1
HISTORIE WUSSTEN SIE... ZAHLEN Das  Weingut  Wöhr- le  umfasst  18 Hektar Ge- samtrebfläche;  davon  sind  15,5  Hektar  bestockte  Reb- fläche, 13,5 Hektar Ertrags- rebfläche  und  zwei Hektar  Jungreben. Die  Erntemenge  schwankt  zwischen 4000 und 6000 Liter pro Hekt- ar – je nach Wetter, Rebsor- te  und  Traubenqualität.  40 Prozent gehen an Privat- kunden,  26  Prozent  in  den  Fach- und Lebensmittelhan- del,  21  Prozent  in  die  Gast- ronomie  und  13  Prozent  an  Firmenkunden. Vermarktet  werden  die  Weine  überwiegend in Deutschland;  nur  etwa  fünf  Prozent  gehen  in  den  Export. Der  Tank-  und  Holz- fasskeller hat eine Kapazität  von  120 000 Litern, das Fla- schenlager  bietet  Platz  für  100 000 Flaschen. Das  Weingut  Wöhrle  wird  als  Familienbetrieb von  Junior  Markus  Wöhr- le und Ehefrau Tanja sowie  von Senior Hans Wöhrle und  Ehefrau Monika gemeinsam  geführt. Hinzu kommen ein Angestellter und ein Aus- zubildender. Zur Lese kom- men  bis  zu  200  erfahrene  Helfer aus Rumänien. H ans  und  Moni- ka  Wöhrle  pachte- ten  1979 das in wirt- schaftliche  Schwierigkeiten  geratene  Weingut  der  Stadt  Lahr  und  integrierten  es  in  den  eigenen  Weinbau- betrieb.  Es  entstand  nach  umfassenden  Investitionen  das  private  Weingut  Stadt  Lahr,  Inh.  Familie  Wöhr- le.  1997 erwarb die Familie  das Weingut, die städtischen  Weinberge wurden langfris- tig  gepachtet.  Erste  Impul- se für eine biologische Wirt- schaftsweise wurden bereits  in  den  80er-Jahren aufge- griffen.  Die  Rebflächen  des  Weinguts  sollten  nachhal- tig  ohne  schädigende  Ein- griffe  auf  Flora  und  Fau- na  bearbeitet  werden.  Die  Umstellung  auf  die  Bewirt- schaftung  unter  völligem  Verzicht  auf  chemisch-syn- thetische  Pflanzenschutz-,  Unkrautbekämpfungs-  und  Düngemittel  dauerte  meh- rere  Jahre.  Mit  einer  um- fassenden  Sanierung  des  Hauptgebäudes 2003 und ei- nem Erweiterungsbau  2013 erhielt  das  Weingut  sein  heutiges  Erscheinungsbild.  In  der  Zwischenzeit  –  2004 – wurde das Weingut in die  Reihen  des  Verbands  Deut- scher  Prädikatsweingüter  (VDP Baden) aufgenommen. ...dass  das  Weingut  Wöhrle 1991 als kontrollier- ter ökologischer Weinbaube- trieb zertifiziert wurde? ...dass  das  Weingut  bis  heute  der  einzige  kontrol- liert  biologische  Weinbau- betrieb im Ortenaukreis ist? ...dass sich die Produk- tionsfläche  ausschließlich  am  Schutterlindenberg  be- findet? ...dass  die  Gutswein- berge  sich  in  mehr  als  60  Einzelparzellen gliedern? ...dass  auf  typischen  Lös-Löslehm-Terrassen  –  mit  kalkhaltigem  Konglo- merat-Gestein  im  Unter- grund –  angebaut wird? ...dass nur drei bis vier  Prozent der Weinbetriebe in  Deutschland  ökologisch  ar- beiten? Vom Weinberg ins Fass, von der Flasche ins Glas: Welcher Aufwand wird eigentlich beim Weinanbau betrieben? Interessierte Leser des LAHRER ANZEIGERS konn- ten dies am Mittwoch in Erfahrung bringen. Das Weingut Wöhrle öffnete im Rahmen der Sommer- aktion »Offenes Werks- tor« seinen Betrieb. VON STEFAN ANGELE (T EXT) UND STEPHAN HUND (FOTOS) Lahr. Es  regnet.  