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Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

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Detlef Pohl

Geld. Die 20 teuersten Irrtümer

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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-448-10160-7 Bestell-Nr. 02063-0001

1. Auflage 2010

© 2010, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg

Redaktionsanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg/München Telefon (089) 8 95 17-0 Telefax (089) 8 95 17-2 90 www.haufe.de [email protected] Produktmanagement: Dr. Leyla Sedghi Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie die Auswertung durch Datenbanken, vorbehalten.

Produktion: bretzinger : media.production, Karlsruhe Umschlag: Kienle Visuelle Kommunikation, Stuttgart Druck: Dürrschnabel Druckerei und Verlag GmbH, Elchesheim-Illingen Zur Herstellung dieses Buches wurde alterungsbeständiges Papier verwendet.

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Inhalt

VorwortVorwortVorwortVorwort 11111111

Irrtum Nr. 1: Fallen bei der GeldanlageIrrtum Nr. 1: Fallen bei der GeldanlageIrrtum Nr. 1: Fallen bei der GeldanlageIrrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage 13131313

Ein besonders krasser Fall 13 Reale Renditen jenseits von Träumen und Versprechen 14 Wie der Staat doppelt abkassiert 17 Staatliche Förderung: nur Tropfen auf dem heißen Stein 18 Gebührenschneiderei von Banken 20 Musterbrief: So wehren Sie sich bei Falschberatung 22

Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit GGGGeldanlageneldanlageneldanlageneldanlagen 25252525

Ein besonders krasser Fall 25 Verluste bei Bankpleiten 27 Einbußen bei Insolvenz des Versicherers 30 Betriebsrente mit leichter Unsicherheit 31 Kein Minus bei Pleiten von Fondsgesellschaften und Bausparkassen 33 Roulette am grauen Kapitalmarkt 35 Verluste beim Online-Banking 36 Musterbrief: So wehren Sie sich bei Verlust durch Online-Banking 38

Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim EinkaufEinkaufEinkaufEinkauf 39393939

Ein besonders krasser Fall 39 Mängel bei neuen Sachen 40 Fehler nach Ablauf der Gewährleistung 41 Macken bei Sachen aus zweiter Hand 42 Versandhandel, Tele-Shopping und Online-Einkauf 42

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4 Inhalt

Kauf durch Telefonwerbung 43 Versteigerungen 45 Umtausch von Geschenken 45 Musterbrief: So reklamieren Sie beim Online-Kauf 46

Irrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswertIrrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswertIrrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswertIrrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswert 47474747

Ein besonders krasser Fall 47 Autopreise im Verhältnis zum Einkommen 48 Rabatte: Theorie und Praxis 50 Gebrauchtwagen 51 Laufende Kosten 52 Verwirrende Finanzierungen 53 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Nepp beim Abschleppen 55

Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und WohnenIrrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und WohnenIrrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und WohnenIrrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Wohnen 57575757

Ein besonders krasser Fall 57 Wohnungssuche selten ohne Aufpreis 58 Mietverträge mit unfreundlichen Klauseln 59 Teure Tricks bei den Nebenkosten 61 Modernisierung und Mieterhöhung 62 Kündigungsfallen und Kautionsverlust 63 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Mieterhöhung 66

Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer JobIrrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer JobIrrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer JobIrrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Job 67676767

Ein besonders krasser Fall 67 Zeitverträge ohne Ende 68 Mindestlohn und andere Tricks 69 Überstunden und Versetzung 70 Abmahnung ernst nehmen 71

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Inhalt 5

Kurzarbeit oder Insolvenz 74 Abfindung bei Kündigung 75 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen eine Kündigung 76

Irrtum Nr. 7: Billig Urlaub machenIrrtum Nr. 7: Billig Urlaub machenIrrtum Nr. 7: Billig Urlaub machenIrrtum Nr. 7: Billig Urlaub machen 77777777

Ein besonders krasser Fall 77 Besonderheiten bei der Online-Buchung 78 Änderungen vor Beginn der Reise 79 Mängel am Urlaubsort 80 Nach dem Urlaub Schadensersatz verlangen 83 Insolvenz des Veranstalters im Urlaub 84 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Reisemängel 85

Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind preiswertpreiswertpreiswertpreiswert 87878787

Ein besonders krasser Fall 87 Gute und schlechte Schadenregulierer 88 Vermittler sind zuallererst Verkäufer 90 Unverzichtbare und überflüssige Versicherungen 92 Teure Kopplung von Altersvorsorge und Versicherung 94 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen schlechte Schadenregulierung 95

Irrtum Nr. 9: Kredite bergen keinIrrtum Nr. 9: Kredite bergen keinIrrtum Nr. 9: Kredite bergen keinIrrtum Nr. 9: Kredite bergen keine Fallene Fallene Fallene Fallen 97979797

Ein besonders krasser Fall 97 Gute und schlechte Kredite 98 Schufa-freie Darlehen? 99 Wie Banken Kunden übervorteilen 100 Seriöse und unseriöse Schuldnerberatung 102 Insolvenz auch für Verbraucher 103 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Schuldenregulierer 104

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6 Inhalt

Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und preiswertpreiswertpreiswertpreiswert 105105105105

Ein besonders krasser Fall 105 Aufpassen bei Verspätung und Mängeln 106 Notdienste und Zuschläge 107 Falsche Rechnung monieren 108 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Rechnungen 110

Irrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswertIrrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswertIrrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswertIrrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswert 111111111111

Ein besonders krasser Fall 111

Wie die Krankenkassen abkassieren 112

Wechsel in die Privatversicherung mit finanziellen Tücken 114

Kunstfehler von Ärzten 115

Apothekerpreise überlisten 116

Arzneimittelhaftung und Rechte bei Schönheitsoperationen 117

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Ablehnung einer Kur 119

Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurückIrrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurückIrrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurückIrrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurück 121121121121

Ein besonders krasser Fall 121

Kür und Pflicht der Steuererklärung 122

Verbindliche Auskünfte kosten Geld 123

Falscher Bescheid: Änderung oder Einspruch 124

Einspruch abgelehnt? Klagen kostet! 125

Rentner im Visier des Fiskus 126

Worauf Steuerprüfer scharf sind 127

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen den Steuerbescheid 128

Irrtum Nr. 13: Verträge bringen SicherheitIrrtum Nr. 13: Verträge bringen SicherheitIrrtum Nr. 13: Verträge bringen SicherheitIrrtum Nr. 13: Verträge bringen Sicherheit 129129129129

Ein besonders krasser Fall 129

Die wichtigen Punkte und Tücken im Kaufvertrag 130

Rechte aus dem Kauf einer Fahrkarte 131

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Inhalt 7

Die wichtigsten Punkte und Tücken im Dienstleistungsvertrag 132

Abonnement: So werden Sie lästige Verträge los 134

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen untergeschobenen Vertrag 136

Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut im Alterim Alterim Alterim Alter 137137137137

Ein besonders krasser Fall 137 Baufinanzierung häufig ungeeignet 138 Tilgung an Lebensstandard ausrichten 139 Armut bei Änderung der Lebensumstände 140 Auch im Alter kostet Wohneigentum Geld 141 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Vorfälligkeitsentschädigung 142

Irrtum Nr. 15: Im InteIrrtum Nr. 15: Im InteIrrtum Nr. 15: Im InteIrrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos informieren und rnet kostenlos informieren und rnet kostenlos informieren und rnet kostenlos informieren und billig einkaufenbillig einkaufenbillig einkaufenbillig einkaufen 143143143143

Ein besonders krasser Fall 143 Besonderheiten beim Online-Einkauf 144 Kostenlose Information kann teuer werden 146 Online-Nepp abwehren 147 Aufpassen auch bei sozialen Netzwerken 148 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Online-Nepp 150

Irrtum Nr. 1Irrtum Nr. 1Irrtum Nr. 1Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind sicher6: Zuschüsse vom Staat sind sicher6: Zuschüsse vom Staat sind sicher6: Zuschüsse vom Staat sind sicher 151151151151

Ein besonders krasser Fall 151 Eingeschränkte Hilfen bei Jobverlust 152 Harte Auflagen für Langzeitarbeitslose 154 BAföG und Bildungskredit als Armutsfalle 156 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen die BAföG-Ablehnung 158

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8 Inhalt

Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall abgesichertabgesichertabgesichertabgesichert 159159159159

Ein besonders krasser Fall 159 Höhe der Rente reicht oft nicht 160 Nachteile bei vorzeitiger Rente 161 Abzüge bei Berufstätigkeit neben der Rente 162 Lücken der gesetzlichen Pflegeversicherung 163 Finanzielle Fallen für Angehörige 165 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen abgelehnten Pflegeantrag 166

Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der ScheidungIrrtum Nr. 18: Gut leben nach der ScheidungIrrtum Nr. 18: Gut leben nach der ScheidungIrrtum Nr. 18: Gut leben nach der Scheidung 167167167167

Ein besonders krasser Fall 167 Kosten ohne Ende 168 Teure Folgen beim Streit 169 Häufig lebenslange Ansprüche 171 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen langen nachehelichen Unterhalt 172

Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei kassierenkassierenkassierenkassieren 173173173173

Ein besonders krasser Fall 173 Mehr Steuerlast seit 2009 174 Renten fast nie vererbbar 176 Wer enterbt werden kann und was es mit dem Pflichtteil auf sich hat 179 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Enterbung 180

Irrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommenIrrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommenIrrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommenIrrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommen 181181181181

Ein besonders krasser Fall 181 Verbraucherzentrale mit steigenden Gebühren 182 Anwälte und was sie kosten 184

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Inhalt 9

Abzocker unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes 185 Wirklich preiswerte Hilfe 186 Musterbrief: So wehren Sie sich gegen falschen Rechtsrat 188

AdressenAdressenAdressenAdressen 189189189189

StichwortverzeichnisStichwortverzeichnisStichwortverzeichnisStichwortverzeichnis 191191191191

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Vorwort

Ein gelernter Jurist, der seit Jahren in einer großen Verbraucherzentrale arbeitet, erzählte mir ganz im Ernst, wie sehr es ihn wundere, dass manche Alltagsge-schäfte überhaupt noch funktionieren. Kein Wunder, der Mann hat täglich nur mit Fällen zu tun, in denen sich Kunden über den Tisch gezogen fühlen. Und ir-gendwie könnte ja jeder von uns Geschichten erzählen, was ihm beinahe täglich zugemutet wird an finanziellen Fallen, die häufig so gar nichts mit den Leis-tungsversprechen der Anbieter zu tun haben, sodass König Kunde am Ende kräf-tig draufzahlt. Grund: Die gut geschulten Anbieter und Verkäufer, die täglich ih-ren Job tun, sind den Kunden, die nur hin und wieder die entsprechende Leis-tung kaufen, in Wissen, Verkaufspsychologie und Marktmacht haushoch über-legen.

Und mit der Flut immer neuer und komplizierter Produkte und Dienstleistungen im Online-, Technik- und Finanzbereich, die erklärungsbedürftig sind, wächst die Abhängigkeit des Kunden vom Anbieter.

Dieses Buch räumt mit den häufigsten Irrtümern von Verbrauchern rund ums Geld auf. Zugleich gibt es unzählige Tipps, wie Sie sich in typischen Situationen zur Wehr setzen und somit auch Ihr Geld retten können. Bei dem überaus um-fangreichen Gebiet der Finanzen können leider nur die wichtigsten Alltagssitua-tionen im Umgang mit Geld berücksichtigt werden. Reden Sie bei kleineren Problemen mit dem Anbieter und versuchen Sie auf freundliche, aber bestimmte Art eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Ziehen Sie bei größeren Proble-men im Zweifel einen Experten hinzu (siehe Irrtum Nr. 20, Seite 181 ff.), aber bitte keinen selbst ernannten Fachmann. Sonst droht das nächste finanzielle Desaster.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Detlef Pohl

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Irrtum Nr. 1: FalleIrrtum Nr. 1: FalleIrrtum Nr. 1: FalleIrrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage n bei der Geldanlage n bei der Geldanlage n bei der Geldanlage

Die Deutschen haben unvorstellbar viel Geld angelegt: Sage und schreibe 3.027.000.000.000 Euro haben Privathaushalte abzüglich der Schulden ge-bunkert. In der Finanzkrise lösten sich zwar geschätzte elf Milliarden Euro in Rauch auf, doch unterm Strich wurde zusätzlich Geld für schlechte Zei-ten zurückgelegt, sodass immer noch reichliche drei Billionen Euro ver-fügbar sind. Dass es nicht weniger ist, überrascht angesichts der Fülle von Anlagebetrug, Falschberatung und zwiespältigen Werbeversprechen der Anbieter in der Finanzbranche.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Der Laie hat bis zum Herbst 2008, als die globale Finanzkrise sich nicht mehr verleugnen ließ, geglaubt, dass Banken nicht Pleite gehen können. Der Fachmann weiß längst: Das Gegenteil ist der Fall. Deswegen haben die Kreditinstitute nach der spektakulären Pleite der Kölner Herstatt-Bank 1974 auch einen Sicherungsschirm für die ganze Branche aufgespannt – den Einlagensicherungsfonds (siehe Irrtum Nr. 2 auf Seite 25 ff.). Dennoch rutschte in der Folge manche Bank in die Insolvenz.

2003 hatte es auch die BFI Bank getroffen, ein sehr kleines Kreditinstitut mit Sitz in Dresden und mit Niederlassungen in Würzburg sowie Luxem-burg. Der Gründer Karl-Heinz Wehner wurde später wegen Anlagebetrugs zu über fünf Jahren Haft verurteilt. Er hatte Immobilien zu hoch bewertet, um die auf die Finanzierung von Wohnungsbauten spezialisierte BFI zu retten. Über 210 Millionen Euro Anlegergeld war in Gefahr. Die Bank ge-hörte jedoch lediglich der gesetzlichen Mindestdeckung des Rettungs-schirms an. Folge: Jeder Anleger bekommt nur 90 Prozent eines Schadens ersetzt, seinerzeit begrenzt auf 20.000 Euro je Anleger. Damit waren zwei Frauen jedoch nicht einverstanden, hatten sie doch deutlich mehr als 20.000 Euro in Sparbriefen sowie als Festgeld angelegt. Sie zogen vor Ge-richt und verlangten vom Insolvenzverwalter ihr Geld zurück.

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14 Irrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage

Erst im Sommer 2009 haben die geprellten Anlegerinnen in dritter Instanz massive Schützenhilfe vom Bundesgerichtshof (BHG) bekommen: Berater müssen nämlich Anleger auf Pleiterisiken ausdrücklich hinweisen, wenn ein Kunde sein Geld sicher anlegen will, entschied das oberste Zivilgericht in zwei Prozessen (Az.: XI ZR 152/08 und 153/08). Mit dieser Entschei-dung hat der BGH weiteren rund 80 Geschädigten der BFI Bank Hoffnung gemacht, dass der Insolvenzverwalter ihnen ihr Geld zurückzahlt. Begrün-dung der Richter: Wenn ein Kunde in einem Beratungsgespräch „ein be-sonderes Interesse an der Nominalsicherheit einer Geldanlage offenbart“ hat, darf ein Geldinstitut keine Einlage im eigenen Haus empfehlen, das nur über begrenzte Einlagensicherung verfügt.

Das Oberlandesgericht Dresden muss nun nachsitzen und prüfen, ob die beiden Sparerinnen tatsächlich eine besonders sichere Geldanlage verlangt hatten – und ob sie dies auch belegen können. Das könnte schwierig wer-den, denn verbindliche, schriftliche Beratungsprotokolle soll es von Ban-ken erst ab 2010 geben.

Immerhin: Aufgrund einer EU-Richtlinie ist die gesetzlich verbriefte Ga-rantiesumme zum 1. Juli 2009 auf 50.000 Euro gestiegen und klettert An-fang 2011 sogar auf 100.000 Euro. Auch einen Selbstbehalt des Kunden im Pleitefall gibt es nun nicht mehr (siehe Irrtum Nr. 2 auf Seite 25 ff.). Die meisten Banken gehören zusätzlich dem freiwilligen Einlagensiche-rungsfonds von Privatbanken, Sparkassen oder Volksbanken an. Die tra-gen den restlichen Teil des Schadens, der von der vorgeschriebenen ge-setzlichen Absicherung nicht gedeckt ist. Heikel kann es vor allem bei Auslandsbanken werden, wenn sie – wie die gestrauchelte Kaupthing-Bank aus Island – ohne die entsprechende Absicherung mit besonders ho-hen Renditen locken.

Reale Renditen jenseits von Träumen und Reale Renditen jenseits von Träumen und Reale Renditen jenseits von Träumen und Reale Renditen jenseits von Träumen und VersprechenVersprechenVersprechenVersprechen

Es gibt praktisch kein Teilgebiet der Geldanlage, auf dem Geschäftemacher nicht zu finden wären, wenn sie nur eine Chance wittern, den schnellen

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Reale Renditen jenseits von Träumen und Versprechen 15

Euro ohne seriöse Gegenleistung zu machen. Dies passiert bei der Bera-tung innerhalb der Bank ebenso wie außerhalb. Häufig wird mit Verspre-chen auf Renditen geworben, die zwei oder gar drei Prozentpunkte höher sind als bei der Konkurrenz für dasselbe Produkt. Besonders gern wird da-bei „vergessen“, die Kosten mit einzurechnen. Der Kunde erfährt nichts von den saftigen Provisionen, sodass er gar nicht merkt, dass sich die An-lage primär für den Vermittler und eben nicht für den Anleger lohnt.

VERSTECKTE PROVISION KOSTETE VOLLE RENDITE

Ein Kunde der Commerzbank legte nach der Beratung 40.000 Euro plus fünf

Prozent Aufgeld in einem Medienfonds an. Diese Firmenbeteiligungen sind rela-

tiv riskant und erwirtschaften keinesfalls sichere Renditen. Schließlich fuhr der

Anleger mit dieser Anlageform 40.000 Euro Verlust ein und verklagte die Bank

auf Schadensersatz. Im Zuge des Gerichtsverfahrens stellte sich heraus, dass der

Anbieter des geschlossenen Fonds die fünf Prozent Agio sowie weitere Provisio-

nen an die Commerzbank bezahlt hatte. Mithin war die Anlage mit acht Prozent

Kosten belastet, die natürlich der Anleger zu zahlen hatte, ohne es zu wissen.

Um auch nur eine bescheidene Rendite auf Sparbuchniveau zu bekommen, hätte

der Fonds zehn Prozent Rendite schaffen müssen – ein wohl aussichtsloses Un-

terfangen.

Immerhin sprang der Bundesgerichtshof dem geprellten Kunden zur Seite: In Beratungsgesprächen müssen Banken ihre Kunden über Provisionen in-formieren, die sie für den Verkauf einer Geldanlage kassieren, entschied das Gericht am 20. Januar 2009 (Az.: XI ZR 510/07).

Ähnliches passiert auch ständig bei freien Finanzberatern außerhalb der Banken. Nicht nur die Deutsche Vermögensberatungs-AG, die vor allem Lebensversicherungen der Generali und Geldanlagen der Deutschen Bank vertreibt, fordert Kunden gern dazu auf, ihre bisherigen Anlagen zu kün-digen und vermeintlich bessere Angebote abzuschließen. Die DVAG und andere Strukturvertriebe klären bei solchen Gelegenheiten nicht gern dar-über auf, dass damit natürlich zusätzliche Abschlusskosten für den Anle-ger verbunden sind. Der eigene Umsatz des Finanzvermittlers ist dann womöglich wichtiger als das eigentliche Interesse des Kunden.

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16 Irrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage

WIDERRUF BEI UNGUTEM GEFÜHL

Wer dem Verkaufsgeschick eines Beraters erlegen ist, sollte auf einem Bera-

tungsprotokoll bestehen. Wurde das Geschäft in der eigenen Wohnung abge-

schlossen und Sie überlegen es sich hinterher anders, bestehen 14 Tage Zeit für

einen schriftlichen Widerruf.

Um die Auswüchse unseriöser Finanzvermittlung zu stoppen, ist im Som-mer 2009 endlich der Gesetzgeber aktiv geworden. Für Ansprüche wegen Falschberatung, die seit 5. August 2009 entstehen, gelten nun längere Verjährungsfristen: Ansprüche wegen Falschberatung verjähren nicht mehr wie bisher in drei Jahren seit Vertragsschluss. Die Dreijahresfrist be-ginnt vielmehr erst dann zu laufen, wenn der Anleger von dem Schaden erfahren hat, spätestens jedoch zehn Jahre nach Vertragsabschluss. Aller-dings bleibt es bei kürzeren Fristen für Klagen wegen Fehlern im Ver-kaufsprospekt.

Außerdem werden Banken ab 1. Januar 2010 verpflichtet, den Inhalt jeder Anlageberatung zu protokollieren und dem Kunden eine Ausfertigung des Protokolls an die Hand zu geben. Dies soll den Anlageberater zu höherer Sorgfalt veranlassen und damit insgesamt die Qualität der Beratung erhö-hen. In einem Prozess wegen schlechter Beratung kann sich der Kunde auf das Beratungsprotokoll berufen.

WAS IM BERATUNGSPROTOKOLL STEHEN MUSS

Vorerst gibt es keine amtlichen Vordrucke für das Beratungsprotokoll bei der

Geldanlage. In jedem Fall müssen aber wahrheitsgemäße Angaben über die

Aussagen des Anlegers zu seinen finanziellen Verhältnissen enthalten sein, zu-

dem die Angabe, welches Produkt der Berater empfohlen hat und warum. So

kann der Anleger besser als bisher beurteilen, ob das Produkt seinen Wünschen

und vor allem seiner Risikobereitschaft entspricht.

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Wie der Staat doppelt abkassiert 17

Damit wird die Beratungs- und Dokumentationspflicht von Kreditinstitu-ten auf das Niveau von Versicherern und freien Versicherungsvermittlern angehoben, die solche Pflichten bereits seit Mai 2007 erfüllen müssen.

Wie der Staat doppelt abkassiertWie der Staat doppelt abkassiertWie der Staat doppelt abkassiertWie der Staat doppelt abkassiert

Wer Geld anlegt und Vorsorge betreibt, muss von jeher mit dem Finanz-amt teilen. Das ist extrem ungerecht, weil die Anlagebeträge in aller Regel aus bereits versteuertem Einkommen der Berufstätigkeit oder Vermietung stammen. Und im ewigen Kampf um seinen Anteil an den Gewinnen der Anleger lässt sich der Staat immer neue Tricks einfallen, damit bei ihm auch wirklich etwas hängen bleibt. Fette Beute wie nie zuvor verspricht die sogenannte Abgeltungsteuer.

Seit 2009 sind Kursgewinne, Dividenden und Zinserträge zu 25 Prozent steuerpflichtig. Samt Solidaritätszuschlag müssen Kapitalanleger sogar 26,4 Prozent aller Kapitalerträge an das Finanzamt abführen. Kirchenmit-glieder zahlen gar knapp 28 Prozent. Den Abzug muss die Bank, Fondsge-sellschaft oder der Versicherer automatisch vornehmen und an den Fiskus abführen. Damit ist die Steuerschuld auf Kapitalvermögen für den Anleger dann vollständig abgegolten – daher der Name Abgeltungsteuer. Man muss wegen der Kapitalerträge nun keine Angaben mehr in der Einkom-mensteuerklärung machen.

GERINGVERDIENER KÖNNEN ABGELTUNGSTEUER UMGEHEN

Anleger, deren persönlicher Steuersatz allerdings unter 25 Prozent liegt, sollten

in jedem Fall eine Einkommensteuererklärung abgeben, denn so lässt sich ein

Teil der Abgeltungsteuer zurückholen.

Für alle gilt: Jedem Anleger steht wie bisher ein Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro für sämtliche Kapitalerträge zu (Ehepaare 1.602 Euro). Anleger können bis zu dieser Höhe einen Freistellungsauftrag bei ihrer Bank, Ver-

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18 Irrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage

sicherung oder Fondsgesellschaft stellen – wie bisher. Bei Kapitalerträgen bis zu der beantragten Höhe fällt dann gar keine Abgeltungsteuer an.

Generell gilt: Die bis 2008 individuell berechnete Kapitalertragsteuer nach persönlichem Einkommensteuersatz entfällt ebenso wie steuerfreie Speku-lationsfristen und das Halbeinkünfteverfahren auf Kursgewinne und Divi-denden. Anders bei echter Altersvorsorge mit einer Kapital-Lebensversi-cherung: Da bleibt es beim halben Steuersatz und der Besteuerung erst zum Ende der Laufzeit. Aber auch hier werden immer neue Vorschriften und Bestimmungen der Finanzverwaltung eingeführt, um so viel wie mög-lich an Leistungen besteuern zu können.

Ganz schwer haben es inzwischen Versicherte und Geldanleger mit Poli-cen und Konten im Ausland: Sie stehen quasi unter Generalverdacht der Steuerhinterziehung, obwohl solche Anlageverträge und Versicherungen zum großen Teil von Deutschland aus verkauft worden sind – meist ganz legal. Doch diese Länder mit niedriger Besteuerung – auch Steueroasen genannt – werden zunehmend ausgetrocknet. Halbwegs günstig sieht es in Europa nur noch in der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra, Gibral-tar oder auf der Isle of Man aus.

Staatliche Förderung: nur Tropfen auf dem heißen Staatliche Förderung: nur Tropfen auf dem heißen Staatliche Förderung: nur Tropfen auf dem heißen Staatliche Förderung: nur Tropfen auf dem heißen SteinSteinSteinStein

Am liebsten ist es Beratern, wenn sie eine Geldanlage oder Altersvorsorge mit dem Argument verkaufen können, dass der Staat dann sogar Geld da-zu gibt. Bei direkten Zulagen oder Steuererleichterungen gehen solche An-lagen bei Kunden nämlich wie „geschnitten Brot“.

Häufig sind derart privilegierte Anlagen jedoch nicht von besserer Qualität als andere Anlageformen und die staatliche Förderung mithin kein staatli-ches Gütesiegel.

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Staatliche Förderung: nur Tropfen auf dem heißen Stein 19

WAS DAS RIESTER-ZERTIFIKAT SAGT

Jedes Angebot einer Riester-Rente, die ja breit staatlich gefördert wird, erhält

von der Aufsichtsbehörde BaFin ein Zertifikat. Das ist jedoch kein Qualitätssie-

gel, sondern symbolisiert nur, dass die Anbieter die gesetzlichen Mindestanfor-

derungen an das Produkt erfüllen, etwa die Garantie, dass der gesamte einge-

zahlte Beitrag zu Beginn der Auszahlungen im Rentenalter auch wirklich zur

Verfügung steht.

Nur wenn alle Anforderungen an das Produkt erfüllt sind, gibt es das staatliche Zertifikat. Die Zertifizierung kann im Internet nachgeprüft wer-den, auch für die sogenannte Basisrente (siehe unter www.bafin.de). Die Zertifizierung ist jedoch kein staatliches Gütesiegel. Ein Vertrag mit Zerti-fizierungsnummer garantiert also nicht, dass der Anbieter die Leistungen in der versprochenen Höhe auch tatsächlich erbringen kann. Ob das An-gebot lohnt, muss der Anleger vorher selber durch Vergleich mehrerer An-bieter oder durch Beratung von Experten herausbekommen.

Staatliche Förderung bedeutet also nicht automatisch bessere Produktqua-lität. Zudem gilt die Förderung häufig in der Einzahlungsphase, wird aber nicht selten in der Auszahlungsphase wieder einkassiert. Damit erweist sich die großzügige Anschubfinanzierung aus der Staatskasse in Wahrheit als ein Nullsummenspiel für den Verbraucher. Nur sagt dem das vorher niemand so deutlich. Erstens wird die Riester-Rente voll besteuert. Und bei Bedürftigkeit würde der Staat mit Grundsicherung einspringen, aber die Riester-Rente wie auch alle anderen staatlich geförderten Anlageformen anrechnen: Das heißt: Die jahrelangen Mühen des Sparens wären vergeb-lich gewesen.

DIE RIESTER-FÖRDERUNG IM ÜBERBLICK

Förderung pro Jahr Höhe

Zulage bis 154 Euro

Kinderzulage1 185 Euro2

Berufsanfänger bis 25 einmalig 200 Euro

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20 Irrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage

Sonderausgaben-Freibetrag bis 2.100 Euro3

Besteuerung bei Auszahlung 100 %4

Kranken- u. Pflegebeitrag im Alter null5

Anrechnung bei Bedürftigkeit

(Grundsicherung)

voll6

1 Voraussetzung: Es erhält auch Kindergeld 2 bei Geburt ab 2008: 300 Euro 3 Ehepaare das Doppelte 4 mit individuellem Einkommensteuersatz 5 derzeit gratis, aber bei staatlich geförderter Betriebsrente zahlen

gesetzlich Versicherte vollen Beitragssatz 6 bei weniger als 660 Euro Altersrente gibt es Grundsicherung, auf die alle

Ersparnisse angerechnet werden

Gebührenschneiderei von Banken Gebührenschneiderei von Banken Gebührenschneiderei von Banken Gebührenschneiderei von Banken

Banken, Fondsgesellschaften, Versicherer und andere Finanzdienstleis-tungsanbieter sind keine Einrichtungen der Wohlfahrt, sondern Gewinn orientierte Wirtschaftsunternehmen. Im Prinzip lebt die Bank von der Dif-ferenz aus dem Zins, den sie für Kredite verlangt, und dem Zins, den sie für Geldanlagen gewährt. Hinzu kommen Gebühren, die in Krisenzeiten auch kreativ erhöht werden. So zahlen Kunden der an sich preisgünstigen Direktbanken, die ohne eigenes Filialnetz auskommen, beim Geldabheben an „fremden“ Automaten kräftig drauf. Bis zu 20 Euro pro Abhebung ha-ben Verbraucherschützer im Sommer 2009 festgestellt. Mitunter wird schon von einem Kleinkrieg am Geldautomaten gesprochen.

Ein anderes Beispiel: Sparen beginnt ja bekanntlich bei dem Geld, das man nicht ausgibt. Anfangs liegt es dann auf dem Girokonto und bringt meist keine Guthabenzinsen. Rutscht das Konto ins Minus, berechnet die Bank jedoch Überziehungszinsen. Zum Glück hat die Europäische Zentral-bank in der Finanzkrise die Leitzinsen von 4,0 Prozent im Sommer 2008

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Gebührenschneiderei von Banken 21

auf 1,25 Prozent im April 2009 gesenkt. Somit konnten sich Banken preisgünstig mit Geld eindecken. Diesen Zinsvorteil reichen faire Geldhäu-ser in angemessenem Verhältnis an ihre Kunden weiter. Soweit die Theo-rie, doch die Praxis sieht anders aus, was auch die Geldanlage zum Nutzen des Kunden erschwert.

ZINSEN FÜR DAS GIROKONTO

Die Stiftung Warentest kam bei der Analyse der Zinssätze von rund 70 Kreditin-

stituten im Sommer 2009 zu einem ernüchternden Ergebnis: Banken geben die

Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank nur schleppend oder gar nicht an

ihre Kunden weiter und haben in neun Monaten schätzungsweise 1,3 Milliarden

Euro zusätzlich kassiert. Manche erhöhten in diesem Zeitraum die Dispozinsen

sogar: die Berliner Sparkasse hob den Zins von 13,5 Prozent auf 14,5 Prozent an.

Bei anderen Gebühren stoßen Banken zum Glück immer wieder an ihre Grenzen: Durch Klagen verärgerter Kunden oder von Verbraucherschüt-zern sind zahlreiche Gebühren inzwischen verboten, die Banken ursprüng-lich kassiert hatten.

ZEHN VERBOTENE BANKGEBÜHREN

Gebühr für … Verboten durch

Bar-Ein- und Auszahlung (eigenes Konto) BGH

(Az.: XI ZR 217/95)

Freistellungsauftrag BGH

(Az.: XI ZR 279/96)

Kontopfändung BGH

(Az.: XI ZR 8/99)

Bearbeitung von Reklamationen Landgericht Köln

(Az.: 26 O 30/00)

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22 Irrtum Nr. 1: Fallen bei der Geldanlage

ZEHN VERBOTENE BANKGEBÜHREN

Gebühr für … Verboten durch

Vorzeitige Rückgabe der Kreditkarte OLG Frankfurt/M.

(Az.: 1 U 108/99

Ersatz nach Verlust der Kreditkarte OLG Celle

(Az.: 13 U 186/99)

Rücklastschrift BGH

(Az.: XI ZR 154/04)

Löschungsbewilligung Grundbuch BGH

(Az.: XI ZR 244/90)

Vertragsangebote (kein Abschluss) OLG Dresden

(Az.: 7 U 2238/00)

Depotübertrag auf andere Bank BGH

(Az.: XI ZR 49/04)

Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 12/08

Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn die Kreativität der Kreditinstitute auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmen gerade nach der Finanzkrise ist grenzenlos. Dies reicht bis zur existenziell wichtigen Sicherheit der Geldanlage für den Kunden, der häufig in falsche Sicherheit gewiegt wird (siehe Irrtum Nr. 2 auf Seite 25 ff.).

MusterbrMusterbrMusterbrMusterbrief: So wehren Sie sich bei ief: So wehren Sie sich bei ief: So wehren Sie sich bei ief: So wehren Sie sich bei FalschberatungFalschberatungFalschberatungFalschberatung

Fühlen Sie sich bei einer Geldanlage eindeutig falsch beraten, können Sie die Bank dafür haftbar machen. Dazu gibt es verschiedene Gerichtsurteile. Es genügt nicht, unerfahrenen Kunden Broschüren in die Hand zu drü-cken. Damit kann der Laie mögliche Gefahren nicht erkennen und er ist

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Musterbrief: So wehren Sie sich bei Falschberatung 23

überfordert, entschied der BGH (Az.: XI ZR 188/95). Seit 1995 ist die Bera-tungspflicht der Banken gesetzlich festgeschrieben; trotzdem passieren immer wieder grobe Fehler. Auch deswegen ist seit 2010 ein schriftliches Beratungsprotokoll vorgeschrieben, das dem Kunden auszuhändigen ist.

GELTENDMACHUNG VON SCHADENSERSATZ

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe in Ihrem Haus Geld im Wert von ... Euro als Anlageform ….. angelegt.

Ihr Anlageberater, Herr ... , hatte mir diese Sparform ausdrücklich empfohlen. Im

Beratungsgespräch am ... wurde die hohe Sicherheit dieser Anlageform heraus-

gestellt. Es wurde nicht darauf verwiesen, dass diese Sicherheit immer nur zu

einem bestimmten Stichtag gilt und zwischendurch Kursschwankungen auftre-

ten können, sodass die Anlage für den von mir gewünschten Zweck offenbar

nicht geeignet ist.

Statt der erwarteten Gewinne habe ich seither Verluste in Höhe von ... Euro

hinnehmen müssen. In vergleichbaren Fällen urteilten das Amtsgericht Frank-

furt/Main (Az.: 31 C 3752/94-44) und das Oberlandesgericht Nürnberg (Az.: 12

U 2130/97 und Az.: 12 U 2131/97), dass die Bank Schadensersatz wegen

Falschberatung zu leisten habe.

Ich fordere Sie auf, den mir entstandenen Schaden in Höhe von … Euro zu er-

setzen und mich ab sofort so zu stellen, als hätte es den Sparvertrag nie gege-

ben. Für weitere Details bin ich gesprächsbereit. Bitte überweisen Sie den fälli-

gen Betrag bis spätestens ... auf mein Konto Nummer ..., BLZ ... bei der ...-Bank.

Sollten Sie meine Forderung ablehnen, behalte ich mir rechtliche Schritte vor.

Mit freundlichen Grüßen

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Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit GeldanlagenGeldanlagenGeldanlagenGeldanlagen

Auch bei der Bank ist das Geld der Kunden nicht so sicher wie in Abra-hams Schoß. Grund: Unterschiedliche Anlageformen bieten unterschiedli-che Chancen (Rendite) und Risiko (Verlust). Eine bombensichere Geldanla-ge, über die der Kunde täglich verfügen kann und die auch noch die höchste Rendite einbringt, gibt es allenfalls im Märchen. Gleichwohl tun gut ausgebildete Anlageberater nicht selten so, als könnten sie zaubern.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Hartmut Bauer (Name geändert) wurde 2009 runde 65 Jahre alt und ging in Rente. Zuvor war er beruflich als Bauleiter tätig. Er ist seit rund 40 Jah-ren Kunde bei der Dresdner Bank, die nun zur Commerzbank gehört. Der Mann hatte in der Vergangenheit sein Geld ausschließlich in Bundeswert-papieren, auf dem Sparbuch oder auf ähnlich sichere Weise angelegt. Le-diglich im Jahr 2003 erwarb er nach dem Tipp seines Bankberaters Anteile an einem Aktienfonds. Da er mit dessen Wertentwicklung unzufrieden war, bat er 2007 um eine Alternative. Daraufhin empfahl die Bank ein nicht näher bezeichnetes Zertifikat im Wert von 10.000 Euro. Später stellte sich dies als ein Indexzertifikat heraus, das unter bestimmten Umständen sogar zwischenzeitlich einen Bonus ausschüttet, und am Ende eine voll-ständige Rückzahlung des Geldes bietet. Doch es kam anders. Das Zertifi-kat der US-Investmentbank Lehman Brothers wurde über Nacht wertlos, als Lehman Brothers im September 2008 Insolvenz anmelden musste. Der Kunde fiel bei seinem neuen Kontostand von 0,00 Euro aus allen Wolken, wusste er doch nichts vom Risiko des Totalverlustes und davon, dass sol-che Papiere den Inhaberschuldverschreibungen der Banken zugeordnet sind, für die keinesfalls die Einlagensicherungssysteme aufkommen. Also verklagte er die Commerzbank auf rund 9.200 Euro Schadensersatz wegen Falschberatung. Das Landgericht Hamburg gab ihm mit Urteil vom 10. Juli

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26 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

2009 Recht (Az.: 329 O 44/09). Allerdings war das Urteil bei Redaktions-schluss dieses Buches noch nicht rechtskräftig.

Die Begründung des Gerichts lässt weitere rund 50.000 Anleger in Deutschland hoffen, die mit Lehman-Zertifikaten Schiffbruch erlitten ha-ben – vor allem bei der Citibank, der Dresdner Bank, Commerzbank, aber auch bei mehreren Sparkassen. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufklä-rung war eindeutig verletzt. Der Anlageberater hat den Kunden über alle Umstände zu informieren, die für die Anlageentscheidung wesentlich sind, und die erteilten Informationen fachkundig zu bewerten und zu beurtei-len, heißt es im Urteil. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichti-gung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zuge-schnitten, also „anlegergerecht" sein. Und die Beratung muss sich auch „objektgerecht“ auf diejenigen Eigenschaften und Risiken beziehen, die für die Entscheidung des Kunden wesentliche Bedeutung haben. Hier hat der Berater gleich doppelt versagt:

Es wurde nicht darüber aufgeklärt, dass das Zertifikat nicht von einem Einlagensicherungssystem gedeckt ist.

Es wurde zudem pflichtwidrig unterlassen, den Kunden über die zu erwartende Provision für den Berater aus dem Vertrieb des Zertifikats aufzuklären.

Aus Kulanzgründen erstatten die wenigsten Kreditinstitute den Verlust zu-rück. Ohne Kampf vor Gericht bleibt nur die vage Hoffnung, im Insolvenz-verfahren einen Teil zurückzubekommen.

GELD ZURÜCK FÜR LEHMAN-ANLEGER

Ein pensionierter Lehrer, der sein Geld überwiegend festverzinslich oder in Im-

mobilienfonds angelegt hatte, daneben auch über einige Aktien verfügt, riskierte

10.000 Euro für Lehman-Zertifikate und verlor alles. Das Landgericht Hamburg

kam ihm aber zu Hilfe. Es monierte zahlreiche Beratungsfehler, unter anderem

das Unterschlagen der Tatsache, dass das Zertifikat als ausländisches Zertifikat

nicht durch die Institutsgarantie der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe gesi-

chert ist. So bekam der Mann seine 10.000 Euro zurück, sagt das Urteil vom 23.

Juni 2009 (Az.: 310 O 4/09 – nicht rechtskräftig).

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Verluste bei Bankpleiten 27

Verluste bei BankpleitenVerluste bei BankpleitenVerluste bei BankpleitenVerluste bei Bankpleiten

Die Skandale rund um die Pleite der US-Bank Lehman Brothers, die auch die deutsche Lehman Brothers Bankhaus AG in Frankfurt/Main in die In-solvenz zog, sind keine Einzelfälle. Viele Kunden glauben immer noch, dass ihre Bank nicht Pleite gehen kann. Das Gegenteil ist der Fall, wie die mehr oder weniger heftigen Schieflagen der Immobilienbank HRE Hypo Real Estate – inzwischen umbenannt in sicher und seriös klingende „Deut-sche Pfandbriefbank“ –, Sachsen LB, Westdeutsche Landesbank oder Bay-ern LB zeigen. Deswegen haben die Kreditinstitute nach der spektakulären Pleite der Kölner Herstatt-Bank 1974 auch einen Sicherungsschirm für die ganze Branche aufgespannt – den Einlagensicherungsfonds. Dennoch gab es in der Folge zahlreiche Insolvenzen, die auch in Zukunft nicht ausge-schlossen sind.

BANKPLEITEN IN DEUTSCHLAND (AUSWAHL)

Kreditinstitut Jahr der Insolvenz

Orbis Bank GmbH, München 1975

Bankhaus Hassel, Frankfurt/Main 1979

Mody Privatbank AG, Hamburg 1994

Bankhaus Krebs, Freiburg 1995

Bankhaus Fischer & Co., Hamburg 1995

BVH-Bank, Düsseldorf 1997

Bankhaus Partin, Bad Mergentheim 2001

BkmU Bank AG, Berlin 2002

Gontard & MetallBank AG, Frankfurt 2002

BFI Bank AG, Dresden 2003

Privatbank Reithinger, Singen 2006

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28 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

BANKPLEITEN IN DEUTSCHLAND (AUSWAHL)

Kreditinstitut Jahr der Insolvenz

Weserbank AG, Bremerhaven 2008

Lehman Brothers Bankhaus AG, Frankfurt 2008

Quelle: BaFin; Stand: 07/2009

Weil die Gefahr von Bankpleiten gerade in der Finanzkrise gewachsen ist, gilt auf Drängen der Europäischen Kommission seit 1. Juli 2009 ein ver-besserter Schutzschirm gegen Bankpleiten: Die gesetzliche Mindestent-schädigung pro Kunde stieg von 20.000 auf 50.000 Euro; Anfang 2011 wird sie sogar auf 100.000 Euro erhöht. Auch der Selbstbehalt des Kunden von zehn Prozent des Anlagebetrages im Pleitefall ist komplett entfallen. Zudem gehören die meisten Institute zusätzlich freiwilligen Einlagensiche-rungsfonds von Privatbanken, Sparkassen oder Volksbanken an. Die tra-gen den restlichen Teil des Schadens, der von der vorgeschriebenen ge-setzlichen Absicherung nicht gedeckt ist.

Aber Vorsicht: Die Einlagensicherung hilft Anlegern nicht bei Schuldver-schreibungen, zu denen auch Zertifikate gehören, von Privatbanken. Wird ein Zertifikat dagegen von einer Volksbank oder Sparkasse aufgelegt, würde der Kunde im Falle der Bankpleite voll entschädigt werden. Doch im Falle der Lehman-Zertifikate zeigte sich, dass viele deutsche Kreditin-stitute die Zertifikate dieser Privatbank lediglich verkauft, aber eben nicht selbst aufgelegt hatten. Folge: Der Einlagensicherungsfonds der Privat-banken hat nach der Insolvenz der Lehman Brothers Bank AG in Frank-furt/Main den Kunden ihre Spareinlagen, Sparbücher und –briefe, Termin-einlagen und Festgeld sowie Sichteinlagen auf Girokonten in voller Höhe ersetzt. Dagegen ist das Geld aus Inhaberschuldverschreibungen und damit auch aus Zertifikaten der US-Mutterbank Lehman Brothers vollständig verloren. Das Landgericht Hamburg hat Kunden in mehreren Fällen Scha-densersatz auch deshalb zugesprochen, weil nicht auf das Insolvenzrisiko von Lehman Brothers hingewiesen worden war. Ob der Bundesgerichtshof dies genauso sieht, wird sich wohl erst in einigen Jahren zeigen.

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Verluste bei Bankpleiten 29

Auch aus einem anderen Grund sollte sich kein Sparer in falsche Sicher-heit wiegen: Mancher sucht gerade wegen erhöhter Zinsversprechen eine kleinere Bank zur Geldanlage aus. Der Grund: Die hier beschriebene Form der Einlagensicherung bei Privatbanken ist eine freiwillige Sicherung. Das heißt: Keine Bank kann zur Teilnahme verpflichtet werden. Damit jedoch Anleger hier nicht über den Löffel balbiert werden, gibt es eine gesetzliche Mindestsicherung, die ausnahmslos jede Bank bieten muss. Konkret be-deutet dies: Im Pleitefall sind maximal 50.000 Euro pro Anleger geschützt.

FALLS IHRE BANK INSOLVENT WIRD

Rutscht Ihre Bank in die Pleite und gehört keiner freiwilligen Einrichtung zur

Einlagensicherung an (ist bei einigen Privatbanken der Fall), dann greift zumin-

dest die gesetzliche Mindestsicherung. Dafür ist die „Entschädigungseinrichtung

deutscher Banken GmbH“ zuständig (www.edb-banken.de).

Man muss zudem genau auf das Herkunftsland der Bank achten. Außer-dem ist es noch ein Unterschied, ob die Bank in Deutschland eine Tochter-bank gründet oder nur eine Zweigniederlassung eröffnet. Wird eine Bank-tochter gegründet, so ist die deutsche Finanzaufsicht im Pleitefall zustän-dig. Damit wird eine schnelle Entschädigung von Deutschland aus vorge-nommen. Zudem sind solche Bankentöchter zumindest auch in die deut-sche gesetzliche Einlagensicherung einbezogen. Einige ausländische Insti-tute sind sogar dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deut-scher Banken beigetreten, der Ersparnisse von mindestens 1,5 Millionen Euro pro Kunde absichert – außer Inhaberschuldverschreibungen der Ban-ken selbst.

Anders ist die Situation bei den rund 200 ausländischen Banken, die in Deutschland nur mit Zweigniederlassungen oder Zweigstellen vertreten sind. Im Pleitefall müssten sich deutsche Anleger dann an die Entschädi-gungseinrichtung im Ausland wenden. Kunden der insolventen isländi-schen Bank Kaupthing Edge können ein Lied davon singen: Sie mussten viele Monate auf ihr Geld warten und wurden auch nur deswegen ent-schädigt, weil Deutschland dem klammen isländischen Staat finanziell un-ter die Arme gegriffen hat.

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30 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

Einbußen bei Insolvenz des VersicherersEinbußen bei Insolvenz des VersicherersEinbußen bei Insolvenz des VersicherersEinbußen bei Insolvenz des Versicherers

Versicherer bieten nicht nur Schutz gegen bestimmte Risiken des Alltags, sondern legen auch Geld ihrer Kunden zur Altersvorsorge an. Auch hier gibt es einen Schutzschirm, wenn ein Lebensversicherer in die Pleite rutscht. Lückenlos ist aber auch dieser Pleiteschutz nicht.

