchmaß beim Äquatorkaum zwanzig Meter. Warum es von dem großenRaumer ausgeschleust worden war, wußte Guckyauch nicht. Aber das spielte keine Rolle. DieHauptsache war, es hatte nur eine geringe Anzahlvon Akonen als Besatzung.

In der Zentrale hockte ein schläfriger Offizier ineinem der bequemen Sessel und nahm es mit seinerWache nicht so genau. Wozu auch? Was sollte hierschon passieren? Die Maahks waren die Verbündetender Akonen und außerdem besaßen sie nur fünfSchiffe.

Gucky überlegte einen Augenblick, ob er denOffizier schon jetzt unschädlich machen sollte, aberdann entschied er sich dagegen. Nur keineÜbereilung jetzt! Jeder Schritt mußte genau überlegtsein. Zuerst einmal mußte er feststellen, ob dasBeiboot auch die günstigste Fluchtmöglichkeitdarstellte, oder ob es eine bessere gab.

Lautlos entmaterialisierte er und sprang hinaus aufden schmalen Gang, der zu den anderen Räumenführte. Er begegnete keinem Akonen. Das war auchnicht weiter verwunderlich, denn das Schiff wurdeausschließlich von der Kommandozentrale ausgesteuert Wer in ihrem Besitz war, besaß zugleichdas ganze Schiff.

In zwei Kabinen schlief die restliche Mannschaft.Es waren noch fünf Offiziere und Mannschaften.Wenigstens trugen sie entsprechende Rangabzeichen,aber Gucky kannte sich da aus. Die drei ineinanderverschlungenen Dreiecke an den Rockaufschlägenbewiesen, daß es sich bei der Besatzung desBeibootes ausschließlich um Wissenschaftlerhandelte.

Eine Abordnung, die sofort an Ort und Stelle diePläne der Konverterkanone überprüfen sollte? Daswar möglich und klang auch logisch.

Gucky grinste in sich hinein, als er seinenInspektionsgang fortsetzte. Da hatte er gleich denrichtigen Kahn erwischt. Ohne die Wissenschaftlerim Rücken war es den Akonen unmöglich, dieFunktionsweise der fürchterlichen Waffe zubegreifen und so schnell kennenzulernen. Undaußerdem ...

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„Und außerdem kommt es erst gar nicht so weit!“beendete Gucky flüsternd seinen Gedankengang. Erwar fest entschlossen, dem Spuk ein für allemal einEnde zu bereiten. Seine Wut auf die Akonen warmindestens genauso groß wie die auf die Maahks.Rein psychologisch gesehen verstand er dieHandlungsweise der Maahks. Sie wollten sich rächenAber die Akonen hatten überhaupt keinen Grund,sich gegen Terra aufzulehnen, im Gegenteil. Als dasGroße Imperium noch existierte, hatten gerade dieAkonen durch die Zusammenarbeit aller Rassenprofitiert.

Lebensmittel waren vorhanden. Die Arsenalewaren mit Handwaffen aller Art gefüllt. DieLuftregenerierungsanlage funktionierte einwandfrei.Es gab keinen Grund, ein anderes Schiff als dieses zunehmen.

Er teleportierte in die Kuppel zurück.Als die vertraute Umgebung aus dem Nichts

entstand und Gucky wieder sehen konnte, sah er Rasund Tako mit erhobenen Händen an der Glaswandstehen. Die Betten waren durchwühlt. Zwei Maahksbedrohten sie mit den gefährlich aussehendenSilberstäben. Der Spitzhammer und die anderenWaffen lagen auf dem Boden.

Gucky handelte blitzschnell und ohne zuüberlegen.

Es blieb keine Zeit mehr, den eigenen Nadler ausder Tasche zu ziehen. Er packte telekinetisch zu. Ehedie beiden Maahks wußten, was eigentlich geschah,wurden sie von unsichtbaren Kräften ergriffen und soheftig gegen die Metallwand der Luftschleusegeworfen, daß sich die sicherlich sehr kräftige fürverbog. Gucky ließ los. Die beiden Ungetüme fielenaus zwei Metern Höhe auf den harten Boden. DieSilberstäbe entglitten ihren Händen.

Ras und Tako bückten sich und nahmen ihreWaffen hoch. Sie eilten Gucky zu Hilfe.

Einer der Maahks hatte noch nicht genug. Errichtete sich halb auf und griff nach derverlorengegangenen Waffe. Ras machte kurzenProzeß mit ihm. Der andere hatte das Bewußtseinverloren.

„Wie ist das passiert?“ fragte Gucky, ohne sich zusetzen. Tako ging zur Schleuse und überzeugte sichdavon, daß sie dicht verschlossen war.

„Sie kamen plötzlich herein“, berichtete Ras.„Ganz überraschend. Wir lagen natürlich nicht in denBetten, sondern standen an der Glaswand undbeobachteten den Raumhafen. Wir hörten sie nichtkommen, und sie standen plötzlich in der Kuppel. Dasie kein Übersetzergerät bei sich hatten, wußten wirauch nicht, was sie von uns wollten. Sie sahen unsund vermißten dich. Als sie dich nicht fanden,bedrohten sie uns mit ihren Waffen. Aber es wärevielleicht alles nicht so schlimm gewesen, wenn sie

nicht in deinem Bett das abgesägte Kopfgittergefunden hätten.“

„Ihr Wissen nützt ihnen nun auch nichts mehr“,sagte Gucky und deutete auf die beidenbewegungslosen Figuren. „Den einen hast du getötet,und bei dem anderen scheint das Atemgerätentzweigegangen zu sein. Er ist in unsererAtmosphäre erstickt.“

„Wir müssen hier fort“, sagte Tako, derzurückgekehrt war. „Man wird die beiden vermissenund herkommen. Auf die Dauer können wir uns nichtverteidigen. Sie stellen einfach die Luftzufuhr ab.“

„Ich habe einen wunderbaren Zufluchtsort“, verrietihnen Gucky und erzählte ihnen von dem kleinenBeiboot. „Nur sechs Akonen. Damit werden wirjederzeit fertig, ohne daß jemand etwas bemerkt. Woist übrigens meine Bombe.“

„Bei den Lebensmitteln, da haben sie nichtnachgesehen.“

„Ausgezeichnet!“ Gucky ging zum Schrank undschob die Zündbombe, die kaum größer als einekräftige Männerfaust war, in seine Tasche. „Damitwerden wir ein Feuerwerk verursachen, wie wederMaahks noch Akonen je eines erlebt haben. Schade,es wird auch ihr letztes sein. Wenigstens für viele.“

Tako rief plötzlich vom Fenster her:„Sie kommen! Ein Dutzend Maahks, alle schwer

bewaffnet. Sie rennen in unsere Richtung. Die beidendort ... “, er deutete auf die beiden toten Methans vorder Schleuse, „... müssen Funkgeräte bei sich gehabthaben. Wir müssen fort, oder wir sind verloren.“

Gucky nahm Tako und Ras bei der Hand.„Schade, dabei war es so nett hier drin. Immer

dann, wenn man sich heimisch zu fühlen beginnt,kommt etwas dazwischen. Haltet euch schön festFreunde. Möchte die dummen Gesichter der Kerlesehen wenn sie reinkommen und uns nicht mehrfinden. Schade, daß wir keine Zeit mehr haben.“

Sie rematerialisierten im Gang des Beibootes.„Pst ...!“ flüsterte Gucky und ließ seine Freunde

los. „Die Maahks können ruhig wissen, daß wirentflohen sind, aber sie sollten keine Ahnung haben,wohin und wie weit. Ihr Verdacht wird sehr schnellauf die Akonenschiffe fallen, denn wohin sollten wirohne Raumanzüge auf einer Welt mitWasserstoffatmosphäre. Doch auf dem Raumhafenstehen mehr als hundert Schiffe der Akonen. Bis mandie durchsucht hat, sind wir längst mit unserenVorbereitungen fertig. - Da vorn ist dieKommandozentrale. Ein Offizier auf Wache, sicherder Pilot. Die anderen fünf sind Wissenschaftler.“

„Wo schlafen die Wissenschaftler?“ fragte Takoleise.

