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11 Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2-2016 ALEXANDER LIMBERG, OLIVER JONAS & ANNETTE KOLBERG Brandenburg. geowiss. Beitr. Cottbus 23 (2016), 1/2 S. 11–15 5 Abb., 1 Tab., 1 Zit. In Berlin, wie auch in weiten Teilen des Norddeutschen Tieflandes, bildet der unteroligozäne Rupelton die entschei- dende Barriere zwischen dem hangenden, quartär-tertiären nutzbaren Süßwasserstockwerk zum liegenden Salzwasser- stockwerk (LIMBERG & THIERBACH 2002) (Abb. 1). Sind die elsterzeitlichen glazigenen Erosionsrinnen so tief eingeschnitten, dass der Rupelton komplett ausgeräumt ist, besteht an diesen Fehlstellen („Fenstern“) die Möglichkeit des Salzwasseraufstieges, insbesondere wenn im näheren Umfeld eine Grundwasserförderung betrieben wird. Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit in tiefen Grundwassermessstellen im Land Berlin Detection of possible defects in the Rupelian clay by measuring the specific electro-conductivity in deep groundwater wells in Berlin Anhand des dichten Bohrrasters in Berlin mit zahlreichen relativ tiefen Bohrungen konnten geologische Schnitte i. d. R. bis zur Oberkante des Rupeltons im Kilometerraster erzeugt werden. Dabei wurden fünf Fenster an folgenden Lokalitäten im Rupelton ermittelt: 1. Wannsee, 2. Neukölln, 3. Schmöckwitz, 4. Friedrichshagen und 5. Falkenberg (sie- he Abb. 2). In der Abbildung 3 ist im Schnitt W–E 21 die tiefe elster- zeitliche Rinne dargestellt, die den Rupelton im Bereich von Neukölln komplett bis auf die an dieser Stelle darunter 0 -50 -100 -150 -200 0 -100 -200 Der nicht überhöhte Schnitt zum Vergleich Quartär Tertiär Urstromtal Spree Barnim-Hochfläche Süden m NHN Norden GWL 1 GWL 2 GWL 3 GWL 4 GWL 5 Süßwasserstockwerk Salzwasserstockwerk qw - qh qhol - qs - qw tmi - qe - qhol Prätertiär - teo qw qsWA qsD qhol qe tmiBRo tolCO tolRT Prätertiär - teo qw qsWA qsD tmiBRu qhol qe qe qsD qe qe qe qe qh tolCO - tmi Teltow-Hochfläche Hydrogeologischer Schnitt durch Berlin 0 5 km (40-fach überhöht) Tertiär Quartär Quartär Grundwassergeringleiter Geschiebemergel, Tone, Schluffe, Mudden GWL 1 GWL 2 GWL 3 GWL 4 GWL 5 qw - qh qhol - qs - qw tmi - qe - qhol tolCO - tmi Prätertiär - Eozän Grundwasserleiter (Sande und Kiese) tmiBRo qe tmiBRo tolRT (zusammengefasst) tmiMO tmiBRu tmiBRu Panketal Hauptgrundwasserleiter Grundwasserdruckfläche Hauptgrundwasserleiter Grundwasserdruckfläche Panketalgrundwasserleiter Autor: A. LIMBERG (2013) t Tertiär tmiBRo tmiBRu tol tolCO tmi tolRT teo Miozän Ober-Brieske-Formation Unter-Brieske-Formation Oligozän Cottbus-Formation Rupelton-Formation Eozän tmiMO Möllin-Formation qh qw qs qsWA qsD qhol qe Holozän Weichsel - Kaltzeit Saale - Kaltzeit Warthe Stadium Drenthe Stadium Holstein - Warmzeit Elster - Kaltzeit q Quartär Abb. 1: Schematischer hydrogeologischer N–S Schnitt durch Berlin Fig. 1: Schematic hydrogeological north-south section through Berlin

Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung ... · Fig. 5: Extract from the geological section W–E19 with filter layer of piezometer measuring point 7040 with the

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11Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2-2016

alexander limberg, OliVer JOnas & annette kOlberg

Brandenburg. geowiss. Beitr. Cottbus 23 (2016), 1/2 S. 11–15 5 Abb., 1 Tab., 1 Zit.

In Berlin, wie auch in weiten Teilen des Norddeutschen Tieflandes, bildet der unteroligozäne Rupelton die entschei-dende Barriere zwischen dem hangenden, quartär-tertiären nutzbaren Süßwasserstockwerk zum liegenden Salzwasser-stockwerk (limberg & tHierbaCH 2002) (Abb. 1).

