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Deutsche Rechtlautung 1. Existenzformen der Sprache: Literatursprache und Mundarten. 3 Gruppen von Dialekten. Konsonantismus der Mundarten: ik, maken, dat, appel, pund (Norddeutsch) ich, machen, das, Apfel, Pfund (Mittel- und Oberdeutsch) Hören Sie die Texte und analysieren Sie die Aussprache (“Dreimal Deutsch”). 2. Zur Geschichte der Entstehung der Standartaussprache. “Deutsche Hochlautung”. Theodor Siebs “Deutsche Hochsprache- Bühnenaussprache”. 1964 “ Wörterbuch der deutschen Aussprache” Hochlautung reine gemäßigte sagen <za:gэn> < za:gn> mischen < miэn> < mi n> 3. Zum Begriff der Umgangssprache. 4. Artikulationsbasis a) Artikulationsspannung b) Lippentätigkeit c) Öffnungsgrad d) Zungenlage e) Gaumensegelfunktion f) Kehlkopfstand 5. Vergleich der deutschen Artikulationsbasis mit der russischen Artikulationsbasis.

Deutsche Phonetik

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Aussprache, Lautbildung

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Page 1: Deutsche Phonetik

Deutsche Rechtlautung

1. Existenzformen der Sprache: Literatursprache und Mundarten. 3 Gruppen von Dialekten. Konsonantismus der Mundarten: ik, maken, dat, appel, pund (Norddeutsch) ich, machen, das, Apfel, Pfund (Mittel- und Oberdeutsch)Hören Sie die Texte und analysieren Sie die Aussprache (“Dreimal Deutsch”).2. Zur Geschichte der Entstehung der Standartaussprache. “Deutsche Hochlautung”. Theodor Siebs “Deutsche Hochsprache- Bühnenaussprache”. 1964 “ Wörterbuch der deutschen Aussprache” Hochlautung

reine gemäßigte sagen <za:gэn> < za:gn> mischen < mi∫эn> < mi∫n>3. Zum Begriff der Umgangssprache.4. Artikulationsbasis

a) Artikulationsspannungb) Lippentätigkeitc) Öffnungsgradd) Zungenlagee) Gaumensegelfunktionf) Kehlkopfstand

5. Vergleich der deutschen Artikulationsbasis mit der russischen Artikulationsbasis.

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Deutsche Rechtlautung

Die deutsche Sprache besteht außer der Literatursprache (Hochsprache) aus mehreren Dialekten, die in bestimmten Regionen gesprochen, verstanden und selten geschrieben werden. Deutsche Dialekte bilden drei große Gruppen: Niederdeutsch (im Norden), Mitteldeutsch (Mitteldeutschland), Oberdeutsch (Süden). Mitteldeutsch und Oberdeutsch haben viele gemeisame Züge, deshalb werden diese Sprachen als Hochdeutsch bezeichnet. Hochdeutsch-Dialekte und Literaturspr. Dialektgruppen unterscheiden sich durch ihre Aussprache, z.B. durch Konsonantismus (Beispiele).

Bis zum Jahre 1871(?) war die dialektale Zersplitterung so stark, so dass die Leute, die verschiedene Dialekte sprachen, konnten einander schlecht verstehen.

Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts – Industrialisierung Deutschlands. Die Auswanderung großer Volksmassen in die Städte. Das Land hatte eine normative, allgemein verständliche Aussprache nötig. Die Notwendigkeit einer Regelung der Aussprache (Festlegung der orthoetischen Form). Die Grundlage für die kodifizierte Aussprache bildet gewöhnlich der Dialekt des administratieven, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrums., dessen Autorität von allen anerkannt ist ( Frankreich- Pariser Dialekt; Rußland- Moskauer). In Deutschland fehlte so ein Zentrum.

Wo fand sich in Deutschland eine allgemein göltige Ausspracheweise? Die wurde auf dem Theater gepflegt. Damals entstand in deutschen Theatern eine Aussprachtradition, die frei von Dialektismen war. Als Ende des 19. Jahrhunderts das Problem der Ausspracheregelungen besonders aktuell wurde, befaßten sich auch viele Wissenschaftler damit: Theodor Siebs, Karl Luick usw. Der erste Versuch, die normative deutsche Aussprache aufzustellen, die als deutsche Hochlautung bezeichnet wurde und die in dem von Siebs 1898 herausgegebenen Buch “Deutsche Bühnenaussprache” begründet und beschrieben wurde.

Aber Österreich, die Schweiz und auch der Süden Deutschlands übernahmen die Aussprachenregeln von Siebs nur in modifizierter Form. Die Aussprache weist hier auch bis heute bestimmte Sonderformen auf, so dass man von Varianten der deutschen Standartaussprache sprechen muss. Die Standartaussprache unterscheidet sich von ihren Varianten in folgenden Punkten:

-während in Phonetik beschriebene Standartaussprache fuer das R in den besonderen Positionen vor Vokal ein Reibe-R hat, entspricht ihren Varianten meistens ein gerolltes R, vor allem ein Zungenspitzen-Laut.

-die Phonetik gibt für die Endung –ig die Aussprache (iç) mit Reibelaut an, die Varianten sind jedoch durch die Aussprache (ik) gekennzeichnet.

-auch die Dauer der Vokale weicht ab. Kurze Vokale werden nach den Regeln der Varianten unter bestimmten Bedingungen gedehnt.

-auffällig ist die Aussprache von vielen Fremdwörtern. Nicht nur die Wortakzentuierung, sondern auch das Ersetzen der fremden Laute wird teilweise behandhabt.

Diese Unterschiede sind zumeist durch die phonetischen Besonderheiten derjenigen Dialekte begründet, die sich im Süden des deutschen Sprachgebiets entwickelt hatten. Insgesamt sind die deutschen Dialekte im Schwinden begriffen. Dies gilt für den Norden der Bundesrepublik. Die überwiegende Mehrzahl der Sprachbenutzer gebraucht heute Lexik und Syntax der Literatursprache. Phonetisch sind die Dialekte nach wie vor lebendig.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Aussprachenorm rediviert. Als Grundlage dafür wurde die Sprache des Hör- und Fernsehfunks gewählt. Die auf dieser Grundlage ausgearbeitete Norm wurde als Standartaussprache genannt und dann in verschiedenen Aussprachewörterbüchern fixiert. Unter dem Begriff “Hochlautung” versteht man jetzt die Idealnorm der Aussprache. Man unterschedet reine Hochlautung und gemaßigte Hochlautung (?). Man nennt die auch ein voller und ein reduzierter Stil. Dabei gibt es 2 Grundformen:

-die Aussprache beim Sprechen vorgefertigter Texte (Schauspielen, Vorlesen)-die Aussprache beim freien Sprechen (spontane Äußerungen)Für beibe Grundformen gelten die Regeln der Standartaussprache. Der Muttersprachler

bewertet vorgelesene Nachrichten als standartgemäß, wenn insgesamt korrekt artikuliert wird

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und nur wenig Lautangleichungen oder Lautschwächungen auftreten. Die gleiche Aussprache im Gespräch erscheint ihm aber übertrieben. Hier erwartet er insbesondere bei den Formwörtern (Pronomen, Artikel) stärkere Lautveränderung. Er akzeptiert selbst das Wegfallen einzelner Laute und die Verringerung der Silbenzahl (haben - [ham]).

Die Phonetik stellt deshalb die Standartsprache so dar, wie sie im freien Sprechen gebraucht wird. Es werden solche phonetische Formen vorgeführt, wie sie einerseits beim Vorlesen und anderseits bei erregtem, schnellerem Sprechen auftreten.

In diesem Sinne ist die gemäßigte Hochlautung mit der Standartaussprache im Prinzip identisch.

Die Umgangssprache ist die sprachliche Realität und wird als Ausgleischprodukt zwischen Mundart und Literatursprache bezeichnet. Die Umgangssprache weist keine ausgeprägt dialektalen Eigenarten auf; sie läßt jedoch ihre dialektale Grundlage erkennen. Die Aussprache, sowie die Intonation wurzeln in Dialekt und nähern sich der Norm der Literatursprache.

Obwohl die anatomische Struktur des Sprechapparates bei allen Menschen gleich ist, hat jede Sprache ihr besonderes Lautbild. Die Gesamtheit aller für die Sprache charakteristischen Bewegungen und Stellungen der aktiven Sprechorgane nennt man Artikulationsbasis. Jede Sprache hat in ihrer Artikulationsbasis gewisse Besonderheiten, die sich auf Artikukationsspannung, Lippentätigkeit, Gaumensegelfunktion und Kehkkopfstand beziehen.a) Die deutsche Artukulationsspannung äußert sich im festen Einsatz der anlautenden Vokalen

und in hoher Intensität der stimmlosen frikativen und explosiven Konsonanten, wobei die stimmlosen Verschlusslaute von starker Behauchung gebildet werden.

b) Aktive Lippentätigkeit. Bei der Bildung der deutschen Vokale – die Lippen von den Vorderzähnen abgehoben und verlängert.

c) Öffnungsweite. Im Deutschen - starke Senkung des Unterkiefers bei der Bildung der offenen Vokale.

d) Zungenlage. Der vordere Zungenrand bei Vokalen und bei Konsonanten hält den lockeren Kontakt zu den unteren Schneidezähnen.

e) Die Gaumensegelfunktion (Grad der Hebung). Von verschiedenen Lauten abhängig. Bei den Nasalen und bei den nasalierten Vokalen (Fremdwörter) ist Gaumensegel gesenkt.

Welche Unterschiede hat die russische Artikulationsbasis von der deutschen?Besonderheiten der deutschen Artikulationsbasis: stärkere Muskelspannung, ausgeatmter Luftstrom - intensiver; die Lippen – Tendez zur runden, ovalen Einstellung, mehr oder weniger vorgestülpt (im rus. kaum vorgestülpt).

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Der Sprechapparat1. Abbildungen erläutern und die Sprechorgane bestimmen.