„Drüben in den beiden Kabinen. Aber es ist besser,wir kümmern uns erst um den Wachhabenden ... wasist denn los?“

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Erst jetzt bemerkte er, daß Ras und Tako sichziemlich hart hingesetzt hatten. Langsam nurrappelten sie sich wieder auf indem sie mit denHänden nachhalfen und sich an den Wändenfesthielten.

„Was ist denn los? Das Schiff hat einenSchwerkraftneutralisator, und er ist eingeschaltet.“

„Aber trotzdem mindestens anderthalb Gravos“,ächzte Tako und schwankte verdächtig. „Nicht viel,zugegeben, aber wir haben keine Übung mehr. Diemeiste Zeit haben wir in den Betten gelegen undgeschlafen. Und vorher trieben wir fast zehn Tagedurch den Raum, schwerelos.“

„Es geht schon wieder“, sagte Ras. „Man muß sichnur zuerst daran gewöhnen, daß man etwas mehrwiegt als normal. Draußen auf Metha wäre esschlimmer.“

„Worauf du dich verlassen kannst!“ bestätigteGucky mit grimmiger Miene und dachte an seinenersten Teleportersprung aus der Kuppel. „DieKommandozentrale ist dort vorn. Hoffentlich hat derAkone nichts gehört!“

Er hatte nichts gehört und war so überrascht, alsdie drei Mutanten plötzlich vor ihm standen, daß ersich nicht zu rühren wagte. Widerstandslos ließ ersich entwaffnen und von Ras binden. Sie benutztendazu Ersatzkabel, die sie im kleinen Funkraumfanden.

Tako hatte inzwischen im Pilotensessel Platzgenommen. Er studierte in aller Ruhe die Kontrollenund nickte dann.

„Kein großer Unterschied. Dürfte kaumSchwierigkeiten bereiten.“

„Schalte die Bildschirme ein, damit wir wissen,was draußen passiert“, riet Ras. „Ich kümmere michum die Funkanlage.“

„Aha“, knurrte Gucky und wedelte mit seinemStrahler. „Und die fünf Wissenschaftler wollt ihrwohl mir überlassen, was? Als ob ich nicht etwasanderes zu tun hätte!“ Er klopfte auf die Tascheseiner Kombination. „Habt ihr die Bombevergessen?“

In diesem Augenblick leuchteten die Bildschirmeauf. Gleichzeitig schalteten sich dieAußenmikrophone ein.

Eine Sirene gellte pausenlos durch die von Sternenund Scheinwerfern erhellte Nacht.

Die Maahks gaben Alarm.„Du hast recht“, sagte Ras und kam aus dem

Funkraum zurück. „Wir haben keine Zeit mehr. Takomacht das Schiff startklar, damit wir sofortverschwinden können, wenn du zurückkehrst, Gucky.Ich lege inzwischen die Wissenschaftler schlafen.Viel Glück.“

Der „Kleine“, zog eine wütende Grimasse, schobden Strahler in die Tasche und nahm dafür die

Bombe heraus. Er betrachtete den Mechanismus derZeitzündereinstellung und drehte an den Knöpfen.Endlich gab es ein klickendes Geräusch.

„So“, erklärte Gucky. „Die Weichen sind gestellt,wenn man so sagen darf. In genau einer Stunde wirddie Bombe detonieren. Bis dahin müssen wir uns inSicherheit gebracht haben. Ich kenne dieseZeitbomben. Es gibt keine Möglichkeit, sie zustoppen. Wenn die Maahks sie vorzeitig finden,müssen sie sie in den Weltraum hinausschaffen, daswäre ihre einzige Chance. Na ja, das Gebirge oderein Meer würden auch genügen, denn schließlichhandelt es sich ja nicht um eine Arkonbombe. Bisspäter, Freunde.“

Dann war er verschwunden.Ras gab sich einen Ruck stellte seinen Strahler auf

Lähmwirkung und verließ die Zentrale. ZehnMinuten später lagen alle sechs Gefangenen betäubtund fein säuberlich gebunden im Laderaum desBeibootes.

Tako saß vor den Kontrollen und ließ dieBildschirme nicht aus den Augen.

Draußen herrschte ein chaotisches Durcheinander.Die Suche nach den Entflohenen hatte begonnen.

*

Noch einmal nahm Gucky die eisige Kälte und diefehlende Atemluft in Kauf, um sich einen Überblickzu verschaffen. Er schwebte in einem KilometerHöhe über dem gekaperten Beiboot und sah gespanntnach unten.

Die Flucht der drei Mutanten hatte die Maahks soerschreckt, daß sie Großalarm gegeben hatten. Auchdie Akonen waren auf den Beinen und schicktenSuchkommandos aus. Da die Gefangenen keineRaumanzüge besaßen, lag der Schluß nahe, daß siesich in ein Schiff mit Sauerstoffatmosphäregeflüchtet hatten. Kein Wunder also, daß der Befehlerging alle Schiffe ausnahmslos zu durchsuchen.

Eine Minute hielt Gucky es ohne Luft aus, dannteleportierte er in den großen Schlachtraumer, den ernoch von seinem ersten Besuch her kannte. Diesmalwar es in dem Schiff nicht so ruhig wie einigeStunden zuvor. Roboter und Akonen eilten durch dieGänge und Räume, alle schwer bewaffnet undanscheinend fest entschlossen, sofort zu schießenwenn sie einen der geflohenen Mutanten entdeckten.Das erleichterte Gucky seine Aufgabe ungemein.

Er liebte es nicht, Gewalt anzuwenden. In denmeisten Fällen erreichte er sein Ziel mit List undGeschicklichkeit, aber diesmal sah er wirklich keinenanderen Ausweg. Es ging nicht nur um ihn, Ras oderTako. Wenn die Akonen das Geheimnis derKonverterkanone erhielten würden Tausende undZehntausende von Menschen sterben müssen. Und

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wenn es den Maahks wirklich gelang, hier eine neueZivilisation aufzubauen, war die Gefahr noch größer.

Es gab keine andere Möglichkeit.Er mußte die Gefahr im Keime ersticken, und zwar

gründlichst.Ein zweiter Sprung brachte ihn direkt in das

Bombenarsenal.Er quetschte sich in eine Ecke, denn mindestens

ein halbes Dutzend Akonen durchstöberten mitschußbereiten Waffen den riesigen Raum, der bisunter die Decke mit den gefährlichsten Bombenangefüllt war. Es handelte sich fast ausschließlich umatomare Sprengkörper und selbstgesteuerteRobotbomben. In großen Kisten ruhten wohlverpacktund erschütterungsfrei gelagert die faustgroßen, aberäußerst wirkungsvollen Mikro-Atombomben. Mitden Vorräten des Schlachtraumer konnte man leichteinen ganzen Planeten entvölkern.

Zwei Akonen gingen ganz in Guckys Nähe vorbei,aber sie sahen ihn nicht unter dem Regal liegen. Siewanderten weiter, sahen hier und dort nach undverließen schließlich mit den anderen das Arsenal.Sie mußten fest davon überzeugt sein, daß dieGesuchten sich nicht ausgerechnet hierher geflüchtethatten und würden entsprechend an ihre Vorgesetztenberichten.

Gucky atmete auf.Er verließ sein Versteck und machte sich an einer

der Kisten zu schaffen. Sie war verschlossen, und erhatte keine Möglichkeit, das Schloß aufzubrechen.Weiter hinten zwischen den Regalen fand er einebereits angebrochene Kiste. Sie enthieltMikro-Atombomben.