Seit Mitte 2006 gibt es für die Kunden deutscher Lebensversicherer einen gesetzlich geregelten Insolvenzschutz: Die als Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Lebensversicherer gegründete Protektor AG hat die offizielle Funktion eines Sicherungsfonds. Er dient dem Schutz der Ansprüche der Kunden, aber auch der Begünstigten aus den Verträgen (zum Beispiel Kin-der), der Bezugsberechtigten (zum Beispiel Lebenspartner) und sonstigen Begünstigten (zum Beispiel Betriebsrentner mit Direktversicherung).

Bei drohender Insolvenz eines Lebensversicherers würde die Aufsichtsbe-hörde BaFin den Sicherungsfall feststellen und anordnen, dass die Bestän-de auf den Sicherungsfonds übertragen und somit die Versicherungsver-träge prinzipiell unverändert fortgesetzt werden: Alle vertraglichen Rechte der Kunden bleiben erhalten. Die Leistungen für die Altersvorsorge und der Todesfallschutz bleiben in vollem Umfang garantiert, ebenso die be-reits gewährten Gewinnbeteiligungen für vergangene Jahre. Im Laufe der Zeit versucht Protektor dann, die Bestände an andere Versicherer weiter zu verkaufen. Seine Feuertaufe hatte Protektor bei der Schieflage der Mann-heimer Lebensversicherung, die sich am Aktienmarkt verspekuliert hatte, bestanden: Die Selbsthilfeeinrichtung übernahm zum 1. Oktober 2003 alle Verträge und führt sie seither fort. Eine vorzeitige oder gar sofortige Aus-zahlung ist im Insolvenzfall, zu dem es bei der Mannheimer nicht kam, nicht vorgesehen.

Das volle Vermögen des Sicherungsfonds von 680 Millionen Euro reicht im Ernstfall womöglich nicht aus. Protektor dürfte im Notfall die Ansprü-che der Versicherten pauschal um fünf Prozent kürzen, wenn die Bundes-anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dies für geboten hält – etwa, weil gleich mehrere große Versicherer pleite gehen. Zwangsmit-glieder des Sicherungsfonds sind alle deutschen Lebensversicherer, freiwil-lige Mitglieder alle Pensionskassen deutscher Lebensversicherer.

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Betriebsrente mit leichter Unsicherheit 31

OMBUDSMANN FÜR VERSICHERUNGEN HILFT

Für die Dienste des Ombudsmannes zahlt der Versicherte keinen Cent – abgese-

hen vom Porto oder dem Anruf beim Ombudsmann (Tel: 0 18 04/22 44 24). Der

Kunde spart sich so die Anwaltskosten, die er bei einem Prozess zahlen müsste.

Die Kosten tragen die Versicherer. Bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, kann der

Verbraucher immer noch vor Gericht ziehen. Der Ombudsmann kann jeden Fall

bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro allein entscheiden. Bei Streitwerten

zwischen 5.000 und 80.000 Euro spricht der Ombudsmann eine Empfehlung

aus, der die Versicherer in aller Regel folgen. Weitere Informationen: www.

versicherungsombudsmann.de.

Betriebsrente mit leichter UnsicherheitBetriebsrente mit leichter UnsicherheitBetriebsrente mit leichter UnsicherheitBetriebsrente mit leichter Unsicherheit

Auch wenn die Finanzwelt gehörig gewackelt hat: Wer als Arbeitnehmer über seinen Chef für das Alter vorsorgt, kann weiterhin ruhig schlafen. Die Einzahlungen sind garantiert. Ein Kapitalverlust ist somit nicht möglich. Dabei spielt es auch keine Rolle, auf welchem der fünf Wege angespart wird – Direktversicherung, Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensions-kasse oder Pensionsfonds. Der Schutzschirm für die Betriebsrente ist in zwei Richtungen aufgespannt:

für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers sowie

für Schieflagen oder Insolvenz des Betriebsrenten-Anbieters.

Der Schutz der Betriebsrente, zu der auch und erst recht die Entgeltum-wandlung von Arbeitnehmern zählt, geschieht bei einer Pleite des Arbeit-gebers auf unterschiedlichen Wegen.

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32 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

WAS AUS DER BETRIEBSRENTE WIRD, WENN DER CHEF PLEITE IST

Art der Betriebsrente Folge bei Insolvenz

Direktzusage PSV1 garantiert Rentenzahlung;falls Rück-

deckungsversicherung besteht, zahlt zunächst

Lebensversicherer Rente, den Rest der PSV;

falls Lebensversicherer insolvent, zahlt Auf-

fanggesellschaft Protektor

Unterstützungskasse Wie bei Direktzusage

Direktversicherung Lebensversicherer zahlt Garantie-Rente +

Überschüsse; falls Lebensversicherer insolvent:

zahlt Auffanggesellschaft Protektor

Pensionskasse Kasse (Lebensversicherer) zahlt Garantie-Rente

+ Überschüsse; falls Kasse insolvent, zahlt

Auffanggesellschaft Protektor; falls Firmen-

Pensionskasse: BaFin2 entscheidet über

Kürzung der Überschüsse

Pensionsfonds PSV1 steht für Zahlung der garantierten Rente

ein; zudem Einfluss der BaFin2: evtl. Kürzung

der Überschüsse bei Rente

1 Pensions-Sicherungs-Verein (www.psvag.de) 2 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Arbeitgeber, die Direktzusagen oder Unterstützungskassen anbieten, müs-sen Mitglied im Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSV) werden. Diese durch Beiträge der Arbeitgeber finanzierte Selbsthilfeeinrichtung der Wirt-schaft übernimmt die Rentenzahlung, sollte das Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig sein (siehe www.psvag.de). Abgesicherte Höchstrente pro Monat im Moment: rund 7.500 Euro (Ost: rund 6.100 Euro).

Bei den drei anderen Wegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensi-onsfonds gilt: Bei einer Pleite des Arbeitgebers bleiben die Leistungen un-geschmälert vorhanden, da sie gar nicht zu seinem Vermögen zählen, sondern extern angelegt sind. Die Anlagefirmen wiederum unterliegen der

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Kein Minus bei Pleiten von Fondsgesellschaften und Bausparkassen 33

Kontrolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – wie auch privat abgeschlossene Lebensversicherungen. Dadurch ist sicher-gestellt, dass die Institute die gesetzlichen Vorschriften bei der Kapitalan-lage einhalten und genügend Rücklagen bilden, um jederzeit die Betriebs-rente auszahlen zu können.

Bei Pleite eines Direktversicherers würde in aller Regel Protektor einste-hen, bei Versicherer-Pensionskassen ebenfalls. Bei klassischen Firmen-Pensionskassen ist weder Protektor noch der PSV zuständig, sondern die BaFin: Sie prüft und genehmigt in aller Regel Tarife und Geschäftspläne und soll so einer Pleite vorbeugen. Bei Schieflagen müssten die Renten ge-senkt und Beiträge erhöht werden – auf Geheiß der BaFin. In der Vergan-genheit mussten Firmen-Pensionskassen schon Beiträge erhöhen oder so-gar die Rente zeitweise kürzen. Übrigens: Pensionsfonds unterliegen auf-grund ihres höheren Anlagerisikos sowohl der BaFin-Aufsicht als auch dem Schutzschirm des PSV.

Kein Minus bei Pleiten von Fondsgesellschaften Kein Minus bei Pleiten von Fondsgesellschaften Kein Minus bei Pleiten von Fondsgesellschaften Kein Minus bei Pleiten von Fondsgesellschaften und Bausparkassenund Bausparkassenund Bausparkassenund Bausparkassen

Falls eine Investmentfondsgesellschaft in die Insolvenz geht, sind Anleger fein raus: Als Sondervermögen sind Investmentfonds absolut sicher. Die-ses Vermögen geht nicht in die Insolvenzmasse ein, sondern bleibt eigen-ständig erhalten. Die Verwaltung des Anlegergeldes geht auf die Depot-bank über. Die hat dann den Investmentfonds abzuwickeln und den Erlös an die Anleger auszuschütten. Alternativ kann sie den Fonds mit Zustim-mung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) an eine andere Fondsgesellschaft übertragen.

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34 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

FONDSANTEILE SIND KEIN FESTGELD

Die Zahl der erworbenen Anteile ist dem Fondsanleger also stets sicher, die Hö-

he pro Anteil jedoch nicht, denn die hängt gar nicht von der Fondsgesellschaft

ab, sondern vom Kapitalmarkt, auf dem die Kurse der Wertpapiere, die im Fonds

stecken, schwanken. Dieses Kapitalmarktrisiko trägt bei Fonds allein der Anleger

– anders als zum Beispiel bei Festgeld oder klassischen Lebensversicherungen.

Damit das Geld nicht einfach irgendwo versickern kann, wacht die Depot-bank über das Vermögen der Anleger: Sie wickelt den Kauf und Verkauf von Wertpapieren und Immobilien nach Vorgabe des Fondsmanagers ab, hält das Fondsvermögen treuhänderisch auf einem Konto (Sondervermö-gen), überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und be-rechnet den Anteilspreis. Wird die Depotbank insolvent, wird die Fondsge-sellschaft einen Wechsel der Depotbank veranlassen, oder die BaFin wird dies anordnen. Das Fondsvermögen, das vom eigenen Vermögen der De-potbank getrennt in Sperrdepots bzw. Sperrkonten liegt, wird dann zur neuen Depotbank übertragen.

Einlagen und Zinsen von Bausparverträgen sind bei allen privaten Bau-sparkassen in Deutschland in unbegrenzter Höhe abgesichert. Die Bau-sparkasse Schwäbisch Hall gewährleistet dies über die Sicherungseinrich-tung der Volks- und Raiffeisenbanken. Bei den übrigen privaten Bauspar-kassen gibt es eine zweistufige Absicherung:

Als Mitglied in der „Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH“ sind 100 Prozent der Einlagen, maximal 50.000 Euro pro Kunde, absichert (ab 2011: 100.000 Euro).

Die „Bank-Bausparkassen“ sichern ihre Kundeneinlagen darüber hi-naus durch den sogenannten Einlagensicherungsfonds der Bank-Bau-sparkassen ab, die Nicht-„Bank-Bausparkassen“ durch den „Bauspar-kassen-Einlagensicherungsfonds“, der Bauspareinlagen in unbegrenz-ter Höhe sowie sonstige Einlagen wie Festgeld inklusive Zinsen bis 250.000 Euro pro Kunde absichert.

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Roulette am grauen Kapitalmarkt 35

Roulette Roulette Roulette Roulette am grauen Kapitalmarktam grauen Kapitalmarktam grauen Kapitalmarktam grauen Kapitalmarkt

Selbsternannte Finanzberater außerhalb der Banken bieten unüberschau-bar viele Geldanlagen, die oft genug sogar verschiedene Anlagen koppeln und verwirrende Finanzkonstruktionen basteln. Das muntere Treiben auf diesem sogenannten grauen Kapitalmarkt ist mit Fallstricken für den An-leger verbunden, vor allem: Hohe Renditen, die immer versprochen wer-den, kann keiner wirklich garantieren, und mit der Haftung bei Verlusten sieht es meist auch nicht gut aus, weil die Firmen häufig nur wenig haf-tendes Eigenkapital besitzen. Treffend heißt dieser Markt auch deshalb grau, weil für Kapitalinvestitionen, die ambulant an der Haustür verkauft werden, vielfach die Transparenz fehlt.

BERÜHMTE MASCHE FÜR ANLAGEBETRUG

Das Unternehmen „MFP 6" trieb vor einigen Jahren sein Unwesen. Jeder, der Er-

spartes bei dieser Firma angelegt hatte, erhielt irgendwann ein Schreiben, dass

inzwischen alle Konten auf Null stehen. Polizei und Staatsanwaltschaft ermit-

teln dann in der Regel schon. Von allen beteuerten Kapitalgarantien bleibt

nichts übrig. Das Geld der Anleger ist weg, da natürlich kein Einlagensiche-

rungssystem auf dem grauen Markt existiert.

Auf ähnlich unsicheren Füßen stehen viele der rund 400 Unternehmen des grauen Kapitalmarktes, die häufig zwischen Tür und Angel Geldanlagen mit abenteuerlichen Renditeversprechungen von 20 bis 500 Prozent ver-kaufen. Realistisch und sicher sind in zinsschwachen Zeiten wie 2009 da-gegen bestenfalls drei oder vier Prozent Rendite im Jahr.

Ungekrönte Königin unter Deutschlands Anlagebetrügern ist Tamara Bert-ges aus Schweinfurt. Ihr European Kings Club (EKC) beglückte zwischen 1991 und 1994 rund 100.000 Sparer mit „Clubanteilen“, die 70 Prozent (!) Rendite versprachen. Geschätzter Schaden: rund zwei Milliarden Mark. Viele gaben ihre gesamten Ersparnisse für sogenannte Letters her, deren Wert der EKC innerhalb eines Jahres um bis zu 100 Prozent vermehren wollte. Zur gleichen Zeit war für ein Zwölfmonatsfestgeld bei Banken al-lerhöchstens sechs Prozent Rendite drin. Doch die Gier nach der schnellen

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36 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

Mark war offensichtlich bei allen größer als die Erfahrung, dass man den Kapitalmarkt nicht austricksen kann. Wenn das möglich wäre, würden die dubiosen Firmen ihr eigenes Geld ohne jeden öffentlichen Wirbel in solche Anlagen stecken und hätten im Leben ausgesorgt.

Tatsächlich kam die Geldsammel-Maschinerie des EKC ins Stocken, weil sich nicht mehr genügend neue Kunden für das dubiose Angebot fanden. Das Schneeballsystem war am Ende. Die Verantwortlichen kamen wegen Betrugs vor Gericht. Einer der EKC-Bosse gestand ein, die Firma wollte für sich selbst Geld abschöpfen, um ein angemessenes Einkommen zu haben. Das Geld der Sparer wurde dabei so gut wie gar nicht angelegt, sondern überwiegend zur anfänglichen Zinszahlung verwendet, um hinterher noch größere Beträge von den Sparern kassieren zu können. Zwar sind die Drahtzieher der kriminellen Vereinigung zu Haftstrafen verurteilt worden, doch dadurch erhielten die Opfer noch keine müde Mark zurück; dies mussten sie in Zivilprozessen durchboxen – mit mäßigem Erfolg.

VORHER UNABHÄNGIG INFORMIEREN

Laut Bundeskriminalamt verschwinden allein durch Kapitalanlagebetrug jedes

Jahr 30 Milliarden Euro deutscher Anleger auf Nimmerwiedersehen. Seien Sie

schon skeptisch, wenn Ihnen 2,0 Prozentpunkte mehr als für Bundesschatzbrie-

fe geboten werden, und erkundigen Sie sich am besten bei der Verbraucher-

zentrale, ob die Firma schon negativ aufgefallen ist. Anschrift Ihrer regionalen

Beratungsstelle: siehe unter www.vzbv.de.

Verluste beim OnliVerluste beim OnliVerluste beim OnliVerluste beim Onlinenenene----BankingBankingBankingBanking

Außer Insolvenz der Bank müssen Kunden nicht selten Verluste wegen Falschberatung hinnehmen oder verlieren durch andere Umstände Geld.

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Verluste beim Online-Banking 37

SO FINDEN SIE DEN RICHTIGEN BANKEN-OMBUDSMANN

Wenn Sie schriftliche Beweise für eine Falschberatung haben, lohnt es sich, die

Schlichtungsstelle Ihrer Bank einzuschalten. Das Verfahren ist kostenfrei, Sie

brauchen dafür keinen Anwalt zu beauftragen und zu bezahlen. Je nach Ban-

kengruppe und Region sind unterschiedliche Schlichter zuständig. Den richtigen

Ansprechpartner finden Sie im Internet unter folgender Adresse: www.test.de/

bankschlichtungsstellen.

Zunehmend gibt es beim Online-Banking Ärger, vor allem durch Betrüger, die sensible Kundendaten wie PIN und TAN ausspähen und dann Geld ab-heben wollen. Die Stiftung Warentest berichtete über einen besonders dreisten Fall, wo sogar ein juristisch gut bewanderter Richter zum Opfer wurde.

SO KANN MAN OPFER BEIM ONLINE-BANKING WERDEN

Als Max Mütze (Name geändert) eine Rechnung bezahlen wollte, ging zunächst

alles wie immer am PC vonstatten, doch dann öffnete sich ein Bildschirmfenster

mit dem Satz „Vorgang abgebrochen, neue Transaktionsnummer (TAN) einge-

ben“. Das tat der Amtsrichter und kontrollierte tags darauf sein Konto. Das Geld

für die Rechnung war weg – und zusätzlich fast 9 000 Euro. Wie sich später

zeigte, war sein Rechner mit schädlicher Software infiziert, sodass Betrüger die

Kontozugangsdaten und eine unverbrauchte TAN (Transaktionsnummern) aus-

spähen konnten. Damit veranlassten sie die Überweisung auf ein fremdes Konto,

von dem aus das Geld an Unbekannte im Ausland weitergeleitet wurde. Der

Richter erstatte sofort Anzeige und meldete sich bei seiner Bank. Die übernahm

den Schaden – aber nur aus Kulanz, weil er andere Kunden vor Schaden be-

wahrt hatte.

Doch niemand sollte sich blind auf die Kulanz seiner Bank verlassen. Zu-dem gibt es unterschiedliche Onlinebanking-Systeme mit mehr oder weni-ger Sicherheit. Als besonders sicher hat die Stiftung Warentest drei Ver-fahren eingestuft, die allesamt gegenüber den bekannten und kostenlosen Verfahren gesondert Geld kosten: eTan plus (mit persönlichem Kartenleser

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38 Irrtum Nr. 2: Sicherheit bei Verlusten mit Geldanlagen

und Chipkarte), mTan (Übermittlung der TAN über das Handy) und HBCI (Chipkarte, Software und Kartenleser sowie gesonderte Tastatur).

MustMustMustMusterbrief: So wehren Sie sich bei Verlust durch erbrief: So wehren Sie sich bei Verlust durch erbrief: So wehren Sie sich bei Verlust durch erbrief: So wehren Sie sich bei Verlust durch OnlineOnlineOnlineOnline----BankingBankingBankingBanking

AUFFORDERUNG ZUR RÜCKGÄNGIGMACHUNG EINER ABBUCHUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich nutze in Ihrem Hause seit ... die Möglichkeit des elektronischen Zahlungs-

verkehrs. Bisher hat dies auch reibungslos geklappt.

Jetzt musste ich jedoch feststellen, dass am … genau ... Euro von meinem Giro-

konto abgebucht worden sind, was ich jedoch überhaupt nicht veranlasst habe.

Da ich die entsprechenden Daten wie PIN und TAN unter Verschluss halte und

auch sonst niemand meinen PC nutzt, bin ich mir keiner Schuld bewusst. Im

Gegenteil: Ich gehe davon aus, dass das von Ihnen angebotene Onlinebanking-

Verfahren hinreichend sicher ist. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein,

so weiß ich davon bislang nichts und würde bei einem Schaden umso mehr er-

warten, dass Sie als Bank den Verlust ersetzen.

Bitte prüfen Sie die heute schon telefonisch gemeldete Unregelmäßigkeit und

versuchen Sie, die Abbuchung rückgängig zu machen. Informieren Sie mich bit-

te auch unverzüglich, falls es Sicherheitslücken gibt, damit das Leck auch bei

mir so schnell wie möglich geschlossen werden kann.

Sollten alle Bemühungen erfolglos bleiben, so bitte ich ausdrücklich darum, den

Schaden in Höhe von … Euro zu ersetzen und bis spätestens zum …. auf mein

bekanntes Girokonto zu überweisen. Ich bin guter Dinge, dass Sie mir rechtliche

Schritte ersparen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Page 40: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

39

Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Einkaufbeim Einkaufbeim Einkaufbeim Einkauf

Die Geiz-ist-geil-Mentalität greift auch in Deutschland um sich. Sie sugge-riert: Wer zu viel bezahlt, ist dumm. Die Wahrheit ist: Qualität hat ihren Preis. Vermeintliche Schnäppchen erweisen sich schnell als teurer Krem-pel, wenn die Produkteigenschaften schon nach kurzer Zeit versagen. Auch der Preis von zum Beispiel 1,99 Euro kann ein teures Vergnügen sein, wenn die Ware fehlerhaft ist. Natürlich gilt dies insbesondere für den Kauf gebrauchter Sachen.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Ein Mann aus dem Ruhrgebiet hatte Ende 2005 einen Oldtimer gekauft und dabei ein scheinbares Schnäppchen gemacht: Der Mercedes SL 230 Pagode, Baujahr 1966, kostete nicht übermäßig teure 34.900 Euro. Im Frühjahr 2006 sollte der Gebrauchtwagen bei einer sonnigen Landstraßen-tour eingeweiht werden. Daraus wurde jedoch nichts, denn der Motor des Oldtimers stotterte. Der Mann wandte sich daraufhin an den Händler und erklärte, dass er die umgehende Beseitigung des Mangels erwarte. Andern-falls werde er das Problem durch eine andere Werkstatt lösen lassen.

Ein Mitarbeiter versprach, sich um die Angelegenheit zu kümmern und sich umgehend zu melden. Doch nichts passierte. Nach längerem Warten beauftragte der Käufer eine andere Werkstatt mit der Reparatur. Die Rech-nung fiel üppig aus – 2.194 Euro. Den Betrag wollte er von dem Händler ersetzt haben, bei dem er den Wagen gekauft hatte. Als der nicht zahlte, zog der Autokäufer vor Gericht. Dort unterlag er in zwei Instanzen. Erst der Bundesgerichtshof (BGH) hatte ein Einsehen und sah mit Urteil vom 12. August 2009 den Anspruch auf Erstattung rechtens an (Az.: VIII ZR 254/08).

Begründung: Der Käufer kann wegen eines behebbaren Mangels Scha-densersatz statt der Leistung regelmäßig nur dann verlangen, wenn er dem

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40 Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Einkauf

Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nach-erfüllung gesetzt hat (nach § 281 Absatz 1 Satz 1 BGB). Laut Gericht reicht es für die erforderliche Fristsetzung aus, wenn der Käufer den Ver-käufer auffordert, den Mangel „umgehend" zu beseitigen. Die Angabe ei-nes bestimmten Termins ist nicht erforderlich. Der Mann bekam also nach über drei Jahren Streit und teuren Prozesskosten endlich Recht. Häufig ge-ben Schnäppchenjäger jedoch vorher auf.

Mängel bei neuen SachenMängel bei neuen SachenMängel bei neuen SachenMängel bei neuen Sachen

Bei jedem Neukauf haftet der Händler laut gesetzlicher Gewährleistungs-pflicht für die einwandfreie Qualität seiner Ware. Wer einen fehlerhaften Gegenstand zurückgeben will und keinen passenden Ersatz findet, kann das Geld zurückverlangen (§ 462 BGB). Voraussetzung: Sie haben den Kassenzettel aufgehoben. Einen Gutschein für den Kauf anderer Waren muss niemand akzeptieren.

GESETZLICHE GEWÄHRLEISTUNG

Treten innerhalb von 24 Monaten ab Kauf Mängel auf, kann der Kaufpreis zu-

rückverlangt, die Ware zurückgegeben oder ein Preisnachlass erwirkt werden.

Garantien befreien den Händler nicht von dieser Pflicht. Vor der Harmonisierung

des Kaufrechts in der Europäischen Union galten vielfach nur sechs Monate

Gewährleistungsfrist.

Manche Händler bestehen auf ein oder zwei Nachbesserungsversuchen. Darauf muss nur dann eingegangen werden, wenn der Passus in den „All-gemeinen Geschäftsbedingungen“ enthalten ist und die Teile des Kaufver-trages sind oder gut sichtbar im Verkaufsraum aushängen. Die Kosten für Nachbesserungen trägt allein der Händler. Dennoch wird häufig versucht, den Kunden an den Kosten zu beteiligen – etwa in Elektromärkten bei de-fekten MP3-Spielern. Um nicht monatelang warten zu müssen, sollte eine Nachbesserungsfrist von etwa zwei Wochen vereinbart werden.

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Fehler nach Ablauf der Gewährleistung 41

Die Regelungen für fehlerhafte Waren gelten auch für Schnäppchen, etwa im Winterschlussverkauf. Ausnahme: Der Händler macht ausdrücklich auf Fehler an preisgeminderter Ware aufmerksam. Dann kann dieser Fehler nicht reklamiert werden. Hat der Händler einen Mangel allerdings arglistig verschwiegen oder fehlt eine zugesicherte Eigenschaft völlig, kann der Kunde im Extremfall eine Nachbesserung völlig ausschlagen und sofort den Kauf rückgängig machen.

Fehler nach Ablauf der GewährleistungFehler nach Ablauf der GewährleistungFehler nach Ablauf der GewährleistungFehler nach Ablauf der Gewährleistung

Anspruch auf Gewährleistung mangelhafter Produkte beim Händler hat der Käufer nicht ewig. Bei beweglichen Sachen verjährt die Reklamations-frist nach 24 Monaten. Lediglich bei arglistiger Täuschung sind es 30 Jah-re. Zeigen sich Mängel erst hinterher, sind Rückgabe, Preisnachlass und Umtausch ausgeschlossen und die Mängelbeseitigung kostet ab sofort Ihr Geld.

Dann hilft nur noch eine zeitlich weitergehende Garantie des Herstellers, um Geld für die meist teure Reparatur zu sparen. Bei vielen Geräten gibt der Hersteller nämlich freiwillig die Zusage, dass der Artikel länger ein-wandfrei funktionieren wird als besagte zwei Jahre Gewährleistungsfrist. Bei neuen Autos sind oft bis zu drei Jahre Garantie zu haben, bei be-stimmten Mängeln sogar bis zu sechs Jahre.

Im Störfall sollten Sie sich unverzüglich mit dem Hersteller in Verbindung setzen. Der Hersteller muss allerdings entsprechend dem Kleingedruckten auf der Garantiekarte meist nur das defekte Teil kostenlos austauschen; der Kunde bleibt auf den Kosten für Material und Anfahrt sitzen. Immer-hin spart er in der Garantiezeit den teuersten Posten: den Handwerker-lohn. Gibt die Ware nach Ablauf der Gewährleistung, aber noch innerhalb der Garantiezeit den Geist auf, ist also der Hersteller Ihr Ansprechpartner.

Page 43: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

42 Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Einkauf

Macken bei Sachen aus zweiter HandMacken bei Sachen aus zweiter HandMacken bei Sachen aus zweiter HandMacken bei Sachen aus zweiter Hand

Anders ist die Lage beim Kauf gebrauchter Sachen: Im Gegensatz zum Neukauf kann die Gewährleistung komplett ausgeschlossen werden – alles andere als ein Schnäppchen. Der Verkäufer haftet nur, wenn er einen Mangel arglistig verschwiegen hat oder wenn eine zugesicherte Eigen-schaft fehlt. Außerdem können Sie Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen – innerhalb von sechs Monaten.

RAT BEI VERBRAUCHERZENTRALE EINHOLEN

Holen Sie vorher unbedingt Rechtsrat ein, am besten bei der örtlichen Verbrau-

cherzentrale, denn die Beweislage ist häufig für den Kunden sehr schlecht, vor

allem dann, wenn die zugesicherten Eigenschaften nicht schriftlich im Kaufver-

trag festgehalten worden waren.

Fragen Sie vorher aber nach dem Preis für die Beratung, denn Verbrau-cherzentralen verlangen immer häufiger Beratungshonorar, nicht selten in Kaufangelegenheiten mindestens 7,00 Euro, bei telefonischer Beratung gar 1,86 Euro pro Minute aus dem deutschen Festnetz.

Versandhandel, TeleVersandhandel, TeleVersandhandel, TeleVersandhandel, Tele----Shopping und OnlineShopping und OnlineShopping und OnlineShopping und Online----EinkaufEinkaufEinkaufEinkauf

Die Vorteile beim Einkauf aus dem Wohnzimmer sind bekannt: Man kann bequem und in Ruhe bestellen, ist nicht an Ladenschlusszeiten gebunden, hat per Katalog eine schnelle Preisübersicht und kann meist gegen Rech-nung bestellen. Die Ware muss meist erst 14 Tage nach Lieferung bezahlt werden. Nachteile: Das Produkt ist nicht in allen Einzelheiten auf dem Fo-to zu erkennen, die Lieferung kann abgelehnt werden, die Lieferfrist kann sich hinziehen.

Auch beim Versandhaus-Kauf haben Sie bei Mängeln das Recht auf Wan-delung, Kaufpreisminderung, Ersatz oder Nachbesserung innerhalb einer

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Kauf durch Telefonwerbung 43

Frist von 24 Monaten. Hinzu kommt das uneingeschränkte Recht auf Rückgabe: Alle großen Anbieter nehmen die Ware anstandslos und ohne Angabe von Gründen kostenlos zurück und räumen dem Kunden dafür 14 Tage Zeit ein. Die Kosten trägt meistens der Versandhändler, aber nur, wenn im Kleingedruckten oder auf der Rechnung nichts anderes steht.

Was für den Einkauf per Versandhaus-Katalog gilt, trifft theoretisch auch für den Einkauf am Fernseher (Tele-Shopping) und am Computer (Online-Shopping) zu. Allerdings bekommen Sie nur sehr knappe Werbe-"Informa-tionen" und geraten unter extremen Zeitdruck. Preis- und Qualitätsver-gleich ist damit praktisch ausgeschaltet, Ärger ist in vielen Fällen pro-grammiert. Längst nicht alle Anbieter lassen sich auf das für den Kunden so wichtige uneingeschränkte 14-tägige Rückgaberecht ein.

KÄUFERFALLE NACHNAHME

Die Zahlungsbedingungen sehen bei der ersten Bestellung nur Bezahlung per

Nachnahme vor. Wollen Sie die Sachen dann zurückgeben, wird zwar meist der

Kaufpreis erstattet, auf Versandspesen und Nachnahmegebühr bleiben Sie aber

sitzen. Zudem kann die Lastschrift vom Konto oft gar nicht rückgängig gemacht

werden, weil der Kauf nur per Kreditkarte möglich ist.

Anbieter von Online-Shopping müssen jedoch die gesetzlichen Schutzvor-schriften wie die Preisangabenverordnung einhalten und genießen keiner-lei Sonderrechte (siehe Irrtum Nr. 15 auf Seite 143 ff.)

Kauf durch TelefonwerbungKauf durch TelefonwerbungKauf durch TelefonwerbungKauf durch Telefonwerbung

Seit 4. August 2009 verbietet das „Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Te-lefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei beson-deren Vertriebsformen“ Werbeanrufe bei Verbrauchern, wenn die nicht vorher ausdrücklich ihre Einwilligung dazu erklärt hatten. Verstöße wer-den mit Bußgeld bis 50.000 Euro bestraft. Werbeanrufer dürfen ihre Tele-fonnummer auch nicht mehr unterdrücken – Verstöße kosten bis zu

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44 Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Einkauf

10.000 Euro. Betroffene können versuchen, vom Anrufer so viel wie mög-lich Informationen in Erfahrung zu bringen und dann die Nummer bei der Bundesnetzagentur ermitteln zu lassen (Schicken Sie Ihre Mail an folgende Adresse: [email protected]).

Zudem sind die Widerrufsrechte bei telefonischen Vertragsschlüssen seit dem 4. August 2009 erweitert worden: Jeder kann sich ab sofort gegen untergeschobene Verträge über die Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten sowie über Wett- und Lotterie-Dienstleistungen wehren, die nun widerrufbar sind, aus welchen Gründen auch immer. Widerrufs-frist: mindestens zwei Wochen, maximal ein Monat. Sie beginnt nicht, be-vor der Verbraucher eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform (etwa als E-Mail oder per Telefax) erhalten hat. Bei unerlaubten Werbean-rufen beträgt die Frist regelmäßig einen Monat.

WIDERRUF BEI INTERNET-HOROSKOP

Im Internet wird die Erstellung eines ganz persönlichen Horoskops angeboten.

Nur aus dem Kleingedruckten ergibt sich, dass dafür bezahlt werden muss; die

Gestaltung der Webseite erweckt den gegenteiligen Eindruck. Eine Belehrung

über das Widerrufsrecht erfolgt nicht. Deshalb gibt der Nutzer auch ohne Be-

denken seine persönlichen Daten ein. Eine Woche später erhält er eine Rech-

nung über 100 Euro. Erst jetzt wird ihm klar, einen kostenpflichtigen Vertrag ge-

schlossen hat.

Der Nutzer kann seine Vertragserklärung noch solange widerrufen, wie er nicht vollständig bezahlt hat. Wenn ihn das Unternehmen vor Abgabe der Widerrufserklärung nicht darauf hingewiesen hat, dass er für die bis dahin erbrachte Leistung Wertersatz zahlen muss, kann das Unternehmen nichts von ihm fordern.

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Versteigerungen 45

VersteigerungenVersteigerungenVersteigerungenVersteigerungen

Für den Kauf bei einem Internetauktionshaus, etwa bei ebay, gelten unter-schiedliche Regeln bei privaten und gewerblichen Anbietern sowie bei neuen und gebrauchten Sachen. Jeder sollte stets zuerst die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AVB) anklicken, ausdrucken und verstehen.

Ist der Versteigerer ein Händler, muss er Gewährleistung bieten und 14 Tage Widerrufsrecht. Privatleute dürfen die Gewähr ganz ausschließen, auch bei neuen Sachen. Wenn sie das aber nicht ins Angebot schreiben, gelten auch hier 24 Monate Gewährleistung. Übrigens: Wer systematisch im Internet handelt, gilt als gewerblicher Händler, ebenso „Powerseller“.

Umtausch von GeschenkenUmtausch von GeschenkenUmtausch von GeschenkenUmtausch von Geschenken

Viele Geschenke werden im Internet bestellt. Wenn die Ware nicht gefällt, kann der Beschenkte sie umtauschen. Nach der Lieferung bleiben aber nur 14 Tage Zeit für die Rückgabe (Widerruf). Bei Kauf in einem anderen EU-Land beträgt die Frist oft nur eine Woche. Der Kunde muss die Rücksen-dung der Ware nie begründen, allerdings ist Umtausch zumeist eine reine Kulanzleistung des Händlers, also nicht zu viel erwarten.

MITUNTER ZUSÄTZLICHES RÜCKKGABERECHT

Gewährt der Online-Händler nicht nur ein Widerrufsrecht, sondern ein aus-

drückliches „Rückgaberecht“, hat der Käufer Glück: Dann übernimmt der Händ-

ler die Kosten für das Porto.

Bis zu einem Bestellwert von 40 Euro darf der Händler die Kosten nämlich dem Kunden aufbürden, wenn dies in den Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen enthalten ist und der Kunde diese zur Kenntnis genommen hat.

Vorsicht ist laut Stiftung Warentest aber bei PC-Programmen angebracht: Bei Software sowie Audio- und Videoaufzeichnungen besteht gar kein Wi-

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46 Irrtum Nr. 3: Vermeintliche Schnäppchen beim Einkauf

derrufsrecht mehr, wenn die Datenträger vom Kunden entsiegelt worden sind. Wenn dann Fabrikationsfehler oder sonstige Nutzungseinschränkun-gen auftreten, kann sich der Käufer nur noch an den Hersteller wenden – hier sind Käuferrechte praktisch ausgehebelt. Auch Kosmetika und Lebens-mittel sind stets vom Umtausch ausgeschlossen.

Ist keine Rückgabe mehr möglich, lassen sich Geschenke auch im Internet verkaufen. Am beliebtesten sind dafür Onlineauktionen. Private Verkäufer müssen dabei kein Widerrufs- oder Rückgaberecht einräumen. Um Ärger zu vermeiden, sollten Verkäufer die Produktfotos immer selbst erstellen, keine Mängel verschweigen und keine falschen Angaben machen.

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REKLAMATION BEIM ONLINE-KAUF

Sehr geehrte Damen und Herren,

am ... 2010 habe ich in Ihrem Online-Shop einen ... zum von Ihnen ausgewiese-

nen Preis von ... Euro bestellt und sofort per Kreditkarte bezahlt. Bei Kontrolle

meines Kreditkartenkontos habe ich festgestellt, dass Sie mir einen höheren Be-

trag abgebucht haben, nämlich ... Euro. Wie mir ein Mitarbeiter am Telefon auf

meine Anfrage hin bestätigte, beinhaltet der von Ihnen angegebene Preis keine

Mehrwertsteuer, wodurch die Differenz zustande gekommen ist.

Laut Preisangabenverordnung sind Sie jedoch verpflichtet, Preise inklusive

Steuern und anderen Preisbestandteilen anzugeben. Da Sie dies versäumt ha-

ben, bestehe ich darauf, nur den von Ihnen angegebenen niedrigeren Preis zu

bezahlen. Überweisen Sie den Differenzbetrag von ... Euro bitte bis spätestens ...

auf das Ihnen bekannte Kreditkartenkonto zurück. Falls ich bis dahin keinen

Zahlungseingang feststelle, mache ich den Kauf rückgängig. Ich bin guter Din-

ge, dass Sie mir rechtliche Schritte ersparen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Page 48: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

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Irrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswertIrrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswertIrrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswertIrrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswert

Dank Abwrackprämie kamen rund 20.000 Autokäufer 2009 tatsächlich preiswerter zu einem Neuwagen: Wer sein mindestens neun Jahre altes Auto verschrottete und zugleich einen Neu- oder Jahreswagen mit min-destens Euro 4 Norm vom Händler oder Hersteller anschaffte, erhielt vom Staat 2.500 Euro Umweltprämie. Dennoch sind Pkw alles andere als Schnäppchen: Käufer geben hierzulande im Schnitt rund 22.000 Euro für den nächsten Wagen aus, Tendenz steigend.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Ein Rechtsanwalt aus Berlin schafft sich alle drei Jahre einen Neuwagen an. Dazu nutzt er bereits seit über 20 Jahren die Finanzierungsart Leasing. Der Vertrag mit der übersichtlichen Monatsrate von unter 300 Euro deckt 2.500 Kilometer Fahrleistung pro Monat und eine Garantie für die wich-tigsten Reparaturfälle ab. Am Ende wird der Wagen zurückgegeben und der neue in Empfang genommen. Das klappte 18 Jahre reibungslos.

Dann geriet er an ein Ford-Autohaus, das inzwischen Insolvenz angemel-det hat. Drei Monate vor Vertragsablauf war die Bestellung des Neuwa-gens noch zu voller Zufriedenheit erledigt worden. Doch dann trübte sich die Vorfreude schlagartig ein: Bei der Rückgabe des alten Wagens wurde plötzlich moniert, dass die Abnutzung über das normale Maß hinaus geht und der Anwalt 567 Euro nachzahlen soll. Zudem unterstellte man ihm, einen Lackschaden amateurhaft beseitigt zu haben. Der Kunde war empört und unterschrieb das Übergabeprotokoll nicht.

Doch seine Hoffnung auf eine faire Lösung wurde durch den eingeschalte-ten unabhängigen Gutachter nicht erfüllt. Im Gegenteil: Nun sollte er so-gar fast 1.300 Euro nachzahlen. Neben dem vermeintlich unterschlagenen Lackschaden wurde ihm auch die ausstehende Reparatur (HU/ASU) in Rechnung gestellt, obwohl der Leasingvertrag genau nach drei Jahren en-det und erst danach die Hauptuntersuchung ansteht. Hinzu kam die Be-rechnung von Mehrkilometern, die allein durch verzögerte Auslieferung

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48 Irrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswert

des Händlers zustande kam. Zudem wurden ausstehende Reparaturen (in diesem Fall Wischerblätter) moniert, obwohl die erst vier Monate zuvor getauscht worden waren.

Ganz offensichtlich wollte das Autohaus seine Liquiditäts-Engpässe, die durch Spekulationen aus der Zeit der Mehrwertsteuererhöhung resultier-ten, auf Kosten der Kunden lösen. Normale Verschleißspuren etwa gelten keinesfalls als Schaden und sind mit der Leasingrate abgedeckt. Schließ-lich verlangte die Bank aus Kulanz am Ende „nur“ die ursprünglich ver-langten 567 Euro. Ein Schnäppchen sieht anders aus. Wer weiß, ob die Kulanz auch geklappt hätte, wenn der Kunde kein Anwalt gewesen wäre.

Autopreise im Verhältnis zum EinkommenAutopreise im Verhältnis zum EinkommenAutopreise im Verhältnis zum EinkommenAutopreise im Verhältnis zum Einkommen

Die Autopreise klettern kontinuierlich nach oben. Das Durchschnittsauto kostet heute über 24.000 Euro im Westen der Republik (im Osten 20.670 Euro). Dies sprengt den Geldbeutel von immer mehr Autofahrern, die zu ihrem Ärger einen immer größeren Teil ihres Nettoeinkommens für den fahrbaren Untersatz hinblättern müssen – 13,5 Prozent für die monatli-chen Autokosten sind schon normal, hat der Marktforschungsdienst map-report herausgefunden. Er kommt zu dem ernüchternden Schluss, dass Autofreunde, die weniger als 1.750 Euro netto in der Haushaltskasse ha-ben, selbst für Kleinstwagen eigentlich nicht genug Geld übrig haben und so die Finger vom Lenkrad lassen müssten.

NUR BARES IST WAHRES

Der Barkauf des Autos wird für breite Schichten zum Luxus, obwohl es die bil-

ligste Art des Autokaufs ist. Kredit und Leasing kommen stattdessen zum Zuge,

obwohl dies für Leute, die aufs Geld sehen müssen, in jedem Fall die teurere Va-

riante ist.

Die vielfältigen Angebote zur Finanzierung, gute Werbung und das Ver-kaufsgeschick der Händler vernebeln vielen Verbrauchern den Blick auf

Page 50: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Autopreise im Verhältnis zum Einkommen 49

die Autoausgaben, die man sich tatsächlich leisten kann. Der map-report hat auf Basis der ADAC-Autokostenstatistik ausgerechnet, dass die Bun-desbürger rund 573 Euro pro Monat für ihr Auto ausgeben. Nicht nur für Benzin und Diesel, worauf im Moment alle schauen und fluchen, sondern auch für Öl, Wartung, Reparatur, Nebenkosten und den Wertverlust. Der map-report empfiehlt, allenfalls 25 Prozent des Nettoeinkommens – Brut-toeinkommen abzüglich Steuern und Sozialversicherung – für das Auto auszugeben.

PROBE AUFS EXEMPEL IN DER KLEINSTEN PKW-KLASSE

Kleinstwagen verursachen monatliche Kosten von durchschnittlich 381 Euro.

Daher kann man sich selbst so ein Mini-Auto erst ab einem Nettoeinkommen

von 1.524 Euro leisten. Es gibt auch Modelle, die etwas günstiger sind, etwa den

Smart mit 337 Euro Kosten pro Monat. Den sollte aber nur kaufen, wer wenigs-

tens 1.348 Euro netto verdient.

Diese Erkenntnis tut natürlich weh. Erst ab 1.707 Euro Nettoeinkommen ist ein Kleinwagen angesagt, hat map-report errechnet. Ab 2.043 Euro kommt die Kompaktklasse finanziell in Betracht. Geländewagen, obere Mittelklasse oder gar Oberklasse sind eigentlich nur den Top-Verdienern vorbehalten.

SO VIEL AUTO IST MIT DEM EINKOMMEN DRIN (AUSWAHL)

Hersteller Modell Monatskosten Einkommen1

Kleinstwagen 381 1.524

Smart For2 337 1.348

Kleinwagen 427 1.708

Toyota Yaris 362 1.448

511 2.043

Mercedes A-Klasse 483 1.933

Page 51: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

50 Irrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswert

SO VIEL AUTO IST MIT DEM EINKOMMEN DRIN (AUSWAHL)

Hersteller Modell Monatskosten Einkommen1

Van 539 2.156

VW Touran 507 2.027

Mittelklasse 648 2.592

Toyota Avensis 569 2.277

Obere Mittelklasse 866 3.465

Volvo 70 782 3.129

Oberklasse 1.530 6.121

Audi A8 1.463 5.851

1 Empfohlenes Mindest-Nettoeinkommen pro Monat (Euro)

Quelle: map-report 2006 auf Basis ADAC

Wer richtig rechnet, geht womöglich eine Wagenklasse tiefer oder macht Abstriche an der Ausstattung, wenn das Geld nicht reicht.

Rabatte: Theorie und PraxisRabatte: Theorie und PraxisRabatte: Theorie und PraxisRabatte: Theorie und Praxis

Keine Frage: Wer einen Koffer voller Geld auf den Tresen legen kann, bei dem wird der Händler den Listenpreis, vom Hersteller vorgegeben, verges-sen, und einen viel preiswerteren Hauspreis offerieren. Barzahler erhalten überall Rabatt, obwohl es keinen gesetzlichen Anspruch darauf gibt. Üb-lich sind zwischen zehn und 20 Prozent. Seit geraumer Zeit muss man vielfach gar nicht mit dem Händler feilschen. Dafür sorgen Rabattpro-gramme der Hersteller, die zwischen acht und knapp 30 Prozent Nachlass bringen.

Weit verbreitet sind inzwischen die indirekten Rabatte durch Draufpacken von Extras. Unterm Strich bleibt so der Preis im Rahmen des offiziell Er-

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Gebrauchtwagen 51

laubten, jedoch wird fürs gleiche Geld erheblich mehr Leistung geboten. Wer sich hier auskennt, kann Mehr-Leistung bis zu 5.000 Euro einfahren.

Dennoch: Vielfach wird der Rabatt bei gefragten Modellen versagt oder fällt nur sehr gering aus. Primär wird der Nachlass für Lagerbestände, Auslaufmodelle und Wagen mit wenig gefragter Farbe und Ausstattung sowie für Tageszulassungen gewährt. Auch Sondermodelle, die bis zu 4.000 Euro Rabatt bringen, bieten häufig nur Masse statt Klasse. Viele Hersteller zählen Kinkerlitzchen zur Sonderausstattung, statt wirklich Wichtiges wie die Klimaanlage draufzupacken.

Fehlt Ihnen für zeitraubende Preisvergleiche die Zeit oder fürs Feilschen der Nerv, nehmen Ihnen auf Wunsch Preisagenturen die Preisverhandlung ab – jedoch fast überall nur für Neuwagen und für Barkäufer. Einen eini-germaßen günstigen Preis sollten Sie aber schon selbst ermitteln und der Agentur vorgeben, die hinterher das günstigste Angebot sucht und von der Preisdifferenz rund 20 bis 30 Prozent als Provision kassiert – unab-hängig davon, ob Sie den Wagen tatsächlich kaufen oder nicht. Nach Zah-lung der Provision erfährt der Kunde den Namen des Händlers, bei dem er den Wagen abholen kann. Wichtig: Rechnen Sie unbedingt Fahrtkosten und -zeit hinzu, falls Sie das Auto aus einem weit entfernten Ort heran-schaffen müssen.

PREISAGENTUREN IM INTERNET

Preisagenturen im Internet suchen nach einem besonders günstigen Lieferanten

für Ihr neues Fahrzeug. Die Suche erfolgt häufig EU-weit. In der Regel gibt es

die Ergebnisse nach drei Werktagen. Tipps zum Schnuppern erhalten Sie im

Netz unter www.autopreisagentur.de.

GebrauchtwagenGebrauchtwagenGebrauchtwagenGebrauchtwagen

Jedes Jahr wechseln hierzulande rund 7,5 Millionen gebrauchte Pkw und Kombis den Besitzer. Da können Sie allerdings nicht um so viele Prozente

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52 Irrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswert

feilschen wie beim Neuwagen. Dennoch: Die Preise für Gebrauchte sind in Bewegung geraten, und zwar nach unten. Anhaltspunkte für den ungefäh-ren Verkaufspreis liefern Gebrauchswagen-Preisspiegel von Eurotax Schwacke (www.schwacke.de) oder der Deutschen Automobil Treuhand (www. dat.de), die monatlich aktualisiert werden. Sie gelten jeweils für unfallfreie und verkehrssichere Autos mit noch mindestens zwölf Monaten „TÜV" und einem durchschnittlichen Zustand.

