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„Nichts kann existieren ohne Ordnung – nichts kann entstehen ohne Chaos!“ – so formulierte Albert Einstein die Bedeutung des Chaos. Grundgedanken der Nichtlinearen Dynamik eignen sich, auf den im Physikunterricht gewonnenen Kenntnissen aufbauend, einen Einblick in ein modernes Gebiet naturwissenschaftlicher Forschung zu gewinnen. Sie fanden deshalb Eingang in neue Physiklehrgänge, so auch in den sächsischen Lehrplan Physik für Gymnasien /1/. Gedruckt im Rechenzentrum der Universität Leipzig. Deterministisches Chaos Deterministisches Chaos - studiert mit Kugelbahn und Magnetpendel studiert mit Kugelbahn und Magnetpendel Simone Rademacher*, Wolfgang Rieger*, Wolfgang Simone Rademacher*, Wolfgang Rieger*, Wolfgang Oehme Oehme** ** * * Geschwister Geschwister- Scholl Scholl- Gymnasium Gymnasium Taucha Taucha, ** Universit , ** Universität Leipzig t Leipzig Ansprechpartner: [email protected] Fakult Fakultät f t für Physik und Geowissenschaften r Physik und Geowissenschaften Bereich Didaktik der Physik Bereich Didaktik der Physik Leistungskurs 12 Experimente und Simulation Experimente und Simulation Magnetpendel Magnetpendel Geschwister Geschwister- Scholl Scholl Gymnasium Gymnasium Taucha Taucha Kugelbahn Kugelbahn Modellbildung und Simulation Experimente zur Sensitivität In Sachsen kann eine selbständige wissenschaftliche Arbeit als zusätzliche Prüfungsleistung in das Abitur eingebracht werden. Die hier vorgestellten Ergebnisse entstammen hauptsächlich einer solchen Besonderen Lernleistung im Fach Physik /2/. R FH FN FG Das Potential der Kugelbahn wurde aus einer Kugelfläche mit großem Radius und drei kosinusförmigen Mulden mit kleinerem Radius zusammengesetzt (s. Bilder K3 bis K5). Bild K3 Kugelfläche Bild K4 Kosinusmulde Bild K5 Gesamtpotential der Kugelbahn Grundidee der Simulation ist es, für jeden Zeitschritt die am Ort der Kugel wirksamen Teilpotentiale zu bestimmen und daraus den Betrag und die Richtung der wirkenden Hangabtriebskraft zu berechnen. Die Zeitintegration erfolgt mit dem Euler-Cauchy-Verfahren. Bild M3 Kräfte Für die Simulation wurden folgende vereinfachende Annahmen getroffen: a) Der Pendelkörper bewegt sich horizontal. b) Die Magnetkräfte lassen sich anlog dem Coulombgesetz mit dem magnetostatischen Kraftgesetz beschreiben. Bild M4 Resultierendes Potential Um die empfindliche Abhängigkeit der Bewegung der Kugel bzw. des Pendelkörpers von den Anfangsbedingungen (Sensitivität ) zu untersuchen, bietet sich ein Startpunkt auf einer der drei Symmetrielinien an. Die Kugel wird dabei mehrfach aus der Ruhe gestartet und diejenige der kleinen Mulden ermittelt, in der die Kugel zur Ruhe kam. Analog wurde beim Magnetpendel verfahren. Es ergaben sich folgende Ergebnisse: Bild M2 Sensitivität des Magnetpendels Einzugsgebiete und Reibungseinfluss Berechnete Bahnen, Sensitivität und Vergleich mit dem Experiment Bild K6 Typische Bewegung der Kugel Bild M5 Typische Bewegung des Pendelkörpers Motivation Motivation Bild K2 Sensitivität der Kugelbahn Zum Vergleich mit den Experimenten wurden die Bahnen der Kugel bzw. des Pendelkörpers berechnet. Für drei gering voneinander abweichende Startorte auf einer der Symmetrielinien bestätigte sich die experimentell erkannte hohe Sensitivität. Bild K7 Sensitivität der Kugelbahn Bild M6 Sensitivität des Magnetpendels Für etwa 66000 Startpunkte, die die ganze Ebene bedecken, wurden die Mulden bzw. Magnete bestimmt, in denen die Kugel oder über denen der Pendelkörper zur Ruhe kam. Die farbigen Einzugsgebiete entstehen, wenn jeder Mulde und jedem Magneten eine andere Farbe zugeordnet wird (s. Bilder K6 und M5) und der Startpunkt die Farbe des erreichten Ziels erhält. Die Gestalt der Einzugsgebiete hängt stark von der angesetzten Reibung ab. Bei den mittleren Abbildungen in den Bildern K8 und M7 wurde die Reibung so gewählt, dass die Bewegungsdauern mit der des Experiments übereinstimmte. Bild K8 Einzugsgebiete bei abnehmender Reibung Bild M7 Einzugsgebiete bei abnehmender Reibung Für die Modellbildung und Simulation wurde das Computeralgebrasystem Maple/3/ verwendet. Am Pendelkörper des Magnetpendels greifen die Gewichtskraft und die Kräfte der drei anziehenden Magnete an (s. Bild M3). Bild M4 zeigt das zugehörige Potential mit dem „trichterförmigen“ Verlauf am Ort der Magnete. Literatur Literatur /1/ Lehrplan Gymnasium Physik, Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2009 /2/ Rademacher, S.; Besondere Lernleistung im Fach Physik „Untersuchung des Deterministischen Chaos am Beispiel von Magnetpendel und Kugelbahn“, Geschwister-Scholl-Gymnasium Taucha /3/ Maplesoft: Mathematics, Modeling, Simulation; www.maplesoft.com 19 21 20 Anzahl bei 60 Versuchen Mulde 3 Mulde 2 Mulde 1 Ergebnis 18 25 17 Anzahl bei 60 Versuchen Magnet 3 Magnet 2 Magnet 1 Ergebnis Versuchsanordnungen Versuchsanordnungen Die Kugelbahn hat die Form einer Kugelfläche, in die zusätzlich drei kleine Mulden symmetrisch zum zunächst tiefsten Punkt eingebracht wurden. Als eine einfache Möglichkeit, diese Kugelbahn herzustellen, bietet es sich an, in eine Gipsform die Vertiefungen mit einem großen und einem kleinen Ball einzuarbeiten (s. Bild K1). Das Magnetpendel besteht aus einem Dauermagneten als Pendelkörper, der über einer Ebene mit drei symmetrisch angebrachten Magneten schwingt und von diesen angezogen wird. Bild K1 Kugelbahn Bild M1 Magnetpendel Besondere Lernleistung FH FN FG x z r j l m FG FM1 FM2 Magnet 1 Magnet 2