„Das wird genügen“, meinte Gucky entschlossenund legte den Zeitzünder mitten unter dieempfindlichen Sprengkörper. „Wenn das hierdetoniert, detoniert auch das ganze Schiff. Es wirdwie eine Kettenreaktion sein. Die Druckwelle wirdauch alle Bomben und Raumtorpedos in den anderenSchiffen zünden, ganz zu schweigen von den amRand des Raumhafens aufgestapelten Vorräten.“

Er schloß den Deckel der Metallkiste.Noch fünfundvierzig Minuten bis zur Explosion.Eigentlich sollte er sofort in das Beiboot

zurückspringen und keine Sekunde mehr verlieren,aber irgend etwas hielt ihn noch zurück.

Er watschelte langsam durch die engen Gänge desArsenals.

Beim Ausgang angelangt, blieb er stehen und sahnoch einmal zurück.

Kein Gefühl warnte ihn.Als er das Geräusch hörte, war es bereits zu spät.Mit einem kräftigen Ruck stülpte ihm jemand von

hinten das Kopfgitter über den Schädel.Überrascht, und zur Teleportation unfähig, ließ

Gucky sich gefangennehmen.

6.

„Ich fürchte, wir müssen die Hoffnung aufgeben,Sir.“

Oberst Cart Rudo, Kommandant desSuperschlachtschiffes CREST sagte es scheinbarohne innere Anteilnahme, so als stelle er lediglich dieTatsache fest, die ohne Bedeutung war. Vor ihm aufdem Kontrolltisch stapelten sich die Funksprüche deranderen Sucheinheiten. Alle hatten den gleichenWortlaut:

„Keine Spur von den Vermißten.“„Ich werde die Hoffnung niemals aufgeben, sie

doch noch zu finden“, sagte er entschlossen. „Siekönnen nicht tot sein - sie dürfen nicht tot sein!“

Der unsterbliche Arkonide, elftausend Jahre alt,nickte.

„Ich stimme dir zu, Perry. Wir werdenweitersuchen, und eines Tages werden wir sie finden.So leicht ist Gucky nicht umzubringen. Ras und Takoauch nicht. Sicher, die Zeit ist um, und sie habenkeinen Sauerstoff mehr, falls sie auf ihre Anzügeangewiesen waren. Doch wer kann mit Sicherheitbehaupten, daß sie im Raum treiben? Wer weiß, obsie in einem Schiff der Maahks sind, was genausofatal für sie wäre? Vielleicht glückte es ihnen, einenPlaneten mit Atmosphäre zu finden, und vielleichtwarten sie dort, bis sie gefunden werden. Es gibtviele Möglichkeiten des Überlebens, ganz bestimmtaber für Teleporter.“

„Danke“, sagte Rhodan einfach und sah dann Rudowieder an. „Kurs und Geschwindigkeit wie bisher.Alle halbe Stunde auf Unterlicht gehen. Meldungender anderen Einheiten sammeln und vergleichen.Wenn jemand etwas Ungewöhnliches beobachtet,möchte ich sofort benachrichtigt werden.“

„Ja, Sir.“Nach einem letzten Blick auf die flimmernden

Bildschirme verließ Rhodan die Kommandozentraleder CREST. Atlan folgte ihm. Auf dem Gang sagteer:

„Die Sternenballungen in diesem Teil derMilchstraße stören den Funkverkehr. Es ist durchausmöglich, daß wir nicht alle Meldungen erhalten. Einevon ihnen wollte uns vielleicht mitteilen, daß Guckyund die anderen gefunden wurden.“

Rhodan ging langsam weiter.„Ein schwacher Trost. Kommst du mit in die

Beobachtungskuppel?“Der Raum hatte die Form einer Halbkugel und bot

freien Blick.„Mercant“, fuhr Atlan im gleichen Tonfall wie

vorher fort, „vertritt die Meinung, daß es Zeit für unswäre wieder einmal in Terrania zu erscheinen. KeineSchwierigkeiten. Perry, du kannst beruhigt sein, aber

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Gerüchte lassen sich niemals ganz vermeiden. Wirwaren zu lange fort.“

Rhodan gab keine Antwort. Er beobachtete dasGewimmel der Sterne die in allen Farben funkelten.Es waren Zehntausende von Sonnen, die mit bloßemAuge hier sichtbar waren, und jede konnte Planetenbesitzen, auf dem die drei Mutanten festsaßen - wennsie noch lebten.

„Sie werden Gucky und die anderen auch ohne unsfinden“, fuhr Atlan beharrlich fort. „Bitte, halte michnicht für gefühllos oder undankbar, aber ich sehe dieSituation realer als du. Du hängst an Gucky, aber dastun wir alle. Du meinst, nur du allein könntest ihnretten, aber das ist ein Irrtum. Es sind fünftausendSchiffe die nach ihm suchen, eine ungeheuerlicheZahl. Noch niemals wurde eine solche Flotteaufgeboten, um drei Leben zu retten. Siehst du einenUnterschied, ob die CREST dabei ist oder nicht?“

Rhodan nickte.„Einen gewaltigen sogar, Atlan. Wenn wir die drei

Mutanten finden und wir sind nicht bei den Retternwerden sie sich ihr Teil denken, besonders Gucky.Das möchte ich vermeiden. Und wenn wir frühzeitigaufgeben, werden sich viele unserer treuen Freundefragen, ob wir zuverlässig sind. Keiner wird seinLeben für uns wagen, wenn wir kleinliche Sorgennicht zurückstellen und das unsere für sie ebenfallseinsetzen Atlan, ich bleibe. Und die CREST bleibtauch.“

Atlan ging zu den Teleskopen.„Ich respektiere deinen Entschluß und stimme ihm

zu. Trotzdem rate ich dir, einen Termin festzulegen.Noch acht Tage, würde ich vorschlagen. Dann kehrenwir zur Erde zurück und lassen eine kleinere Einheitzurück, die weiter Nachforschungen anstellt.Bedenke, was alles auf dem Spiel steht. Andromeda... die ‚Meister der Insel‘...“

„Die Maahks machen mir mehr Sorgen“ gabRhodan zu, ohne auf den Vorschlag einzugehen.„Wenn wirklich fünf Schiffe entkamen, und wenn sieeine geeignete Welt finden ...“

Er beendete den Satz nicht. Atlan konnte sich auchso denken, was Rhodan sagen wollte.

Er setzte sich in einen der Beobachtungssitze undwollte gerade an den Stellrädern drehen, als derLautsprecher aufbrüllte.

Oberst Rudo rief:„Kommandant an Administrator! Melden Sie sich,

Sir!“Rhodan drückte den Knopf unter dem Bildschirm

ein, auf dem sofort Rudos mächtiges Gesichterschien.

„Ich bin in der Beobachtungskuppel. Was gibt es,Oberst?“

„Wir wissen nicht, ob es so wichtig ist, Sir. DieOrterschirme und Energieabsorber des

Schlachtschiffs FEDORIA II haben angesprochen.Wahrscheinlich eine Nova in Richtung OH-80-GY,vier Lichtjahre. Die Energieentfaltung war allerdingsatypisch dreidimensional.“

„Das läßt auf eine Explosion atomaren Ursprungsschließen“, überlegte Rhodan. „Ist der Sternbekannt?“

„Leider nicht, Sir. Es gibt keine genauen Kartenüber das Zentrumsgebiet und ...“

„Schon gut, Oberst. Ich weiß das. Was schlagenSie vor?“

„Nachsehen, Sir. Schicken Sie ein paar Schiffehin.“

Atlan war aufgestanden und zu Rhodangekommen. Er deutete auf ihn und sich selbst undnickte. Rhodan begriff.

„Wir fliegen selbst, Oberst. Benachrichtigen Siedie anderen Einheiten. Die FEDORIA soll unsbegleiten. Dazu zehn weitere Schiffe verschiedenerBauart. Beschleunigen Sie. Wir sind gleich beiIhnen.“

Rhodan schaltete den Interkom ab und sah Atlanfragend an.

