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Plenarprotokoll 16/41 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 41. Sitzung Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 Inhalt: Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) (Drucksachen 16/750, 16/1348) . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 2005 bis 2009 (Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327) 17 Einzelplan 10 (Fortsetzung) Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Drucksachen 16/1310, 16/1324) . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Drucksachen 16/1309, 16/1324) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Matthias Berninger, Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf (Frank- furt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Deut- sche Steinkohle AG muss zügig belastbares Datenmaterial vorlegen (Drucksache 16/1672) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . . Michael Glos, Bundesminister BMWi . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . 19 Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 16/1321) . . . . . . . . . . . . . . . 20 Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . . . . 3839 A 3839 B 3839 B 3839 C 3840 A 3842 A 3842 B 3842 B 3844 A 3845 D 3846 B 3847 C 3851 B 3851 D 3853 C 3856 A 3857 C 3858 A 3860 D 3862 B 3863 C 3864 C 3866 D 3867 A

Deutscher Bundestagdip21.bundestag.de/dip21/btp/16/16041.pdf · Mit Ja haben gestimmt 92, mit Nein haben gestimmt 450, Enthaltungen keine. Der ... Margareta Wolf (Frankfurt) fraktionslos

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Plenarprotokoll 16/41

Deutscher BundestagStenografischer Bericht

41. Sitzung

Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

I n h a l t :

Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung):

a) Zweite Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-zes über die Feststellung des Bundes-haushaltsplans für das Haushaltsjahr2006 (Haushaltsgesetz 2006)(Drucksachen 16/750, 16/1348) . . . . . . . .

b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus-schusses zu der Unterrichtung durch dieBundesregierung: Finanzplan des Bun-des 2005 bis 2009(Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327)

17 Einzelplan 10 (Fortsetzung)

Bundesministerium für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucherschutz(Drucksachen 16/1310, 16/1324) . . . . . . .

Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . .

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 Einzelplan 09

Bundesministerium für Wirtschaft undTechnologie(Drucksachen 16/1309, 16/1324) . . . . . . .

in Verbindung mit

Zusatztagesordnungspunkt 8:

Antrag der Abgeordneten Matthias Berninger,Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf (Frank-furt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

3839 A

3839 B

3839 B

3839 C

3840 A

3842 A

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Deut-sche Steinkohle AG muss zügig belastbaresDatenmaterial vorlegen(Drucksache 16/1672) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . . . .

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . .

Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . .

Michael Glos, Bundesminister BMWi . . . . . .

Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .

Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .

Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .

Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . .

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . .

19 Einzelplan 32

Bundesschuld(Drucksache 16/1321) . . . . . . . . . . . . . . .

20 Einzelplan 33

Versorgung(Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . . . .

3842 B

3842 B

3844 A

3845 D

3846 B

3847 C

3851 B

3851 D

3853 C

3856 A

3857 C

3858 A

3860 D

3862 B

3863 C

3864 C

3866 D

3867 A

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II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

21 Einzelplan 60

Allgemeine Finanzverwaltung(Drucksache 16/1323) . . . . . . . . . . . . . . . .

22 Haushaltsgesetz 2006(Drucksachen 16/1325 , 16/1326) . . . . . . .

I b)Beschlussempfehlung des Haushaltsaus-schusses zu der Unterrichtung durch dieBundesregierung: Finanzplan des Bun-des 2005 bis 2009(Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327)

Tagesordnungspunkt II:

Dritte Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes überdie Feststellung des Bundeshaushaltsplansfür das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsge-setz 2006)(Drucksachen 16/750, 16/1348, 16/1301 bis16/1313, 16/1319 bis 16/1321, 16/1323,16/1324, 16/1325, 16/1326) . . . . . . . . . . . . . .

Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . .

Franz Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . .

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . .

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Peer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . .

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .

Gunter Weißgerber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .

Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . .

Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . .

Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . .

Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3867 A

3867 B

3867 C

3867 C

3868 A

3868 D

3870 C

3871 D

3873 A

3873 C

3875 C

3876 C

3877 C

3879 D

3883 A

3885 B

3887 C

3890 B

3892 D

3894 A

3895 A

3896 A, D

3897 A, 3899 B

3901 D

Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .

Anlage 2

Erklärung des Abgeordneten Wilhelm JosefSebastian (CDU/CSU) zur namentlichen Ab-stimmung über den Antrag: Neubesetzung desAmtes des Koordinators für die deutsch-russi-sche zwischengesellschaftliche Zusammenar-beit (39. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 2)

Anlage 3

Erklärung des Abgeordneten HerbertFrankenhauser (CDU/CSU) zur namentli-chen Abstimmung über den Änderungsantragder Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN zur Beratung des Entwurfs einesGesetzes über die Feststellung des Bundes-haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006(Haushaltsgesetz 2006); Einzelplan 06 – Ge-schäftsbereich des Bundesministeriums desInnern (40. Sitzung, Tagesordnungspunkt I.11)

Anlage 4

Erklärung nach § 31 GO des AbgeordnetenDr. Peter Danckert (SPD) zur namentlichenAbstimmung über den Entwurf eines Geset-zes über die Feststellung des Bundeshaus-haltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haus-haltsgesetz 2006) (Tagesordnungspunkt II) . .

Anlage 5

Erklärung des Abgeordneten Gerald Weiß(Groß-Gerau) (CDU/CSU) zur namentlichenAbstimmung über den Entwurf eines Geset-zes über die Feststellung des Bundeshaus-haltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haus-haltsgesetz 2006) (Tagesordnungspunkt II) . .

Anlage 6

Erklärung des Abgeordneten WinfriedNachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zurnamentlichen Abstimmung über den Ent-schließungsantrag der Fraktion DIE LINKEzu dem Entwurf eines Gesetzes über die Fest-stellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006)(Tagesordnungspunkt II) . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 7

Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3903 A

3903 C

3903 D

3903 D

3904 A

3904 A

3904 B

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3839

(A) (C)

(B) (D)

41. Sitzung

Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

Beginn: 8.00 Uhr

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-nungspunkt I – fort:

a) Zweite Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2006

(Haushaltsgesetz 2006)

– Drucksachen 16/750, 16/1348 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus-haltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unterrich-tung durch die Bundesregierung

Finanzplan des Bundes 2005 bis 2009

– Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327 –

Berichterstattung:Abgeordnete Otto Fricke Steffen Kampeter Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Gesine Lötzsch Anja Hajduk

Wir kommen zunächst zur gestern vertagten Abstim-mung über den Einzelplan 10 in der Ausschussfassung– Tagesordnungspunkt I.17 –:

Einzelplan 10

Bundesministerium für Ernährung, Landwirt-schaft und Verbraucherschutz

– Drucksachen 16/1310, 16/1324 –

Berichterstattung:Abgeordnete Georg Schirmbeck Ernst Bahr (Neuruppin)

Jürgen Koppelin Michael Leutert Alexander Bonde

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion desBündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/1882 vor,über den wir zuerst abstimmen. Die Fraktion des Bünd-nisses 90/Die Grünen verlangt namentliche Abstim-mung. Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, bei die-ser und den gegen 13 Uhr folgenden namentlichenAbstimmungen sorgfältig darauf zu achten, dass dieStimmkarten, die Sie verwenden, auch Ihren eigenenNamen tragen. Ich bitte nun die Schriftführerinnen undSchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen.

Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist derFall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist offensichtlichnicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung undbitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit derAuszählung zu beginnen.

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichenAbstimmung unterbreche ich die Sitzung.

(Unterbrechung von 8.06 bis 8.11 Uhr)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene

Sitzung ist wieder eröffnet. Ich bitte herzlich, Platz zunehmen.

Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Änderungsantrag der Fraktion des Bünd-nisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/1882 bekannt:Abgegebene Stimmen 542. Mit Ja haben gestimmt 92,mit Nein haben gestimmt 450, Enthaltungen keine. DerÄnderungsantrag ist damit abgelehnt.

Redetext

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3840 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 542;davon

ja: 92nein: 450

Ja

CDU/CSU

Henry Nitzsche

DIE LINKE

Hüseyin-Kenan AydinKarin BinderDr. Lothar BiskyEva Bulling-SchröterDr. Martina BungeRoland ClausSevim DagdelenDr. Diether DehmWerner DreibusDr. Dagmar EnkelmannKlaus ErnstWolfgang GehrckeDiana GolzeDr. Gregor GysiHeike HänselLutz HeilmannHans-Kurt HillCornelia HirschDr. Barbara HöllDr. Lukrezia JochimsenDr. Hakki KeskinKatja KippingJan KorteKatrin KunertOskar LafontaineMichael LeutertUlla LötzerDr. Gesine LötzschDorothee MenznerKornelia MöllerKersten NaumannWolfgang NeskovicDr. Norman PaechPetra PauBodo RamelowElke ReinkePaul Schäfer (Köln)Volker Schneider

(Saarbrücken)Dr. Herbert SchuiDr. Ilja SeifertDr. Petra SitteFrank SpiethDr. Kirsten TackmannAlexander UlrichJörn WunderlichSabine Zimmermann

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kerstin AndreaeMarieluise Beck (Bremen)Volker Beck (Köln)Cornelia Behm

Birgitt BenderGrietje BettinAlexander BondeEkin DeligözDr. Thea DückertDr. Ursula EidHans Josef FellAnja HajdukBritta HaßelmannWinfried HermannPriska Hinz (Herborn)Ulrike HöfkenDr. Anton HofreiterBärbel HöhnThilo HoppeUte KoczySylvia Kotting-UhlFritz KuhnRenate KünastUndine Kurth (Quedlinburg)Markus KurthMonika LazarDr. Reinhard LoskeAnna LührmannJerzy MontagKerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiBrigitte PothmerClaudia Roth (Augsburg)Elisabeth ScharfenbergChristine ScheelIrmingard Schewe-GerigkDr. Gerhard SchickRainder SteenblockSilke Stokar von NeufornHans-Christian StröbeleDr. Harald TerpeJürgen TrittinWolfgang WielandMargareta Wolf (Frankfurt)

fraktionslos

Gert Winkelmeier

Nein

CDU/CSU

Ulrich AdamIlse AignerPeter AlbachPeter AltmaierThomas BareißNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtClemens BinningerPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerJochen BorchertWolfgang Börnsen

(Bönstrup)

Wolfgang BosbachKlaus BrähmigMichael BrandHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeMonika BrüningGitta ConnemannLeo DautzenbergHubert DeittertAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttMaria EichhornGeorg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustEnak FerlemannHartwig Fischer (Göttingen)Dirk Fischer (Hamburg)Axel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)Jochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Jürgen GehbMichael GlosDr. Reinhard GöhnerJosef GöppelDr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersKarl-Theodor Freiherr zu

GuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtUda Carmen Freia HellerMichael HennrichErnst HinskenPeter HintzeRobert HochbaumKlaus HofbauerFranz-Josef HolzenkampJoachim HörsterAnette HübingerHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Hans-Heinrich JordanAndreas Jung (Konstanz)Bartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterAlois KarlBernhard KasterSiegfried Kauder (Villingen-

Schwenningen)Volker Kauder

Eckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerJens KoeppenManfred KolbeNorbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina KrogmannJohann-Henrich

KrummacherDr. Hermann KuesAndreas G. LämmelDr. Norbert LammertKatharina LandgrafDr. Max LehmerPaul LehriederIngbert LiebingEduard LintnerDr. Klaus W. LippoldDr. Michael LutherStephan Mayer (Altötting)Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelLaurenz Meyer (Hamm)Maria MichalkHans MichelbachPhilipp MißfelderDr. Eva MöllringMarlene MortlerCarsten Müller

(Braunschweig)Stefan Müller (Erlangen)Bernward Müller (Gera)Dr. Gerd MüllerHildegard MüllerBernd Neumann (Bremen)Michaela NollFranz ObermeierEduard OswaldHenning OtteRita PawelskiDr. Peter PaziorekUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaDaniela RaabHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenEckhardt RehbergKatherina Reiche (Potsdam)Klaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerJohannes RöringKurt J. RossmanithDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckAlbert Rupprecht (Weiden)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3841

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse

Peter RzepkaAnita Schäfer (Saalstadt)Hermann-Josef ScharfDr. Wolfgang SchäubleDr. Annette SchavanDr. Andreas ScheuerKarl SchiewerlingNorbert SchindlerGeorg SchirmbeckBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Andreas Schmidt (Mülheim)Ingo Schmitt (Berlin)Dr. Andreas SchockenhoffDr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianHorst SeehoferKurt SegnerThomas SilberhornJohannes SinghammerJens SpahnErika SteinbachChristian Freiherr von StettenGero StorjohannAndreas StormThomas Strobl (Heilbronn)Lena StrothmannMichael StübgenAntje TillmannDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffGerhard WächterMarco WanderwitzKai WegnerPeter Weiß (Emmendingen)Gerald Weiß (Groß-Gerau)Ingo WellenreutherKarl-Georg WellmannAnette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschElisabeth Winkelmeier-

BeckerDagmar WöhrlWolfgang ZöllerWilli Zylajew

SPD

Dr. Lale AkgünGregor AmannGerd AndresNiels AnnenIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldErnst Bahr (Neuruppin)Doris BarnettKlaus BarthelSören BartolSabine BätzingDirk BeckerUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergUte BergPetra Bierwirth

Lothar Binding (Heidelberg)Volker BlumentrittKurt BodewigGerd BollmannDr. Gerhard BotzKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann

(Hildesheim)Edelgard BulmahnMarco BülowMartin BurkertDr. Michael BürschChristian CarstensenMarion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannDr. Carl-Christian DresselElvira Drobinski-WeißGarrelt DuinDetlef DzembritzkiSiegmund EhrmannHans EichelPetra ErnstbergerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagPeter FriedrichSigmar GabrielMartin GersterIris GleickeGünter GloserRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnKerstin GrieseGabriele GronebergAchim GroßmannWolfgang GrotthausWolfgang GunkelHans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannAlfred HartenbachMichael Hartmann

(Wackernheim)Nina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksPetra HeßGabriele Hiller-OhmPetra Hinz (Essen)Gerd HöferFrank Hofmann (Volkach)Eike HovermannKlaas HübnerChristel HummeLothar IbrüggerBrunhilde IrberJohannes Jung (Karlsruhe)

Josip JuratovicJohannes KahrsUlrich KasparickDr. h.c. Susanne KastnerUlrich KelberChristian KleimingerHans-Ulrich KloseAstrid KlugDr. Bärbel KoflerKarin KortmannRolf KramerAnette KrammeErnst KranzNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerDr. Hans-Ulrich KrügerJürgen KucharczykHelga Kühn-MengelUte KumpfDr. Uwe KüsterChristine LambrechtChristian Lange (Backnang)Dr. Karl LauterbachWaltraud LehnHelga LopezGabriele Lösekrug-MöllerLothar MarkCaren MarksKatja MastHilde MattheisMarkus MeckelPetra Merkel (Berlin)Ulrike MertenDr. Matthias MierschUrsula MoggMarko MühlsteinDetlef Müller (Chemnitz)Michael Müller (Düsseldorf)Gesine MulthauptFranz MünteferingDr. Rolf MützenichThomas OppermannHolger OrtelHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßChristoph PriesDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeMechthild RawertSteffen Reiche (Cottbus)Maik ReichelGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-

HanewinckelWalter RiesterSönke RixRene RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth (Esslingen)Michael Roth (Heringen)Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)Anton SchaafAxel Schäfer (Bochum)

Bernd ScheelenDr. Hermann ScheerMarianne SchiederOtto SchilyUlla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)Dr. Frank SchmidtHeinz Schmitt (Landau)Carsten Schneider (Erfurt)Olaf ScholzOttmar SchreinerReinhard Schultz

(Everswinkel)Swen Schulz (Spandau)Ewald SchurerFrank SchwabeDr. Angelica Schwall-DürenDr. Martin SchwanholzRolf SchwanitzRita Schwarzelühr-SutterWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltAndreas SteppuhnLudwig StieglerRolf StöckelChristoph SträsserDr. Peter StruckJoachim StünkerDr. Rainer TabillionJella TeuchnerDr. h.c. Wolfgang ThierseJörn ThießenFranz ThönnesHans-Jürgen UhlRüdiger VeitSimone ViolkaDr. Marlies VolkmerHedi WegenerAndreas WeigelPetra WeisGunter WeißgerberGert Weisskirchen

(Wiesloch)Lydia WestrichDr. Margrit WetzelAndrea WickleinHeidemarie Wieczorek-ZeulDr. Dieter WiefelspützEngelbert WistubaDr. Wolfgang WodargWaltraud Wollf

(Wolmirstedt)Heidi WrightUta ZapfManfred Zöllmer

FDP

Jens AckermannDr. Karl AddicksChristian AhrendtDaniel Bahr (Münster)Rainer BrüderleAngelika BrunkhorstErnst BurgbacherPatrick DöringMechthild Dyckmans

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3842 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

(A) (C)

(B)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse

Jörg van EssenUlrike FlachOtto FrickePaul K. FriedhoffHorst Friedrich (Bayreuth)Dr. Edmund Peter GeisenHans-Michael GoldmannMiriam GrußJoachim Günther (Plauen)Dr. Christel Happach-KasanBirgit Homburger

Michael KauchDr. Heinrich L. KolbHellmut KönigshausGudrun KoppJürgen KoppelinHeinz LanfermannSibylle LaurischkIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerMichael Link (Heilbronn)

Patrick MeinhardtJan MückeBurkhardt Müller-SönksenDetlef ParrCornelia PieperGisela PiltzJörg RohdeFrank SchäfflerDr. Konrad SchilyMarina SchusterDr. Hermann Otto Solms

Dr. Max StadlerDr. Rainer StinnerCarl-Ludwig ThieleFlorian ToncarChristoph WaitzDr. Guido WesterwelleDr. Claudia WintersteinDr. Volker WissingHartfrid Wolff (Rems-Murr)Martin Zeil

(D)

Wir kommen nun zur Abstimmung über denEinzelplan 10 in der Ausschussfassung. Wer stimmt da-für? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ein-zelplan ist mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD ge-gen die Stimmen der drei anderen Fraktionenangenommen.

Ich rufe nun Einzelplan 09 und Zusatzpunkt 8 auf:

I.18 Einzelplan 09

Bundesministerium für Wirtschaft und Tech-nologie

– Drucksachen 16/1309, 16/1324 –

Berichterstattung:Abgeordnete Kurt J. Rossmanith Klaus-Peter Willsch Volker Kröning Ulrike Flach Roland Claus Anna Lührmann

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten MatthiasBerninger, Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf(Frankfurt), weiterer Abgeordneter und der Frak-tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Deutsche Steinkohle AG muss zügig belastba-res Datenmaterial vorlegen

– Drucksache 16/1672 – Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)Ausschuss für Arbeit und SozialesAusschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort demKollegen Rainer Brüderle, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Schon wieder Brüderle! – Steffen Kam-peter [CDU/CSU]: Die letzte Rede hat nichtviel getaugt!)

Rainer Brüderle (FDP): Nicht jeder hat meine Rede verstanden. – Herr Präsi-

dent! Meine Damen und Herren! Deutschland ist ein

Sanierungsfall. Die Lage ist ernst, so ernst, dass dieMehrwertsteuererhöhung, die größte Steuererhöhung,die diese Republik je erlebt hat, nicht ausreicht, die Lagezu verbessern. Das sagt die Bundeskanzlerin. Recht hatsie.