Die Sprachlauten entstehen im Sprechapparat. Dazu gehören Atmungssystem (Lungen, Bronchien, Luftröhre), der Kehlkopf (a) und das Ansatzrohr (b). Das Ansatzrohr hat 3 Hohlräumen (einen Mundraum (c), einen Rachenraum (d), eine Nasenhöhle (e)). Im Ansatzrohr befinden sich die meisten Sprechorgane: die Zunge (f) - Vorder-, Mittel - und Hinterzunge. die beiden Lippen (g) [labia]: die Untelippe, die Oberlippe die Zähne (h) [dentes]: die unteren und die oberen Vorderzähne (Schneidezähne), Backenzähne der Zahndamm (i) [alveole]: die oberen und die unteren Alveolen der harte Gaumen (j) [palatum durum]; der weiche Gaumen (k) [velum palati] das Zäpfchen (l) [uvula]; das Zäpfchen mit weichem Gaumen nennt man Gaumensegel die Stimmbänder (m) befinden sich im KehlkopfAktive Organe: Unterlippe, die Zunge, das GaumensegelPassive: die Zähne, der HartgaumenBeschränkt beweglich: Oberlippe

2. Artikulation von Sprachlauten. Die Bestandteile der Sprachlaute (Stimmton und Geräusch) entstehen durch die Zusammenarbeit von Sprechorgane. Der Stimmton entsteht im Kehlkopf, wenn sich die beiden Stimmbänder spannen und sich einander nähern. Dabei wird die Öffnung zwischen ihnen ganz eng (Glottis) - голосовая щель Stimmritze. Die Stimmbänder vibrieren, schwingen. Der Ton hat bestimmte Frenquenz (Anzahl der Schwingungen pro Sekunde) und die entsprechende Höhe.Das Geräusch entsteht im Ansatzrohr, wenn dort ein Hindernis für die entweichende Luft entsteht. Ein Hindernis entsteht infolge der Zusammenwirkung eines beweglichen Sprechorgans mit einem unbeweglichen. Dabei kann sich das aktive Organ dem passiven nur nähern, so dass dazwischen eine Enge entsteht, oder das aktive Organ berührt das passive, so dass Ansatzrohr ganz verschlossen ist. Diese Art von Hindernis nennt man Verschluß.

3. Einleitung der Sprachlaute nach Ihrem Bestand.Die Sprachlaute, die nur aus Stimmton bestehen sind die Vokale. Die anderen Sprachlaute haben in ihrem Bestandteil als obligatorisches oder sogar einziges Element Geräusch. Solche Laute nennt man Konsonanten. Die Konsonanten, die überwiegend aus Geräusch bestehen, nennt man Geräuschlaute. Die werden den Sonanten entgegengestellt, weil sie überwiegend Stimmton haben. Die Geräuschlaute lassen sich in zwei Gruppen einteilen: stimmlose Konsonanten und stimmhafte Konsonanten. Stimmlose bestehen nur aus Gerausch, stimmhafte haben in ihrem Bestand auch Stimmton.

Zum Begriff der Phoneme, Laute, Grapheme

Diese Begriffe sind zu verschiedenen Bereichen zuzuordnen. Die Lehre von Phonemen heißt Phonematik oder Phonologie. Die Lehre von Lauten heißt Phonetik. Wenn imWort RAT A durch O ersetzt wird, entsteht ein neues Wort. Man kann sagen, dass der Unterschied zwischen A und O wortunterscheidend wirkt. Phoneme sind kleinste bedeutungsunterscheidende Spracheinheiten. Sie haben die Funktion die Bedeutung von Wörtern zu unterscheden, d.h. sie wirken distinktiv. Für die Unterscheidung der Vokalphoneme wirken die Dauer, die Beteiligung der Lippen und die Hebung der Zunge (1. Stil und still; 2. Kiste und Küste; 3. leben und loben).

Für die Unterscheidung der Konsonantenphoneme wirken die Spannung der Zunge und die Schwingungen der Stimmbänder (leider und Leiter; fein und Wein). Allophone sind die Varianten eines Phonems, z.B. den deutschen r-Laut spricht man entweder als Zungenspitzen – r (im Russischen) oder als Zäpfchen – r. Wenn wir das Wort ROT mit diesen 2 artikulatorisch

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ganz unterschiedlichen Lauten sprechen, [ro:t] und [Ro:t], werden die beiden Varianten identisch empfunden.

Der Laut ist dieRealisation eines Phonems durch den Sprecher. Wodurch unterscheiden sich die Laute und Phoneme? Als Phonem kann man 2 oder mehrere Laute betrachtet werden, die als phonetisches Element agieren und nicht in Opposition stehen (im Russischen sind [л] und [л’] 2 bedeutungsunterscheidende Phoneme (лук и люк); im Deutschen [l], [l’] nur Variante eines Phonems aber 2 verschiedene Laute).

Grapheme sind kleinste bedeutungsunterscheidende Einheiten geschriebener Sprache. Sie werden im Text durch Buchstaben realisiert. Der Buchstabe ist die Darstellung des Phonems in der Schrift. Nicht in allen Wörtern stimmt die Zahl der Laute und Grapheme überein. Manche Grapheme bezeichnen mehrere Laute (Beispiele).

Umgekehrt kann ein Laut durch mehrere Grapheme wiedergegeben werden (Beispiele). Die Grapheme dienen nicht nur zur Bezeichnung eines Lautes, sie übernehmen die Funktion des Hilfzeichens, das auf die Dauer eines Vokals hinweist: Dehnungs- h oder doppelt geschriebene Vokalgrapheme für Laenge, doppelt geschriebene Konsonantengrapheme für die Kürze des Vokals.

Übung: wie viele Laute enthalten folgende Wörter (Name, Gestirn, Bach, Schiff, Ruhe, kommen, schnell, Specht)?

Aber wenn wir mit der Ableitung, Zusammensetzung oder mit dem Fremdwort zu tun haben, wo 2 doppelte Vokalphoneme vorkommen, dann spricht man verschiedene Laute (beenden, Kooperation).

Man unterscheidet Lautgruppen und Graphemgruppen. Einige Graphemgruppen stimmen nicht immer mit Lautgruppen überein und vertreten einen Konsonant (ck [k], ch [ç], [x], dt [t], ng [ŋ], sch [∫]. Einige Graphemgruppen vertreten 2 Konsonanten (tz, ts [ts]; ks, cks, chs [ks]; pf [pf]; qu [kv]; st [st], [∫t], sp [sp], [∫p]).

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Artikulation der Sprachlaute

1. Der Sprechapparat. Passive und Aktive Sprechorgane.2. Artikulation von Sprachlauten. Stimmton (im Kehlkopf - Spannung von Stimmbänder -

Stimmritze) Geräusch (im Ansatzrohr - Hindernis)

Enge Verschluss

3. Einleitung der Sprachlaute nach ihrem Bestand.

Sprachlaute

Vokale Konsonanten

Geräuschlaute Sonanten

stimmlose Konsonanten simmhafte Konsonanten

Zum Begriff der Phoneme, Laute und Grapheme

1. Phonetik und Phonologie. Begriff “Phonem”. Allophone [ro:t] und [Ro:t].Übung: Rand Konsonantenphonem

Vokalphonem 2. Zum Begriff “Laut”, “ Graphem”.

a) v b s

[v] [f] [b] [p] [z] [s] [ ]Aktivist Vater loben Lob Glaeser Glas Stab

b) [o:] [I:] fliehen

Ofen Boot Kohl wir viel ihn

3. Graphemgruppen, Lautgruppen.

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Der deutsche Vokalismus

1. Die Bildung der Vokale. Für jeden Laut sind bestimmte Bewegungen oder Einstellungen von Zunge, Unterkiefer oder Lippen notwendig. Wesentlich für die Bildung der Vokale sind die Schwingungen der Stimmlippen, die Öffnung des Mundraumes, die Tätigkeit des Zungenrückens und die aktive Mitwirkung der Lippen. Es entstehen bei den Vokalen Klänge. Die Vokale besitzen die am wenigsten oder gar nicht behinderte Öffnung des Mundraumens. Daher werden sie als Öffnungslaute genannt. Der Öffnungsgrad ist verschieden ( [a]-großer, [ı] und [u]- am geringsten).

2. Klassifikation der Vokale. Die Vokale lassen sich nach ihrer Quantität und Qualität einteilen. Unter der Qualität eines Vokals versteht man seine Klangfärbung. Unter der Quantität versteht man seine relative Dauer.

Nach der Quantität unterscheidet man lange und kurze Vokale. Die langen: [i: y: e: ε: ø: a: o: u:]. Die kurzen: [ı y ε œ a о υ]. Der Vokal ist lang zu sprechen,

- wenn der Buchstabe für einen akzentuierten Vokal bei Silbentrennung am Silbenende steht (re-den). Dies gilt auch, wenn das Wort mit einem Konsonanten endet, bei Flexion eine offene Silbe entsteht (war, wa-ren). Ausnahmen sind zu beachten, wenn dem Vokalbuchstaben ch, chs, sch, st oder x folgen, z. B. mit Langvokal Ku-chen, Gesprä-che, wu –chsen, Du- sche, trö-sten, pu-sten. Dagegen mit einem Kurzvokal Kü-che, spre-chen, wach-sen, Fi-sche, He-xe, mi-xen.

- wenn für ihn ein Vokalbuchstabe plus Dehnungs-h geschrieben wird: fahren.- wenn ein Doppelbuchstabe geschrieben wird: Meer.- wenn für [i:] der Buchstabe i plus e; i plus eh geschrieben wird: sie, Vieh.- wenn der Vokalbuchstabe für nicht akzentuierten Vokal am Wortende steht: Kino,

Klima- wenn in einsilbegen unveränderbaren Wörtern dem Vokalbuchstaben nur ein

Konsonantenbuchstaben folgt: dem, der, schon, für. Ausnahmen: es, was, mit, an, ab.

Der Vokal ist kurz zu sprechen:- wenn ein folgender Konsonant mit Doppelbuchstaben wiedergegeben wird:

kommen.- wenn dem Vokalbuchstaben innerhalb des Wortstamms 2 oder mehr verschiedene

Konsonantenbuchstaben, ck oder x folgen: links, hel-fen.- wenn in Fremdwörtern der Buchstabe für einen nichtakzentuierten Vokal am

Silbenende steht: Phi-lo-so-phie, Re-pu-blik. Die Vokalqualität hängt von der Lage der Zunge, der Lippen und des

Gaumensegels ab. Besonders wichtig ist auch dabei die Einstellung der Zunge, die sich waagerecht und senkrecht bewegen kann. Die Vertikallage und die Horizontallage der Zunge sind die wichtigsten Grundsätze der Einteilung der Vokale. Nach der Horizontallage unterscheidet man 3 Gruppen: a) vordere Vokale (der vorderen Reihe): [i: ı y: y e: ε: ε ø: œ]; b) mittlere Vokale [a a:]; c) hintere Vokale [u: u o: o]. Nach der Vertikallage der Zunge unterscheidet man auch 3 Gruppen: a) Vokale der hohen Zungenstellung [i: ı y: y u: u] ; b) der mittleren Zungenstellung [e: ε: ε ø: œ o:] ; c) der tiefen Zungenstellung [a a:]. Die langen und die kurzen Vokale unterscheiden sich voneinander dadurch, dass bei den langen Vokalen die Zunge etwas höher gehoben wird als bei den kurzen Vokalen. Außerdem wird bei der Artikulation der kurzen Vokale der Unterkiefer etwas mehr gesenkt als bei der Artikulation der langen Vokale, darum ist der Zahnreienabstand bei kurzen Vokalen grosser. Bei der Artikulation der kurzen Vokale ist die Mundhöhle weniger verengt, sie ist breiter, offener als beider Artikulation der langen Vokale. Darum nennt man die kurzen Vokale offen und die langen geschlossen. Eine Ausnahme bilden die Vokale [ε] und [ε:]. Sie werden etwa gleicher Vertikalzungenstellung gesprochen, die beiden sind offene Vokale, weil sie dem langen [e:] gegenüberstellt werden. Das [ε:] ist der einzige lange offene Vokal, sonst ist die Offenheit des Vokals mit seiner Kürze verbunden ind die Geschlossenheit mit der Länge. Bei der Artikulation der Vokale sind die genauen Bewegungen der Zunge zu beachten (s.74 Tab.10). Ausserdem die Stellung

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des Kiferwinkels wird bei den Vokalen von den umgebenden Lauten stark beeinflusst.Als wesentliche Stellungen des Kieferwinkels genügen weit, eng und mittel (Tab. 11 s.75).