„Nun?“„Vielleicht hat es wirklich nichts zu bedeuten“,

meinte Atlan, „aber es wäre leichtsinnig, diegeringste Spur zu übersehen. Jedenfalls ist es keineNova, sondern eine atomare Explosion. Wenn eineSonne explodiert sind immer Spurenfünfdimensionaler Energieentfaltung dabei zubeobachten. Da es sich außerdem um einen unsunbekannten Stern oder Planeten handelt, dürfte dieSache an Reiz gewinnen, selbst wenn wir unser Zieldie Vermißten zu finden nicht erreichen. Gehen wir.“

Gerade wollten sie die Schiebetür öffnen, als ihnenjemand zuvorkam. Der Chefastronom Zech-Mellardstürzte, wie von Furien gehetzt, in denBeobachtungsraum und trat dabei Atlan mit vollerWucht auf die Zehen. Ohne sich zu entschuldigen,raste er zu den Spezialteleskopen und nahm in demSessel Platz.

„Ein Phänomen ... ein richtiges Phänomen!“ rief erdramatisch aus und begann sofort, das Instrumenteinzurichten. Seine beiden Zuschauer schien erüberhaupt nicht bemerkt zu haben, obwohl er sie fastüber den Haufen gerannt hätte.

Atlan probierte, ob seine Zehen noch heil waren.Er trug die leichten Bordsandalen, die nicht zumSchutz gegen derartige Attacken eingerichtet waren.

Rhodan ging zu Zech-Mellard.„Was ist ein Phänomen?“ erkundigte er sich. Er

kannte den sehr fähigen Wissenschaftler gut genug,Um genau zu wissen, daß der sich nicht wegen jederKleinigkeit aufregte und aus dem Häuschen geriet.

Zech-Mellard sah nicht auf. Er War damitbeschäftigt, das Teleskop auf irgendeinen Punkt

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einzurichten.„Ein Phänomen“, sagte er dozierend, als stünde er

vor seinen Studenten, „ist ein Naturereignis, von demwir annehmen dürfen, daß es überhaupt nicht gebendarf. Mit Phänomen bezeichnen wir Dinge, bei denenuns eine Erklärung fehlt. Das Wort stammt aus dergriechischen Sprache und bedeutet ...“

„Zech-Mellard!“ Rhodan sagte es ganz ruhig, abermit einem warnenden Unterton. „Ich will wissen,welches Phänomen Sie zu beobachten beabsichtigen.Werden Sie endlich mal wach!“

Der Astronom sah auf und erkannte Rhodan.„O je, Sie sind es? Hat es weh getan?“„Was soll weh getan haben?“„Oh, nichts.“ Der Astronom winkte großmütig ab.

„Ich dachte nur, ich wäre Ihnen auf die Zehengetreten.“

„Es waren meine Zehen!“ eröffnete ihm Atlanwütend. „Nun erklären Sie endlich, was passiert ist.“

Zech-Mellard hatte endlich die gewünschteEinstellung gefunden. Er sah durch dieElektronenobjektive. Seine Hände zitterten vorAufregung.

„Eine rote Sonne ...! Habe ich mir doch fastgedacht. Sie muß einen Planeten besitzen, dennanders ist die Explosion nicht zu erklären. Die Sonnezeigt keine Veränderung, kann also nicht zur Novageworden sein.“

Langsam begriffen Rhodan und Atlan, daßZech-Mellard von dem Stern sprach, in dessenRichtung die gewaltige Energieentladung festgestelltworden war. Vielleicht war es Jetzt besser, in derKuppel zu bleiben, statt in die Zentrale zu gehen. DerInterkom garantierte ohnehin die Verbindung zumKommandanten.

„Und wo ist das Phänomen?“ erkundigte sichAtlan freundlich und schaltete mit einem Griff die zudem Teleskop gehörenden Bildschirme ein. „ZeigenSie es uns doch, Professor.“

Zech-Mellard sah für einen Moment verdutzt aufund musterte Atlan verwundert. Dann fuchtelte erheftig mit den Armen.

„Das ist es ja gerade! Eine Nova ist zweifellos einNaturphänomen. Da vorn, vier Lichtjahre entfernt,fand eine atomare Entladung unvorstellbarenAusmaßes statt, wie sie nur bei der Explosion vonSonnen beobachtet werden kann. Aber der rote Sternist unverändert. Na, meine Herren, wenn das keinPhänomen ist ...“

„Ich meine, Sie hätten gesagt ...“„Stimmt, Sie haben völlig recht Sir. Weil kein

Phänomen stattfand halte ich die ganzeAngelegenheit für ein ausgesprochenes Phänomen!“

Atlan schüttelte verzweifelt der Kopf und sahRhodan hilflos an.

Rhodan lächelte flüchtig. Er kannte Zech-Mellard.

Statt mit einem Satz zu sagen, was er sagen wolltestrapazierte er die Sprache und verkomplizierte selbstdie einfachster Dinge.

„Soll ich übersetzen, Atlan? Zech-Mellard meint,es sei ein Wunder wenn man auf den Ortern praktischdie gleichen Energiemengen wie bei Entstehen einerNova feststellt, und wenn dann der Stern unverändertbleibt.“

„Sehr richtig“, sagte der Astronom. „So kann manes natürlich auch ausdrücken.“ Er knurrte verächtlich.„Es ist einfacher.“

Auf den Bildschirmen erschien die rote Sonne,dann der Planet.

Die Vergrößerung verriet endlich Einzelheiten.Aus dem Interkom ertönte Oberst Rudos Stimme:„Entfernung noch ein Lichtjahr. Wir verlassen in

wenigen Minuten den Zwischenraum. Dann beträgtdie Entfernung zum Ziel noch zwei Lichtminuten. Icherwarte weitere Anweisungen.“

Rhodan beobachtete die Bildschirme desTeleskops.

„Eine atomare Explosion, ohne Zweifel. DerPlanet muß bewohnt sein.“

„Ein Phänomen!“ stellte Zech-Mellard mitNachdruck fest.

Atlan nahm Rhodan beim Ärmel.„Schnell, in die Zentrale. Vielleicht werden wir

landen. Wir müssen feststellen, was die Explosionverursachte. Was ist geschehen?“

Die CREST kam aus dem Zwischenraum in dasnormale Universum zurück. Auf den Bildschirmenwar der Planet der roten Sonne zu erkennen.

Er zeigte auf seiner Oberfläche keine Spur vonLeben oder einer vorhandenen Zivilisation. Nur aneiner Stelle glühte noch ein gewaltiger Krater vonvielen Kilometern Durchmesser. An seinem Randlagen die Trümmer zerschmolzener Gebäude undeinige verformte Schiffe.

„Akonenschiffe, ich kenne die Bauart.“ AtlansStimme verriet Überraschung. „Vielleicht einer ihrerzahlreichen Stützpunkte. Aber wer kann ihnangegriffen und vernichtet haben?“

Die CREST schwebte in geringer Höhe über derUnglücksstelle. Die anderen elf Schiffe warteten ingrößerer Entfernung. Das Labor meldeteStrahlungswerte und eine radioaktiv verseuchteWasserstoff-Ammoniak-Atmosphäre.

Von der unbewohnten Seite des Planeten her kamein Schatten. Er war gegen den Sternenhintergrunddeutlich zu erkennen, denn die schwarze Tarnfarbehatte nur dort wirksame Gültigkeit, wo es wenigSterne gab. Wie etwa im großen Abgrund zwischenMilchstraße und Andromeda.

„Ein Schiff der Maahks!“ rief Oberst Rudo aus.„Ob sie die Angreifer waren?“

„Vielleicht verhält es sich umgekehrt“, sagte

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Rhodan und ließ das schwarze Schiff nicht aus denAugen. „Wenn ja, dann entkam es dem Angriff.Oberst, fordern Sie die Maahks auf, sich zu ergebenund widerstandslos in unverseuchtem Gebiet zulanden. Ihr Schiff wird von uns übernommen. “

Rudo gab den Befehl an seine Kommandostelleweiter.

„Es ist sinnlos“, prophezeite Atlan.„Maahks ergeben sich niemals. Sie sterben lieber.