(Beifall bei der FDP)

Die Lage wird durch die Mehrwertsteuererhöhungnoch schlechter. Die Steuererhöhung ist die falsche Ant-wort auf die Probleme unseres Landes.

(Beifall bei der FDP)

Wie lösen wir die Probleme wirklich? Die Union siehtzur Steuererhöhung keine Alternative. Ich kann Ihnennur raten: Hören Sie auf den ökonomischen Sachver-stand in unserem Land! Wenn Sie das täten, dann bekä-men Sie eine Idee davon, was zu tun ist. Die Menschenmit diesem Sachverstand wissen es besser als Sie. Siewissen, dass wir Entlastung, nicht Belastung brauchen,dass wir mehr Freiraum und Freiheit, nicht mehr Bevor-mundung und Einengung brauchen. Die Strategie istnicht stimmig.

Bei der letzten Haushaltsberatung haben Sie, HerrGlos, die damalige Regierung gemahnt, endlich auf denökonomischen Sachverstand zu hören. Jetzt haben Siedie Chance, das selbst zu tun und die auf dem ökonomi-schen Sachverstand basierenden Ratschläge umzusetzen.Tun Sie es!

(Beifall bei der FDP)

Bisher haben Sie leider noch keinen Unfug der gro-ßen Koalition verhindert. Manche sehen in Ihnen jaschon den Problembären der Regierung,

(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)

so eine Art Bruno oder JJ1 der deutschen Volkswirt-schaft.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Was?)

– Den kennen Sie nicht? Sie müssen ab und zu Zeitunglesen, Frau Künast. Das ist halt schwierig.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Das lag an Ihrer englischen Ausspra-che, mit Verlaub!)

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Rainer Brüderle

– Entschuldigung. Sie wird in bestimmten Teilen vonBerlin natürlich nicht so gut verstanden.

Die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitutehaben im Frühjahrsgutachten davor gewarnt, zu glauben,die Konjunktur – sie erfährt eine Belebung – sei schonso günstig, dass man die Strukturreform jetzt nicht mehrangehen müsse, der Handlungsbedarf nicht mehr gege-ben sei. Im Gegenteil: Er ist unverändert groß. Wir sindbereits – so sagen die Fachleute – in der Spätphase desAufschwungs. Da ist ein Großteil schon absolviert. Wirsind vom Export abhängig. In der Weltwirtschaft wird esviele Faktoren geben, die die Dynamik schwächer wer-den lassen. Von daher werden wir keine Zusatzimpulsebekommen; die Impulse werden eher schwächer.

Zu den Maßnahmen, die Sie angehen müssen, zumRüstzeug für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung,gehört eine Unternehmensteuerreform, die den Namenverdient. Darüber gibt es bisher keine Klarheit. Sie ha-ben nur in einem Klarheit geschaffen: in der Mehrbelas-tung des Mittelstands. Sie haben aber keine Klarheit da-rüber geschaffen, wo es Entlastung gibt. Ich bleibedabei: Sie nehmen weg, Sie geben nichts und Sie schaf-fen keine Klarheit für die Investitionsentscheidungen inden Betrieben. Unklarheit ist Gift für die Wirtschaft. Siemuss rechnen können. Rechnen kann man nur bei Klar-heit. Die Klarheit gibt es aber nicht.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehören die betrieblichen Öffnungsklauseln, da-mit Mitarbeiter und Unternehmensleitung ihren Weg fürein erfolgreiches Handeln finden können. Ihnen dieseMöglichkeit zu geben, das haben Sie, Herr Glos, mit unsimmer wieder gefordert. Heute ist das völlig vergessen;kein Wort mehr von der Möglichkeit für betrieblicheBündnisse für Arbeit.

Eine Privatisierungsoffensive bräuchten wir drin-gend. Der Staatsanteil ist entschieden zu hoch. Wenn dieVerbände der mittelständischen Wirtschaft tagen, höreich immer ein Hohelied. Es wird gesagt, wie tüchtig undbrav alle sind. Nur, man gibt ihnen keinen Spielraum da-für, dass sie aus ihrer Tüchtigkeit mehr machen, mehrArbeitsplätze schaffen und ein höheres Ergebnis erzielenkönnen. Wir müssen Handschellen abnehmen, damitdiejenigen, die in unserem Land etwas tun wollen, diesauch tun können – zu unser aller Nutzen.

(Beifall bei der FDP)

In der Sozialversicherung müssen die Prinzipien derEigenvorsorge und Eigenverantwortung Raum bekom-men. Was die Gesundheitsreform angeht, entwickelt sich– das wurde schon mehrfach angesprochen – ein Hor-rorszenarium. Das ist das Gegenteil von den Bedingun-gen, die es Mittelstand und Wirtschaft erlauben, Neuesauf den Weg zu bringen.

Ich nenne die Stichworte: Antidiskriminierungsge-setz, Reichensteuer, Mindestlohn. Ihr Konjunkturpaketbesteht weitgehend aus Subventionen. Das ist weiter derfalsche Weg. Das ist nicht der Ansatz, um voranzukom-men.

Sie wollen in diesem Jahr nicht sparen. Nur100 Millionen Euro sparen Sie in diesem Haushalt ein,weil Sie – so sagen Sie – den Aufschwung nicht gefähr-den wollen. Wahrscheinlich sagen Sie im nächsten Jahr,dass Sie die Haushaltskonsolidierung wegen des ein-setzenden Abschwungs nicht fortsetzen können. Wenndas so weitergeht, dann werden wir den Haushalt nie inOrdnung bringen. Deshalb muss eine solide Politik dieGrundlage sein.

Wir müssen beim Staat das machen, was jeder Bürgerin unserem Land macht: Wenn wir mehr ausgeben, alswir einnehmen, müssen wir uns nach der Decke streckenund dürfen uns nur das erlauben, was wir uns auch erlau-ben können.

(Beifall bei der FDP)

Sie machen es anders. Die Bürger werden abkassiert.Das ist das falsche Denken beim Staat.

(Beifall bei der FDP)

Sie müssen den Haushalt konsolidieren, ja. Aber Siemachen es von der falschen Seite. Von der Ausgaben-seite und nicht von der Einnahmeseite müssen Sie es ma-chen. Die Einnahmen des Bundes sind von Januar bisMai um fast 11 Prozent gestiegen. Sie nehmen ständigmehr Geld ein. Es ist also nicht so, dass weniger Geld indie Kasse hineinkommt. Aber das Problem ist, dass Siemit dem Geld nicht umgehen können. Deswegen kom-men Sie mit dem Haushalt einfach nicht klar.

Ein Unternehmen saniert man nicht, indem man zurBank geht und immer neue Kredite aufnimmt. Ein Un-ternehmen saniert man, indem man Kosten reduziert, dieEffizienz steigert, neue Produkte entwickelt und eine in-telligente Strategie entwirft. Das ist der Weg, wie maneine Sanierung vornimmt. Aber genau diesem Weg ver-schließen Sie sich.

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sie sind ein schlechter Betriebswirt!)

Sie müssen es also genau umgekehrt machen: Sie müs-sen der Wirtschaft mehr Luft zum Atmen geben und bes-sere Bedingungen schaffen, damit die Wirtschaft mehrwächst. Herr Ramsauer, ohne mehr Wachstum werdenSie den Haushalt nie in Ordnung bringen. Wachstum istdie Grundvoraussetzung dafür, den Haushalt zu sanie-ren.

Sie machen es aber umgekehrt. Im Grundgesetz istverankert, dass nicht mehr Schulden gemacht werdensollen, als Investitionen erfolgen. Sie behaupten aber,Sie müssten zur Abwehr des gesamtwirtschaftlichen Un-gleichgewichtes die Verschuldung über diese Grenze er-höhen. Das ist nicht nur vom Wortlaut, sondern auchvom Geiste der Verfassung her ein Verfassungsbruch.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiterer Punkt ist für mich genauso schwerwie-gend. Was Sie machen, ist ökonomisch unsinnig; dennso können Sie die Wirtschaft nicht in Gang bringen. Esgibt also einen doppelten Grund, die Strategie zu ändern.

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Rainer Brüderle

Eine Konsequenz Ihres falschen Handelns ist, dassSie das Vertrauen, das die große Koalition in der Bevöl-kerung hatte, bereits zum großen Teil verspielt haben.Bisher verdient die Bundesregierung allenfalls den gol-denen Goleo für eine schlechte, aber nicht für eine er-folgreiche Wirtschaftspolitik.

Es wird höchste Zeit, Herr Bundeswirtschaftsminis-ter. Sie sind aufgrund Ihrer Aufgabenstellung das ord-nungspolitische Gewissen der Regierung. Sie müssendiesem Spuk an Unfreiheit und Staatsinterventionismusein Ende bereiten, Herr Glos. Franken gelten als mutig.Hauen Sie also endlich auf den Tisch und machen SieSchluss mit Marx und Murks! Das Land hat eine besserePolitik verdient.

(Beifall bei der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Das war unterdurchschnittlich, Herr Brüderle!)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegen Kurt Rossmanith, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Einen schönen guten Morgen, Herr Präsident! Meine

sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Was Kol-lege Brüderle gerade dargestellt hat, war eine Art Schau-ermärchen. Wir sollten versuchen – das sollten auch Sie,Herr Brüderle, und die FDP tun –, dieses Land nichtschlecht zu reden.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das Wort Sa-nierungsfall kommt doch von der Bundeskanz-lerin!)

– Sie müssen die ganze Wahrheit sehen und nicht nur dieHälfte.

Wir haben schon während des Wahlkampfs offen undehrlich gesagt, was notwendig ist. Das übersetzen wirjetzt in aktive Politik. Sie können doch nicht negieren,dass wir eine so gute wirtschaftliche Situation haben wieseit 16 Jahren nicht mehr. Alle Zeichen deuten auf einepositive Entwicklung.

Sie kritisieren die Mehrwertsteuererhöhung. In die-sem Zusammenhang zitieren Sie Institute, die Sie abernicht namentlich nennen. Ich will es etwas konkretermachen: Das Ifo-Institut vertritt die Position, dass esdurch die Mehrwertsteuererhöhung im nächsten Jahrkeinen Dämpfer für die Konjunktur geben wird. Dennder entscheidende Punkt ist – das haben Sie selber ge-sagt –, dass aufgrund der Mehreinnahmen bei der Mehr-wertsteuer die Lohnzusatzkosten gesenkt werden. Sieliegen ab dem nächsten Jahr unter 40 Prozent. Die Erhö-hung der Mehrwertsteuer sorgt also für eine Entlastungbei den Sozialversicherungsbeiträgen.

Man kann nicht wie Sie einfach sagen: sparen, sparen,sparen. Sparen ist sicherlich ein wichtiger Aspekt. Wirwollen neben sanieren und reformieren aber auch inves-tieren. Entscheidend ist dabei, die wirtschaftlichen In-vestitionen nicht zu vergessen. Man wäre ein schlechterKaufmann und ein schlechter Volkswirtschaftler, wenn

man nicht bedenken würde, dass Investitionen für dieZukunft notwendig und erforderlich sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder SPD sowie des Abg. Oskar Lafontaine[DIE LINKE])

Was brauchen wir in diesem Land? Wir brauchen fürunsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in diesem Landimmer noch rund 4,5 Millionen neue Arbeitsplätze bzw.dank der jüngsten erfreulichen Entwicklung etwas weni-ger. Wir können nämlich jetzt insofern einen positivenTrend verzeichnen, als über 300 000 zusätzliche Arbeits-plätze entstanden sind. Wir müssen nun dafür sorgen,dass sich dieser Trend fortsetzt. Deshalb ist es wichtig– ich bin überzeugt davon, dass das geschehen wird –,dass der von uns eingebrachte Einzelplan des Bundes-ministers für Wirtschaft und Technologie in seinen Eck-daten den Dreiklang von sanieren – investieren – refor-mieren unterstützt.

Die Gesamtausgaben von 5,72 Milliarden Euro fürWirtschaft und Technologie stellen gegenüber dem be-reinigten Haushalt des Vorjahres – diese Bereinigung istnötig, weil das Ministerium geteilt wurde und der Be-reich Arbeit wieder einem anderen Ministerium zugeteiltwurde – eine Erhöhung von 1,1 Milliarden Euro dar.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Man sollte schon nach außen hin vertreten, dass dieseAufstockung von 1,1 Milliarden im ForschungsbereichTeil der 6-Milliarden-Initiative bis zum Jahr 2009 sind.Wo können wir denn Arbeitsplätze schaffen? Da wir inDeutschland keine natürlichen Ressourcen haben, ist esdoch notwendig, Forschung und Zukunftstechnologienzu stärken, indem der Bundestag für entsprechendestaatliche Rahmenbedingungen sorgt.

Mit diesem Dreiklang sanieren – investieren – refor-mieren verfolgen wir hauptsächlich ein Ziel, nämlichArbeitsplätze zu schaffen.

Die genannte Hochtechnologieinitiative ist dabei einganz wesentlicher Punkt.

Daneben muss das Bundesministerium für Wirtschaftund Technologie auch einen Beitrag zur Konsolidierungdes Bundeshaushaltes leisten; diesen haben Sie völlignegiert. Dabei leistet es für die Sanierung des Bundes-haushaltes einen nicht unwesentlichen Beitrag. Diese Li-nie werden wir in den kommenden Jahren weiter verfol-gen.

Ich glaube aber, dass die vornehmste Aufgabe, dievon wirtschaftspolitisch Handelnden gefordert wird, dieSchaffung von Rahmenbedingungen ist, die nicht ein-engen. Gerade dieses Ziel verfolgen wir mit unseren Re-formansätzen. Sie können doch nicht verlangen, dassnach einem guten halben Jahr schon alles Wirkung zeigt.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Brüderle kann das, ohne mit der Wimper zu zucken!)

Die große Koalition hat aber nach einem guten halbenJahr schon vieles auf den Weg gebracht und wird nocheiniges Weitere auf den Weg bringen.

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Kurt J. Rossmanith

So haben wir für die Energieforschung, die eine ganzwichtige Zukunftstechnologie ist, beispielsweise130 Millionen Euro vorgesehen. Was würden Sie, meineverehrten Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dennsagen, wenn wir da überhaupt nichts machen würden?Sie fordern – in diesem Punkt haben Sie Recht – die Un-terstützung und Stärkung der Forschung an Zukunfts-technologien. Dazu gehört dann natürlich auch das fi-nanzielle Engagement.

Rund 600 Millionen Euro beträgt der Haushaltsansatzfür den Bereich, der den Motor unserer Wirtschaft aus-macht, nämlich die Mittelstandsförderung.

Für Forschung, Entwicklung und Innovation im Mit-telstandsbereich sind 480 Millionen Euro vorgesehen.Das ist schon eine namhafte Summe. Weil gerade diekleinen und mittelständischen Unternehmen nicht in derLage sind, Forschungsvorhaben ganz alleine zu schul-tern, ist es notwendig, sie entsprechend zu unterstützen.Es ist ja nicht so, dass dieses Geld großen Unternehmenzugute kommt. Vielmehr sind wir uns bewusst, dass dermittelständische Bereich bei Zukunftstechnologien einefeste Größe in der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner undmittlerer Unternehmen stehen 120 Millionen Euro zurVerfügung. Auch das ist ein ganz wichtiger Posten, weilwir wissen, dass in diesen Unternehmen Arbeitsplätzegeschaffen werden.

Was die Außenwirtschaft betrifft, so können wir unsnicht darauf ausruhen, dass wir Exportweltmeister sind.Das wollen wir selbstverständlich auch in Zukunft blei-ben. Jedoch muss etwas dafür getan werden, damit dasso bleibt. Mit den 36 Millionen Euro, die für Auslands-messen vorgesehen sind, unterstützen wir wiederum be-sonders die kleinen und mittleren Unternehmen. Damitwerden sie in die Lage versetzt, ihre hoch innovativenProdukte auf Auslandsmessen zu präsentieren. Nur sosind diese Unternehmen in der Lage, ihre Produkte aufausländischen Märkten anzubieten.

Die Luft- und Raumfahrt stellt eine Zukunftstech-nologie dar. Das ist ein ganz wichtiger Bereich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sollten uns in diesem Zusammenhang nicht von derDiskussion in unserem westlichen Nachbarland, die ichvon Staats wegen sehr bedaure, verrückt machen lassen.Ich will andere Regierungen nicht kritisieren, aber das,was sich vorgestern in der Nationalversammlung abge-spielt hat, halte ich nicht für glücklich. Das war keinGlücksfall in der Geschichte des gemeinsamen Unter-nehmens. Hier sollte man Ruhe bewahren. Bei diesemgroßartigen Produkt kam es aufgrund technischer Ab-stimmungen zu einer Verzögerung bei der Auslieferung.Man konnte den engen Zeitrahmen, den man sich ge-steckt hatte, nicht einhalten. Die Techniker glauben nuneinmal gerne, dass die Dinge schneller vorangehen, alses in der Realität der Fall ist. Die Probleme gibt es nichtnur bei europäischen Luftfahrtunternehmen, sondernauch bei denen jenseits des Atlantiks. Auch die Entwick-lung des Dreamliners liegt nicht im Zeitrahmen und es

wird Verzögerungen geben. Ich sehe das alles sehr gelas-sen und hoffe, dass wieder Ruhe hereinkommt und dassman vonseiten der Politik nicht noch Öl ins Feuer gießt.

Die Steinkohlesubvention macht einen wesentlichenTeil des Haushaltes aus. Lassen Sie mich deshalb etwaszu dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Frak-tion der Grünen sagen. Der Antrag ist im Prinzip nichtfalsch.

(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Nur ist dieser Antrag längst überholt. Hätten Sie Ihre Be-richterstatterin gefragt, dann hätte sie Ihnen sagen kön-nen, dass den Forderungen, die Sie in Ihrem Antragaufstellen, längst entsprochen worden ist. Das Bundes-ministerium für Wirtschaft hat in Abstimmung mit derLandesregierung von Nordrhein-Westfalen erstens mitdem Bergbau gemeinsam die notwendigen Grunddatengeklärt und die RAG bzw. die Deutsche Steinkohle AGverpflichtet, konkrete Rechnungen vorzulegen.

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Ach so!)

Zweitens wird das von Ihnen geforderte Gutachten – dasmuss vorher natürlich inhaltlich geklärt werden – in Auf-trag gegeben. Ich kann Ihnen nur empfehlen, den Antragzurückzuziehen, wenn Sie auf der Höhe der Zeit bleibenwollen. Er ist mehr als überholt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wenn Herr Rossmanith das sagt, dannmuss das wohl stimmen!)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Kollege Rossmanith, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Lührmann?

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Selbstverständlich, Herr Präsident.

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Bitte schön.