Einteilung der Vokale nach der Lippeneinstellung. Man unterscheidet runde (labialisierte) [y: y ø: œ u: υ o: o] und nichlabialisierte [ i: ı e: ε: ε a: a]. Beim Artikulieren der labialisierten Vokale werden die Lippen gerundet, während die langen Vokale mit energisch vorgestülpten Lippen gesprochen werden. Die Einstellung der Lippen unterstützt die Resonanzwirkung des Mundraumes, die durch die unterschiedliche Gestalt der Mundhöhle hervorrufen wird. Die Lippen warden vorgestülpt, gerundet oder bilden eine ovale Offnung (s.74 Sprecherziehung; Tab.9).

Einteilung der Vokale nach der Lage des Gaumensegels. Man unterscheidet nasale und reine (orale) Vokale. Beim Artikulieren der reinen ist das Gaumensegel gehoben und verschließt den Durchgang in die Nasenhöhle, so dass die Luft nur durch den Mund entweichen kann. Wenn das Gaumensegel gesenkt ist, kann die Luft zum Teil durch die Nasenhöhle entweichen. Dadurch bekommen die Vokale eine besondere nasale Färbung. Nasale werden nur in Fremdwoertern gesprochen (französische Sprache): Bonbon [bõbõ]; Restaurant [rεstoã]. Allerdings können diese Vokale eingedeutscht werden, dann spricht man statt des nasalen Vokals eine Verbindung des entsprechenden Vokals mit dem [ŋ].

Neben den einfachen Vokalen hat das deutsche auch Diphtonge [ae] zwei, Mai; [ao] aus, Frau; [oø] euch, Freude. Diphtonge sind Vokalverbindungen, die innerhalb einer Silbe artikuliert werden. Diphtonge werden gebildet, indem die Zunge, die Lippen und die Kieferöffnung aus der Artikulationseinstellung für den ersten Vokal stufenlos in die für den zweiten Vokal hineingleiten. Dabei ist der erste Vokal etwas stärker ausgeprägt als der zweite. Man bezeichnet solche Diphtonge als fallend.

3. Schwachtoniges (reduziertes) [э].Das [э] kommt nur in unbetonten Endungen, Suffixen, unbetonten Präfixen be- und ge- vor. Bei

der Artikulation dieses Lautes entsteht ein indifferenter (zwischen [œ] und [ε]) Vokal. Eine weitere Reduktion des [э] führt zum völligen Ausfall des Vokals. Nach Forderungen der Standardaussprache fällt das [э] aus:

- Nach Engelauten: mischen [mi∫n], lesen [le:zn]- Nach Affrikaten [pf,ts, t∫]: zapfen [tsapfn], sitzen[zitsn]

[э] wird nicht weggelassen:- nach Sonanten: nehmen [ne:mэn], fahren [fa:rэn]- im Suffix –chen: Mädchen [mεtçэn]- nach Vokalen: sehen [ze:эn], bauen [baoэn]

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Der deutsche Vokalismus

1. Bildung der deutschen Vokale. Die Artikulation.2. Klassifikation der deutschen Vokale.Der Quantität nach der Qualität nach

kurze lange Zungenlage Lippenlage Gaumensegelslage

runde nichtlabial. reine orale

horizontale vertikale

vordrere mittlere hintere

hohe mittlere tiefe

3. Diphtonge. Artikulation.4. Übungen. a) Wo sind die Vokale lang und kurz?Gruppe, nerven, beliebt, Ausflüge, Lehre, Schule, Geschmack, Saal, Zwilling, Brief, Name, spüren, Bilder, achten, zufrieden, kaputt, stören, Fächer, Computer.b) Hören Sie in der ersten Silbe einen langen oder einen kurzen Vokal?1. 4. 7. 10.2. 5. 8.3. 6. 9.c) Welches Wort hören Sie?Aal-All Bett-Beet Kam-Kamm bieten-bittenLüge-Lücke Liebe-Lippe fühlen-füllenStahl-Stall Hüte-Hütte wieder-Widderd) Hören Sie die folgenden Wörter und markieren Sie die langen Vokale.Höhere Löhne Kühle FüsseHöfliche Österreicher Mühsame ÜberstundenGrössere Dörfer SündenböckeFröhliche Töchter Berühmte KünstlerMüde Söhne fünf Übungen

Frühstücksbrötchen

d) Sortieren Sie nach kurzen und langen Vokalen.Ball, Banane, begrüßen, bitten, Boot, dunkel, erzählen, Fall, geben, Höhle, Hölle, ihre, kam, Kasse, Kuh, Kuchen, kühl, küssen, lachen, lassen, Leben, Licht, Lupe, Melone, Messer, Müller, Mütze, nahm, nehmen, niesen, Ofen, Öl, Paar, Puppe, riechen, rot, Rübe, Saal, Schale, See, siegen, singen, Sitz, Sohn, Sonne, Stadt, Straße, Suppe, Tomate, Wasser, Wiese, wissen, wüsste, Zitrone, Zucker.

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f) Hören sie das Gedicht. Worum könnte es hier gehen? Unterstreichen Sie beim Hören alle langen Vokale.

vorn Mitte hintennichtlabial labial

hoch geschlossen i: y: u:offen ı y υ

mittelhoch geschlossen e: ø: o:offen ε: ε œ э o

flach a a:

Ergänzen Sie den vokalischen Viereck.

Page 11: Deutsche Phonetik

Der deutsche Konsonantismus

1. Die Klassifikation der deutschen Konsonanten (nach der Beleiligung der Stimmbaender; Artikulationsart; Artikulationsstelle; der Beteiligung der Nasenhoehle). Explosive (Verschlusslaute), Frikative (Reibelaute), Nasale(Nasallaute), Liquid (Fliesslaut) und Hauchlaut. Fortiskonsonante - mit starker Spannung gebildete Laute; Leniskonsonanten - mit geringer Spannung gebildete Laute.

Klassifikation der konsonanten nach der Artikulationsstelle und der Artikulationsart. Artikulationsstelle 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Explosive fortis p t k

lenis b d g

Frikative fortis f s ∫ ç x

lenis v z 3 j r h

Nasale m n η

Liquide l

2. die verschiedenen Arten von konsonatischem r[r]. Vokalisches R. Übung: Hören Sie und unterstreichen Sie, wo Sie [r] hören. (EM-Hauptkurs; Arbeitsbuch s. 93)

3. die Affrikate [ts], [pf], [t∫]

Page 12: Deutsche Phonetik

Der deutsche Konsonantismus

1. Das deutsche Konsonantensystem umfaßt 3 Paar Explosive (Verschlußlaute), 5 Paar Frikative (Reibelaute), 3 Nasale (Nasallaute), und einen Hauchlaut. Er wird in unsersr Tabelle zu frikativen gezählt. Die Lautpaare bei den Explosiven und den Frikativen kommen durch die Gegenüberstellung von Fortiskonsonanten (mit starker Spannung gesprochen) und Leniskonsonanten (mit geringer Spannung gesprochen) zustande. Der Unterschied zwischen den Lenis - und Fortisexplosiven, Lenis -Fortisfrikativen wird häufig als ein Unterschied zwischen stimmlosen und stimmhaften Konsonanten bezeichnet. An den einzelnen Artikulationsstellen werden durch das jeweils artikulierende Organ folgende Einstellung erzeugt.

die Lippen liegen aufeinander und bilden Verschluss (bilabialer Verschluß). die Unterlippe bildet mit den oberen Schneidezähnen eine Enge (labiodentale Enge) die Vorderzunge bildet an den Schneidezaehnen eine Rinne.( жёлоб) der vordere Zungenrand bildet am Zahndamm der oberen Schneidezaehnen einen Verschluß. der vordere Zungenrand bildet am vorderen Gaumen eine Enge. der mittlere Zungenrücken bildet am vorderen Gaumen eine Enge. der seitliche Zungenrand bildet an den Backenzähnen links oder rechts eine Enge (nicht

abgebildet). der Hinterzunge am hinteren Gaumen bildet einen Verschluß. die Hinterzunge bildet am hinteren Gaumen eine Enge. im Kehlkopf oder im unteren Rachenraum wird eine Enge gebildet.Nach der Artikulationsstelle klassifiziert man die deutschen Konsonanten in Lippenlaute (Zweilippenlaute [labiale]: [p], [b], [m] und Zahnlippenlaute [dentilabiale]: [f], [v], [pf]), Zungenlaute [linguale] (Vorderzungenlaute [linguodentale]: [s], [z], [ts]; [linguoalveolare]: [t], [d], [n], [l]; [postalveolare]: [∫], [3], [t∫]; Mittelzungenlaute [linguopalatale]: [ç], [j]; Hinterzungenlaute [linguovelare]: [k], [g], [ŋ]), Hintergaumenlaute [uvulare]: [x], [r]; Kehlkopflaut [laryngal]: [h].