Wollen wir es darauf ankommen lassen?“„Ja“, sagte Rhodan einfach und nickte.Die Maahks mußten den Funkspruch

aufgenommen und übersetzt haben, aber siereagierten so, wie Atlan vorausgesagt hatte. Zwargriffen sie nicht an, aber sie versuchten in den Raumzu fliehen. Rhodan, der gern erfahren hätte, was aufdem unbekannten Planeten geschehen war, ließ dasschwarze Schiff verfolgen, das inzwischen von denelf wartenden Einheiten eingekesselt wurde. Als einleichter Kreuzer im Feuer der Konverterkanoneverglühte, gab er seine Absicht auf.

„Rudo - Transformstrahler einsetzen.“Das war das Todesurteil für die Maahks.So kompromißlos, wie sie lebten und kämpften, so

kompromißlos starben sie auch, wenn sich ihnen keinAusweg mehr bot.

„Schade“, sagte Atlan, als alles vorbei war. „Nunerfahren wir nie, was hier geschah. Es wäre vielleichtwichtig für uns gewesen. Außerdem meine ich ...“

„Verzeihung, Sir“, unterbrach derNavigationsoffizier am Nebentisch.

„Eine wichtige Beobachtung meinerSuchabteilung. Fünf Lichtminuten Entfernung,Richtung BQ-l9-OB. Ein fremdes Schiff. Die geringeGröße läßt auf ein Rettungsboot schließen.“

Rhodan eilte zu den Orterschirmen. Die Umrissewaren deutlich zu erkennen.

„Eine plattgedrückte Kugel - akonischer Bauart.Vielleicht handelte es sich um Überlebende derKatastrophe. Wir müssen versuchen, sie lebend zubekommen. Zum Glück sind Akonen nicht soselbstmörderisch veranlagt wie Maahks. Beeilen Siesich, Oberst. Nehmen Sie Funkverbindung auf.“

Mit einfacher Lichtgeschwindigkeit rasten dieCREST und die zehn restlichen Schiffe auf dasunbekannte Objekt zu.

In der Waffenzentrale wartete Major Cero Wiffertauf das entscheidende Kommando. Ein Knopfdruck,und das kleine Schiff würde aufgehört haben zuexistieren.

*

Es waren vier Akonen, die Gucky hielten. DasKopfgitter, so stellte er verwundert fest, war nichtdasselbe, das er früher getragen hatte. Die Maahks

waren so schlau gewesen, mehrere davonherzustellen und an die Akonen zu verteilen.

Er rührte sich nicht, als sie ihm den Nadler aus derTasche zogen.

Ein fünfter Akone kam hinzu, ein Offizier. Ersprach fließend Interkosmo.

„Du bist der Mutant, den sie Gucky nennen?“fragte er, aber es klang mehr nach einer befriedigtenFeststellung. „Wo sind die anderen?“

„Sucht sie doch“, forderte Gucky ihn patzig auf.Er taumelte von dem Schlag, den ihm ein anderer

Akone mit der Faust versetzte.Warte nur, dachte er grimmig. Noch vierzig

Minuten, dann lebst du nicht mehr. - Und ich wohlauch nicht.

„Antworte!“ fuhr der Offizier ihn an.„Keine Ahnung. Ich floh, das ist alles.“„Und was wolltest du im Arsenal?“Gucky nahm sich Zeit und probierte vorsichtig,

wie fest sie das Gitter auf seinen Kopf gepreßthielten. Nicht sehr fest, stellte er mit neuer Hoffnungfest. Mit einem überraschenden Ducken würde ervielleicht nach unten wegtauchen und sich davonbefreien können. Aber er wollte kein Risikoeingehen. Er mußte sie zuerst in Sicherheit wiegen.Wenn sie ihn schlugen, achteten sie nicht so sehr aufdas Gitter, obwohl sie seine Bedeutung genauerkennen mußten.

„Ich hielt es für den Speisesaal - ein bedauerlicherIrrtum.“

Sie schlugen ihn nicht.„Wo sind die anderen?“ wiederholte der Offizier

seine erste Frage.„Und wenn ich es wüßte, ich würde es euch nicht

verraten!“ Gucky war fest entschlossen, die Akonenso zu reizen! daß sie alle Vorsicht vergaßen.„Oberhaupt seid ihr die schäbigsten Kreaturen, diemir je begegneten. Ihr verbündet euch mit denMaahks, nur weil sie die Feinde der Terraner sind.Wißt ihr nicht, daß sie eines Tages auch euchvernichten werden? Da wird euch auch dieKonverterkanone nichts nützen.“

„Was weißt du davon?“ Der Offizier schienerschrocken. Er packte Gucky am Rockaufschlag derKombination. Dabei bückte er sich, um ihm besserins Gesicht sehen zu können. „Was weißt du von derKonverterkanone?“

„Eine ganze Menge“, log Gucky und bemerkte,daß sich die beiden Akonen, die ihm das Gitter aufden Kopf drückten, etwas aufrichteten.Wahrscheinlich taten ihnen vom Bücken dieKnochen weh. Der Druck auf Guckys Kopf ließetwas nach. Wenn er sich jetzt fallen ließ...

„Rede schon“, forderte der Offizier ihn auf.„Vielleicht verzichten wir auch darauf, dich denMaahks auszuliefern. Wenn du aber störrisch bist,

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sorgen wir dafür, daß sie dich ohne Raumanzug imGebirge absetzen.“

Noch dreißig Minuten, dann würde die Bombeexplodieren. Es wurde allmählich Zeit, daß er sich inSicherheit brachte. Aber auf der anderen Seitedurften er, Ras und Tako nicht zu früh starten. Wennsie von der halben Akonenflotte verfolgt wurden,möglicherweise sogar von den Maahks auch, gerietensie erneut in Gefahr. Außerdem wurde dann derZweck der Atomexplosion nicht erreicht.

„Ja, das ist so“, begann Gucky und machte eingeheimnisvolles Gesicht. Der Offizier musterte ihnvoller Erwartung. Gucky streckte sich ein wenig, umspäter mehr Spielraum zu erhalten. Die Hände, diedas Gitter hielten, gingen ebenfalls etwas nach oben.„Dies hier ist euer größtes Schiff, und da gibt es auchdie meisten Verstecke. Darum kamen wir hierher.Und bei der Gelegenheit hörten wir, wie sich zweiWissenschaftler über die Konverterkanoneunterhielten. Übrigens schon mal was vonSchwerkraft gehört?“

„Was ... wieso Schwerkraft ...?“ stotterte derOffizier verdutzt.

„Die spielt eine große Rolle bei dem? was gleichpassieren wird. Paßt genau auf, ihr Akonen! Es istwichtig, denn ich bin sicher, eure Vorgesetztenwollen nachher genau wissen, wie es geschah.Vielleicht sperrt man euch auch ein, weil ihr sodämlich wart ...“

Gucky ließ sich einfach fallen. Wie erwartet bliebdas Kopfgitter oben in den Händen der beidenAkonen hängen. Mit einem Ruck warf sich Guckygegen die Beine des Offiziers, der in der Hocke nurwenig Gleichgewicht halten konnte. Er konzentriertesich dabei auf die Zentrale des kleinen Beibootes sahsie genau vor sich, hielt den verzweifelt um sichschlagenden Offizier mit beiden Händen fest - undteleportierte.

Ras stand an der für und zog den Strahler, als ergleichzeitig mit Gucky auch einen Akonen aus demNichts materialisieren sah.

„Wen bringst du denn da mit?“Gucky nahm dem Offizier die Waffe ab.„Wir nehmen ihn mit, denn er war so nett zu mir.

Außerdem scheint er einiges zu wissen, das Rhodanvielleicht interessiert.“ Er sah auf seine Uhr. „Wirhaben noch zwanzig Minuten, dann explodiert dieBombe.“

„Nichts wie ab!“ rief Tako und griff nach denKontrollen.