Dennoch sollten auch Käufer von Gebrauchtwagen nicht eine totale Schnäppchen-Erwartung haben. Allein 2005 sind die Preise im Schnitt auf 8.330 Euro gestiegen (2004: 7.900 Euro). Das Durchschnittsalter beträgt 5,8 Jahre. Im Schnitt hat der Wagen beim Weiterverkauf schon 72.450 Ki-lometer auf dem Tacho. Diese Werte dürften durch die Abwrackprämie 2009 vorübergehend leicht sinken.

Käufer älterer Jahrgänge bleiben auf den Pannenkosten sitzen. In der Pannenstatistik des ADAC 2008 liegen folgende Modelle auf hinteren Plätzen und sollten beim Kauf nicht erste Wahl sein: Hyundai Getz, Fiat Stilo, Renault Laguna, Ford Mondeo oder Opel Signum.

Ist ein Neufahrzeug mangelhaft, so können Sie innerhalb von zwei Jahren Sachmängel auf Kosten des Händlers beseitigen lassen. Bei Gebrauchtwa-gen ist dieses gesetzliche Recht allenfalls auf die halbe Zeit beschränkt. Private Verkäufer dürfen die Gewährleistung sogar völlig ausschließen. Aber: Der Verkäufer muss auf technische Mängel unbedingt hinweisen. Die Haftung für arglistig verschwiegene Mängel kann er nicht ausschlie-ßen. Verschweigt er einen Unfallschaden, muss er die Rückabwicklung des Kaufs hinnehmen, sagt das Oberlandesgericht Koblenz (Az.: 5 U 786/02).

Laufende KostenLaufende KostenLaufende KostenLaufende Kosten

Der Kaufpreis ist beim Auto längst nicht alles. Autofahrer müssen mindes-tens 320 Euro monatlich für die Haltung ihres Autos ausgeben, ergab eine Berechnung des ADAC. Es sind vor allem die versteckten Kosten, die von Pkw-Fahrern häufig unterschätzt werden. Den größten Anteil macht dabei der Wertverlust mit 52 Prozent aus. Den erleidet Ihr neues Auto schon

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Verwirrende Finanzierungen 53

vom ersten Tag. Falls Sie nach vier Jahren ohne teure Fremdfinanzierung einen gleichwertigen Neuwagen kaufen wollen, geht dies nur, wenn Sie den monatlichen Wertverlust durch gleich hohe Rücklagen ausgleichen. Mit dem Erlös für Ihr altes Fahrzeug haben Sie so nach vier Jahren das nötige Kapital fürs neue Auto zusammen.

Basierend auf einer Laufleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr verliert ein Neuwagen in den ersten vier Jahren zwischen 35 und 65 Prozent. Mit 22 Prozent schlagen Betriebskosten für Kraftstoff, Öl und Wagenpflege zu Buche. Fixkosten, etwa für Steuer und Versicherungen, machen 17 Pro-zent aus. Werkstatt- und Reifenkosten (neun Prozent) komplettieren die Liste der Ausgaben.

Verwirrende FinanzierungenVerwirrende FinanzierungenVerwirrende FinanzierungenVerwirrende Finanzierungen

Angesichts seit Jahren steigender Autopreise für Neuwagen weichen sie-ben von zehn Käufern heutzutage auf eine Finanzierung oder Leasing aus. Das ist verständlich, weil die Anschaffungskosten damit gestreckt werden, denn bei der Finanzierung wird das Darlehen in Raten abgezahlt und bei Leasing fällt für die Nutzungsdauer ja auch „nur“ eine Monatsrate an. Doch unterm Strich verteuern Finanzierung und Leasing die Anschaf-fungskosten – um bis zu zwölf Prozent. Zudem geht zumeist die Chance auf einen Rabatt verloren, da der Kredit in aller Regel auf Basis des Lis-tenpreises berechnet wird. Bei Gebrauchtwagen gelten noch höhere Zin-sen, sodass eine Finanzierung noch teurer kommt.

Das Geschäft mit der Finanzierung machen die Autohersteller am liebsten selbst und bedienen sich dazu längst eigener Banken. Die locken (über den Händler) ständig mit Sonderkonditionen, um den Verkauf bestimmter Mo-delle anzukurbeln. Auf diese Weise bezahlen etwa 20 Prozent der Neuwa-genkäufer. Reichlich doppelt so viele vertrauen Ihrer Hausbank und neh-men dort einen Bankkredit, um gegenüber dem Händler als Barzahler auf-treten und so hohen Rabatt aushandeln zu können.

Eine seltene und meist nachteilige Variante des Kreditkaufs ist die soge-nannte Ballonfinanzierung. Dabei wird der Großteil der Schulden erst mit

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54 Irrtum Nr. 4: Auto fahren ist preiswert

der allerletzten Rate beglichen; bis dahin kann der Käufer von einer sehr niedrigen Rate profitieren und muss häufig auch keine Anzahlung auf den Wagen zu Beginn leisten. Doch spätestens bei der letzten Zahlung kommt das dicke Ende, muss die Riesensumme, vergleichbar einem Ballon, begli-chen werden. Gut dran ist dann nur, wer größere Rücklagen gebildet hat oder den Wagen wieder verkaufen will – ansonsten droht langwierige Ver-schuldung.

KREDIT

Zinsen für Hausbankkredit

8,9 9,9 10,9 11,9 12,9 13,9

0,9 8,8 9,7 10,6 11,5 12,4 13,2

1,9 7,7 8,6 9,5 10,4 11,3 12,2

2,9 6,6 7,5 8,5 9,4 10,3 11,2

3,9 5,5 6,4 7,4 8,4 9,3 10,2

Kred

itan

gebo

t vo

n

Aut

oban

k

4,9 3,3 4,3 5,3 6,3 7,2 8,1

Alle Angaben in Prozent

So lesen Sie die Tabelle: Es ist aufgeführt, welchen Rabatt der Käufer beim Händler erzielen muss, um mit einem Kredit von der Hausbank – bei einer Laufzeit von 36 Monaten – so günstig da zustehen wie mit dem Kredit von der Autobank. Das heißt zum Beispiel: Sie müssen einen Rabatt von 8,6 Prozent auf den Barpreis beim Händler aushandeln, um für den Haus-bankkredit zu 9,9 Prozent nicht mehr Zinsen zu zahlen als bei der Auto-bank zu 1,9 Prozent. Schaffen Sie höheren Rabatt beim Kauf, ist der Hausbankkredit richtig, ansonsten der Autobank-Kredit vom Händler. In der Regel gelingt es schon bei durchschnittlich teuren Autos, mit dem Hausbankkredit billiger als mit Autobank-Kredit zu fahren.

Page 56: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Nepp beim Abschleppen 55

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Nepp beim Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Nepp beim Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Nepp beim Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Nepp beim AbschleppenAbschleppenAbschleppenAbschleppen

KOMPROMISS KOMPROMISS KOMPROMISS KOMPROMISS BEIM ABSCHLEPPENBEIM ABSCHLEPPENBEIM ABSCHLEPPENBEIM ABSCHLEPPEN

Sehr geehrte Damen und Herren,

am ... 2010 haben Sie meinen Wagen mit dem Kennzeichen …. abschleppen las-

sen. Ich hatte den Wagen um … Uhr abgestellt und offensichtlich das Parkver-

bot übersehen. Gleichwohl habe ich Niemanden behindert und auch keine Ein-

fahrt blockiert; zudem schienen andere Parkplätze in der Nähe frei gewesen zu

sein. Insofern scheint es mir vom Grundstückseigentümer arg übertrieben, das

Fahrzeug abschleppen zu lassen.

Da der Eigentümer sein Selbsthilferecht schon ausgeübt und an ein Abschlepp-

unternehmen übertragen hat, bleibt mir offenkundig nur noch die Bezahlung.

Den vollen Betrag von … Euro bin ich nicht zu zahlen bereit, zumal ich meine

Handy-Nummer gut sichtbar an der Windschutzscheibe angebracht hatte, der

Eigentümer mich also hätte erreichen können. Gern überweise ich maximal …

Euro. Keinesfalls bin ich bereit, die zusätzlich in Rechnung gestellten Inkasso-

kosten in Hohe von … Euro zu zahlen. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil

vom 5. Juni 2009 für generell unbegründet gehalten (Az.: V ZR 144/08).

Ich bin guter Dinge, dass Sie mir rechtliche Schritte ersparen werden und hoffe

auf Ihre schriftliche Zustimmung zu meinem Kompromissvorschlag.

Mit freundlichen Grüßen

Page 57: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer
Page 58: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

57

Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und WohnenWohnenWohnenWohnen

Hartnäckig hält sich der Irrtum, dass man hierzulande überall billig woh-nen kann. Doch staatlich geförderter Neubau von Mietwohnungen ist be-reits vor Jahren komplett eingestellt worden. Dass in Zeiten eines immer schwieriger werdenden Arbeitsmarktes Mieter auch immer öfter zu Hause arbeiten müssen, belastet die Haushaltskasse zusätzlich, da Wohnraum für den nötigen Arbeitsplatz abgeknapst werden muss.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Ein selbstständiger Immobilienmakler wohnte mit Frau und Kind in einer Mietwohnung in Frankfurt/Main. Die ließ Platz für ein Arbeitszimmer, von dem aus der Makler seine Geschäfte führte. Ein gesondertes Büro besaß er nicht. Da flatterte ihm eines Tages ein Schreiben seines Vermieters ins Haus, die gewerbliche Nutzung der Wohnung sein zu lassen. Andernfalls müsse er mit der Kündigung rechnen, da die Wohnung laut Mietvertrag nur zu anderen Zwecken genutzt werden darf, wenn der Vermieter einwil-ligt. Als der Makler nach drei Monaten immer noch zu Hause arbeitete, erhielt er die Kündigung und wurde zur Räumung aufgefordert. Als er sich weigerte, zog die Vermieterin vor Gericht und gewann nach über zwei Jahren in letzter Instanz.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 14. Juli 2009 entschie-den, dass der Vermieter geschäftliche Aktivitäten seines Mieters freiberuf-licher oder gewerblicher Art, der nach außen hin in Erscheinung tritt, mangels entsprechender Vereinbarung nicht in der Wohnung dulden muss (Az.: VIII ZR 165/08).

Der Vermieter kann allerdings im Einzelfall verpflichtet sein, eine Erlaub-nis zu teilgewerblicher Nutzung zu geben, insbesondere, wenn auch bei Publikumsverkehr keine größeren Störungen auf die anderen Mieter aus-gehen als bei üblicher Wohnungsnutzung. Werden dagegen Mitarbeiter in

Page 59: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

58 Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Wohnen

der Wohnung beschäftigt, wie hier von der Vermieterin behauptet, so ist dies ein Kündigungsgrund. Dann muss der Makler ausziehen.

Fazit: Wer ein nicht genehmigtes Gewerbe in der Mietwohnung ausübt, riskiert die Kündigung. Unbedenklich ist laut BGH die Unterrichtsvorberei-tung von Lehrern, Telearbeit von Angestellten oder schriftstellerische Ar-beit von Autoren. Zudem muss der Vermieter eine teilgewerbliche Nut-zung hinnehmen, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Publikumsverkehr handelt.

Wohnungssuche selten ohne AufpreisWohnungssuche selten ohne AufpreisWohnungssuche selten ohne AufpreisWohnungssuche selten ohne Aufpreis

Ärger mit der neuen Wohnung kann es schon vor dem Einzug geben. Hat-ten Sie mit der Wohnungssuche einen Makler beauftragt, wird im Erfolgs-fall Provision fällig – bis zu zwei Monats-Kaltmieten + 19 Prozent Mehr-wertsteuer. Voraussetzung: Der Mietvertrag kommt wirklich zustande und der Tipp war für Sie nicht neu – stand also nicht schon in mehreren Zei-tungen oder wurde anderweitig im Internet angeboten. Definitiv keine Provision fällt an, wenn der Makler selber Eigentümer, Vermieter, Vormie-ter oder Verwalter der Wohnung oder in irgendeiner Weise für den Ver-mieter tätig ist. Merken Sie zu spät, dass der Makler unberechtigt eine Provision kassiert hat, können Sie Ihr Geld zurückfordern: Der Anspruch verjährt erst nach vier Jahren ab Zahlung.

Kein Vermieter ist frei bei der Festsetzung der Miete. Basis ist die soge-nannte ortsübliche Vergleichsmiete. Das ist die Miete, die andere Vermie-ter für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage verlangen. Häufig verlangen Vermieter einen sogenannten Neu-vermietungszuschlag von bis zu 15 Prozent, um eine möglichst hohe An-fangsmiete zu bekommen. Dies ist das genaue Gegenteil von der Hoff-nung, möglichst billig wohnen zu können und erschwert insbesondere den Wohnungstausch.

Spätere Mieterhöhungen können dadurch nicht verhindert werden – in-nerhalb von drei Jahren darf die Miete um höchstens 20 Prozent steigen,

Page 60: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Mietverträge mit unfreundlichen Klauseln 59

wobei nach jeder Erhöhung eine Pause von mindestens 15 Monaten vor-geschrieben ist.

SO FORDERN SIE ÜBERHÖHTE MIETE ZURÜCK

Eine überhöhte Miete muss niemand akzeptieren: Zu viel gezahlte Miete darf

zurückgefordert werden. Beispiel: Häufig bewegt sich die Miete im oberen Drit-

tel der Spannen, die im Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen genannt ist,

obwohl nur Durchschnitt in der Ausstattung geboten wird.

Hilfe geben Listen in den Anhängen der Mietspiegel, in denen Woh-nungsmerkmale wie Badausstattung oder Fußbodenheizung bewertet wer-den. Im Zweifel kann der Mieter einem Mieterhöhungsverlangen wider-sprechen. Der Vermieter müsste dann darlegen, warum er dennoch den Maximalbetrag fordert (Landgericht Dortmund; Az.: 11 S 38/02). Zudem darf der Vermieter jene Wohnwert erhöhenden Ausstattungsmerkmale nicht berücksichtigen, die der Mieter selbst bezahlt hatte, entschied das Bayerische Oberste Landesgericht.

Mietverträge mit unfreundlichen KlauselMietverträge mit unfreundlichen KlauselMietverträge mit unfreundlichen KlauselMietverträge mit unfreundlichen Klauselnnnn

Zahlreiche Klauseln in Formularmietverträgen bürden Mietern bestimmte Pflichten während des Alltags auf. Damit müssen Mieter leben, was häufig auch bedeutet: man hat zusätzlich zur Miete Kosten zu tragen.

WAS BEI KLEINREPARATUREN GILT

Kosten für kleinere Reparaturen und Wartung dürfen Vermieter dem Mieter auf-

erlegen („Bagatellklausel“), aber nur, wenn im Vertrag eine Obergrenze für ein

Jahr genannt ist. Nach Ansicht des OLG Hamburg sind 100 Euro pro Jahr ange-

messen, jedoch 300 Euro pro Jahr bzw. maximal zehn Prozent der Jahresmiete

sind zu viel (Az.: 5 U 135/90).

Page 61: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

60 Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Wohnen

Nicht alle Klauseln halten den Prüfungen der Gerichte stand. Dazu gehört auch der häufige Zankapfel Schönheitsreparaturen. Steht im Vertrag: „Der Mieter trägt die Kosten der Schönheitsreparaturen“, so heißt das laut BGH: Der Mieter muss die Renovierung nicht nur bezahlen, sondern auch selbst erledigen oder einen Handwerker beauftragen (Az.: VIII ZR 339/03).

HIER MUSS DER MIETER NICHT MALERN

Steht im Vertrag aber ein Zeitplan, wonach solche Reparaturen, etwa in Küchen,

Baderäumen und Duschen in einem Zeitraum von drei Jahren verpflichtend

durchzuführen sind, so ist diese Klausel unwirksam (BGH; Az.: VIII ZR 360/03).

Begründung: Der vorgegebene Zeitplan lässt eine Renovierung nach Be-darf nicht zu. Mieter müssten nach Kalender renovieren, auch wenn die Wohnung kaum abgenutzt ist. Der Vermieter muss selber renovieren.

Es gibt zahlreiche weitere gefährliche Klauseln im Mietvertrag, die in den letzten Jahren von Gerichten jedoch immer mehr entschärft worden sind.

GEFÄHRLICHE KLAUSELN UND WIE GERICHTE ENTSCHIEDEN HABEN

Klausel Urteil

Handwerkerpflicht für Schönheits-

reparaturen

unwirksam (OLG Stuttgart;

Az.: 8 REMiet 2/92)

Vorgegebene Farbwahl für Schön-

heitsreparaturen während der

Mietzeit

unwirksam (BGH;

Az.: VIII ZR 166/08)

Umlage der Kosten für Schlüsselan-

lage bei Verlust des Hausschlüssels

unwirksam (OLG Brandenburg;

Az.: 7 U 165/03)

Ausschluss der Haftung des Vermie-

ters für Mängel

unwirksam (BGH;

Az.: VIII ARZ 1/01)

Page 62: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Teure Tricks bei den Nebenkosten 61

Tapeten bei Auszug entfernen unwirksam (BGH;

Az.: VIII ZR 109/05)

Auszugsrenovierung neben

Renovierungspflicht während der

Mietzeit

unwirksam (BGH;

Az.: VIII ZR 308/02)

Bezahlung Auszugsrenovierung

durch Mieter neben renovierungs-

pflicht während der Mietzeit

unwirksam (BGH;

Az.: VIII ZR 302/07)

Kündigung des Vermieters mit

vorgetäuschtem Eigenbedarf

unwirksam (BGH;

Az.: VIII ZR 231/07)

Datenquellen: Finanztest-Spezial Mietrecht + BGH

Teure Tricks bei den NebenkostenTeure Tricks bei den NebenkostenTeure Tricks bei den NebenkostenTeure Tricks bei den Nebenkosten

Betriebskosten summieren sich heutzutage schon oft zu einer „zweiten Kaltmiete“. Nach der Betriebskostenverordnung muss der Mieter insgesamt 17 Arten an Nebenkosten bezahlen – von A wie Antennenanlage bis W wie Warmwasserversorgung. Nicht zu den Betriebskosten zählen die Ver-waltungskosten des Vermieters sowie Ausgaben für Instandhaltung, etwa Ersatz defekter Fensterdichtungen. Umstritten ist die Position „Sonstige Kosten“. Nur was dort konkret aufgeführt wird, darf überhaupt in die Rechnung eingehen. Allgemeine Umlagen sind unwirksam.

Üblich sind monatliche Vorauszahlungen. Am Jahresende macht der Ver-mieter eine Gesamtrechnung und erstattet zu viel bezahlte Beträge zurück bzw. verlangt Nachschlag. Für die Betriebskostenabrechnung hat er ma-ximal ein Jahr Zeit. Schickt er erst am Silvesterabend 2009 die Abrech-nung für 2008, so ist das nicht mehr pünktlich, weil der Mieter die Ab-rechnung nicht mehr vor Ablauf der Frist zur Kenntnis nehmen kann, sagt das Amtsgericht Köln (Az.: 210 C 31/05). Ist die Frist abgelaufen, darf der Vermieter in aller Regel nichts mehr nachfordern.

Page 63: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

62 Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Wohnen

Mieter, die unübersichtliche und daher fehlerhafte Nebenkostenabrech-nungen fünf Jahre lang akzeptieren, können die aktuelle Abrechnung nicht mehr monieren, entschied das Landgericht Münster. Nachforderun-gen des Vermieters müssen sie dann trotzdem zahlen (Az.: 8 S 82/03).

WAS TUN BEI ZU HOHER BETRIEBSKOSTEN-ABRECHNUNG?

Gegen überzogene Nebenkostenforderungen kann man sich wehren. Fragen Sie

beim Mieterverein, ob ein Betriebskostenspiegel für die Region existiert. Zeigt

der Vergleich, dass der Vermieter bei einzelnen Positionen deutlich über dem

Durchschnitt liegt, muss der Vermieter beweisen, dass das Haus nicht billiger zu

bewirtschaften ist. Kann er dies nicht, sollte der Mieter Rechtsrat einholen.

Mieter können sogar Geld zurückverlangen, wenn sie eine verspätete Ne-benkostenabrechnung des Vermieters bezahlt haben, obwohl sie das gar nicht mussten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az.: VIII ZR 94/05). Frist: bis zu drei Jahre nach Bezahlung.

Modernisierung und MieterhöhungModernisierung und MieterhöhungModernisierung und MieterhöhungModernisierung und Mieterhöhung

Nach Modernisierung der Wohnung kann der Vermieter wegen des damit verbundenen höheren Wohnwertes hinterher elf Prozent der Kosten auf die Jahresmiete draufschlagen. Zwei Monate vor beabsichtigtem Beginn muss er die Details schriftlich angekündigt haben (Umfang, Beginn, Dauer, Mieterhöhung). Sprechen gute Gründe dagegen, so sollten Sie der Ankün-digung Ihres Vermieters widersprechen. Ist die Ankündigung fehlerhaft und enthält zum Beispiel Arbeiten, die nicht zur Modernisierung gerechnet werden dürfen (Reparaturen, Instandsetzung, Ersatz), sollten Sie eine Kor-rektur verlangen.

Würde die Modernisierung sogar eine unzumutbare Härte darstellen, soll-ten Sie das im Widerspruch deutlich machen und die Arbeiten ganz ab-lehnen.

Page 64: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Kündigungsfallen und Kautionsverlust 63

IN DIESEN FÄLLEN KANN MODERNISIERUNG ABGELEHNT WERDEN

Härtefälle sind zum Beispiel Schwangerschaft, eine kleinere Wohnfläche als Fol-

ge der Modernisierung, Heizungsmodernisierung im Winter, Zerstören eigener

Modernisierungen, die mit Zustimmung des Vermieters zustande kamen.

Machen Sie die Modernisierung dagegen mit und ertragen tapfer die Handwerker, so können Sie sich gegen Willkür wehren, falls es die Bauar-beiter zu bunt treiben. So können Sie auf Mietminderung wegen Bauarbei-ten pochen, wenn Lärm und Staub Ihnen arg zu schaffen machen. Je nach Einzelfall haben Gerichte vielfach 20 bis 60 Prozent Mietminderung we-gen Lärm und Dreck bei Bauarbeiten im Haus zuerkannt.

Sind die Modernisierungsarbeiten schließlich beendet, muss meistens re-noviert werden. Viele Vermieter sind der irrigen Meinung, dies sei Sache des Mieters („Schönheitsreparatur"), obwohl sie selbst die Aktion veran-lasst hatten. Die malermäßige Instandsetzung nach Bauarbeiten zählt dazu aber nicht. Mieter sollten die Renovierung vom Vermieter verlangen und bezahlen lassen, gegebenenfalls durch Verrechnung mit der laufenden Miete.

Kündigungsfallen und KautionsverlustKündigungsfallen und KautionsverlustKündigungsfallen und KautionsverlustKündigungsfallen und Kautionsverlust

Auch die Kündigung der Wohnung kann zusätzlich ins Geld gehen, also billigem Wohnen zuwider laufen. Wenn der Vermieter Sie vor die Tür set-zen will, ist meist Eigenbedarf im Spiel, ansonsten beruft er sich auf man-gelnde wirtschaftliche Verwertung (zu geringe Miete, blockierte Verkaufs-absicht) oder auf gravierende Verstöße gegen den Mietvertrag (zwei Mo-natsmieten im Rückstand; laufend rücksichtsloses Verhalten). Selbst wenn die Gründe zutreffen, muss er Ihnen fristgerecht (ab drei Monate aufwärts) und schriftlich kündigen. Und selbst wenn er buchstabengetreu kündigt, kann der Mieter die Sache noch geradebiegen und den Kündigungsgrund beseitigen – meist handelt es sich um Mietschulden.

Page 65: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

64 Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Wohnen

WAS TUN BEI RÄUMUNGSKLAGE WEGEN MIETSCHULDEN?

Spätestens einen Monat, nachdem der Vermieter Räumungsklage erhoben hat,

müssen die Mietschulden beglichen sein. Oder Sie legen eine schriftliche Be-

scheinigung vor, dass das Sozialamt dafür einsteht.

Mitunter erhalten Mieter eine Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermie-ters. Eine Eigenbedarfskündigung ist nur dann zulässig, wenn der Vermie-ter die Mieträume für sich selbst, seine Familienangehörigen oder andere Angehörigen seines Haushalts benötigt. Die Gründe des Vermieters müs-sen ernsthaft, vernünftig und nachvollziehbar sein. Eine Kündigung, die mit Eigenbedarf des Vermieters begründet wird, aber einen anderen Grund hat, ist rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam.

Gut stehen die Chancen für den erfolgreichen Widerspruch gegen die Kündigung, wenn die Begründung für den Eigenbedarf wenig schlüssig ist. War der Eigenbedarf bereits absehbar, als der Mietvertrag unterschrieben wurde, ist die Kündigung unwirksam. Doch selbst wenn der Eigenbedarf echt ist, kann der Mieter zumeist erfolgreich dagegen halten: wenn die Kündigung eine unzumutbare Härte darstellt. Dann empfiehlt sich Wider-spruch nach Sozialklausel.

GRÜNDE FÜR WIDERSPRUCH GEGEN EIGENBEDARF

Gründe nach der Sozialklausel sind schwere Krankheit, hohes Alter, lange

Wohndauer, Schwangerschaft, bevorstehende Prüfungen, fehlende Ersatzwoh-

nung zu vergleichbarer Miethöhe, zu geringes Einkommen.

Doch nicht nur der Vermieter kann kündigen, sondern auch der Mieter. Dabei gelten sogar kürzere Kündigungsfristen als für Vermieter. Hier die Grundregeln für eine ordentliche Kündigung:

Der Mieter kann bei unbestimmter Mietdauer jederzeit unter Einhal-tung der Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

Page 66: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Kündigungsfallen und Kautionsverlust 65

Der Vermieter kann bei unbestimmter Mietdauer kündigen, wenn er die Wohnung für sich oder für Angehörige wegen bisheriger unzurei-chender Unterbringung benötigt oder ein sonstiges berechtigtes In-teresse nachweist.

Die Kündigungsfrist verlängert sich für den Vermieter nach Ablauf von fünf Jahren auf sechs Monate und nach Ablauf von acht Jahren auf neun Monate – für den Mieter bleibt es bei drei Monaten.

Kündigungserklärungen müssen spätestens am dritten Werktag des Monats beim Vertragspartner eingegangen sein, Samstag, Sonntag und gesetzliche Feiertage zählen nicht mit. Nur schriftliche Kündi-gungen sind wirksam.

Zumeist verlangt der Vermieter beim Einzug eine Mietkaution von drei Monatskaltmieten, die auf einem Sonderkonto angelegt werden muss. Der Mieter hat Anspruch auf angemessene Verzinsung. Die Kaution ist bei Mietern nicht sehr beliebt, für Vermieter aber als Sicherheit unverzichtbar. Sie ist dem Mieter nach Auszug zurückzugeben – nach Abzug von Auf-wendungen, die der Vermieter für die Beseitigung von Schäden hat, die der Mieter verursacht hatte.

SO IST DIE KAUTION GUT ANGELEGT

Es hat sich bewährt, wenn der Mieter die Kaution bei seiner Bank auf einem

Sparbuch anlegt und gegenüber der Bank erklärt, dass es sich um eine Mietkau-

tion handelt. Der Vermieter erhält dann das Sparbuch und die Verfügungsge-

walt. Auch die Rückabwicklung nach Ende des Mietverhältnisses ist einfach:

durch Rückgabe des Sparbuchs und Unterschrift auf einem Freigabeformular.

Die Ansprüche auf Rückzahlung der Kaution verjähren schon sechs Mona-te nach dem Auszug.

Page 67: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

66 Irrtum Nr. 5: Fallen bei Miete und Wohnen

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen MieterhöhungMieterhöhungMieterhöhungMieterhöhung

WIDERSPRUCH GEGEN MIETERHÖHUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Forderung nach höherer Miete vom ... wegen gestiegener Vergleichsmieten

für ähnliche Wohnungen in unserer Kommune habe ich am ... erhalten.

Hiermit widerspreche ich der Forderung, weil die Miete in meinem Fall inner-

halb von drei Jahren dadurch um mehr als 20 Prozent steigen würde und so die

gesetzlich zulässige Höchstgrenze überschreitet.

Im Zweifel listen Sie bitte auf, wie Sie zu den höheren Werten gekommen sind.

Der Bundesgerichtshof hat zudem klargestellt, dass die neue Miethöhe keines-

wegs über den Obergrenzen der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf (Az.:

VIII ZR 322/04). Bis auf Weiteres werde ich nur die Miete in bisheriger Höhe

zahlen.

Mit freundlichen Grüßen

Page 68: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

67

Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Jobsicherer Jobsicherer Jobsicherer Job

Viele Deutsche werden unter Wert bezahlt. Entweder erhalten sie ein fi-nanzielles Angebot, das weit unter Tarif liegt (Lohndumping), oder gesetz-liche Vorschriften bzw. tarifliche Regeln über Kündigungsfristen, Urlaubs-regelungen und Gleichbehandlung von Mann und Frau werden missachtet. Mitunter wird die vermeintliche Sicherheit des Jobs auch durch eine frag-würdige Kündigung erschüttert.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Die als "Emmely" bekannt gewordene Kassiererin Barbara E. hatte einen ziemlichen Bock geschossen: Sie nahm zwei ihr nicht gehörende Leergut-quittungen im Wert von 0,48 und 0,82 Cents unrechtmäßig aus dem Kas-senbüro ihres Arbeitgebers, der Handelskette Kaiser's Tengelmann AG, und löste sie für sich selbst ein. Das flog auf und die Supermarkt-Kette sprach wegen der Lappalie eine Verdachtskündigung aus – nach 30 Jahren Be-triebszugehörigkeit der Frau.

Dem Arbeitgeber war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts dringender Verdachtsmomente für das Vorliegen einer Straftat offensicht-lich nicht mehr zumutbar. Dagegen ging die Frau vor und reichte eine Kündigungsschutzklage ein. Zu ihrer Bestürzung gab das Landesarbeitsge-richt Berlin-Brandenburg (LAG) jedoch Kaiser’s Recht: Die fristlose Kündi-gung sei rechtmäßig, heißt es im Urteil vom 24. Februar 2009 (Az.: 7 Sa 2017/08 – nicht rechtskräftig). Bereits das Arbeitsgericht Berlin hatte ge-gen die Kassiererin entschieden, die ihre Felle nun davon schwimmen sah: Das LAG ließ die Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht zu, weil es dazu an gesetzlichen Voraussetzungen fehlt.

Die Schuld stehe zweifelsfrei fest. Bei einer solchen Straftat sei eine vorhe-rige Abmahnung entbehrlich; der Arbeitnehmer könne nicht davon ausge-hen, dass der Arbeitgeber gegen sein Vermögen gerichtete Straftaten auch

Page 69: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

68 Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Job

nur einmalig dulden werde. Von einer Kassiererin werde unbedingte Zu-verlässigkeit und absolute Korrektheit gefordert. Insofern zählt nicht der Wert der entwendeten Ware, sondern der irreparable Vertrauensverlust. Das ist der maßgebliche Kündigungsgrund.

Dennoch hat die Ex-Kassiererin es nachträglich geschafft, dass ihr Fall vor dem BAG in Erfurt abschließend verhandelt wird. Ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision war Ende Juli 2009 beim BAG erfolgreich. Ob es dann auch im Prozess zu einem Happy End gereicht hat, stand bei Re-daktionsschluss noch nicht fest.

Zeitverträge ohne EndeZeitverträge ohne EndeZeitverträge ohne EndeZeitverträge ohne Ende

Zeitverträge sind ein beliebtes Mittel, um unbefristete Festanstellungen zu verhindern. Ein Zeitvertrag kann höchstens dreimal verlängert werden und darf eine Gesamtdauer von zwei Jahren nicht überschreiten – so das Ge-setz. Doch wo kein Kläger, da kein Richter: Aus Angst, selbst den befriste-ten Arbeitsplatz vorzeitig zu verlieren, halten viele Deutsche still. So wird der Kündigungsschutz elegant umgangen. Manche Branchen bieten bereits sogenannte Kettenarbeitsverträge.

SO WEHRT MAN SICH GEGEN PERMANENTE ZEITVERTRÄGE

Es hilft nichts: Man muss die Firma vor das Arbeitsgericht bringen. Nur so ist

eine wirksame Kontrolle der Befristung von Arbeitsverhältnissen möglich. Der

Job ist hinterher vielleicht nicht lange zu halten, doch das ist bei ständiger Be-

fristung ja auch der Fall: Der Arbeitgeber muss am Ende der Frist nicht einmal

kündigen; die Beschäftigung endet automatisch.

Page 70: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Mindestlohn und andere Tricks 69

Mindestlohn und andere TricksMindestlohn und andere TricksMindestlohn und andere TricksMindestlohn und andere Tricks

Stundenlöhne von zum Teil deutlich unter fünf Euro sind keine Seltenheit und relativieren solche „sicheren“ Arbeitsplätze, weil man von diesem Ein-kommen nicht leben kann. Die Politik steuert zunehmend dagegen – mit gesetzlichem Mindestlohn. Den gibt es schon in mehreren Branchen.

MINDESTLOHN IN AUSGEWÄHLTEN BRANCHEN

Stundenlohn (Euro) Branche

West Ost

Bauhauptgewerbe 12,85 9,80

Dachdeckerhandwerk 10,4

Maler- und Lackierergewerbe 10,05 1 9,65

Elektrohandwerk 9,55 8,05

Gebäudereinigung 8,15 6,58

Briefdienstleister 9,80 9,00

1 Ungelernte: 8,05 Euro; 2 Ungelernte 7,50 Euro; Stand: 1. Mai 2009;

Quelle: Statistisches Bundesamt

Arbeitgeber operieren auch mit anderen Tricks, um die Lohnkosten zu drücken. Manche treten aus dem Arbeitgeberverband aus, um so Lohnan-hebungen durch neue Tarifverträge zu umgehen. Andere versuchen, be-stimmte Bedingungen durchzusetzen, an die eine Lohnerhöhung gekoppelt wird. Auf diese Weise lässt sich unterschiedlicher Lohn in ein und dersel-ben Firma installieren.

Diesen Trick hat sogar das Bundesarbeitsgericht (BAG) für rechtens befun-den: Eine Firma mit 300 Arbeitnehmern erhöhte die Vergütung ab 2007 um 2,5 Prozent. Ausgenommen wurden einige Mitarbeiter, die 2004 nicht der Reduzierung ihres Urlaubsanspruchs von 30 auf 25 Tage und einem Wegfall des zusätzlichen Urlaubsgeldes von 50 Prozent zugestimmt hat-

Page 71: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

70 Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Job

ten. Der Arbeitgeber bot ihnen die Lohnerhöhung nur unter der Vorausset-zung an, dass sie ab sofort die Kürzungen bei Urlaub und Urlaubsgeld ak-zeptieren. Das lehnten sie ab und zogen wegen Ungleichbehandlung vor Gericht – vergeblich.

Der Arbeitgeber darf auch im Falle einer freiwillig gewährten allgemeinen Lohnerhöhung Unterschiede aus sachlichen Gründen machen. Er hatte da-bei niemanden willkürlich von der Vergünstigung ausgeschlossen. Da die Betroffenen auch keinen Einkommensverlust erlitten, ist die Angelegenheit so in Ordnung, lautet das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Juli 2009 (Az.: 5 AZR 486/08).

Überstunden und VersetzungÜberstunden und VersetzungÜberstunden und VersetzungÜberstunden und Versetzung

Insbesondere das Problem Überstunden bringt immer wieder Frust mit sich. Günstig ist es, wenn Dauer und Ort der täglichen Arbeit im Vertrag festgehalten werden. Ansonsten kann der Chef mit einer Ankündigungs-frist von drei Tagen einseitig die Arbeitszeit verschieben – außer bei Teil-zeitkräften. Flexible Arbeitszeiten verleiten zu vielen Überstunden in Stoß-zeiten, die später nur schwer abzufeiern sind. Wenn sich zu viele Stunden auf dem Zeitkonto angesammelt haben und Sie keine Chance sehen, dafür Freizeit zu bekommen, können Sie eine finanzielle Vergütung vorschla-gen. Ein Recht darauf haben Sie indes nicht. Der Chef ist lediglich ver-pflichtet, ab der 49. Wochenstunde 25 Prozent Zuschlag auf den Stunden-lohn zu zahlen.

Eine einheitliche Regelung, wie Überstunden zu vergüten sind, gibt es nicht. Das Bundesarbeitsgericht hat lediglich entschieden: Solange sie sich abfeiern lassen, besteht kein Rechtsanspruch auf Vergütung (Az.: 4 AZR 445/93). Häufig werden sie zwischendurch abgebummelt, mindestens ge-nau so häufig fällt die Vergütung völlig unter den Tisch.

Page 72: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Abmahnung ernst nehmen 71

ÜBERSTUNDEN GEZIELT NOTIEREN UND ABRECHNEN

Überstunden sollten gesondert zur normalen Arbeitszeit festgehalten werden.

Will Sie der Chef generell zu Überstunden verpflichten, sollten Sie die zusätzli-

che Bezahlung in Form von Zuschlägen schon im Arbeitsvertrag verlangen.

Häufig werden Arbeitnehmer im Vertrag verpflichtet, bei Bedarf eine an-dere zumutbare Arbeit zu übernehmen. Die Vergütung darf dadurch nicht schlechter werden. Wer sich von vornherein vor Überraschungen schützen will, sollte im Vertrag einen späteren, ungewollten Ortswechsel ausschlie-ßen. Bestehen Sie auf einer eindeutigen Tätigkeitsbeschreibung und lassen Sie Arbeitsort und Betriebsteil klar festschreiben. Nur so können Sie jedes spätere Ansinnen Ihres Arbeitgebers in dieser Richtung zurückweisen.

Durch die Weisungsbefugnis hat der Chef allerdings einen sogenannten einseitigen Änderungsvorbehalt zum Arbeitsvertrag, wenn auch nicht schrankenlos. In jedem Falle muss die neue Aufgabe gleichwertig und zu-mutbar sein. Allerdings kommt es durch veränderte Auftragslage häufig zu einer Änderungskündigung. Das bedeutet: Das bestehende Arbeitsver-hältnis wird ordnungsgemäß gekündigt; zugleich macht der Chef das An-gebot, die Tätigkeit zu neuen Vertragsbedingungen, meist schlechteren Konditionen fortzusetzen. Je nachdem, wie zumutbar dies für Sie ist, soll-ten Sie das Angebot allenfalls unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist.

Abmahnung ernst nehmenAbmahnung ernst nehmenAbmahnung ernst nehmenAbmahnung ernst nehmen

Eine Abmahnung ist die Vorstufe der Kündigung. Im Arbeitsleben gilt: Beim nächsten Mal kann Fehlverhalten bereits den Job kosten. Jedoch ist nicht jede Abmahnung gültig. So müssen Betroffene tatsächlich Kenntnis davon nehmen, müssen konkrete Mängel ebenso genannt werden wie der eindeutige Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Gegen unberechtigte Abmahnung können Sie sich wehren:

Page 73: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

72 Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Job

Sie können zum einen eine schriftliche Gegendarstellung verfassen, in der Sie aufzeigen, weshalb Sie die Abmahnung für nicht rechtens halten, und können von Ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er diese Gegendarstellung zur Personalakte nimmt.

Des weiteren können Sie – wenn ein Betriebsrat besteht – sich bei ihm über die in Ihren Augen unberechtigte Abmahnung beschweren und ihn auffordern, beim Arbeitgeber auf „Abhilfe“ zu drängen, also den Arbeitgeber dazu zu bewegen, die Abmahnung zurückzunehmen.

Sie können aber auch als „schärfstes Schwert“ die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte vor dem Arbeitsgericht einfordern.

Handelt es sich um eine in Ihren Augen berechtigte Abmahnung, dann können Sie – wenn Sie den Sachverhalt etwas anders sehen, als ihn Ihr Arbeitgeber in der Abmahnung darstellt – selbst zu dieser im Kern zutref-fenden Abmahnung eine schriftliche Gegendarstellung verfassen und von Ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er diese zu der Abmahnung in die Per-sonalakte heftet.

WAS TUN NACH EINER ABMAHNUNG?

In jedem Fall sollte Rechtsrat eingeholt werden, zumindest sollten Sie den Be-

triebsrat einschalten oder die Gewerkschaft. Wer sich ungerecht behandelt

fühlt, sollte der Abmahnung widersprechen – möglichst innerhalb einer Frist

von drei Wochen.

Spätestens nach vier Wochen ist die Abmahnung nach aktueller Recht-sprechung gültig. Führt der Widerspruch zum Ziel, stellt sich also heraus, dass die Abmahnung unberechtigt war, muss der Chef sie zurücknehmen und darf sie keinesfalls in der Personalakte belassen.

Page 74: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Abmahnung ernst nehmen 73

GRÜNDE FÜR ABMAHNUNGEN

Stundenlange private Telefongespräche

Faulheit, Nichterledigung von Aufträgen

Ständiges Zuspätkommen, Überziehen der Pausen, zu frühes

Nachhausegehen

Eigenmächtiges Nehmen von Urlaub

Unangemeldeter Nebenjob

Ständiges Rauchen trotz strikten Rauchverbots in Geschäftsräumen

Arbeitsverweigerung

Drohung mit Krankheit

Weitergabe interner Informationen

Langwieriges Internet-Surfen während der Arbeitszeit trotz Verbot

Zum Glück verjähren Abmahnungen; die Frist steht oft in der Betriebsord-nung. Fehlt der Hinweis in dem Dokument, gilt als Faustregel: Leichtes Fehlverhalten ist nach einem Jahr „abgegolten", mittelschweres nach zwei und schwerwiegendes Fehlverhalten nach drei Jahren. Gerechnet wird ab dem Tag der Abmahnung; allerdings geht die Rechnung nur auf, wenn zwischendurch keine weiteren Rügen hinzukommen. Andernfalls droht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Page 75: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

74 Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Job

Kurzarbeit oder InsolvenzKurzarbeit oder InsolvenzKurzarbeit oder InsolvenzKurzarbeit oder Insolvenz

Mit Hilfe von Kurzarbeit können Firmen die Stammbelegschaft und einge-arbeitete Fachkräfte auch in Krisenzeiten halten und dadurch zugleich Personalkosten einsparen. Kurzarbeit kann bis zu 24 Monate dauern; So-zialversicherungsbeiträge werden vom siebten Monat an voll von der Bun-desagentur für Arbeit übernommen.

Hat ein Unternehmen Kurzarbeit eingeführt, sind betriebsbedingte Kündi-gungen aber nicht von vornherein ausgeschlossen, wie das Bundesarbeits-gericht vor langer Zeit entschieden hat (Az.: 2 AZR 494/96). Zwar wider-sprechen sich die rechtlichen Ansätze für Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung: Kurzarbeit ist die Reaktion auf einen vorübergehenden Ar-beitsmangel. Eine betriebsbedingte Kündigung setzt dagegen voraus, dass das Bedürfnis für Weiterbeschäftigung dauerhaft entfällt.

Gleichwohl kann auch während der Kurzarbeitsperiode Personalabbau ge-rechtfertigt sein. Entscheidend ist allein, ob aus arbeitsrechtlicher Sicht Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung vorliegen.

Wieder anders ist die Lage, wenn die Firma von Insolvenz bedroht ist. Bleibt die Lohnzahlung komplett aus, wird der Chef Insolvenzgeld bean-tragen – allerdings gibt es das nur für die letzten drei Monate vor Eintritt der Insolvenz.

WAS BEI INSOLVENZ PASSIERT

Wird der Betrieb tatsächlich zahlungsunfähig, werden bestehende Arbeitsver-

hältnisse vorerst gar nicht berührt: Sie bestehen unverändert fort. Allerdings

hat der Insolvenzverwalter ein Sonderkündigungsrecht – mit einer Frist von drei

Monaten zum Monatsende. Dagegen kann Kündigungsschutzklage erhoben

werden.

Offene Forderungen müssen gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Page 76: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Abfindung bei Kündigung 75

Abfindung bei Kündigung Abfindung bei Kündigung Abfindung bei Kündigung Abfindung bei Kündigung

Niemand darf Sie vertraglich dazu verpflichten, bei einer Entlassung auf eine Klage zu verzichten. Entsprechende Klauseln in Arbeitsverträgen sind nichtig, urteilte das Bundesarbeitsgericht (Az.: 7 AZR 156/96). Je nach Be-triebszugehörigkeit wird es bei Entlassungen auch um Abfindungen ge-hen. Arbeitnehmer bekommen ein halbes Monatsgehalt pro Jahr Betriebs-zugehörigkeit, wobei Zeiten über sechs Monate als volles Jahr gerechnet werden.

Neben dieser gesetzlichen Regelung können Abfindungen auch frei im Rahmen eines Aufhebungsvertrags vereinbart werden. Das ist vor allem für hochkarätige Mitarbeiter interessant, die eine deutlich höhere Abfin-dung als gesetzlich vorgeschrieben bekommen. Allerdings sperrt die Ar-beitsagentur ihnen meist für zwölf Wochen das Arbeitslosengeld I, weil sie mit ihrer Unterschrift am Jobverlust mitgewirkt haben. Zudem verkürzt sich die Anspruchsdauer um ein Viertel der ursprünglichen Zeit.

TIPPS FÜR DIE ABFINDUNG

Die Abfindung muss immer als Ausgleich für den Jobverlust und nicht als

Anerkennung für geleistete Dienste bezeichnet werden. Ansonsten ist sie

sozialversicherungspflichtig.

Wer den Job hinwirft, bevor die gesetzliche oder vertragliche Kündi-

gungsfrist abgelaufen ist, bekommt in der Zeit bis zu seinem eigentli-

chen Ende der Tätigkeit kein Arbeitslosengeld.

Alle Abfindungen sind seit 2006 leider ohne Ausnahme als Einkommen steuerpflichtig.

Sozialpläne dürfen allerdings eine nach Lebensalter oder Betriebszugehö-rigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen. Sie dürfen rentenberech-tigte Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen sogar ausschließen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 26. Mai 2009. Bedingung: Der Arbeit-nehmer hat nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I die Chance, Altersren-

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76 Irrtum Nr. 6: Vermeintlich guter und sicherer Job

te in Anspruch zu nehmen (Az.: 1 AZR 198/08). Im Streitfall war für über 59 Jahre alte Arbeitnehmer eine geringere Abfindung vorgesehen. Diese Differenzierung sei gerechtfertigt und führt nicht dazu, dass der Sozialplan unwirksam ist.

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen eine Musterbrief: So wehren Sie sich gegen eine Musterbrief: So wehren Sie sich gegen eine Musterbrief: So wehren Sie sich gegen eine KündigungKündigungKündigungKündigung

WIDERSPRUCH GEGEN EINE KÜNDIGUNG

Sehr geehrte Damen und Herren der Personalabteilung,

ich widerspreche Ihrer Kündigung vom ............. zum ...............