Nach der Artikulationsart teilt man Konsonanten in 6 Gruppen ein:1) Verschlußlaute (Explosive): [p], [t], [k], [b], [d], [g]2) Engereibelaute (Frikative): [f], [s], [x], [∫], [ç], [h], [v], [z], [3], [j], [r]3) Verschlußengelaute (Afftikaten): [pf], [ts], [t∫]4) Verschlußöffnungslaute (Nasale): [m], [n], [ŋ]5) Seitenlaut (Laterale): [l]Nach der Beteiligung der Nasenhöhle teilt man die Konsonanten in reine und nasale ein. Im deutschen gibt es 3 nasale Konsonanten: [m], [n], [ŋ]. Alle anderen Konsonanten sind oral (rein).Nach der Beteiligung der Stimmbänder teilt man die Konsonanten in stimmhafte [b], [d], [g], [v], [z], [3], [j], [m], [n], [l], [r], [ŋ]. Darunter sind auch sonore Konsonanten zu unterscheiden [m], [n], [ŋ], [l], [r]. Stimmlose Konsonanten sind [p], [t], [k], [f], [s], [∫], [x], [ç], [h], [pf], [ts], [t∫]

2. Der [r] Laut wird vielfach als Schwirrlaut oder als vibrierender Laut beschrieben. In der Standartaussprache ist er jedoch ein Frikativ, ein Reibelaut. Man spricht deshalb auch vom Reibe-R. Nur in den suddeutschen Varianten der Standartaussprache wird ein Schwirrlaut verwendet, und zwar ein gerolltes Zungenspitzen-R (русское) oder ein gerolltes Zäpfchen - R (картавое). Das deutsche R ist weniger intensiv. Bei seiner Artikulation wölbt sich die Hinterzunge zum weichen Gaumen auf

Page 13: Deutsche Phonetik

und bildet daran eine Enge. In verschiedenen Positionen werden diese Laute im Wort nicht gleich gesprochen. Sie können deutlich realisiert oder völlig aufgelöst werden:

nach langen Vokalen in betonten und unbetonten Silben in den unbetonten Vorsilben er, ver, zer, her. in der Endsilbe – er, auch wenn um ein Komposita geht. nach kurzen Vokalen in unbetonten Silben (Antwort, Person)

3. Die Affrikaten sind Verbindungen von einem Verschlußlaut und einem Reibelaut, die an der gleichen Artikulationsstelle und mit denselben Sprechorganen erzeugt werden, wobei der Verschluß ohne Sprengung (взрывание) in eine Enge übergeht. Man nennt sie auch als Verschlußengelaute. Im Deutschen gibt es 3 Affrikaten: [pf], [ts], [t∫]. Im Russischen gibt es Entsprechungen fur [ts] und [t∫], aber im Deutschen sind sie mehr intensiv.

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Modifikation der Sprachlaute im Redestrom

Der Unterschied zwischen den Lenis - und Fortisexplosiven wird häufig als als ein Unterschied zwischen stimmlosen und stimmhaften Konsonanten bezeichnet. Dies entspricht nicht den Aussprachengewohnheiten in der Standardaussprache. Die Stimmhaftigkeit ist von der Lautumgebung abhängig, sie ist kein ständiges Merkmal der entsprechenden Explosive und Frikative. Die Leniskonsonanten werden stimmlos gesprochen, wenn eine Pause oder ein stimmloser Konsonant vorausgeht. Lediglich die Lenisfrikative sind nach der Pause stimmhaft. Volle Stimmhaftigkeit ist bei den angeführten Konsonanten nur vorhanden, wenn stimmhafte Konsonanten vorausgehen. In diesem Fall sprechen wir über die Modifikation der Sprachlaute im Redestrom.

1. Die Auslautverhärtung. Unter Auslautverhärtung versteht man die Realisierung von Graphemen b, d, g, v, s im finalen Bereich einer graphischen Silbe als stimmlose Fortis [p, t, k, f, s]. Das geschieht in einer Reihe unflektierberer Woerter und festliedender Formen:

b als [p] ab, hinab, ob d als [t] bald, Hand g als [k] weg, Tag v als [f] passiv, Motiv s als [s] was, bis

Das Graphem s wird in flektierbaren Wörtern als [s] artikuliert:Finalsegment das, Haus, EisPluralmorphem Parks, AutosIm Superlativ schönsteAls Fugen-s VolkspolizeiIn der Folge st der Verben der 2. Person Sg. arbeitestVon Praposition und Artikel aufsDie Auslautverhärtung von b, d, g, v, s, wird nicht realisiert, wenn sie in der graphischen Silbe initial auftreten (der Stab – die Stäbe; der Tag – die Tage).2. Assimilation. Beim Aufeinandertreffen von konsonanten an einer silbengrenze finden unter

bestimmten Bedingungen Angleichungen statt, weil ihnen einige gleiche Artikulationsstellungen eigen werden. Solche gegenseitige Beeinflußung wird angleichung oder Assimilation genannt. Nach der Wirkungsrichtung unterscheidet man progressive und regressive Assimilation. Bei der progressiven Assimilation wirkt der vorangehende laut auf den folgenden. Solche Angleichung erfolgt, wenn das finale Segment, das als stimmlose Fortis zu sprechen ist, vor einem unmittelbar folgenden Stimmhaftigkeit signalisierenden Graphem steht. Folgt einem stimmlosen Konsonanten ein stimmhafter, so büßt dieser von seiner Stimmhaftigkeit ein, d.h. er wird praktisch zu einem stimmlosen Lenis (abbrechen – [apbreçэn]. Ein stimmloser lenis bewahrt eine wichtige Eigenschaft der stimmhaften Konsonanten: er wird mit der geringerMuskelspannung und dem schwächeren Atemdruck artikuliert, darum können stimmlose Lenes, z. B. nicht behaucht werden. Umgekehrt können stimmlose Konsonanten lenisiert werden.

Unter Lenisierung versteht man verschiedene Konsonantenschwächungen, die infolge positionell – kombinatorischer bedingung des phonetischen Kontextes entstehen.

Die deutschen stimmlosen verschlußlaute [p], [t], [k] können in unbetonten Position im Wort und im satz unter dem Einfluß der Nachbarkonsonanten lenisiert werden, d. h. sie werden ohne Aspiration (Behauchung) und nicht so gespannt wie im betonten Wortan – und Wortauslaut ausgesprochen (wie stimmhafte Konsonanten).

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[p], [t], [k] in unbetonten silben: Position, Tendenz, Kollege (Verminderung der Geräuschintensität und keine Behauchung).

Die Nachbarkonsonanten beeinflußen die Aussprache von konsonanten p, t, k: In unbetonten silben –en, el wird der Verschluß der explosiven Konsonanten nicht

gesprengt, sondern nasal gelöst: Koppel, warten, Mantel. Sie werden ohne Sprenggeräusch ausgesprochen, sie werden lenisiert.

p, t, k werden nach Reibelauten [s], [∫] vor betonten und unbetonten Vokalen lenisiert: stehen, Spiel. Auch in den Lautverbindungen [∫pr], [∫tr], [tr] werden die Verschlußlaute lenisiert: Sprache, Straße, treffen.

an der Wort – oder Morphemgrenze werden die Konsonanten p, t, k lenisiert: Schreibpapier, enttäuschen.

beim Zusammentreffen der Konsonanten p, t, k mit sonanten m, n, l wird der Verschluß der p, t, k nasal gelöst: Sportler, Gärtner, entnehmen.

Vor anderen Verschlußkonsonanten und vor anderen Reibelauten werden die p, t, k lenisiert: abtrennen, überhaupt, Markt.

Bei der regressiven Assimilation wirkt der folgende Laut auf den vorangehenden Laut – der vorangehende Laut wird also an den folgenden angeglichen. So verschiebt sich im Wort konkret unter dem Einfluß des Hinterzungenlautes [k] die Artikulationsstelle des [n] nach hinten und es verwandelt sich in den Hinterzungennasal [ŋ] – [koŋkre:t]. In der reinen Hochlautung sind solche Assimilation unzulässig. Es gibt Beispiele, wo die Laute fälschlicherweise regressive assimiliert werden, z. B. [kεnzdu das haos] – in diesem Fall entsteht unerwünschte Stimmhaftigkeit der Laute.

3. Reduktion. Außer der gegenseitigen Beeinflußungder Sprachlaute im Redestrom gibt es auch andere Gründe ihrer Modifikation. Die Sprachlaute können ihre Qualität oder Quantität wegen der Abschwächung ihrer Artikulation verändern. Diese Veränderung wird als Reduktion genannt. Der grad der Artikulationsspannung ist unter anderen von der Bedeutung abhängig. In betonter Stellung hat ein Sprachlaut eine gespannte, ausgeprägte Artikulation und in diesem Fall büßt er weder seine Qualität noch Quantität ein. In einer akzentuierten Silbe lässt die Artikulationsspannung nach und die Sprachlaute, die darin vorkommen, werden reduziert. Auch das erhöhte Sprechtempo kann zu erheblichen Reduktionen führen. So verwandelt sich habe ich nicht in [ha:piçniç], wo das Auslaut – t in nicht derart abgeschwächt wird, dass es überhaupt ausfällt. Dasselbe in zusammengesetzten Zahlwörtern. Oft fällt das reduzierte [э] in unbetonten Silben aus.

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Die intonatorischen Mittel

1. Versuchen Sie, für die Wortfolge unseres Beispieles mehrere Varianten einer sinnvollen Gliederung zu finden. Markieren Sie die Gliederungsstellen zunächts nur mit einem Strich!

Sie haben 32 Stunden in jeder Woche acht Stunden Grammatik und Landeskunde auch phonetische Übungen in kleinen Gruppen wie im Intensivunterricht kann man in einem Sommerkurs intensiv arbeiten

2. Ersetzen Sie in den Varianten die Gliederungsstellen durch Satzzeichen!3. Hören Sie jetzt den Tonband-Mitschnitt! Schreiben Sie das Gehörte auf !4. Suchen Sie Begriffe, mit denen Sie die folgenden Merkmale beschreiben koennen.Stimmlage: hoch…Stimmklang: weich…Melodieführung: monoton…Lautheit: sehr leise…Sprechtempo: schnell…Aussprache: sehr präzise…5. Überlegen Sie, was aus der Tonbandaufnahme des behandelten Gesprächs zweifelsfrei zu ermitteln bzw. was nicht zu erkennen ist.

Der Gegenstand des Gesprächs und siene Behandlung Wieviel Personen am Gespräch beteiligt sind Welche Wortfolgen jedem Beteiligten zuzuordnen sind Ob es um Aussagen, Fragen, Bitten, Aufforderungen handelt Ob die Wörter richtig ausgesprochen und auch richtig akzentuiert werden Aus welchem Land (aus welcher deutschen Sprachlandschaft) die Sprecher stammen Das Alter der Beteiligten Der Charakter und Temperament der Sprecher Der Bildungsstand der Sprecher Erregung, emotionale Gestimmtheit während des Gesprächs Ort und räumliche Bedingungen Der Zeitpunkt Ob das Gespräch unter zeitlichem Druck oder in gelöster Atmosphere geführt wird Das Verhältnis der Beteiligten zueinander

6. Die Tonbruchnotierung.

vor einer Silbe: steigende Melodie, diese Silbe liegt höher als die vorausgehendenach einer Akzentsilbe: steigende Melodie bei tiefliegender Akzentsilbe

vor einer Silbe: fallende Melodie, diese Silbe liegt tiefer als die vorausgehende nach einer Akzentsilbe: fallende Melodie bei hochliegender Akzentsilbe

eine Silbe einschliessend: steigend-fallende Melodie, diese Silbe liegt hoeher als benachbarten Silben.

Eine Silbe einschliessend : fallend-steigende Melodie, diese Silbe liegt tiefer als die benachbarten Silben.