„Warte noch, Tako!“ Gucky deutete auf denGefangenen. „Bringe ihn zu den anderen, Ras. Wirunterhalten uns später mit ihm.“ Er wandte sichwieder an Tako. „Wenn wir jetzt starten, haben wirdie Meute hinter uns. Wir müssen warten, und zwarbis zum letzten Augenblick. Es ist kaum

anzunehmen, daß sie uns jetzt noch finden. Laufendie Funkgeräte?“

„Alles in Ordnung. Was ist überhaupt passiert? Dubliebst ziemlich lange fort.“

Gucky erzählte es ihm.„Hast du aber Glück gehabt“, stellte Tako fest.

„Ich verstehe nicht, warum die Akonen nicht besseraufpaßten.“

Gucky grinste vergnügt.„Es ist immer wieder dasselbe. Humanoiden, also

Menschen, unterschätzen alle Lebewesen, dieÄhnlichkeit mit ihren Tierarten haben. Nun sind sieum eine Erfahrung reicher, aber sie wird ihnen nichtsmehr nützen, denn in fünfzehn Minuten sind sie tot.Schade eigentlich. So wird niemand mehr erfahren,wie ich sie hereinlegte. Ich selbst bin ja zubescheiden, um mit meinen Taten zu prahlen.“ Er sahTako treuherzig an. „Es widerstrebt mir, weißt du.Wenn es soweit ist, würdest du dann vielleicht ...?“

Der Japaner lächelte freundlich.„Keine Sorge, du kannst dich auf mich verlassen.

Die Galaxis wird erschauern, wenn sie von deinerletzten Tat erfährt.“

Gucky ging zu ihm und klopfte ihm auf dieSchultern.

„Danke“, flüsterte er gerührt. „Vielen Dank. Undsorge auch bitte dafür, daß Bully es erfährt. - So, undnun werde ich mich darum kümmern, daß wir nichtüberrascht werden. Ich habe zwar durchblickenlassen, daß wir uns in dem Schlachtraumer versteckthaben, aber ich weiß nicht, ob sie uns das glauben.“

Aus dem Lautsprecher kamen unverständlicheSprachfetzen - Befehle in verschlüsselter Form.Gucky wußte nicht, wo der Entschlüßler war. Erignorierte die Funkgeräte und verließ sich lieber aufdie Bildschirme, auf denen er wenigstens verfolgenkonnte, was draußen vor sich ging.

Suchkommandos der Maahks marschierten voneinem Schiff der Akonen zum anderen. Es schienMeinungsverschiedenheiten zwischen ihnen und denAkonen zu geben Vielleicht war es Mißtrauen dasplötzlich auftauchte. Vielleicht glaubten die Maahks,die Akonen hätten die drei Mutanten wieder eingefangen und wollten sie nun selbst behalten.

Jedenfalls wurde immer nur einem Maahk erlaubt,ein Akonenschiff zu betreten. Das, so stellte Guckybefriedigt fest, verzögerte die Aktion natürlich. Unternormalen Umständen wären die Schiffe viel schnellerdurchsucht worden.

Ras kam zurück.„Ein sehr gesprächiger Bursche, dein

Akonenoffizier“, berichtete er. „Hat mir Himmel undHölle versprochen, wenn ich ihn laufen lasse. Ichhabe ihn darüber aufgeklärt, daß er wirklich in dieHölle geriete, wenn ich das täte. Da wurde er dannplötzlich ganz still und sagte nichts mehr.“

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„Kann ich mir denken.“ Gucky deutete auf dieSchirme. „Kurble den Motor an, Tako. Sie kommenin unsere Richtung. “

Die Suchkommandos hatten sich aufgeteilt, alsfeststand, daß immer nur ein Maahk sich aktivbetätigen konnte. Zwei von ihnen kamen auf dasBeiboot zu.

Tako blieb gelassen.„Keine Sorge. Ich brauche nur den Fahrthebel

vorzuziehen, dann starten wir mit hoherBeschleunigung. Wir haben noch zehn Minuten biszur Detonation. Irgendwie müssen wir versuchen,noch fünf bis acht Minuten herauszuholen. ZweiMinuten werden sie brauchen, bis sie uns verfolgenkönnen. Die Explosion erwischt sie mitten in denStartvorbereitungen.“

Die beiden Maahks standen vor den kleinenBeiboot und versuchten, sich durch Gestenverständlich zu machen. Sie schienen nicht zubegreifen, daß die Luke verschlossen war und sichkeiner von der Besatzung sehen ließ. Immerhinbenötigten sie kaum zwei Minuten, bis sie Verdachtschöpften. Einer sprach in ein winziges Gerät, das eraus der Tasche geholt hatte.

„Jetzt gibt er seine Beobachtungen durch“,vermutete Ras. Er sah auf die Uhr. „In fünf Minutenkönnen wir starten.“

Es waren lange und spannungsgeladene Minuten.Zuerst geschah nichts, dann marschierte eine

Abteilung von Robotern herbei. Ihnen folgten einigeOffiziere der Akonen. Ihnen mußte es rätselhafterscheinen, daß die Wissenschaftler sich in ihremBeiboot einschlossen und niemand hereinließen,nicht einmal auf Funkanfragen reagierten.

Tako sagte, ohne sich umzudrehen:„Ras, hast du den gefangenen Akonenoffizier

durchsucht?“„Warum? Wir hatten ihm die Waffe abgenommen

und ...“„Er könnte einen Sender haben.“Ras sah Gucky an. Der Mausbiber nickte. Er zeigte

auf den Bildschirm, der die nächste Umgebungwiedergab.

„Er könnte nicht, er hat.“Die Roboter standen im Halbkreis vor dem Schiff.

Sie waren mit schweren Strahlern bewaffnet, die siejetzt anhoben und gegen das Beiboot richteten. EinKommando ertönte, und dann eröffneten die Roboterdas Feuer.

Viel konnten sie nicht damit anrichten, aber wennder Beschuß lange genug anhielt, würden sie einLeck in die Hülle schweißen. Das war das letzte, wasGucky, Ras und Tako gebrauchen konnten.

„Starten!“ brüllte Ras.Tako zog den Hebel vor.Nebenan in der Funkzentrale verstummten die

Lautsprecher. Das Feuer der Roboter mußte dieAußenantennen abgeschmolzen haben.

Mit einem heftigen Ruck, der durch dieAndruckabsorber sofort ausgeglichen wurde, hob daskleine Schiff ab und schoß hinauf in den hellenNachthimmel von Metha. Es dauerte nur wenigeSekunden, dann wurde die rote Sonne sichtbar.

„Wir haben noch zwei Minuten bis zur Explosion“,sagte Gucky. „Hoffentlich dauert es noch solange, bissie starten und uns verfolgen.“

Tako verringerte die Beschleunigung. Mit nurwenigen Kilometern pro Sekunde entfernten sie sichvon Metha. Unter ihnen verwischten sich dieEinzelheiten. Im Vergrößerungsschirm war zuerkennen, - daß die Suchkommandoszusammenströmten und dann in den Schiffenverschwanden. Als erstes startete eins der schwarzenSchiffe der Maahks. Es hatte einen gewaltigenVorsprung vor den Akonen, die länger brauchten, umsich von der Überraschung zu erholen.

Noch eine Minute. Noch dreißig Sekunden.Fünf Akonenschiffe erhoben sich vom Raumfeld

und jagten in den Raum hinaus.Sie schafften es nicht mehr.Plötzlich war es so, als bräche ein Vulkan aus. Die

Erde tat sich auf und verschluckte wie mit einemglühenden Schlund die Flotte der Akonen, die Schiffeder Maahks und die halbfertige Stadt. Dann raste deraus Tausenden von Explosionen bestehendeAtompilz in den Raum hinaus und holte die fünfSchiffe der Akonen ein, riß sie herab in die Tiefe undzerschmetterte sie am Rand des Kraters.

Das schwarze Schiff der Maahks entkam zwar derallgemeinen Vernichtung, aber es gab die Verfolgungauf. Langsam und zögernd kehrte es zu dem PlanetenMetha zurück und begann mit seiner Suche nach denÜberlebenden. Nun würde es viel länger dauern, bisdie neue Zivilisation aufgebaut wurde. Dann aber ...