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrter Herr Kollege Rossmanith, es freut

mich, dass Sie etwas zu dem Posten sagen, der ein Drit-tel des Wirtschaftsetats ausmacht, nämlich zu der Stein-kohlesubvention. Es freut mich, zu hören, dass die Bun-desregierung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat. Ichhabe mich bemüht, den entsprechenden Titel für dasGutachten zum Börsengang der RAG herauszufinden.Die Antwort auf meine Frage liegt jetzt in der Geheim-schutzstelle. Vielleicht können Sie mir öffentlich beant-worten, welches Gutachten unter welchem Titel die Bun-desregierung in Auftrag gegeben hat.

Sie haben ferner gesagt, dass sämtliche Teile unseresAntrages überholt sind. Ihnen ist sicherlich aufgefallen,dass in unserem Antrag steht, dass wir aus dem subven-tionierten Bergbau aussteigen wollen. Mich würde in-teressieren, ob Ihr Koalitionspartner das genauso sieht.

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Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Erstens. Ich spreche hier für die CDU/CSU-Fraktion.

Ich sehe, dass wir in der Koalition auch diesbezüglichübereinstimmen.

Zweitens. Wenn dieses Gutachten in der Geheim-schutzstelle liegt, dann liegt das sicherlich daran, dass esbetriebsinterne Daten enthält, die man nicht einfach öf-fentlich preisgeben kann. Frau Kollegin Lührmann, Siehaben die Zugangsberechtigung. Sie können dieses Gut-achten und den Auftrag also in der Geheimschutzstelleeinsehen. Ich empfehle Ihnen, dies zu tun. Dann werdenSie alle Informationen, die Sie wünschen, erhalten. ImÜbrigen: Das ist richtig so; deswegen haben wir das sovorgesehen.

Ich sage noch einmal: Ihr Antrag ist vom Grundprin-zip her nicht falsch, er ist aber überholt, weil allen For-derungen bereits entsprochen wird. Deshalb empfehleich Ihnen, im Anschluss an die Debatte in die Geheim-schutzstelle zu gehen. Dort werden Sie die Informatio-nen finden.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: KollegeRossmanith begleitet Sie gerne, Frau Lühr-mann!)

Herr Präsident, ich will und muss zum Ende kommen.An und für sich wollte ich noch einen Punkt – es ist eineAufforderung – ansprechen: Wir müssen dafür Sorge tra-gen – ich weiß, dass wir alle uns darüber einig sind –,dass auch in diesem Jahr jeder junge Mensch, der eineAusbildungsstelle sucht, auch eine erhält.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich halte das für eine Aufgabe, der wir uns gemeinsamwidmen müssen. Ich appelliere auch an die Wirtschaft;denn auch sie muss die demografische Entwicklung be-achten und sehen, dass die Anzahl der jungen Menschenin Zukunft leider Gottes immer weiter sinkt. Deswegenist es wichtig, heute auszubilden.

Ich darf mich sehr herzlich bedanken, und zwar nichtnur für die Aufmerksamkeit zu dieser frühen Morgen-stunde, sondern auch bei den Kolleginnen und KollegenBerichterstattern sowie den Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern des Hauses und des Finanzministeriums.

Ich empfehle und bitte Sie, dem Einzelplan 09 zuzu-stimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegen Herbert Schui, Fraktion

Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am ver-

gangenen Mittwoch haben sich die Redner der Koalitiongegenseitig wegen ihres Mutes gelobt. Herr Struck vonder SPD nennt die Entscheidung von Herrn Müntefering,ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren zu fordern, mutig.Herr Kollege Scholz, SPD, sagt, dass die gegenwärtigen

Kürzungen bei der Sozialpolitik an eine der mutigstenReformpolitiken der letzten Jahrzehnte anknüpfen. Erstellt fest: Wir sind miteinander mutig. Das ist also einegroße Koalition der Mutigen.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Ist es aber wirklich mutig, den Sozialstaat zu beseiti-gen? Ist es mutig, es den Machtlosen zu nehmen, die Ar-men ärmer zu machen? Ich erinnere an das Hartz-IV-Optimierungsgesetz. Die meisten Mitglieder des Kabi-netts haben im vergangenen Herbst eine religiöse Eides-formel gewählt. Deswegen ist es, so meine ich, zulässig,ihren mutigen Kampf gegen die Armen unter christlich-moralischen Gesichtspunkten zu beurteilen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie stehen Sie zu dem Satz: „Was ihr dem geringstenmeiner Brüder getan habt...“ – wie das Zitat weitergeht,können Sie bei Ihren Ministern oder der Frau Bundes-kanzlerin erfragen.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Mutig wäre es, den geringsten Brüdern – und sicher-lich auch den Schwestern – nichts anzutun, sondern sichmit den Mächtigen anzulegen. Nehmen Sie es doch mitden Unternehmen auf!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Merkel hat am vergangenen Mittwoch davon ge-redet, dass bei der Unternehmensteuerreform mutigeSchritte gemacht werden. Dieser Mut bedeutet:8 Milliarden Euro mehr Gewinn durch die Halbierungdes Körperschaftsteuersatzes. Wirklich mutig wäre esdagegen, die Steuern auf Gewinne, Dividenden, Zinsein-nahmen und hohe Vermögen zu erhöhen.

(Beifall bei der LINKEN)

Schon etwas mutig ist dagegen, dass Herr MinisterSteinbrück einräumt, dass die Regelgrenze in Art. 115des Grundgesetzes zwar überschritten wird, dass diesaber keineswegs verfassungswidrig ist. Hier hat der Fi-nanzminister Recht. Ich will noch einige Gründe bei-steuern, damit noch deutlicher wird, wie sehr er Rechthat.

Durch Art. 115 des Grundgesetzes wird bekanntlicheine Kreditaufnahme, die die öffentlichen Investitionenübersteigt, erlaubt, wenn dies zur Abwehr einer Störungdes gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts notwendigist.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie haltendie falsche Rede! Wir sind beim Wirtschafts-haushalt und noch nicht in der dritten Lesung!)

– Wir sind beim Haushalt. – Was die Merkmale einessolchen Gleichgewichts sind, wird in § 1 des Stabilitäts-gesetzes definiert, nämlich ein stabiles Preisniveau, einhoher Beschäftigungsstand, ein außenwirtschaftlichesGleichgewicht und ein angemessenes Wachstum.

Keineswegs im Gleichgewicht sind aber der Arbeits-markt und die Außenwirtschaft. Die Arbeitslosenquotebeträgt 11,7 Prozent, der Handelsbilanzüberschuss be-

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Dr. Herbert Schui

trägt 161 Milliarden Euro und der Leistungsbilanzüber-schuss beträgt 92 Milliarden Euro. Damit ist gesagt:Auch der Überschuss der Außenwirtschaftsbilanz bedeu-tet ein Ungleichgewicht. Gemäß dem Stabilitätsgesetzwerden durch dieses Ungleichgewicht Kreditaufnahmenermöglicht, die die Investitionen des Staates übersteigen.

Nun sagen Sie nicht, man könne nichts dagegen tun,weil die deutschen Produkte ja so wettbewerbsfähig, dasheißt, so billig und von so hoher Qualität, sind, dassüberall ein Markt für sie gefunden wird. Die Lösung desProblems der Herstellung eines außenwirtschaftlichenGleichgewichts heißt: nicht weniger deutsche Exporte,aber mehr Importe nach Deutschland. Diese hängen vomdeutschen Wirtschaftswachstum ab. Dazu muss dieNachfrage in Deutschland steigen. Das ist dann der Fall,wenn die Löhne und Sozialeinkommen zunehmen; dennvon einem Euro zusätzlichem Einkommen werden etwa28 Cent für Importgüter ausgegeben. Mit Haushalts-defiziten lässt sich zusätzliches Wachstum anschieben,immer vorausgesetzt, dass durch die Mehrwertsteuer-erhöhung nicht an anderer Stelle eine Nachfragelückegeschaffen wird. Das Wachstum kann nur durch eine an-gemessene Einkommensverteilung aufrechterhalten wer-den.

(Beifall bei der LINKEN)

Die allgemeine Schlussfolgerung heißt: Der Haushaltist deswegen im Einklang mit der Verfassung, weil durchHaushaltsdefizite mehr Nachfrage geschaffen wird undweil mehr Nachfrage zu mehr Wachstum führt. Wachs-tum ist gut für den Arbeitsmarkt, es bringt aber auch dieAußenwirtschaftsbilanz ins Gleichgewicht. Das ist so,weil mehr Wachstum höhere Importe bedeutet.

Deutschland braucht also eine Politik, die zu mehrNachfrage und Wachstum führt, damit die Handelspart-ner nicht genötigt werden, ihr Wachstum beispielsweisedurch Zinserhöhungen zu drosseln, wie dies in den USAder Fall ist. Wir provozieren durch unsere Außenhan-delsüberschüsse, dass sich die Weltkonjunkturlokomo-tive Vereinigte Staaten genötigt sieht, das Wachstum zudrosseln, um mit ihren Defiziten klarzukommen.

Frau Merkel hat in ihrer Rede beim Bundesverbandder Deutschen Industrie am vergangenen Dienstag ge-sagt: Wir wissen, dass eine Mehrwertsteuererhöhungvon faktisch 2 Prozent natürlich Auswirkungen auf dieKonjunktur haben kann. Ähnlich äußerte sich Herr Kau-der am Mittwoch hier im Bundestag: Für den Weg ausdem Verschuldungsstaat gibt es aus Sicht der Koalitionkeine überzeugende Alternative neben der Erhöhung derMehrwertsteuer. Ähnlich sah das Finanzminister Stein-brück am 19. Mai 2006: Ohne eine Erhöhung der Mehr-wertsteuer laufe man in eine Schuldenfalle hinein. Auchwenn sie in dieser Phase für konjunkturpolitisch schäd-lich zu halten sei: Dieser Nachteil sei gegenüber anderenNachteilen abzuwägen.

Mit etwas Mut allein schon zum Denken sind die fol-genden Nachteile tatsächlich gegeneinander abzuwägen:Eine höhere Mehrwertsteuer senkt das Wachstum ausNachfragegründen ab. Unzutreffend wird behauptet,dass höhere Steuern auf Gewinne aus Kostengründen

das Wachstum verringern. Aber lassen wir dieses Kos-tenargument einmal gelten. Dann ist doch politisch ab-zuwägen, ob der Haushalt durch eine Steuererhöhungkonsolidiert werden soll, die das Einkommen der großenMehrheit der Bevölkerung schmälert, oder durch die Er-höhung von Steuern, die einzig aus dem Gewinneinkom-men gezahlt werden. Es gibt also bei der Konsolidierungder Haushalte eine Alternative zur Mehrwertsteuererhö-hung.

(Beifall bei der LINKEN)

Hat Ihnen der Mut gefehlt, an diese Alternative auch nurzu denken, oder stehen Sie am Ende auf der falschenSeite?

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegen Volker Kröning, SPD-

Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Volker Kröning (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wie bei der ersten Lesung des Bundeshaushaltes2006 vor knapp drei Monaten wird der Einzelplan 09 fürWirtschaft und Technologie auch in der zweiten Lesungam Schluss der Haushaltswoche debattiert, auf dem pro-minenten Platz vor den Einzelplänen 32 und 60, Bundes-schuld und Allgemeine Finanzverwaltung. Wie auch im-mer man das interpretieren will: Die Überleitung zurdritten Lesung ist erkennbar.

Die Beiträge von Herrn Brüderle und Herrn Schui habengezeigt, dass wir bereits mitten in der Abschlussrundesind. Beide haben sich erkennbar sowohl mit Bundes-minister Glos als auch mit Bundesminister Steinbrückgerieben. Doch wie so oft, Herr Brüderle, war Ihre Redemehr eine Büttenrede als ein Sachbeitrag. Herr ProfessorSchui, so interessant Ihre Grundsatzausführungen waren,so wenig helfen sie praktisch weiter. Es ist auch bezeich-nend, dass dazu gar keine Anträge vorliegen.

(Zuruf von der LINKEN: Sind Sie hier der Oberlehrer?)

Aus unserer Sicht kann man nur sagen: Wirtschaftund Finanzen bleiben unser Schicksal. Sie bleiben – dassage ich ganz offen – die Bewährungsprobe der großenKoalition. Das war auch von 1966 bis 1969 so. Doch wiezweischneidig historische Vergleiche sind, zeigt die an-dere Bewährungsprobe, die uns vor der Sommerpausebevorsteht, nämlich die Modernisierung der bundesstaat-lichen Ordnung. Auch dabei streiten wir darüber, welcheAnforderungen die Entscheidungssituation hier undheute an uns Politiker stellt. Es ist Spekulation, wie dienächste Generation über unsere Entscheidungen denkenwird. Schlüsse von damals auf heute sind nicht möglich,zum Beispiel dahin gehend, dass wir uns gegenüber1969 korrigieren wollten und wir heute auf dem bestenWege seien, Fehler zu machen. Wir handeln mit dem

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Volker Kröning

besten Wissen und Gewissen, Fehler zu korrigieren undnachhaltige Politik zu machen.

Auch bei Wirtschaft und Finanzen kommt es daraufan, eine strenge Analyse anzustellen und die Problem-lösungen darauf aufzubauen. In finanzpolitischer Hin-sicht hat uns dazu kürzlich die EU-Kommission insStammbuch geschrieben, dass sich die Bilanz des erstenJahres nach der Reform des Stabilitäts- und Wachstums-paktes zwar sehen lassen kann, dass zentrale Problemeaber noch ungelöst sind. Zitat:

Die größte Herausforderung besteht jedoch nachwie vor darin, über die Korrektur übermäßiger De-fizite hinauszugehen und durch Verstärkung derKonsolidierungsbemühungen in besseren Zeitenmittelfristig eine sichere Haushaltsposition zu errei-chen.

Das heißt beinhart, liebe Kolleginnen und Kollegengerade auch von der Opposition, dass wir uns sowohl ummehr Einnahmen kümmern müssen – besonders bei densteuerlichen Begünstigungen und Ausnahmen – als auchund vor allem um mehr Ausgabendisziplin.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Herr Brüderle, Stabilität und Wachstum, das Mischungs-verhältnis und die Verteilung beider Anstrengungen aufder Zeitachse sind Regierungskunst. Da sind wir uns si-cherlich im Ob einig und streiten uns nur über das Wie.

Herr Kollege Schui, es wird in den nächsten Jahren,sowohl was die Haushaltsdisziplin als auch was dieHaushaltsstrukturen angeht, darum gehen, den Doppel-kurs von Stabilität und Wachstum weiter zu verdeutli-chen und zu verstärken.

Am Haushalt des Wirtschaftsministeriums interes-siert, welche Beiträge dieses Ressort zur Sanierung derStaatsfinanzen und zur Lösung der strukturellen Pro-bleme leistet. Da wir uns in der zweiten und noch nichtin der dritten Lesung befinden, möchte ich, wie es auchder Kollege Rossmanith getan hat, einen Schwerpunktals Haushälter setzen. Es müssen keine Einzelheiten auf-gezählt werden, auch nicht als Referat zu den Einzel-planberatungen in den Monaten März und April 2006.Der Bericht des Haushaltsausschusses liegt Ihnen vor;auf knappen drei Seiten geht es darin um den Haushaltfür Wirtschaft und Technologie.

Welche sind unsere Grundlinien? Gegenüber 2005wächst der Haushalt um 1,1 Milliarden Euro auf 5,7 Mil-liarden Euro. In der mittelfristigen Finanzplanung isteine Steigerung auf 5,9 Milliarden Euro vorgesehen. Umdas nicht mit falschem Ausgabenwachstum zu verwech-seln: Das geht zurück auf den Neuzuschnitt des Ressorts,vor allen Dingen auf die Verstärkung des Teils Wirt-schaft um den Teil Technologie, und auf das 6-Milliar-den-Euro-Programm, mit dem die BundesrepublikDeutschland energisch die Lissabonstrategie verfolgt.

Die globale Minderausgabe, die im Entwurf derBundesregierung mit einer Höhe von 85 Millionen Euroangesetzt war, ist auf Vorschlag der Koalitionsfraktionenim Haushaltsausschuss bereits um 35 Millionen Euro ge-

senkt worden. 50 Millionen Euro müssen im Haushalts-vollzug also noch folgen.

Sorgen bereitet uns, und zwar über die Parteigrenzenhinweg, die Steigerung der globalen Minderausgabe inder bisherigen mittelfristigen Finanzplanung, in den Jah-ren 2007 bis 2009.

(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)

Sie soll sich nahezu verdreifachen. Dies könnte zu einemZielkonflikt zwischen Konsolidierung und Innovationführen. Darauf machen wir die Bundesregierung unmit-telbar vor der Aufstellung des Haushaltes 2007 und derFortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung biszum Jahre 2010, dem Zieljahr der Lissabonstrategie,aufmerksam.

Ich erlaube mir, davor zu warnen, diesen Konflikt, dernicht nur im Einzelplan 09 sichtbar wird, sondern auchin anderen Haushalten – besonders allerdings im Haus-halt Wirtschaft und Technologie –, im Haushalts-Soll zuverschleiern und die Budgetverantwortung durch globaleMinderausgaben von der Haushaltsaufstellung durch dasParlament in den Haushaltsvollzug durch die Bundesre-gierung zu verlagern, also den Versuch zu unternehmen,die Lösung dieses Konflikts in der Bewirtschaftung desHaushalts und im Haushalts-Ist zu vergraben bzw. – sokönnte man es auch nennen – zu verwursten.

(Beifall des Abg. Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU])

Das ist nicht mein Verständnis von erklärter und vollzo-gener Politik.

Herr Kollege Rossmanith, Herr Kollege Willsch undich haben als Berichterstatter der Koalition das in unse-ren Kräften Stehende getan. Sogar weitgehend im Ein-vernehmen mit der Opposition, jedenfalls mit dem frü-heren Koalitionspartner, den Grünen, und dem Beinahe-Koalitionspartner, der FDP, haben wir für die Teilauf-lösung der globalen Minderausgabe 2006 gesorgt. Schonwährend der Beratungen am 6. April dieses Jahres habenwir zudem die Freigabe von Mitteln für Forschung undEntwicklung in den Ressorts Bildung und Wirtschaftdurchgesetzt. – Das könnte eigentlich noch einmal mitBeifall versehen werden, aber es ist offenbar hinreichendbekannt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetender CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN)

Bei derselben Gelegenheit haben wir die Bundesre-gierung um einen Bericht über die Erfüllung des 3-Pro-zent-Ziels bis zur Mitte des Jahres gebeten.

(Dr. Herbert Schui [DIE LINKE]: Mutig! Mu-tig!)

– Das wird uns noch begleiten, Herr Schui. – Im Kerngeht es uns um die Frage – so heißt es im Beschluss desHaushaltsausschusses –, wie das Ziel, die Ausgaben fürForschung und Entwicklung bis 2010 auf insgesamt3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern, vonden Akteuren – dem Bund und den Ländern auf der ei-nen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite – er-reicht werden kann.

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Deshalb freue ich mich, dass diese Debatte just andem Tag stattfindet, an dem die in der Bundesregierungfür dieses übergreifende Politikthema verantwortlicheMinisterin, Frau Schavan, die Forschungsunion zwi-schen Staat und Wirtschaft begründet. Das ist ein neuerName für etwas, was auf den Innovationspakt zwischenBundeskanzler Schröder und den Regierungschefs derLänder auf der einen und Spitzenvertretern der deut-schen Wirtschaft auf der anderen Seite zurückgeht; mehrals zwei Jahre ist das jetzt her. Frau Schavan befindetsich dabei in bester Tradition ihrer Vorgängerin, der Kol-legin Edelgard Bulmahn.