Die Kündigung ist rechtsunwirksam, weil

... sie sozial ungerechtfertigt ist,

... der Betriebsrat nicht gehört wurde,

... ich schwanger bin,

... sie im Mutterschutzurlaub erfolgt ist,

... ich zum Wehrdienst einberufen bin,

... ich schwerbehindert bin und die Hauptfürsorgestelle der Kündigung nicht zu-

gestimmt hat,

… folgender Härtefall vorliegt: ……

Mein Arbeitsverhältnis endet daher nicht wie von Ihnen festgelegt, sondern be-

steht zu unveränderten Bedingungen fort. Ich biete Ihnen hiermit ausdrücklich

meine Arbeitskraft an.

Mit freundlichen Grüßen

Page 78: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

77

Irrtum Nr. 7: Billig Urlaub machenIrrtum Nr. 7: Billig Urlaub machenIrrtum Nr. 7: Billig Urlaub machenIrrtum Nr. 7: Billig Urlaub machen

Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres. Dank Internet gibt es auch zum Reisen viele Vergleichsportale. Sie suggerieren: Urlaub ist häufig als Schnäppchen zu haben. Das Gegenteil ist leider meist der Fall: Oft zahlen Urlauber heutzutage deutlich mehr Geld als noch vor fünf Jahren. Die Rei-sebranche macht kräftig Kasse. Zudem können Zwischenfälle wie Bom-benanschläge auf Hotels für Urlauber ein teures Vergnügen werden.

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Da staunten Urlauber in Deutschlands „17. Bundesland“ Ende Juli 2009 nicht schlecht: Bei der Bombenexplosion vor einer Polizeikaserne auf Mal-lorca werden zwei Menschen getötet und mehrere verletzt. Die Explosion ereignet sich im Badeort Palmanova, südwestlich der Hauptstadt Palma de Mallorca, nicht weit von dem bei Touristen beliebten Strand Magaluz ent-fernt. Die baskische Terrororganisation ETA hat ganz bewusst in einem Badeort gezündet. Danach riegeln die Behörden den Flughafen in Palma de Mallorca für einen halben Tag ab. Zigtausende Deutsche sitzen auf Mallorca fest.

Wer kommt für zusätzliche Übernachtungen auf? Wer zahlt Verdienstaus-fälle? Das ZDF schickte seinen Reiserechtsexperten Kay Rodegra ins Ge-fecht. Sein ernüchternder Kommentar: Wenn der Flughafen zeitweise ge-schlossen ist, ist das kein Verschulden des Reiseveranstalters. Die Verspä-tung auf dem Rückflug ist zwar ein Reisemangel, der rechtfertigt allenfalls eine geringfügige Preisminderung. Auch für Verdienstausfall müsse der Reiseveranstalter nicht geradestehen, da es sich um höhere Gewalt han-delt, und da zahlt niemand Entschädigung. Der Kunde bleibt also auf sei-nen Kosten sitzen und muss für zusätzliche Ausgaben selbst aufkommen.

Kann der geplagte Urlauber über die sogenannte Fluggastrechteverord-nung Geld zurückholen? Nur zum Teil. Der Fluggast bekommt keine Aus-gleichszahlung wegen Flugausfall, weil eben ein Fall der höheren Gewalt vorliegt. Die Fluggesellschaft muss aber Betreuungsleistungen wie zum

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78 Irrtum Nr. 7: Billig Urlaub machen

Beispiel Verpflegung bei größeren Verspätungen erbringen. Können Ur-lauber durch solche misslichen Umstände Ihre Reise in den Süden erst ver-spätet antreten, so ist eine geringe Preisminderung gerechtfertigt, zusätzli-chen Schadensersatz gibt es aber nicht, weil dem Veranstalter kein Ver-schulden anzulasten ist.

Besonders teuer kann es für Ängstliche werden: Wer aus Angst vor weite-ren Anschlägen die Reise gar nicht antritt, kann nicht kostenfrei vom Ver-trag zurücktreten. Einzelne Terroranschläge gehören zum allgemeinen Le-bensrisiko, stellt Rodegra klar. Nur wenn konkret weitere Anschläge ange-kündigt sind oder das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausspricht, wä-re eine Kündigungsmöglichkeit gegeben. Solche Warnungen gab es aber für Spanien noch nie.

Besonderheiten bei der OnlineBesonderheiten bei der OnlineBesonderheiten bei der OnlineBesonderheiten bei der Online----BuchuBuchuBuchuBuchungngngng

Über 12.000 Reisebüros bieten hierzulande ihre Dienste zur Vermittlung von Reisen in alle Welt an. Sie haften also nicht für Fehler der Veranstal-ter. Viele Reisebüros vermitteln inzwischen auch oder gar ausschließlich im Internet. Zu Problemen kommt es immer wieder, wenn die konkret an-gepriesenen Konditionen hinterher nicht vollständig stimmen oder gar im Widerspruch zu den AGB, Stornoklauseln und Haftungsbeschränkungen im Kleingedruckten stehen. Gerade das Kleingedruckte sollte stets ausge-druckt und gelesen werden, ehe die Buchung vorgenommen wird.

STREITSCHLICHTUNG FÜR REISEN

Die Internetseite www.reiseschiedsstelle.de bietet Ihnen die Möglichkeit, online

gebuchte Reisen kostenlos zu reklamieren. Angeschlossen sind große Internet-

Veranstalter wie expedia.de, lastminute.de, L’Tur, Opodo und Travel24.com.

Schlichter ist ein Professor für Luftverkehrsrecht und Reiserecht. Verantwortlich

zeichnet der Verein zur Förderung der alternativen Streitschlichtung im Rei-

serecht (Köln).

Page 80: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Änderungen vor Beginn der Reise 79

Änderungen vor BeginnÄnderungen vor BeginnÄnderungen vor BeginnÄnderungen vor Beginn der Reise der Reise der Reise der Reise

Der Ärger kann schon vor Reisebeginn losgehen, etwa wenn in letzter Mi-nute Abstriche an der gebuchten Leistung gemacht werden oder der Trip gar ausfallen muss. Fällt die Reise aus Gründen, die beim Veranstalter lie-gen, ins Wasser, können Sie Ihr Geld zurückverlangen, aber laut Kleinge-drucktem der meisten Anbieter keinen Schadensersatz bekommen.

Müssen Sie dagegen selbst von der Buchung zurücktreten, so bleibt nur die schnellstmögliche Kündigung. Die bleibt finanziell jedoch nur ohne Folgen teurer Stornierungsgebühr, wenn ein offensichtlicher Mangel vor-liegt oder Sie eine entsprechende Reiserücktrittskostenversicherung abge-schlossen hatten. Aber auch die zahlt nur für Fälle von schwerer, überra-schender Krankheit, Unfall, Impfunverträglichkeit, Schwangerschaft, Tod naher Angehöriger oder Wohnungseinbruch. Auch bei höherer Gewalt entfällt die Stornogebühr.

AUF KURZFRISTIGE ÄNDERUNG REAGIEREN

Macht der Veranstalter vorher kurzfristig Änderungen bekannt oder weist auf

Mängel hin, so sollten Sie es ihm schriftlich geben, dass die Reise unter Vorbe-

halt angetreten wird. Dann behalten Sie alle Trümpfe zur Reklamation in der

Hand.

Doch manchmal passieren Dinge, die man einfach nicht voraussehen kann. Ärgerlich, wenn der Urlauber dafür auch noch abkassiert werden soll, wie es die Fluggesellschaft Germanwings mit Flugbuchungen im In-ternet versucht hat. Ein Mann hatte bei Germanwings übers Internet meh-rere Flugtickets nach Korfu gebucht. Am Flughafen kam die böse Überra-schung: Die reservierten Plätze waren vergeben, die Maschine ausgebucht. Germanwings hatte die Flüge einfach storniert, weil die Ticketzahlung per Kreditkarte fehlgeschlagen war. Dazu war das Unternehmen nach einer Klausel in ihren Geschäftsbedingungen sogar berechtigt, ohne den Kunden zuvor über die gescheiterte Zahlung informieren zu müssen.

Page 81: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

80 Irrtum Nr. 7: Billig Urlaub machen

Weil der Kunde die Flüge kurzfristig zu einem viel höheren Preis bei einer anderen Gesellschaft buchen musste, entstand ihm ein Schaden von 2.350 Euro. Es war nicht einmal klar, ob er bei der Buchung die Kartennummer falsch eingetippt hatte oder der Fehler bei der Kreditkartenfirma oder der Fluggesellschaft lag. Daher verklagte er die Fluggesellschaft – mit Erfolg: Das Landgericht Dortmund hat Germanwings am 15. Mai 2009 zur Zah-lung von Schadensersatz verurteilt, weil die im Internet gebuchten Flüge zu Unrecht storniert worden sind (Az.: 8 O 400/08 – rechtskräftig).

Laut Urteil darf eine Fluggesellschaft einen gebuchten Flug nicht ohne Vorwarnung stornieren, wenn die Zahlung per Kreditkarte oder Lastschrift nicht geklappt oder der Kunde die Zahlungsfrist nicht eingehalten hat. Auch wenn der Kunde die Zahlungsfrist versäume, dürfe die Fluggesell-schaft erst nach erfolgloser Mahnung vom Vertrag zurücktreten.

Neuerdings ist es Germanwings auch verboten, 50 Euro zusätzlich zu kas-sieren, wenn der Flugpreis nicht im ersten Anlauf erfolgreich vom Kun-denkonto eingezogen werden kann, entschied der BGH am 18. September 2009 (Az.: Xa ZR 40/08).

Mängel am UrlaubsortMängel am UrlaubsortMängel am UrlaubsortMängel am Urlaubsort

Wer während des Pauschalurlaubs Grund zum Klagen hat, muss die Män-gel sofort an Ort und Stelle beim Reiseleiter anzeigen. Der ist zu schneller Abhilfe verpflichtet, notfalls informieren Sie den Veranstalter in Deutsch-land vom Urlaubsort aus. Machen Sie aus Beweisgründen die Mängelan-zeige schriftlich und lassen sie vom Reiseleiter unterschreiben. Der wird den Mangel womöglich nicht bestätigen wollen, aber zumindest Ihr Schreiben zur Kenntnis nehmen.

Werden die Probleme gelöst, können Sie sich entspannen. Wenn nicht, haben Sie drei Möglichkeiten: den Mangel tapfer bis zum Urlaubsende zu ertragen und hinterher Ansprüche geltend zu machen, die Reise abzubre-chen und auf Kosten des Veranstalters heimzureisen oder in sehr schlim-men Fällen zur Selbsthilfe zu greifen, also beispielsweise in ein anderes Hotel umzuziehen und die Mehrkosten hinterher zurückzufordern.

Page 82: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Mängel am Urlaubsort 81

URLAUBSÄRGER VOR ORT RICHTIG BEGEGNEN

Da alle drei Wege darauf hinauslaufen, dass Sie Geld zurück wollen, lohnt es,

eifrig Zeugenaussagen zu sammeln, Mängel zu fotografieren oder zu filmen,

Belege für Mehrkosten aufzuheben, gesundheitliche Beeinträchtigungen durch

verdorbenes Essen vom Arzt bestätigen zu lassen. Das steigert die Erfolgsaus-

sichten vor Gericht.

Aber aufgepasst: Wird Ihnen bei der Ankunft ein anderes Hotel als das gebuchte als Ersatz gestellt, so müssen Sie dies bei etwa gleichem Stan-dard am selben Strandabschnitt akzeptieren. Bei Mängeln entscheiden die Gericht nach dem Einzelfall. Bestimmte Umfänge für die Minderung des Reisepreises haben sich aber in der Rechtsprechung herausgebildet.

ÜBLICHE SÄTZE ZUR RÜCKZAHLUNG BEI URLAUBSMÄNGELN

Mangel Minderung in Prozent

Urteil

Verschmutztes Hotel

Schimmel in Zimmer bzw. Bad 3 – 30 OLG Frankfurt; Az.: 16 U 72/03

Schmutzige bzw. nicht vorhandene Bettwäsche

10 AG Hamburg; Az.: 4 C 476/02

Klimaanlage defekt 15 – 20 LG Düsseldorf; Az.: 22 S 257/02

Essen und Trinken

Nur zwei Mahlzeiten in 5-Sterne-Hotel 25 LG Frankfurt; Az.: 2/24 S 96/07

Abgegessenes Buffet nicht nachgefüllt 10 OLG Köln; Az.: 16 U 42/99

Page 83: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

82 Irrtum Nr. 7: Billig Urlaub machen

ÜBLICHE SÄTZE ZUR RÜCKZAHLUNG BEI URLAUBSMÄNGELN

Mangel Minderung in Prozent

Urteil

Essen lauwarm oder kalt 5 OLG Frankfurt; Az.: 16 U 72/03

Pool, Strand, Sport, Kinder

Pool nicht funktionsfähig und verschmutzt

20 AG Bad Homburg; Az.: 2 C 2747/01

Fehlende Animation 15 AG Neuwied; Az.: 4 C 1322/03

Fehlende Kinderbetreuung 5 – 25 LG Düsseldorf; Az.: 22 S 73/02

Lärm

24 Stunden Großbaustelle neben Hotel

45 LG Frankfurt; Az.: 2-24 S 243/06

Disko-Lärm bis vier Uhr nachts 20 OLG Köln; Az.: 16 U 42/99

Flughafen in unmittelbarer Nähe der Hotelanlage ohne Hinweis im Prospekt

10 – 20 OLG Düsseldorf; Az.: 18 U 209/96

Quelle: ADAC; Stand: 06/2009

Ist der Koffer auf der Flugreise in den Urlaub verschwunden, so müssen Airlines für den Schaden aufkommen. Maßgeblich für die Höhe sind die Angaben der Passagiere zum Kofferinhalt. Bis zu 1.130 Euro Entschädi-gung sind drin, sogar, wenn das Gepäck später nachgeliefert wird.

Page 84: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Nach dem Urlaub Schadensersatz verlangen 83

HILFE BEI STREIT ZU FLUGGEPÄCK

Die Internetseite www.schlichtungsstelle-mobilitaet.org bietet Fluggästen kos-

tenlose Hilfe zur Schlichtung von Streit mit Fluggesellschaften zu verschwun-

denem Gepäck. Viele Airlines akzeptieren diese Schlichtung jedoch nicht und

machen gar nicht mit.

Wichtig: Erstattet wird nie der Neuwert von Kleidung, sondern der Zeit-wert. Im Zweifel sollten Kaufquittungen nachgereicht, vor allem aber Fris-ten bei der Schadenanzeige eingehalten werden.

Nach dem Urlaub Schadensersatz verlangenNach dem Urlaub Schadensersatz verlangenNach dem Urlaub Schadensersatz verlangenNach dem Urlaub Schadensersatz verlangen

Wurde vor Ort keine Abhilfe der Reisemängel geschaffen, können Sie sich innerhalb eines Monats nach Reiseende schriftlich beim Veranstalter be-schweren. Je nach Situation verlangen Sie entweder die Mehrkosten zu-rück, die durch Ihre Selbsthilfe entstanden sind, oder eine nachträgliche Minderung des Reisepreises.

Zudem können Sie in bestimmten Fällen zusätzlich noch Schadensersatz verlangen, etwa wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Am Tag der Rückkehr von der Reise beginnt eine sechsmonatige Verjährungsfrist. Wer bis dahin kein Geld zurück oder wenigstens geklagt hat, geht endgültig leer aus.

Haben Sie dem Veranstalter innerhalb eines Monats nach Reiseende die Rechnung aufgemacht, wird die Sechsmonatsuhr für die Verjährung an-gehalten, bis der Veranstalter auf Ihre Forderung reagiert. Dann tickt die Verjährungsuhr weiter. Hat der Veranstalter Ihre Ansprüche ganz oder teilweise zurückgewiesen, sollten Sie schnellstens zur Verbraucherzentrale oder zu einem spezialisierten Reiserechtsanwalt gehen, um noch vor Ab-lauf der Verjährungsfrist gegen das Reiseunternehmen klagen zu können.

Page 85: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

84 Irrtum Nr. 7: Billig Urlaub machen

SPÄTFOLGEN VON UNGEZIEFER AUF DER KREUZFAHRT

Eine Frau erlitt während der Schiffskreuzfahrt Hautverletzungen durch Bisse von

Ungeziefer in ihrer Kabine. Erst nach einer ärztlichen Diagnose in der Heimat

wurde der Urlauberin die Ursache klar. Die Monatsfrist zur Anmeldung von An-

sprüchen wegen Reisemängeln war da bereits verstrichen.

Ist die Frist ohne eigenes Verschulden verstrichen, so hat man auch danach

noch die Möglichkeit, Ansprüche anzumelden, wenn dies nach Wegfall des Hin-

derungsgrundes „unverzüglich“ getan wird, entschied das Landgerichts Düssel-

dorf am 13. Juli 2006 (Az.: 1 U 254/05). Das Gericht hielt der Frau zugute, dass

sie wegen der späten Entdeckung der Krankheitsursache keine Schuld an der

Nichteinhaltung der Frist habe.

Insolvenz Insolvenz Insolvenz Insolvenz des Veranstalters im Urlaubdes Veranstalters im Urlaubdes Veranstalters im Urlaubdes Veranstalters im Urlaub

Veranstalter von Pauschalreisen müssen sich schon seit Ende 1994 gegen Insolvenz absichern; einige tun es aber immer noch nicht. Damit kann es passieren, dass Urlauber im Falle einer Pleite des Veranstalters Anzahlun-gen (bei Ausfall der Reise) oder Kosten für die Rückreise nach Deutschland (wenn der Veranstalter zahlungsunfähig ist) nicht mehr vom Veranstalter zurückerhalten.

BARES NUR GEGEN SICHERUNGSSCHEIN

Urlauber sollten die gebuchte Reise erst bezahlen, wenn Sie den sogenannten

Sicherungsschein zugeschickt bekommen haben. Er steckt in den Reiseunterla-

gen. Ohne den Schein darf der Veranstalter höchstens zehn Prozent Anzahlung

verlangen. Der Schein garantiert, dass bei einer Veranstalter-Pleite der genann-

te Versicherer einspringt.

Normalerweise vermitteln Reisebüros nur Angebote von Veranstaltern und haften nur für eigene Fehler. Hat das Reisebüro jedoch Anzahlungen ver-

Page 86: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Reisemängel 85

langt und die frühzeitig an den Veranstalter weitergereicht, ohne im Ge-genzug werthaltige Reisepapiere zu verlangen, und der Veranstalter macht dann pleite, muss das Reisebüro gegenüber dem Kunden Schadensersatz leisten, urteilte das Landgericht Traunstein (Az.: 3 O 74/93).

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Reisemängel Reisemängel Reisemängel Reisemängel

GELTENDMACHUNG VON REISEPREISMINDERUNG

Sehr geehrter Reiseveranstalter…,

meiner Aufforderung vom .......... 2010, bei folgenden reklamierten Mängeln Ab-

hilfe zu schaffen, sind Sie während der Reise vom … bis … 2010 nicht nachge-

kommen:

Da die Mängel meine Erholung maßgeblich beeinträchtigten, verlange ich eine Minderung des Reisepreises um ............ Prozent. Der Nachlass orientiert sich an den Sätzen der Frankfurter Tabelle bzw. jüngeren Erhebungen des ADAC und schlüsselt sich wie folgt auf:

Hinzu kommen folgende Mehrkosten, die durch meine eigenen Abhilfeversuche entstanden sind:

Bitte überweisen Sie den Betrag von .............. Euro bis spätestens … 2010 auf mein Konto ................, BLZ ................, bei der .................. Bank. Nach dieser Frist müsste ich rechtliche Schritte einleiten. Ich verbleibe in der Hoffnung auf gütli-che Einigung.

Mit freundlichen Grüßen

Page 87: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer
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87

Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind preiswertsind preiswertsind preiswertsind preiswert

Versicherungen sollen gegen die schlimmsten Wechselfälle im Leben hel-fen. Mitunter wirken sie auf Verbraucher aber wie Regenschirme, die nur bei Sonnenschein ausgegeben und flugs wieder eingesammelt werden, wenn dunkle Wolken nahen.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Ein Arbeitnehmer wird von seinem Chef wegen „Restrukturierungsmaß-nahmen“ aus der Firma gedrängt. Damit es hinterher nicht zu einer Klage kommt, wird ihm eine Abfindung versprochen, falls er einen Aufhebungs-vertrag unterschreibt. Nach gründlicher Prüfung durch einen Anwalt wei-gert sich der Mann, weil er wohl vor Gericht durch eine Kündigungs-schutzklage hofft, eine höhere Zahlung zu bekommen. Da er eine Rechts-schutzversicherung besitzt, wähnt er sich vor den Prozesskosten sicher und will auch die Anwaltskosten für die Beratung vom Versicherer zurück. Doch der Versicherer lehnte die Kostenübernahme für den Prozess und auch die Beratungskosten für den Anwalt ab, da noch keine Kündigung erfolgt und damit der Versicherungsfall noch gar nicht eingetreten sei. Vor einer unberechtigt erklärten Kündigung ist keine finanzielle Unterstützung möglich. Der Kunde war entsetzt, da es im Prinzip nur um einige hundert Euro ging, der Versicherer aber vehement die Zahlung abblockte.

Es kam, wie es kommen musste: Der Mann zog gegen seinen Versicherer vor Gericht – und gewann. Doch der Versicherer zeigte sich uneinsichtig und ging letztlich über 14 Monate durch alle Instanzen – und verlor jedes Mal. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am 19. November 2008: Schon in der Kündigungsandrohung selbst lag der Rechtsverstoß, der den Kunden der Rechtsschutzversicherung zu Aktivitäten auf Kosten der Asse-kuranz berechtigt (Az.: IV ZR 305/07). Die Rechtsposition des Arbeitneh-mers sei bereits mit der Kündigungsandrohung beeinträchtigt. Zudem war

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88 Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind preiswert

dem Mann von seinem Chef mitgeteilt worden, dass er von der geplanten Stellenreduzierung betroffen ist, ohne Angaben zur Sozialauswahl zu be-kommen. Der Mann kam also doch noch zu seinem Anwaltshonorar vom Versicherer. Ob er bei der Kündigungsschutzklage auch noch Glück hatte, ist nicht überliefert.

Gute und schlechte SchadenregGute und schlechte SchadenregGute und schlechte SchadenregGute und schlechte Schadenreguliereruliereruliererulierer

Wie gut ein Versicherer wirklich ist, zeigt sich im Schadenfall. Längst er-hält nicht jeder gutwillige Kunde 14 Tage nach Abschluss der Ermittlun-gen sein Geld. Sind die Ermittlungen einen Monat nach der Schadenmel-dung noch nicht abgeschlossen, hat der Kunde Anspruch auf einen ange-messenen Vorschuss, den er freilich verlangen muss. Naturgemäß sind Personen- und Haftpflichtschäden für die Versicherer am teuersten.

BEI HAFTPFLICHTSCHÄDEN ANWALT SUCHEN

Bei teuren Schäden, wo die Schuldfrage völlig klar ist, aber der Versicherer of-

fenkundig auf Zeit spielt, sollten Sie einen auf Versicherungen spezialisierten

Anwalt einschalten. In Haftpflichtfällen können Opfer darauf vertrauen, dass ihr

Anwalt letztlich vom Schuldigen zu zahlen ist.

Häufig gibt es Ungereimtheiten nach Verkehrsunfällen. Hier zeigt sich schnell, wer gute und schlechte Schadenregulierer sind. Beispiel Kfz-Haft-pflichtversicherung: Am fairsten und schnellsten kommen Autofahrer bei VGH, Allianz und Debeka zu ihren Leistungen, ergab eine Umfrage unter Deutschlands Verkehrsrechtsanwälten. Auch einige andere größere Gesell-schaften wie LVM, VHV und Victoria verhelfen unschuldig in Unfälle ver-strickten Autofahrern weitgehend unkompliziert zu ihrem Geld.

Page 90: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Gute und schlechte Schadenregulierer 89

GUTE UND SCHLECHTE SCHADENREGULIERER

Versicherer Positive Punkte1 Negative Punkte1 Regulierungs-

kennzahl

Gute Regulierer

VGH 193 43 4,5

Allianz 2.133 531 4,0

Debeka 197 83 2,4

LVM 540 236 2,3

Hamburg-Mannheimer

123 54 2,3

Schlechte Regulierer

HDI Direkt 65 235 0,3

DA Direkt 71 275 0,3

HUK-Coburg 403 2.197 0,2

WGV 25 206 0,1

HUK24 55 607 0,1

1 Vergabe von 5 Rangpunkten für Platz 1 bis abwärts zu 1 Punkt für Platz 5 von Anwälten

2 Verhältnis von positiven zu negativen Rangpunkten (nur Anbieter mit mindestens 50 Nennungen erfasst)

Quelle: Psephos Institut für Markt-, Politik- und Sozialforschung (Hamburg); Stand: Herbst 2008

Page 91: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

90 Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind preiswert

Die von Verbraucherschützern hoch gelobten HUK-Coburg und HUK24 ge-ben sich da deutlich kleinlicher und feilschen bei der Schadenregulierung. Zu solchen Unternehmen zählen die Verkehrsrechtler auch WGV, DA Di-rekt, HDI Direkt oder DirectLine. Aber auch große Häuser wie AXA, Gene-rali, Gothaer oder Zurich bekleckern sich nicht mit Ruhm. „Man muss lei-der feststellen, dass es aggressive Autoversicherer gibt, die im Schadenfall alle möglichen Positionen kürzen“, kritisiert die Arbeitsgemeinschaft Ver-kehrsrecht beim Deutschen Anwaltverein.

In anderen Sparten können wiederum ganz andere Anbieter zu den besten Schadenregulierern gehören, insbesondere auch die HUK-Coburg.

DER OMBUDSMANN HILFT

Die Internetseite www.versicherungsombudsmann.de bietet Ihnen die Chance

zu kostenloser Beschwerde ohne Gefahr, Rechtskosten nachträglich bezahlen zu

müssen. Voraussetzung für die Hilfe: Die volle oder teilweise Ablehnung ist Ih-

nen vom Versicherer bereits schriftlich zugegangen. Und der Kunde hat noch

nicht ein Gericht eingeschaltet. Die Beschwerde stoppt die Verjährungsfrist.

Hinterher bleiben noch mehrere Monate Zeit, um die Versicherungsleis-tung vor Gericht einzuklagen. Am Anfang steht aber immer die Beschwer-de beim Versicherer selbst (siehe Musterbrief auf Seite 95).

Vermittler sind zuallererst VerkäuferVermittler sind zuallererst VerkäuferVermittler sind zuallererst VerkäuferVermittler sind zuallererst Verkäufer

Seit 22. Mai 2007 darf nicht mehr jedermann Versicherungsverträge ver-mitteln. Wer Schutz sucht und es nicht besser weiß, wird sich dennoch an einen x-beliebigen Vermittler wenden. Was auch immer auf dessen Visi-tenkarte steht: Die Qualität der Beratung hängt maßgeblich davon ab, wie unabhängig oder abhängig er von einem oder mehreren Versicherern ist. Der fest angestellte Außendienstmitarbeiter einer Versicherung und der selbstständige Einfirmenvertreter (haupt- oder nebenberuflich) bringen zu-

Page 92: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Vermittler sind zuallererst Verkäufer 91

sammen 75 Prozent aller Versicherungsabschlüsse zustande. Sie sind mit großem Abstand noch die erfolgreichste Form des Vertriebs.

Hoher Marktanteil heißt aber nicht hohe Schule der Beratung. Denn Au-ßendienst, Einfirmenvertreter und Banken sind von den Weisungen ihrer Gesellschaft abhängig, dürfen auch nur deren Angebot verkaufen und können objektive Beratung nicht liefern. Dafür kennen sie sich in den Ta-rifen dieser Gesellschaft normalerweise gut aus, sitzen in Kundennähe und dürfen kleinere Schäden selbst regulieren. Das geht zumeist schnell und unbürokratisch. Der gute Service wird vom Verbraucher mit vergleichs-weise hohem Beitrag erkauft.

Gute Beratung gab es am ehesten beim Versicherungsmakler oder bei ge-richtlich zugelassenen Versicherungsberatern. Unterschied: Der Makler er-hält seine Vergütung vom Versicherer, steht aber auf der Seite des Kunden und muss dessen Interessen bestmöglich vertreten. Dafür haftet er bei nachgewiesener Falschberatung mit bis zu einer Million Euro. Der gericht-lich zugelassene Versicherungsberater arbeitet dagegen wie ein Rechtsan-walt. Er nimmt Honorar vom Kunden nach bestimmten Stundensätzen und empfiehlt den Schutz völlig unabhängig von den Versicherern. Am Ende muss sich der Kunde dann selbst einen passenden Versicherer suchen und gegebenenfalls die Konditionen bei Preis (Nettotarif!) und Leistung (AVB) aushandeln. Das dürfte die Masse überfordern.

Die meisten Kunden legen besonderen Wert auf rasche Schadenregulie-rung, qualifizierte Beratung, günstige Beiträge, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, Regulierung in befriedigender Höhe und gute Betreuung. Da sind Makler prädestiniert.

GUT INFORMIERTE KÖNNEN SPAREN

Wer nicht auf fremde Empfehlungen angewiesen ist und sich das Geld für den

teuren Vertrieb sparen möchte, kann sich direkt an jene Versicherer wenden, die

auf den klassischen Außendienst verzichten. Mit solchen Direktversicherern

sparen gut informierte Verbraucher bares Geld.

Page 93: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

92 Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind preiswert

Unverzichtbare und überflüssige VersicherungenUnverzichtbare und überflüssige VersicherungenUnverzichtbare und überflüssige VersicherungenUnverzichtbare und überflüssige Versicherungen

Versicherungen sollten hauptsächlich als Risikovorsorge dienen, um ele-mentare Lebensziele abzusichern. Dazu gehört der finanzielle Schutz bei Invalidität, Tod – und damit Einkommensausfall des Partners – sowie Schutz vor Überschuldung bei Schadensersatzansprüchen. Bei der Aus-wahl der richtigen Versicherung muss die Höhe eines eventuellen Scha-dens an erster Stelle stehen. Springt die Police dann ein und verhindert wirksam den finanziellen Ruin, ist sie wirklich wichtig.

PRIVATHAFTPFLICHT UNVERZICHTBAR

Da jeder von uns täglich durch Unachtsamkeit mit Schadensersatzforderungen

konfrontiert werden kann, die sich aus der Haushaltskasse nicht bezahlen las-

sen, ist die mit Abstand wichtigste Versicherung für jeden Haushalt die Privat-

haftpflichtversicherung. Kinder, deren Eltern versichert sind, benötigen sie als

Erwachsene erst später: Bis zum Abschluss der beruflichen Erstausbildung sind

die jungen Wilden bei den Eltern beitragsfrei mitversichert. Das gilt auch für

Studenten und sogar mit eigener Wohnung. Bedingung: Sie heiraten nicht.

Weitere Existenz bedrohende Risiken sollten dringend durch eine Versi-cherung ausgeschaltet werden: Invalidität (durch eine Berufsunfähigkeits-Versicherung), Armut für Hinterbliebene bei eigenem Tod (durch eine Risi-ko-Lebensversicherung), Invalidität von Kindern und Nichtberufstätigen (durch eine Unfallversicherung).

Unzählige weitere Risiken schweben täglich über uns (siehe Tabelle auf Seite 93). Die meisten anderen Policen können zwar die Haushaltskasse auch spürbar belasten, bedeuten aber nicht den finanziellen Ruin. Daher sind viele Policen verzichtbar.

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Unverzichtbare und überflüssige Versicherungen 93

WICHTIGE UND UNWICHTIGE POLICEN1

Lebenssituation Privat-

haftpflicht

Berufs-

unfähigkeit Todesfall

Unfall

(Invalidität)

Kinder 10 0 0 10

Berufsanfänger 10 10 0 0

Berufstätiger

Single

10 10 0 0

Ehe (beide

arbeiten)

10 10 8 0

Ehe

(ein Verdiener)

10 10 10 0

Hausfrau 10 0 4 10

Allein-

erziehende

10 10

(Arbeit)

10 10

(Kind)

Ehe mit 50 10 8 5 52

Ehe mit 60 10 0 0 0

Single-Rentner 10 0 0 0

1 aus Sicht von Erwachsenen: von 10 (unverzichtbar) bis 0 (überflüssig) 2 Hausfrau

Bei näherem Hinsehen oft entbehrlich sind – bis auf die vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung für Auto- und Motorradfahrer sowie die sehr sinnvolle Wohngebäudeversicherung für Hauseigentümer – insbesondere: Rechtsschutz-, Reisegepäck-, Insassen-Unfall-, Glasbruch-, Sterbegeld- und Elektrogeräte-Reparaturkosten-Versicherung.

Page 95: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

94 Irrtum Nr. 8: Versicherungen helfen und sind preiswert

Teure Kopplung von Altersvorsorge und Teure Kopplung von Altersvorsorge und Teure Kopplung von Altersvorsorge und Teure Kopplung von Altersvorsorge und Versicherung Versicherung Versicherung Versicherung

Die Risiko-Lebensversicherung ist eine Art Netz und doppelter Boden, ins-besondere für junge Familien. Die haben erst wenig auf der hohen Kante und zugleich sehr niedrige Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversi-cherung. Wehe, wenn nun der Hauptverdiener stirbt! Für diese Fälle ist die Risiko-Lebensversicherung gedacht. Sie deckt nur das Sterberisiko, bei Tod des Versicherten wird die Versicherungssumme fällig - selbst dann, wenn dieser Tod schon kurz nach Vertragsabschluss eintritt. Altersvorsorge für den Erlebensfall (Beginn des Rentenalters) wird also nicht aufgebaut. Da-für kann sich jede Familie den Schutz leisten: Für rund 20 Euro Monats-beitrag bekäme die Familie eines Mannes (35) bei dessen Tod vor dem 65. Geburtstag 150.000 Euro ausgezahlt.

Die Versicherer verkaufen aber lieber Kapital-Lebensversicherungen, die rund zehnmal so teuer sind. Eine angemessene Todes- und Erlebensfall-summe ab 65 bzw. 67 können sich viele damit gar nicht leisten. Daher werden im Schnitt nur 21.000 Euro garantierte Versicherungssumme ver-einbart – viel zu wenig für den Ernstfall. Vier von fünf Verträgen der Ka-pital-Lebensversicherung dienen zwar dem guten Zweck, später die Rente aufzubessern. Ob eine Lebensversicherung angesichts der Kosten da der zweckmäßige Weg ist, bleibt fraglich. Immerhin sprechen einige Gründe dafür, wenn man sich eine Versicherungssumme von 150.000 Euro auf-wärts bei Kapital-Policen leisten kann:

die Anlage ist sehr sicher und bequem,

die Absicherung des Todesfallrisikos ist inbegriffen,

man verfügt über eine gute Sicherheit bei Kreditverhandlungen,

bei Auszahlung des Kapitals ist in der Regel nur die Hälfte der Erträge steuerpflichtig.

Page 96: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen schlechte Schadenregulierung 95

DAS MÜSSEN SIE TUN: ((FAZIT))

Deutlich billiger wird es, wenn statt der Kapital-Lebensversicherung eine private

Rentenversicherung ohne Todesfallschutz abgeschlossen wird. Sie hat die glei-

chen Vorteile wie eben aufgezählt – außer dem für Familien und Alleinerzie-

hende unverzichtbaren Hinterbliebenenschutz. Unterm Strich sind Kapitalversi-

cherungen teuer, preiswertere Geldanlagen jedoch weniger sicher. Unabhängige

Finanzberatung wird geeignete Anlageformen herausfinden.

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen

schlechte Schadenregulierung

AUFFORDERUNG ZUR SCHADENREGULIERUNG

Sehr geehrter Schadensachbearbeiter,

am ............. hatte ich Ihnen folgenden Schaden gemeldet (siehe Kopie des For-

mulars). In der Folgezeit gab es statt zügiger Regulierung nur Diskussionen und

Abwiegelversuche, um die Entschädigung zu drücken.

Ich meine, die Entschädigung wird auf meine Kosten hinausgezögert. Eine

stichhaltige Begründung habe ich auch auf Anfrage nicht erhalten, eine Prü-

fung vor Ort hat nie stattgefunden. Nach nunmehr … Wochen ohne einver-

nehmliche Klärung setze ich Ihnen eine letzte Frist, den Schaden in voller Höhe

von … Euro bis zum … 2010 zu bezahlen.

Danach werde ich mich an den Versicherungsombudsmann wenden und mich

über das Unternehmen beschweren. Zugleich überlege ich nach anderen Mög-

lichkeiten, Öffentlichkeit herzustellen, damit andere Verbraucher von den Ge-

pflogenheiten der Schadenregulierung in Ihrem Hause erfahren. Lieber wäre es

mir natürlich, die Angelegenheit still und gütlich zu erledigen.

Mit freundlichen Grüßen

Page 97: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer
Page 98: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

97

Irrtum Nr. 9: Kredite bergen keine FallenIrrtum Nr. 9: Kredite bergen keine FallenIrrtum Nr. 9: Kredite bergen keine FallenIrrtum Nr. 9: Kredite bergen keine Fallen

Zwei Drittel aller bundesdeutschen Haushalte drücken Schulden. Auf Pump zu leben ist gesellschaftsfähig geworden. Keine Frage: Ohne ver-nünftig bemessene Darlehen würde kaum ein Hauskäufer zum eigenen Dach über dem Kopf kommen. Vielfach bergen Kredite jedoch auch Fallen, die längst nicht immer beherrscht werden.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Anfang 2008 schien für einige deutsche Häuslebauer die Welt völlig ver-rückt geworden zu sein: Ihnen wurde das Darlehen zur Hausfinanzierung gekündigt, obwohl sie treu und brav ihre Kreditraten bezahlt hatten. Man-che gingen völlig schuldlos in die Zwangsversteigerung und verloren ihr Eigenheim. Heuschrecken kündigen Hauskredite, hallte es durch die Me-dien.

Was war passiert? Einige Banken und Sparkassen hatten laufende Kredite an Hedge-Fonds weiterverkauft. Dies war völlig legal, da die Grundschuld als Grundpfandrecht sowie die Sicherungszweckerklärung, in der sich die Tilgungen widerspiegeln, voneinander getrennt verkauft werden durften. Ein Investor konnte damit isoliert die Grundschuld erwerben und ohne Rücksicht auf die bislang geleisteten Tilgungen einfordern – auch ohne Vertragsverstoß des ahnungslosen Hauskreditkunden. Eine Gesetzeslücke mit zum Teil katastrophalen Folgen für die Darlehensnehmer machte es möglich, dass Investoren mit der „Kreditverwertung“ gutes Geld auch auf Kosten vertragstreuer Kreditkunden verdienen. Das Gesamtvolumen der Transaktionen wurde bundesweit auf 250 bis 400 Milliarden Euro ge-schätzt – ein Indiz für die seinerzeit herannahende globale Finanzkrise. Ganz vorne weg die Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE), die heute am Tropf des Staates hängt und sich nun ganz unschuldig „Deutsche Pfandbriefbank“ nennt.

Der Skandal: Bei den Kreditportfolios handelte es sich keineswegs nur um die Zusammenstellung von notleidenden Krediten. Es wurden eben auch

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98 Irrtum Nr. 9: Kredite bergen keine Fallen

sehr solide, also ordnungsgemäß bediente Kredite „beigemischt“. Der Vor-teil für die Banken besteht darin, dass sie für den Verkauf eines Pakets von Kleinkrediten – und zwar unter dem Gesamtwert – schnell Geld be-kommen. Die Hedge-Fonds „verwerten“ diese Kredite dann für schnelle, steuerfreie Gewinne. Mit dieser unseriösen Praxis der Banken wurde jedes Mal die „Sicherungsabrede“ zwischen Kunde und Bank wirkungslos, die verhindert, dass das Grundstück zwangsversteigert werden darf, wenn der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen nachkommt. Beim Weiterverkauf der Grundschuld wird diese Zwecksicherungsabrede nicht übertragen; der Käufer ist also auch nicht daran gebunden. Im Gegenteil: Er darf aus der Grundschuld in voller Höhe vollstrecken. Dann drohen den betroffenen Eigentümern die Zwangsversteigerung ihrer Immobilie und darüber hinaus oft der Ruin.

Der Gesetzgeber hatte diese fiese Chance zur Enteignung erst durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz im Herbst 2007 möglich gemacht. Im Sommer 2008 gab es dann Entwarnung: Der Bundestag beschloss per Ri-sikobegrenzungsgesetz, Hausbesitzer besser vor dem Weiterverkauf ihrer Immobilienkredite zu schützen. Kunden können seitdem zwischen Darle-hen wählen, die der Bank erlauben oder nicht erlauben, Forderungen wei-ter zu verkaufen. Verbraucher müssen also weiter sehr genau aufs Klein-gedruckte achten.

Gute und schlechte KrediteGute und schlechte KrediteGute und schlechte KrediteGute und schlechte Kredite

Banken leben davon, dass sie Geld teurer verleihen (Kredit) als sie es sich selbst beschaffen (Spareinlagen der Kunden). Die Betonung liegt auf „Bank", um zu verhindern, dass man auf noch teurere Angebote herein-fällt, etwa beim Kreditvermittler, im Leihhaus oder Darlehen auf dem frei-em Kapitalmarkt, die häufig nur gegen Vorkasse ausgereicht werden.

Page 100: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Schufa-freie Darlehen? 99

CHECKLISTE: KREDITAUSWAHL

Kurzfristiger Geldbedarf: Hier ist der Dispo-Kredit vom Girokonto richtig,

der mit der nächsten Gehaltszahlung wieder ausgeglichen wird.

Größere Anschaffungen: Hier ist der Ratenkredit richtig; die Laufzeit sollte

sich an der Nutzungsdauer der Ware orientieren, die mit Kredit bezahlt

werden soll.

Vorsicht, Falle: Ein Rahmenkredit, bei dem keine feste Laufzeit vorgegeben

ist und bei dem sich der Kunde immer wieder neu aus dem Kreditrahmen

bedienen kann, ist niemals richtig, weil die sehr gute Flexibilität ver-

gleichsweise teuer erkauft wird und den Überblick über die Schulden er-

schwert.

Wohneigentum: Hier ist ein Hypothekenkredit richtig. Da er meist mehr

als 25 Jahre Laufzeit hat, aber die Zinsen anfangs nur für die vereinbarte

Zinsbindungsfrist garantiert sind, ist auf die richtige Frist zu achten.

Günstig sind zumeist zehn Jahre; sehr ungünstig dagegen Hypothekenkre-

dite mit variablem Zins.

Ein Bauspardarlehen von der Bausparkasse ist darüber hinaus richtig für alle, die sich Wohneigentum anschaffen, wenn der Bausparvertrag schon zur Hälfte angespart und das Darlehen somit zuteilungsreif ist. Niemand sollte dabei über 30 Prozent der Gesamtfinanzierung gehen, da hohe Til-gungsraten verlangt werden, die schon viele Häuslebauer überfordert ha-ben. Dann droht ebenfalls Zwangsversteigerung.

SchufaSchufaSchufaSchufa----freie Darlehen?freie Darlehen?freie Darlehen?freie Darlehen?

Schon bei der simplen Eröffnung eines Girokontos unterschreibt jeder auch das Einverständnis, dass seine Daten bei der Schutzgemeinschaft für

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100 Irrtum Nr. 9: Kredite bergen keine Fallen

allgemeine Kreditsicherung (Schufa) gespeichert werden dürfen. Damit stimmen Sie automatisch zu, dass Ihre Angaben dort erfasst und ständig abgefragt werden können. Fast alle Banken beliefern die Schufa mit In-formationen und bedienen sich zugleich der Daten, um die Bonität neuer Kunden zu prüfen und sich vor Verlusten bei der Rückzahlung zu schüt-zen. Die Datenanfrage ist praktisch eine indirekte Sicherheit für die Bank.

Kreditvermittler verstehen es häufig gut, Kunden zu locken. Schnell, güns-tig, diskret, ohne Unterschrift des Ehepartners und auch bei persönlich schwieriger Lage gebe es Geld. Selbst wenn die Schufa-Auskunft negativ ausfällt, wenn ein Mahnbescheid, Haftbefehl oder eine eidesstattliche Ver-sicherung vorliegen, stellt das kein Hindernis für Kredite oder Zusatzkredi-te dar – sagen die Vermittler. Das ist Nonsens: Wer schon direkt bei seiner Bank keinen Kredit bekommt, wird ihn auch über den Vermittler nicht er-halten.

Wie Banken Kunden übervorteilenWie Banken Kunden übervorteilenWie Banken Kunden übervorteilenWie Banken Kunden übervorteilen

Banken sind primär auf den eigenen Geschäftserfolg aus und schon des-halb nicht mit der Wohlfahrt zu verwechseln. Doch um einen Kredit nutz-bringend für sich abschließen zu können, sind die meisten von uns auf gute Beratung angewiesen.

Die Stiftung Warentest macht regelmäßig die Probe aufs Exempel. Nur drei von 14 Banken haben Testkunden korrekt zu einem Ratenkredit über 5.000 beraten, fand Finanztest im Februar 2007 und 2008 heraus: Bei ei-nem Drittel aller Fälle ist wegen Fehler der Bankmitarbeiter die Kreditwür-digkeit des Kunden gesunken, weil sensible Kundendaten nicht richtig an die Schufa weitergegeben worden sind. Das schadet dem Verbraucher bei jeder weiteren Kreditanfrage.

Page 102: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Wie Banken Kunden übervorteilen 101

SO BERATEN BANKEN ZUM RATENKREDIT

Testkriterium (Anteil an Gesamturteil in

Prozent)

Notenpalette

(schlechteste Bank)

Allgemeine Begleitumstände (5) 1,7 – 3,4 (Citibank)

Erfassung der Kundensituation (35) 1,5 – 4,1 (Berliner Sparkasse)

Kreditangebot (60) 1,5 – 4,5 (Santander)

Verstoß gegen Datenschutz

(= Abwertung)

0 – 3 Fälle der Gespräche

(Citibank)

Quelle: FINANZtest 2/2007; 91 Testgespräche mit Beratern von 13 Banken und

Sparkassen in jeweils 7 Filialen

Frustrierend: Die Beratungsqualität der Banken bei der Baufinanzierung – für viele die teuerste Investition ihres Lebens – ist auch nicht besser. Viel-fach werden Mitarbeiter eingesetzt, die nicht ausreichend für eine so fol-genschwere Beratung qualifiziert sind, fand Franztest im April 2003 her-aus. Zudem benutzte nur jede dritte Bank eine Finanzierungs-Software, obwohl ohne ein solches Programm ein kompletter Finanzierungsplan nicht mehr aufgestellt werden kann. Die häufigsten Beratungsfehler:

Keine Berechnung der Belastung nach Zinsbindung: 71 Prozent

Bausparvertrag nicht oder falsch berücksichtigt: 68 Prozent

Kein Baufinanzierungsprogramm eingesetzt: 67 Prozent

Günstiges Förderdarlehen nicht berücksichtigt: 61 Prozent

Keine Tilgungspläne: 51 Prozent

Kein Effektivzins genannt: 24 Prozent

Keine oder falsche Angabe der Gesamtbelastung: 19 Prozent.

Die Banken ließen also kaum Fehler aus. Erwarten Sie keinen grenzenlo-sen Sachverstand oder Neutralität vom Kreditberater der Bank, sondern rechnen Sie selber genau mit.