Es gab kein „dann aber“.Stunden später kam Rhodans kleine Flotte, fand

die einzigen Überlebenden und sorgte dafür, daß dieso plötzlich aus der Vergangenheit aufgetauchteGefahr wieder erlosch.

„Die Funkgeräte sind im Eimer“ stellte Gucky fest.„Kein Piepser.“

„Wo sind sie?“ erkundigte sich Tako verwundert.Gucky ließ seinen Nagezahn blitzen.„Stammt von Bully, der Ausdruck. Bedeutet, daß

sie nicht mehr zu gebrauchen sind.“„Dann funktionieren die Orter auch nicht mehr.

Möchte wissen, wie wir da etwas finden wollen. Wirmerken nicht einmal, wenn uns jemand verfolgt.Höchstens erst dann, wenn es zu spät ist.“

„Aber die Bildschirme sind doch noch inOrdnung.“

„Du weißt selbst, für welche Entfernungen sie

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taugen. Nein, mein Lieber, da müssen wir schon eineganze Menge Glück haben. Ras, was ist mit denAbwehrwaffen?“

„Die üblichen, die ein Beiboot hat. Vielleichthätten wir uns doch ein größeres Schiff aussuchensollen.“ Er griff sich an den Kopf und rüttelte an demGitter. „Das Ding fängt auch allmählich an, michnervös zu machen. Ich gäbe eine Menge dafür, wennich es endlich los wäre.“

„Ihr Menschen habt eben zu dicke Felle, Ras“,meinte Gucky überlegen. „Dickhäuter, würde ichsagen. Euer Schweiß taugt auch nicht viel. Aberberuhige dich, Ras. Der Chefarzt der CREST wirddas schon in Ordnung bringen. Er hat mir mal eineWarze auf dem Rücken ...“

Sie erfuhren nicht mehr, was mit der Warzegeschehen war, denn Tako rief plötzlich:

„Schiffe! Sie verfolgen uns.“Ras und Gucky rasten zu ihm.Auf den Schirmen waren deutlich elf Punkte

verschiedener Größen zu erkennen, die schnellherankamen. Die Formen waren noch nicht zuunterscheiden.

*

„Kugeln, würde ich sagen.“ Ras kniff die Augenzusammen. „Ja, es sind Kugeln, und zwar ohne diecharakteristische Abplattung der Akonen. Es kannsich somit nur um Terra-Einheiten handeln.“

„Na, Kugelraumer sind allgemein beliebt“, gabGucky zu bedenken.

„Bist du Telepath oder nicht?“ erinnerte ihn Tako.Seine Hand lag auf dem Beschleunigungshebel. „Wiesollen wir auf ihre Anfragen antworten, wenn wir sienicht einmal empfangen.“

Gucky kehrte in seinen Sessel zurück. Er schloßdie Augen und konzentrierte sich. Dann sagte er:

„Wenn da ein paar tausend Individuen zugleichdenken, kommt ein schöner Telepathiesalat heraus.Ihr habt ja keine Ahnung, wie schwer es ist, einImpuls abzutrennen und zu isolieren. Zum Glückhabe ich ja meine Erfahrungen ... Ja, es sind Terraner.Nicht beschleunigen, Tako. Warte noch. Jemanddenkt ans Schießen. Die kennen auch nichts alsschießen!“

„Sie sind nun ganz nahe“, sagte Tako dazwischen.„Ein Superschlachtschiff. Könnte es vielleicht dieCREST sein?“

„Es ist die CREST!“ jubelte Gucky. „Natürlich istes die CREST! Moment, gleich habe ich Rhodan.“

„Sie halten uns für Akonen“, befürchtete Ras.„Vielleicht schicken sie uns inzwischen eineFunkbotschaft, daß wir uns ergeben sollen, wir aberhören nichts und fliegen weiter, und dann ...“

Gucky sprang aus dem Sessel.

„Ras hat recht, allzu recht. Ich muß mich beeilen.Tako, setze die Geschwindigkeit herab und gib so zuerkennen, daß wir nicht fliehen wollen. Warte, bis ichzurück bin.“

„Du willst ...?“„Habe ich eine andere Wahl?“ Gucky grinste

flüchtig. „Schließlich bin ich der einzige Teleportervon uns Teleportern.“

Er entmaterialisierte.

*

„Aber, aber!“ piepste hinter Rhodan plötzlich einvorwurfsvolle Stimme, deren Klang unverkennbarwar. „Ich würde mir das noch einmal überlegen.Noch nie auf den Gedanken gekommen, daß eineFunkanlage ausfallen kann?“

Rhodan nahm den Finger vom Feuerleitknopf unddrehte sich langsam um. Sein Gesicht verriet wederÜberraschung noch Freude. Die eine Sekunde hattegenügt, beides unter Kontrolle zu bringen.

„Ach“, sagte er gleichmütig. „Du bist es? Fasthätte ich es mir ja denken können. Das akonischeSchiff wurde von Laien geflogen.“

Gucky las Rhodans Gedanken grinste zufriedenund watschelte auf ihn zu. Er streckte ihm die Händeentgegen.

„Du hast es nicht nötig, Perry, deine Rührung vormir zu Verbergen. Niemand soll sich seinerFreundschaft schämen, auch du nicht. Danke, daß dudie Suche nicht aufgabst. Ihr kamt zur rechten Zeit.“

„Die Explosion ...?“Gucky nickte.„Das waren wir, wie du richtig vermutest. Die

Akonen belieferten die Maahks mit Waffen, da habenwir ihnen die Suppe versalzen. Wir berichten dirnoch ausführlich. Kannst du jetzt Tako und Ras vonihrer Ungewißheit befreien?“

Zehn Minuten später betraten die beiden psionischlahmgelegten Teleporter die Hangarschleuse derCREST und wurden sofort von den Medizinern inEmpfang genommen. Die gefangenen Akonenwurden in Arrest gebracht und sollten später verhörtwerden.

Dann berichtete Gucky von Anfang an. Rhodanund Atlan unterbrachen ihn nicht, aber man sah ihrenGesichtern an, wie es in ihnen arbeitete. Als Guckyfertig war, herrschte langes Schweigen, dann meinteRhodan:

„Es war eine ungeheure Gefahr, daran besteht keinZweifel. Die Maahks hätten es mit Hilfe der Akonenin zwei oder drei Jahrhunderten geschafft, eine starkeMilitärmacht aufzustellen. Sie hätten die Akonen mitder Konverterkanone ausgerüstet. Wahrscheinlichwären wir in arge Bedrängnis geraten, Gucky, wenndu nicht so radikal vorgegangen wärst. Du darfst nun

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keine Gewissensbisse haben, denn du hast einengalaktischen Krieg verhindert.

Es blieb dir nichts anderes übrig. Wenn wir dieAkonen verhört haben wirst du erkennen, daß du daseinzig Richtige getan hast.“

„Ist die Gefahr nun für immer gebannt? Ich glaubenicht, daß ein Maahk überlebte, nachdem ihr dasschwarze Schiff vernichtet habt. Es war das einzige,das starten konnte.“

„Eine Gefahr wie die Methanatmer ist niemalserledigt“, warf Atlan ein. „Sie ließen uns mehr alszehntausend Jahre in Ruhe, um plötzlich wiederaufzutauchen. Wer weiß, wann wir ihnen wiederbegegnen. Wahrscheinlich schon bald, auf unseremWeg nach Andromeda.“

Das kurz darauf stattfindende Verhör bestätigteRhodans Behauptung. Gucky schien erleichtert, aberer vermied es, von diesem Einsatz zu reden. Er ließdas Tako für sich tun und achtete natürlich besondersdarauf, daß der Japaner lobend erwähnte, wie esGucky gelungen war, das Kopfgitter zu lösen.