Kein  Wet- ter  für  eine  Weinbergwande- rung. Die erste Etappe des »Of- fenen  Werkstors«  beim  Lahrer  Weingut  Wöhrle  am  Mittwoch- nachmittag  muss  somit  aus- fallen.  Seniorchef  Hans  Wöhr- le  schafft  es  dennoch,  binnen  zweieinhalb  Stunden  interes- sante  Einblicke  in  seinen  Be- trieb  zu  geben.  Erste  Station:  das  Kelterhaus.  Eine  moderne  Kelterpresse  sorgt  hier  für  die  schonende Trennung von Trau- bensaft  und  Trester.  Der  Saft  fließt über Rohrleitungen in die  Stahltanks im Keller. Der Tres- ter wird vergärt und später zu- sammen mit Grünschnitt-Kom- post  als  natürlicher  Dünger  verwendet.  »Vom  ph-Wert  her  verträgt  unser  Boden  glückli- cherweise  die  Säure«,  erklärt  Wöhrle.  Aufgrund  der  Vergä- rung  werden  die  Kerne  inak- tiv  und  keimen  nicht.  »Wir  le- sen  gestaffelt«,  erklärt  Wöhrle  die  Arbeiten  während  der  Le- sezeit. »Wir gehen drei- bis vier- mal durch die Reben und ernten  nur die vollreifen Trauben – der  Saft muss uns schmecken«. Da- mit der Rotwein seine Farbe er- hält,  werden  die  Trauben  im  Saft  vergoren.  Die  Gärbehäl- ter für diese Sorten haben hyd- raulische  Paddel,  die  die  Trau- ben dann mehrmals sachte von  oben  nach  unten  in  den  Saft  drücken.  »Das  Rot  kommt  aus  den  Traubenschalen«,  erklärt  Wöhrle.  Für  die  hochwertigen  Weine  werde  das  inzwischen  –  so  wie  früher  –  auch  wieder  in  Holzfässern  von  Hand  ge- macht.   Im Keller des Gebäudes ste- hen  die  doppelwandigen  Edel- stahltanks,  die  dem  Weißwein  zur Reife verhelfen. Hier kom- men  biologische  Trockenhe- fen zum Saft hinzu – dann läuft  etwa acht bis zehn Tage bei 15  bis  18  Grad  Celsius  die  kont- rollierte  Vergärung.  »Der  He- fe müssen ideale Bedingungen  geboten  werden«,  so  Wöhrle.  Zur  Schonung  wird  der  Wein  bis  zur  Abfüllung  dann  nur  noch  einmal  bewegt:  Durch  den  Hefetrubfilter  geht  es  in  die  Lagerung.  Wöhrle:  »Unse- re  Überzeugung  ist,  dass  je- de  Bewegung  dem  Wein  Ener- gie entzieht.« Der Rotwein wird  in Holzfässern ausgereift – die  Barrique-Fässer können bis zu  drei  Jahre  lang  genutzt  wer- den.  Dann  verlieren  sie  ihre  aromatisierende Wirkung. Für  den  Rotwein  werden  ausschließlich hochwertige Na- turkorken  verwendet.  Darüber  hinaus nutzt das Weingut zwei  verschiedene  Arten  Schraub- verschlüsse.  Im  Flaschenlager  des  Weinguts  türmen  sich  die  Stahlbehälter  meterhoch.  Die  Flaschen  werden  »nackt«,  al- so  ohne  Etikett,  gelagert  –  eti- kettiert wird erst kurz vor dem  Verkauf.  »Müssen mehr machen« Sein  Betrieb  werde  drei- mal  pro  Jahr  kontrolliert,  be- richtet  der  Seniorchef.  »Bio- logisch  bedeutet:  Wir  müssen  mehr  machen  als  andere  –  wir  können  vorbeugen,  aber  nicht  heilen.