Deterministisches Chaos - studiert mit Kugelbahn und ... Chaos DPG 2011.pdf · Bild K3 Kugelfläche Bild K4 Kosinusmulde Bild K5 Gesamtpotential der Kugelbahn Grundidee der Simulation

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„Nichts kann existieren ohne Ordnung – nichts kann entstehen ohne Chaos!“ – so formulierte Albert Einstein die Bedeutung des Chaos.

Grundgedanken der Nichtlinearen Dynamik eignen sich, auf den im Physikunterricht gewonnenen Kenntnissen aufbauend, einen Einblick in ein modernes Gebiet naturwissenschaftlicher Forschung zu gewinnen. Sie fanden deshalb Eingang in neue Physiklehrgänge, so auch in den sächsischen Lehrplan Physik für Gymnasien /1/.

Gedruckt im Rechenzentrum der Universität Leipzig.

Deterministisches ChaosDeterministisches Chaos-- studiert mit Kugelbahn und Magnetpendelstudiert mit Kugelbahn und Magnetpendel

Simone Rademacher*, Wolfgang Rieger*, Wolfgang Simone Rademacher*, Wolfgang Rieger*, Wolfgang OehmeOehme****

* * GeschwisterGeschwister--SchollScholl--GymnasiumGymnasium TauchaTaucha, ** Universit, ** Universitäät Leipzigt Leipzig

Ansprechpartner: [email protected]

FakultFakultäät ft füür Physik und Geowissenschaftenr Physik und GeowissenschaftenBereich Didaktik der PhysikBereich Didaktik der Physik

Leistungskurs 12

Experimente und SimulationExperimente und Simulation

MagnetpendelMagnetpendel

GeschwisterGeschwister--SchollScholl

GymnasiumGymnasium

TauchaTaucha

KugelbahnKugelbahn

Modellbildung und Simulation

Experimente zur Sensitivität

In Sachsen kann eine selbständige wissenschaftliche Arbeit als zusätzliche Prüfungsleistung in das Abitur eingebracht werden. Die hier vorgestellten Ergebnisse entstammen hauptsächlich einer solchen Besonderen Lernleistung im Fach Physik /2/.

R

FH

FN

FG

Das Potential der Kugelbahn wurde aus einer Kugelfläche mit großem Radius und drei kosinusförmigen Mulden mit kleinerem Radius zusammengesetzt (s. Bilder K3 bis K5).