(Beifall bei der SPD)

Wie ernst das Glaubwürdigkeitsproblem ist, das wirsowohl am kurzen wie auch am langen Ende der Finanz-planung lösen müssen, hat der Bericht zur technologi-schen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2006 gezeigt,den der Bundestag zusammen mit der Stellungnahmedes Bundesrates am 19. Mai 2006 diskutiert hat. Es mussklar ausgesprochen werden – gerade wenn man Stabilitätund Wachstum auf neuen Wegen erreichen will –:Deutschland verliert im internationalen Vergleich inno-vativer Volkswirtschaften immer noch an Boden. Wirhaben noch nicht genügend Boden wettgemacht, ge-schweige denn uns wieder ins vordere Feld vorgearbei-tet.

(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])

Wie es besser gehen kann, will ich kurz am Beispielder maritimen Wirtschaft zeigen – ich muss ja nun imGegensatz zu dir, Kurt, ein Nordthema wählen –: DiesesPolitikfeld wird auch während der PräsidentschaftDeutschlands in der Europäischen Union im erstenHalbjahr 2007 und mit Blick auf das kürzlich vorgelegteGrünbuch der Europäischen Kommission „Die künftigeMeerespolitik der Europäischen Union: eine europäischeVision für Ozeane und Meere“ eine Rolle spielen. HerrMinister Glos hat als Koordinator für diesen kleinen,aber feinen Wirtschaftszweig innerhalb der Bundesregie-rung vor einiger Zeit eine bemerkenswerte Rede gehal-ten, von der in der Presse leider nicht genügend zu lesenwar. Deshalb fordere ich ihn heute ein bisschen heraus.Ich freue mich übrigens, Herr Minister, dass Sie ähnlichwie Ihr Vorgänger die Küste schon einmal in Augen-schein genommen haben: Minister Clement war damalsin Bremerhaven, Sie waren in Stralsund – das nenne ichinnerdeutsche Verteilungsgerechtigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Die Neuausrichtung der Schiffbau- und Schifffahrts-politik der Bundesregierung – vier Maritime Konferen-zen und bemerkenswerte Ergebnisse sind der beste Be-leg für Innovationspolitik –, die unter BundeskanzlerSchröder begann und auf der die Bundeskanzlerin für dienächste Maritime Konferenz in Hamburg aufbauen kann,bestand in der Abkehr von der Subventionierung vonKaufverträgen, den so genannten Wettbewerbshilfen.Die Neuausrichtung setzte sich EU-konform mit den sogenannten Innovationshilfen fort, rückzahlbaren Zu-wendungen in Höhe von 20 Prozent der Aufwendungen,

rückzahlbar allerdings nur für den Fall, dass es gelingt,das Produkt am Markt anzubringen. Parallel ist ein neuesZinsausgleichssystem, das so genannte CIRR, einge-führt worden, das den Reedern einen Anreiz gibt, Auf-träge an deutsche Werften zu vergeben. Zusätzlich hat esin den letzten Wochen eine viel versprechende Verstän-digung zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaftund Technologie und den Wirtschaftsministerien – viel-fach auch Ministerien für Wirtschaft und Häfen – derKüstenländer gegeben. Die Länder erklären sich bereit,die Kofinanzierung der bisherigen Wettbewerbshilfenanalog zur Luftfahrtforschung auf die Innovationsförde-rung zu übertragen. Im Gegenzug hat sich der Bund be-reit erklärt, die CIRR-Finanzierung fortzusetzen und sieganz zu schultern. Diese Vereinbarung fügt sich finan-ziell und konzeptionell in den Innovationspakt ein. Sieist ein Beispiel für branchenbezogene Innovationspakte,von denen wir viele mehr brauchen. Ich hoffe, dass esIhnen, Herr Minister Glos, in den Verhandlungen mit Ih-ren Kollegen in den Chefgesprächen zum Haushalt 2007gelingt, diese Vereinbarung unterzubringen. Was Ihnennicht gelingt, wird uns noch parlamentarisch beschäfti-gen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Beispiel, dasich gewählt habe, illustriert allerdings leider auch, woranes dem Standort Deutschland ebenso wie an hinreichen-den Mitteln für Forschung und Entwicklung immer nochmangelt: Wie fast in der gesamten Industrie sucht derSchiffbau nämlich händeringend Nachwuchs, und zwarnicht nur Handwerker, sondern auch Ingenieure. ProJahr schließen nur 70 junge Leute ihre Ausbildung anden sechs schiffstechnischen Studiengängen in Deutsch-land ab, während 120 Ingenieure pro Jahr allein in dieserBranche gebraucht werden. Die Zulieferindustrie suchtdarüber hinaus zurzeit rund 1 500 Ingenieure, wie dieVerbände VSM und VDMA übereinstimmend berichten.

Der Staat ist also gefordert. Immerhin hat die Brancheeine Ausbildungsquote – nämlich ein Verhältnis vonAuszubildenden zur Gesamtbelegschaft – zu bieten, diehöher ist als im Durchschnitt aller Branchen, nämlich6 Prozent.

(Ulrike Flach [FDP]: Daran könnten sich an-dere Unternehmen ein Beispiel nehmen!)

Und – auch das könnte zu einem Innovations- und Aus-bildungspakt gehören –: Die Branche ist bereit, dieseQuote zu steigern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und derCDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach[FDP])

Herr Minister Glos, Sie haben neulich zusammen mitIhrem Kollegen Müntefering an alle Mitglieder desDeutschen Bundestages appelliert, in ihren Wahlkreisenfür zusätzliche Ausbildungsplätze zu sorgen. Das istbreit gehört worden. Wir an der Küste machen das.Wenn Sie mitmachen, wird uns das umso leichter fallen.

Ich begrüße, dass Sie sich in diesen Tagen auf derSpitzenebene mit Vertretern der deutschen Wirtschaftgetroffen haben, um die Gewinnung von Ausbildungs-plätzen ohne Nachhilfe des Gesetzgebers zu intensivie-

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ren. Dies bleibt eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.Dies bleibt ebenso eine Aufgabe beider Ebenen, sowohldes Bundes als auch der Länder. Es bleibt auch deshalbbesonders eine Aufgabe der Länder, weil es – dieseKlage hören wir immer wieder – nicht nur zu wenigAusbildungsplätze, sondern auch nicht genügend gutausgebildete Absolventen von den Schulen gibt. Dasmuss sich ändern. Auch dies muss zum Thema gesamt-staatlicher Politik gemacht werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch nach der Verfassungsreform wird der Bundestaghier ein Mitspracherecht behalten.

Neben den finanziellen und personellen Rahmenbe-dingungen von Innovation kommt es auf gute Gesetzge-bung an, wie es neuerdings nach Wiederentdeckung derTugend des guten Regierens heißt. Die Koalition kanndie Verabschiedung des Gesetzes über den Normenkon-trollrat in der letzten Sitzungswoche und des Mittel-standsentlastungsgesetzes in der nächsten Woche auf ih-rer Habenseite verbuchen. Auch dies zählt zu den vielenBausteinen der ersten 200 Tage. Wir reden nicht überdas, was im Lande schlecht ist, sondern wir reden überdas, was wir getan haben und tun wollen, um es besserzu machen.

Das Wirtschaftsministerium wird sich – davon habenwir Haushälter uns überzeugt – mit Kreativität an der Si-syphusarbeit des Bürokratieabbaus und der guten Ge-setzgebung weiterhin beteiligen, und zwar auch im Häu-serkampf.

(Gudrun Kopp [FDP]: Häuserkampf? Darunter können wir uns überhaupt nichts vorstellen!)

– Im Kampf der Ressortinteressen! – Es verdient dabeialle Unterstützung durch die Spitzen und im Zusammen-wirken mit dem Parlament. Das Ressort hat dafür wie ananderen Stellen zusätzliche Personalmittel erhalten, undzwar – damit Sie auch dies nicht missverstehen – im Ge-genzug zu Einsparungen, die es in anderen Bereichennachgewiesen hat.

Herr Bundesminister Müntefering hat in diesen Tagenangekündigt, die Abrechnung der Sozialversiche-rungsbeiträge zu vereinfachen, die zu einer jährlichenZusatzbelastung für die deutsche Wirtschaft in Höhe von8 Millionen Euro geführt hat. Ich danke Ihnen für dieseInitiative, Herr Minister. Das Bundesministerium für Ar-beit und Soziales will die umstrittene Regelung schnelländern. Ich rege namens der SPD-Fraktion an, diesenPunkt schon in der nächsten Woche in das erste Mittel-standsentlastungsgesetz aufzunehmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen ausdem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ist mirdaran gelegen, für das zweite Halbjahr 2006 ein zweitesMittelstandsentlastungsgesetz vorbereiten zu lassen.Der Maßnahmenkatalog, den das Bundeskabinett vonIhnen, Herr Minister Glos, im Frühjahr erhalten hat, um-fasst 37 Vorhaben und im Parlament gibt es etliche wei-tere Ideen. Ich will nur ein Beispiel nennen: die Kfz-Zu-

lassung. Der Streik im öffentlichen Dienst hat unshinreichend deutlich gezeigt, dass wir auch da im bestenSinne eines Benchmarking Anlass haben, von den Erfah-rungen anderer Länder innerhalb der EuropäischenUnion zu lernen. Wir sollten den Rückenwind der Föde-ralismusreform nutzen, um zu versuchen, unser bundes-staatliches Regelwerk weiter zu öffnen.

Es bleibt eine wichtige Aufgabe für das Ressort unddas Bundeskabinett insgesamt, die Bemühungen derLänder und der Europäischen Union um Bürokratieab-bau und eine bessere Gesetzgebung zu unterstützen. Wirhaben auf allen drei Ebenen den Auftrag, kleine undmittlere Unternehmen – ich nenne sie lieber direkt, alsden diffusen Begriff Mittelstand zu gebrauchen – darinzu unterstützen, sich besser im Dschungel staatlicher Re-gelungen zurechtzufinden. Noch besser wäre es, einenTeil dieses Dschungels niederzuschlagen.

Was die Einrichtung des Normenkontrollrates unddie skeptische Begleitmusik angeht, die in diesem Zu-sammenhang zu hören war, darf ich als Haushälter her-vorheben, dass der Haushaltsausschuss parallel zu seinerStellungnahme zu dem Gesetz die Bundesregierung auf-gefordert hat, zusätzliche Verwaltungskosten so geringwie möglich zu halten und dabei insbesondere so weitwie möglich auf externe Berater zu verzichten. Wir wer-den auch überwachen, ob sie unserer Forderung nach-kommt; die Möglichkeiten der Haushälter dazu sind un-auffällig, aber spitz.

(Ulrike Flach [FDP]: Das war mal ein vernünf-tiger Anfang!)

Zusätzliche Ausgaben sind im jeweiligen Einzelplan undausnahmsweise auch durch Ressortumlage einzusparen.Mit anderen Worten: Es entsteht kein Mehraufwand. Ichweise also den Vorwurf zurück, wir bekämpften Büro-kratie mit Bürokratie.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Der Haushaltsausschuss begrüßt, dass Herr MinisterGlos den Geschäftsbereich seines Ressorts einer umfas-senden Aufgabenkritik unterziehen will. Effizienzsteige-rung heißt nicht nur, mit weniger Mitteln die gleicheLeistung zu erzielen, sondern auch, aufgaben- und be-darfsgerechte Schwerpunkte zu bilden.

Deshalb hat der Ausschuss auf Antrag der Koalitions-fraktionen und mit Unterstützung von FDP und Grünenbei Enthaltung der Linken beschlossen, im Bereich derAußenwirtschaft die Standortwerbe- und Akquisitions-gesellschaften Invest in Germany und Industrial Invest-ment Council zusammenzulegen und die Verknüpfungmit den Auslandshandelskammern und der Bundesagen-tur für Außenwirtschaftsinformation zu verstärken.Wenn der deutsche Export – auf den oft unsere Auf-merksamkeit fixiert ist und auf den wir zu Recht stolzsind – auch mittelfristig dazu beitragen soll, das Wachs-tum zu stabilisieren, verdient sein weltweites Netzwerkdie Unterstützung des Parlaments. Wir können uns nichtdarauf ausruhen, was in diesem Bereich erreicht wurde.

Weitere kritische Vorschläge sind vorstellbar und lie-gen im Haushaltsausschuss – ich hoffe, auch im Fach-

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ausschuss – bereits vor. Ich will dem jetzt nicht vorgrei-fen. Lassen Sie mich stattdessen versuchen, den Kreis zuschließen.

Wenn man den Tenor der ersten Beratung im Märzmit der heutigen Debatte vergleicht, so ist man versucht,einen Kernbegriff der Konjunkturberichterstattung derletzten Wochen aufzugreifen. Es war von einem „Höhe-punkt“ – so das Zentrum für Europäische Wirtschaftsfor-schung – und von einem „Siedepunkt“ – so der DeutscheIndustrie- und Handelskammertag – die Rede. Ich finde,es verrät viel über den Stand der Wirtschaftswissenschaftund die Wirtschaftspolitik, dass immer wieder solch eineblumige Ersatzsprache gewählt wird, die weder die Wis-senschaft noch die Politik zufrieden stellen kann.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat in diesen Ta-gen festgestellt, dass der Mittelstand sein Stimmungs-hoch erreicht hat. Auch das ist eine zwiespältige Aus-sage. Dies sollte keine Momentaufnahme bleiben, HerrKollege Brüderle. Ich hoffe, dass der Mittelstand mitdazu beitragen wird, die konjunkturelle Entwicklung zustabilisieren. Das haben wir uns vorgenommen. DerHaushalt für Wirtschaft und Technologie soll dazu einenBeitrag leisten. Ich bitte deshalb wie mein Kollege vonder Union um Zustimmung zu diesem Einzelplan.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegin Thea Dückert, Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

konjunkturelle Situation ist gut; das, glaube ich, kannman feststellen. Das ist aber kein Lob für diese Regie-rung; denn eines ist sicher: Der Bundeswirtschaftsminis-ter hat mit dieser positiven wirtschaftlichen Entwicklungnichts zu tun. Es gibt sie eher trotz des Wirtschaftsminis-ters.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine falscheAnalyse!)

Wirklich dramatisch ist, dass der Wirtschaftsminister derBundesrepublik Deutschland tatkräftig dazu beiträgt,dass wir zukünftig auf einen konjunkturpolitischenAbenteuerkurs geraten.

Das prognostizierte Wachstum in Deutschland liegtzwischen 1,8 und 2 Prozent. Wir haben vorhin gehört,dass die Steuereinnahmen jeden Monat stärker sprudeln.Trotzdem stellt dieser Wirtschaftsminister eine Störungdes gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts fest. Ichfrage Sie, Herr Glos: Welche Wachstumsraten müsseneigentlich erreicht werden, welche zusätzlichen Steuer-einnahmen müssen erzielt werden, bevor Ihnen dieSchamesröte ins Gesicht steigt, wenn Sie so etwas ver-künden?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das sagen

ausgerechnet Sie als Wachstumsbremse! –Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die personifi-zierte Wachstumsbremse fragt nach Wachs-tum!)

Die konjunkturelle Situation ist günstig. Sie aber trei-ben die Neuverschuldung auf einen historischen Höchst-stand. Der Grund ist, dass dieser Regierung die Kraftfehlt zu einer haushaltspolitischen Konsolidierung, diedurch dringend überfällige Strukturreformen zu errei-chen ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN)

Dafür gibt es viele Beispiele im Haushalt. Das beste Bei-spiel für Ihren Haushalt, Herr Glos – es wurde vorhinschon angesprochen –, liegt auf der Hand: die Steinkoh-lesubventionierung. Der Kollege Rossmanith hat hierverkündet, dass es dazu eine Art geheime Verschluss-sache gebe.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Nein, nein! –Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es gibt keinegeheime Verschlusssache! Es gibt anständigeVerschlusssachen wegen der Unternehmens-daten!)

Wir jedenfalls sind der Ansicht, dass es hier Einsparpo-tenzial gibt.

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Rossmanith?

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, gerne.

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Frau Kollegin Dückert, darf ich Sie darauf aufmerk-

sam machen, dass die Frage, ob es dazu etwas in der Ge-heimschutzstelle gebe, nicht von mir gestellt wurde, son-dern von der Kollegin Lührmann?

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ja!)

Meine Antwort darauf war: Wenn dem so sein sollte,dann hat das sicherlich seine Bewandtnis, möglicher-weise wegen Daten, die innerbetrieblich begründetsind. – Ich habe jedoch nicht gesagt, dass es dort etwasgebe.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lieber Herr Kollege Rossmanith, ich bin ganz sicher,

dass es eine Bewandtnis hat, warum Sie versuchen, indieser zentralen Frage nicht Ross und Reiter zu nennen,und kein Ausstiegsszenario darstellen. Immerhin sindein Drittel der Mittel des Haushalts des Wirtschafts-ministers an die Steinkohlesubventionierung gebunden.

Ich verstehe Ihr Verhalten auch. Sie haben in Nord-rhein-Westfalen gemeinsam mit der FDP und uns Grü-nen einen Antrag für den Ausstieg aus der Steinkohle-subventionierung auf den Weg gebracht. In Berlin habenSie aber das Problem, in einer Art rot-schwarzem Ent-

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scheidungsknäuel zu sein; Sie blockieren sich selbst.Deswegen sprechen Sie in diesem Bereich – so versteheich das jedenfalls – von Geheimschutzsachen.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt!)

Meine Kollegin Lührmann kümmert sich um dieses Pro-blem. Sie wird Ihnen nachher detailliert dazu Auskunftgeben. Mir fehlt die Zeit dazu.

Meine Damen und Herren, mit diesem Beispiel wollteich deutlich machen, dass Ihnen schlichtweg der Mut zustrukturellen Reformen für eine Haushaltskonsolidie-rung fehlt. Das ist auch der Grund dafür, warum dieserWirtschaftsminister mit seinem Haushalt, der einen An-teil daran hat, dass die Mehrwertsteuer erhöht wird, dazubeiträgt, dass wir in Deutschland auf einen konjunktur-politischen Abenteuerkurs geraten.

Herr Glos, Sie haben bei Ihrem Amtsantritt verkün-det, Sie wollten eine Art Wachhund sein und Laut geben,wenn es in den Bereichen Steuern, Arbeit und Gesund-heit nicht klappt. Dazu kann ich nur sagen: Sie habengleich die Gelegenheit, Ihre laute Stimme zum Beispielgegen das unsinnige Vorgehen zu erheben, eine Mehr-wertsteuererhöhung für das nächste Jahr anzukündi-gen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Volker Kröning [SPD]: Das ist schon be-schlossen! Das haben Sie nicht gemerkt!)