Page 103: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

102 Irrtum Nr. 9: Kredite bergen keine Fallen

Seriöse und unseriöse SchuldnerberatungSeriöse und unseriöse SchuldnerberatungSeriöse und unseriöse SchuldnerberatungSeriöse und unseriöse Schuldnerberatung

In Zahlungsschwierigkeiten kann jeder kommen. Selbst vor Überschul-dung ist niemand gefeit – etwa durch Verlust des Arbeitsplatzes, Ehe-scheidung oder plötzliche Behinderung nach einem Autounfall. Wichtig ist es, das Problem offensiv anzugehen und sich den richtigen Leuten anzu-vertrauen, um wieder auf sichere finanzielle Füße zu kommen.

Keinesfalls sollten sich Betroffene auf Kreditvermittler oder private Schul-denregulierer einlassen. Diese Leute wollen nur Geschäfte mit fremden Schulden machen. Betroffene werden ihre Schulden dadurch nicht los – im Gegenteil: Im Schnitt verteuern sie den Kredit um mindestens fünf Pro-zentpunkte, da sie ihren Kunden zur „Steigerung der Sicherheit“ zusätzli-che Finanzprodukte wie Bauspar-, Lebens- und andere Versicherungsver-träge unterjubeln, die letztlich nur die eigene Vergütung erhöhen.

Der Alptraum lässt sich noch durch gewerbliche Schuldenregulierer ver-größern. Die versprechen eine rasche Entschuldung, doch die Umschul-dung wird sehr teuer und ist keinesfalls sicher. Sind Sie bereits Opfer eines Schuldenregulierers geworden, empfehlen seriöse Schuldenberater folgen-de Erste-Hilfe-Maßnahmen:

Fordern sie ihre Unterlagen zurück.

Widerrufen Sie Verträge und insbesondere an Rechtsanwälte erteilte Mandate.

Fordern Sie Ihr Geld zurück, wenn nötig auch mit gerichtlicher Hilfe.

Legen Sie in jedem Fall Widerspruch ein, wenn Sie über das Gericht einen Mahnbescheid von einem Kreditvermittler/Schuldenregulierer erhalten und holen Sie schnell Rat ein.

Zeigen sie die unseriösen Regulierer bei der Polizei an.

Melden sie nicht genehmigte Insolvenzberatung den Genehmigungs-behörden.

Lassen Sie sich von einer seriösen Schuldnerberatungsstelle beraten.

Seriöse Schuldnerberatung erkennt man vor allem daran, dass sie sich nicht an fremdem Elend bereichert, sondern kostenlos ist. Dies bieten zum

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Insolvenz auch für Verbraucher 103

Beispiel Diakonisches Werk, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Verbraucherzentralen sowie Städte und Landkreise. Auch eine ganze Reihe von gemeinnützigen Vereinen bieten Schuldnerberatung an.

SERIÖSE UND KOSTENLOSE SCHULDNERBERATUNG

Die Internetseite www.bag-schuldnerberatung.de bietet Adressen für seriöse

und kostenlose Schuldnerberatung in den einzelnen Bundesländern und betreibt

selbst eine Online-Schuldnerberatung. Gemeinsam mit dem Schuldner versu-

chen die Fachleute, die Schulden in den Griff zu bekommen, und helfen zudem,

familiäre und seelische Probleme zu bewältigen, die aufgrund der Überschul-

dung entstanden sind.

Insolvenz auch für VerbraucherInsolvenz auch für VerbraucherInsolvenz auch für VerbraucherInsolvenz auch für Verbraucher

Gelingt die Entschuldung nicht durch eisernes Sparen, droht Überschul-dung. Davon sind rund 7,3 Millionen Haushalte betroffen. Sie schaffen es ohne Verbraucherinsolvenz nicht, den Schuldenberg von durchschnittlich 66.000 Euro pro Fall selbstständig abzutragen. Letzter Ausweg ist dann das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren, das nach einer Phase von sechs Jahren Wohlverhalten mit einer Restschuldbefreiung endet.

Anträge für das Verfahren gibt es bei den Schuldnerberatungsstellen und Insolvenzgerichten. Die Gläubiger müssen Betroffenen kostenlos eine Auf-stellung ihrer Forderungen aushändigen. Vorab unternimmt das Gericht den Versuch, eine einvernehmliche Lösung ohne Verfahren herbeizufüh-ren. Vorteil: Nur die wichtigsten Gläubiger müssen dem Schuldenbereini-gungsplan zustimmen. Gelingt keine gerichtliche Einigung, beginnt das Insolvenzverfahren vor Gericht. Es nennt sich zwar „vereinfachtes“ Ver-fahren, ist aber immer noch kompliziert genug.

Page 105: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

104 Irrtum Nr. 9: Kredite bergen keine Fallen

SOLCH WOHLFEILES VERHALTEN WIRD ERWARTET

Der pfändbare Teil Ihres Vermögens wird dazu verwendet, Prozesskosten und

Forderungen der Gläubiger zu bezahlen. Nur wenn Sie sich im Laufe von sechs

Jahren „wohl verhalten“, also jeden Job annehmen und jeden möglichen Cent

dem Treuhänder überlassen, wird Ihnen anschließend die Restschuld erlassen.

Musterbrief: So wehren Sie sich gMusterbrief: So wehren Sie sich gMusterbrief: So wehren Sie sich gMusterbrief: So wehren Sie sich gegen egen egen egen SchuldenreguliererSchuldenreguliererSchuldenreguliererSchuldenregulierer

WIDERRUF EINER VEREINBARUNG ZUR SCHULDENREGULIERUNG

Sehr geehrte Damen und Herren der Firma …,

am ............. hatte ich einen Vertrag zur Schuldenregulierung abgeschlossen. Ich

widerrufe hiermit diese Vereinbarung sowie folgende in diesem Zusammenhang

ebenfalls geschlossene Verträge: …

Ich hatte ein Umschuldungsdarlehen erwartet, fühle mich jedoch arglistig ge-

täuscht und fechte die Verträge nach § 123 BGB an. Die Forderung einer Ver-

mittlungsgebühr ist damit sittenwidrig (Amtsgericht Cottbus, Az.: 42 C 53/96).

Da keine werthaltigen Leistungen erbracht wurden, ist der Vertrag nach § 138

BGB nichtig – auch wegen verbotener Rechtsberatung.

Ich fordere Sie auf, mir alle Unterlagen bis spätestens … 2010 herauszugeben,

auch die zu Unrecht erhaltene Abtretung/Schuldanerkenntnis, insbesondere die

Lohnabtretung – wegen Unwirksamkeit (Bundesarbeitsgericht; Az.: 4 AZR

258/92). Bis spätestens zum … 2010 erwarte ich auch die Rückzahlung all mei-

ner an Sie gezahlten Beiträge in Höhe von … Euro auf mein Girokonto… bei der

… Bank. Zudem behalte ich mir eine Strafanzeige wegen Scheinkreditvermitt-

lung und verbotener Rechtsberatung vor.

Page 106: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

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Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und preiswertund preiswertund preiswertund preiswert

Handwerk hat goldenen Boden, hieß es früher. Heute müssen Handwerker häufig auf kargem Boden ackern, um die Firmen über Wasser zu halten. Das macht so manchen Handwerksunternehmer kreativ – insbesondere auch beim Schreiben von Rechnungen.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Da sich der Streit bei Handwerkerarbeiten häufig zu drei Punkten entzün-det, hier gleich drei krasse Fälle.

Ein Brandenburger Hausbesitzer ließ eine neue Terrassentür einbauen. Als bei Regen plötzlich Wasser ins Innere des Zimmers floss, forderte er eine kostenlose Nachbesserung. Der Glaser weigerte sich: Er habe die „aner-kannten Regeln der Technik" und die Herstellerangaben gewissenhaft be-achtet. Das reicht nicht, stellte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. November 2005 klar (Az.: VII ZR 147/04). Entscheidend sei das Resultat, und nachdem die Tür ihren Zweck nicht erfülle, müsse der Handwerker nachbessern.

Ein anderer Bauherr hatte einen Handwerker beauftragt, seine Terrasse ab-zudichten und anschließend mit Holz auszulegen. Als es im darunter lie-genden Keller trotzdem zu einem Wasserschaden kam, machte er Gewähr-leistungsansprüche geltend. Doch der Handwerker hielt dagegen: Zwi-schen den beiden sei kein wirksamer Vertrag zustande gekommen, er habe schließlich ohne Rechnung und damit schwarz gearbeitet. Falsch, sagte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24. April 2008. Auch bei schwarz erbrachten Leistungen könnten Auftraggeber Nachbesserung for-dern (Az.: VII ZR 42/07). Aus dem eigenen gesetzwidrigen Steuervorteil dürfe der Handwerker nicht noch zusätzlichen Nutzen ziehen, indem seine mangelhaften Leistungen ungestraft durchgehen. Um die Gewährleis-tungspflicht kommt er nicht herum.

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106 Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und preiswert

Ein Mieter, der sich aus seiner Wohnung ausgesperrt hatte, rief einen Schlüsselnotdienst herbei. Per Telefon wurde auch gleich der Preis ausge-macht. Als es vor Ort ans Bezahlen ging, verlangte der Handwerker über 100 Prozent mehr als vereinbart. Der Streit endete vor Gericht. Der Kunde kann die volle und sofortige Begleichung der Rechnung verweigern – zu-mal dann, wenn das Schloss „im Nu" geöffnet worden war, entschied das OLG Frankfurt/Main (Az.: 6 W 218/01). Der Handwerker handelt wegen des Wucherpreises wettbewerbswidrig, so die Richter.

Aufpassen bei Verspätung und MängelnAufpassen bei Verspätung und MängelnAufpassen bei Verspätung und MängelnAufpassen bei Verspätung und Mängeln

Wer als Kunde sicher gehen will, vereinbart mit dem Handwerker einen Fest- oder Höchstpreis für die Leistung. Dann hat er neben einem klaren Auftrag auch für die Kosten eine Höchstgrenze gesetzt, die ohne seine Zu-stimmung nicht überschritten werden darf. Wer sich dagegen auf die weit verbreitete Vergütung auf Stundenlohnbasis einlässt, muss damit rechnen, dass jede Verzögerung finanziell zu seinen Lasten geht.

Nachdem Sie alles perfekt organisiert glaubten, lässt sich kein Handwerker zum vereinbarten Termin blicken. Die telefonische Rückfrage ergibt: Ein sehr wichtiger Termin ist dazwischen gekommen, Ihr Auftrag „verzögert sich wahrscheinlich um einige Tage". Diese Verzögerung braucht sich niemand gefallen zu lassen – nur bei höherer Gewalt oder Krankheit ist etwas Geduld angebracht.

BEI VERZUG EINE FRIST SETZEN

Wurde ein fester Endtermin ausgemacht, so gerät die Firma automatisch in Ver-

zug; haken Sie dann sofort telefonisch nach. Passiert spätestens nach zwei Ta-

gen weiterhin nichts, sollten Sie die erste Mahnung schicken und auf terminge-

rechte Erledigung bestehen. Ruht die Angelegenheit weiter, steht dem Hand-

werker eine letzte Nachfrist von höchstens zwei Wochen zu, ehe der Kunde neu

disponieren kann.

Page 108: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Notdienste und Zuschläge 107

Kommen die Handwerker dann immer noch nicht, können Sie aus dem Vertrag aussteigen und Schadensersatz verlangen – inklusive des Auf-wandes, eine Ersatzfirma ausfindig zu machen und zu beauftragen, Ihres Verdienstausfalls und finanzieller Einbußen, die Ihnen durch die erneute Auftragsvergabe entstehen.

Mitunter stellt sich jedoch bei der Abnahme des „Werkes" – häufiger erst danach – heraus, dass doch nicht ganz fehlerfrei gearbeitet wurde. Merken Sie es bis zur Abnahme, fordern Sie umgehende Nachbesserung und be-zahlen vorher keinen Cent. Tritt der Mangel erst danach zutage, liegt die Beweislast beim Kunden: Sie müssen vor Ablauf der Verjährungsfrist Nachbesserung oder Rückvergütung verlangen.

Notdienste und Zuschläge Notdienste und Zuschläge Notdienste und Zuschläge Notdienste und Zuschläge

Ein Notdienst, zum Beispiel Schlüssel- oder Elektrodienst, kann durch den 24-Stunden-Service teurer kalkulieren als Handwerkerfirmen mit normaler Arbeitszeit. Der Kunde muss also Zuschlag zahlen, oft 50 Prozent. Der darf aber nicht auf die Gesamtsumme aufgeschlagen werden, sondern sich nur auf die Lohnkosten beziehen. Ein Ersatzteil wird schließlich nicht in der Nacht oder am Wochenende teurer, sondern nur die Arbeitsleistung. Ach-ten Sie bei der Rechnung darauf und fragen im Zweifel bei der Handwer-ker-Innung nach dem geltenden Tarif-Stundenlohn.

NOTDIENST AUS DEM ORT?

Haben Sie im Branchenfernsprechbuch den Notdienst unter der örtlichen

Nummer erreicht, dürfen Sie davon ausgehen, dass sich die Firma auch am Ort

befindet. War es dann nur ein örtliches Annahmebüro und die Handwerker

kommen von außerhalb, brauchen Sie nur die Kosten für An- und Abfahrt in-

nerhalb der Ortsgrenzen zahlen. Darüber hinausgehende Beträge können von

der Rechnung gestrichen werden (Amtsgericht Duisburg; Az.: 3 C 125/89).

Page 109: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

108 Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und preiswert

Besonders häufig werden Notdienste gerufen, um Türen zu öffnen. Wer den erstbesten Schlüsseldienst bestellt, läuft Gefahr, eine unangemessen hohe Rechnung zu zahlen. Möglich machen dies ausgeklügelte Tarife und Zusatzleistungen, die eigentlich nicht nötig sind, aber vom Kunden oft nicht erkannt werden. Bleibt die Firma schon am Telefon Angaben zu Ne-benkosten schuldig, ist Vorsicht geboten. Einige wenige Schlüsseldienste schrecken nicht davor zurück, schon mal die Schließanlage der Tür zu zer-stören, weil die Tür sich angeblich nicht anders öffnen lässt. In Wirklich-keit wollen sie nur überteuerte Schließzylinder, Einsteckschlösser und Schließbleche an den Mann bringen. Fachleute raten zur Aufmerksamkeit: Ist die Wohnungstür lediglich zugeschlagen, lässt sie sich fast immer öff-nen, ohne das Schloss zu beschädigen. Selbst abgebrochene Schlüssel können mit einigem Geschick entfernt werden, ohne den Zylinder zu be-schädigen.

FEHLGESCHLAGENE REPARATUR

Mitunter wollen Handwerker auch dann Geld, wenn die Reparatur erfolglos war.

Sie berufen sich dann gern auf ihre AGB, wonach Aufwand nach Preisliste zu

zahlen ist. Solche Klauseln sind unwirksam, entschied das Landgericht München

(Az.: 7 O 13463/98).

Und rückt eine Rohrreinigungsfirma mit einem tollen Geräteeinsatzwagen an, ohne Spezialgeräte wie Hochdruckspülgerät oder Videokamera einzu-setzen, darf der Stundenpreis auch nicht auf den Gerätewagen ausgedehnt werden, sagt das Oberlandesgericht Stuttgart (Az.: 2 U 157/87).

Falsche Rechnung monieren Falsche Rechnung monieren Falsche Rechnung monieren Falsche Rechnung monieren

Wer einen Festpreis vereinbart hat, ist vor überhöhten Handwerkerrech-nungen sicher. Wurde die Preisobergrenze dennoch überschritten, so soll-ten Sie den Betrag reklamieren und auf einer korrigierten Rechnung be-stehen.

Page 110: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Falsche Rechnung monieren 109

War lediglich ein Kostenvoranschlag vereinbart, so müssen Sie eine Kos-tenüberschreitung von höchstens zehn bis 15 Prozent hinnehmen, falls dies konkret begründet und aufgeschlüsselt wird. Ab zehn Prozent auf-wärts sprechen Gerichte häufig von wesentlichen Kostenüberschreitungen und den Kunden von der Mehrzahlung frei. Widersprechen Sie also über-höhten Rechnungen in jedem Fall (siehe Musterbrief auf Seite 110).

NACHBESSERUNG IST KOSTENLOS

Ist Nachbesserung nötig, so ist die für den Kunden immer kostenlos, vom Er-

satzteil über Arbeitszeit bis zu den Fahrtkosten. Wird der Schaden nur proviso-

risch oder gar nicht behoben, muss dies nicht bezahlt werden. Werklohn ist nur

nach erfolgreichem Abschluss fällig. Daher möglichst nie vereinbaren, dass der

Monteur ein Gerät „nur mal überprüfen" soll.

Um die Handwerkerrechnung im Rahmen zu halten, sollten Sie eine Firma aus der näheren Umgebung beauftragen, denn auch die Fahrtkosten trägt der Kunde. Fahrt- und Wegezeiten dürfen nicht so hoch wie Arbeitszeiten berechnet werden. Üblich ist laut Stiftung Warentest ein Satz, der zehn Prozent unter dem Stundenlohn liegt. Fehlt ein Ersatzteil oder Werkzeug, geht diese Zeit voll zu Lasten des Handwerkers. Rüstzeiten (Beladen des Fahrzeugs vor Arbeitsbeginn) sind laut Handwerker-Innung bereits in der Kalkulation des Stundensatzes berücksichtigt und dürfen nicht extra in Rechnung gestellt werden. Andere Nebenkosten, etwa für Kleinteile, dür-fen berechnet werden, wenn sie konkret aufgeschlüsselt sind. Für Auszu-bildende ist nicht der volle Stundensatz zu zahlen, sondern nur zwischen 45 und 75 Prozent des Tarifstundenlohns.

Page 111: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

110 Irrtum Nr. 10: Handwerker helfen schnell und preiswert

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte RechnungenRechnungenRechnungenRechnungen

EINWÄNDE GEGEN ÜBERHÖHTE RECHNUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der oben genannten Rechnung für den Auftrag vom ......... bin ich nicht ein-

verstanden.

Sie haben Ihren eigenen Kostenvoranschlag um ..... Prozent und damit wesent-

lich überschritten, mich aber zu keinem Zeitpunkt darüber informiert, dass der

vereinbarte Preis nicht zu halten wäre.

Aus der Rechnung ergibt sich für mich auch nicht, wie diese Überschreitung zu-

stande kommt. Ich bin allenfalls bereit, fünf Prozent mehr als veranschlagt zu

zahlen, also insgesamt ..... Euro

Bitte schicken Sie mir eine neue Rechnung. Erst wenn ich die erhalten habe, soll

die Frist fürs Skonto beginnen. Sollten Sie mit meinem Kompromissangebot ein-

verstanden sein, garantiere ich die Bezahlung abzüglich Skonto innerhalb von

sieben Tagen.

Mit freundlichen Grüßen

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111

IrrtuIrrtuIrrtuIrrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswertm Nr. 11: Gesundheit ist preiswertm Nr. 11: Gesundheit ist preiswertm Nr. 11: Gesundheit ist preiswert

Ein im Bauch vergessener Tupfer, ein versehentlich entnommener Blind-darm – etwa 5.000 Fälle ärztlicher Kunstfehler werden jährlich in Deutsch-land entschädigt, Tendenz steigend.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Freud und leid können für Eltern, die sich ein Kind wünschen, eng beiein-ander liegen. Das dritte Kind kam gesund, aber erst durch Kaiserschnitt auf die Welt. Erschreckt waren die Eltern, dass es sogar Zwillinge wurden, denn die Ärzte hatten das vorher nicht erkannt. Bereits vor der Geburt hatten sie mit den beiden behandelnden Gynäkologen vereinbart, die Frau gleichzeitig mit dem Kaiserschnitt zu sterilisieren. Vorher wurden sie dar-über informiert, dass eine „Versagerquote von 0,1 Prozent“ möglich ist.

Vier Monate nach der Geburt der Zwillinge wurde die Frau aber doch wie-der schwanger. Als sie wegen einer Schwangerschaftsvergiftung in die Frauenklinik musste, wurde dort das fünfte Kind der Familie – wiederum mit Kaiserschnitt – im fünften Monat entbunden. Bei dieser Gelegenheit wurden bei der Mutter die Eileiter endgültig entfernt. Gewebeproben erga-ben, dass der erste Versuch der Sterilisation fehlerhaft ausgeführt worden war.

Die Eltern haben daraufhin die Ärzte zu Schadensersatz für alle Kosten verklagt, die mit der Geburt des fünften Kindes entstanden sind und noch entstehen, insbesondere auf Unterhalt für das Kind und Kosten für den Umbau des Elternhauses. Außerdem verlangen sie mindestens 20.000 Euro Schmerzensgeld für die Frau wegen der ungewollten Schwangerschaft, des weiteren Kaiserschnitts und der erneuten Operation an den Eileitern.

Während sie in den ersten beiden Instanzen scheiterten, gab der Bundes-gerichtshof (BGH) mit Urteil vom 8. Juli 2008 der Frau Recht. Der Scha-densersatz bezieht sich auf die mit der Geburt eines Kindes verbundenen

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112 Irrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswert

Unterhaltslasten und das Schmerzensgeld auf die Tatsache der ungewoll-ten Schwangerschaft (Az.: VI ZR 259/06).

Ein Arzt schuldet selbstverständlich auch bei der Empfängnisverhütung eine ordnungsgemäße Behandlung. Hier sei offensichtlich ein Behand-lungsfehler unterlaufen. Der Gutachter hatte nach Entnahme der Eileiter bei der zweiten Sterilisation festgestellt: „Aus dem Fehlen von sichtbaren Spuren an den Eileitern kann nur geschlossen werden, dass die Elektro-Koagulation lediglich oberflächlich oder überhaupt nicht durchgeführt worden sei“. Die erste Sterilisation war also nicht kunstgerecht gewesen.

Schon früher hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine unge-wollte Schwangerschaft zu Anspruch auf Schmerzensgeld führen kann (Az.: VI ZR 247/78). Darüber hinaus kann eine Mutter vom Arzt Scha-densersatz für Unterhalt des ungewollten Kindes verlangen (Az.: VI ZR 190/01).

Wie die Krankenkassen abkassierenWie die Krankenkassen abkassierenWie die Krankenkassen abkassierenWie die Krankenkassen abkassieren

Die medizinische Versorgung in Deutschland wird immer teurer. Das liegt nicht nur an der Alterung der Gesellschaft und den Kosten für modernste Verfahren und Geräte, sondern auch an ausufernder Bürokratie, mangeln-dem Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kassen und kartellartigen Verhältnissen bei Ärzten, Apothekern und Pharmakonzernen. Ein Beispiel: Noch kurz vor der deutschen Wiedervereinigung lag der Beitragssatz im Schnitt bei 7,5 Prozent des Bruttoeinkommens. Inzwischen ist er doppelt so hoch – und Besserung nicht in Sicht:

Zum einen treibt der behinderte Wettbewerb die Preise in die Höhe. So hat die Bundesregierung Ende 2008 die Beitragsautonomie der Kassen abgeschafft und legt nun selbst einen Einheitsbeitrag fest. Seitdem müssen 92 Prozent der Kassenmitglieder mehr zahlen als zuvor.

Zum anderen könnten mehrere Milliarden Euro eingespart werden, wenn allein die Kassen den Wettbewerb mit Ärzten, Kliniken, Apothe-kern und Pharmaherstellern forcieren würden. Der einheitliche Bei-tragsatz könnte um 0,6 bis 1,0 Prozentpunkte niedriger liegen, ohne

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Wie die Krankenkassen abkassieren 113

dass es zu Qualitätseinbußen im Gesundheitswesen kommt, schätzt die Universität Duisburg-Essen.

Zugleich beschränken die Kassen die Leistungen, die ohnehin durch den vorgegebenen Leistungskatalog begrenzt sind. Platz für neue Therapiefor-men sind nicht vorhanden, es sei denn, woanders würde gekürzt. Dennoch wachsen die Zuzahlungen der Patienten, etwa durch Einführung der Pra-xisgebühr 2004, die pro Arztbesuch mit mindestens zehn Euro pro Quartal ins Kontor schlägt. Auch die regulären Zuzahlungen zu Arzneien, Fahrt-kosten und Hilfsmitteln werden immer mehr erhöht: Ausgaben bis zu zwei Prozent des Haushaltseinkommens gelten als zumutbar, für chronisch Kranke bis ein Prozent. Vielen Betroffenen gilt dies eher als handfeste Zumutung.

Falls nach schwerer Krankheit oder aus anderen Gründen eine Kur zweckmäßig erscheint, sollten Sie dazu einen Antrag an die Krankenkasse (für jeden Versicherten) oder den Rentenversicherungsträger richten (nur für Mitglieder, die mindestens 60 Monate versichert sind und insgesamt schon 15 Jahre „Wartezeit" nachweisen). Dort gibt es auch die entspre-chenden Formulare. Es lohnt sich, bei der Gelegenheit gleich die Kosten-übernahme durch den Versicherungsträger zu beantragen; sonst kostet die Kur Sie viel Geld.

KUR ABGELEHNT – WAS TUN?

Stimmt der Versicherungsträger einer Kur nicht zu, können Sie Widerspruch

einlegen – am besten nach Rücksprache mit Ihrem Hausarzt (siehe Musterbrief

auf Seite 119).

Page 115: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

114 Irrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswert

Wechsel in die Privatversicherung mit finanziellen Wechsel in die Privatversicherung mit finanziellen Wechsel in die Privatversicherung mit finanziellen Wechsel in die Privatversicherung mit finanziellen TückenTückenTückenTücken

Die finanziellen Engpässe der gesetzlichen Kassen führen dazu, dass es zu-sätzlichen Zulauf in der privaten Krankenversicherung (PKV) gibt. Dort wird wesentlich wirtschaftlicher gearbeitet und damit auch die Basis für höhere Leistungen geschaffen. Allerdings lässt der Zustrom neuer Kunden immer stärker nach. Schuld sind die gesetzlich verschärften Zugangsbar-rieren für den Wechsel in die PKV: Von der gesetzlichen Kasse darf nur noch wechseln, wer 2009 als Arbeitnehmer mehr als 4.050 Euro brutto im Monat verdient und bereits drei aufeinander folgende Jahre höheres Ein-kommen aufzuweisen hatte als die Versicherungspflichtgrenze, die jährlich an die Lohnentwicklung angepasst wird.

Preiswert ist die PKV für Kunden aber keineswegs. Seit 1993 erhöhten die Gesellschaften die Beiträge durchschnittlich um 5,5 Prozent pro Jahr. In dieser Zeit stiegen auch die Leistungsausgaben um 5,1 Prozent. Allein die Leistungen für die ambulante Behandlung haben sich seither fast verdop-pelt. Kostenbewusste Kunden müssen diese Zahlen dennoch aufschrecken. Denn die Kosten der Kunden verdoppeln sich ungefähr alle zwölf Jahre.

WAS DIE PKV AN BEITRAG KOSTET

Aktuell kostet ein solides Leistungspaket der PKV für Einsteiger unter Angestell-

ten (Alter: 40 Jahre) bei normaler Gesundheit 180 Euro pro Monat aufwärts, für

Frauen ab rund 230 Euro. Durch Vergleich über versierte Makler lassen sich bis

zu 20 Prozent gegenüber teuren Anbietern sparen.

Damit die Beiträge mit zunehmendem Alter nicht ins Unermessliche stei-gern, wird ein Teil jeder Einzahlung als Kapitalanlage angelegt. Diese so-genannte Altersrückstellung gehört den Kunden. Allerdings würde man-cher Politiker gern diese Kriegskasse der privat Versicherten plündern, um die gesetzliche Versicherung zu sanieren. Leere Sozialkassen verleiten ge-rade dazu.

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Kunstfehler von Ärzten 115

Kunstfehler von ÄrztenKunstfehler von ÄrztenKunstfehler von ÄrztenKunstfehler von Ärzten

Patienten nehmen Fehlleistungen des Arztes nicht mehr so klaglos hin wie früher. Pro Jahr gibt es inzwischen 30.000 Streitfälle. Laut Statistik wer-den 50 Prozent der Schadensersatzklagen abgewiesen, 40 Prozent enden mit einem Kompromiss (Vergleich) und nur in zehn Prozent der Fälle be-kommt der Patient Recht. Kein Wunder: Ein ärztlicher Fehlgriff ist, juris-tisch gesehen, Körperverletzung. Gesteht ein Mediziner also einen Fehler ein, muss er mit dem Staatsanwalt rechnen. Kunstfehler lassen sich aber oft kaum oder nur schwer nachweisen.

Behandlungsfehler können sich ergeben, wenn zum Beispiel eine falsche Diagnose gestellt wurde, der Arzt den Patienten nur unzureichend über Ri-siken einer Maßnahme aufgeklärt hat oder eine Operation nicht fachge-recht ausgeführt wurde. Damit Patienten überhaupt Schmerzensgeld oder Schadensersatz bekommen können, müssen folgende Voraussetzungen er-füllt sein:

ein gesundheitlicher Schaden muss vorliegen,

ein Behandlungsfehler muss passiert sein,

ein Zusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden und der Fehl-behandlung muss unstrittig sein,

ein materieller oder immaterieller Schaden muss für den Patienten oder dessen Familie entstanden sein.

KLAGE GEGEN DEN ARZT: MIT BEDACHT!

Erst wenn alle außergerichtlichen Möglichkeiten ausgespielt sind, Sie sich ganz

sicher sind, dass Sie dem Arzt seinen Fehler nachweisen können – die Beweis-

last liegt beim Patienten – und dass Sie einen Prozess finanziell und nervlich

durchstehen, sollten Sie mit Hilfe eines Fachanwaltes einen Zivilprozess führen.

Anlaufstellen für unzufriedene Patienten sind Patientenberatungsstellen, Verbraucherzentralen, Ihre Krankenkasse oder die Ärztekammern. Letztere sind die Standesorganisationen der Ärzteschaft und haben Gutachterkom-

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116 Irrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswert

missionen, die versuchen, Streit zwischen Ärzten und Patienten außerge-richtlich zu schlichten. Solche Schlichtungsverfahren sind für Patienten kostenlos, ziehen sich aber meist über Monate hin. Fällt das Ergebnis nicht zur Zufriedenheit des Patienten aus, kann er anschließend immer noch klagen. Die Frist verjährt drei Jahre, nachdem der Patient den Behand-lungsfehler erkannt oder davon erfahren hat.

HIER GIBT ES HILFE IM NETZ

Die Internetseite www.patientenbeauftragte.de bietet die Möglichkeit, den Be-

auftragten der Bundesregierung für Ihren Fall zu interessieren. Schlichtungs-

stellen für Ihren Streit mit Ärzten finden Sie im Internet unter der Adresse

www.bundesaerztekammer.de. Bei Streit mit Privatversicherern finden PKV-

Kunden Hilfe beim PKV-Ombudsmann unter der Internetadresse www.pkv.de.

ApoApoApoApothekerpreise überlistenthekerpreise überlistenthekerpreise überlistenthekerpreise überlisten

Apotheken verlangen zumeist gepfefferte Preise. Das liegt auch am nahezu fehlenden Wettbewerb und den finanziellen Verflechtungen mit der Phar-ma-Branche. Immerhin: Seit 2004 sind die Preise für nicht verschrei-bungspflichtige Medikamente freigegeben worden. Es kann sich also loh-nen, die Preise zu vergleichen und auch bei Versand- und Online-Apothe-ken nachzufragen.

HIER GIBT ES MEDIKAMENTE BILLIGER

Die Internetseite der holländischen Versandapotheke www.vitalsana.eu bietet

Rabatt von häufig zehn bis 25 Prozent auf den Preis von Filial-Apotheken. Ähn-

liches lässt sich auch unter der Adresse www.docmorris.com finden. Manche

Apotheker haben inzwischen eigene Online-Apotheken gegründet. Achten Sie

auf Portokosten und Zahlungsbedingungen.

Page 118: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Arzneimittelhaftung und Rechte bei Schönheitsoperationen 117

Versandapotheken haben ebenfalls Beratungspflichten. Zudem haften sie für Schäden, die durch verspätete Lieferung beim Patienten entstehen.

Patienten können selbst darauf achten, dass die Kassen nicht unnötig Geld der Beitragszahler ausgeben und damit die Beiträge nicht unnötig steigen. Einen besonders drastischen Fall hatte im Sommer 2009 das TV-Magazin Report aufgedeckt. Danach haben zahlreiche Apotheken mit Abrechnungs-tricks fragwürdige Zusatzprofite auf Kosten gesetzlich versicherter Bei-tragszahler gemacht. Der Deal: Statt einer vom Arzt verordneten Großpa-ckung des Medikaments gibt der Apotheker mehrere Kleinpackungen ab. Die Menge ist zwar unterm Strich gleich, aber: Die Pharmaindustrie schiebt Apothekern diese kleineren Packungen zu einem viel günstigeren Stückpreis zu. Falls der Apotheker dann mit der Krankenkasse die teure Großpackung abrechnet, verdient er mehr als doppelt so viel wie ihm normalerweise zusteht. Dass dabei Urkundenfälschung am Rezept began-gen wird, schreckt offenbar nicht ab. Ganz nebenbei wird der betreffende Apotheker ganz elegant an ein bestimmtes Pharmaprodukt gebunden.

Arzneimittelhaftung und Rechte bei Arzneimittelhaftung und Rechte bei Arzneimittelhaftung und Rechte bei Arzneimittelhaftung und Rechte bei SchönheitsoperationenSchönheitsoperationenSchönheitsoperationenSchönheitsoperationen

Seit 2001 gibt es in Deutschland ein verschärftes Schadensersatzrecht bei Arzneimitteln und Medizinprodukten. Kernpunkt: die Stärkung des Opfer-schutzes durch Beweiserleichterung zugunsten des Betroffenen. Der Pati-ent muss nicht mehr beweisen, dass eine Erkrankung auf ein Medikament zurückzuführen war. Er muss lediglich nachweisen, dass er vor der Ein-nahme des Medikaments gesund war und dass das Präparat eine bestimm-te schädigende Wirkung haben kann (Nachweis der Ursächlichkeit). Der Patient hat einen Auskunftsanspruch gegenüber Pharmaunternehmen und Behörden, Beweiserleichterung für den Nachweis der Schadensverursa-chung sowie erweiterten Anspruch auf Schmerzensgeld: Die Zahlung kann unabhängig vom Verschulden des Herstellers gefordert werden.

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118 Irrtum Nr. 11: Gesundheit ist preiswert

WAS TUN BEI ARZNEIMITTELSCHADEN?

Betroffene kommen ohne versierten Fachanwalt für Medizinrecht kaum zu ih-

rem Recht und damit zu Schmerzensgeld oder Schadensersatz. Wenn Sie einen

Anwalt in Ihrer Nähe suchen, finden Sie ihn unter www.anwaltauskunft.de.

Schönheitsoperationen sind nicht nur riskant, sondern häufig auch sehr teuer. Fast eine halbe Million Deutsche lassen sich pro Jahr Fett absaugen, Brüste vergrößern, Oberschenkel oder Brust straffen, die Nase korrigieren oder Falten wegspritzen. Medizinisch notwendig ist das nicht und wird daher weder von den gesetzlichen Kassen noch von den privaten Versi-cherern bezahlt. Erweckt der Arzt also den Eindruck, dass die Kasse für ei-ne bestimmte Schönheitsoperation aufkommt, haftet er für den finanziel-len Schaden des Patienten, falls die Kasse sich sträubt. Grund: Der Arzt hat dann gegen die wirtschaftliche Aufklärungspflicht verstoßen.

Generell sind auch die Anforderungen des Arztes an die Aufklärung der medizinischen Risiken von Schönheitsoperationen größer als bei medizi-nisch notwendigen Eingriffen. Dazu gehören die klare Information zu den Folgen eines kosmetischen Misserfolgs und die Zusicherung, nur Operati-onsmethoden anzuwenden, die der Arzt auch beherrscht.

WENN DIE FETTABSAUGUNG MISSLINGT

Eine Frau ließ sich fett an Bauch, Hüfte und Beinen absaugen. Hinterher zeigten

sich großflächige Eindellungen der Haut, die weitere Operationen erforderten,

um die Entstellungen zu beseitigen. Der Arzt hatte nur auf das allgemeine Ope-

rationsrisiko hingewiesen. Dies ist bei medizinisch nicht nötigen Eingriffen zu

wenig, befand das OLG Düsseldorf. Der Patientin hätten vor der Operation alle

denkbaren Folgen aufgezeigt werden müssen. Da das nicht passiert war, hat sie

Anspruch auf 8.100 Euro Schmerzensgeld sowie auf Schadensersatz für alle

künftigen Ausgaben im Zusammenhang mit der missglückten Operation (Az.: 8

U 18/02).

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Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Ablehnung einer Kur 119

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Ablehnung Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Ablehnung Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Ablehnung Musterbrief: So wehren Sie sich gegen Ablehnung einer Kureiner Kureiner Kureiner Kur

WIDERSPRUCH GEGEN DIE ABLEHNUNG EINER KUR

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich Widerspruch gegen die Ablehnung des Kur-Antrages ein, die

mir am ... 2010 zugegangen ist.

Mein Arzt ............ hält eine Kur wegen meines Leidens an der .................... für

dringend geboten (siehe Kopie des Attests). Daher hatte ich eine ambulan-

te/stationäre Vorsorge-/Rehabilitations-Kur* beantragt. Da ich seit ......... Jahren

nicht mehr zur Kur war, kann ich Ihre Entscheidung nicht nachvollziehen, zumal

die Aussicht auf Besserung des Leidens durch die Kur spätere Behandlungskos-

ten deutlich senken könnte. Die Ablehnung wurde leider nicht näher begründet.

Was hat Sie dazu bewogen?

Ich bitte Sie, Ihre Entscheidung noch einmal zu überprüfen und hoffe auf eine

positive Entscheidung. Zugleich beantrage ich volle Kostenübernahme. Falls Sie

weitere Angaben wünschen, stehe ich für telefonische Rückfragen unter der

Tel-Nr. ...................... zur Verfügung (von .... bis ... Uhr).

Mit freundlichen Grüßen

(* Nicht Zutreffendes streichen)

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Page 122: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

121

Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurückzurückzurückzurück

Um das Finanzamt machen die meisten am liebsten einen großen Bogen. Wohl auch deshalb, weil die Steuergesetze immer komplizierter werden und kaum noch jemand durchblickt. Aber auch, weil man oft schlechte Nachrichten erhält und nur sehr selten wirklich Geld zurück.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Da staunte ein Berliner Freiberufler nicht schlecht: Im Einkommensteuer-bescheid für das Jahr 2007 erwartete ihn nicht nur eine satte Steuernach-zahlung von über 14.000 Euro. Damit hatte er nach Schätzungen seines Steuerberaters auch gerechnet. Zugleich verlangte das zuständige Finanz-amt jedoch die Zahlung von über 200 Euro Zinsen. Das verstand der Un-ternehmer nicht und hakte nach.

Ergebnis: In der Abgabenordnung ist geregelt, dass Nachforderungen und Erstattungen verzinst werden müssen, wenn 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Jahres die Steuer noch nicht bezahlt oder vom Finanzamt er-stattet wurde (§ 233a AO). Höhe: 0,5 Prozent der Schuld bzw. Erstattung pro voller Monat. Daran ist jedes Finanzamt gebunden.

Soweit – so gut. Doch der Unternehmer hatte bis Silvester 2008 mit der Steuererklärung Zeit und dann pünktlich die Unterlagen eingereicht. Nachdem er längere Zeit nichts vom Finanzamt gehört hatte, ließ er über den Steuerberater zweimal nachfragen, wo denn der Bescheid bleibt, denn das Finanzamt habe ja noch Geld zu bekommen. Erst auf seine Interventi-on hin kam Mitte Juli 2009 endlich der Bescheid für 2007. Da die 15 Mo-nate zinsfreie Frist im April 2009 abgelaufen waren, durfte das Finanzamt pro Monat 0,5 Prozent Zinsen auf die Steuerschuld von 14.000 Euro be-rechnen. Durch Untätigkeit der Behörde wurde der Unternehmer also be-straft und hat die Einnahmen des Staates unfreiwillig erhöht. Widerspruch

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122 Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurück

war zwecklos, da die Abgabenordnung Gesetz und damit uneingeschränkt gültig ist.

Zweiter Punkt des Skandals: Die Zinsen sollen quasi den Vorteil des Un-ternehmers abschöpfen, der in dieser Zeit das Geld bei der Bank hätte an-legen können. Hätte er es auf ein Tagesgeldkonto mit 1,0 Prozent Rendite gelegt, wären ihm etwa 140 Euro Kapitalertrag pro Jahr zugeflossen, von dem wiederum 25 Prozent Abgeltungsteuer abgezogen worden wären. Bliebe ein Gewinn von 105 Euro. Tatsächlich musste der aber 0,5 Prozent pro Monat nachzahlen, was einem effektiven Jahreszins von 6,0 Prozent entspricht. Selbst unbedarfte Anleger erkennen: Hier kann der Staat den Bürger unangemessen schröpfen, denn für kurzfristige Anlagen bekommt der Steuerpflichtige niemals einen solchen Ertrag für sein Geld. Eine lang-fristige und damit höher verzinsliche Anlage verbietet sich jedoch, da niemand weiß, wann das Finanzamt den Bescheid erlässt und die kurzfris-tige Zahlung an den Fiskus fällig wird.

Kür und Pflicht der SteuererklärungKür und Pflicht der SteuererklärungKür und Pflicht der SteuererklärungKür und Pflicht der Steuererklärung

Wichtig zu wissen: Haben Sie 2009 unter 13.870 Euro Einkommen zu ver-steuern (Ehepaare das Doppelte) und auch keinen Freibetrag in der Lohn-steuerkarte eintragen lassen, können Sie die Einkommensteuerveranlagung beantragen, müssen es aber nicht. Über dieser Grenze ist die Einkommens-teuererklärung Pflicht. Wer den Kassensturz vergisst, muss mit saftigen Strafzinsen rechnen – Höhe: bis zu zehn Prozent auf die Steuerschuld!

In aller Regel lohnt dich die Veranlagung für Arbeitnehmer. Die Formulare müssen allerdings fristgemäß beim Finanzamt eingereicht werden. Auch hier scheiden sich die Geister wieder an der 13.870-Euro-Grenze. Wer we-niger zu versteuern hat, kann sich mit dem Antrag zwei volle Jahre Zeit lassen (für die Veranlagung 2009 also bis 31. Dezember 2011). Wer mehr verdient oder auch nur eine Änderung auf der Steuerkarte zu verzeichnen hatte, muss schon bis zum 31. Mai des Folgejahres sein Einkommen erklä-ren (für 2009 also bis 31. Mai 2010). Wer zu spät kommt, den bestraft

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Verbindliche Auskünfte kosten Geld 123

auch hier das Leben, denn die eigenen Ansprüche sind danach unweiger-lich verspielt.

SPÄTERE STEUERERKLÄRUNG

Beantragen Sie im Zweifel vorsorglich eine Fristverlängerung beim Finanzamt

und wahren damit Ihre Ansprüche auf Rückerstattung zu viel gezahlter Ein-

kommensteuer. Wer einen Steuerberater mit der Erklärung beauftragt, hat au-

tomatisch bis 30. September Zeit, also vier Monate länger.

Verbindliche Auskünfte kosten GeldVerbindliche Auskünfte kosten GeldVerbindliche Auskünfte kosten GeldVerbindliche Auskünfte kosten Geld

Wer in steuerlichen Dingen unsicher ist, fragt am besten beim Finanzamt nach. Jahrelang galt: Die Beamten sind zu kostenlosen Auskünften ver-pflichtet. Seit 2007 ticken die Uhren anders: Für verbindliche Auskünfte berechnen die Finanzämter eine Gebühr. Lediglich unverbindliche Aus-künfte, also ohne Rechtsanspruch, bleiben gebührenfrei.

Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Gegenstandswert, den An-tragsteller selbst ermitteln und im Antrag darlegen müssen. Der Wert rich-tet sich nach den voraussichtlichen steuerlichen Auswirkungen. Als Min-destgegenstandswert gelten 5.000 Euro. Dafür fällt eine Gebühr von 121 Euro an. Laut Gerichtskostengesetz steigt die Gebühr zunächst alle 1.000 Euro um 15 Euro an. Kann kein Steuerwert ermittelt werden, berechnet das Finanzamt eine Zeitgebühr. Sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde, mindestens aber 100 Euro.

Verbindliche Auskünfte sind ratsam, wenn man eine Entscheidung treffen möchte, die erhebliche steuerliche Auswirkungen hat, etwa bei Erbschafts-regelungen oder Investitionen in Immobilien.

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124 Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurück

HILFE FÜR ARBEITNEHMERIN STEUERFRAGEN

Gegen einen Jahresbeitrag von häufig 40 bis 250 Euro helfen regionale Lohn-

steuerhilfe-Vereine Arbeitnehmern in steuerlichen Fragen, insbesondere bei der

Steuererklärung. Weitere Informationen gibt es im Internet, etwa unter www.

bdl-online.de oder www.nvl.de.

Falscher Bescheid: Änderung oder EinspruchFalscher Bescheid: Änderung oder EinspruchFalscher Bescheid: Änderung oder EinspruchFalscher Bescheid: Änderung oder Einspruch

Für den Einspruch gegen den Steuerbescheid bleibt Ihnen nur ein Monat Zeit – gerechnet vom dritten Tag, nachdem der Fiskus ihn abgeschickt hat. Haben Sie nur vergessen, steuermindernde Umstände geltend zu machen oder Sie fechten nur einen bestimmten Punkt im Bescheid als falsch an, so empfiehlt sich ein Antrag auf schlichte Änderung des Steuerbescheids. Vorteil dieses „kleinen Einspruchs", der gut begründet und mit Beweismit-teln versehen sein sollte: Es können nur die speziell angeschnittenen Punkte des Bescheids korrigiert werden; das Finanzamt kann also nicht plötzlich den gesamten Bescheid völlig anders beurteilen, sondern nur De-tailänderungen vornehmen. Im Beamtendeutsch heißt das: Eine „Verböse-rung" des Steuerzahlers ist nicht zulässig.

Anders beim Einspruch. Hier wird womöglich der gesamte Steuerfall noch einmal vom Fiskus aufgerollt. Statt angestrebtem Steuernachlass kann es auch zu Nachforderungen des Finanzamtes kommen, etwa durch neue Ge-richtsurteile oder Anweisungen übergeordneter Behörden. Auch für den Einspruch gegen den Steuerbescheid gilt die Monatsfrist (siehe Musterbrief auf Seite 128).

ZAHLUNGSPFLICHT TROTZ EINSPRUCH

Mit dem Einspruch sind Sie keineswegs aus dem Schneider; die strittige Summe

muss trotzdem fristgemäß bezahlt werden. Ansonsten setzt es einen Säumnis-

zuschlag vom Finanzamt – 1,0 Prozent Zinsen für jeden angefangenen Monat.

Page 126: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Einspruch abgelehnt? Klagen kostet! 125

Wer den strittigen Betrag partout nicht zahlen will, sollte nicht den korri-gierten Bescheid abwarten, sondern sofort in die Offensive gehen. Am bes-ten, Sie beantragen zugleich mit der Änderung bzw. dem Einspruch, die Vollziehung des Steuerbescheids auszusetzen. Dann verhindern Sie Säum-niszuschläge der Finanzkasse wegen ihrer verspäteten Zahlung und brau-chen den strittigen Betrag bis zur Überarbeitung des Steuerbescheids noch nicht zu zahlen.

Einspruch abgelehnt? Klagen kostet!Einspruch abgelehnt? Klagen kostet!Einspruch abgelehnt? Klagen kostet!Einspruch abgelehnt? Klagen kostet!