Unter Akzentsilben: Fallen der Melodie bis in die Lösungstiefe

Die intonatorischen Mittel

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So wie es schreibspezifische Mittel gibt, mit denen der Aufbau eines Textes einschliesslich der Gliederung seiner Wortfolge verdeutlicht warden kann, so gibt es auch sprechspezifische Mittel, die ähnliches leisten. Sie signalisieren, dass der Text in zwei Sätze gegliedert und der erste Satz als Frage, der zweite als Aussage zu verstehen ist.Welche Mittel benutzt der Sprecher? Folgenden Merkmale zu erfassen:1. die Stimmlage bzw. Stimmgattung, d.h. die naturgegebene Höhe oder Tiefe einer Stimme2. der Stinnklang3. die naturgegebene Lautheit einer Stimme4. die Veränderung der Lautheit während des Sprechens5. die Melodieführung beim Sprechen6. das allgemeine Sprechtempo, das ein Sprecher in einem Text anschlägt7. die Tempovariationen während des Sprechens8. die Anzahl und Länge der Pausen sowie9. Besonderkeiten bei der Aussprache der Laute, Silben und Wörter.

Die für das Sprechen charakteristische Intonation ist zuerst ein Teil des Sprachsystems. Sie unterstütxt oder ermöglicht den Aufbau von Wörtern, Sätzen, Texten und kann daher als Satz-und Textbildungsmittel bezeichnet werden. (Ubung 4)Um die Absicht eines sprechers , den Sinn der Äusserung möglichst vollständig zu erfassen, ziehen die Hörenden jede erreichbare Information heran. Deswegen versucht man die Personen und ihre momentane Stimmungslage zu bewerten. Die Intonation ist also nicht nur Satz-und Textbildungsmittel, sie fungiert auch als Ausdrucksmittel.Die Hauptleistungen der Intonation bestehen darin,

1. in mehrsilbigen Wörtern einezelne Silben hervorzuheben (Wortakzent)2. inhaltlich wichtige Wörter vor weniger wichtigen hervorzuheben (Wortgruppenakzent)3. die Folge der gesprochenen Wörter zu gliedern und in Gruppen zusammenfassen4. die durch Gliederung entstandenen Wortgruppen als abgeschlossen oder nichtabgeschlossen

zu kennzeichen5. die abgeschlossenen gruppen als Aussage, Frage oder Aufforderung zu charakterisieren6. das gesprochene als eine ruhig-sachliche oder emotionalisierte Äusserung anzuzeigen7. die Haltung der Hörenden gegeüber zu signalisieren, z. B. Freundlichkeit und

Kontaktinteresse oder Sachlichkeit und distanzierete Zurückhaltung8. die Abschnitte des texts und damit dessen Aufbau erkennbar zu machen9. in einem gespäch die Stelle des Sprecherwechsels zu markieren

Um diese Leistungen zu vollbringen, warden in der deutschen Sprache folgende Merkmale des Sprechens genutzt:

Die Melodieführung beim Sprechen Die veränderung der Lautheit während des Sprechens Die tempovariation beim Sprechen Die Pausensetzung

Diese Merkmale warden als intonatorische Mittel bezeichnet, weil einzelne Wörter bzw. Silben aus ihrer Umgebung herausheben und so die Aufmerksamkeit auf sie lenken.Im Strom des Sprechens Einschnitte anzeigen und auf diese Weise Wortgruppen und Abschnitte erkennen lassen.Am Ende von Wortgruppen und Abschnitten signalisieren, wie diese Einheiten zu verstehen sind.Die Melodienotierung und Tonbruchnotierung (28-32)Die Kombinaton der intonatorischen Mittel (33-36)

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Die Wortbetonung

Die Silben eines mehrsilbigen Wortes werden nicht gleichmäßig laut und hoch ausgesprochen. Wenigstens eine Silbe im Wort wird durch dynamische, tonale oder quantitative Mittel im Vergleich zu den anderen Silben hervorgehoben. Die Hervorhebung einer Silbe nennt man Wortbetonung. Es gibt verschiedene phonetische Mittel für das Hervorheben einer Silbe im Wort. Die betonte Silbe kann durch Verlängerung des Vokals, durch präzisere Artikulation der Laute und erhoehte Spannung der Muskulatur bei der Artikulation, durch die Veränderung der Tonhöhe hervorgehoben werden.

Die deutsche Betonung ist an keine bestimmte Silbe im Wort gebunden, aber meistens ist die Wortbetonung im Deutschen an den sinnwichtigen Wortteil, gewöhnlich an den Stamm als Sinnträger gebunden. Deswegen ist in den meisten Wörtern die Stammsilbe betont. Im Deutschen ist die Verlagerung der Wortbetonung innerhalb eines Wortparadigmas selten; es kommt in den Wörtern auf – or (z. B. Pro`fessor- Profe`ssoren). Man beobachtet aber ziemlich oft die Verlagerung der Betonung bei der Wortbildung (A`roma - aro`matisch).

In den deutschen Wörtern fällt die Betonung meistens auf die erste, die Stammsilbe. Das gilt für einfache und abgeleitete Wörter mit unbetonten Suffixen und Präfixen, ausgenommen miss, un, ur, -ei, -ieren. Die unbetonten Suffixen: - chen, - e, - el, - er, - heit, - ig, - in, - ing, - lein, - ler, - ling, - ner, - nis, - sal, - schaft, -tum, - ung (bei Substantiven); - bar, - en, - ern, - haft, - ig, - isch, - lich, - sam (bei Adjektiven); - en, - n (bei Verben). Die unbetonten Praefixe: be -, ge -, emp -, ent -, er -, ver -, zer -. Die Vorsilbe miss- kommt in untrennbar zusammengesetzten Verben vor und ist darum unbetont: missbrauchen, misslingen. In Substantiven und Adjektiven ist miss- aber unbetont: Misserfolg, missgelaunt. Die Vorsilbe miss- ist betont in Verben, die 2 Vorsilben haben: missverstehen, missgestalten.

Ein ähnliches Betonungsmodell haben auch Ableitungen mit betonten Präfixen: ab, an, auf, aus, bei, ein, her, hin, nach, ur, vor. Einen Sonderfall bilden die Wörter mit den Präfixen: durch, hinter, über, um, unter, wieder, wider. In solchen Wörtern wechselt die Bedeutung. Die Bedeutung hängt von der Betonung ab.

Die Vorsilbe un- ist in Substantiven und Adjektiven in Regel betont. In Wörtern mit der Vorsilbe un- wird un- akzentuiert, wenn es ein entsprechendes Gegenstück ohne un- gibt. In folgenden Adjektiven schwankt die Betonung: unmenschlich, unmöglich, unsterblich, untröstlich, unwiderstehlich. Wenn es um einfache Negation handelt, so wird un- betont. (Ist das möglich?- Nein, das ist `unmöglich! Aber: Das ist aber un`mögliches Wetter!).

Die Betonung in ZusammenstezungenDiese Wörter haben 2 betonte Silben, aber sie sind nicht gleich stark betont. Man

unterscheidet Hauptbetonung (stärkere) und Nebenbetonung (schwächere). Die Hauptbetonung fällt auf das Bestimmungselement (den ersten Teil) der Zusammensetzung, die Nebenbetonung fällt auf den 2. Teil. In diesem Fall geht es um Zusammensetzungen, wo ein Grundwort durch Bestimmungswort bestimmt wird (`Schreibtisch). Sie heissen determinative Zusammensetzungen.

Eine Gruppe von Zusammensetzungen hat ein anderes Betonungsmodell als die oben genannten Wörter. Das sind die Wörter, die die Hauptbetonung auf dem 2. Element haben. Das sind die Zusammensetzungen, wo die gleichgeordneten Wörter miteinander kopuliert werden. Sie heissen kopulative Zusammensetzungen. Das sind:

1) Substantive: Jahr`hundert, Kar`freitag2) Adverbien mit hin-, her-, da-, wo sie als 1. Glied auftreten: hinaus, herein.3) Einige zusammengesetzte Adverbien, Adjektive, Präpositionen und Wörter mit zu-:

bergauf, zumute.4) Geographische Namen: Saarbruecken, usw.5) Zahlwörter vom Typ ”einundzwanzig”. Aber wenn diese Zahlwörter in der

Abzählreihe gebraucht werden, so wird die Betonung auf das 1. Element versetzt.

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Betonung in Fremdwörtern.

1) vielen Fremdwörtern fällt die B2) etonung auf das Suffix: -al, -ant, -an, -anz, -ar, -är, -at, -ekt, -em, -ell, -ent, -enz, -et,

-ett, -eur, -id, -ion, -ist, -ös, -tät, -thek, -tion, -ur.3) In den 2-gliedrigen betonten Suffixen –istisch, -ismus, -ieren, -oge ist die vorletzte

Silbe betont.4) Suffix –ik ist in den Wörtern französischen Herkunft betont und wird in diesem Fall

mit [i:] gesprochen: Politik, Musik. In vielen Wörtern ist es aber unbetont und wird mit dem kurzen [I] gesprochen: Klassik, Technik.

5) Das Suffix –iv ist meist betont: naiv, Archiv. Aber in vielen linguistischen Termini schwankt die Betonung: Passiv, Infinitiv.

Es gibt Wörter mit schwankender Betonung, wo die Akzentsilbe wechseln kann: `Telefon-Tele`fon. In diesem Fall ändert sich die Bedeutung nicht. Aber es gibt Wörter, wo die Verlagerung der Betonung mit der Veränderung der Bedeutung verbunden ist, d.h. “semantischer Akzent”: `August-Au`gust (Name-Monat).

Die Akzentuierung in der Wortgruppe

Beim spontanen Sprechen werden meistens fehlerhafte Satze hervorgebracht. Es finden sich Satzabbrüche, falsche Konstruktionen, Wiederholungen, Einschübe usw., so dass es schwerfällt, von Sätzen zu sprechen. Es ist deshalb besser, allgemein den Begriff der Wortgruppe zu verwenden. In diesem Sinne beruhen die meisten Äußerungen auf Wortgruppen. Die Intonation kennzeichnet alle Arten von Äußerungen als Einheit und gibt ihnen eine Struktur, eine innere Form. Insbesondere werden in all jenen Äußerungen, die aus Wortgruppen bestehen, wichtige Wörter durch Akzentuierung hervorgehoben. Für die Wortgruppenakzentuierung werden zwei Intonationsmuster verwendet,

1. das Intonationsmuster Normale Akzentuierng mit vergleichswiese kleinen Lautheits-, Tempo-und Melodieveränderungen für die Akzentuierung bei ruhigem sachlichem Sprechen und

2. das Intonationsmuster Emotionale Akzentuierung mit auffälligem grossem Melodieanstieg sowie größeren Lautheits- und Tempoveränderungen für die Akzentuierung bei emotionalem Sprechen, ausserdem für die nachdrückliche, hinweisende und den Gegensatz betonte Akzentuierung.