Gestern wurde im KfW-Ifo-Mittelstandsbarometerdeutlich gemacht – dies wurde vorhin schon angespro-chen –: Wir befinden uns möglicherweise schon auf demStimmungshoch. In dieser Situation mit einer Mehrwert-steuererhöhung daherzukommen, ist ein Harakirikurs.Japan hat uns vorgemacht, was da passieren kann. DerPräsident des Deutschen Handwerkskammertages, HerrKentzler, aber auch Wissenschaftler wie ProfessorSchneider aus Linz haben deutlich gemacht, was uns beidieser Entwicklung droht. Es ist abzusehen, dass dasJahr 2007, vorbereitet und unterstützt durch unserenWirtschaftsminister, das Jahr wird, in dem die mühsamerarbeitete Trendwende in der Entwicklung derSchwarzarbeit, also der Rückgang der Schwarzarbeit,den wir durch rot-grüne Reformen erreicht haben, umge-dreht wird. Dann, Herr Minister, werden Sie kein Minis-ter für mehr Arbeit sein, sondern ein Minister für mehrSchwarzarbeit. Das ist schlecht für dieses Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir alle wissen, dass Herr Glos sozusagen schon vordem Anpfiff eingewechselt worden ist. Meine Sportleh-rerin hätte bei einer Bewertung seiner Leistung bis heutegesagt: Michael hat sich bemüht, hat aber offensichtlichandere Begabungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Frau Oberleh-rerin! – Ludwig Stiegler [SPD]: Michael heißt:Der ist wie Gott!)

Sie sagen uns immer wieder – ich vermute, das wer-den Sie nachher auch tun –: All das, was Sie machen,

richtet sich vor allem darauf, mehr Beschäftigung inDeutschland zu schaffen. Da frage ich, Herr Minister:Was ist denn mit der Ankündigung, die Lohnnebenkos-ten unter die 40-Prozent-Marke zu setzen? Das habenSie sich vorgenommen und das zu erreichen wäre für dieSchaffung von mehr Beschäftigung auch notwendig. Ichsehe zwar, dass Sie etwas im Bereich der Arbeitskosten– unter anderem finanziert durch die Streichung vonMitteln für Integrationsmaßnahmen – tun werden. Aberich sehe zuvor die Mehrwertsteuererhöhung, die erhöh-ten Beiträge zur Rentenversicherung und, wie von derKanzlerin tagtäglich angekündigt – auch vorgestern wie-der –, Beitragssteigerungen im Gesundheitswesen. Mankann also absehen, dass für Ihre arbeitsmarkt- und be-schäftigungspolitisch wichtige Absicht, die Lohnneben-kosten zu senken, eine Gesamtstrategie fehlt.

Ich sage Ihnen deshalb: Schauen Sie sich an, was zumBeispiel die Grünen zu diesem Thema vorschlagen.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Darüber kann man ja nicht einmal lächeln!)

Wenn wir mehr Beschäftigung erreichen wollen, dannmüssen wir die Lohnnebenkosten gezielt im Bereich dergeringeren Einkommen senken, weil wir durch dieseSenkung der Lohnnebenkosten eine höhere Beschäfti-gung von Geringqualifizierten erreichen, ohne dass dieseMenschen ein geringeres Einkommen haben. Wir habenein Progressivmodell vorgeschlagen. Herr Minister, ichbin gern bereit, Ihnen das zu erläutern. Wenn Sie in die-sem Bereich keine eigenen Ideen haben, dann könnenwir Ihnen gerne helfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Generalsekretär der SPD, Hubertus Heil, hatkürzlich gefragt – es ist noch nicht lange her –: Wer isteigentlich der Wirtschaftsminister in diesem Land? Ichmuss Ihnen ehrlich sagen: Wenn es um die wesentlichenwirtschaftspolitischen Fragen geht, fragen auch wir unsdas.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine dieser wirtschaftspolitischen Fragen möchte ich Ih-nen nennen: Die Ausbildungsplatzsituation ist drama-tisch. Dramatisch sind aber auch die Handlungsunfähig-keit und die Untätigkeit des Ministers.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Jetzt redenSie aber Quatsch! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie hatten schon einmal sachlicherePassagen in Ihrer Rede!)

Der Mittelstand, die kleinen und mittleren Betriebe, ha-ben eine durchschnittliche Ausbildungsquote von8 Prozent. Das ist ganz sicherlich eine Folge des Ausbil-dungsplatzpaktes und des Drucks, den die rot-grüne Re-gierung damals ausgeübt hat.

Wenn die großen Unternehmen in diesem Land dieseQuote oder im Durchschnitt vielleicht 7 Prozent errei-chen würden, dann gäbe es diese Ausbildungsplatznotnicht. Da muss ich fragen: Wo bleibt der Minister? HerrMinister, meine Fraktion hat Ihre Arbeit gemacht und re-cherchiert, um herauszubekommen: Wo ist denn die

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Dr. Thea Dückert

Lücke? Wir haben herausgefunden, dass die großenStars der Wirtschaft in Deutschland, die DAX-Unterneh-men, einiges nachzuholen haben, um es freundlich aus-zudrücken.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Und die Gewerkschaften?)

Es gibt unter den Stars der deutschen Wirtschaft aller-dings auch Highlights: Das ist zum Beispiel TUI; das istMetro; das ist Bayer. Sie haben eine Ausbildungsquotezwischen 11,4 und 8,2 Prozent.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist löblich!)

Aber es gibt auch in erheblicher Zahl schwarze Schafe.Sie sind verantwortungslose schwarze Schafe in Bezugauf ihre eigene Entwicklung und auf die wirtschaftlicheEntwicklung Deutschlands insgesamt. Ich nenne bei-spielsweise VW mit einer Ausbildungsquote von4,4 Prozent.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Da sitzt doch der Wulff im Auf-sichtsrat!)

Das ist Conti mit einer Ausbildungsquote von3,9 Prozent. Das sind Infineon und Fresenius mit einerAusbildungsquote von jeweils 3 Prozent.

(Gudrun Kopp [FDP]: Und die Gewerkschaf-ten?)

Das wunderbare Schlusslicht – „wunderbar“ ist hier inAnführungszeichen zu verstehen – ist Adidas mit einerAusbildungsquote von 2 Prozent: 17 Azubis bei 2 000Beschäftigten! Wir vermuten, dass Adidas mehr Ver-träge mit Fußballmillionären als mit Azubis hat. Das istein Skandal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

Herr Glos, ich gebe Ihnen gern unsere Liste; ich habesie mitgebracht. Nicht alle Unternehmen haben uns ge-antwortet. Ich denke, Sie sollten diese Liste vervollstän-digen und dann veröffentlichen. Sie sollten nach dieserSitzung nach nebenan, zur Adidas-Arena, gehen; Adidasist ja ein großer Sponsor bei der Fußballweltmeister-schaft.

(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]:Das ist Ihr Beitrag zur Fußballweltmeister-schaft!)

Sie, Herr Minister, und auch Frau Merkel haben im-mer wieder verkündet, Sie wollen alles für Arbeit, Be-schäftigung und Ausbildung tun. Es bleibt da auch vieleszu tun. Wir haben Vorschläge vorgelegt, denen Sie sichzuwenden sollten, etwa eine steuerfreie Gewinnrücklagefür zukünftige Beschäftigung bei kleinen und mittlerenBetrieben. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum imSteuerrecht zukünftige Maschinen mehr zählen sollenals zukünftige Arbeitsplätze. Wo ist schließlich Ihr Ein-satz, Herr Minister, gegen die Subventionierung des Ar-beitsplatzexports? Jährlich 5 Milliarden Euro werden da-für bereitgestellt.

Ich möchte meiner Kollegin Frau Lührmann nichtsvon ihrer Redezeit wegnehmen. Deswegen muss ich andieser Stelle Schluss machen.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)Nur noch das Folgende: Weder hat dieser Minister einenordnungspolitischen Plan vorgegeben noch hat er ir-gendeine Maßnahme eingeleitet, die der Beschäftigungdient.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie hätten Ihre Rede noch mehr verkürzen können!)

Wir brauchen in Deutschland ein Konzept, das Laptopund Lederhose verbindet, um das mehr auf Bayrisch aus-zudrücken, damit es bei den Betreffenden auch an-kommt. Dieser Minister bietet aber leider nur die Leder-hose. Ich habe den Eindruck, der Finanzminister hat ihmauch diese schon mehr oder weniger ausgezogen.

Ich danke Ihnen.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Bundesminister Michael Glos.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Ich möchte mich als Erstes ganz herzlich bei denMitgliedern des Haushaltsausschusses und insbesonderebei den Berichterstattern für den Einzelplan 09 für diegute Beratung und die faire Zusammenarbeit, auch fürdie Anmerkungen und Hilfen, die mein Haus bekommenhat, bedanken. Hier geht es ja nicht um mein Haus odermich, sondern um die deutsche Wirtschaft insgesamt.Wenn es der deutschen Wirtschaft gut geht, profitierenwir alle davon.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD und der FDP)

Es macht großen Sinn, an die Ausbildungsbereitschaftder Unternehmungen – sie ist zum großen Teil vorhan-den – zu appellieren. Aber Firmen zu beschimpfen odersie an den Pranger zu stellen, halte ich für den falschenWeg.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der FDP)

Es ist sicherlich besser, selber ein gutes Beispiel zu ge-ben. Dazu kann ich in aller Bescheidenheit sagen: DasBundeswirtschaftsministerium hat zusammen mit seinennachgeordneten Behörden eine Ausbildungsquote von10,85 Prozent. Wir bilden mehr als 500 junge Leute ausund versuchen überall, wo es möglich ist, neue Ausbil-dungsplätze zu schaffen und so die Quote zu steigern.Außerdem bemüht sich mein Haus zusammen mit demBundesministerium für Bildung und Forschung – dasklappt zunehmend besser – sehr stark um neue Ausbil-dungsordnungen und -berufe sowie um aufeinanderabgestimmte Ausbildungsmodule mit verkürzten Ausbil-dungszeiten.

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Bundesminister Michael Glos

Das alles sowie der Ausbildungspakt mit der Wirt-schaft ist meiner Meinung nach der richtige Weg. Ichmöchte mich bei den hieran beteiligten Ministerinnenund Ministern bedanken. Wir arbeiten intensiv zusam-men, auch mit dem Bundesarbeitsminister. Auch HerrKollege Müntefering hat in seiner Haushaltsrede aus-führlich darauf hingewiesen.

Ich rufe an dieser Stelle allen Unternehmern zu: Bil-den Sie heute aus! Sie tun damit Gutes nicht nur für un-ser Land und die jungen Menschen, sondern auch fürsich selbst. Es ist eine Win-win-Situation; denn wie wirwissen, wird bald Fachkräftemangel in unserer Wirt-schaft herrschen. Mut zur Ausbildung ist daher gefragt.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Es geht nicht darum, wie in der Vergangenheit möglichstteure Werbeagenturen einzuschalten. Es ist sicherlichgut, dafür zu werben und ein bisschen Lärm zu machen.Aber es darf nicht wie bei einem Feuerwerk sein: Alleszerplatzt schnell und nur noch der Gestank vom Ab-schuss bleibt übrig. Vielmehr muss nachhaltig gehandeltwerden; das geschieht auch.

Ich bin den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derKammern und der anderen Organisationen genauso wieIhnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dankbar, die sichvor Ort für die Schaffung von Ausbildungsplätzen ein-setzen. Das kann man dort am allerbesten machen. EinMinister kann nur beispielhaft ein paar Betriebe besu-chen. Das habe ich am Tag der Ausbildung getan. Aberdie eigentliche Arbeit muss vor Ort geleistet werden.Am 14. Juli treffen sich zudem die Partner des Ausbil-dungspaktes. Zusammen mit diesen werden Herr Münte-fering und ich darüber nachdenken, wie die zur Verfü-gung stehenden Mittel insbesondere für diejenigenbesser ausgeschöpft werden können, die aufgrund man-gelnder Qualifikation schwer vermittelbar sind. Es gibtalso eine gemeinsame große Kraftanstrengung der Bun-desregierung, um den jungen Leuten mit Rat und Tat zuhelfen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Unser gutes duales Ausbildungssystem ist einer derGründe, warum wir Exportweltmeister sind und in denhandwerklichen und technologischen Bereichen – diesesind sehr eng miteinander verzahnt – die besten Quali-tätsprodukte entwickeln und herstellen. Dies hat unsauch in unsteten Zeiten international wettbewerbsfähiggehalten. Es ist großartig, dass die BundesrepublikDeutschland die Handelsnation Nummer eins in der Weltgeblieben ist, obwohl so große Player wie China und In-dien hinzugekommen sind. Ich kämpfe um offeneMärkte; denn von den sich mit der Globalisierung undden Marktöffnungen bietenden Chancen profitiert in al-lererster Linie unser Land. Wenn wir diese Chancennicht nutzen, fallen wir automatisch in einer sich verän-dernden Welt zurück.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Herr Kollege Kröning, Sie haben darauf hingewiesen,dass es Deutschland inzwischen an Ingenieuren fehlt.Das von Ihnen genannte Beispiel hat man mir an derKüste bestätigt, aber dieser Mangel an Ingenieurenmacht sich im ganzen Land breit. Nach mir vorliegendenZahlen fehlen bundesweit 18 000 Ingenieure. Auf deranderen Seite sind 54 000 Ingenieure arbeitslos gemel-det. Es gibt offenbar noch zu wenig Flexibilität und einezu geringe Bereitschaft, umzuziehen. Zudem ist meinerAnsicht nach die Wirtschaft nicht in ausreichendemMaße bereit, auf ältere Kräfte, insbesondere bei den In-genieuren, zurückzugreifen, obwohl diese sehr viel Er-fahrung haben. Ich appelliere daher, bei der Einstellungvon Ingenieuren nicht nur nach jungen Hochschulabgän-gern zu suchen, sondern auch das Potenzial der älterenKräfte zu nutzen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich möchte auf ein paar Fragen eingehen, die gestelltworden sind. Die Mehrwertsteuererhöhung ist not-wendig, um den Haushalt zu stabilisieren. Es wird mit-tel- und längerfristig keinen Aufschwung geben, wenndie öffentlichen Finanzen nicht stabilisiert sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig! Da kann man Sie nur un-terstützen, Herr Minister!)

Frau Kollegin Dückert, ich bewundere Ihren Mut; ichmag es sehr gerne, wenn jemand mutig ist. Es gehörtsehr viel Mut dazu, wenn man Mitverantwortung fürfünf Haushalte hintereinander hat, die international ver-einbarten Zielen und teilweise auch unserer eigenen Ver-fassung zuwidergelaufen sind, und nun uns für die Fi-nanzpolitik, die wir machen, in dieser Art und Weisekritisiert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist nicht mutig, sondern dreist-frech!)

Offenbar ist Ihnen nichts Besseres eingefallen.

(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Ganz schwach! Ich habe Vorschlägegemacht!)

Aber zurück zu den gestellten Fragen. Natürlich wer-den wir die maritimen Aktivitäten weiterhin unterstüt-zen. Ich finde es sehr gut, dass sich die Wirtschaft mitden Landesregierungen und der Bundesregierung zu-sammengefunden hat und einen, wie ich meine, zu-kunftsgerichteten Pakt für die maritime Wirtschaft ein-gegangen ist. Ich konnte mich – Sie, Herr KollegeKröning, haben es gesagt – vor Ort von der Leistungsfä-higkeit überzeugen. Dieser Pakt ist ein Beispiel dafür,dass unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, mitweltwirtschaftlichen Verwerfungen, die sich durch densehr hohen Energiepreis ergeben, besser fertig wird alsandere Länder, nicht nur, weil wir eine hohe Energieeffi-zienz und immer noch preiswerten Strom aus Stromquellen,die zum Teil umstritten sind, zur Verfügung haben – aufdieses Thema will ich ausnahmsweise nicht eingehen;

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Bundesminister Michael Glos

Herr Gabriel, der sich immer freut, wenn ich darauf ein-gehe, ist nicht hier –, sondern auch, weil die deutscheWirtschaft in der Lage ist, das große Kapital, das sich ineinzelnen Teilen der Welt ballt, ein Stück weit zu re-cyceln und in Aufträge für die deutsche Wirtschaft um-zulenken.

Eines habe ich bei der maritimen Wirtschaft gelernt:Nicht nur im Bereich der großen Kreuzfahrtschiffe wirdmit am meisten Geld verdient und gibt es eine wunder-bare Auftragslage – das wusste ich schon; sie haben si-cher auch, wenn wir immer älter werden, eine gewisseZukunft –;

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

sondern wir sind ebenfalls Weltmeister im Bau unge-heuer teurer Yachten, die mit großer Diskretion behan-delt werden. Aber wenn das Gewinn nach Deutschlandund vor allen Dingen Arbeit an der Küste bringt, dann istmir das recht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD und der Abg. Gudrun Kopp[FDP])

Das ist einfach eine Tatsache und es ist ein kleines Bei-spiel für unsere technologische Leistungsfähigkeit.

Ich hoffe, dass sich auch beim Airbus die Turbulen-zen wieder legen. Es macht keinen Sinn, wenn sich derStaat – deswegen habe ich mich mit Erklärungen zurück-gehalten – zu sehr einmischt. Es ist in allererster LinieSache der Industrie, das wieder in Ordnung zu bringen.Die Beteiligten sollen aufhören, miteinander um Postenusw. zu streiten; sie sollen die Ärmel hochkrempeln undschauen, dass bei diesem Hochtechnologieprodukt, dasEuropa beim zivilen Flugzeugbau wieder an die Welt-spitze katapultiert hat, weitere Fortschritte gemacht undnach den Schwierigkeiten, die es gegeben hat, endlichLösungen gefunden werden, meine sehr verehrten Da-men und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD und der FDP)

Ein Wort noch zu den gestellten Fragen bezüglich derSteinkohle. Bei der deutschen Steinkohle stehen in die-sem Jahr, wie ich meine, wichtige Entscheidungen an.Sie müssen in Ruhe getroffen werden. Dabei geht esnicht nur um den geplanten Börsengang der RAG, son-dern auch darum, eine Anschlussfinanzierung bei derdeutschen Steinkohle für die Zeit nach 2009 zu finden.Eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung mussbald im Haushalt aufgenommen werden. Im Momentwird darum gerungen – auf Fachebene, zwischen demBund und dem Land Nordrhein-Westfalen, aber auch mitder IG BCE –, wie viel Steinkohle in Deutschland nach2009 gefördert werden soll

(Gudrun Kopp [FDP]: Hoffentlich keine mehr!)

und inwieweit das mit öffentlicher Hilfe unterstütztwird.

Dass wir dabei kräftig nach unten müssen, ist, glaubeich, zwischen allen Bänken dieses Hauses unumstritten.

Es gibt natürlich die Intervention der Industrie, die sichdarum herum entwickelt hat und sagt: Wir brauchenauch in Zukunft einen gewissen Produktionsumfang imBergbau, damit wir den Maschinenbau, der rund um denBergbau existiert und international führend ist, hier er-halten.

(Gudrun Kopp [FDP]: Da brauchen wir keineSubventionen! – Ulrike Flach [FDP]: Das gehtauch so!)

Darum kümmern wir uns.