«  Verschiedene  Amino- säuren  sollen  die  Abwehrkräf- te  der  Pflanzen  mobilisieren.  Auch werde flüssige Kieselsäu- re  verwendet.  Momentan  lö- se  bei  vielen  Winzern  die  aus  Asien  eingewanderte  Kirsch- essigfliege  Panik  aus.  Es  wur- de  festgestellt,  dass  diese  Flie- genart  nicht  nur  in  Kirschen,  Zwetschgen  und  Beeren  ihre  Eier legt, sondern auch in – ge- sunde  –  Weintrauben.  Zudem  gebe es noch zwei, drei weitere  neue, problematische Insekten- arten, sagt Wöhrle am Ende der  Führung: »Wir wissen, dass wir  nichts wissen.«   Der Weg der Traube in die Flasche Sommeraktion »Offenes Werkstor« (2): Leser des LAHRER ANZEIGERS lernen den ökologischen Betrieb auf dem Weingut Wöhrle kennen INNENANSICHTEN Das Weingut Wöhr- le legt Wert auf schonende Verar- beitung. Diese be- ginnt beim Boden, dem Stickstoff und Kalium zugeführt werden. »Herbizide sind das Schlimms- te für das Oberflä- chenwasser«, so Hans Wöhrle. Ge- gen Mehltau bei- spielsweise helfe Backpulver. In den Holzfäs- sern lagert der Spätburgunder knapp zwei Jah- re. Das Weingut Wöhrle hat sich auf trockene Wei- ne spezialisiert. In manchen Jahr- gängen wird aber auch Beerenaus- lese oder sogar Trockenbeeren- auslese geerntet. Auch im ökologi- schen Weinbau darf mit Kupferio- nen gespritzt wer- den – bis zu drei Kilogramm pro Jahr. Das Wein- gut Wöhrle hat sich dafür ent- schieden, es auf 1,1 bis 1,8 Kilo- gramm jährlich zu beschränken. ZITIERT: DAS SAGEN UNSERE LESER Johanna Slomka, 68 Jahre, aus Kehl: Wie ökologischer Weinbau funk- tioniert, war mir bisher kein Begriff – wel- che Arbeit und welch großer Idealismus da- hintersteckt. Das erklärt auch die hohen Weinpreise. Dagobert Wenzel, 73 Jahre, aus Schwanau: Wie tiefgehend man informiert wurde, fand ich sehr beeindru- ckend. Beson- ders interes- siert hat mich der Einsatz von Fungiziden, Dünge- und Pflanzenschutz- mitteln. Stephan Lo- renz, 35 Jah- re, aus Kehl: Es war wirk- lich interes- sant. Vor allem hat mir gefal- len, detailliert und authen- tisch Einblick in einen mit Leidenschaft geführten Fa- milienbetrieb erhalten zu dürfen. OFFENES WERKSTOR Serie Die Europäische Union hat mit der Änderung des Wein- rechts vor zwei Jahren bei manchen Verbrauchern für Verwirrung bezüglich der Qua- litätsbezeichnungen gesorgt. »Feinherb bedeutet in der Re- gel halbtrocken«, erkärt Hans Wöhrle dazu. Bei den meisten Weingütern gebe es aber noch die traditionellen Bezeichnun- gen für Prädikatsweine: Ka- binett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese und Trocken- beerenauslese. »Eiswein ma- chen wir nicht«, so Wöhrle. Eine Bildergalerie zu diesem Thema finden Sie unter : www.bo.de | Webcode: 3AD43 www.bo.de/offenes-werkstor www.woehrle-wein.de Auf ein Gläschen beim Lahrer Weingut Wöhrle: Seniorchef Hans Wöhrle (rechts) führte Leser des LAHRER ANZEIGERS von der Kelterpresse bis zur Etikettiermaschine durch die Räumlichkeiten seines ökologischen Weinbaubetriebs am Fuße des Schutterlindenbergs.