Gibt das Finanzamt dem Einspruch statt, erhalten Sie einen korrigierten Bescheid (Abhilfebescheid) und brauchen den ausgesetzten Betrag natür-lich nicht bezahlen. Wird der Einspruch dagegen abgelehnt, wird der aus-gesetzte Betrag fällig – zuzüglich 0,5 Prozent Zinsen für jeden angefange-nen Monat Zahlungsaufschub.

Gegen die Ablehnung des Einspruchs hilft dann nur noch, vor dem Fi-nanzgericht zu klagen. Dazu sollte ein Lohnsteuerhilfeverein bzw. ein Steuerberater hinzugezogen werden, obwohl man die Klage theoretisch auch ganz allein einreichen kann. Sie sollte gut begründet und eigenhän-dig unterschrieben sein.

Etwa jedes vierte Urteil des Bundesfinanzhofs fällt zugunsten der klagen-den Steuerzahler aus. Das Prozesskostenrisiko richtet sich nach dem Streit-wert, der wiederum vom Betrag abhängt, den der Bürger weniger zahlen bzw. zurückerstattet haben möchte. Als Mindeststreitwert gelten 1.000 Eu-ro. Dies entspricht 300 Euro Gerichtskosten; hinzu kommen Auslagen für die Anwälte.

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126 Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurück

WOHIN MIT DEM ROZESSKOSTENRISIKO?

Das Prozesskostenrisiko lässt sich durch Abschluss einer Rechtsschutzversiche-

rung begrenzen: Die zahlt bei Aussicht auf Erfolg im Zweifel alle Rechtskosten.

Allerdings muss die Police schon vor Beginn des Streits mit dem Finanzamt be-

standen haben; sonst greift der Schutz nicht. Günstige Angebote für Arbeit-

nehmer: siehe www.test.de.

Rentner im ViRentner im ViRentner im ViRentner im Visier des Fiskussier des Fiskussier des Fiskussier des Fiskus

Seit Oktober 2009 bekommen Rentner Aufforderungsbriefe zur Einkom-mensteuererklärung. Zwischen zwei und fünf Millionen Altersrentner sind betroffen. Bisher hatte der Fiskus bei Ruheständlern nicht so genau hinge-schaut, konnte aber auch nur wenige Einkünfte wirklich nachweisen. Das hat sich inzwischen geändert: Zum einen wurde jedem Bürger eine per-sönliche Steuernummer zugeteilt. Zum anderen ermittelt im Verborgenen eine Behörde sämtliche Alterseinkünfte und leitet die Daten an den Fiskus weiter. Wie zur Tarnung heißt sie „Zentrale Zulagenstelle für Altersvermö-gen“ (ZfA) und war bislang vor allem durch Verteilung der Zuschüsse für die Riester-Rente in Erscheinung getreten.

Auf Basis dieser Daten verschicken Finanzämter nun Briefe zur Offenle-gung der Alterseinkünfte. Zurücklehnen können sich von denen, die 2009 das Rentenalter erreichen, nur diejenigen, die nicht mehr als rund 17.300 Euro Altersrente pro Person erhalten (= 1.441 Euro pro Monat), ergab eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion im April 2009.

Schweigen wird teuer: Die Steuerschuld ist mit 6,0 Prozent pro Jahr zu verzinsen, ein Verspätungszuschlag kann bis 10,0 Prozent der festgesetz-ten Steuer ausmachen. Wer seine Einkünfte dem Fiskus schon länger be-wusst verschwiegen hat, kann bis 13 Jahre rückwirkend zu einer Erklä-rung gezwungen werden.

Offenbar holt sich der Staat auch bei den Rentnern zusätzliche Einnah-men, was seit dem Alterseinkünftegesetz 2005 erlaubt ist, als die Renten

Page 128: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Worauf Steuerprüfer scharf sind 127

stärker besteuert wurden. In anderen Bereichen wird sogar der bewusst gewährte Steuervorteil nachträglich wieder einkassiert. So wird die Ries-ter-Rente bei Bedürftigkeit auf die Grundsicherung angerechnet. Folge: Die jahrelangen Mühen des Sparens wären vergeblich gewesen (siehe Irr-tum Nr. 1 auf Seite 13 ff.). Und: Das Kapital wird auch bei der Riester-Rente im Alter voll besteuert – entsprechend dem individuellen Einkom-mensteuersatz. Damit ist die Förderung in der Einzahlphase letztlich nur eine Steuerstundung, denn der Staat holt sich das Geld in der Auszah-lungsphase – nachgelagert – zurück.

Worauf Steuerprüfer scharf sindWorauf Steuerprüfer scharf sindWorauf Steuerprüfer scharf sindWorauf Steuerprüfer scharf sind

Kleinstbetriebe mit einem Umsatz von maximal 145.000 Euro und höchs-tens 30.000 Euro Gewinn sollen im Schnitt nur alle 53 Jahre Gegenstand der Steuerprüfung werden. Etwas größere Firmen werden etwa alle 21 Jahre geprüft. Verlassen sollte sich aber niemand auf diese Hochrechnung. Gut zu wissen, worauf die Prüfer am meisten achten. Denn klar ist: Jede Prüfung soll dem Fiskus Geld einbringen. Eine Steuererstattung sollte also niemand erwarten. Mindestens den Aufwand des eigenen Gehaltes soll je-der Prüfer herausholen, so steht es in internen Dienstanweisungen.

Der Prüfer schaut sich auch einzelne Geschäftsvorfälle an – zumeist der letzten drei Geschäftsjahre. Hier werden gerne Fälle aufgegriffen, bei de-nen es bereits bei früheren Prüfungen Probleme gab. Beliebte Themen: Reisekosten, Bewirtungskosten, Bareinnahmen, Geschäftswagen, Umsatz-steuer, Lebensstil, Kontenprüfungen, Vermögensübertragung, Vermietung, Arbeitsverträge mit Angehörigen.

Um sich ein Bild machen zu können, verwenden Prüfer verschiedene Me-thoden der selektiven Prüfung. Auch Vergleiche zu ähnlichen Firmen der-selben Branche sind beliebt.

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128 Irrtum Nr. 12: Der Fiskus zahlt Steuern zurück

WENN DER BETRIEBSPRÜFER KOMMT

Meist wird die Prüfung mindestens 14 Tage vorher per Prüfungsanordnung an-

gekündigt. Da bleibt noch Zeit, Ordnung zu schaffen. Am besten sofort den

Steuerberater informieren. Ob er Steuerberater während der gesamten Prüfung

anwesend sein muss, hängt von der geplanten Zeitspanne ab und kann mit zu-

sätzlichen Beraterkosten verbunden sein. Vorher fragen!

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen den Musterbrief: So wehren Sie sich gegen den Musterbrief: So wehren Sie sich gegen den Musterbrief: So wehren Sie sich gegen den SteuerbescheidSteuerbescheidSteuerbescheidSteuerbescheid

EINSPRUCH GEGEN DEN STEUERBESCHEID

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen oben näher bezeichneten Steuerbescheid legen wir Einspruch ein.

Begründung: Sie haben folgende steuermindernde Umstände offenbar nicht be-

rücksichtigt:

.................................................

Bitte berechnen Sie die Höhe der Steuer neu. Gleichzeitig beantragen wir, die

Vollziehung bis zum neuen Bescheid außer Vollzug zu setzen und auch die Fi-

nanzkasse davon zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen

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Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Irrtum Nr. 13: Verträge bringen SicherheitSicherheitSicherheitSicherheit

Vertrag ist Vertrag, sagt der Jurist und meint: Wenn man was unterschrie-ben hat, muss man auch dazu stehen, denn ohne verlässliche Vereinba-rungen versinkt die Welt im Chaos. Dabei muss man sich nur die Gepflo-genheiten im Profi-Fußball ansehen, um vom Gegenteil überzeugt zu sein. Denn: Der Ausstieg aus laufenden Verträgen ist dort an der Tagesordnung. Im Alltag der kleinen Leute ist das allerdings meist völlig anders.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

In vielen Fällen verlangen Banken oder andere Kreditgeber für größere Darlehen als Sicherheit, dass eine dritte Person für die Rückzahlung bürgt. Das Versprechen, die Schuld eines anderen zu begleichen, ist jedoch ris-kant. Leider muss der Ehepartner oder ein gerade erwachsenes Kind häufig den Kreditvertrag mitunterschreiben (Mitverpflichtung) – sonst gibt es kein Geld. Auch wenn eigenes Einkommen und Vermögen des Bürgen nicht ausgereicht hätten, selbst einen Kredit zu bekommen, muss er für seine Mitunterschrift bis zum bitteren Ende bluten. Noch heute gilt also im Ernstfall Friedrich Schillers Wort aus der Ballade „Die Bürgschaft": „Ich lass den Freund dir als Bürgen, ihn magst du, entrinn ich, erwürgen". An-ders als der Dichter schenken Banken und andere Kreditgeber den Bürgen häufig keinen reinen Wein ein, sondern sprechen bei der verlangten Un-terschrift von einer reinen Formsache. Das Gegenteil ist der Fall.

Allerdings reagieren Gerichte zunehmend allergisch auf diese vertraglich abgesicherte Erpressung. Beispiel: Ein seinerzeit gerade mal 18 Jahre alter Mann ohne eigenes Einkommen und Vermögen musste sich zur Rückzah-lung eines Darlehens über 18.000 Euro für seinen Vater mit verpflichten. Das Geld sollte schon nach knapp drei Monaten zurückgezahlt werden und kostete satte zehn Prozent Zinsen. Der junge Mann unterwarf sich in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung, falls sein

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130 Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Sicherheit

Vater nicht pünktlich den Kredit tilgt und auch die Zinsen nicht bezahlt. Als das Darlehen platzt, sollte der Mann für seinen Vater einstehen.

Dagegen wehrte er sich gegen den gewerbsmäßigen Kreditvermittler vor Gericht, da er die Haftungsübernahme für sittenwidrig hielt. In zwei In-stanzen blitzte er ab, da gewerbsmäßige Kreditvermittler anders als Ban-ken die Bonität des Mithaftenden nicht vorher prüfen müssten. Erst der Bundesgerichtshof stoppte die Abzocke mit Urteil vom 13. November 2001. Auch gewerbliche Kreditgeber unterliegen dem Verbraucherkredit-gesetz und dürfen keine sittenwidrigen Mithaftungsübernahmen von na-hen Angehörigen fordern (Az.: XI ZR 82/01). Wegen krasser finanzieller Überforderung musste der junge Mann nichts bezahlen.

Die wichtigen Punkte und Tücken im KaufvertragDie wichtigen Punkte und Tücken im KaufvertragDie wichtigen Punkte und Tücken im KaufvertragDie wichtigen Punkte und Tücken im Kaufvertrag

Bei jedem Neukauf haftet der Händler laut gesetzlicher Gewährleistungs-pflicht für die einwandfreie Qualität seiner Ware. Wer einen fehlerhaften Gegenstand zurückgeben will und keinen passenden Ersatz findet, kann das Geld zurückverlangen. Es genügt der Kassenzettel als Beweis.

Trotz Kaufvertrag gibt es im Alltag vielfältige Streitpunkte bei Kauf und Reklamation (siehe Irrtum Nr. 3 auf Seite 39 ff.). Auch mündliche Verträge sind gültig, die Schriftform ist jedoch günstiger, insbesondere bei teuren Anschaffungen wie Unterhaltungselektronik, Möbel oder Auto. Bei einigen Geschäften ist die Schriftform vorgeschrieben, so etwa bei Ratenlieferung, Verbraucherkrediten oder dem Kauf von Teilzeitwohnrechten – besser be-kannt als Timesharing.

VORSICHT BEI TELEFONISCHER VEREINBARUNG!

Vertragsanbahnung per Telefon ist nicht verboten, aber voller Tücken. Der Ver-

käufer ist zwar beweispflichtig und der Kunde hat 14 Tage Zeit für den Wider-

ruf, doch bei Zeitungsabonnements greift dieser Schutz nicht. Im Zweifel gilt:

Hände weg!

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Rechte aus dem Kauf einer Fahrkarte 131

Seit 4. August 2009 ist das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefon-werbung in Kraft. Es verbietet Werbeanrufe bei Verbrauchern, wenn diese nicht vorher ausdrücklich ihre Einwilligung erklärt haben. Verstöße wer-den mit Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet. Bereits 1999 hatte der Bun-desgerichtshof entschieden: Unerlaubte Werbeanrufe sind Ausdruck un-lauteren Wettbewerbs (Az.: XI ZR 76/98).

Selbst ein Versicherungsmakler, der einen Betreuungsvertrag mit seinem Kunden besitzt, muss sich ausdrücklich das Einverständnis zu Anrufen einholen und unterschreiben lassen. Ist keine Eile geboten, kann er auf den Postweg oder Email ausweichen, so das Oberlandesgericht Frank-furt/Main (Az.: 6 U 175/04). Demnach darf auch ein Versicherer bei ihm versicherte Privatpersonen nicht anrufen – selbst wenn die bei Vertrags-schluss ihre Telefonnummer angegeben hatten –, um sie auf Änderung oder Ergänzung bestehender Verträge anzusprechen.

WAS TUN BEI UNERLAUBTER TELEFONWERBUNG?

Werbeanrufer dürfen ihre Telefonnummer nicht unterdrücken – Verstöße kosten

bis zu 10.000 Euro. Betroffene sollten versuchen, vom Anrufer so viel wie mög-

lich Informationen in Erfahrung zu bringen und dann die Nummer bei der Bun-

desnetzagentur ermitteln lassen (Mail an: [email protected]).

RechteRechteRechteRechte aus dem Kauf einer Fahrkarte aus dem Kauf einer Fahrkarte aus dem Kauf einer Fahrkarte aus dem Kauf einer Fahrkarte

Wer eine Fahrkarte für Bahn, Bus, Flugzeug, Schiff oder andere Trans-portmittel kauft, hat natürlich Anspruch auf die vereinbarte Beförderung – nicht nur im Urlaub, sondern auch im Nahverkehr. Im weitesten Sinne lie-gen hier Werkverträge vor, die im konkreten Fall je nach Beförderungs-mittel ganz besonders ausgestaltet sein können. Günstig für Verbraucher: Wegen der Gefahr für Leib und Leben gibt es zumeist gesetzliche Regelun-gen für Haftung und Entschädigung (www.recht-im-tourismus.de).

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132 Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Sicherheit

Beispiel Zugverspätungen: Die Deutsche Bahn sowie Privatbahnen müssen nach dem Fahrgastrechtegesetz vom 29. Juli 2009 ihren Fahrgästen nachts, wenn kein Zug mehr fährt, die Taxifahrt nach Hause zahlen oder die Übernachtung im Hotel.

EINLAGENSICHERUNG BEI BANKEN EUROPÄISCHER LÄNDER

Reklamationsgrund Entschädigung

Ab 60 Minuten Verspätung 25 % des Fahrpreises1

Ab 120 Minuten Verspätung 50 % des Fahrpreises1

Ab 60 Minuten Übernachtung nötig Kostenlose Hotelunterkunft

Verspätung bei Fahrpreis bis 4,00 Euro Keine Entschädigung

Ab 20 Minuten Verspätung im Nahverkehr Nutzung jedes beliebigen

teureren Zuges erlaubt;

Ab 60 Minuten Verspätung im Nahverkehr

zwischen 0.00 und 5.00 Uhr

Taxi bis maximal 80 Euro

Fahrpreis wird erstattet

Bahnunternehmen sind kraft Gesetzes verpflichtet, Fahrgäste schon beim Fahrkartenverkauf bzw. während der Fahrt gut zu informieren. Auf Nach-frage besteht ein Auskunftsanspruch bereits vor Fahrtantritt, sodass not-falls auf Kosten der Bahn der Kauf der Fahrkarte storniert werden kann.

Die wichtigsten Punkte und Tücken im Die wichtigsten Punkte und Tücken im Die wichtigsten Punkte und Tücken im Die wichtigsten Punkte und Tücken im DienstleistungsvertragDienstleistungsvertragDienstleistungsvertragDienstleistungsvertrag

Häufig schließen Verbraucher im Alltag sogenannte Dienstleistungsverträ-ge (nach § 611 BGB) – kurz: Dienstverträge – ab, ohne es zu merken. Etwa bei der Arbeit, beim Arzt, im Krankenhaus, beim Rechtsanwalt, beim Fern-unterricht, Anmieten von Software oder Kauf eines Handys bei gleichzei-tigem Abschluss eines Mobilfunkvertrages.

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Die wichtigsten Punkte und Tücken im Dienstleistungsvertrag 133

Gerade bei letzterem kann trotz Vertrag viel schief gehen. Beispiel: Das Telefon geht kaputt und wird nicht kostenlos vom Mobilfunkbetreiber er-setzt. Also wird der Kunde versuchen, den gesamten Kartenvertrag zu kündigen und sich bei einem anderen Provider ein preiswertes Handy mit neuem Kartenvertrag zu beschaffen. Das ist erlaubt, entschied jedenfalls das Amtsgericht Düsseldorf am 15. Juni 2000 (Az.: 34 C 3564/00).

In einer Verkaufsaktion hatte ein D2-Händler mit einem stark verbilligten Nokia-Handy geworben, falls zugleich ein Zweijahresvertrag abgeschlos-sen wird. Der Kunde willigte ein. Doch schon nach kurzer Zeit verblasste das Display. Die Reparatur war zwar kostenlos, doch nicht von Erfolg ge-krönt. Nach dem dritten Reparaturversuch verlangt der Kunde ein neues Handy, doch der Händler lehnte dies ab. Daraufhin wandelte der Kunde den Kaufvertrag und erhielt auch das Geld für das Handy zurück, sollte aber weiterhin 24,95 Euro monatliche Grundgebühr für die restlichen 19 Monate bezahlen. Der Kunde kündigte daraufhin den Kartenvertrag aus wichtigem Grund, sollte aber 350 Euro Schadensersatz für die restlichen Grundgebühren bezahlen. Das muss er nicht, so der Amtsrichter.

Begründung: Der Kunde war zu außerordentlicher Kündigung des Dienst-vertrages berechtigt, weil der Kaufvertrag über das Mobiltelefon gewandelt wurde und beide Verträge eine rechtliche Einheit bilden. Das ist dann an-zunehmen, wenn zwei an sich selbstständige Vereinbarungen nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden miteinander „stehen und fallen".

Vielfach bestehen bei Dienstverträgen große Wissenslücken zum Kündi-gungsrecht. Hier gibt es Abhilfe:

SO KÜNDIGT MAN EINEN DIENSTVERTRAG

Schritt Besonderheit

Zwischenzeitlich kann nur

aus wichtigem Grund außer-

ordentlich und damit fristlos

gekündigt werden

Wichtige Gründe: mehrfach falsche

Abrechnung durch den Anbieter, vorsätz-

liche oder grob fahrlässige Verletzung

gesetzlicher Pflichten (Datenschutz), keine

Antwort des Providers trotz mehrfacher,

nachweisbarer Aufforderung des Kunden

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134 Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Sicherheit

SO KÜNDIGT MAN EINEN DIENSTVERTRAG

Schritt Besonderheit

Oft vergebliche außerordent-

liche Kündigung wegen

„unwichtigem“ Grund

Unwichtige Gründe: Verlust des Handys,

Umzug in eine empfangsschwache Gegend

oder ins Ausland, Belästigung durch Dritte

(Spams), Funklöcher

Nach Ablauf wird nicht

gekündigt

Vertrag verlängert sich um ein Jahr

Ordentliche Kündigung vor

Ablauf des Vertrages

Erlaubt, aber Zahlung der Mindestumsatz-

pauschale bzw. Grundgebühr zum Ablauf

Abonnement: So werden Sie lästige Verträge losAbonnement: So werden Sie lästige Verträge losAbonnement: So werden Sie lästige Verträge losAbonnement: So werden Sie lästige Verträge los

Wer etwas abonniert, verlässt sich auf pünktliche und ordnungsgemäße Zustellung, egal ob Zeitung, Buch oder sonstige regelmäßige Sendungen ins Haus kommen. Bei außerordentlichen Gründen wie laufend unpünktli-cher Lieferung von Tageszeitungen gilt als Kündigungsfrist nur eine Wo-che. Gab es keinen Streit, so können Sie das Abo nur fristgemäß kündigen. Das gilt für Zeitungen, Zeitschriften und die Mitgliedschaft in Buchclubs. Vielfach wird der Vertrag für ein Jahr geschlossen und verlängert sich stillschweigend, wenn nicht innerhalb der vorgesehenen Frist gekündigt wird (üblich sind drei Monate).

DIE 200-EURO-GRENZE UND DER WIDERRUF

Verträge über zusammengehörige Sachen, die ratenweise geliefert werden wie

Zeitschriften oder Bücher aus dem Buchclub, können widerrufen werden. Frist:

14 Tage nach Abschluss des Vertrages. Ausnahme: Die Zahlungen bis zum frü-

hestmöglichen Kündigungstermin bleiben insgesamt unter 200 Euro. Nur bei

Abschluss an der Haustür bliebe das Widerrufsrecht dann bestehen.

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Abonnement: So werden Sie lästige Verträge los 135

Gewerblich betriebene Fitnessstudios, Privatunterricht oder Partnerver-mittlung stehen häufig im Ruf, Kunden mit harten Vertragsklauseln mög-lichst lange an sich zu binden. In jedem Fall lohnt vor Vertragsabschluss eine genaue Prüfung der Konditionen. Wer kostenlose Vermittlung bietet, bei dem ist Vorsicht geboten, denn: Wer nicht bezahlt, hat keine Rechte. Üblicherweise sind lediglich ein unverbindliches Vorgespräch bei der Part-nervermittlungsagentur oder dem Bildungsträger bzw. ein Probetraining im Fitnessstudio kostenlos. Danach kostet die Dienstleistung Geld, bei der Partnervermittlung nicht selten 1.500 bis 4.500 Euro. Wer vorzeitig ohne Verlust aus dem Vertrag herauskommen will, kann zwar jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen, muss aber unter Umständen Schadenser-satz zahlen.

Lediglich aus wichtigem Grund ist eine außerordentliche Kündigung mög-lich. Beispiel Fitnessvertrag: Bei geänderter Öffnungszeit, Wegfall von Leistungen oder langwieriger eigener Erkrankung kann außerordentlich gekündigt werden. Für längere Betriebsschließung kann sogar anteiliger Beitrag zurückverlangt werden, entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 17 U 165/90). Bei selbstverschuldetem Unfall muss das Studio nicht haften, urteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: 6 U 276/90). Zudem darf das Studio seine Haftung für Vorsatz, grobe und leichte Fahrlässigkeit nicht im Kleingedruckten ausschließen, entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 17 U 165/90).

Mitunter werden Verbrauchern auch Verträge zum Wechsel des Stroman-bieters oder zur Nutzung kostenpflichtiger Internetseiten untergeschoben, gern am Telefon oder im Internet. Masche: Man erhält einen Werbeanruf, der eigentlich seit 4. August 2009 verboten ist. Trotz Ablehnung lässt sich der Werber nicht abwimmeln und bittet darum, zumindest Informations-material zuschicken zu dürfen. Der genervte Verbraucher sagt „ja“, und schon wird ihm dies von manchem Callcenter als Zustimmung zum Ver-trag ausgelegt. Dann bleiben zwar 14 Tage Zeit zum Widerruf, aber wer dies verpasst, hat womöglich teuren Stress. In jedem Fall lohnt ein schnel-ler Antwortbrief auf solch untergeschobene Verträge – spätestens dann, wenn sich eine Inkassofirma meldet und Forderungen aufmacht (siehe fol-genden Musterbrief, den die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ent-wickelt hat).

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136 Irrtum Nr. 13: Verträge bringen Sicherheit

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen untergeschobenen Vertraguntergeschobenen Vertraguntergeschobenen Vertraguntergeschobenen Vertrag

WIDWIDWIDWIDERSPRUCHERSPRUCHERSPRUCHERSPRUCH GEGEN EINEN UNTERGE GEGEN EINEN UNTERGE GEGEN EINEN UNTERGE GEGEN EINEN UNTERGESCHOBENEN VESCHOBENEN VESCHOBENEN VESCHOBENEN VERRRRTRAGTRAGTRAGTRAG

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Schreiben vom … 2010 fordern Sie einen Betrag von … Euro für folgende

Dienstleistung …

Ich habe jedoch nach meiner Überzeugung keinen gültigen Vertrag mit Ihnen

geschlossen und Ihren Service nicht genutzt. Daher werde ich Ihre Forderung

nicht begleichen. Sollten Sie dennoch der Meinung sein, dass es zwei überein-

stimmende Willenserklärungen und einen gültigen Vertrag gibt, fordere ich Sie

auf, den Nachweis zu erbringen, welches Angebot Sie mir in welcher Weise und

zu welchem Zeitpunkt gemacht haben. Zudem erbitte ich den Nachweis, wie

und wann ich dieses Angebot über eine kostenpflichtige Leistung angenommen

habe und ein gültiger Vertrag gemäß den Bestimmungen des Fernabsatzrechtes

und der BGB-Informationspflichten-Verordnung zustande gekommen ist.

Hilfsweise widerrufe und kündige ich fristlos den Ihrer Meinung nach bestehen-

den Vertrag und fechte ihn auch hilfsweise wegen arglistiger Täuschung an.

Außerdem erkläre ich ebenfalls vorsorglich die Anfechtung wegen Irrtums über

den Inhalt der abgegebenen Willenserklärungen.

Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit erledigt ist und bitte Sie um eine

entsprechende schriftliche Bestätigung.

Mit freundlichen Grüßen

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Irrtum Nr.Irrtum Nr.Irrtum Nr.Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor 14: Wohneigentum schützt vor 14: Wohneigentum schützt vor 14: Wohneigentum schützt vor Armut im AlterArmut im AlterArmut im AlterArmut im Alter

Wer für die eigenen vier Wände spart, kann sich im Alter die Miete erspa-ren und ist damit finanziell aus dem Schneider, rechnen Baufinanzie-rungsvermittler und Banken gerne vor. Doch Wohneigentum kann auch zur Armutsfalle werden, wenn die Lebensumstände sich verschlechtern. Zudem werden Kunden bei der Finanzierung nicht selten übervorteilt.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

„Wenn ich mein Eigentum nicht zurück bekomme, bin ich ruiniert", er-klärte Eigenheim-Finanzierer Fred Winter im Januar 2008 in einem Fern-sehbeitrag der ARD. Sein Haus, durch einen Kredit der Hausbank finan-ziert und als Altersruhesitz gedacht, gehörte plötzlich einem sogenannten Hedge-Fonds aus den USA. Banken und Sparkassen verkauften seinerzeit gern mal Kredite ihrer Kunden an „Heuschrecken" aus Übersee. Winter merkte dies, als er aus heiterem Himmel Post von einem Geldeintreiber er-hielt. Seine Kredite müssten nun zügig zurückgezahlt werden – zuzüglich horrender Extrazinsen, ansonsten droht die Zwangsversteigerung. Das Haus zur Alterssicherung schien von heute auf morgen verloren. Erst mit großem Aufwand an Anwälten und Fernsehberichten wurde das Drama abgewendet.

Die dubiosen Praktiken waren aufgrund von Gesetzeslücken zwischen Herbst 2007 und Sommer 2008 erlaubt. Häufig wurde den Kunden gar der Verkauf ihrer Kredite verschwiegen. Beim Verkauf ging die sogenannte Si-cherungsabrede „verloren“, die eigentlich verhindern soll, dass die Immo-bilie zwangsversteigert werden darf, obwohl der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen nachkommt. Das Stoppzeichen für diese Abzocke kam erst mit dem Risikobegrenzungsgesetz (siehe Irrtum Nr. 9 auf Seite 97 ff.).

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138 Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut im Alter

Baufinanzierung häufig ungeeignetBaufinanzierung häufig ungeeignetBaufinanzierung häufig ungeeignetBaufinanzierung häufig ungeeignet

Bauherren wissen: Ohne ein Hypothekendarlehen funktioniert die Hausfi-nanzierung nicht. In aller Regel läuft ein solcher Kredit knapp 30 Jahre. Für diese lange Zeit lässt sich aber keine Bank auf eine durchgängige Zinsbindung ein. Üblich sind fünf bis 15 Jahre zu festen Zinsen; danach werden die Konditionen neu festgelegt. Bei der sogenannten Anschlussfi-nanzierung sollten Sie rechtzeitig nachfragen, denn die meisten Banken legen erst wenige Wochen vor dem Termin das neue Angebot auf den Tisch und die Kündigungsfrist ist zumeist auch sehr kurz – wenigstens vier Wochen hält der Bundesgerichtshof für angemessen.

WANN ES LOHNT, DIE HYPOTHEKENBANK ZU WECHSELN

Der Wechsel lohnt nur, wenn die neue Bank mindestens 0,2 Prozentpunkte

günstigere Konditionen bietet. Grund: Beim Wechsel fallen Zusatzkosten für

Notar und Grundbucheintrag sowie für Schätzkosten des Beleihungswertes an.

Schlimmer sind jedoch unpassende Finanzierungsformen. Beispiel Hypo-thekendarlehen von Lebensversicherern. Die sind auf den ersten Blick bis zu ein Prozentpunkt billiger als Darlehen von Hypothekenbanken. Als Ge-genleistung muss aber meist eine Kapital bildende Lebensversicherung ab-geschlossen werden. Unterschied: Der Kunde zahlt monatlich einen Betrag in seine Lebensversicherung, aber keine Tilgung – Zinsen können nur Vermieter als Werbungskosten von der Steuer absetzen, Eigennutzer nicht. Erst am Ende des Versicherungsvertrages wird der Kredit auf einen Schlag getilgt – mit der Ablaufleistung, die von der Versicherung erwirtschaftet wurde. Die Ablaufleistung ist jedoch bei Vertragsabschluss nicht sicher, sondern nur eine unverbindliche Schätzung, da es passieren kann, dass der Versicherer am Kapitalmarkt auch deutlich weniger Geld als erwartet verdient. Womöglich reicht das Geld dann nicht aus, um die Immobilien-schulden voll zu decken. Die Versicherungshypothek ist damit riskanter als ein Bankdarlehen.

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Tilgung an Lebensstandard ausrichten 139

VORSICHT BEI VERSICHERUNGSHYPOTHEK

Wenn Ihnen als künftiger Selbstnutzer eine vermeintlich günstige Lebensversi-

cherungshypothek angeboten wird, denken Sie daran: Vermittler sind vor allem

daran interessiert, weil saftige Provisionen winken. Oft wird mit völlig unrealis-

tischen Renditen der Lebensversicherung geworben. Fehlt am Ende Geld zur Til-

gung, muss der Kunde Geld beschaffen.

Auch das beliebte Bausparen birgt böse Fallen. Bausparen ist ja kein klas-sischer Kredit, sondern eine Kombination aus Banksparplan und späterem Darlehen. Der Kredit muss erst über mehrere Jahre etwa zur Hälfte selbst angespart werden. Dafür gibt es rund zwei Prozent weniger Guthabenzins als der Kredit später kostet. Bausparen lohnt daher nur bei langfristiger Planung. Bei sofortigem Geldbedarf dagegen ist es völlig unsinnig, zumal die oft angebotene Zwischenfinanzierung teurer ist als bei jeder Bank.

Und ist das Baudarlehen endlich zugeteilt, kommt es mit der monatlichen Belastung ganz dick. Denn im Gegensatz zu Hypothekendarlehen, bei de-nen neben der Zinszahlung meist 1,0 Prozent der Kreditsumme getilgt wird, sind es beim Bausparen vier bis acht Prozent Tilgung, weil das Dar-lehen bereits nach acht bis elf Jahren zurückgezahlt werden muss. Dies macht häufig umgerechnet zehn Prozent Effektivzins und stellt die finan-zielle Belastbarkeit normal verdienender Haushalte auf eine harte Probe. Die Raten sind nicht selten doppelt so hoch wie die Mindestrate eines Hy-pothekenbankdarlehens.

Tilgung an Lebensstandard ausrichtenTilgung an Lebensstandard ausrichtenTilgung an Lebensstandard ausrichtenTilgung an Lebensstandard ausrichten

Die monatliche Belastung bei der Zurückzahlung geborgten Baugeldes duldet keine persönlichen Katastrophen wie Jobverlust, Berufsunfähigkeit, Scheidung oder Tod des Ernährers. Dann platzt die Finanzierung und es droht die Zwangsversteigerung. Damit ist die Altersvorsorge in Form von Wohneigentum gescheitert.

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140 Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut im Alter

Die meisten Haushalte verkraften, falls zu Beginn mindestens 20 Prozent Eigenkapital zur Verfügung stehen, nur 1,0 bis 1,5 Prozent Tilgung. Bei höherem Einkommen oder Vermögen – etwa durch eine zwischenzeitlich gemachte Erbschaft – kann nach Ablauf der ersten Zinsbindungsfrist der Tilgungssatz auf 2,0 bis 5,0 Prozent erhöht werden. Er sollte sich stets nach den Lebensumständen richten, damit noch genug Geld für den Alltag übrig bleibt.

Armut bei Änderung der Lebensumstände Armut bei Änderung der Lebensumstände Armut bei Änderung der Lebensumstände Armut bei Änderung der Lebensumstände

Das passiert häufig: Eine junge Familie mit Kind verschuldet sich für das Eigenheim. Die Frau bleibt längere Zeit zu Hause und der Mann verdient das Geld. Mit nur einem Einkommen und dem Hauskredit im Hintergrund lassen sich keine großen finanziellen Sprünge machen. Zwar schweißt das Wohneigentum zusammen; nicht selten zerbricht die Familie jedoch an der finanziellen Überforderung und dem permanenten Stress, die Schulden abtragen zu müssen. Man geht getrennte Wege. Dann muss zumeist das Haus verkauft werden, zu einem eher niedrigen Preis. Hinzu kommt eine saftige Vorfälligkeitsentschädigung für die Bank, da der Kredit unplanmä-ßig schnell zurückgezahlt werden muss. Häufig bleiben dicke Schulden übrig, die vor allem den Verdiener neben Unterhaltszahlungen für Kind und Frau mächtig drücken.

Statt schuldenfreiem Haus im Alter bleibt durch widrige Lebensumstände Armut schon in jüngeren Jahren. Von diesem finanziellen Schicksals-schlag erholen sich viele nie mehr. Dabei lässt sich mit gesundem Men-schenverstand erklären, dass Wohneigentum eigentlich nur für Leute mit solidem Vermögen oder hohem Einkommen ab 4.000 Euro netto aufwärts zu bewältigen ist. Grund: Der Bau eines eigenen Hauses kostet meist so viel Geld, dass die Finanzierung nicht ohne größeren Kredit gestemmt werden kann. Häufig läuft die Finanzierung dann 20 bis 30 Jahre, ehe der Bauherr schuldenfrei ist. Und jeder sollte wissen, dass er sein Eigenheim mit Zins und Zinseszins am Ende mindestens zweimal bezahlt hat.

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Auch im Alter kostet Wohneigentum Geld 141

Ob sich der Einsatz lohnt, hängt vor allem vom Kaufpreis ab. Viele brau-chen heutzutage rund 250.000 Euro Kredit. Bei dieser Größenordnung muss man mit einer monatlichen Belastung von 1.800 Euro rechnen. Das ist zu viel für Normalverdiener.

Und: Egal, bei wem das Geld geborgt wird – es werden 20 bis 30 Prozent Eigenkapital vorausgesetzt – also mindestens 70.000 Euro bei einer 350.000-Euro-Immobilie. Das ist für die Masse ebenfalls zu viel, denn im Schnitt besitzt jeder Deutsche ein Vermögen von nur 15.000 Euro, wenn man die oberen Zehntausend einmal ausklammert.

Auch im Alter kostet Wohneigentum GeldAuch im Alter kostet Wohneigentum GeldAuch im Alter kostet Wohneigentum GeldAuch im Alter kostet Wohneigentum Geld

Wenn keine widrigen Lebensumstände eintreten und die Finanzierung se-riös vonstatten ging, sollten Bauherren zum Beginn des Ruhestandes schuldenfrei sein. Dazu ist zumindest eine stabile berufliche Karriere von-nöten, um im Laufe der Zeit auch die Tilgung von anfangs meist nur 1,0 Prozent des Baudarlehens zu erhöhen und damit eher von den Schulden herunterkommen zu können. Ist das Haus dagegen zum Rentenstart noch nicht schuldenfrei, so drücken die monatlichen Raten doppelt schwer, weil von der Altersente noch Kreditraten abgehen und so den finanziellen Spielraum einengen, zumal die Altersrente ja schon 20 bis 40 Prozent nie-driger ausfällt als das berufliche Einkommen.

Hat dagegen alles geklappt, so spart man sich zumindest die Miete. So wohnen Eigentümer deutlich preiswerter als Mieter. Ruheständler, die zur Miete wohnen, müssen fürs Wohnen immerhin 20 Prozent ihres Einkom-mens aufwenden, Wohneigentümer dagegen nicht einmal fünf Prozent.

Dennoch ist es eine Legende zu glauben, dass man im Alter kostenlos im eigenen Heim wohnt. Die Betriebskosten sind denen eines Mieters ver-gleichbar. Zudem sollte auch immer etwas Geld als Rücklage für Reparatu-ren da sein.

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142 Irrtum Nr. 14: Wohneigentum schützt vor Armut im Alter

RÜCKLAGE FÜR INSTANDHALTUNG

Auf der sicheren Seite sind Hauseigentümer, wenn bei normaler Bauqualität

200 Euro pro Monat für die Instandhaltung zurückgelegt werden. Bei einer Ei-

gentumswohnung sollten 100 Euro „Hausgeld“ pro Monat ausreichen.

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte Musterbrief: So wehren Sie sich gegen überhöhte VorfälligkeitsentschädigungVorfälligkeitsentschädigungVorfälligkeitsentschädigungVorfälligkeitsentschädigung

NEUBERECHNUNG DER VORFÄLLIGKEITSENTSCHÄDIGUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Hypothekendarlehen habe ich wegen Scheidung und damit verbundenem

Hausverkauf am … 2010 abgelöst. In diesem Zusammenhang haben Sie … Euro

Vorfälligkeitsentschädigung berechnet. Der Bundesgerichtshof hatte schon vor

einigen Jahren entschieden, dass ein Kreditinstitut bei vorzeitiger Darlehens-

rückzahlung nur den Ausgleich des damit verbundenen wirtschaftlichen Nach-

teils verlangen kann (Az.: XI ZR 267/96 und XI ZR 197/96). Dabei soll zur Be-

rechnung des Zinsschadens die Rendite von Pfandbriefen gleicher Laufzeit he-

rangezogen werden (BGH Az.: XI ZR 27/00). Ihre Forderung kommt mir deutlich

zu hoch vor, was für mich nach ungerechtfertigter Bereicherung aussieht.

Ich möchte Sie deshalb bitten, bis zum ... 2010 eine den Grundsätzen des BGH

entsprechende und nachvollziehbare Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschä-

digung rückwirkend vorzunehmen und mir zuzuschicken. In diesem Zusammen-

hang wäre es für mich nicht akzeptabel, zusätzlich oder alternativ eine entspre-

chend hohe Verwaltungsgebühr in Rechnung zu stellen.

Bitte erstatten Sie mir den Differenzbetrag, der nach meiner Schätzung bei

rund … Euro liegen dürfte, samt 5,0 Prozent Verzinsung ab dem Ablösetermin

bis zum … 2010 auf mein bekanntes Girokonto. Nach Ablauf dieser Frist müsste

ich über rechtliche Schritte nachdenken.

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Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos informieren und billig einkaufeninformieren und billig einkaufeninformieren und billig einkaufeninformieren und billig einkaufen

Das weltweite Netz verheißt globale Information und Einkauf rund um die Uhr – vielfach kostenlos oder sehr preisgünstig. Das Gegenteil ist häufig der Fall: Man zahlt drauf. Zudem müssen Nutzer höllisch aufpassen, dass persönliche Daten nicht missbraucht werden und zu handfesten Nachteilen führen. Selbst die Suchmaschine Google benachteiligte Verbraucher.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Google ist jedem Internetnutzer als Suchmaschine bekannt. Weniger be-kannt ist, dass Google sich selbst das Recht einräumte, urheberrechtlich geschützte Werke zu veröffentlichen. Im schlimmsten Falle hätte dies so-gar private Dokumente betreffen können, die Nutzer auf ihrem Account speichern. Eine weitere Klausel ermöglichte es Google, E-Mails oder ande-re eingestellte Inhalte ohne Benachrichtigung durchzusehen, zu überprü-fen oder zu löschen. Das hätte unter anderem unveröffentlichte, wissen-schaftliche Arbeiten betreffen können. Versteckt waren diese fragwürdigen Klauseln im Kleingedruckten, das jeder Nutzer durch Anklicken der Zu-satzbedingungen für den jeweiligen Dienst wie Google Video, Google Mail, Blogger, Text & Tabellen oder Google Talk akzeptieren musste. Diese Dienste sind kostenlos, verlangen aber im Gegensatz zu den klassischen Google-Suchdiensten eine Registrierung.

Der Dachverband der Verbraucherzentralen ging daraufhin gegen zehn Klauseln der Nutzungsbedingungen vor – mit Erfolg. Das Landgericht Hamburg gab dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit Urteil vom 7. August 2009 Recht (Az.: 324 O 650/08 – nicht rechtskräftig).

Nach Auffassung des Gerichts wurden Verbraucher unzulässig benachtei-ligt bzw. verstießen die Klauseln gegen geltendes Datenschutzrecht. So hatte sich Google auch das Recht eingeräumt, Verbraucherdaten unter be-stimmten Voraussetzungen an Dritte zu übermitteln oder mit Daten ande-

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144 Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos informieren und billig einkaufen

rer Unternehmen zu kombinieren. Auch war Google danach berechtigt, personenbezogene Daten zu Werbezwecken zu verwenden. Das Gericht er-klärte diese Klauseln für unwirksam, weil sie die Vorgaben der Daten-schutzgesetze nicht ausreichend berücksichtigten. Google hat daraufhin seine Nutzungsbedingungen für diese Internet-Dienste teils geändert, ist aber dennoch in Berufung gegangen.

Besonderheiten beim OnlineBesonderheiten beim OnlineBesonderheiten beim OnlineBesonderheiten beim Online----EinkaufEinkaufEinkaufEinkauf

Beim Online-Einkauf müssen gesetzliche Schutzvorschriften wie die Preis-angabenverordnung eingehalten werden; es gelten also keinerlei Ein-schränkungen beim Verbraucherschutz (siehe auch Irrtum Nr. 5 auf Seite 57 ff.). Die „Fernabsatzrichtlinie“ der EU regelt Informationspflichten der Anbieter und Widerrufsrechte der Kunden; sie gilt in Deutschland seit 2002 und ist auch ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) integriert worden. Der Online-Händler hat umfangreiche Informationspflichten:

Identität und Anschrift bekanntzugeben,

sein Produkt in wesentlichen Merkmalen zu beschreiben,

zu informieren, wann ein Vertrag zustande kommt,

Preis inklusive Steuern und sonstiger Bestandteile anzugeben,

Liefer- und Versandkosten auszuweisen,

die Gültigkeitsdauer von Angeboten anzugeben,

Angaben zu Service, Gewährleistungs- und Garantieleistungen.

Zudem gibt es ein gesetzlich geregeltes Widerrufsrecht von 14 Tagen ab Lieferung. Versäumt der Händler, den Kunden auf diese Frist aufmerksam zu machen, hat der Käufer automatisch vier Wochen Widerrufsfrist. Die Beweislast liegt beim Händler: Er muss sich beispielsweise durch Ankli-cken eines Buttons auf dem Bestellformular bestätigen lassen, dass der Kunde die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen hat.

Page 146: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Besonderheiten beim Online-Einkauf 145

Die offene Struktur des Internet – eigentlich sein größter Vorteil – schreckt indes viele Verbraucher davon ab, hier einzukaufen. Kundenda-ten, auch Kreditkartennummern, können ausspioniert werden. Wem das Bezahlen per Kreditkarte zu gefährlich ist, kann die Rechnung problemlos per Nachnahme oder besser noch per Lastschrift bezahlen. Im Zweifel hilft auch folgende Checkliste, die der Verbraucherschutzseite unter der Adresse www.surfer-haben-rechte.de entlehnt ist, die auch vom Verbraucher-schutzministerium gefördert wird.

ONLINE-SHOPS

Kauf auf Probe: Bietet der Händler den Kauf auf Probe an, haben Sie meist

zwei Wochen Bedenkzeit. Vergessen Sie nicht, die Ware im Zweifel recht-

zeitig zurückzusenden.

Widerruf und Rückgabe: Nach bisheriger Rechtslage kann ein Download

nicht zurückgegeben werden. Überlegen Sie vorher, ob Sie die Software

wirklich haben wollen.

Sicheres Bezahlen: Konto- und Kreditkartendaten sollten nicht in falsche

Hände gelangen. Zahlen Sie im Zweifel lieber auf Rechnung.

Ein Blick auf den Sitz des Anbieters kann Ärger ersparen. Kaufrechtliche

Schutzmechanismen greifen gegebenenfalls nicht bei Anbietern, die in

anderen Ländern sitzen.

Geben Sie nur Informationen an, die für die Abwicklung notwendig sind.

Das sind regelmäßig Name, Anschrift, Alter und ggf. Kontodaten.

Geben Sie Ihre Daten nicht für Werbezwecke frei, wenn Sie keine Wer-

bung haben wollen. Oft muss dazu ein bereits gesetztes Häkchen entfernt

werden!

Page 147: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

146 Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos informieren und billig einkaufen

Kostenlose Information kann teuer werdenKostenlose Information kann teuer werdenKostenlose Information kann teuer werdenKostenlose Information kann teuer werden

Verbraucherschützer fordern mehr Preistransparenz im Internet. Dass ein Angebot Geld koste, müsse für jedermann erkennbar sein und durch einen Klick auf das entsprechende Feld bestätigt werden. Genau dies ist aber noch nicht die Praxis, sondern ein Wunschtraum. Stattdessen gibt es eine rasante Ausbreitung sogenannter Kostenfallen im Internet. Experten spre-chen beim Internet schon vom World-Wide-Nepp.

Ob Hausaufgabenhilfen, Kochrezepte oder Software: Mit unzähligen ver-meintlichen Gratisdiensten locken unseriöse Anbieter Internetnutzer in ei-ne Kostenfalle. Viele Verbraucher rechnen nicht damit, für Dienste zahlen zu müssen, die es im Internet im Normalfall kostenlos gibt. Im guten Glauben geben sie ihren Namen und ihre Adresse an – und haben ein teu-res Abo oder einen kostenpflichtigen Zugang abgeschlossen. Kurze Zeit später kommt die Rechnung, Beträge von 200 Euro für zwei Jahre sind keine Seltenheit. Wer die unverschämten Rechnungen nicht begleicht, wird mit Drohungen, Mahnschreiben und Inkassobriefen eingeschüchtert. Das wirkt: Viele Nutzer zahlen aus schierer Angst.

Seit Jahren gewinnt der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen unse-riöse Online-Anbieter ein Abmahnverfahren nach dem anderen. Trotzdem nimmt die Abzocke weiter zu. Mit geringer Anpassung starten die Betrei-ber einfach ein neues Angebot. Schärfere Sanktionen gegen die Hinter-männer könnten helfen, dieses Hase-und-Igel-Spiel zu beenden. Anwälten, die im Auftrag der Betreiber Mahnschreiben wie Postwurfsendungen ver-schicken, muss die Zulassung entzogen werden können, fordern Verbrau-cherschützer.