Die Besonderheiten einer Sprache zeigen sich aber nur in der Art, wie die intonatorischen Mittel verwendet werden, sondern auch in der Festlegung der Stellen für die Wortgruppenakzente. Für das Deutsche ist hierfür zuerst der Unterschied zwischen Inhaltswörtern und Formwörtern von Bedeutung.

Inhaltswörter haben eine von anderen unabhängige Bedeutung. Sie sind für den Sprecher unerläßlich, um den Inhalt seiner Gedanken auszudrücken.Inhaltwörter sind vor allem Substantive, Verben, Adjektive, Adverbien.

Formwörter werden Inhaltswörtern zugefügt und sind meis erst dadurch bedeutsam. Sie kennzeichnen insbesondere die Beziehung zwischen Inhaltswörtern und gehören folglich zur Form des Satzes. Formwörter sind vor allem Artikel, Präpositionen, Konjunktionen, Hilfsverben.

Im Normalfall liegen Wortgruppenakzente auf Inhaltswörtern, nicht auf Formwörtern. Zu den Inhaltswörtern zählen auch Pronomen, die als Substantive oder Beifügungen verwendet werden (Hier geht es um Alles und Nichts). Interjektionen und Wörter, die sachverhaltsbezogene Einstellungen ausdrücken (Er hat sich nicht einmal verabschiedet; Ah, wie schön ist das!). Akzentuiert werden außerdem Interrogativpronomen bzw. Fragewörter in der Nachfrage sowie Personalpronomen, die dekliniert an der Spitze des Satzes stehen (Dich kenne ich; Ihnen wollen wir vertrauen.)

Die Wortgruppenakzente liegen normalerweise auf Inhaltswörtern, das bedeutet aber nicht, das Inhaltswörter in jedem Fall durch einen Akzent hervorgehoben werden müssen. Für das Verstehen einer Äußerung ist es erforderlich, dass das Neue, die eigentliche Information, durch Akzent

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angezeigt wird. Das trifft vor allem auf Inhaltswörter zu, die als Ergänzungen zu Verben treten. Ergänzungen zu einem Verb werden durch Wortgruppenakzent hervorgehoben; auf dem Verb kann der Akzent fehlen (Die Vorstellung findet nachmittags statt.)

Beifügungen werden sehr häufig verwendet und treten in den vielfaeltigsten Formen auf. Sie treten als nähere Bestimmung zu

Substantiven, z. B. ein Hut (ein schöner Hut, der Hut meines Vaters usw.) Adjektiven, z. B. schoen (sehr schön, schöner als ihre Freundin) Adverbien, z. B. weit (sehr weit, weit von hier)

In Wortgruppen mit Beifügungen trägt das letzte Inhaltswort einen Akzent. Das gilt nur für allein stehende Ausserungen, die keinen Gegensatz zur Situation ausdrücken, die am Beginn eines Textes stehen, für ruhig und sachlich gesprochene Ausserungen.

Die Akzentuierung in einer Äußerung kann nicht immer nur aus dieser selbst heraus erklärt werden. Die Wortgruppenakzentuierung dient dazu, das jeweils Wichtige anzuzeigen. In vielen Situationen kann der Sprecher sie verwenden, um auf einen Gegensatz aufmerksam zu machen (Kontrastakzent) oder auf etwas hizuweisen (Demonstrativakzent). In diesem Fall kann der Demonstrativ - oder Kontrastakzent auch auf einem Formwort liegen.

Beispiel: Geben Sie mir bitte rote Rosen! Diesen Kohlkopf bitte!

Textbedingte Veränderungen der Wortgruppenakzentuierung.

Äußerungen bzw. Sätze sind oft die Teile eines Textes. Sie führen zuvor Geäußertes fort und bereiten nicht selten das Folgende vor. Das beeinflußt oft die Akzentuierung. Dabei kann es entweder zu einer Verlegung der Akzentstelle kommen, oder aber die sprecherische Realisierung der Akzente wird verändert. Hier ist vor allem auf zwei Fälle hinzuweisen:

Die Demonstrativ - und Kontrastakzentuierung wird im Text oft verwendet. Dabei muss nicht unbedingt ein direkter Gegensatz vorliegen.

Wortgruppenakzente haben die neue Information als wichtig hervor. Ist etwas bereits besprochen worden, war es also schon ein Thema der vorausgegangenen Äußerung, so ist es nicht mehr neu. Inhaltswörter, die auf diesem Wege “thematisiert” wurden, tragen normalerweise keinen Akzent mehr. Durch Thematisierung warden Akzentstellen aufgehoben, durch Demonstrativ-bzw. Konrastakzent warden neue Akzentstellen geschaffen oder diejenigen verstärkt, die durch die Regeln bestimmt werden.

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Die Wortbetonung

1. Markieren Sie in den folgenden Wörtern die Akzentsilben.Bekommen, Lage, herrlich, zerfallen, Bildnis, Keimling, Entnahme, Klapper, Gewerbe,

beleuchten, Eigentum, Verzeichnis, scherzhaft, schuldig, Beifall, heutige, verkosten, entziffern, ärmlich, Behälter, Genossenschaft, Kügelchen, Bericht, Verfall, Bildnis.

Urenkel, Eselei, dirigieren, Ursache, halbieren, Bummelei, Urheber, transportieren, Urteil, amtieren, Fischerei, lackieren, ursächlich, Brauerei, Urwald, Bäckerei, praktizieren, Zauberei, probieren, buchstabieren, Ureinwohner, Raserei.

Missverständnis, missgännen, missgebildet, Missgriff, missvergnügt, Missernte, missbräuchlich, Missbilligung, Missgunst, missgünstig, Missgeburt, misstönig, Missmut, missachten, Misskredit, missglücken, Missbrauch, Misstrauen, missraten.

Untreue, unversiegbar, Unentschlossenheit, Unvermögen, Unsinn, Unmensch, Ungeziefer, unaussprechlich, unabbänderlich, Unreife, Unverstand, Unfriede, ungepflegt, Untat, unwirsch, unaufschiebbar, unverkennbar, ungekocht, Ungeheuer, ungezähmt, unhandlich, ungetreu, Unmass.

Umhüllen, umschlagen, Unterschlagung, hinterbringen, überreden, hervorbringen, nachsagen, herumsitzen, umlagern, einfüllen, mitlaufen, aufsitzen, widerlegen, überlappen, Umgebung, Unterstellung, Unterschlagung, Widerhall, Nachkommen, hinfallen, Vollendung, vollaufen, vollführen, Aufbau.

Seebad, Schaufensterschmuck, Sitzfläche, Sprachtheorie, Hauptakzentstelle, fahrtüchtig, Hessen-Darmstadt, Atomkraftwerk, Straßenbahnschienen, Vertikalebene, Immunschwächekrankheit, Elastitätskoeffizient, Schleswig-Holstein, Kinderspielplatz, festkochend, tiefgekühlt, himmelblau, körperwarm.

Manie, Klischee, Tableau, Melodie, Kommando, Genie, Belgien, Akademie, Girlande, Faktorei, Profi, Philosophie, Milieu, Organ, mondän, Museum, Kriterium, Medium, Ukas, Pathos, Hades, Chaos, Praefix, Kodex, Allasch, Stimulans, Arrak, Kajak, Solvens, Kritiker, Allergiker, Historiker, Klassik, Lektoren, Musik, Direktor, Taktik, Republik, Stilistik.

Die Wortgruppenakzentuierung

2. Markieren Sie die Inhaltswörter.Am Abend. Für eine gute Sache. Der Film beginnt erst nach acht. Müllers sind gestern mit dem Auto an die See gefahren. Am Brunnen vor dem Tore. Der Markt hat kein Gewissen. Fleiß ist des Glückes rechte Hand, Mäßigkeit die linke.3. Bestimmen Sie die Ergänzungen zu den Verben, unterstreichen Sie die durch

Wortgruppenakzentuierung hervorzuhebenden Silben.Nimm deine Tasche mit! Ich möchte einen Anzug kaufen. Sie schlugen ihre Feinde in die Flucht. Der Brief wurde durch einen Boten geschickt. Der Lehrer musste schnell die Hefte durchsehen. Ein Kunde will genau Bescheid wissen. Allzu keck liegt bald im Dreck. Es sieht niemand gern in einen Essigtopf. Ein Narr sagt lachend die Wahrheit. Niemand ist durch Betrug glücklich geworden.4. Legen Sie die möglichen Akzentstellen fest. Begruenden Sie ihre Entscheidung.Es war einmal ein Fürster, der ging in den verboteten Wald auf die Jagd. Und wie er in den Wald kam, hürte er schreien. Er ging dem Schreien nach und kam zu einem Baum.

A: Ich möchte eine Jacke kaufen.B: Welche bitte?A: Die da. Hält die warm?

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B: Ja, die ist besonders gut gefüttert.A: Was soll sie denn kosten?B: Hundertzwanzig.A: Zu teuer; ausserdem ist sie zu schwer. Haben Sie nicht eine leichtere Jacke?

Gliederung und Rhytmisierung

Das Verstehen sprachlicher Äußerungen hängt in hohem Masse von deren Gliederung ab. Geschriebenes muss durch Satzzeichen, Gesprochenes durch Pausen zerlegt werden.

Gliederung ist die Zerleging einer Wortfolge durch durch Pausen in sinnvolle, inhaltlich bestimmte Einheiten (Wortgruppen). Sie ist ein wichtiges Mittel zur Strukturierung von Texten.

Rhytmisierung ist keine einfache Zerlegung des Sprechstroms durch Pausen. Es ist eine zur Gleichmässigkeit tendierende Gliederung. Ähnliches soll in ähnlichen Abständen wiederholt werden. So werden die rhytmischen Gruppen – die Einheiten der Rhytmisierung – auch dann als ähnlich empfunden, wenn sich ihre Silbenzahl geringfügig unterscheidet. Wir realisieren beim freien Sprechen – in freier Variation und nur der Tendenz zum Gleichmass folgend – rhytmische Gruppen. Diese Gruppen sind Wortgruppen, die einerseits inhaltlich, von unserer Aussageabsicht, und anderseits von den Rhytmisierungsgewohnheiten im Deutschen bestimmt werden.

Die Besonderheit der Rhytmisierung im Deutschen ergibt sich vor allem aus der Art, wie die Akzentuierung realisiert wird und wie daneben die akzentlosen Silben behandelt werden. Bei der Akzentuierung fällt den Deutschlernenden die beträchtliche Steigerung der Sprechspannung und der Lautheit in der Akzentsilbe auf. Im Gegensatz dazu werden die akzentlosen Silben leiser gesprochen und zum Teil stark reduziert. In den rhytmischen Gruppen dominieren die Akzentsilben. Der Akzent hat eine zentralisierende Wirkung: Er zieht fast die gesamte Artikulationsenergie auf eine Silbe. Verschiedene Sprachen – beispielweise das Französische und das Lateinische – haben dagegen einen dezentralisierenden Akzent. Das bedeudet: Tonhöhenveränderung und Lautheitssteigerung werden auf mehrere Silben verteilt und nicht punktförmig konzentriert.