Der Weg der Traube in die Flasche - Offenburger Tageblatt...Helfer schieden, es auf aus Rumänien. H ans und Moni-ka Wöhrle pachte- ten 1979 das in wirt-schaftliche Schwierigkeiten

  • Upload
    others

  • View
    6

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Der Weg der Traube in die Flasche - Offenburger Tageblatt...Helfer schieden, es auf aus Rumänien. H ans und Moni-ka Wöhrle pachte- ten 1979 das in wirt-schaftliche Schwierigkeiten

H I S T O R I E

WUSSTEN SIE . . .

Z A H L E N

◼ Das  Weingut  Wöhr-le  umfasst  18 Hektar Ge-samtrebfläche;  davon  sind 15,5  Hektar  bestockte  Reb-fläche, 13,5 Hektar Ertrags-rebfläche  und  zwei Hektar Jungreben.

◼ Die  Erntemenge schwankt  zwischen 4000 und 6000 Liter pro Hekt-ar – je nach Wetter, Rebsor-te  und  Traubenqualität.  40 Prozent gehen an Privat-kunden,  26  Prozent  in  den Fach- und Lebensmittelhan-del,  21  Prozent  in  die  Gast-ronomie  und  13  Prozent  an Firmenkunden.

◼ Vermarktet  werden die  Weine  überwiegend in Deutschland;  nur  etwa fünf  Prozent  gehen  in  den Export.

◼ Der  Tank-  und  Holz-fasskeller hat eine Kapazität von 120 000 Litern, das Fla-schenlager  bietet  Platz  für 100 000 Flaschen.

◼ Das  Weingut  Wöhrle wird  als  Familienbetrieb von  Junior  Markus  Wöhr-le und Ehefrau Tanja sowie von Senior Hans Wöhrle und Ehefrau Monika gemeinsam geführt. Hinzu kommen ein Angestellter und ein Aus-zubildender. Zur Lese kom-men  bis  zu  200  erfahrene Helfer aus Rumänien.

Hans  und  Moni-ka  Wöhrle  pachte-ten 1979 das  in wirt-

schaftliche  Schwierigkeiten geratene  Weingut  der  Stadt Lahr  und  integrierten  es in  den  eigenen  Weinbau-betrieb.  Es  entstand  nach umfassenden  Investitionen das  private  Weingut  Stadt Lahr,  Inh.  Familie  Wöhr-le. 1997 erwarb die Familie das Weingut, die städtischen Weinberge wurden langfris-tig  gepachtet.  Erste  Impul-se für eine biologische Wirt-schaftsweise wurden bereits in  den  80er-Jahren  aufge-griffen.  Die  Rebflächen  des Weinguts  sollten  nachhal-tig  ohne  schädigende  Ein-griffe  auf  Flora  und  Fau-na  bearbeitet  werden.  Die Umstellung  auf  die  Bewirt-schaftung  unter  völligem Verzicht  auf  chemisch-syn-thetische  Pflanzenschutz-, Unkrautbekämpfungs-  und Düngemittel  dauerte  meh-rere  Jahre.  Mit  einer  um-fassenden  Sanierung  des Hauptgebäudes 2003 und ei-nem Erweiterungsbau 2013 erhielt  das  Weingut  sein heutiges  Erscheinungsbild. In  der  Zwischenzeit  –  2004 – wurde das Weingut  in die Reihen  des  Verbands  Deut-scher  Prädikatsweingüter (VDP Baden) aufgenommen.

◼ ...dass  das  Weingut Wöhrle 1991 als kontrollier-ter ökologischer Weinbaube-trieb zertifiziert wurde?

◼ ...dass  das  Weingut  bis heute  der  einzige  kontrol-liert  biologische  Weinbau-betrieb im Ortenaukreis ist?

◼ ...dass sich die Produk-tionsfläche  ausschließlich am  Schutterlindenberg  be-findet?

◼ ...dass  die  Gutswein-berge  sich  in  mehr  als  60 Einzelparzellen gliedern?

◼ ...dass  auf  typischen Lös-Löslehm-Terrassen  – mit  kalkhaltigem  Konglo-merat-Gestein  im  Unter-grund –  angebaut wird?

◼ ...dass nur drei bis vier Prozent der Weinbetriebe in Deutschland  ökologisch  ar-beiten?