Page 148: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Online-Nepp abwehren 147

SOFTWARE SCHÜTZT VOR ABZOCKSEITEN

Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Zeitschrift Computerbild haben

ihre Kräfte gebündelt: Die kostenlose Software „Abzock-Schutz“ lässt sich ein-

fach in die Browser Firefox und Internet Explorer integrieren. Das Programm

warnt vor dem Besuch unseriöser Seiten und verweist auf gebührenfreie Alter-

nativen. Herz ist eine Datenbank, die bei jedem Start des Browsers aktualisiert

wird, und eine stets aktuelle Sperrliste abarbeitet. Die Software erhalten Sie im

Internet unter unter www.computerbild.de/artikel

Betroffenen rät der Verbraucherzentrale Bundesverband, Rechnungen nicht zu begleichen und sich im Zweifel an die örtlich zuständige Ver-braucherzentrale zu wenden. Die Gefahr, von den Anbietern verklagt zu werden, ist erfahrungsgemäß äußerst gering: An einer gerichtlichen Klä-rung haben die Anbieter gar kein Interesse. Viele sitzen im Ausland und verschwinden von der Bildfläche, sobald jemand Schadensersatzansprüche stellt.

OnlineOnlineOnlineOnline----Nepp abwehrenNepp abwehrenNepp abwehrenNepp abwehren

Häufig kommt es auch vor, dass Verbraucher Rechnungen von Internetan-bietern erhalten, obwohl sie sich gar nicht auf den entsprechenden Seiten eingeloggt hatten. Hierbei handelt es sich um untergeschobene Verträge. Verbraucher sind aber nicht verpflichtet, auf eine falsche Rechnung zu re-agieren. Das Unternehmen trifft hier die Beweislast für das Bestehen der Zahlungspflicht. Dieser Beweis wird nicht gelingen, wenn sich der Rech-nungsadressat überhaupt nicht auf der fraglichen Internetseite eingeloggt hat. Allein die Nennung der IP-Adresse oder die Nennung persönlicher Daten genügen für den erforderlichen Nachweis nicht. Dies gilt auch für Rechnungen, die von Rechtsanwälten oder Inkassobüros ausgestellt wer-den. Um den gewünschten Betrag zwangsweise eintreiben zu können, müsste der Rechnungssteller ein gerichtliches Verfahren einleiten.

Page 149: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

148 Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos informieren und billig einkaufen

Die Zahl der schwarzen Schafe ist inzwischen so groß, dass die Verbrau-cherzentralen eine Online-Warnliste aufgestellt haben (vgl. www.vzbv.de/ mediapics/kostenfallen_im_internet.pdf). Dort sind viele Firmen aufgelis-tet, die bereits abgemahnt wurden.

DIE MASCHE DER NEPPER AM BEISPIEL SUDOKU

„Willkommen im SUDOKU-Club!“ war die Werbung für die Mitgliedschaft in ei-

nem Online-Club für SUDOKU-Freunde überschrieben. Auf der Anmeldeseite der

Webseite wurde der Nutzer, der Mitglied werden will, zur Eingabe persönlicher

Daten veranlasst. Dabei wurde der Eindruck erweckt, dass die Anmeldung nur

nötig ist, um auf die Inhalte der Website zugreifen zu können. Ein Hinweis dar-

auf, dass es sich bei dem Club um ein kostenpflichtiges, mindestens zwölfmona-

tiges Abonnement zum Preis von sieben Euro monatlich gegen Vorkasse handelt,

fand sich erst nach dem Scrollen zum Ende der Seite inmitten eines Fließtextes

unter dem Anmeldebutton. Inzwischen hat er Anbieter die Seiten geändert und

die Preisangabe deutlich sichtbar nach vorn gestellt.

Tatsächlich kann man leicht etwas als Internetnutzer dagegen tun: zum einen die erwähnte kostenlose Schutzsoftware der Verbraucherverbände installieren. Dann werden solche Seiten von vornherein gesperrt. Zum an-deren kann man sich auch noch wehren, wenn man in eine solche Kosten-falle getappt ist (siehe Musterbrief der Verbraucherzentrale Berlin auf Seite 150). Kommt ein Mahnbescheid vom Gericht, sollten Sie innerhalb von zwei Wochen Widerspruch einlegen. Meist kneifen die Abzocker vorher.

Aufpassen auch bei sozialen NetzwerkenAufpassen auch bei sozialen NetzwerkenAufpassen auch bei sozialen NetzwerkenAufpassen auch bei sozialen Netzwerken

Solche unseriösen Gepflogenheiten gibt es nicht nur auf Internetseiten wie www.opendownload.de oder www.rezepte-ideen.de, die Verbraucher mit vermeintlich kostenloser Software oder Rezepten angelockt und den Hin-weis auf die Kosten im Kleingedruckten versteckt haben.

Page 150: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Aufpassen auch bei sozialen Netzwerken 149

Auch in sozialen Netzwerken hat sich manche Unsitte ausgebreitet, die das Web 2.0 in Misskredit bringen, obwohl gerade dort viele Leute miteinan-der verbunden sind und naturgemäß viele private Daten von sich preisge-ben. Betroffen sind Plattformen wie MySpace, Facebook, lokalisten.de, wer-kennt-wen.de und Xing. In der Kritik stehen Vertragsbedingungen, die Nutzer benachteiligen und den Betreibern weitgehende Rechte einräu-men. Dazu hagelte es 2009 viele Abmahnungen. Grund: Umfassende Da-tennutzung und –verarbeitung erfolgen oft ohne Einwilligung des Nutzers und weit über den eigentlichen Zweck hinaus. Anbieter könnten zum Bei-spiel Verhaltensdaten der Benutzer auswerten, ohne dass die davon erfah-ren, oder die Profildaten Dritten zugänglich machen.

Verbraucherschützer forderten die Anbieter sozialer Netzwerke im Internet auf, Voreinstellungen für die Datennutzung schon bei der Registrierung nutzerfreundlich zu gestalten. Daten sollten zwingend nur verwendet wer-den dürfen, wenn der Nutzer ausdrücklich einwilligt. Dabei geht es nicht nur um jede Form der Werbung. Verbraucher müssten auch darüber ent-scheiden können, ob sie möchten, dass ihre Daten über Suchmaschinen aufzufinden sind. Bei einigen Anbietern könnten laut der Allgemeinen Ge-schäftsbedinungen Privatfotos ungefragt in einer Zeitung oder im Fernse-hen landen. Auch ist es nicht fair, wenn Netzwerkbetreiber „aus beliebigen Gründen" Inhalte löschen oder gar „ohne vorherige Mitteilung" und „ohne Angabe von Gründen" den Zugang für Mitglieder sperren dürfen. Anbieter müssen in solchen Fällen die Nutzer informieren, fordern Verbraucher-schützer, zumal die Nutzer relativ viele Informationen von sich preisgeben müssen.

VERBRAUCHERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT

Die Internetseite www.surfer-haben-rechte.de bietet Informationen zu Diens-

ten, Suchmaschinen, Tauschbörsen, Recht im Internet, Preisvergleichen und On-

lineshops. Nutzer können unter der Adresse, die vom Verbraucherzentrale Bun-

desverband stammt, auch schwarze Schafe melden.

Page 151: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

150 Irrtum Nr. 15: Im Internet kostenlos informieren und billig einkaufen

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen OnlineMusterbrief: So wehren Sie sich gegen OnlineMusterbrief: So wehren Sie sich gegen OnlineMusterbrief: So wehren Sie sich gegen Online----NeppNeppNeppNepp

SO WEHREN SIE SICH GEGEN ONLINE-NEPP

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Schreiben vom .......................... machen Sie einen Betrag von ............ Euro für

eine Internet-Serviceleistung geltend. Ich bin jedoch überzeugt, keinen – zu-

mindest jedoch keinen kostenpflichtigen – Vertrag mit Ihnen abgeschlossen zu

haben. Sollten Sie anderer Meinung sein, so weisen Sie mir bitte nach, wann

und wie es zu einem Vertragsschluss gekommen sein soll, wie Sie mich gemäß

den gesetzlichen Bestimmungen zum Fernabsatz belehrt und informiert haben.

Den angeblich abgeschlossenen Vertrag fechte ich vorsorglich wegen arglistiger

Täuschung an. Zudem widerrufe ich diesen Vertrag hilfsweise nach den Vor-

schriften über Fernabsatzverträge, hilfsweise kündige ich fristlos.

Von Drohungen mit einer unberechtigten Strafanzeige oder einer unzulässigen

Eintragung dieser bestrittenen Forderung bei der Schufa sollten Sie Abstand

nehmen, da ich mir sonst rechtliche Schritte gegen Sie vorbehalte. Ich werde

die Forderung nicht bezahlen.

Mit freundlichen Grüßen

Page 152: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

151

Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind sichersichersichersicher

Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, sagt der Volksmund. Doch obwohl man sich auf den Staat eigentlich verlassen können muss, kassiert er Geschenke gelegentlich wieder ein. Schuld ist dann stets die angespannte Haushaltslage. Verlass ist jedenfalls häufig nicht auf die mil-de Gabe.

Ein besonders krassEin besonders krassEin besonders krassEin besonders krasser Faller Faller Faller Fall

Staatliche Sparanreize wie Zuschüsse und Steuervergünstigungen sollen Verbraucher animieren, privat oder betrieblich mit eigenem Geld vorzu-sorgen. Für Anleger können sich Riester-Rente, Basisrente und Entgelt-umwandlung in der Firma durchaus lohnen, da die Beitragseinzahlung ganz oder teilweise steuerfrei gestellt wird (siehe auch Irrtum Nr. 1 auf Seite 13 ff.). Der Preis: Die Anlage muss im Alter ganz überwiegend als le-benslange Rente ausgezahlt werden, darf also nicht auf einen Schlag kas-siert werden.

Die Werbung mit der hohen Staatsquote beim Vorsorgesparen ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn: Das Kapital wird im Alter voll besteuert – entsprechend dem individuellen Einkommensteuersatz. Damit ist die För-derung in der Einzahlphase letztlich nur eine Steuerstundung, denn der Staat holt sich das Geld in der Auszahlungsphase – nachgelagert – zurück. Die Stundung lohnt sich, wenn das Einkommen im Alter deutlich niedriger als während der Berufstätigkeit ausfällt. Von einem großartigen Geschenk kann aber nicht die Rede sein.

Es kann sogar noch schlimmer kommen, wie der Extremfall Betriebsrente zeigt. Jahrelang war die Auszahlung von Betriebsrenten zumindest bei der Sozialversicherung begünstigt. Das Versprechen lautete: Wer fürs Alter anspart, etwa durch Entgeltumwandlung oder eine Direktversicherung vom Chef, soll gegenüber denjenigen belohnt werden, die lieber das Geld

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152 Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind sicher

auf den Kopf hauen. So war bei Betriebsrenten nur der halbe Satz an Kranken- und Pflegeversicherung im Alter auf eben diese Betriebsrente fällig. Im Vertrauen auf diese Regelung schlossen mehrere hunderttausend Arbeitnehmer Betriebsrenten ab.

Mitte 2003 überlegte es sich der Staat angesichts leerer Sozialkassen je-doch anders: Seit 1. Januar 2004 müssen gesetzlich versicherte Rentner den vollen Beitragssatz für die Kranken- und Pflegeversicherung auf Ver-sorgungsbezüge (etwa aus einer Direktversicherung oder Pensionskasse) an die Krankenkasse zahlen – auch wenn sie zu anderen Voraussetzungen ih-ren Vertrag abgeschlossen und bis dato nur den halben Beitragssatz be-zahlt hatten. Dies sei so in Ordnung, befand das Bundesverfassungsgericht im Februar 2008 (Az.: 1 BvR 2137/06).

So sollten auch Riester-Sparer darauf gefasst sein, im Alter Sozialversiche-rungsbeitrag auf die Riester-Rente zahlen zu müssen. Bisher ist das zum Glück noch nicht so. Aber: Was nicht ist, kann ja noch werden.

NICHT NUR AUF SUBVENTIONEN SCHAUEN

Viele Sparer jagen der Betriebs- oder Riester-Rente hinterher, weil der Staat

Subventionen spendiert. Die sind aber nicht sicher – Gesetze und Verordnungen

wurden in der Vergangenheit oft geändert. Auf den Staat ist also kein Verlass.

Eingeschränkte Hilfen bei JobverlustEingeschränkte Hilfen bei JobverlustEingeschränkte Hilfen bei JobverlustEingeschränkte Hilfen bei Jobverlust

Wer ohne eigene Schuld seinen Job verliert, hat Anspruch auf Arbeitslo-sengeld I. Immerhin hat er dafür ja Beiträge in die gesetzliche Arbeitslo-senversicherung eingezahlt. Doch das Staatsgeld, an dem der Betroffene selber mit angespart hat, fließt nicht immer und automatisch. Für alle und auf unbegrenzte Zeit reicht es nämlich nicht. Daher schaut die Arbeits-agentur, wie das frühere Arbeitsamt inzwischen heißt, genauer hin. Und siehe da: Geld gibt es überhaupt nur, wenn man in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosigkeit mindestens 360 Tage gearbeitet hatte. Wer weni-

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Eingeschränkte Hilfen bei Jobverlust 153

ger als ein Jahr gearbeitet und Sozialversicherungsbeitrag gezahlt hat, geht also leer aus.

Klappt es mit dem Geld, so richtet sich die Höhe von ALG I nach dem so-genannten bereinigten wöchentlichen Arbeitsentgelt, dem der Nettover-dienst der letzten sechs Monate zugrunde liegt: Mit Kind bekommen Sie 67, ohne 60 Prozent. Wobei das bereinigte Arbeitsentgelt auch bedeutet, dass jedem Arbeitslosen eine Kirchensteuerpauschale abgezogen wird – ob er einer Kirche angehört oder nicht. Dauert die Arbeitslosigkeit länger, be-kommen ALG-I-Empfänger ein Problem: Die Zahlung endet je nach Alter und Dauer der früheren beitragspflichtigen Beschäftigung – auch wenn kein neuer Job da ist.

SO LANGE GIBT ES ALG I1

Lebensjahr Job von mindestens… Monaten1 Zahldauer (Monate)

Vor 50 12 6

Vor 50 16 8

Vor 50 20 10

Vor 50 24 12

Ab 50 30 15

Ab 55 36 18

Ab 58 48 24

1 in den letzten 7 Jahren bzw. zurückgerechnet zu vorheriger Arbeitslosigkeit

Spätestens nach zwei Jahren ist also Schluss mit ALG I. Dann bleibt für Arbeitslose für längere Zeit nur noch der Antrag auf ALG II, eine Sozial-leistung, bei der eigenes Vermögen einbezogen wird.

Page 155: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

154 Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind sicher

Harte Auflagen für LangzeitarbeitsloseHarte Auflagen für LangzeitarbeitsloseHarte Auflagen für LangzeitarbeitsloseHarte Auflagen für Langzeitarbeitslose

Langzeitarbeitslose bekommen Arbeitslosengeld II. Es wird nur gezahlt, wenn man nachweisen kann, bedürftig zu sein. Entweder wird es im An-schluss ans ALG I gezahlt oder schon zu Beginn der Arbeitslosigkeit, falls die Voraussetzungen für ALG I fehlen. Übrigens: Wer kein ALG II erhalten kann, weil er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, hat bei Bedürf-tigkeit Anspruch auf das Sozialgeld (Harz IV). Dies betrifft insbesondere Kinder und Hausfrauen. Bei bedürftigen Älteren greift ab 65 die soge-nannte Grundsicherung, die nach ähnlichen Kriterien berechnet wird. Hö-he von Hartz IV: 359 Euro für einen Erwachsenen pro Monat, für Kinder je nach Alter weniger.

SO VIEL AN HARTZ-IV-LEISTUNG IST DRIN

Bedürftiger Zahlung pro Monat (Euro)1

Erwachsener 359

Ehe- oder Lebenspartner 323

Kind bis 6 Jahre 215

Kind bis 14 Jahre 251

Kind bis 18 Jahre 287

1 plus Zuschuss für Wohn- und Heizkosten

Quelle: Statistisches Bundesamt 10/09

Um an diese Sozialleistungen zu kommen, müssen harte Auflagen erfüllt und eine finanzielle Bedürftigkeitsprüfung bestanden werden. Wer zu viel Vermögen besitzt, muss es erst verbrauchen, ehe das Geld vom Staat ge-zahlt wird. Als „bedürftig" gilt, wer keinerlei Unterhaltsansprüche an El-tern, Kinder oder den Ehegatten stellen kann. Wie ein Ehegatte wird in-zwischen auch der Partner behandelt, mit dem eine eheähnlicher Gemein-schaft geführt wird. Dann bildet man eine „Bedarfsgemeinschaft“. Den-noch: Alles, was Sie über den zugebilligten Freibeträgen pro Lebensjahr

Page 156: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Harte Auflagen für Langzeitarbeitslose 155

besitzen, ist zum Leben mitzuverwenden. ALG II bzw. das Sozialgeld wird dann anteilig gekürzt (siehe Tabelle).

FREIBETRÄGE BEI HARTZ IV

Stufe Freibetrag in Euro

I: allgemeiner Frei-

betrag

200 Euro pro Lebensjahr, mindestens 3.100 Euro,

maximal 9.750 Euro. Ist mehrfach gekürzt worden.

II: Geförderte Vorsorge 100 % Freibetrag für Riester- und Rürup-Verträge:

sämtliche Ansparungen (auch Zulagen) und Erträge

sind Schonvermögen angerechnet werden1

III: Freibetrag für

private Altersvorsorge1

250 Euro pro Lebensjahr, maximal 16.250 Euro. Ist

mehrfach gekürzt worden2

IV: Freibetrag für

notwendige Anschaf-

fungen

750 Euro pauschal pro Jahr pro Person einer

Bedarfsgemeinschaft. Zudem 30 Euro pro Monat

für private Versicherungen wie Haftpflicht.

1 Bedingung: kein Verbrauch vor 60. Geburtstag 2 Regierung will Freibetrag auf 750 Euro pro Jahr erhöhen

Stand: 22. Oktober 2009

Auch wer zusätzlich zu Hartz IV noch Geld verdient, kann davon nicht al-les behalten. Es gelten nur geringe Freibeträge:

Grundfreibetrag: 100 Euro,

20 Prozent der Brutto-Einkünfte zwischen 100 Euro und 800 Euro (maximal 140 Euro),

plus 10 Prozent der Brutto-Einkünfte zwischen 800 und 1.200 Euro (maximal 40 Euro).

Höhere Einkünfte werden vom Arbeitslosengeld II abgezogen. Die Bundes-regierung will die Freibeträge beim Zuverdienst erhöhen, damit der Anreiz zur Berufstätigkeit steigt. Verfolgen Sie die Tagespresse.

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156 Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind sicher

IST DIE LEBENSVERSICHERUNG BEI HARTZ IV SICHER?

Nein. Nur 250 Euro pro Lebensjahr, maximal 16.250 Euro, sind als Zeitwert ge-

schützt. Allerdings muss niemand seine Police vorzeitig verkaufen, also kündi-

gen, wenn dies mit wirtschaftlichem Verlust verbunden ist. Verlust heißt: Man

bekommt bei der Kündigung mindestens zehn Prozent weniger heraus als ein-

gezahlt worden ist. Ab 2010 sind wahrscheinlich 750 Euro pro Lebensjahr als

Freibetrag geschützt.

Generell hat das Bundesverfassungsgericht Zweifel, ob die Regelsätze für Hartz IV angemessen sind. Mit Urteil vom 20. Oktober 2009 rügte das Ge-richt auch, dass kaum Ausnahmeregelungen erlaubt sind, etwa für chro-nisch Kranke, sowie die Regelsätze an die Entwicklung der Renten statt an die Preisentwicklung angepasst werden (Az.: 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09). Immerhin: Hartz-IV-Empfängern darf die Wohnung nicht gekündigt wer-den, wenn das Amt den Mietzuschuss verspätet überweist, entschied der Bundesgerichtshof am 21. Oktober 2009 (Az.: VIII ZR 64/09).

BAföG und Bildungskredit als ArmutsfalleBAföG und Bildungskredit als ArmutsfalleBAföG und Bildungskredit als ArmutsfalleBAföG und Bildungskredit als Armutsfalle

Junge Leute erhalten unter bestimmten Umständen finanzielle Förderung. Doch die Finanzspritze für Schüler, Auszubildende und Studenten ist we-gen der Anrechnung des elterlichen Einkommens und der dort vorherr-schenden niedrigen Freibeträge nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Frohlocken können eigentlich nur Schüler ab Klasse zehn, deren Ausbil-dungsstätte unzumutbar weit von der elterlichen Wohnung entfernt ist und die somit eigenen Wohnraum benötigen. Sie erhalten Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Studenten erhalten zur Hälfte Zu-schüsse und zur anderen Hälfte ein zinsloses Darlehen. Wenn die Förde-rungshöchstdauer überschritten wird, werden Zinsen aufs Darlehen erho-ben. Hier droht Verschuldung – trotz Begrenzung der Gesamtdarlehensbe-lastung auf 10.225 Euro.

Page 158: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

BAföG und Bildungskredit als Armutsfalle 157

Alternativ zum BAföG suchen viele Studenten nach Möglichkeiten, ohne Anrechnung des Einkommens der Eltern Geld vom Staat zur Finanzierung des Studiums zu erhalten. Eine Möglichkeit ist der KfW-Studienkredit, auf den es jedoch keinen Rechtsanspruch gibt. Ihn vergibt die staatliche För-derbank KfW (www.kfw-foerderbank.de). Motto: Sie studieren, wir finan-zieren. Tatsächlich fließt bei positivem Bescheid für das Erststudium eine Monatszahlung zwischen 100 und 650 Euro bis zum zehnten Fachsemes-ter, doch das dicke Ende kommt hinterher: Höchstens 8,6 Prozent Zinsen sind nominal fällig (Stand 11/09: 3,68 Prozent effektiv). Da hilft es wenig, dass die Rückzahlung frühestens sechs bis maximal 23 Monate nach Ende des Studiums beginnt und über 25 Jahre gestreckt werden darf, falls es auf dem Arbeitsmarkt für den Jungakademiker nicht reibungslos funktioniert. Jeder kann an dieser Stelle in die Armutsfalle geraten.

Es kann finanziell sogar noch dicker kommen. Denn zusätzlich zu BAföG-Leistungen kann man einen sogenannten Bildungskredit bekommen – zur Finanzierung von außergewöhnlichem, nicht durch das BAföG erfasstem Aufwand. Den vergibt wiederum die KfW-Förderbank. Höhe: bis zu 300 Euro pro Monat für maximal 24 Monate. Damit soll im vorletzten oder letzten Jahr die Ausbildung forciert und zum erfolgreichen Abschluss ge-bracht werden. Eine solche fortgeschrittene Phase der Ausbildung ist laut Förderbedingungen bei Studenten erreicht, wenn die Zwischenprüfung be-standen ist, der erste Teil eines Konsekutiv-Studiengangs bewältigt ist (z.B. Bachelor), ein postgraduales Diplomstudium oder ein Master- bzw. Magis-terstudium betrieben wird, ein Zusatz-, Ergänzungs- oder Aufbaustudium bewältigt wird oder ein Praktikum im Zusammenhang mit dem Studium ansteht.

Auch hier können sich die Schulden summieren, denn insgesamt sind bis zu 7.200 Euro Bildungskredit erlaubt. Für die Rückzahlung gilt: Das Dar-lehen ist vom Tag der Auszahlung an zu verzinsen. Bis zum Beginn der Rückzahlung werden die Zinsen gestundet. Der Zinssatz ist variabel und beträgt 2,05 Prozent effektiv (Stand: 11/09). Die Rückzahlung beginnt schon vier Jahre nach der ersten Auszahlung – in Höhe von 120 Euro pro Monat. Das birgt Verschuldungspotenzial, falls der Jungakademiker kei-nen dauerhaft gut bezahlten Job findet.

Page 159: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

158 Irrtum Nr. 16: Zuschüsse vom Staat sind sicher

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen die BAföGMusterbrief: So wehren Sie sich gegen die BAföGMusterbrief: So wehren Sie sich gegen die BAföGMusterbrief: So wehren Sie sich gegen die BAföG----AblehnungAblehnungAblehnungAblehnung

WIDERSPRUCH GEGEN DIE BAFÖG-ABLEHNUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hatte BAföG-Leistungen ab … beantragt, den Sie mit Bescheid vom … abge-

lehnt haben. Inzwischen nahm ich ein Studium auf (siehe Immatrikulationsbe-

scheinigung). Der Ort ist etwa zwei Stunden Zugfahrt vom bisherigen Wohnort

… entfernt. Da es unzumutbar ist, diese Entfernung täglich zurückzulegen und

zudem eine weitere Unterkunft zu finanzieren, ist ein Wohnsitz am Studienort

unverzichtbar.

Die Ablehnung des BAföG-Antrages wegen angeblich zu hohen Einkommens

meiner Eltern ist für mich nicht nachvollziehbar, zumal ich mit meinen Eltern

seit längerem zerstritten bin und jeglichen finanziellen Beitrag für meinen Un-

terhalt erst über einen Rechtsanwalt erkämpfen müsste, den ich mir im Mo-

ment nicht leisten kann. Ich widerspreche hiermit dem Bescheid und beantrage,

mir zumindest vorübergehend sofort BAföG in Höhe von … Euro pro Monat zu

bewilligen. Meine persönliche soziale Situation – ich bin ohne eigenes Einkom-

men und nennenswertes Vermögen – sollte diesen Schritt rechtfertigen, für den

es doch einen Ermessensspielraum geben muss. Alternativ käme nur Hartz IV in

Betracht, doch als Student stehe ich dem Arbeitsmarkt nicht voll zur Verfügung.

Bitte geben Sie mir möglichst bis spätestens … einen Zwischenbescheid, da ich

im Moment wegen der finanziellen Zwangslage weder ruhig schlafen noch mich

auf das Studium konzentrieren kann.

Mit freundlichen Grüßen

Page 160: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

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Irrtum Nr. 17: Die Rente Irrtum Nr. 17: Die Rente Irrtum Nr. 17: Die Rente Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und ist sicher und ist sicher und ist sicher und der Pflegefall abgesichertder Pflegefall abgesichertder Pflegefall abgesichertder Pflegefall abgesichert

Die Rente ist sicher. Dieses geflügelte Wort des früheren Arbeits- und So-zialministers Norbert Blüm darf man keineswegs wörtlich nehmen. Denn sicher ist vor allem die Höhe der Rente nicht. Und die bewegt sich ohnehin in bescheidenem Rahmen: Heute 65-jährige Männer bringen es im Schnitt nur auf 600 Euro gesetzliche Altersrente pro Monat, Frauen gar nur auf 267 Euro. Selbst die staatlich geförderte Riester-Rente ist nicht vor dem Zugriff des Staates sicher.

Ein besondEin besondEin besondEin besonders krasser Fallers krasser Fallers krasser Fallers krasser Fall

Da ging ein Aufschrei durch das Land, als die TV-Sendung „Monitor“ im Januar 2008 aufdeckte: Auch für gering Verdienende soll sich eine Ries-ter-Rente lohnen. Im Alter gibt es dann auf die schmale staatliche Rente etwas oben drauf. Doch wer Pech hat, der spart mit seinem Riester-Vertrag nicht für den eigenen Lebensabend, sondern fürs Sozialamt.

Damit sprach „Monitor“ nur die Wahrheit aus, die sogar noch schlimmer ist: Nicht nur die Riester-Rente ist bei Bedürftigkeit im Alter nicht sicher, sondern jede Form privater Finanzvorsorge. Denn: Bei Bedürftigkeit im Alter muss jeder Betroffene ab 65 Grundsicherung beantragen.

GRUNDSICHERUNG FÜR BEDÜRFTIGE

Derzeit bekommen Betroffene im Schnitt 627 Euro pro Monat. Bei der Bedürf-

tigkeitsprüfung wird sämtliches Vermögen angerechnet – von Geldanlagen über

Lebensversicherungen und Riester-Verträge sowie Rürup-Renten bis zur Be-

triebsrente. Lediglich maximal 2.600 Euro pro Person bleiben verschont (Ehe-

paare: bis insgesamt 3.214 Euro).

Page 161: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

160 Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall abgesichert

Die während der Einzahlungen vom Staat geförderte Riester-Rente, Basis-rente oder Betriebsrente würde also bei Bedürftigkeit im Alter einkassiert bzw. auf die Grundsicherung angerechnet. Monitor hatte also völlig Recht: Um die Sozialkassen zu schonen, werden auf Vorsorge Bedachte, die dafür erhebliche finanzielle Opfer erbracht haben, am Ende noch bestraft und keinesfalls besser als Leute gestellt, die von vornherein in den Tag hinein-leben.

Es kommt sogar noch schlimmer. Denn jede Form privater Vorsorge in Form von Geld, Kapitalversicherung oder Eigenheim muss im Extremfall sofort zu Geld gemacht werden, wenn ALG II oder Sozialgeld schon vor dem Rentenalter beantragt wird – sofern die Auflösung nicht offenkundig unwirtschaftlich ist. Das heißt: Der Staat kann verlangen, dass private Vorsorge vorzeitig angegriffen und aufgebraucht wird, ehe Geld vom Staat gezahlt wird (siehe Irrtum Nr. 16 auf Seite 151 ff.). Ausnahmen gibt es leider keine.

Höhe der Rente reicht oft nicht Höhe der Rente reicht oft nicht Höhe der Rente reicht oft nicht Höhe der Rente reicht oft nicht

Jährlich wird jedem Versicherten ab 27 Jahre eine Renteninformation zu-geschickt. Die ausgewiesene Rente ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn es handelt sich um eine Bruttorente. Im Geldbeutel haben die Rent-ner viel weniger. Denn sie müssen noch Kranken- und Pflegekassenbeiträ-ge bezahlen (rund zehn Prozent). Zudem sind noch Steuern abzuziehen – nachträglich über die Steuererklärung. Der steuerpflichtige Teil der Rente wird seit 2005 für jeden neu hinzukommenden Rentnerjahrgang um jähr-lich zwei Prozent angehoben. Wer 2020 in Rente geht, muss schon 80 Prozent seiner Rente versteuern.

Derzeit kann ein deutscher „Eckrentner“ mit rund 50 Prozent seines Netto-einkommens als Altersrente rechnen, Tendenz fallend. Mitte 2008 kamen da für Leute mit durchschnittlichem Einkommen 1.087 Euro netto an Al-tersrente heraus (Ost: 956 Euro). Der Begriff Eckrentner geht jedoch davon aus, dass man es auf 45 Arbeitsjahre gebracht hat, in denen immer der

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Nachteile bei vorzeitiger Rente 161

Durchschnitt aller Arbeitnehmer verdient wurde. Im angespannten Ar-beitsmarkt ist der Eckrentner daher eine aussterbende Spezies.

Ohne zusätzliche private Vorsorge droht Altersarmut. Ein 2009 erstmals erstellter „Vorsorgeatlas“, der vom Forschungszentrum Generationenver-träge der Universität Freiburg erstellt wurde, zeigt auch die regionalen Un-terschiede in der Altersvorsorge.

WAS DER VORSORGEATLAS ZEIGT

Drei Viertel der Rentenbezieher wären ohne eine zusätzliche Altersvorsorge un-

terversorgt. Nur 56 Prozent der Beschäftigten könnten hoffen, im Alter mindes-

tens 60 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens zu erhalten, obwohl sie mit

Riester-Verträgen, betrieblicher Altersvorsorge und ähnlichen Angeboten eigene

Anstrengungen unternehmen. Nur rund ein Viertel wäre allein mit der gesetzli-

chen Rentenversicherung ausreichend im Alter versorgt. Besonders den Jünge-

ren zwischen 20 und 39 Jahren droht Altersarmut.

Nachteile bei vorzeitiger RenteNachteile bei vorzeitiger RenteNachteile bei vorzeitiger RenteNachteile bei vorzeitiger Rente

Derzeit gehen Berufstätige im Schnitt mit 60,4 Jahren in Altersrente. Doch wer vor der erlaubten Zeit Altersrente bekommt, wird bestraft: Er muss sich nämlich für jeden Monat früher als erlaubt 0,3 Prozent Abzug gefal-len lassen – und zwar lebenslang. Das bedeutet: Auch wenn Sie dann ir-gendwann 65 bzw. 67 Jahre alt sind, bleibt es bei den Abzügen – umge-rechnet 3,6 Prozent für jedes Rentenjahr vor Erreichen der sogenannten Regelaltersgrenze.

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162 Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall abgesichert

ABZÜGE FÜR EINE FRAU, DIE 5 JAHRE EHER IN RENTE WILL

Beispiel: Eine Frau (Jahrgang 1950) kann noch vorgezogene Altersrente ab 60

bekommen. Sie büßt jedoch lebenslang 18 Prozent der Rente ein (5 Jahre = 60

Monate x 0,3 % pro Monat). Berechnet wird der Abschlag auf Basis des Renten-

anspruchs, der bis zu dem Tag erworben wurde, an dem die Frührente tatsäch-

lich beginnt. Unterm Strich ist die Einbuße also größer als die jeweilige Prozent-

zahl, weil ja bis 65 bzw. 67 Jahre durch die Frührente noch mehrere Jahre Bei-

tragszeiten fehlen.

Abzüge bei Berufstätigkeit neben der RenteAbzüge bei Berufstätigkeit neben der RenteAbzüge bei Berufstätigkeit neben der RenteAbzüge bei Berufstätigkeit neben der Rente

Gesetzliche Altersrente erhalten die meisten ab 65. Tendenziell gibt es künftig erst mit 67 Jahren Anspruch auf Altersrente, ohne sich Abzüge wegen vorgezogenem Rentenstart gefallen lassen zu müssen. Der Jahrgang 1947 muss einen Monat länger arbeiten, ab Jahrgang 1964 dann 24 Mo-nate, also bis 67.

Wer schon vor 65 bzw. künftig 67 Jahren Anspruch auf die volle Rente hat, aber weiter arbeiten möchte, darf nur sehr wenig hinzuverdienen oder muss sich Abstriche an der vollen Rente gefallen lassen. Ungestraft darf man höchstens 400 Euro hinzuverdienen (Stand: 2009). Ist die Arbeit ein-träglicher, so wird die volle Rente in eine Teil-Rente umgewandelt. Je nach Arbeitseinkommen werden dann nur ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der vollen Rente ausgezahlt; der Rest verfällt. Hier die groben Ein-kommensgrenzen, bei denen Hinzuverdienst die Rente nicht schmälert.

SO VIEL DÜRFEN TEIL-RENTNER DAZUVERDIENEN1

Rentenhöhe Maximum für Durch-

schnittsverdiener West2

Maximum für Durchschnitts-

verdiener Ost2

Volle Rente bis 400 bis 400

2/3-Rente 917 806

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Lücken der gesetzlichen Pflegeversicherung 163

½-Rente 1.372 1.206

1/3-Rente 1.826 1.606

1 Grenzen gelten nur bis zum 65. Geburtstag (künftig 67); danach kann

unbeschränkt hinzuverdient werden 2 brutto bei Durchschnitt von 2.450 Euro Monats-Bruttoeinkommen (Ost: 2.050

Euro)

Datenquelle: DRV Bund

Ab 65 Jahren können Altersrentner unbegrenzt hinzuverdienen und be-kommen doch immer die volle Altersrente. Das Thema Teilrente ist dann ein für alle mal vom Tisch. Das Gesamteinkommen ist wie bei Arbeitneh-mern zu versteuern.

Lücken der gesetzlichen PflegeversicherungLücken der gesetzlichen PflegeversicherungLücken der gesetzlichen PflegeversicherungLücken der gesetzlichen Pflegeversicherung

Das elementare Lebensrisiko „Pflegefall“ wird gern ausgeblendet, da es nicht planbar ist. Immerhin gibt es seit 1995 die gesetzliche Pflegeversi-cherung. Die ist aber allenfalls eine Grundabsicherung. Das Geld reicht keineswegs für Rundum-Pflege. Selbst in Pflegestufe III entspricht das Geld nur einem Stundensatz von knapp zehn Euro. Tatsächlich kosten Fachkräfte heute mindestens 30 Euro pro Stunde. Die gesetzlich bereitge-stellte Summe reicht damit nur ein Drittel des Monats – quasi eine Teil-kasko-Absicherung, Tendenz fallend.

Die Folgen kann sich jeder leicht ausmalen, denn im Pflegefall muss ein Betrag von ungefähr 3.000 Euro monatlich zur Verfügung stehen. Reicht das Geld wegen mangelhafter Vorsorge nicht aus, muss privates Vermögen eingesetzt werden, ehe das Sozialamt einspringt. Das Amt hält sich an-schließend aber am Ehepartner oder den Kindern schadlos (Enkel haften nicht!). Den Angehörigen entstehen so schnell Restkosten zwischen knapp 500 Euro (Pflegestufe I) und über 1.600 Euro (Pflegestufe III – ambulant zu Hause) pro Monat. Hochgerechnet auf die durchschnittliche Pflegezeit von acht Jahren müssen Familien also bis zu 146.000 Euro aufbringen.

Page 165: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

164 Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall abgesichert

Pflegebedürftige Rentner haben Anspruch auf Grundsicherung vom Sozi-alamt, sofern eigenes Einkommen und Vermögen sowie Vermögen und von Verwandten in gerader Linie nicht bestritten werden kann. Dieser An-spruch platzt nur in zwei Ausnahmefällen:

wenn das Einkommen der Eltern oder Kinder jährlich höher liegt als 100.000 Euro,

wenn die Bedürftigkeit in den letzten zehn Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde, das ist beispielsweise bei großzü-gigen Schenkungen der Fall.

Allerdings wird nicht das komplette Vermögen und Einkommen angerech-net. Verschont bleiben Schwerbeschädigtenrenten, Kinder- und Erzie-hungsgeld, Jahreseinkommen bis 100.000 Euro von Unterhaltsverpflichte-ten (Kinder; Eltern) sowie Geldbeträge bis 2.600 Euro (Single) bzw. bis zu 3.214 Euro bei Ehepaaren und eheähnlichen Partnerschaften.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber Eltern und umgekehrt ist widersprüchlich. Einer-seits „darf die Unterhaltsverpflichtung eines Kindes niemals so weit gehen, dass der selbst erarbeitete Status bedroht ist“ (Az.: XII ZR 266/99). Ande-rerseits bittet der BGH erwachsene Kinder doch verschärft zur Kasse, wenn sie ausreichend versorgt sind (Az.: XII ZR 224/00).

ANGEMESSENER UNTERHALT FÜR ANGEHÖRIGE IM PFLEGEFALL

Kinder müssen für den pflegebedürftigen Elternteil selbst nicht verarmen, son-

dern brauchen den „eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer an-

gemessenen Altersvorsorge nicht zu gefährden“, so der BGH mit Urteil vom 30.

August 2006 (Az.: XII ZR 98/04).

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Finanzielle Fallen für Angehörige 165

Finanzielle Fallen für AngehörigeFinanzielle Fallen für AngehörigeFinanzielle Fallen für AngehörigeFinanzielle Fallen für Angehörige

Wenn der Partner oder die Kinder die Pflege nicht allein bewältigen, so springt die gesetzliche Pflegeversicherung ein: Es wird Hilfe durch eine ambulante Pflegeeinrichtung gewährt, mit der die Krankenasse einen Ver-sorgungsvertrag abgeschlossen hat (Sachleistung). Je nach Bedürftigkeit zahlt die Pflegekasse dafür bis zu 440, 1.040 oder 1.510 Euro im Monat (Stand: 2010).

Falls Ehepartner, Kinder oder Nachbarn selbst die Pflege ausüben, gibt es alternativ je nach Bedürftigkeit Pflegegeld – aber deutlich weniger als bei Sachleistung: nur 225, 430 oder 685 Euro im Monat (Stand: 2010).

AUFPASSEN BEIM PFLEGEGELD

So schön es ist, dass Pflegegeld für den aufopferungsvollen Einsatz sowie auch

eine Urlaubsvertretung bezahlt wird, kostenlos Pflegekurse organisiert und ge-

ringe Ansprüche für die eigene Altersrente aufgebaut werden, so müssen die

Pflegenden doch höllisch aufpassen, um das sauer verdiente Pflegegeld nicht

gleich wieder zu verlieren.

Zunächst droht das Finanzamt mit Einkommensteuer. Steuerfrei ist das Pflegegeld nur, wenn der Pflegefall das Geld an solche ehrenamtlichen Pfleger weiterreicht, die Familienangehörige sind oder ihm gegenüber eine sittliche Verpflichtung erfüllen. Damit droht Nachbarn, entfernten Ver-wandten oder engen Freunden, die Pflege leisten, die Besteuerung. In die-sen Fällen am besten Hände weg vom Pflegegeld; der Betroffene sollte lie-ber die Sachleistung aus der Pflegeversicherung wählen.

Auch wenn Tochter oder Sohn die Pflege eines Elternteils übernehmen und dafür Pflegegeld annehmen, kann dies ein teurer Fehler sein. Denn wer selbst Arbeitslosengeld I (ALG I) bezieht, bei dem wird das Pflegegeld zumeist angerechnet. Unterm Strich bleibt kein einziger Euro mehr als oh-ne Pflegegeld im Portemonnaie. Im Extremfall droht sogar noch die Strei-chung des ALG I. Auch hier am besten die Sachleistung aus der Pflegever-sicherung wählen.

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166 Irrtum Nr. 17: Die Rente ist sicher und der Pflegefall abgesichert

Ärger gibt es oft schon mit der Pflegeeinstufung. Widerspruch gegen die Ablehnung des Pflegeantrags lohnt: Wer sich nicht wehrt, muss alle Pfle-geleistungen aus eigener Tasche bezahlen. Knapp 30 Prozent der Fälle werden im ersten Anlauf abgelehnt. Nach Widerspruch und erneuter Be-gutachtung waren letztlich knapp 50 Prozent der Betroffenen erfolgreich und bekamen zumindest Pflegestufe I zuerkannt. Widerspruch muss in-nerhalb eines Monats nach der Ablehnung bei der gesetzlichen bzw. pri-vaten Pflegekasse eingelegt werden .

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen einen abgelehnten Pflegabgelehnten Pflegabgelehnten Pflegabgelehnten Pflegeantrageantrageantrageantrag

WIDERSPRUCH GEGEN ABLEHNUNG EINES PFLEGEANTRAGS

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich Widerspruch gegen die Ablehnung meines Pflegeantrages ein,

der mir am .......... zugegangen ist. Wie schon im Antrag begründet kann ich fol-

gende Verrichtungen des täglichen Lebens nicht mehr ohne fremde Hilfe bewäl-

tigen:

Ernährung

Körperpflege

Bewegung (Mobilität)

hauswirtschaftliche Versorgung

Sonstiges ……………………………………………………………

Bitte senden Sie mir so schnell wie möglich eine Durchschrift des Gutachtens

zu, um genau zu erfahren, warum der Antrag abgelehnt wurde. Wenn ich das

Gutachten erhalten habe, werde ich den Widerspruch gegebenenfalls noch aus-

führlich begründen. Dann werde ich auch nach Rücksprache mit meinem Haus-

arzt oder anderen behandelnden Ärzten medizinische Unterlagen zur Verfügung

stellen, die den Pflegebedarf belegen können.

Page 168: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

167

Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der ScheidungScheidungScheidungScheidung

Scheiden tut weh, weiß der Volksmund. Wenn sich Mann und Frau bei Trennung aber völlig zerstreiten, freuen sich nur die Anwälte. Finanziell kommen beide im Extremfall kaum noch auf die Beine. An ein gutes Le-ben nach der Scheidung ist dann auf Jahre hinaus nicht zu denken.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Trotz Emanzipation scheinen etliche Ehefrauen immer noch die klassische Versorgerehe vor Augen zu haben, wenn sie heiraten. Daran knüpft sich die Erwartung, dass sie auch im Falle einer Trennung lebenslang versorgt sind, ohne selbst arbeiten zu müssen. Die Rechtsprechung räumt nur ganz langsam mit dieser Anspruchshaltung auf, die den betroffenen Exmann finanziell nicht mehr zur Ruhe kommen lässt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich sogar einmal mit dem Fall zu be-fassen, der den Ehegattenunterhalt über den Tod hinaus betraf. Der Mann hatte nach der Scheidung umgerechnet 250 Euro Unterhalt an seine Ex-frau gezahlt. Seine laufende Rente wurde deswegen noch nicht um die im Versorgungsausgleich übertragenen rund 380 Euro pro Monat gekürzt. Als der Mann schließlich starb, hoffte seine Tochter als Alleinerbin, dass sich die Sache mit dem Unterhalt für die Exehefrau erledigt hat. Doch weit ge-fehlt: Die Tochter sollte ihrer Mutter weiterhin Unterhalt bezahlen. Damit war sie nicht einverstanden und zog vor Gericht – mit Erfolg (Az.: XII ZR 259/01).

Sie gewann in allen Instanzen, aber nur, weil ihre Mutter seit längerer Zeit mit einem neuen Lebenspartner in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenlebt (nach § 1579 Nr. 7 BGB). Hätte sie weiterhin allein gelebt, hätte die Tochter weiterhin Unterhalt zahlen müssen. Laut BGH geht die gesetzliche Unterhaltspflicht unverändert auf den Erben über und wird nur durch den fiktiven Pflichtteil der Mutter beschränkt. Dies hatte der Vater

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168 Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der Scheidung

offenbar so gewollt und lieber Unterhalt gezahlt, als seine Rente durch Versorgungsausgleich schmälern zu lassen. Nach dem Tod wäre norma-lerweise der Versorgungsausgleich erfolgt. Doch im konkreten Fall war der Unterhaltsanspruch ausgeschlossen, weil sich die neue Lebensgemein-schaft der Mutter „verfestigt“ hatte. Ansonsten gilt: Die Unterhaltspflicht kann über den Tod hinaus dauern.

Kosten ohne EndeKosten ohne EndeKosten ohne EndeKosten ohne Ende

Beide Eheleute müssen die Kosten des Scheidungsverfahrens übernehmen, in der Regel jeder zur Hälfte. Ausnahmen: Einer ist vermögend und trägt dementsprechend den Großteil der Kosten, weil der andere nur geringes Einkommen hat. Der Streitwert beträgt das dreifache monatliche Nettoein-kommen beider Ehepartner, mindestens jedoch 2.000 Euro. Vom Streitwert abgeleitet bekommen mindestens ein Anwalt und das Familiengericht ge-setzlich vorgeschriebene Gebührensätze. Das Kostenrecht ist sehr kompli-ziert. So gibt es für Gericht (Gerichtskostengesetz), Anwälte (Bundesge-bührenordnung für Rechtsanwälte – kurz BRAGO) und Notare (Kostenord-nung) gesonderte Gebührenordnungen.

Je größer das Einkommen, desto teurer kommt also die Scheidung. Umge-kehrt: Wer wenig verdient, zum Beispiel ein Arbeitsloser, der sich von ei-ner Hausfrau scheiden lassen will, kommt glimpflich, wenn auch nicht ungeschoren davon.