Sind die elsterzeitlichen glazigenen Erosionsrinnen so tief eingeschnitten, dass der Rupelton komplett ausgeräumt ist, besteht an diesen Fehlstellen („Fenstern“) die Möglichkeit des Salzwasseraufstieges, insbesondere wenn im näheren Umfeld eine Grundwasserförderung betrieben wird.

Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit in tiefen Grundwassermessstellen im Land Berlin

Detection of possible defects in the Rupelian clay by measuring the specific electro-conductivity in deep groundwater wells in Berlin

Anhand des dichten Bohrrasters in Berlin mit zahlreichen relativ tiefen Bohrungen konnten geologische Schnitte i. d. R. bis zur Oberkante des Rupeltons im Kilometerraster erzeugt werden. Dabei wurden fünf Fenster an folgenden Lokalitäten im Rupelton ermittelt: 1. Wannsee, 2. Neukölln, 3. Schmöckwitz, 4. Friedrichshagen und 5. Falkenberg (sie-he Abb. 2).

In der Abbildung 3 ist im Schnitt W–E 21 die tiefe elster-zeitliche Rinne dargestellt, die den Rupelton im Bereich von Neukölln komplett bis auf die an dieser Stelle darunter

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Der nicht überhöhte Schnitt zum Vergleich

QuartärTertiär

UrstromtalSpree

Barnim-HochflächeSüdenm NHN

Norden

GWL 1

GWL 2

GWL 3

GWL 4

GWL 5

Süßwasserstockwerk

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Teltow-Hochfläche

Hydrogeologischer Schnitt durch Berlin

0 5 km

(40-fach überhöht)

TertiärQuartär Quartär

Grundwassergeringleiter

Geschiebemergel, Tone, Schluffe, MuddenGWL 1

GWL 2

GWL 3

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GWL 5

qw - qhqhol - qs - qw

tmi - qe - qholtolCO - tmiPrätertiär - Eozän

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Autor: A. LIMBERG (2013)

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Abb. 1: Schematischer hydrogeologischer N–S Schnitt durch BerlinFig. 1: Schematic hydrogeological north-south section through Berlin

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12 Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2-2016

annette kOlberg, alexander limberg & OliVer JOnas

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Schnitt W - E 21

Abb. 2: Lage der Profilschnitte und der bekannten fünf Rupelton Fehlstellen in BerlinFig. 2: Location of the profile sections and the five known defects in the Rupelian clay in Berlin

Rupelton elsterzeitliche Rinne

Salzwasserstockwerk (Jura)

Süßwasserstockwerk (Känozoikum)

Abb. 3: Ausschnitt aus dem Schnitt W–E 21 im Bereich des Neuköllner Rupelton-Fensters, Nr. 2 in Abb. 2Fig. 3: Location of a segment from the section W–E 21 in the area of Neukölln’s window in the Rupelian clay, No. 2 in fig. 2

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13Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2-2016

liegenden Schichten des Jura erodiert hat, so dass hier ein Kontakt zum Salzwasserstockwerk besteht.

Die Arbeitsgruppe Landesgeologie der Senatsverwal-tung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin hat im Jahr 2015 im Rahmen von Temperaturmessungen an insgesamt 106 ausgewählten tiefen Grundwassermessstellen des 2. (19 Messstellen), des 3. (39 Messstellen) und des 4. (48 Messstellen) Grundwasserleiters (GWL) zusätzlich die spe-zifische elektrische Leitfähigkeit als Messparameter im je-weiligen Filterbereich erhoben.

Das Grundwasser weist in den anthropogen weitgehend unbeeinflussten GWL 2 bis 4 in der Regel eine spezifische elektrische Leitfähigkeit von deutlich unter 1 000 µS/cm (230 bis 900 µS/cm) auf. Über den bekannten Rupelton-Fenstern steigt die spezifische elektrische Leitfähigkeit be-dingt durch die geogene Versalzung erwartungsgemäß auf weit über 1 000 µS/cm an (Tab. 1).

Somit konnten die bekannten Fehlstellen (siehe Abb. 4), die mit Messstellen aus den GWL 3 und 4 belegt sind, veri-fiziert werden: Hier steigt die spezifische elektrische Leit-fähigkeit deutlich über 1 000 μS/cm an, die auf einen sehr hohen NaCl-Gehalt (> 1 000 mg/l) schließen lässt.

Bei der Auswertung der Leitfähigkeitswerte wurden die GWL 3 und 4 gemeinsam betrachtet, da die GWL meist in hydraulischer Verbindung stehen. Die Auswertungen sind in Form einer Isolinienkarte dargestellt (Abb. 4).