Deswegen wird es zu den Fragen der RAG-Privati-sierung ein Gutachten geben, das wir nach europäischenBedingungen ausschreiben mussten. An der Ausschrei-bung haben sich 19 Interessenten beteiligt. Wir wollendie Privatisierung nicht verzögern, sondern möglichstschnell behandeln. Wir brauchen dafür eine ganze Reihevon Entscheidungsgrundlagen, die erarbeitet werden, umdann abwägen zu können, wie sinnvoll oder wie wenigsinnvoll die Privatisierung aus der Sicht des Bundes unddamit aus der Sicht der öffentlichen Hand ist. Der Bundwürde letztlich auf den Garantien sozusagen hängenbleiben, soweit künftige Bergschäden usw. nicht durchKapital abgedeckt sind. Wir werden das in Ruhe klären.

Abgesehen von Firmendaten, die natürlich nicht öf-fentlich zugänglich sind, gibt es keinerlei Interesse vonmir, irgendetwas geheim zu halten. Ich bin grundsätzlichdafür, in meiner Politik alles transparent zu machen unddafür auch den Bürgern Rede und Antwort zu stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir sollten eines nicht machen, was meines Erachtensso typisch deutsch ist, und damit komme ich noch ein-mal zum Fußball. Kaum ist ein Spiel gewonnen, sagtman: Aber das nächste Spiel werden wir verlieren. – Soheißt es auch jetzt schon wieder: Die Konjunktur istzwar so gut wie seit zehn Jahren nicht mehr, aber siewird sofort wieder abbrechen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Miesmacher!)

Wenn wir eine solche Mentalität haben, dann kann esnur ganz schwer vorwärts gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deswegen sage ich: Lassen wir uns doch von dem Opti-mismus anstecken, der durch den Fußball auch hier wie-der eingezogen ist!

Ich bin gespannt, was davon übrig bleibt. Ich habemanchmal den Eindruck: Fußball ist deswegen so be-liebt, weil man da nur zuschauen muss, wie sich22 Leute unter Anleitung eines Schiedsrichters abstram-peln, und man sich in der Zuschauerrolle so richtig wohlfühlen kann. Aber wir alle müssen in Deutschland Mit-spieler werden,

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Mitspieler in der deutschen Wirtschaft, Mitspieler, wennes darum geht, unser Land nach vorn zu bringen. Ichsehe darin eine große Chance.

Herzlichen Dank.

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Bundesminister Michael Glos

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU undder SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wirhaben einen guten Wirtschaftsminister! Sehrgute Rede!)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegin Ulrike Flach, FDP-Frak-

tion.

(Beifall bei der FDP)

Ulrike Flach (FDP): Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Herr Minister Glos, selbstverständlich ist es immer gut,wenn man gemeinsam mit der Nationalmannschaft fie-bert. Aber mit dem, was Sie zur Ausbildung gesagt ha-ben, passt das nicht zusammen. Warme Worte, ein biss-chen herumreisen und sich in den Ministeriengegenseitig bestätigen, wie schön man das gemacht hat,wird auf diesem schwierigen Gebiet der Ausbildungspo-litik nicht reichen, Herr Glos.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die FDP hat in der Vergangenheit immer wieder da-rauf hingewiesen, dass es notwendig ist – da waren wireigentlich oft Seite an Seite –, die Lehrlingsgehälter et-was zu senken.

(Volker Kröning [SPD]: Sehr schöne Bot-schaft!)

Deshalb erwarte ich von Ihnen eine Initiative. Ich erin-nere mich an Diskussionen im Wirtschaftsausschuss. Dawaren wir immer einer Meinung. Es ist ein CDU/CSU-Minister, der hier sitzt. Herr Glos, Sie sollten dies dannauch einfach mal umsetzen. Das wäre schön.

(Beifall bei der FDP)

Frau Dückert, Sie haben uns zur Ausbildungsbereit-schaft von Unternehmen in Deutschland eine Liste vor-gelegt. Es wäre ehrlicher gewesen, wenn Sie an dieserStelle das hinzugefügt hätten, was uns Herr Gabriel vorein paar Tagen gesagt hat, nämlich: Gerade die hochsubventionierten Betriebe im Umweltbereich sind es, diezu wenig ausbilden. Ein Schnitt von 4,6 Prozent – dieBetriebe sind, wie gesagt, mit Steuergeldern subventio-niert – ist nicht viel, Frau Dückert. Es wäre seinerzeit ei-gentlich Ihre Aufgabe gewesen, mit Herrn Minister Trit-tin dafür zu sorgen, dass das besser wird.

(Beifall bei der FDP – Dr. Thea Dückert [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay, ja!)

Wir sind noch in den Haushaltsberatungen. LassenSie mich ein paar Worte zu dem Thema sagen, das unsbei diesen Beratungen auch im Wirtschaftsausschussund im Haushaltsausschuss immer umgetrieben hat: Die-ses Ministerium soll eigentlich eine Technologie-schmiede sein. – Die FDP hat nach all diesen Beratun-gen keine Veränderung im positiven Sinne sehenkönnen. Wir haben es hier mit einem Ministerium zutun, das nach vielen Jahren offensichtlich subventions-vergessener Minister nach wie vor ein Bauchladen der

Subventionitis ist. Dieses Ministerium ist nach wie vorweit davon entfernt, eine Technikschmiede zu sein undInnovationen zu fördern.

Herr Glos, Sie unterscheiden sich eigentlich nicht vonIhren Vorgängern. Sie reisen herum und geben den gutenOnkel. Inzwischen haben Sie bei den Kollegen im Haus-haltsausschuss eine leichte Beunruhigung hervorgerufen.Die Haushälter haben über die Fraktionsgrenzen hinwegeinen Antrag verabschiedet, der genau in diese Richtungweist: Sie sollen sich endlich daranmachen, Ihre ver-schiedenen Projekte einer gründlichen Aufgabenkritikzu unterziehen.

(Beifall der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Entscheidend ist, dass endlich evaluiert wird und dassdie Steuergelder effizient eingesetzt werden. Das ist inden letzten Jahren aber nicht passiert. Nichts deutet da-rauf hin, dass es beim Haushalt 2006 besser werdenwürde.

Ich will ein Beispiel anführen. Frau Schavan hat einProgramm mit dem Namen EXIST aufgelegt, welchesdurch das Forschungsministerium wettbewerbsorientiertangelegt worden war. Das Erste, was das ordnungspoli-tisch hoch angesiedelte Wirtschaftsministerium getanhat, war, den Wettbewerbsgedanken aus diesem Pro-gramm zu streichen. Jetzt gibt es keinen Wettbewerbmehr, und zwar mit der wunderschönen Begründung– typisch für ein Subventionsministerium –, dass ohneWettbewerb mehr Antragsteller gefördert werden kön-nen. Mit anderen Worten: Masse statt Klasse. Aber ge-nau das sollte nicht passieren. Ich frage mich: Wie wol-len Sie an dieser Stelle Effizienz durchsetzen und– Herrn Steinbrück zuliebe – vor allen Dingen für denHaushalt etwas Gutes tun?

Herr Glos, Sie haben eben etwas zur Förderung derSteinkohle gesagt. Ich möchte gerne darauf eingehen.Die FDP hat sich nicht nur darauf beschränkt, um einenBericht zu bitten. Herr Rossmanith hat völlig Recht,wenn er sagt – es ist nämlich der alte Bericht –, dass Sieuns alte Kamellen heute vorlegen. Ich bin nicht der Mei-nung, dass die Aufbewahrung in der Geheimschutzstelleetwas mit Geheimhalterei zu tun hat. Denn jeder von unsAbgeordneten kann dort in den Bericht schauen. Sofurchtbar geheim ist dieser Bericht also nicht.

Wir haben im Haushaltsausschuss eine Kürzung derMittel um 600 Millionen Euro beantragt. Natürlichwurde dieser Antrag von Ihnen abgelehnt.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aus beste-henden Rechtsverpflichtungen kann man sichnicht verabschieden, Frau Kollegin!)

Herr Glos, das ist nicht, wie Sie an anderer Stelle immerso gerne sagen, ein unsolider Antrag. Er ist schon sehrsolide.

Ich möchte darauf hinweisen – Herr Kollege Fried-hoff hat es damals selber erlebt –, wie früher verhandeltwurde. Natürlich wurde im Rahmen von Anschlussver-handlungen immer um Senkungen gerungen. Natürlich

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Ulrike Flach

wäre es Ihnen möglich gewesen, genauso für diesenHaushalt zu verfahren. Warum haben Sie es nicht getan?

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Weil ver-tragliche Verpflichtungen da sind!)

Warum lehnt Ihr Ministerium zum Beispiel das so rigo-ros ab, was in Nordrhein-Westfalen gemacht wird? DieRuhrkohle AG ist offensichtlich in der Lage, in Nord-rhein-Westfalen 50 Millionen Euro an Subventionen zu-rückzuzahlen. Warum soll das auf Berliner Ebene nichtgehen? In Nordrhein-Westfalen wartet die CDU auf dasGeld. Aber in Berlin will die CDU noch darüber nach-denken, weil es ja sein könnte, dass die Ruhrkohle ent-standene Kosten gegenrechnet, was bedeutet, dass dieVoraussetzung für eine Rückzahlung nicht gegebenwäre. Dies ist die Haltung eines Ministeriums, das dieOrdnungspolitik im Kabinett vertreten soll!

(Beifall bei der FDP – Steffen Kampeter[CDU/CSU]: Sie belegen selbst die Nicht-etatreife Ihres Antrags, Frau Flach!)

– Lieber Kollege Kampeter, ich wäre froh, wenn Sie wieIhre Kollegen in Nordrhein-Westfalen etwas mehr denEtat im Blick hätten! Das täte dem Bundeshaushalt sehrgut.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Keine Angst! Das tue ich schon!)

Lassen Sie mich noch auf einen Punkt kommen, denSie eben angeführt haben und bei dem uns Kurt Rossma-nith aufgefordert hat, Ruhe zu bewahren. Es geht um dasThema Airbus. Herr Minister, ich bin froh, dass Sie we-nigstens vorhin etwas dazu gesagt haben. Denn in denletzten Wochen haben wir von Ihnen dazu nichts gehört,worüber wir nicht froh waren. Wir haben es hier mit ei-ner Subventionsmaßnahme zu tun, die seit vielen Jahr-zehnten von allen Parteien getragen wird. Wir haben eshier mit einem Imperium zu tun, für das in den nächstenJahren Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von fast1 Milliarde Euro im Haushalt eingestellt sind. In diesemImperium wurden offensichtlich sehr viele falsche Ma-nagemententscheidungen getroffen. Bei fast allen Pro-duktlinien dieses Glanzstückes der deutschen Wirtschaft,wie Sie immer so schön sagen, gibt es große Probleme.Herr Glos, Haushälter haben die Pflicht, auf das Gelddes Steuerzahlers zu achten. Das werden wir auch tun.Wir erwarten von einem Wirtschaftsminister, dass er ge-nau an dieser Stelle, da in den nächsten Jahren Steuergel-der in Höhe von bis zu 1 Milliarde Euro dafür aufgewen-det werden, auch deutlich sagt: Wir erwarten vonAirbus, dass entsprechende Konsequenzen vor Ort gezo-gen werden.

(Beifall bei der FDP)

Sie können sich nicht herausreden, indem Sie einfachdarauf verweisen, dass darüber irgendwo in anderenLändern entschieden wird.

Als wir Sie im Zusammenhang mit einer anderen Sa-che zur neuen Zusammensetzung des Vorstands befragthaben, haben wir von Ihnen eine wunderbare Antwortbekommen. Sie sagten: Wir entnehmen die Bilanzen denZeitungen. – Es geht meines Erachtens nicht an, dass das

Wirtschaftsministerium eine solche Einstellung zu Gel-dern an den Tag legt

(Heiterkeit bei der Abg. Anja Hajduk [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN])

– ja, Frau Hajduk, das ist wirklich dramatisch –, die derSteuerzahler aufbringt. Und das in einer Zeit, in der Siegleichzeitig die größte Steuererhöhung in der bundes-deutschen Geschichte durchziehen!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordnetender LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kröning? Sie können damit Ihre Redezeit ver-längern.

Ulrike Flach (FDP): Ich danke Ihnen für den Hinweis, Herr Präsident. – Ja,

gerne.

Volker Kröning (SPD): Herr Präsident, ich werde die Debattenzeit mit Sicher-

heit nicht allzu sehr verlängern. – Frau Kollegin Flach,Sie müssen sich natürlich am Bundesminister reiben.Können Sie denn dem Hause bestätigen, dass Herr Mi-nister Glos im Haushaltsausschuss zugesichert hatte, invollem Umfang über den Stand bei Airbus einschließlichder Frage der Beziehungen zwischen Europa und denUSA zu informieren, und dass in seinem Auftrag HerrStaatssekretär Adamowitsch vor der Bereinigungssit-zung des Haushaltsausschusses alle Berichterstatter vonKoalition und Opposition informiert hat? Ich versteheüberhaupt nicht, warum Sie jetzt öffentlich Kritik übenund der Sache schaden, statt ihr zu nützen. Ich bitte dafürum eine Erklärung.

Ulrike Flach (FDP): Herr Kröning, ich schätze Sie sehr. Hier handelt es

sich allerdings um ein Projekt, das so milliardenschwerist und in den Medien so hoch gehandelt wird, dass iches für unverantwortlich halte, dass der Kreis der Bericht-erstatter weder eine schriftliche Unterlage bekommenhat – so toll sieht es für uns Berichterstatter aus, FrauLührmann war ja dabei –, noch die Folien ausgehändigtbekam; da wurde auf den Geheimschutz verwiesen. Da-bei ist es unsere Aufgabe, die Gelder der Steuerzahler zubewahren

(Iris Gleicke [SPD]: Oh Gott!)

und solche Projekte in diesem Lande offen zu diskutie-ren.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: Steuer-zahlergelderbewahrer!)

Ich erwarte von einem Ministerium also, dass es auchdazu Stellung nimmt. Das hat nichts damit zu tun, dassman der Industrie schaden wolle. Ich habe weiß Gott den

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Ulrike Flach

Eindruck, als ob sich dieses Unternehmen in den letztenMonaten und Jahren selbst genug geschadet hat.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Herr Glos, ich hätte jetzt gerne noch etwas zu demThema gesagt, das auch Sie mangels Redezeit nur ganzkurz ansprechen konnten: Die Beziehung zwischen Ih-nen und Herrn Gabriel ist offensichtlich eine unendlicheLiebesgeschichte.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Zwei Erzengel: Mi-chael und Gabriel!)

Ich wäre froh, wenn es in den nächsten Tagen oder Wo-chen endlich einmal zu einer Klärung kommen würde, inwelche Richtung die Energiepolitik dieser Bundesregie-rung geht. Das würde auch uns Haushältern die Arbeiterleichtern. Sie setzen in den beiden Haushalten unter-schiedliche Schwerpunkte. Das ist nicht sehr konsistent.Ich hoffe, der Haushalt 2007 wird in dieser Frage einedeutliche Verbesserung mit sich bringen.

Danke.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Kollegin Edelgard Bulmahn, SPD-

Fraktion.

Edelgard Bulmahn (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Statistisch gesehen wird Deutschland inDeutschland immer Weltmeister – so ist auf einem gro-ßen Werbeplakat in der Straße Unter den Linden zu le-sen. Ich füge optimistisch hinzu: hoffentlich auch fuß-ballerisch gesehen.

Das, was beim Fußball gilt, dass man nur dann eineChance hat, Weltmeister zu werden, wenn man exzel-lente Fußballer, das heißt gut ausgebildete Fußballer, hat,gilt auch für die Wirtschaft. Deshalb sage ich ganz klarund ohne Wenn und Aber: Wir müssen es auch in diesemJahr schaffen, jedem Jugendlichen einen Ausbildungs-platz zu vermitteln.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gut ausgebildete Arbeitskräfte bzw. Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter fallen nicht vom Himmel, sondern siemüssen vorher ausgebildet werden. Deshalb ist es dievornehmste Aufgabe von Unternehmen, jungen Men-schen die Möglichkeit zu einer guten, qualifizierten Aus-bildung zu geben. Ich sage ausdrücklich, dass dieChance auf einen Arbeitsplatz auch die wichtigste Vo-raussetzung dafür ist, dass junge Menschen eine Lebens-perspektive sehen.

Deshalb sollten wir auch im Zusammenhang mit derUnternehmensteuerreform noch einmal deutliche Wortegerade an die großen Unternehmen, die ihrer Ausbil-dungsverantwortung nicht gerecht werden, richten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin sehr froh, dass wir auch in diesem Jahr wiederden Ausbildungspakt haben und die Bundeskanzlerinsehr deutliche Worte an die Adresse auch der großen Un-ternehmen gerichtet hat. Ich bin davon überzeugt, dasssie das auch weiterhin tun wird. Mit dem Ausbildungs-pakt ist es uns in den letzten Jahren gelungen, eine Ver-besserung der Situation herbeizuführen. Ich weiß, dassdas nicht von alleine geschieht, sondern dass wir alle ge-meinsam Verantwortung tragen.

Auf einem anderen Spielfeld sind wir schon langeWeltmeister, nicht nur statistisch gesehen, sondern real,nämlich beim Export. Wir wissen aber auch – dieseWeisheit gilt nicht nur für Fußballspiele, sondern auchfür den Export –: Das nächste Spiel ist immer das här-teste. Wir müssen uns schon heute fragen, was wir leis-ten müssen, um unsere Position als Exportweltmeister zuverteidigen, und was wir verbessern müssen, um auch inden kommenden Jahren an der ersten Stelle zu bleiben.Es ist richtig, dass Minister Glos sagt, dass hier an ersterStelle die Spieler selbst, also die Unternehmen, gefragtsind. Die Unternehmen müssen neben ihrer traditionel-len Stärke, gute Produkte herzustellen und eine hoheQualität zu gewährleisten – das ist unser Pfund, mit demwir auf dem Weltmarkt wuchern können –, auch dieneuen Tugenden wie zum Beispiel Kreativität und Flexi-bilität noch stärker entwickeln. Ich sage ausdrücklich:Sie müssen auch dafür Sorge tragen, dass sie gut ausge-bildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben; denndas ist ihre Zukunft.

(Beifall bei der SPD)

Gefragt ist aber auch die Politik. Sie ist – wenn auchstärker im europäischen und globalen Kontext – nichtnur für die Rahmenbedingungen verantwortlich, sondernsie trägt auch eine hohe Verantwortung für den Kern je-der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, nämlich fürInnovation. Deshalb setzt die Koalition hier einen ganzklaren Schwerpunkt. Nur an der Spitze des wissenschaft-lichen und technischen Fortschritts wird unser rohstoff-armes Land seine Zukunftschancen wahren können. For-schung und Entwicklung finden in Deutschland bereitsauf einem hohen Niveau statt. Deutschland ist das Erfin-derland. „Deutschland hat seinem Ruf als Land der Er-finder im vergangenen Jahr wieder alle Ehre gemacht“.Das sagte der Präsident des Europäischen PatentamtsAnfang dieser Woche. Bei den weltmarktrelevanten Pa-tenten liegt Deutschland an der zweiten Stelle hinter denUSA und vor Japan.