STREITWERTE BEI DER SCHEIDUNG UND IHREN FOLGEN

Scheidung/Folge Streitwert

Scheidung selbst Dreifaches Nettogehalt des Paares,

mindestens 2.000 Euro

Sorgerecht 750 Euro

Besuchsrecht fürs Kind 750 Euro

Page 170: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Teure Folgen beim Streit 169

Kindesunterhalt ein Jahresbetrag des Unterhalts

Ehegattenunterhalt ein Jahresbetrag des Unterhalts

Zugewinnausgleich voller Betrag des Anspruchs

Versorgungsausgleich Voller Betrag des Anspruchs, mindestens 1.000 Euro

Eheliche Wohnung eine Jahres-Nettokaltmiete

Hausrat Zeitwert des Inventars

Immobilien aktueller Verkehrswert

Die Erstberatung bei einem Rechtsanwalt kostet mindestens 180 Euro plus 19 Prozent Mehrwertsteuer.

Teure Folgen beim StreitTeure Folgen beim StreitTeure Folgen beim StreitTeure Folgen beim Streit

Die Höhe der Kosten hängt vor allem vom Einvernehmen des scheidungs-willigen Paares ab. Bei gutem Einvernehmen genügt ein Rechtsanwalt – der ist für die Scheidungsklage vorgeschrieben. Bei Streit über die Schei-dung an sich und die Folgeregelungen wie Sorgerecht und Unterhalt muss jeder einen Anwalt bezahlen. Zum Scheidungsverfahren kommt es auf je-den Fall. Da werden Gerichtsgebühren fällig. Je mehr der Richter zu ent-scheiden hat, desto höher sind die Gebühren.

EINVERNEHMEN SPART GELD

Bei gutem Einvernehmen kann ein Notar alle Folgeregelungen, die das Ehepaar

vorher schon entschieden hat, beurkunden. Das kostet nicht einmal ein Zehntel

dessen, was sonst vor Gericht beurteilt werden muss.

Page 171: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

170 Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der Scheidung

Ein Scheidungsantrag kann nämlich von nur einem Anwalt gestellt wer-den. Daraus folgt, dass zumindest derjenige einen Anwalt braucht, der den Antrag stellen will. Der andere braucht nur dann einen Anwalt, wenn er selber auch Anträge stellen möchte, etwa zum Versorgungsausgleich, zum Sorgerecht, zum Unterhalt oder zum Zugewinnausgleich.

Bei einverständlicher Scheidung gehen die Eheleute daher oft so vor, dass nur einer der Ehegatten einen Anwalt nimmt, und der andere ohne Anwalt dem Scheidungsantrag zustimmt. Es muss aber darauf hingewiesen wer-den, dass der Anwalt in einem solchen Fall nicht der Anwalt beider Ehe-gatten ist, sondern einzig und allein des Antragstellers. Er darf auch nur dessen Interessen vertreten. Befürchtet der andere, dass seine Interessen zu kurz kommen, sollte er einen eigenen Anwalt beauftragen. In einem sol-chen Fall kann es aber genügen, wenn er sich von einem anderen Anwalt lediglich beraten lässt. Das ist billiger, als einen eigenen Anwalt für das Scheidungsverfahren zu beauftragen.

Beim Streit wird es dagegen schnell teuer. Davon haben letztlich weder der ärmere Ehegatte noch die Kinder etwas, weil zunächst viel Geld für Gericht und Anwälte aufgewendet werden muss. Mitunter kostet selbst die Scheidung normal verdienender Familien somit ein kleines Vermögen.

SO VIEL KOSTET EINE NORMALE SCHEIDUNG

Die Eheleute verdienen zusammen monatlich netto 3.200 Euro. Sie haben ein

Kind. Der Versorgungsausgleich ist durchzuführen, jeder hat Ansprüche auf ge-

setzliche Rentenversicherung.

Man rechnet: 3.200 Euro minus 250 Euro pro Kind = 2.950 Euro x 3 = 8.850 Eu-

ro. Hinzu kommt das Eigenheim im Wert von 200.000 Euro, das voll als Streit-

wert zu Buche schlägt. Macht neben dem Versorgungsausgleich von mindestens

1.000 Euro zusammen 209.850 Euro Streitwert.

Dies bedeutet nicht, dass die Prozesskosten bei 209.850 Euro liegen! Das ist nur ein theoretischer Betrag, mit dem die tatsächlichen Kosten dann ausgerechnet werden. Im Beispiel sind das ohne die Immobilie 362 Euro Gerichtskosten und 1.360 Euro Anwaltsgebühren. Durch das Haus wird es allerdings enorm teuer: Insgesamt sind so weit über 5.000 Euro fällig.

Page 172: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Häufig lebenslange Ansprüche 171

Häufig lebenslange AnsprücheHäufig lebenslange AnsprücheHäufig lebenslange AnsprücheHäufig lebenslange Ansprüche

Die finanzielle Auseinandersetzung um Unterhalt, Zugewinn und Alters-vorsorge kann das ganze restliche Leben andauern und einen finanziellen Neuanfang mächtig erschweren. Beispiel Zugewinn: Der Partner, der wäh-rend der Ehe mehr Vermögen aufgebaut hat, muss die Hälfte der Differenz zum Vermögenszuwachs des anderen abgeben. Typische Zugewinne sind Sparkonten, Immobilien, Autos, Lebensversicherungen und Firmenanteile.

Vor allem aus dem Versorgungsausgleich ergeben sich nahezu immer le-benslange Konsequenzen. Denn die Versorgungsansprüche werden eben-falls halbiert – nach neuem Recht seit September 2009 sogar sofort zum Zeitpunkt der Scheidung. Die Konsequenzen sind weitreichend.

SO WIRD DIE BETRIEBSRENTE GETEILT

Bestehende Betriebsrenten-Verträge müssen zum Scheidungstermin aufgeteilt

werden. In der Regel erhält zum Beispiel die Ehefrau einen eigenen Anspruch

beim Versorgungsträger des Gatten, obwohl sie selbst gar nicht im Betrieb ar-

beitet (interne Teilung). Der Mann erhält also lebenslang nur etwa die Hälfte der

ursprünglich erhofften Betriebsrente. Bei relativ geringen Ansprüchen für die

Ehefrau – derzeit höchstens 50,40 Euro Monatsrente – könnte die Pensionskasse

des Mannes die Exfrau abfinden und das Geld auf Wunsch der Frau an einen

anderen Versorgungsträger überweisen, etwa in eine bestehende Riester-Rente

oder einen neuen Betriebsrenten-Vertrag (externe Teilung). Falls die Frau keine

konkreten Angaben macht, auf welchen neuen Vertrag der Einmalbeitrag aus

dem Versorgungsausgleich übertragen werden soll, landet das Geld auf Anwei-

sung des Familiengerichtes automatisch bei der Versorgungsausgleichskasse

(VAUSK) der Versicherungswirtschaft. Das Geld verzinst sich dort bis zum Beginn

der Rente; weitere Einzahlungen sind der Frau nicht erlaubt.

Sehr langwierige Ansprüche ergeben sich auch durch den Unterhalt für Kinder und gegebenenfalls den Expartner. Ein Manager etwa dürfte sehr lange sehr viel Geld zahlen müssen, wenn seine Ex weiterhin Hausfrau ist – zumindest so lange, wie sie keine angemessene Erwerbstätigkeit findet. Allerdings wird dieser sogenannte Aufstockungsunterhalt künftig zeitlich

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172 Irrtum Nr. 18: Gut leben nach der Scheidung

stärker befristet als früher, hat der BGH am 14. November 2007 entschie-den (Az.: XII ZR 16/07). Die Chance für den Zahler ist damit gestiegen, nicht mehr für jeden „ehebedingten Nachteil“ dauerhaft zahlen zu müssen.

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen lanMusterbrief: So wehren Sie sich gegen lanMusterbrief: So wehren Sie sich gegen lanMusterbrief: So wehren Sie sich gegen langen gen gen gen nachehelichen Unterhaltnachehelichen Unterhaltnachehelichen Unterhaltnachehelichen Unterhalt

ANTRAG AUF HERABSETZUNG DES UNTERHALTS

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Exfrau … hatte mit Scheidungsurteil vom … einen monatlichen Unterhalt

von … Euro zugesprochen bekommen. Inzwischen hat der BGH jedoch die Maß-

stäbe für Aufstockungsunterhalt durch ehebedingte Nachteile präzisiert. Da-

nach soll das eigene Lebensniveau meiner Exfrau ohne Berücksichtigung der

Ehe zunehmend der Maßstab sein und der Unterhaltsanspruch zeitlich befristet

werden (Az.: XII ZR 16/07).

Ich beantrage, den Unterhalt, ab … auf … Euro herabzusetzen und ab… ganz

einzustellen. Begründung: Meine Exfrau könnte durch angemessene Erwerbstä-

tigkeit durchaus ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, zumal ich für unser

gemeinsames Kind den Unterhalt in Höhe von … Euro pro Monat bis zum Ende

der Ausbildung … bestreite.

Die ehebedingten Nachteile meiner Exehefrau halten sich also in Grenzen. 2008

hat der BGH zudem entschieden, dass die Nachteile konkret belegt werden

müssen, um trotz Berufstätigkeit weiterhin Aufstockungsunterhalt bekommen

zu können. Dieser Beleg fehlt hier. In jedem Fall könnte meine Exfrau ab… von

ihren eigenen Einkünften leben. Sie kann nämlich im „vorehelich“ ausgeübten

Beruf eine Vollzeittätigkeit verrichten. Damit entfällt laut BGH der Anspruch

auf Aufstockungsunterhalt (BGH; Az.: 12/ZR 15/05).

Mit freundlichen Grüßen

Page 174: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

173

Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei kassierensteuerfrei kassierensteuerfrei kassierensteuerfrei kassieren

Bei jeder größeren Erbschaft oder Schenkung sitzt das Finanzamt mit am Tisch. Der Notar informiert den Fiskus und der lässt sich nicht lange bit-ten, sondern schickt alsbald einen Bescheid über die Erbschaftsteuer. Die kann Erben sogar in der Existenz bedrohen, obwohl sie eigentlich mit dem Erbe auf finanzielle Entlastung gehofft hatten.

Ein besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser FallEin besonders krasser Fall

Als sein Vater im Sommer 1995 gestorben war, machte der Sohn bei der Lebensgefährtin, die als Alleinerbin eingesetzt war, seine Pflichtteilsan-sprüche geltend. Zunächst konnte er sich jedoch nicht mit der Frau eini-gen. Daher beauftragte er einen Anwalt, der am 13. Dezember 1995 den Pflichtteil geltend machte und innerhalb konkreter Fristen Auskünfte ver-langte, um den fälligen Geldbetrag ermitteln zu können. Der Streit zog sich drei weitere Jahre hin – erst 1998 einigte man sich auf 400.000 DM Pflichtteilszahlung, die 1999 überwiesen wurde.

Der Sohn staunte nicht schlecht, als das Finanzamt bereits für 1995 die Erbschaftsteuer auf den Pflichtteil festsetzte. Das ärgerte ihn mächtig. Zum einen hatte er sein Erbe noch gar nicht erhalten; zum anderen wurden kurze Zeit später die Freibeträge für das Erbe von Kindern drastisch er-höht. Von 90.000 DM 1995 auf 400.000 DM ab 1996, die in Euro umge-rechnet bis 2008 galten (205.000 Euro). Seit 2009 sind es 400.000 Euro.

Als das Finanzamt nicht einlenkte, zog der Sohn vor Gericht – vergeblich. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied mit Urteil vom 19. Juli 2006: Auch wenn der Pflichtteilsanspruch noch nicht genau beziffert werden kann, entsteht die Erbschaftsteuer bereits in dem Jahr, in dem der Pflichtteil gel-tend gemacht wurde (Az.: II R 1/05). Durch Einschaltung eines Anwaltes habe der Sohn den Anspruch ernsthaft geltend gemacht. Daher sei dem Finanzamt gar nichts anderes übrig geblieben, als die Steuer für den Zeit-

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174 Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei kassieren

raum 1995 zu erheben und demnach nur 90.000 DM Freibetrag zu berück-sichtigen.

Damit hatte der Mann Pech und musste letztlich 11.095 Euro Erbschaft-steuer bezahlen. Hätte er den Anwalt nur drei Wochen später beauftragt, hätte der wegen des höheren Freibetrages ab 1996 den gesamten Pflicht-teil steuerfrei kassiert. Dabei ließ es die obersten Steuerrichter völlig kalt, dass seinerzeit nicht einmal klar war, wie viel Pflichtteil überhaupt zu-sammenkommt, und der Sohn einen Anwalt beauftragt hatte, um dies erst einmal zu ermitteln. Als Erwerb von Todes wegen gilt laut BFH bereits der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. BGB). Die Steuer dafür entsteht „mit dem Zeitpunkt der Geltendma-chung des Anspruchs“ – selbst wenn kein Geld geflossen ist und noch nicht klar ist, wie viel Geld überhaupt fließen wird.

Mehr Steuerlast seit 2009Mehr Steuerlast seit 2009Mehr Steuerlast seit 2009Mehr Steuerlast seit 2009

Das Finanzamt erhebt Steuern auf Erbschaft bei Tod und auf Schenkung bei vorgezogenem Erbe zu Lebzeiten. Die Höhe ist in beiden Fällen im Prinzip gleich. Sie richtet sich nicht nur nach der Höhe des Vermögens, sondern auch nach der Erbschaftsteuerklasse, die wiederum vom Ver-wandtschaftsgrad abhängt. Mit der Reform der Erbschaftsteuer gelten seit 1. Januar 2009 neue Werte.

STEUERKLASSEN BEI ERBE UND SCHENKUNG

Steuerklasse Wer?

I Ehegatte, Kinder und Stiefkinder, Enkel und

Urenkel, Eltern und Großeltern

II Geschwister, Neffen und Nichten, Stiefeltern, Schwieger-

kinder, Schwiegereltern, geschiedener Ehepartner

III Alle übrigen Erben, auch Lebenspartner

Page 176: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Mehr Steuerlast seit 2009 175

Für die einzelnen Steuerklassen ergeben sich in Abhängigkeit von der Hö-he der Erbschaft bzw. Schenkung Steuersätze zwischen sieben bis 50 Pro-zent, wobei auch innerhalb derselben Steuerklasse erhebliche Unterschiede bei den Freibeträgen gemacht werden.

ERBSCHAFTSTEUERSÄTZE

Steuer (Prozent) fällig in Klasse bei Vermögen bis … Euro

I II III

75.000 (52.000) 7 15 (12) 30 (17)

300.000 (256.000) 11 20 (17) 30 (23)

600.000 (512.000) 15 25 (22) 30 (29)

6 Mio. (5,11 Mio.) 19 30 (27) 30 (35)

13 Mio. (12,78 Mio.) 23 35 (32) 50 (41)

26 Mio. (25,56 Mio.) 27 40 (37) 50 (47)

darüber 30 43 (40) 50 (50)

() alte Regelung bis 31.12.2008

Es gibt jedoch Freibeträge für nahe Angehörige, sodass Ehepartner und Kinder in aller Regel von der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer verschont bleiben. Grundsätzlich gilt: Je näher die Verwandtschaft, desto geringer sind die Steuersätze.

SO VIEL IST STEUERFREI1

Wer? Allgemeiner

Freibetrag (Euro)

Ehepartner, eingetragene Lebenspartner 500.000

Kind je 400.000

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176 Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei kassieren

SO VIEL IST STEUERFREI1

Wer? Allgemeiner

Freibetrag (Euro)

Enkel je 200.000

Übrige der Steuerklasse I: Urenkel, Eltern und

Großeltern

100.000

Alle in Steuerklasse II: Geschwister, Neffen,

Nichten, Schwiegereltern

20.000

Alle in Steuerklasse III: übrige Erben, auch

„unverheiratete“ Lebenspartner

20.000

1 bei Schenkung alle zehn Jahre erneut in voller Höhe

In der günstigsten Steuerklasse I fallen die Freibeträge und zu versteuern-den Werte seit 2009 deutlich günstiger aus. Unterm Strich bleibt auch das selbst bewohnte Eigenheim steuerfrei – bei Kindern nur bis 200 Quadrat-meter Wohnfläche und sofortiger Selbstnutzung für mindestens zehn Jah-re.

Neben den genannten Freibeträgen gibt es für Erben weitere Freibeträge, darunter sogenannte Versorgungs-Freibeträge – insbesondere für die Wit-we (256.000 Euro) und die Kinder (je nach Alter zwischen 10.300 und 52.000 Euro).

Renten fast nie vererbbarRenten fast nie vererbbarRenten fast nie vererbbarRenten fast nie vererbbar

Die gesetzliche Rentenkasse zahlt auch Witwen- und Waisenrente, aller-dings Witwenrente nur an Ehepartner und eingetragene Lebenspartner. Die Rente an sich kann also gar nicht vererbt werden, aber ein Teil geht auf den lebenden Ehepartner über. Entweder werden 60 Prozent (die „große" Witwenrente) oder nur 25 Prozent (die „kleine" Witwenrente) gezahlt.

Page 178: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Renten fast nie vererbbar 177

GROßE UND KLEINE WITWENRENTE

Große Witwenrente Kleine Witwenrente

Witwe/Witwer ist mindestens 45 Jahre alt oder

selbst berufs-/erwerbsunfähig oder

hat mindestens ein Kind unter 18 zu erziehen

(bei behindertem Kind auch darüber hinaus)

alle anderen Witwen/

Witwer

Inzwischen wurde die große Witwenrente gekürzt, und zwar für seit 2002 neu geschlossene Ehen sowie für Ehen, in denen beide Partner jünger als 40 Jahre sind. Statt 60 Prozent der Rentenansprüche des Verstorbenen gibt es noch 55 Prozent. Die kleine Witwenrente bleibt bei 25 Prozent, wird aber für manche befristet: Ist die Witwe jünger als 45, nicht berufstätig (und nicht erwerbsgemindert) und ohne Kind unter 18, wird die Witwen-rente auf zwei Jahre begrenzt.

ONLINE-TIPP ZUR WITWENRENTE

Details können Sie der Broschüre „Renten an Hinterbliebene sichern die Exis-

tenz“ entnehmen, die immer wieder aktualisiert und kostenlos abgegeben wird.

Sie kann auch per Internet bestellt oder direkt heruntergeladen werden:

www.drv-bund.de.

Für Riester-, Basis- und Betriebsrenten gelten spezielle Regeln bei der Ver-erbung. Riester-Verträge etwa können zwar vererbt werden, in vielen Fäl-len verlangt der Staat dann aber die Zulagen und steuerlichen Vorteile zu-rück („schädliche Verwendung“); dann wird auch Erbschaftsteuer fällig.

Page 179: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

178 Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei kassieren

SO BLEIBT DIE RIESTER-RENTE FREI VON ERBSCHAFTSTEUER

Bei Ehepaaren darf die Witwe bzw. der Witwer die Zulagen und Steuervorteile

behalten – falls das Vermögen auf einen eigenen Riester-Vertrag übertragen

wird. Dieser Vertrag darf sogar erst anlässlich des Erbes abgeschlossen werden.

Ob Witwe bzw. Witwer selbst überhaupt förderberechtigt waren, spielt im Erb-

fall keine Rolle.

Je nach Riester-Produkt gibt es im Erbfall jedoch Unterschiede.

WENN DER RIESTER-RENTTNER IN DER AUSZAHLUNGSPHASE STIRBT

Riester-Produkt Konsequenz im Erbfall

Banksparplan Erbe erhält den vorhandenen Restbetrag aus dem Spar-

plan. Stirbt der Sparer erst ab 85, ist Vererben nicht

mehr möglich.

Fondssparplan Analog zu Riester-Banksparplan. Besonderheit bei Tod in

der Ansparphase: Die Beitragsgarantie gilt erst zum Aus-

zahlungsbeginn (ab 60). Bei früherem Tod kann das

Riester-Erbe weniger wert sein als die Summe aller

eingezahlten Beiträge.

Renten-

versicherung

Vererben ist von Beginn der ersten Rentenzahlung nicht

mehr möglich. Ausnahme: Man vereinbart von vornher-

ein eine Rentengarantiezeit über meist fünf Jahre oder

eine Hinterbliebenen-Zusatzversicherung.

Wohn-Riester Ehepartner darf die mit Riester finanzierte Wohnung

erben und weiternutzen, muss ggf. die ratenweise nach-

gelagerte Besteuerung des Verstorbenen weiterzahlen.

Die Basisrente ist grundsätzlich nicht vererbbar. Das heißt: Die Leistung fällt im Todesfall an die Versichertengemeinschaft. Zum Schutz von An-gehörigen empfehlen sich ähnlich wie bei Riester-Policen Rentengarantie-zeiten oder Abschluss des Vertragsbausteins „Hinterbliebenenrente“.

Page 180: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Wer enterbt werden kann und was es mit dem Pflichtteil auf sich hat 179

Bei Betriebsrenten gilt: Weder die eingezahlten Beiträge noch die Steuer-vergünstigungen sind vererbbar. Zur Absicherung der engsten Angehöri-gen sind jedoch Verträge mit Hinterbliebenenschutz möglich. Ansprüche dürfen dann nur sehr engen Grenzen des Einkommensteuergesetzes an Ehepartner, Lebenspartner und Kinder ausgezahlt werden.

SO WIRD BETRIEBSRENTE VERERBT

Angehöriger Höhe1

Ehepartner voll

Fehlt Ehepartner: Leistung geht an Kinder, solange Anspruch

auf Kindergeld besteht. Meist ist mit 25 Schluss.

voll

Fehlen Ehepartner und Kind: Leistung geht an Lebenspartner,

falls in der Firma Name, Geburtsdatum und Adresse hinterlegt

waren.

voll

Fehlen Angehörige: Erbe erhält Sterbegeld. bis 8.000

Euro

1 abzüglich Erbschaftsteuer

Wer enterbt werden kann und was es mit dem Wer enterbt werden kann und was es mit dem Wer enterbt werden kann und was es mit dem Wer enterbt werden kann und was es mit dem Pflichtteil auf sich hatPflichtteil auf sich hatPflichtteil auf sich hatPflichtteil auf sich hat

Familienangehörige können in aller Regel nicht enterbt werden. Die ge-setzliche Erbfolge sichert ihnen den sogenannten Pflichtteil zu, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils umfasst, und zwar für den Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner, Kinder und – falls keine mehr leben – die Eltern.

In Falle eines anders lautenden Testaments können diese Angehörigen also immer ihren Pflichtteil verlangen. Dafür sind drei Jahre Zeit, nachdem man vom „Erbfall“ erfahren hat. Ein gänzliches Enterben, etwa von un-

Page 181: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

180 Irrtum Nr. 19: Beim Erbe viel und steuerfrei kassieren

liebsamen Kindern, ist nicht möglich. Einzige Ausnahme: Der Betreffende hat sich „erbunwürdig“ verhalten. Dies ist der Fall, wenn er dem Verstor-benen oder dessen nahen Angehörigen nach dem Leben getrachtet oder getötet hat bzw. eine schwere Straftat gegenüber diesem Personenkreis begeht, ihm zu Lebzeiten gesetzliche Unterhalsansprüche böswillig vorent-halten hat, ihn durch Drohung, körperliche Misshandlung oder Arglist da-zu gebracht hat, ein Testament zu seinen Gunsten aufzusetzen, eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung vorliegt und es dem „Erblasser“ zudem unzumutbar ist, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen.

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen EnterbungMusterbrief: So wehren Sie sich gegen EnterbungMusterbrief: So wehren Sie sich gegen EnterbungMusterbrief: So wehren Sie sich gegen Enterbung

GELDTENDMACHUNG DES PFLICHTTEILSANSPRUCHS

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Vater ist am … verstorben. Wie ich jetzt erfahren habe, hat er mich in sei-

nem Testament enterbt und verfügt, mir auch den Pflichtteil zu entziehen. Das

ist rechtlich nicht erlaubt. Daher mache ich hiermit ausdrücklich alle Ansprüche

geltend.

Vorsorglich verweise ich darauf, dass kein einziger im Gesetz aufgeführter Ent-

ziehungsgrund vorliegt (nach §§ 2333 bis 2335 BGB). Bekanntlich reichen fami-

liäres Zerwürfnis oder Entfremdung als Gründe nicht aus. Auch eine Einschrän-

kung des Pflichtteils aus diesen beiden Gründen ist nicht akzeptabel, zumal ich

meinen Lebensunterhalt solide selbst bestreite, also weder zur Verschwendung

neige noch überschuldet bin.

Übermitteln Sie mir bis spätestens zum … 2010 eine Aufstellung mit dem Ge-

samtumfang des Erbes, damit ich den Pflichtteil ermitteln kann.

Mit freundlichen Grüßen

Page 182: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

181

Irrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommenIrrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommenIrrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommenIrrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommen

Seit dem Siegeszug des Internets haben viele Nutzer den Eindruck, Infor-mation kostenlos zu bekommen. Das Gegenteil ist aber häufig der Fall: Man zahlt vielfach drauf (siehe Irrtum Nr. 15 auf Seite 143 ff.). Doch nicht nur der Online-Nepp grassiert, sondern die Geiz-ist-geil-Mentalität bei der Suche nach seriöser Information führt zu teuren Fehlern. Davon zeugen zum Teil unsinnige Antworten auf solchen Seiten wie www.gutefrage.net oder www.wer-weiß-was.de. Die Qualität erfolgt sehr häufig auf Stamm-tischniveau.

Ein besondEin besondEin besondEin besonders krasser Fallers krasser Fallers krasser Fallers krasser Fall

Da fragt ein gewisser „Peter“ im Internet nach kostenlosem Rechtsrat. Sein Problem: Er hat bei einem Onlineauktionshaus ein Objektiv ersteigert, aber letztlich ein minderwertigeres als das bestellte erhalten. Nach einigem Hin und her gelang zwar der Umtausch, aber Peter blieb auf 20 Euro Versand-kosten sitzen – ein Drittel des Kaufpreises. Nun weiß er nicht weiter. Statt im Internet im BGB nachzuschlagen, startet er die übliche Anfrage an den „Sender Jerewan“ und drückt auf die Tränendrüse. „Ich bin noch Student und habe kein Geld für einen Anwalt“, gefolgt von der Frage: „Könnte mir jemand mit ein paar Paragraphen aushelfen, damit ich mein Geld schnellstmöglich bekomme?“

Entsprechend sehen dann die Gratis-Hinweise der anderen Nutzer aus. Ihre Ratschläge reichen von „Falls du BAföG bekommst, gehst du mit dem Be-scheid zum Amtsgericht und beantragst Prozesskostenhilfe und kannst dir damit Rechtsschutz leisten“ bis zu „Der Verkäufer hat definitiv arglistig getäuscht, hat seinen Fehler durch den Umtausch faktisch zugegeben und muss so die Kosten tragen, wenn man ihm eine Frist setzt“.

Abgesehen davon, dass der BAföG-Tipp allenfalls zu Beratungshilfe ge-führt hätte, ist er viel zu umständlich. Die Argumentation mit der arglisti-gen Täuschung ist absurd, da Peter dies nicht beweisen kann und sein Problem auch nicht gelöst wird. Er könnte nun unter weiteren zig Tipps

Page 183: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

182 Irrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommen

auswählen. Und müsste würfeln, welche halbgare Idee er weiterverfolgen soll. Allenfalls der Hinweis einer Internetnutzerin, dass „das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen im BGB § 312d und die Rechtsfolgen im BGB § 357 fixiert“ sind, könnte Peter auf die richtige Spur führen. Denn: Ihm hätten bei einer Bestellung bis zu 40 Euro Wert die Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden können, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht (§ 357 BGB). Da beides nicht zutrifft, muss der Verkäufer das Porto zahlen. Tut er es nicht, sollte Peter sich an die Verbraucherzentrale wenden. Die hilft ihm preisgünstig, wenn auch nicht kostenlos.

Ob Peter aber ausgerechnet dieser Information vertraut? Wir wissen es nicht, fürchten aber das Schlimmste. Bei Peter sind nur maximal 20 Euro im Feuer. Das geht nicht an die Existenz. Was aber, wenn es um finanziell heikle und teure Fragen geht, wie: Was ist bei einer Bürgschaft zu beach-ten? Was ist, wenn ich ein Schreiben vom Gericht ignoriere, in dem ich über ein Mahnverfahren gegen mich informiert werde?

Verbraucherzentrale mit steigenden GebührenVerbraucherzentrale mit steigenden GebührenVerbraucherzentrale mit steigenden GebührenVerbraucherzentrale mit steigenden Gebühren

In vielen Bereichen des Alltags können Verbraucherberatungsstellen der unabhängigen Verbraucherzentrale, die es in jedem Bundesland gibt, hel-fen. Bundesweit sind es rund 200 – eine davon ist sicher auch in Ihrer Nä-he. Dort kann man sich mit Hilfe geschulter Juristen eine Lösung für prak-tisch jedes Konsumentenproblem holen. So werden eine Vielzahl von Re-klamationen bearbeitet und auf dieser Grundlage zahlreiche Informati-onsmaterialien erstellt. Die Beratung kann sich beziehen auf:

Empfehlungen zu allgemeinen Fragen, etwa „Wie lege ich mein Geld an?" oder

Hilfe bei konkreten Problemen, etwa „Ich habe mein Geld der Firma … anvertraut, die jetzt Konkurs angemeldet hat. Wie kann ich wenigstens einen Teil des Ersparten retten?".

Das heißt: Gegen Entgelt von häufig 15 Euro bieten Juristen Verbrauchern ihre Hilfe bei konkreten Problemen an.

Page 184: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Verbraucherzentrale mit steigenden Gebühren 183

HIER FINDEN SIE IHRE VERBRAUCHERBERATUNGSSTELLE

Die Internetseite www.vzbv.de bietet Ihnen die Möglichkeit, direkt die Verbrau-

cherberatungsstelle vor Ort zu finden. Rufen Sie unbedingt vorher an und ver-

einbaren Sie einen Termin.

Allerdings müssen sich die Verbraucherzentralen wegen gekürzter Zu-schüsse aus den Landeshaushalten immer stärker selbst finanzieren, was nicht ohne Auswirkung auf die Preise für die Beratung bleibt. Während manche Dienstleistungen wie z.B. Pflegeberatung, Energieberatung oder Schuldnerberatung zumeist noch gratis zu haben sind, gehen andere Leis-tungen inzwischen richtig ins Geld. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen etwa verlangt für die 90minütige Altersvorsorgeberatung satte 150 Euro, für die gleich lange Beratung zur Baufinanzierung 160 Euro und für jede Geldanlageberatung 100 Euro, Tendenz steigend. Damit ist man auf gutem Wege zu den Preisen für Rechtsanwälte, wo die Erstbera-tung rund 180 Euro kostet.

HAFTUNG NOCH NICHT KLAR GEREGELT

Leider reden sich Verbraucherschützer beim Thema Haftung für den abgegebe-

nen Rat gern heraus. Man berate, vermittele aber keine konkreten Produkte.

Man biete satzungsgemäß gar keine gewerblichen Beratungsdienstleistungen

an, komme so mit den allgemeinen Haftungregeln aus und benötige keine Ver-

mögensschaden-Haftpflichtversicherung. Für den Sachkundenachweis genüge

neben der „in aller Regel entsprechenden Hochschul- und Ausbildungsqualifika-

tionen eine kontinuierliche Schulung“. Bei Falschberatung ist der Verbraucher

womöglich angeschmiert.

Page 185: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

184 Irrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommen

Anwälte und was sie kostenAnwälte und was sie kostenAnwälte und was sie kostenAnwälte und was sie kosten

Falsche Beratung ist leider kein Einzelfall. Viele Verbraucher können ihre Ansprüche allerdings nicht durchsetzen, weil Beweise für eine falsche Be-ratung fehlen. Ein spezialisierter Anwalt berechnet zwar häufig 180 Euro Erstberatungsgebühr, kann aber als einziger wirklich der Bank, dem Versi-cherer, Vermieter, dem Einzelhändler oder anderen Unternehmen oder Be-hörden bei teurem Streit Paroli bieten.

HIER FINDEN SIE EINEN GUTEN ANWALT

Die Internetseite www.anwaltauskunft.de nennt Ihnen die Namen von bis zu

drei Anwälten in Ihrer Nähe, die im gewünschten Spezialgebiet zu Hause sind.

Organisiert wird diese Dienstleistung, die auch per Telefon 0 18 05/18 18 05

nahezu kostenlos geboten wird, von der Deutschen Anwalt-Auskunft, hinter der

der Deutsche Anwaltverein steht.

Preisgünstige Alternative: Verbraucher wenden sich mit einer für Kunden kostenlosen Beschwerde an einen Schlichter – auch Ombudsmann genannt (siehe Seite 189).

Andere Alternative: Wer Fachleute zu dem Rechtsproblem, das Sie gerade beschäftigt, in seinem Bekanntenkreis hat, kann frohlocken: Im Familien- und Freundeskreis ist kostenloser Rechtsrat immer uneingeschränkt er-laubt – allerdings nicht vor Gericht. So verfügt es das Rechtsdienstleis-tungsgesetz, das seit August 2008 in Kraft ist. Zuvor war Rechtsberatung ausschließlich Rechtsanwälten gestattet. Verbraucher dürfen seitdem auch mit ihrem Rechtsanwalt das Honorar aushandeln, es zum Beispiel an den Ausgang des Rechtsstreits knüpfen (Erfolgshonorar). Das Gesetz erlaubt auch anderen Berufsgruppen die Rechtsberatung als Nebentätigkeit ihrer Arbeit, solange kein Gericht eingeschaltet wird. So dürfen Architekten auch zum Baurecht beraten. Banken, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer können auch Testamentsvollstreckung, Firmennachfolgeplanung oder För-dermittelberatung betreiben.

Page 186: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Abzocker unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes 185

Abzocker unter dem Deckmantel des Abzocker unter dem Deckmantel des Abzocker unter dem Deckmantel des Abzocker unter dem Deckmantel des VerbraucherschutzesVerbraucherschutzesVerbraucherschutzesVerbraucherschutzes

Leider ist die Verwendung des Begriffes Verbraucherschutz nicht als Wa-renzeichen geschützt, sodass ihn zunächst auch mancher, der damit gar nichts im Sinn hat, im Munde und auch im Firmennamen führen kann. Denn unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes lassen sich prächtig miese Geschäfte machen – auch, weil Kunden mitunter gegenüber Ange-boten von einem „Verbraucherschutzbund" oder einer „Verbraucher Inte-ressenvereinigung" eher den kritischen Blick verlieren als wenn ein Unter-nehmen XY daherkommt.

Um schwarze Schafe erkennen zu können, hilft nur eines: Information, vor allem über die Tricks der Schwindler. Es gibt praktisch kein Gebiet, auf dem windige Geschäftemacher nicht zu finden wären, wenn sie nur eine Chance wittern, den schnellen Euro ohne seriöse Gegenleistung zu bekommen.

NICHT GEGEN VORKASSE

In Zeitungsannoncen bieten dubiose Firmen tolle Jobs an; nähere Informationen

gibt es aber nur gegen Bezahlung von meist 50 bis 200 Euro im Voraus. Hinter-

her werden Anschriften von Firmen, die willkürlich aus Telefonbüchern abge-

schrieben sind, zugeschickt. Die betreffenden Firmen benötigen in Wirklichkeit

kaum Personal. Merke: Verlangt jemand Vorkasse, vergessen Sie das Angebot.

Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung informiert Auslands-Job-Sucher kosten-

los über aktuelle Angebote (www.ba-auslandsvermittlung.de).

Inzwischen wimmelt es auch im Internet von falschen Helfern. Rufen Sie im Zweifel bei der örtlichen Verbraucherzentrale an und informieren Sie sich.

Page 187: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

186 Irrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommen

Wirklich preiswerte HilfeWirklich preiswerte HilfeWirklich preiswerte HilfeWirklich preiswerte Hilfe

Es gibt viele außergerichtliche Lösungen ohne Anwalt, die entweder kos-tenlos oder kostengünstig zu haben sind. Bevorteilt sind zumeist Mitglie-der von Verbänden bzw. Vereinen in ausgewählten Gebieten. Drei Beispie-le:

Gewerkschaft: Sie garantiert Mitgliedern Rechtsschutz bei Streitigkei-ten mit dem Arbeitgeber und unterstützt Arbeitnehmer vorwiegend durch kostenlose Rechtsvertretung vor dem Arbeitsgericht, zumeist bei Kündigungsschutzklagen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.dgb.de/service/rechtsschutz/rechtsschutz.htm/.

Mieterverein: Der örtliche Mieterverein vertritt Mieter bei Streitigkei-ten mit dem Vermieter, setzt sich für bezahlbare Mieten ein, stellt Ver-mieterwillkür an den Pranger und informiert ständig über aktuelle Entwicklungen rund ums Wohnen. Der Einzelne (Mitgliedsbeitrag rund 40 Euro im Jahr) kann persönliche Hilfe und Rechtsberatung erwarten bei Mieterhöhung, Kündigung, Abwehr unberechtigter An-sprüche des Vermieters und bei Anträgen auf staatliches Wohngeld. Vor Gericht werden Mieter in solchen Fällen kostenlos von Ver-tragsanwälten des Vereins vertreten. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.mieterbund.de.

Lohnsteuerhilfeverein: Er hilft Arbeitnehmern in allen Steuerangele-genheiten, insbesondere aber bei der Jahressteuerveranlagung. Die Mitgliedschaft (kostet im Schnitt 110 Euro Jahresbeitrag) steht nur Arbeitnehmern und Rentnern offen, die neben Lohn, Gehalt oder Rente kaum Nebeneinkünfte haben. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.bdl-online.de.

Verbraucher können sich zudem mit einer kostenlosen Beschwerde an ei-nen Schlichter wenden – auch Ombudsmann genannt Den gibt es bei Banken, Versicherern und Bausparkassen, aber auch bei Händlern, Herstel-lern (www.dihk.de) und Handwerkern (www.zdh.de) – siehe auch Adressen auf Seite 189. Das Verfahren ist sehr kostengünstig. Gefällt das Ergebnis nicht, können Sie hinterher immer noch klagen – im Gegensatz zum Un-ternehmen, das an den Schiedsspruch gebunden ist.

Page 188: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

Wirklich preiswerte Hilfe 187

SO ARBEITET EINEN BANKEN-SCHLICHTER

Das Wort des Ombudsmannes ist für die Bank bis zum Streitwert von 5.000 Euro

verbindlich; der Sparer kann jedoch später noch gegen die Bank klagen, falls er

sich nicht gerecht behandelt fühlt. Für den verärgerten Kunden genügt ein

formloses Schreiben, um den Ombudsmann zu aktivieren und so eine kulante

Regelung herbeizuführen. Der Schlichter holt eine Stellungnahme der Bank ein,

wägt die Argumente ab und fällt seinen Schiedsspruch. Er ist jedoch nicht für

Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken zuständig. Bei denen gibt es eigene

Abteilungen zur Schlichtung.

Von den Schlichtungsstellen ist das Schiedsgericht zu unterscheiden. Wer ein Schiedsgericht in Anspruch nimmt, kann nicht mehr vor einem or-dentlichen Gericht klagen. Das Urteil ist bindend. In der Regel trägt jeder seine eigenen Kosten.

Noch ein Wort zur Rente: Zur gesetzlichen Altersvorsorge, Riester-Rente, Kuren und Pflege beraten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung kostenlos und individuell, auch über die Beratungsstellen und die soge-nannten Versicherten-Ältesten. Das klappt im Internet (www.deutsche-rentenversicherung-bund.de) oder per kostenlosem Anruf bei der Service-Hotline (08 00/10 00 48 00). Die Experten helfen auch beim Ausfüllen von Anträgen.

Zur Klage raten Anwälte Verbrauchern oft nur, wenn das Prozesskostenri-siko überschaubar ist. Maßstab: Der Verbraucher ist im Besitz einer Rechtsschutzversicherung, und die übernimmt für das Verfahren auch die Kosten. Die Versicherung schützt also vor Rechtskosten, wenn man gegen andere einen Schadensersatzanspruch durchsetzen will. Sie ist vor allem eine Kostenversicherung. Die Leistungen werden nach Prüfung der Zweck-mäßigkeit (Erfolgsaussicht) durch alle Instanzen gewährt, und zwar jeweils bis zur Höhe der vereinbarten Deckungssumme. Kein Schutz: bei Bauvor-haben, Familienstreit, Scheidung, Erbsachen, Enteignung, Geldstrafen und vorsätzlich verursachten Schäden.

Page 189: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

188 Irrtum Nr. 20: Preiswert Recht bekommen

Musterbrief: So wehren Sie sich gegen falschen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen falschen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen falschen Musterbrief: So wehren Sie sich gegen falschen RechtsratRechtsratRechtsratRechtsrat

SCHADENSERSATZ WEGEN FALSCHER BERATUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

am … hatte ich in Ihrer Kanzlei einer Termin zur Rechtsberatung in Sachen ….

Sie hatten mir geraten, mich juristisch zur Wehr zu setzen. Ich übertrug Ihnen

daraufhin das Mandat. Leider haben Sie die Frist versäumt, Klage einzureichen.

Daher kann ich nicht wie ursprünglich geplant meine Interessen vor Gericht

weiterverfolgen. Den Schaden von … Euro mache ich hiermit ausdrücklich Ihnen

persönlich gegenüber geltend.

Überweisen Sie den offenen Betrag bis spätestens zum … 2010 auf mein be-

kanntes Girokonto. Eine Aufstellung meiner Forderungen lag Ihnen ja schon für

das Gericht vor. Vorsorglich verweise ich darauf, dass ich einen Rechtsanwalt

einschalte, wenn das Geld nicht zum Termin eingegangen ist. Im Zweifel werde

ich die Rechtsanwaltskammer einschalten.

Mit freundlichen Grüßen

Page 190: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

189

AdressenAdressenAdressenAdressen

Aus der Vielzahl wichtiger, interessanter und seriöser Adressen zum Thema „Irrtümer zu Geld“ hier eine kleine Auswahl für den Leser.

Unabhängige Beratung

Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Markgrafenstraße 66, 10969 Berlin, Tel: 030/25 80 0-0; www.vzbv.de

Deutsche Rentenversicherung Bund, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin, Tel: 030/86 5-1; www.deutsche-rentenversicherung-bund.de

Deutscher Anwaltverein (DAV), Littenstraße 11, 10179 Berlin, Tel: 030/72 61 52–0; www.anwaltverein.de

Schlichtung bei Streit mit Anbietern

Versicherer:

Versicherungs-Ombudsmann, Postfach 06 08 32, 10006 Berlin, Tel.: 01804/22 44 24; www.versicherungsombudsmann.de

Private Banken:

Bundesverband deutscher Banken, Ombudsmann, Postfach 04 03 07, 10062 Berlin, Tel.: 030/16 63–0, www.bankenverband/ombudsmann

Sparkassen:

Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Ombudsmann, Charlottenstr. 47, 10117 Berlin, Tel.: 030/20 22 5-15 10; www.dsgv.de; [email protected]

Page 191: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

190 Adressen

Volks- und Raiffeisenbanken:

Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, Ombudsmann, Postfach 30 92 63, 10760 Berlin, Tel.: 030/20 21-0; www.bvr.de

Hypothekenbanken:

Verband der Hypothekenbanken, Kundenbeschwerdestelle, Postfach 08 05 54, 10005 Berlin, Tel.: 030/20 91 51 00; www.hypverband.de

Rechtsanwälte:

Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), Ombudsstelle, Littenstraße 9, 10179 Berlin, Tel.: 030/28 49 39–0; www.brak.de

Anwaltssuche

Deutsche Anwalt-Auskunft (Deutscher Anwaltverein), Tel: 01805/18 18 05 (0,14 /min.); www.anwaltauskunft.de

Anwaltssuchdienst,

Tel. 0800/34 56 00 0 (kostenlos); www.anwaltssuchdienst.de

Page 192: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

191

StichwortveStichwortveStichwortveStichwortverrrrzeichnis zeichnis zeichnis zeichnis

Abfindung bei Kündigung 75 Abgeltungsteuer 17 Abmahnung 71 f. Aktienfonds 25 Änderungskündigung 71 Arbeitslosengeld I, II 153 Arzneimittelhaftung 117 Autokostenstatistik 49 BaFin 30 BAföG 156 Ballonfinanzierung 53 f. Bankgebühren 21 Bankpleiten in Deutschland 27 Baufinanzierung 138 Bausparvertrag 34 Beratungspflichten 17 Beratungsprotokoll 16 Betriebskosten 61 Betriebskostenabrechnung 61 Betriebsrente 31 Bildungskredit 156 Dienstleistungsvertrag 132 Dokumentationspflichten 17 Eigenbedarf 63 Einlagensicherungsfonds 28 Einspruch gegen Steuer-

bescheid 124 Entschädigungseinrichtung

deutscher Banken 29 Erbschaftsteuer 174 Fahrtkosten 109 Falschberatung 13

Festpreis 106 Finanzierung 53 Fitnessvertrag 135 Garantie des Herstellers 41 Gebrauchtwagen 51 f. Gefährliche Klauseln 60 Geldanlage 13 Grauer Kapitalmarkt 35 Grundsicherung 160 Handwerkerrechnung 109 Hypothekendarlehen 138 Insolvenz - des Arbeitgebers 31 - des Betriebsrenten-

Anbieters 31 Insolvenz des Versicherers 30 Investmentfonds 33 Kapital-Lebensversicherung 95 Kaufvertrag 130 Kettenarbeitsvertrag 68 Klage gegen Arzt 115 Kleinreparatur 59 Kostenübernahme durch

Versicherungsträger 113 Kreditvermittler 102 Kreditverwertung 97 Kündigung der Wohnung 63 Kunstfehler 115 Leasing 53 Listenpreis 50 Mängel bei neuen Sachen 40 f. Mieterhöhung 58

Page 193: Detlef Pohl - Geld - Die 20 teuersten Irrtümer

192 Stichwortverzeichnis

Mietkaution 65 Mietspiegel 59 Mindestentschädigung,

gesetzliche 28 Modernisierung der

Wohnung 62 Nebenkosten 61 Notdienst 107 Ombudsmann 31 Online-Banking 36 ff. Online-Einkauf 42 f. Online-Shop 145 Patientenberatungsstelle 115 f. Pensions-Sicherungs-Verein 32 Pflegefall 163 Pflegeversicherung 163 Pflichtteil 179 Praxisgebühr 113 Privathaftpflicht-

versicherung 92 Privatunterricht 135 Protektor AG 30 Provisionen 15 Rabattprogramme 50 Reiserücktrittskosten-

versicherung 79 Reklamationsfrist 41 Renteninformation 160 Riester-Rente 19 Riester-Zertifikat 19 Rückgaberecht 45 Rücklage für Instandhaltung 142 Schadenregulierung 91 Schadensersatz 15

Scheidungsverfahren 168 Schönheitsoperation 117 Schönheitsreparatur 60 Schuldnerberatung 102 f. Sicherheit der Geldanlage 22 Sicherungsfonds 30 Sonderkonditionen 53 Sozialplan 75 f. Steuererklärung 122 f. Steuerprüfer 127 Stiftung Warentest 37 Stornierungsgebühr 79 Streitschlichtung für Reisen 78 Streitwert bei Scheidung 163 Telefonwerbung 43 f. Tele-Shopping 42 f. Überstunden 71 Umtausch von Geschenken 45 f. Urlaubsärger 81 Verbindliche Auskunft 123 Verbraucherinsolvenz 103 Verbraucherrechte 149 Verbraucherzentrale 182 Verjährungsfristen 16 Versandhandel 42 f. Versicherungsmakler 91 Versteigerung 45 Vorfälligkeitsentschädigung 142 Wechsel des Stromanbieters 135 Werbeanrufe 43 Zahlungspflicht trotz

Einspruchs 124 Zugverspätung 132