Die Gliederung eines Textes oder einer Äußerung in rhytmische Gruppen ist nicht dem Zufall unterworfen. Beim reproduzierenden Sprechen hängt die Bildung rhytmischer Gruppen von 3 Umständen ab:

Von der syntaktischen und inhaltlichen Struktur der einzelnen Sätze und – sofern vorhanden – von der Textumgebung,

Von den Wortgruppenakzenten, Von der Gestaltungsabsicht und dem sich daraus ergebenden Tempo.

Man liest z. B. ein Märchen langsam, trägt mit vielen Pausen und kleinen rhytmischen Gruppen vor. Ein Bericht kann dagegen viel schneller und mit wenig Pausen vorgelesen werden. Die rhytmischen Gruppen sind hierbei größer. Auch in langen Sätzen werden dann oftmals nur Teilsätze durch Pausen herausgegliedert. Für diese Gliederung gibt es eine Rangfolge. Danach können kleine Gruppen nicht durch Pausen herausgehoben werden, bevor dies nicht mit größeren, “höherrangigen” geschehen ist. Die kleinsten Gruppen sind die sogenannten Akzentgruppen. Ihr Aufbau ist für die Pausensetzung von Bedeutung.

Akzentgruppen sind die Bausteine der rhytmischen Gruppen. In ihnen werden akzentlose Wörter und Silben mit einer Silbe, die den Wortakzent trägt und durch Wortgruppenakzent ausgezeichnet worden ist, zusammengeschlossen. Eine rhytmische Gruppe besteht wenigstens aus einer Akzentgruppe. Die zu den rhytmischen Gruppen gehörenden Pausen fallen immer auf die Grenzen von Akzentgruppen.

Das Gefüge von Akzentgruppen hängt also mit der Wortgruppenakzentuierung zusammen. Im frei produzierenden, spontanen Sprechen kann eine Akzentgruppe öfter aus einem Wort bestehen. Intonatorisch werden dann die akzentlosen Silben dieses Wortes der Akzentsilbe angeschlossen. Auf die Akzentgruppen können die Regel der Wortgruppenakzentuierung angewendet werden. Erhält ein Wort hindurch einen Akzent, so gruppieren sich die benachbarte Wörter nach folgender Regel um diese Akzentstelle. In Akzentgruppen werden der Akzentstelle von den vorausgehenden Wörtern angeschlossen:

- Pronomen vor dem Verb (ich fahre; es läuft)

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- Artikel, Pronomen und Praepositionen als Elemente von Satzgliedern (eine Katze; mein Haus; auf der Straße)

- Konjunktionen, die einen folgenden Redeteil oder ein Satzglied einleiten, z. B. (Er lief,) (und sie fuhr); (Als Hausmann)

Von den nachfolgenden Wörtern werden angeschlossen:- Pronomen hinter dem Verb (Wir suchen ihn; er gefällt mir)- Sonstige akzentlose Wörter (Sie kommen ja schon; wir gehen jetzt wohl besser).

Oftmals sind die Akzentgruppen zu kurz, um als rhytmische Gruppen in Erscheinung treten zo können. In solchen Fällen verschmelzen zwei oder mehr Akzentgruppen zu einer einzigen rhytmischen Gruppe.

Es gibt die Sätze, dir ihrerseits aus Sätzen – als Teilsätze bezeichnet – zusammengesetzt sind. Teilsätze können als Haupt - oder Nebensätze auftreten.

1. Hauptsätze sind vergleichsweise selbstständig und könnten meist auch konkrete selbstständige Sätze gebraucht werden: Es ist Sommer, / und wir machen Urlaub.

2. Nebensätze sind unselbstständig; sie sind alleinstehend keine konkreten Sätze. Sie beziehen sich eng auf einen Hauptsatz oder auf andere Nebensätze und ersetzen oft ein Satzglied: Sie las ein Buch, / das sie kürzlich gekauft hatte.

Mit Sätzen bzw. Äußerungen soll etwas mitgeteilt werden. Deshalb steht in der Regel vor dem konjugierten Verb das Thema der Mitteilung; dem Thema folgt, mit der konjugierten Verbform beginnend, das Mitzuteilende, das Rhema. Das Rhema kann aus mehreren einzelnen Mitteilungen bestehen. Diejenige Mitteilung, die den höchsten Mitteilungswert hat, rückt dabei möglichst an das Ende des Satzes. Auf ihr liegt folglich der für die Kommunikation wichtigste Akzent (Hauptakzent), die Silben, die von weniger Bedeutung sind, aber doch akzentuiert sind haben Nebenakzent: Ein Bauer / säte auf seinem Acker Rüben.

1. Die Herausgliederung rhytmischer Gruppen geschieht nach der Rangfolge:2. Teilsätze, sofern vorhanden, insbesondere wenn es sich um Hauptsätze (vergleichsweise

selbstständige Teilsätze) handelt;3. Das Thema des Satzes, wenn es aus zwei oder mehr Akzentgruppen bestehen;4. Rhytmische Gruppen, die nur aus einer Akzentgruppe und machmal nur aus einem Wort

bestehen. Während beim reproduzierenden Sprechen die Gliederung des Gesprochenen durch Pausen im

allgemeinen nur inhaltlich und durch den Satzaufbau bestimmt wird, treten beim freien Sprechen zusätzliche Pausen und Unregelmässigkeiten im Sprechfluß auf. Beides wird durch Verzögerungen in der Planung des Sprechens verursacht. Diese Verzögerungen und die entsprechenden Verzögerungserscheinungen sind unvermeidbar. Sie werden beim Hören als natürlich empfunden und toleriert. Verzögerungen entstehen aber ebenso, wenn für die geplanten Satzstrukturen und ihre Satzglieder nicht schnell genug Wörter gefunden werden oder wenn die Bedeutung eines Aussageteils noch unscharf ist. Verzögerungen werden schließlich dadurch hervorgerufen, dass die sprechenden von außen her gestört werden. Solche Verzögerungen zu erkennen:

An stillen Pausen An Pausen, die mit unzusammenhaengenden “Zögerungsgeräuschen” gefüllt wird

(Schlucken, Seufzen, kurzes Lachen usw.) An Zögerungsfloskeln (ich weiss nicht; also ja; weisst du) An Einsprengseln (z. B. kurze a - Laute vor Beginn eines Wortes) An Lautdehnungen, die als pausenähnliche Einschnitte empfunden werden.

Beim frei produzierenden Sprechen gibt es im Vergleich zu geschriebenen Texten Besonderheiten des Wortgebrauchs. Diese Besonderheiten im Wortgebrauch wirken sich auf die Akzentuierung und Gliederung aus. Bedeutungsvoll ist in diesem Fall der verstärkte Gebrauch von Interjektionen und von wertenden Wörtern. Für alle Intejektionen gilt, dass sie nicht nur als “Wort” innerhalb von Satzgliedern, sondern auch als selbständige Äußerung auftreten können. Dann werden sie als rhytmische Gruppen gesprochen. Sie werden durch Pausen von der Umgebung abgegrenzt und sind stets akzentuiert. Als “Wörter” innerhalb von Satzgliedern tragen sie wegen ihres hohen Ausdruckswerts fast immer einen Akzent und sind damit das Zentrum einer Akzentgruppe. Neben den Interjektionen können unflektierte wertende Wörter ein besonderes Gewicht erhalten. Sie werden

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dann auch als selbständige rhytmische Gruppen realisiert. Diese Wörter können die Funktion von Antworten übernehmen: (Wirst du kommen?) / (Na klar!). Außerdem können sie dem Sprecher ebenfalls seine Einstellung zum Sachverhalt auszudrücken: (Glücklicherweise) / (hat es keine Verletzten gegeben!)

Bestimmung der Melodie für die Endphase der rhytmischen Gruppen.

Die Endphase einer rhytmischen setzt unmittelbar vor dem letzten Wortgruppenakzent ein und reicht bis zum Ende der Gruppe. Für die Endphase konnten 3 Intonationsmuster beschrieben werden, die durch spezifische Melodieverläufe charakterisiert sind. Es handelt sich um die Intonationsmuster:

Fallende Malodie Steigende Melodie Schwebende Melodie

In der wissenschaftlichen Literatur ist wiederholt versucht worden, die Verwendung der Melodieverläufe von der Satzart abhängig zu machen. Mit der Wahl der Satzart wäre dann auch die Melodie festgelegt worden. Das Schema hierfür war einfach. In der Syntax werden traditionellerweise 3 Satzarten unterscheiden:

Der Aussagesatz, zu ihm wird in der regel auch der Ausrufsatz gezählt; Der Aufforderungssatz mit seiner Variante, dem Wunschsatz; Der Fragesatz, der in zwei Formen auftritt,

1. als Entscheidungsfrage, auch als Satz - oder Ja/Nein - Frage bezeichnet,2. als Ergänzungsfrage, auch als Wort-oder W-Frage bezeichnet.

Die Zuordnung der Melodieveräufe geschah wie folgt:1. Die fallende Endmelodie, der allgemein die Signalisierung der Abgeschlossenheit eines

Satzes zugeschrieben und die deshalb auch terminal genannt wird, ist zu verwenden bei Aussage-und Ausrufesätzen, bei Aufforderungs-und Wunschsätzen, bei Ergänzungsfragen.

2. Die steigende Endmelodie, die auch als interrogativ (fragend) bezeichnet wird, ist zu verwenden bei Entscheidungsfragen.

3. Die schwebende Endmelodie, die auch progredierende (fortschreitende) Melodie heißt, ist zu verwenden bei nichtabgeschlossenen Sätzen, also bei rhytmischen Gruppen, die nicht am Ende eines Satzes stehen.