Vom Weinberg ins Fass, von der Flasche ins Glas: Welcher Aufwand wird eigentlich beim Weinanbau betrieben? Interessierte Leser des Lahrer anzeigers konn-ten dies am Mittwoch in Erfahrung bringen. Das Weingut Wöhrle öffnete im Rahmen der Sommer-aktion »Offenes Werks-tor« seinen Betrieb.

Von Stefan angele (text) und Stephan hund (fotoS)

Lahr.  Es  regnet.  Kein  Wet-ter  für  eine  Weinbergwande-rung. Die erste Etappe des »Of-fenen  Werkstors«  beim  Lahrer Weingut Wöhrle am Mittwoch-nachmittag  muss  somit  aus-fallen.  Seniorchef  Hans  Wöhr-le  schafft  es  dennoch,  binnen zweieinhalb  Stunden  interes-sante  Einblicke  in  seinen  Be-trieb  zu  geben.  Erste  Station: das  Kelterhaus.  Eine  moderne Kelterpresse  sorgt  hier  für  die schonende Trennung von Trau-bensaft  und  Trester.  Der  Saft fließt über Rohrleitungen in die Stahltanks im Keller. Der Tres-ter wird vergärt und später zu-sammen mit Grünschnitt-Kom-post  als  natürlicher  Dünger verwendet.  »Vom  ph-Wert  her verträgt  unser  Boden  glückli-cherweise  die  Säure«,  erklärt Wöhrle.  Aufgrund  der  Vergä-rung  werden  die  Kerne  inak-tiv  und  keimen  nicht.  »Wir  le-sen  gestaffelt«,  erklärt  Wöhrle die  Arbeiten  während  der  Le-sezeit. »Wir gehen drei- bis vier-mal durch die Reben und ernten 

nur die vollreifen Trauben – der Saft muss uns schmecken«. Da-mit der Rotwein seine Farbe er-hält,  werden  die  Trauben  im Saft  vergoren.  Die  Gärbehäl-ter für diese Sorten haben hyd-raulische Paddel, die die Trau-ben dann mehrmals sachte von oben  nach  unten  in  den  Saft drücken.  »Das  Rot  kommt  aus den  Traubenschalen«,  erklärt Wöhrle.  Für  die  hochwertigen Weine  werde  das  inzwischen –  so  wie  früher  –  auch  wieder in  Holzfässern  von  Hand  ge-macht.  

Im Keller des Gebäudes ste-hen  die  doppelwandigen  Edel-stahltanks,  die  dem  Weißwein zur Reife verhelfen. Hier kom-men  biologische  Trockenhe-fen zum Saft hinzu – dann läuft etwa acht bis zehn Tage bei 15 bis  18  Grad  Celsius  die  kont-rollierte  Vergärung.  »Der  He-fe müssen ideale Bedingungen geboten  werden«,  so  Wöhrle. Zur  Schonung  wird  der  Wein bis  zur  Abfüllung  dann  nur noch  einmal  bewegt:  Durch den  Hefetrubfilter  geht  es  in die  Lagerung.  Wöhrle:  »Unse-re  Überzeugung  ist,  dass  je-

de  Bewegung  dem  Wein  Ener-gie entzieht.« Der Rotwein wird in Holzfässern ausgereift – die Barrique-Fässer können bis zu drei  Jahre  lang  genutzt  wer-den.  Dann  verlieren  sie  ihre aromatisierende Wirkung.

Für  den  Rotwein  werden ausschließlich hochwertige Na-turkorken  verwendet.  Darüber hinaus nutzt das Weingut zwei verschiedene  Arten  Schraub-verschlüsse.  Im  Flaschenlager des  Weinguts  türmen  sich  die Stahlbehälter  meterhoch.  Die Flaschen  werden  »nackt«,  al-so  ohne  Etikett,  gelagert  –  eti-kettiert wird erst kurz vor dem Verkauf. 