In ihrem wirtschaftspolitischen Jahresbericht hat dieOECD im vergangenen Jahr bestätigt, dass Deutschlandnach Großbritannien das attraktivste Zielland für For-schungs- und Entwicklungsinvestitionen von US-Unter-nehmen ist, die im Ausland tätig sind.

Diese Position können wir nur wahren, wenn wir allesdaransetzen, auch tatsächlich vorne zu bleiben. Entschei-dend für diese Stärke, entscheidend für die Innovations-kraft, die unsere Unternehmen haben, ist vor allem derschnelle Weg vom Wissen zu den Märkten. Bei einemschnellen, effizienten, gut funktionierenden Wissens-und Technologietransfer spielt die gute Zusammenarbeit

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Edelgard Bulmahn

zwischen Unternehmen und Wissenschaft eine ganz we-sentliche Rolle.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb haben wir hier einen Schwerpunkt gesetzt.Dabei kommt neben den forschungsstarken großen Un-ternehmen den mittelständischen Unternehmen – deminnovativen Mittelstand – eine ganz besondere Rollezu. Das bedeutet eine Politik für Wachstum und Be-schäftigung und damit auch für eine Stärkung des Bin-nenmarktes. Herr Schui, das geht auch an die Adresseder Linken. Eine Politik für Wachstum und Beschäfti-gung muss eine Politik für innovative kleine und mitt-lere Unternehmen sein. Es muss eine Politik sein, dieHürden, die es noch für kleine und mittlere Unterneh-men gibt, die innovativ sind, wegräumt. Es muss einePolitik sein, die mehr Anreize für die Stärkung der Ko-operationsfähigkeit gerade der kleinen und mittlerenUnternehmen setzt. Hier setzt der Haushalt des Bundes-ministeriums für Wirtschaft und Technologie deshalbdie Akzente.

Ich will nur einige Programme nennen, nicht alle. MitPro Inno II wird das 1999 aufgelegte Programm Inno-vationskompetenz weitergeführt. Dieses Programm zieltauf die nachhaltige Stärkung der Innovationskraft undWettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unterneh-men. Wir haben die Mittel für dieses Programm deutlichaufgestockt, und zwar von 157 Mil-lionen Euro auf176 Millionen Euro. Wir werden dieses Programm inden kommenden Jahren fortsetzen, weil wir wissen, dassdie Unternehmen diese Unterstützung, diesen Anstoß,diesen Anreiz brauchen. Im Übrigen zeigt eine Untersu-chung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innova-tionsforschung, dass dieses Programm wirkt.

Ein zweites Beispiel: das Programm zur Förderungvon innovativen Netzwerken. Dieses Programm zieltebenso wie viele Programme des Wirtschaftsministe-riums, aber auch des Bundesministeriums für Bildungund Forschung auf den Aufbau von Netzwerken zwi-schen wissenschaftlichen Einrichtungen und Unterneh-men. Im Rahmen dieses Programms werden große Ver-bundprojekte gefördert. Auch dieses Programm zeigtWirkung.

Zum Programm Exist. Frau Flach, Sie haben gesagt,dass das wettbewerbliche Verfahren hierbei abgeschafftworden ist. Das ist falsch.

(Ulrike Flach [FDP]: Das sagen uns aber die Verantwortlichen!)

Das Programm ist – damals noch unter meiner Federfüh-rung – in Modellregionen erprobt worden. Dieses Pro-gramm wird jetzt – ich selbst habe damit begonnen –bundesweit ausgedehnt. Das Verfahren wird aber natür-lich wettbewerblich bleiben.

(Ulrike Flach [FDP]: Nein, die Leute sagen uns das Gegenteil!)

Jetzt können sich aber nicht nur Modellregionen um dieFörderung bewerben. Am Anfang hatten wir eine kleineAnzahl von Modellregionen, dann haben wir die Förde-rung auf mehrere Regionen ausgeweitet und jetzt wird

das Programm bundesweit ausgeschrieben, sodass auchVerbünde, die in anderen Regionen angesiedelt sind, dieMöglichkeit haben, sich um die Förderung zu bewerben.Das ist vernünftig.

(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]:Machen Sie sich schlau, Frau Bulmahn! Es hatsich leider geändert!)

Wie wichtig Innovationen für die Beschäftigungsent-wicklung sind, zeigt eine Studie des ZEW. Danachstockten diejenigen Unternehmen des verarbeitendenGewerbes, die neue Produkte auf den Markt gebracht ha-ben, im Zeitraum von 2000 bis 2002 ihr Personal umdurchschnittlich 5,3 Prozent auf. Dagegen mussten Un-ternehmen ohne Innovation ihr Personal im gleichenZeitraum um 1,2 Prozent reduzieren. Deswegen sage ichausdrücklich: Eine Politik, die das Ziel hat, mehr Ar-beitsplätze in Deutschland zu wahren bzw. zu schaffen,muss auf die Stärkung der Innovationskraft der Unter-nehmen setzen. Das ist der entscheidende Ansatz.

(Beifall bei der SPD)

Ein wichtiger Anreiz, um Kooperationen zwischenWirtschaft und Wissenschaft zu fördern, den Technolo-gietransfer zu beschleunigen und auszuweiten sowie denInnovationserfolg zu erhöhen, ist die nunmehr vorgese-hene Forschungsprämie für Kooperationsprojekte zwi-schen Wissenschaft und Wirtschaft, die der Bundesver-band der Deutschen Industrie im Übrigen vorgeschlagenhat. Die Vorteile einer solchen Forschungsprämie füralle Beteiligten liegen auf der Hand: Die Unternehmenselbst bestimmen Inhalte und Ziele der Forschungsvor-haben.

Neue Ideen können dadurch sowohl in den Unterneh-men als auch in den Forschungseinrichtungen schnelleraufgegriffen werden, weil die Forschungsprämie sehrunbürokratisch gehandhabt wird und themenoffen ist.Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen werdenermutigt, stärker auf die Forschungseinrichtungen in ih-rer Region, seien es Fachhochschulen, Universitätenoder außeruniversitäre Forschungsinstitute, zuzugehen.Die Forschungsprämie steigert damit den Innovationser-folg gerade der kleinen und mittleren Unternehmen undkreiert Wachstum und Beschäftigung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich hoffe sehr, dass es uns gemeinsam gelingt, diesumzusetzen. Ich sage ausdrücklich: Wir sollten diesesInstrument gerade bei den kleinen und mittleren Unter-nehmen zusätzlich – nicht als Alternative, sondern zu-sätzlich – zu den bereits vorhandenen Instrumenten ein-setzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Erfolge im Innova-tionswettlauf stellen sich nur dann ein, wenn der Schutzvon Erfindungen international gewahrt wird. Das ist je-doch immer seltener der Fall. Das Volumen der Pro-duktpiraterie beläuft sich inzwischen auf rund 450 Mil-liarden Dollar jährlich. Dem Schutz von Produkten undProduktionsverfahren kommt deswegen eine wichtige

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Edelgard Bulmahn

Aufgabe bei der Sicherung unserer Wettbewerbsfähig-keit zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Der Raub des geistigen Eigentums hat inzwischen dra-matische Folgen für Deutschland: Zwei Drittel der deut-schen Maschinenbau- und Anlagenunternehmen erlitten2005 Schäden durch Produktpiraterie, so die Angabe desVerbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.Beim Nachbau beschränkt man sich inzwischen im Übri-gen nicht mehr auf das Herstellen von Ersatzteilen, son-dern in rund 43 Prozent aller Fälle sind es ganze Maschi-nen. Daneben gibt es einen Trend zu Hightechproduktenjeglicher Art, also Produkten, die dem neuesten Standder Technik entsprechen. Deshalb muss der Kampf ge-gen die Produktpiraterie und gegen den Diebstahl vonPatenten und geschützten Verfahren, der nichts anderesist, von der EU gemeinsam mit den USA wirklich nach-haltig vorangetrieben werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es war gut und richtig, dass die Bundeskanzlerin die-ses Thema in China nachdrücklich angesprochen hat. Ichhoffe, dass es der Bundeskanzlerin gelingt, mit den an-deren G-8-Staaten zu einer abgestimmten Strategie zugelangen; denn wenn es uns nicht gelingt, unseren Vor-sprung und unsere Errungenschaften, die wir durch einegute und starke Forschung und durch schnelle Innovatio-nen erreicht haben, zu sichern, dann hat das für uns alleweltweit katastrophale Folgen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will einen dritten Punkt nennen, der für innova-tionsstarke Unternehmen wichtig ist, nämlich dieBereitstellung von Kapital. Die Bereitstellung von Ka-pital erfordert Mut – das ist richtig –, auch Mut zum Ri-siko. Hier müssen wir noch deutlich besser werden.

Die EU-Kommission hat in einer Unternehmensbe-fragung aufzeigen können, dass mehr als 60 Prozent al-ler Innovationsvorhaben in Deutschland an der Finanzie-rung scheiterten. Der Risikokapitalmarkt und vor allenDingen der Beteiligungskapitalmarkt in Deutschlandsind nicht so entwickelt, wie wir sie brauchen und wie esnotwendig ist.

Auch hier hat es in den vergangenen Jahren Fort-schritte gegeben. Mit dem neu gestalteten ERP/EIF-Dachfonds, den wir hier eingerichtet haben, sind wir ge-rade bei der Entwicklung des Risikokapitalmarkts einenguten Schritt vorangekommen. Aber auch der ERP-Startfonds spielt eine wichtige Rolle. Mit beiden Fondszielen wir im Übrigen auch darauf ab, dass nicht nurüber Steuermittel Kapital zur Verfügung gestellt wird,sondern dass über diese Steuermittel auch privates Wag-niskapital mobilisiert wird.

Ich sage aber ausdrücklich: Das, was wir hier ge-schaffen haben, reicht noch nicht aus. Deshalb werdenwir bei der Entwicklung des Risikokapitalmarkts undauch bei der Entwicklung des Beteiligungskapitalmarkts

weitere Schritte vorankommen müssen. Das ist geplantund das werden wir auch anpacken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachhaltige Erfolgeauf all diesen Feldern schaffen wir nur, wenn es uns ge-lingt, die Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft undder Forschung zu intensivieren. Dafür spielt die AiF, dieArbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsver-einigungen, eine besonders wichtige Rolle.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

Es freut mich außerordentlich – vielen Dank auch an dieHaushälter –, dass es uns gelungen ist, hier eine deutli-che Erhöhung durchzusetzen.

(Beifall des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

Aus meiner langjährigen Erfahrung weiß ich, wie wich-tig die Arbeit der AiF ist. Ich bin mir sicher, dass sie mitdem jetzigen Haushaltsansatz und dem sehr eng ge-knüpften Netz, das sie mit ihren Mitgliedsfirmen undForschungsinstituten aufgebaut hat, erfolgreich und gutarbeiten und der Nachfrage gerecht werden kann.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

Eingangs sagte ich: Am Ende zählen Tore. Tore kannman bekanntlich nur schießen, wenn man couragiertnach vorne spielt. Genau das tun wir mit diesem Haus-halt und das werden wir auch in den kommenden Jahrentun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat der Kollege Roland Claus, Fraktion Die

Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Roland Claus (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Bundeswirtschaftsminister, der Sie sich ge-rade auf den Weg machen,

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein! – Er geht doch gar nicht aus dem Plenarsaal!)

ich hoffe, auf einen guten und mutigen – das war ja kei-neswegs kritisch gemeint –, als der Entwurf Ihres Etatsdas Licht dieses Plenarsaals erblickte, haben Sie aus demBundeswirtschaftsministerium vollmundig kommentiert,dieser Etat sei der Dreiklang aus Sanieren, Reformierenund Investieren. Die Abteilung Überschriften Ihres Hau-ses hatte also wieder ganze Arbeit geleistet. Herausge-kommen sind leider, das müssen wir heute feststellen, al-lenfalls Stückwerk und Misstöne.

Mein Kollege Herbert Schui hat bereits den vermeint-lichen und viel beschworenen Mut der großen Koalition

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Roland Claus

zur Sprache gebracht. Mir fällt dazu nur ein: Hochmutkommt vor dem Fall.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sagen Ihnen auch deutlich: Ihren gefühlten Auf-schwung, den Sie hier vielfach beschwören, spürt dieMehrheit der Bevölkerung in diesem Lande nicht. Siesind dabei, ein weiteres Mal den Bundestag mit demwirklichen Leben zu verwechseln und sich hier einzu-reden, dass alles gut wird. Das können die meisten Men-schen in unserem Lande nicht nachvollziehen. Wenn dasnur Selbstbetrug wäre, wäre es noch zu ertragen. Aber esist auch eine Irreführung der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Wirtschaftsetat ist immer das Beziehungsgefügezwischen Staat und Wirtschaft. Statt einer zukunftsorien-tierten volkswirtschaftlichen Entwicklung Förderung an-gedeihen zu lassen, zementieren Sie alten Lobbyismus.So ist der Haushalt des Wirtschaftsministers ein Zahlen-werk des organisierten Lobbyismus. Wenn man sich imMinisterium umschaut, dann sieht man: An den Schalt-stellen dieses Ministeriums agieren die Gesandten dergroßen Industrie- und Energiekonzerne.

Das Ergebnis liegt auf der Hand. Sie wollten denStrommarkt liberalisieren. Herausgekommen sind eineMonopolisierung und steigende Energiepreise. Ichmöchte Ihnen ein Beispiel aus meinem Wahlkreis nen-nen. Ich stehe mit großer Achtung vor den Leistungender Werktätigen am Chemiestandort in Leuna. Dort be-mühen sich kreative Menschen, mit innovativen Lösun-gen am Markt zu neuen Ergebnissen zu kommen. Aufge-fressen werden all ihre Bemühungen von den – in derChemieindustrie besteht nun einmal eine hohe Ener-gieintensität – übermäßigen Energiepreisen. Damit ma-chen Sie Aufschwung kaputt. Wir finden, hier werdendie Regierung und insbesondere der Wirtschaftsministerihrer Verantwortung nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN – Hartmut Koschyk[CDU/CSU]: Sind Sie auch für längere Lauf-zeiten für Atomkraftwerke?)

Stattdessen sehen Sie zu, wie allein zwei große deut-sche Unternehmen im Zusammenhang mit der Mautgegenüber dem Staat mehr als 3 Milliarden Euro anSchulden einwirtschaften. Das sind nicht nur Schuldengegenüber dem Staatswesen, sondern es sind auchSchulden gegenüber dem Gemeinwohl. Wenn dannmeine Fraktion einfordert, dass wenigstens ein Teil die-ser Schulden eingetrieben werden müsste, dann kommenSie uns mit Schiedsverfahren und der Unlösbarkeit die-ser Aufgabe. Das entspricht nicht Ihrer Verantwortung.Hier werden Sie Ihrer Verantwortung einfach nicht ge-recht.

(Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter[CDU/CSU]: Wir können das ja einmal mitdem SED-Vermögen verrechnen!)

Es gibt noch viele weitere Beispiele von Fehlsubven-tionen, die auch in diesem Haushalt wieder festgeschrie-ben sind. Ich möchte noch ein Beispiel nennen. Sie sub-ventionieren weiterhin die Verbrennung von Altöl. Das

mag für manche Industriezweige lukrativ sein. Aber fürdie Recyclingfirmen in Deutschland, die auf Weltspit-zenniveau Altöl recyceln können, schaffen Sie Pro-bleme. Sie verstellen ihnen den Weg zu weiteren Spit-zenleistungen auf dem Weltmarkt. Wir finden, dass daseine Fehlsubvention ist.

Hier muss auch einmal gesagt werden, dass es manch-mal schon ein Erfolg wäre, wenn Ihre Koalition Bedin-gungen der Marktwirtschaft wieder herstellen würde.Das muss Ihnen ein Sozialist in diesem Hause sagen.

(Beifall bei der LINKEN – Ulrike Flach [FDP]: Das ist schon erstaunlich!)

Wenn man dann einmal kritisiert, dass Sie dies oderdas falsch machen, dann fällt Ihnen als Kompetenzbe-weis immer nur ein, uns aufzuzählen, dass Sie für diesesund jenes viel Geld ausgeben und dass das doch gut seinmuss. Sie denken, das wäre schon der Kompetenzbe-weis. Wir sagen Ihnen: Wenn Sie dieses Geld ausgeben– das ist unbestritten –, aber damit die Wirkung, die Sieder Öffentlichkeit versprechen, nicht erzielen, dann be-weist das nur eines: Sie können mit Geld nicht umgehenund mit viel Geld schon gar nicht, meine Damen undHerren von der Koalition.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun fällt Ihnen ein – das steht uns ja bevor –, erneutdie Unternehmensteuern zu senken. Falls Ihnen dabeidas Beispiel der Slowakei als Niedrigstunternehmen-steuerland vorschwebt, muss ich Ihnen sagen: Die dor-tige Regierung ist gerade als Ergebnis einer solchen ver-fehlten Politik abgewählt worden. Machen Sie aufdiesem Weg nur weiter!

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das bleibt Ihr Wunschtraum!)

Wir alle verneigen uns – daran beteilige ich michgern – vor dem Mittelstand, vor kleinen und mittelstän-dischen Unternehmen, und vor Existenzgründern. Hier-für sind im Haushalt des Wirtschaftsministeriumsschöne Titel gefunden worden. Aber Sie alle, meine Da-men und Herren von der Koalition, erleben doch dieRealität. In Gesprächen mit Vertretern kleiner und mit-telständischer Unternehmen stellen wir fest, dass einFakt bundesweit zu beobachten ist: Die Mittel, die fürdiese Unternehmen gebraucht würden, kommen über-haupt nicht an, weil die großen Unternehmerverbändedurch ihren organisierten Lobbyismus diese Mittel, dieSie zur Förderung kleiner und mittelständischer Unterneh-men eingestellt haben, längst abgegriffen haben. Was dieKreditvergabe der Banken betrifft, wissen wir: In Deutsch-land ist es Realität, dass man einen 30-Millionen-Euro-Kredit leichter bekommt als einen 30 000-Euro-Kredit.Das, finden wir, darf so nicht bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben die Chance, unserem Antrag zuzustimmenund für die Förderung des Absatzes ostdeutscher Pro-dukte etwas mehr Geld in den Wirtschaftsetat einzustel-len. Ich will deutlich sagen: Wir wollen keinen Streichel-zoo für ostdeutsche Unternehmen schaffen, sondernlediglich für Chancengleichheit am Markt sorgen. Die

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Roland Claus

Chancengleichheit am Markt muss endlich hergestelltwerden.

Meine Damen und Herren von der Koalition, ichmöchte Sie daran erinnern – meine Vorrednerin hat dasbereits angesprochen –, dass Sie in Ihrer Koalitionsver-einbarung im Hinblick auf den Aufbau Ost versprochenhaben, die Kreditbedingungen für kleine und mittelstän-dische Unternehmen bzw. die Bedingungen für die Bil-dung von Risikokapital zu verbessern. Das ist nicht mitder Beschlussfassung zu Basel II erledigt.