Bild K3 Kugelfläche Bild K4 Kosinusmulde

Bild K5 Gesamtpotential der Kugelbahn

Grundidee der Simulation ist es, für jeden Zeitschritt die am Ort der Kugel wirksamen Teilpotentiale zu bestimmen und daraus den Betrag und die Richtung der wirkenden Hangabtriebskraft zu berechnen. Die Zeitintegration erfolgt mit dem Euler-Cauchy-Verfahren.

Bild M3 Kräfte

Für die Simulation wurden folgende vereinfachende Annahmen getroffen:a) Der Pendelkörper bewegt sich horizontal.b) Die Magnetkräfte lassen sich anlog dem Coulombgesetz

mit dem magnetostatischen Kraftgesetz beschreiben.

Bild M4 Resultierendes Potential

Um die empfindliche Abhängigkeit der Bewegung der Kugel bzw. des Pendelkörpers von den Anfangsbedingungen (Sensitivität ) zu untersuchen, bietet sich ein Startpunkt auf einer der drei Symmetrielinien an. Die Kugel wird dabei mehrfach aus der Ruhe gestartet und diejenige der kleinen Mulden ermittelt, in der die Kugel zur Ruhe kam. Analog wurde beim Magnetpendel verfahren. Es ergaben sich folgende Ergebnisse:

Bild M2 Sensitivität des Magnetpendels

Einzugsgebiete und Reibungseinfluss

Berechnete Bahnen, Sensitivität und Vergleich mit dem Experiment

Bild K6 Typische Bewegung der Kugel Bild M5 Typische Bewegung des Pendelkörpers

MotivationMotivation

Bild K2 Sensitivität der Kugelbahn

Zum Vergleich mit den Experimenten wurden die Bahnen der Kugel bzw. des Pendelkörpers berechnet. Für drei gering voneinander abweichende Startorte auf einer der Symmetrielinien bestätigte sich die experimentell erkannte hohe Sensitivität.

Bild K7 Sensitivität der Kugelbahn Bild M6 Sensitivität des Magnetpendels

Für etwa 66000 Startpunkte, die die ganze Ebene bedecken, wurden die Mulden bzw. Magnete bestimmt, in denen die Kugel oder über denen der Pendelkörper zur Ruhe kam. Die farbigen Einzugsgebiete entstehen, wenn jeder Mulde und jedem Magneten eine andere Farbe zugeordnet wird (s. Bilder K6 und M5) und der Startpunkt die Farbe des erreichten Ziels erhält. Die Gestalt der Einzugsgebiete hängt stark von der angesetzten Reibung ab. Bei den mittleren Abbildungen in den Bildern K8 und M7 wurde die Reibung so gewählt, dass die Bewegungsdauern mit der des Experiments übereinstimmte.

Bild K8 Einzugsgebiete bei abnehmender Reibung Bild M7 Einzugsgebiete bei abnehmender Reibung

Für die Modellbildung und Simulation wurde das Computeralgebrasystem Maple/3/ verwendet.

Am Pendelkörper des Magnetpendels greifen die Gewichtskraft und die Kräfte der drei anziehenden Magnete an (s. Bild M3). Bild M4 zeigt das zugehörige Potential mit dem „trichterförmigen“ Verlauf am Ort der Magnete.

LiteraturLiteratur/1/ Lehrplan Gymnasium Physik, Sächsisches Staatsministerium

für Kultus, 2009

/2/ Rademacher, S.; Besondere Lernleistung im Fach Physik „Untersuchung des Deterministischen Chaos am Beispiel von Magnetpendel und Kugelbahn“, Geschwister-Scholl-Gymnasium Taucha

/3/ Maplesoft: Mathematics, Modeling, Simulation; www.maplesoft.com

192120Anzahl bei 60 Versuchen

Mulde 3Mulde 2Mulde 1Ergebnis

182517Anzahl bei 60 Versuchen

Magnet 3Magnet 2Magnet 1Ergebnis

VersuchsanordnungenVersuchsanordnungenDie Kugelbahn hat die Form einer Kugelfläche, in die zusätzlich drei kleine Mulden symmetrisch zum zunächst tiefsten Punkt eingebracht wurden. Als eine einfache Möglichkeit, diese Kugelbahn herzustellen, bietet es sich an, in eine Gipsform die Vertiefungen mit einem großen und einem kleinen Ball einzuarbeiten (s. Bild K1).

Das Magnetpendel besteht aus einem Dauermagneten als Pendelkörper, der über einer Ebene mit drei symmetrisch angebrachten Magneten schwingt und von diesen angezogen wird.

Bild K1 Kugelbahn Bild M1 Magnetpendel

Besondere Lernleistung

FH F

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FM1

FM2

Magnet 1 Magnet 2