»Müssen mehr machen«Sein  Betrieb  werde  drei-

mal  pro  Jahr  kontrolliert,  be-richtet  der  Seniorchef.  »Bio-logisch  bedeutet:  Wir  müssen mehr machen als andere – wir können  vorbeugen,  aber  nicht heilen.«  Verschiedene  Amino-säuren  sollen  die  Abwehrkräf-te  der  Pflanzen  mobilisieren. Auch werde flüssige Kieselsäu-re  verwendet.  Momentan  lö-se  bei  vielen  Winzern  die  aus Asien  eingewanderte  Kirsch-essigfliege  Panik  aus.  Es  wur-de  festgestellt,  dass  diese  Flie-genart  nicht  nur  in  Kirschen, Zwetschgen  und  Beeren  ihre Eier legt, sondern auch in – ge-sunde  –  Weintrauben.  Zudem gebe es noch zwei, drei weitere neue, problematische Insekten-arten, sagt Wöhrle am Ende der Führung: »Wir wissen, dass wir nichts wissen.«  

Der Weg der Traube in die FlascheSommeraktion »Offenes Werkstor« (2): Leser des Lahrer anzeigers lernen den ökologischen Betrieb auf dem Weingut Wöhrle kennen

I N N E N A N S I C H T E N

Das Weingut Wöhr-le legt Wert auf schonende Verar-beitung. Diese be-ginnt beim Boden, dem Stickstoff und Kalium zugeführt werden. »Herbizide sind das Schlimms-te für das Oberflä-chenwasser«, so Hans Wöhrle. Ge-gen Mehltau bei-spielsweise helfe Backpulver.

In den Holzfäs-sern lagert der Spätburgunder knapp zwei Jah-re. Das Weingut Wöhrle hat sich auf trockene Wei-ne spezialisiert. In manchen Jahr-gängen wird aber auch Beerenaus-lese oder sogar Trockenbeeren-auslese geerntet.

Auch im ökologi-schen Weinbau darf mit Kupferio-nen gespritzt wer-den – bis zu drei Kilogramm pro Jahr. Das Wein-gut Wöhrle hat sich dafür ent-schieden, es auf 1,1 bis 1,8 Kilo-gramm jährlich zu beschränken.

Z I T I E R T : D A S S A G E N U N S E R E L E S E R

Johanna Slomka, 68 Jahre, aus Kehl: Wie ökologischer Weinbau funk-tioniert, war mir bisher kein Begriff – wel-che Arbeit und welch großer Idealismus da-hintersteckt. Das erklärt auch die hohen Weinpreise.

Dagobert Wenzel, 73 Jahre, aus Schwanau: Wie tiefgehend man informiert wurde, fand ich sehr beeindru-ckend. Beson-ders interes-siert hat mich der Einsatz von Fungiziden, Dünge- und Pflanzenschutz-mitteln.

Stephan Lo-renz, 35 Jah-re, aus Kehl: Es war wirk-lich interes-sant. Vor allem hat mir gefal-len, detailliert und authen-tisch Einblick in einen mit Leidenschaft geführten Fa-milienbetrieb erhalten zu dürfen.

OFFENES WERKSTOR

Serie

Die Europäische Union hat mit der Änderung des Wein-rechts vor zwei Jahren bei manchen Verbrauchern für Verwirrung bezüglich der Qua-litätsbezeichnungen gesorgt. »Feinherb bedeutet in der Re-gel halbtrocken«, erkärt Hans Wöhrle dazu. Bei den meisten Weingütern gebe es aber noch die traditionellen Bezeichnun-gen für Prädikatsweine: Ka-binett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese und Trocken-beerenauslese. »Eiswein ma-chen wir nicht«, so Wöhrle.

Eine Bildergalerie zu diesem Thema finden Sie unter:

w w w. b o . d e | We b c o d e : 3 A D 4 3

www.bo.de/offenes-werkstor

www.woehrle-wein.de

Auf ein Gläschen beim Lahrer Weingut Wöhrle: Seniorchef Hans Wöhrle (rechts) führte Leser des Lahrer anzeigers von der Kelterpresse bis zur Etikettiermaschine durch die Räumlichkeiten seines ökologischen Weinbaubetriebs am Fuße des Schutterlindenbergs.