Diese Zuordnung ist zwar nicht grundsätzlich falsch, sie ist aber zu einfach und entspricht deshalb nicht der Realität. Sie gilt am ehesten für das Vorlesen von sachlichen Texten. Das frei produzierende Sprechen im Gespräch weist demgegenüber so viele Regelverstöße auf, dass es auch als “regellos” bezeichnet werden könnte, deshalb ist der Melodieverlauf nicht immer an Satzart gekoppelt.Beim Sprechen werden syntaktisch korrekte und auch fehlerhaft gebaute Sätze gebildet, die durch die Intonation in allen Fällen als Einheit en des Sprechens gekennzeichnet werden, und zwar als abgeschlossene oder als nichtabgeschlossene Einheiten. Die Intonation, hauptsächlich die Melodie, kann auch dazu beitragen, die kommunikaive Aufgabe dieser Sätze deutlich zu machen. Die Melodisierung ist ein wichtiges Mittel der Satzbildung. Sie ist aber nicht generell oblogatorisch für die Signalisierung einer Satzart. Für die Sprechenden ist die Bildung und Intonierung von Sätzen kein Ziel, sondern nur ein Mittel zum Ziel. Sie haben eine Sprechabsicht und wollen sie verwirklichen. In Bezug auf die Endphase der rhytmischen Gruppen sind der Melodie 4 Leistungen beizumessen:1. Sie kennzeichnet die Äußerungen der Sprechenden als Einheiten des Sprechens und gibt

damit den Hörenden hervor, in welchen Abschnitten das gesprochene zu verarbeiten ist. 2. Sie kennzeichnet den Erregungszustand des Sprechenden.3. Sie trägt dazu bei, Satzarten zu charakterisieren. Aussage - und Aufforderungssätze können

vom Hörer unter bestimmten Bedingungen auch dann als Aussagen oder Aufforderungen verstanden werden, wenn sie nicht mit fallender, sondern mit steigender oder schwebender Melodie gesprochen werden.

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4. Die Melodie in der Endphase der rhytmischen Gruppen trägt dazu bei, den Hörenden gegenüber Einstellungen, den inneren Zustand, kundzugeben.

Fallende MelodieDie fallende Melodie kann benutzt werden,

Wenn eine Äusserung ausdrücklich als abgeschlossen gekennzeichnet werden soll; Wenn sie sachlich, informationsinteressiert und/oder entschieden bzw. streng wirken soll.

Dies gilt fuer alle Satzarten. Ausgenommen sind lediglich diejenigen Entscheidungsfragen, die nur mit steigender Melodie als solche gekennzeichnet werden können.Die fallende Endmelodie wird verwendet, um abgeschlossene Äusserungen ind insbesondere Aussagen kenntlich zu machen:

1. Der Melodiefall ist das charakteristische Merkmal des Intonationsmuster “Fallende Melodie”, das für die Endphase von rhytmischen Gruppen gebraucht werden kann. Die Endphase setzt unmittelbar vor derletzten Akzentsilbe der Gruppe ein und reicht bis zum Ende der Gruppe. Der Melodiefall beginnt im allgemeinen in der Satzakzentsilbe. Folgen eine oder mehrere akzentlose Silben, so erstreckt er sich über alle diese Silben.

2. Innerhalb des Intonationsmusters ist der Melodieverlauf nach der jeweiligen Akzentsilbe mit einer Verringerung der Lautstärke und einer Verlangsamung des Sprechtempos verbunden.

3. In der letzen Akzentsilbe der rhytmischen Gruppen ist das Intonationsmuster “Fallende Melodie” meist mit dem Intonationsmuster “Normale Akzentuierung” gekoppelt. Es kann aber auch das Intonationsmuster “Emotionale Akzentuierung” eingesetzt werden (Wer geht zum Bahnhof? (↓)-normale Akzentuierung; Du sollst das lesen! (↓)-emotionale Akzentuierung)

4. Die fallende Endmelodie sinkt im deutschen bis an die untere Grenze des Sprechstimmumfangs. Das Erreichen dieser sogenannten Lösungstiefe ist für die Standardaussprache des Deutschen charakteristisch.

Steigende Melodie

Die steigende Endmelodie wird eingesetzt, Wenn eine Äusserung als abgeschlossen und gleichzeitig als Frage gekennzeichnet

werden soll; Wenn sie persönlich wirken und demonstrativ die Kontaktaufnahme signalisieren soll.

Das gilt für die Entscheidungs (ohne Fragewort) - und Ergänzungsfragen (mit Fragewort), auch fuer Aussage -, Ausrufe - und Wunschsätze, insbesondere wenn sie kürzer sind und der Informationscharakter nicht schon durch die Entschiedenheit und Ausgedehnheit der sprachlichen Formilierung im Vordergrund steht.

Die steigende Endmelodie entspringt offenbar einer gezielten Partnerhinwendung des Sprechers. Wer seinem Hörer unverwechselbar kundtun will, dass er in erster Linie an dem Kontakt gerade ihm gegenüber interessiert ist, tendiert dazu, die steigende Endmelodie zu verwenden. Die steigende Endmelodie ist nicht an eine bestimmte Satzart gebunden. Die Sprechabsichten können in Aussage-, Frage- und Aufforderungssätzen verwirklicht werden. Die steigende Endmelodie muss jedoch immer dann als Merkmal der Frage benutzt werden, wenn aus dem Satzbau nicht hervorgeht, dass die Äußerung als Frage zu verstehen ist. Der Fragecharakter wird besonders dann deutlich, wenn die Silbe mit dem Wortgruppenakzent tiefer liegt als die vorausgehenden und nachfolgenden Silben, d.h. wenn ein fallender Tonbruch vor und ein steigender Tonbruch nach der Akzentsilbe vorliegt (Sie fahren?(↑)). Die steigende Melodie kann aber nicht jede grammatische Form oder Wortfolge zu einer fragenden Äusserung machen. In folgenden Fällen wirkt sie nicht als Fragesignal, sondern erzeugt Nebenbedeutungen: Aufforderungen mit Befehlsformen werden durch steigende Melodie in ihrem Aufforderungscharakter verstärkt (Wählen Sie! (↑)); Äußerungen mit Verbformen in der 1.Person Singular Präsens und der 1.Person Plural Präsens erhalten durch die steigende Endmelodie den Charakter der Zusicherung (Ich komme(↑)).

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Die Vergrösserung des Melodiebereiches und des Melodieanstieges ist in der Tat das wichtigste Merkmal einer emotionalen Akzentuierung.

Schwebende MelodieDie schwebende Melodie wird benutzt, um rhytmische Gruppen als nichtabgeschlossen zu

kennzeichnen. Der Sprechende signalisiert mit dieser Melodie, dass seine Äußerung unvollständig ist und nach einer Pause fortgesetzt wird.

1. Die schwebende Endmelodie ist innerhalb des entsprechenden Intonationsmuster mit Lautheits- und Tempoveränderungen gekoppelt. Die Lautheit wird verringert und das Tempo verzögert.

2. Die schwebende Endmelodie wirkt vor allem durch den sogenannten Neuansatz als Gliederungssignal. Endet eine rhytmische Gruppe mit schwebender Melodie, so setzt die Melodie der folgenden Gruppe oft deutlich tiefer ein.

3. Die Melodie dieses Intonationsmuster wird als schwebend bezeichnet, weil sie weder eindeutig sinkt noch eindeutig steigt. Sie hat von der Akzentstelle an leicht fallende oder leicht steigende oder ebene Verlaufsrichtung.

4. Die Verwendung der schwebenden Endmelodie ist unabhängig von der Satzart.Nichabgeschlossene rhytmische Gruppen sind immer Teile von Äußerungen und können deshalb auch nur innerhalb von Äußerungen geübt werden (Wer nicht liest (→), der lebt nicht (↓)).

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Gliederung und Rhytmisierung1. Hören Sie die Passage. Markieren Sie, zwischen welchen Sätzen oder Satzteilen die

Sprecherin eine deutliche Pause macht. Welche Funktion haben diese Pausen?Der weltberühmte österreichische Maler und Grafiker Gustav Klimt gilt als Hauptmeister der

Wiener Sezession. Die Sezessionen waren eine neue Form von Künstlerorganisation, die in der Zeit um die Jahrhundertwende in verschiedenen europäischen Kunstzentren entstanden. Sie opponieretn hauptsächlich gegen die Akademien. In Gustav Klimts Werken ist fast ausschließlich die Gestalt der Frau die Trägerin der künstlerischen Botschaft. Dies gilt für seine allegorischen Darstellungen ebenso wie für seine Frauenbildnisse, an denen sich seine künstlerische Entwicklung deutlich ablesen lässt.

Wählen Sie eine der folgenden Rollen: Geschäftsmann beim Diktat, Märchenerzähler, Nachrichtensprecher, Verteidiger vor Gericht, Redner bei einer Feierstunde, Sensationsreporter.

2. Zeichnen Sie in folgenden Beispiele Akzente ein, und kennzeichnen Sie mit Klammern, welche Akzentgruppen hieraus entstehen.

Komm und sprich! Die Bäume im Garten. Wir gehen heute abends ins Kino. Eine Reform in der Verwaltung unseres Landes. Sie unterstützen ihren Kollegen. Sie fuhren gegen Abend in den Schlacht ein. Erklären Sie die Regeln für den Straßenverkehr! Wann fliegt die Maschine? Gestern sah ich Sie im Theater. Es waren diesmal nur zwei Kinder auf dem Hof!

3. Bestimmen Sie im folgenden Text mögliche Satzakzente, und kennzeichnen sie mit Klammern die Akzentgruppen, die heraus entstehen.

Die Brautschau.Es war ein junger Hirt, der wollte gern heiraten. Er kannte drei Schwestern, davon war eine so schön wie die andere, so dass ihm die Wahl schwer wurde. Da fragte er seine Mutter um Rat; die sprach: “Lad alle drei ein und setz ihnen Käse vor.” Das tat der Jüngling, die erste aber verschlang den Käse mit der Rinde; die zweite schnitt in der Hast die Rinde vom Käse ab, weil sie aber so hastig war, liess sie noch viel Gutes daran; die dritte schälte ordentlich die rinde ab, nicht zuviel und nicht zuwenig. Der Hirt erzählte das alles seiner Mutter. Das sprach sie: “Nimm die dritte zu deiner Frau.” Das tat er und lebte zufrieden und glücklich mit ihr.4. Bestimmen Sie mit Pausenzeichen (/), welche rhytmischen Gruppen Sie für angemessen

halten.5. Kennzeichnen Sie die Akzente, die Akzentgruppen; bestimmen sie mit Pausenzeichen (/),

welche rhytmischen Gruppen Sie für angemessen halten!Ein Jude und ein Offizier sitzen in der Bahn. Um sich die Langeweile zu vertreiben, geben sie sich Rätsel auf. Der Offizier: “Was ist das: Das erste läuft, das zweite läuft, und das ganze ist ein Schlachtort aus dem Siebenjährigen Krieg.” Der Jude weiss es nicht.” Ganz einfach: Rossbach.” Nun denkt sich der Jude ein Rätsel aus. “Was ist das: Das erste läuft, das zweite läuft, das dritte läuft nicht.” Der Offizier zerbricht sich den Kopf, aber er kann es nicht herausbekommen. “Das ist doch ganz einfach!” triumphiert der Jude. “Das sind die Kinder von meinem Schwager Elias.

6. Bestimmen sie, welche Pausen als inhaltsbestimmte Pausen und welche als Verzögerungspausen anzusehen sind.

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