In der Beobachtungskuppel erfuhr Gucky dann vonRhodan und Atlan die letzten Einzelheiten der Suchenach ihm und den beiden Freunden. Er zeigte sichäußerst gerührt über das große Aufgebot, das Rhodanzu diesem Zweck eingesetzt hatte und dankte ihm mitzärtlichen Piepsern die Iltu sicherlich in hellesEntzücken versetzt hätten. Aber Iltu weilte nochimmer auf dem Mars, wo sie wenn man Guckyglauben wollte, einem frohen Ereignis entgegensah.

Und das seit einigen Jahrzehnten!Draußen standen die Sterne, einer neben dem

anderen, daß kaum noch leerer Raum zwischen ihnenblieb. Die Ewigkeit aber lag in einer anderenRichtung, dort, wo es keine Sterne mehr gab. Dergewaltige Abgrund zwischen den beiden GalaxienMilchstraße und Andromeda, das war die Ewigkeit,die Unendlichkeit und das große Unbekannte Rhodanerhob die Hand und zeigte hinaus in den Raum.Schon öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, alsder Interkom schrillte.

„Kommandant an Administrator. Kommandant an...“

Rhodan drückte den Knopf ein.„Hier Rhodan. Was ist, Oberst?“„Bordhospital, Sir. Sie sollen hin kommen.“„Alles in Ordnung“, beruhigt, Gucky schnell, als er

Rhodans Besorgnis erkannte. „Es gebt ihnen besten. -ich habe Holdings Gedanken aber geespert.Operation gelungen, würde ein Arzt wohl da sagen.“

Sie verließen die Beobachtungskuppel.Wenigstens wollten sie die Kuppel verlassen, aber

sie wurden noch einmal aufgehalten.Der Chefastronom Zech-Mellard fiel ihnen

regelrecht in die Arme, als sich die Tür öffnete. Erfuchtelte mit beiden Armen in der Luft herum und

trat diesmal Gucky auf seine empfindlichen Zehen.Der Mausbiber machte einen gewaltigen Satz undbrachte sich in Sicherheit. Rhodan und Atlan tratenbereitwillig zur Seite, um den Gelehrtenvorbeizulassen.

„Phänomenal!“ stöhnte Zech-Mellard und eilte zuseinen Teleskopen. „Außerordentlich phänomenal!“

Gucky kam aus seiner Ecke und schaute demAstronomen nach.

„Seit wann haben wir Verrückte an Bord?“ fragteer scheu.

Rhodan lächelte.„Zech-Mellard ist alles andere als verrückt, mein

Kleiner. Du würdest dich wundern, wie intelligent erist nur benimmt er sich selten so. Man könnte ihn alseinen Sonderling bezeichnen. Wir lassen jedem seineEigenarten, wenn er seine Pflicht tut und etwasleistet. Gehen wir.“

Gucky sagte:„Einen Augenblick, den muß ich mir ansehen.“

Von hinten her näherte er sich Zech-Mellard, derbereits in seinem Drehsessel hockte und das Teleskopauf irgendeinen Punkt richtete. Er drehte an denEinstellknöpfen. Gucky tippte ihm auf die Schulter.„Was meinten Sie, was phänomenal wäre?“

„Phänomenal ist, wenn ...“ Zech-Mellard drehtesich um und sah Gucky mit aufgerissenen Augen an.Er schien ihn erst jetzt bemerkt zu haben Mit einemSatz war er aus dem Sessel. „Ein blinder Passagier!“rief er und eilte auf Rhodan und Atlan zu. „Sir, wirhaben einen blinden Passagier an Bord. EinenAußerirdischen! Sie müssen etwas unternehmen!“

„Es ist Gucky“, klärte Atlan ihn ruhig auf. „Wohaben Sie nur Ihre Augen, Professor?“

Zech-Mellard griff sich zerstreut an den Kopf.„Mein Gott, wo habe ich nur ...? Eben hatte ich sie

noch ... das verstehe ich nicht ...“„Einfach phänomenal!“ kommentierte Gucky

belustigt. Er reckte sich und klopfte Zech-Mellard aufdie Schulter. „Beruhigen Sie sich, Professor. WennSie Ihre Augen verlegt haben, können Sie michwenigstens nicht sehen und brauchen sich nichtaufzuregen.“

Zech-Mellard nickte erleichtert.„Oh, das stimmt. Leben Sie wohl. Ich kann mich

dann wohl um das Phänomen kümmern, das ich gernbeobachten möchte. Es handelt sich wahrscheinlichum ein dreidimensional verschlungenes Energiefeld,das in den Wirkungsbereich einessechsdimensionalen Magnetkraftfeldes geriet. Einenergetischer Wirbel wurde erzeugt, der mitÜberlichtgeschwindigkeit durch den Hyperraum ohneZeitverlust in Richtung ...“

Atlan schloß die Tür von außen und atmete auf.„Wirklich, ein seltsamer Mensch, dieser

Zech-Mellard.“

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„Aber kein dummer“, wiederholte Rhodan.„Eine phänomenale Type“, faßte Gucky zusammen.Ras und Tako saßen in ihren Betten. Sie waren ausder Narkose erwacht. An den Schläfen waren dickeHeilplasmapflaster zu erkennen.„Die Gitter mußten operativ entfernt werden“, sagteRas.„Hat überhaupt nicht weh getan“, bestätigte Tako.„Unsere Fähigkeiten gingen nicht verloren. Wirhaben es schon ausprobiert.“„Phänomenal!“ sagte Gucky mit Nachdruck.Rhodan sah ihn von der Seite her an.„Du sprichst wie der Professor. Was istphänomenal?“Gucky setzte sich auf den einzigen Stuhl desRaumes.„Eigentlich nichts, aber das Wort gefällt mir so gut.“Rhodan gab es auf. Er beglückwünschte die beidenMutanten zu der erfolgreichen Operation, sprachnoch einige Worte mit den Ärzten und kehrte dann indie Kommandozentrale zurück, um mit Oberst Rudoden Kurs zu besprechen.Atlan blieb noch eine Weile, ehe er sich von Ras undTako verabschiedete. Als er sich nach Guckyumdrehte, sah er nur den leeren Stuhl.„Nanu, ich habe ihn ja gar nicht fortgehen hören.“„Er teleportierte“, berichtete Ras. „Wahrscheinlich ister müde und will schlafen. Schließlich hat er einigesgeleistet und hat ein Recht darauf, sich auszuruhen.“

„Das hat er ganz gewiß“, bestätigte Atlan und ging.Ras und Tako ließen sich in die Kissen zurücksinken.„Ich bin froh, daß alles vorbei ist“ sagte Ras. „EinBett, ein gutes Schiff, Freunde - und soviel Luft, wiewir haben wollen.“„Ich wußte, daß der Chef uns retten würde“, meinteTako einfach.Sie schlossen die Augen und waren wenige Minutenspäter eingeschlafen.In der Beobachtungskuppel aber hockte Gucky indem zweiten Sessel hinter den Teleskopen und ließsich von Professor Zech-Mellard erklären, was einsechsdimensionales Magnetkraftfeld und eintemporal labiles Hyperkavernöses Raumgefüge war.Nachdem der Astronom eine halbe Stundegesprochen hatte und immer noch keine Antworterhielt, nahm er den Blick von den Bildschirmen undsah in Guckys Richtung.Gucky schlief mit offenem Mund.Professor Zech-Mellard schüttelte den Kopf.„Einfach phänomenal!“ sagte er.

E N D E

Die Mutanten hofften, daß Perry Rhodan sie nicht aufgeben würde - und ihre Hoffnungen wurden nichtenttäuscht.Wenig Hoffnung haben allerdings Major Halgor Sörlund und seine Kameraden, die von Allan D. Mercant alsSpione in Richtung Andromeda ausgeschickt werden. Der Solarmarschall hat die Männer nur deshalb für dasRisikounternehmen ausgewählt, weil sie bereits den Tod in sich tragen ...

VERSCHLEPPT NACH ANDRO-ALPHA

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