Darüber hinaus zeigte sich im Südwesten Berlins ein wei-terer Bereich mit deutlich erhöhter Leitfähigkeit an sechs untersuchten Messstellen im Grunewald. Der in diesem

Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit

GWLLf, min [μS/cm]

Lf, max [μS/cm]

Anzahl GWM mit Lf > 1 000 μS/cm

2 230 886 0 von 19

3 231 10 060 9 von 39

4 262 11 530 10 von 48

Abb.4: Darstellung der Isolinien der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit, gemessen in tiefen Grundwassermessstellen (GWL 3 und 4) mit Lage der bekannten fünf Fenster im Rupelton in BerlinFig. 4: Illustration of the contours of the specific electrical conductivity measured in deep groundwater wells (GWL 3 and 4), located out of five known windows in the Rupelian clay in Berlin

Tab. 1: Maximale und minimale spezifische elektrische Leitfähigkeit (Lf) in den betrachteten GWL und Anzahl der Grundwassermessstellen (GWM) mit Werten > 1 000 μS/cmTab. 1: Maximum and minimum specific electrical conductivity (Lf) in the considered aquifers (GWL) and number of groundwater monitoring wells (GWM) with values > 1 000 µS/cm

Page 4: Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung ... · Fig. 5: Extract from the geological section W–E19 with filter layer of piezometer measuring point 7040 with the

14 Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2-2016

Bereich erstellte geologische W–E Schnitt zeigt den noch intakten Rupelton (Abb. 5). Aber die elsterzeitliche Rinne ist von hier bis 2 km weiter südlich so tief eingeschnitten, dass nicht auszuschließen ist, dass der Rupelton in der nähe-ren Umgebung auch komplett erodiert sein kann. So besteht an dieser Stelle die Möglichkeit zu einem geogen bedingten Salzwasseraufstieg.

Weitergehende, verdichtende Untersuchungen sind hier dringend geboten, da westlich davon die Brunnengalerie ei-nes Wasserwerkes gelegen ist.

Zusammenfassung

Anhand des dichten Bohrrasters mit zahlreichen relativ tie-fen Bohrungen in Berlin sind bisher fünf Fehlstellen („Fen-ster“) im Rupelton bekannt. Sie weisen eine Verbindung vom Süßwasser- zum Salzwasserstockwerk auf. Anhand von Messungen der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit in tiefen Grundwassermessstellen (GWL 3 und 4) konnten

annette kOlberg, alexander limberg & OliVer JOnas

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12

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Messstelle 7040

Teltow Hochfläche Urstromtal

Süßwasserstockwerk (Känozoikum)

elsterzeitliche Rinne

Rupelton

Salzwasserstockwerk

Abb. 5: Ausschnitt aus dem geologischen Schnitt W–E 19 mit Filterlage der Grundwassermessstelle 7040 mit der gemessenen spezifischen elektrischen Leitfähigkeit (Lage des Schnittes s. Abb. 4)Fig. 5: Extract from the geological section W–E19 with filter layer of piezometer measuring point 7040 with the measured electric conductivity (position of the section s. fig. 4)

einerseits die bekannten Fenster aufgrund stark erhöhter Werte mit deutlich über 1 000 μS/cm verifiziert werden. An-dererseits gibt es im Südwesten von Berlin einen Hinweis auf eine weitere, mögliche bisher noch nicht bekannte Fehl-stelle im Rupelton.

Summary

Based on the tight drilling grid with numerous relatively deep drilling sites in Berlin five defect-areas in the Rupelian clay have been identified. These areas show a connection between freshwater and saline water floors. With specific electrical conductivity measurements in deep groundwater wells (GWL 3 and 4) these areas can be verified based on conductivities significantly above 1 000 µS/cm. In addition these measurements indicate the existence of one more, not yet known defect in the Rupelian clay in the south-west of Berlin.

Page 5: Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung ... · Fig. 5: Extract from the geological section W–E19 with filter layer of piezometer measuring point 7040 with the

15Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2-2016

Detektion möglicher Fehlstellen im Rupelton durch Messung der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit

Literatur

limberg, a. & J. tHierbaCH (2002): Hydrostratigrafie von Berlin – Korrelation mit dem Norddeutschen Gliede-rungsschema. – Brandenburg. geowiss. Beitr. 9, 1/2, S. 65–68, Kleinmachnow

Anschrift der Autoren:

Annette Kolberg, Alexander LimbergLandesgeologieSenatsverwaltung für Stadtentwicklung und UmweltBrückenstraße 610179 [email protected]@senstadtum.berlin.de

Oliver JonasTechnische Universität BerlinInstitut für Angewandte GeowissenschaftenFachgebiet Angewandte GeophysikSekr. BH 1-1Ernst-Reuter-Platz 110587 [email protected]