Ebenfalls muss ich Sie daran erinnern, dass Sie imZusammenhang mit diesem Versprechen auch einen Ter-min genannt haben. In Ihrer Koalitionsvereinbarungsteht als Termin: Mitte des Jahres 2006. Die Mitte desJahres 2006 haben wir erreicht. Auf dem Tisch liegt bis-her nichts. Kommen Sie Ihrer Schuld nach und legen Sieendlich einen Vorschlag vor, zu dem wir uns äußern kön-nen!

(Beifall bei der LINKEN)

An vielen Stellen ist angeregt worden, Innovationenzu befördern.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Claus, gucken Sie bitte einmal auf Ihre

Uhr.

Roland Claus (DIE LINKE): Frau Präsidentin, ich komme Ihrem Anliegen gerne

nach.

(Heiterkeit)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Claus, das ist unser gemeinsames Anlie-

gen. Ihre Redezeit ist bereits um gut eine Minute über-schritten.

Roland Claus (DIE LINKE): Damit ist mir klar, dass ich zum Ende kommen muss.

Ich will meinen Schlusssatz formulieren: Herr MinisterGlos, auch wenn Sie gerade erfolgreich Ihren ehrbarenBerufsstand, den des Müllermeisters, gegen die Angriffedes großen Kapitals verteidigt haben, was uns Hochach-tung abnötigt, muss ich Ihnen sagen: Für unsere Zustim-mung zum Haushalt Ihres Ministeriums reicht das nichtaus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat der Kollege Alexander Dobrindt, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Claus,das, was Sie hier abgesondert haben, hat eher etwas mit

alten Klassenkampftheorien als mit moderner Wirt-schaftspolitik zu tun. Das muss man einmal ganz klar sa-gen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Widerspruch bei der LIN-KEN)

Nur Unternehmerschelte zu betreiben und zu sagen, dassGeld abgegriffen, aber nichts geleistet wird – so einfachkann man es sich nicht machen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Glos, ich bin Ih-nen sehr dankbar, dass Sie dem Thema Ausbildung inIhrer Rede einen so großen Raum gewidmet und deutlichgemacht haben, dass in diesem Jahr trotz der enormenund erfolgreichen Bemühungen der Wirtschaft unterUmständen eine schwierige Situation entstehen könnte.Deswegen ist es besonders wichtig, dass Sie sich diesesThemas annehmen, dass Sie den Paktlenkungsausschusseingeladen haben und den Ausbildungspakt weiterent-wickeln wollen, um eine Verbesserung der Lehrstellen-situation zu erreichen, und dass Sie die dazu notwendi-gen Beratungen durchführen.

Gerade den Jugendlichen in unserem Land, die aufder Suche nach einer Lehrstelle sind, geht es nicht nurdarum, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, sondernvor allem auch darum, einen Platz in unserer Gesell-schaft zu finden. Die Politik hat, genauso wie die Wirt-schaft, die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die jun-gen Leute nicht aus unserer Gesellschaft ausgesperrtwerden und dass Arbeitsplätze für sie zur Verfügung ge-stellt und gesichert werden.

Die Arbeitslosigkeit hat unser Land leider Gottesnach wie vor fest im Griff. Auch wenn die Zahl der Ar-beitslosen, wie jetzt vermeldet wird, im Juni wiedersinkt, ist es so, dass die Langzeitarbeitslosigkeit nachwie vor steigt. Die Arbeitslosigkeit ist in der Mitte unse-rer Gesellschaft angekommen: Jeder von Ihnen, jedervon uns hat heute in seiner Verwandtschaft, in seiner Be-kanntschaft wohl irgendjemanden, der von Arbeitslosig-keit betroffen ist, oder jemanden, der mit der Angst vorArbeitslosigkeit konfrontiert ist. Aus diesem Dilemmawerden wir nur herauskommen, wenn wir Wachstums-impulse in unserem Land freisetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Reformieren und investieren zugleich, darin liegt derSchlüssel für die kurzfristigen und langfristigen Maß-nahmen, die wir brauchen, um Wachstum und Beschäf-tigung zu schaffen. Der vorliegende Haushalt setzt, ins-besondere für den Mittelstand, bei Forschung undEntwicklung ein deutliches Zeichen, sowohl bei Innova-tionen als auch bei Wettbewerb als auch bei Neugrün-dungen, also bei all dem, was bei den Mittelständlern vorOrt sehr schnell zu Wachstum und Beschäftigung führt.

Es gibt sicher kein Patentrezept, wie man mehr Be-schäftigung schaffen kann, es gibt kein Patentrezept, wieman die Probleme schnell lösen kann. Aber ich glaube,es ist entscheidend, dass Politik die Probleme endlichnicht mehr in die Zukunft, auf die nächste Generation,

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Alexander Dobrindt

verlagert, sondern dass wir das Zukunftsinteresse vordas Gegenwartsinteresse stellen. Das ist den meistenMenschen in unserem Land übrigens nichts Fremdes,wie der viel missbrauchte Satz „Ich will, dass es meinenKindern einmal besser geht“ zeigt. Das ist es: Das Zu-kunftsinteresse vor das Gegenwartsinteresse stellen.

Da haben wir sicherlich noch eine ganze Reihe vonAufgaben vor uns: Wir brauchen eine Erbschaftsteuer-reform, die es möglich macht, dass Unternehmen inDeutschland ohne hohe Belastungen von der nächstenGenerationen übernommen und weitergeführt werdenkönnen, ohne gleichzeitig die notwendige Flexibilität zuverlieren. Wir brauchen eine Reform der sozialenSicherungssysteme, die den Faktor Arbeit entlastet. Aufdiesem Weg sind wir mit der Absenkung des Beitragszur Arbeitslosenversicherung von 6,5 Prozent auf4,5 Prozent zum 1. Januar nächsten Jahres einen erstenSchritt gegangen. Einer der wesentlichen Punkte in un-serem Programm ist selbstverständlich der Abbau vonBürokratie. Mit der Installierung eines Normenkontroll-rates, der messbar machen wird, welche Kosten den Un-ternehmen vor Ort durch ein geplantes Gesetz entstehen,sind wir dabei auf einem guten Weg.

Wir werden nächste Woche im Deutschen Bundestagein erstes Mittelstandsentlastungsgesetz in zweiter unddritter Lesung beschließen. Mit einer Reihe von Sofort-maßnahmen sollen viele Unternehmen von Bürokratieentlastet werden. Beispielsweise sollen die Unternehmenvon einem Großteil der Statistikpflichten befreit werden.Dies wird die Unternehmen spürbar entlasten. Wir wol-len dabei nicht stehen bleiben: Es wird dieses Jahr einweiteres Mittelstandsentlastungsgesetz geben, mit demHemmnisse für Unternehmen bzw. für Gründer von unsenttarnt und abgeschafft werden.

Bürokratie ist aber nicht nur auf der nationalen Ebenezu bekämpfen. Ein Großteil dessen, was wir an Bürokra-tie inzwischen identifizieren konnten, kommt ausEuropa. Zu oft wird das Subsidiaritätsprinzip verletzt.Ich bin der Überzeugung, dass wir europäische Regelun-gen brauchen – aber nur dann, wenn es einen Mehrwertgibt. Deswegen ist es wichtig, dass wir Anfang nächstenJahres, wenn Deutschland die Ratspräsidentschaft in derEuropäischen Union übernimmt, den Abbau von Büro-kratie auf der europäischen Ebene zu einem zentralenPunkt unserer Arbeit machen. Hierum bitte ich die Bun-desregierung eindringlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD und der FDP)

Eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen hat imLaufe der Haushaltsdebatte in den letzten Tagen die be-geisterte Stimmung der Menschen anlässlich der Fuß-ballweltmeisterschaft beschrieben und dargestellt, wel-che Wachstumskräfte aus so einem Ereignis, aus so einerBegeisterung entstehen können. Vor drei Wochen hatmeine Heimat den Wettbewerb für die Ausrichtung derSki-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen gewonnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Wir werden also 2011 eine neue Weltmeisterschaft inDeutschland haben. Ich glaube, dass auch diese Welt-meisterschaft große Begeisterung auslösen und großeWachstumsreserven in Deutschland mobilisieren kann.Ich lade Sie alle dazu ein, mitzuhelfen, damit auch diesesEreignis ein sportliches Highlight wird, das Deutschlandweiter nach vorne bringt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Nächste Rednerin ist die Kollegin Anna Lührmann,

Bündnis 90/Die Grünen.

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Lieber Herr Rossmanith! Wir von der Frak-tion Bündnis 90/Die Grünen haben heute einen Antrageingebracht, in dem wir den Ausstieg aus dem subven-tionierten Bergbau fordern.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Überflüs-sig!)

– Sie haben jetzt schon wieder gesagt, dieser Antrag seiüberflüssig. Vorhin haben Sie gesagt, er sei im Grundenicht falsch. Wenn dem so ist, dann kann ja die CDU/CSU unserem Antrag zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])

Wie das geht, haben Ihnen Ihre Kolleginnen und Kol-legen im Landtag in Nordrhein-Westfalen schon vorge-macht. Der Antrag, den wir hier einbringen, wurde wort-gleich im März dieses Jahres von einer Jamaikakoalitionim Landtag in Nordrhein-Westfalen beschlossen, alsoauch mit Ihren Stimmen. Das ist ein gutes Modell undwesentlich besser als das Gemurkse, das Sie hier zu demThema im Bundestag veranstalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dieser Antrag besteht aus zwei Teilen: Im ersten Teilfordern wir die DSK, die Deutsche Steinkohle AG, auf,Szenarien für einen sozialverträglichen Auslauf des sub-ventionierten Bergbaus vorzulegen. Gerade für die Be-schäftigten, aber auch für alle anderen Menschen imLand ist es wichtig, zu wissen, woran sie sind – das musshier endlich diskutiert werden – und dass wir Geld fürzukunftsorientierte Ausgaben umschichten können.

Im zweiten Teil des Antrags geht es darum, durch einunabhängiges Gutachten den geplanten Börsengang derRAG untersuchen zu lassen.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Beides ist auf den Weg gebracht worden!)

– Es ist eine super Sache, dass die Regierung dieses Gut-achten endlich auf den Weg gebracht hat. Aber, HerrKollege Rossmanith, Sie wissen genauso gut wie ich:Der Teufel steckt im Detail.

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Anna Lührmann

Ich habe die Regierung schon gefragt, wie genau derAuftrag für dieses Gutachten aussieht, um zu wissen,was die Gutachter für teures Geld erforschen sollen. Da-raufhin wurde mir gesagt, der Auftrag für dieses Gutach-ten sei geheim. Ich weiß nicht, was daran geheim seinsoll. Ich glaube eher, diese Geheimniskrämerei rührt da-her, dass Sie nicht öffentlich über die Steinkohle disku-tieren und der Öffentlichkeit nicht klar machen wollen,dass es in der Koalition zum Thema Steinkohle einenriesigen Konflikt gibt und Sie sich nicht einigen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsowie bei Abgeordneten der FDP – Kurt J.Rossmanith [CDU/CSU]: Unglaublich! – Ge-genruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Aberwahr!)

Wir als Grüne hingegen haben nicht nur diesen An-trag, sondern auch andere Anträge zu diesem Thema ein-gebracht, die auch den Haushalt 2006 betreffen. Wir ha-ben festgestellt, dass die Weltmarktpreise fürSteinkohle in den letzten Jahren ziemlich stark gestie-gen sind. Bei der Berechnung für die Steinkohlesubven-tionen wurde immer von Preisen von um die 40 Euro proTonne ausgegangen. Im Jahr 2004 lag der Preis schonbei um die 55 Euro pro Tonne, im Jahr 2005 bei 65 Europro Tonne. Dadurch wird ganz klar, dass die WirtschaftSubventionen zurückzahlen muss, weil sie für die Ver-stromung zu viel Subventionen erhalten hat. Deshalbfordern wir in unseren Anträgen – das ist ein sehr klugerVorschlag –, dass sich die Regierung darum kümmernsoll, dass die Subventionen zurückgezahlt werden.

Dass dies möglich ist, haben auch wieder die Kolle-ginnen und Kollegen in NRW gezeigt.

(Gudrun Kopp [FDP]: Richtig!)

Die „Rheinische Post“ vom 17. Juni dieses Jahres mel-det, dass für 2006 insgesamt deutliche Rückzahlungenzu erwarten sind. Für den Bund würden das – mit diesenZahlen rechnet man in Nordrhein-Westfalen –200 Millionen Euro bedeuten, und zwar allein für dasJahr 2006. Wir haben bei unseren Berechnungen nochandere Jahre hinzugenommen. Das zeigt: Wenn Sie,Herr Glos, Ihre Hausaufgaben machen und sich um dasThema wirklich kümmern und auch die Fertigstellungder Abrechnung vorantreiben würden,

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das Jahr istnoch nicht einmal herum! Wie wollen Sie daAbrechnungen machen? Was für eine Un-kenntnis!)

sodass die Wirtschaft in die Verantwortung genommenund das Geld zügig zurückgezahlt würde, dann würdenwir noch für diesen Haushalt eine enorme Entlastung er-reichen.

(Gudrun Kopp [FDP]: Richtig!)

Diese „Kohle“ brauchen wir für Investitionen in Zu-kunftsbereiche dringend. Wir brauchen sie auch drin-gend für die Energiequellen, die wir auch in Zukunftnutzen können. Dazu gehören auch die erneuerbarenEnergien.

Wir als Grüne haben in diesem Zusammenhang kon-krete Vorschläge vorgelegt. Deshalb bitte ich Sie, unse-ren Anträgen zuzustimmen, damit wir unseren Energie-bedarf in der Zukunft sichern können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ludwig Stiegler [SPD]: Werden wir nicht!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Nächster Redner ist der Kollege Professor Dr. Heinz

Riesenhuber, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Ich habe mit Vergnügen der Rede von Frau Flachzugehört. Bei ihr lernt man immer etwas dazu.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Frau Flach, Sie haben sich mit dem Vorwurf anunseren verehrten Wirtschaftsminister gewandt, dass dasMinisterium keine Technologieschmiede, sondern einSubventionsministerium sei.

(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)

Das ist ein bitterer Vorwurf.

(Ulrike Flach [FDP]: Ja!)

Nun stellt sich die Frage, was eine Technologie-schmiede sein könnte. Sie sind ja liberal. Sie gehen nichtdavon aus, dass der Staat die neuen Techniken erfindet.

(Ulrike Flach [FDP]: Nein, natürlich nicht! Deswegen wollen wir das ja streichen!)

Es ist schon eine große Leistung des Staates, wenn er dieUnternehmen nicht daran hindert, das zu tun, was siewollen. Wenn der Staat nicht bei der Arbeit stört, dannist das eine glanzvolle Leistung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Insofern soll der Staat keine Technologien schmieden; ersoll vielmehr die Voraussetzungen dafür schaffen.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das, was unser hoch-verehrter Wirtschaftsminister in seinem Ministerium inAngriff genommen hat, von strategischer Weisheit undumfassender Vernunft.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so-wie bei Abgeordneten der SPD)

Wir alle wissen, dass noch einiges in der Mache ist. Vie-les ist Gemeinschaftsarbeit. Deshalb sind wir so glück-lich, dass die SPD auf unserer Seite ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir bauen darauf, dass auch Sie auf unserer Seite sind,meine Damen und Herren von der FDP, auch wenn HerrKoppelin – die Stimme der Vernunft in der FDP – heutenicht anwesend ist.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)

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Dr. Heinz Riesenhuber

Was kann ein Ministerium tun? Wir sehen mit Inte-resse, wie der Wirtschaftsminister zusammen mit demHerrn Finanzminister die Unternehmensteuerreformso prägt, dass der Unternehmungsgeist der Unternehmenwächst, dass Unternehmen in anderen Ländern erken-nen, wie stark der Standort Deutschland ist, und dassnicht mehr von prospektiven Spitzensteuersätzen, son-dern von realen Steuersätzen ausgegangen wird, die ent-sprechend abgebildet werden.

Zum Bürokratieabbau ist Bedeutendes gesagt wor-den. Dass die Regierung den Normenkontrollrat einge-setzt hat, dass wir das niederländische Standardkosten-modell einführen, um die Bürokratiekosten besserberechnen und damit auch besser bekämpfen zu können,ist die strategische Voraussetzung dafür, dass neue Tech-nologien entstehen.

Wir gehen diese Aufgabe aber auch im Haushalt desEinzelplanes an. Dabei steht der Wirtschaftsministerdurchaus noch am Beginn seiner Arbeit.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so-wie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf vonder FDP: Das kann man wohl sagen!)

Unsere Freunde von der SPD haben zuvor mit den Grü-nen regieren müssen. Deshalb ist nicht alles so vollkom-men, wie es sein sollte.

(Heiterkeit)

Wir gehen jetzt die Punkte an, die noch problematischsind.

Der erste Schritt war, die Bugwellen abzubauen. Invielen Programmen – das hat Frau Bulmahn zu Rechtfestgestellt – gab es beachtliche Bugwellen, weil Pro-jekte, die fertig geplant und positiv begutachtet waren,wegen Haushaltsproblemen nicht zeitgerecht gestartetwerden konnten. Das sind wir zunächst angegangen.Jetzt erweitert sich langsam der Horizont. Die Welt wirdfrei. Wir können sie frohgemut gestalten. Jetzt fragt sich,was wir als Nächstes angehen.

Ich bin immer noch bei Ihrer Bemerkung mit derTechnologieschmiede. Es gibt einige Bereiche, in denenzumindest die Industrie auf kluge Weise schmiedet. Beiunserem Weltraumprogramm hat der ESA-Ministerratklug und erfolgreich verhandelt.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Sehr wahr!)

Im Haushalt des Wirtschaftsministers sind dafür zu-sätzliche Mittel in beachtlicher Höhe – es sind meinesWissens über 90 Millionen Euro bis 2009 – vorgesehen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist zu begrüßen.

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Nein!)

Bei der Konzeption ist darauf geachtet worden, dassdie Rolle Deutschlands in der Führung und Gestaltungdes Systems stark ist. Die Erdbeobachtungssysteme, diezwei Erdbeobachtungssatelliten, die Beteiligung an Ga-lileo und die Funktion von Oberpfaffenhofen und Darm-

stadt machen deutlich, dass wir über eine Vielzahl vonstarken und lebendigen Projekten verfügen, die ausver-handelt und gut organisiert sind.

(Beifall des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

Beim Nationalen Weltraumprogramm werden wirnoch einiges tun müssen. Meines Wissens stehen immer-hin rund 167 Millionen Euro zur Verfügung, um in die-sem Bereich einen Beitrag dazu zu leisten, dass unseremittelständischen Unternehmen systemfähig werdenbzw. Subsysteme und Systeme liefern können. Genausowichtig ist die Entwicklung in der Luftfahrtforschung.Da werden wir in absehbarer Zeit ein neues mittelfristi-ges Programm auflegen. Im Grunde haben wir hier einegute und stetige Entwicklung zu verzeichnen mit einergezielten Unterstützung des Mittelstands.

Ich freue mich sehr, dass ich alle Ihre Fragen an dieTechnologieschmiede sachdienlich beantworten kann.

(Lachen bei der FDP)

In mehreren Reden ist der Mittelstand angesprochenworden. Das ist natürlich ein zentrales Thema. Wir habendie Aufwendungen für diesen Bereich gewaltig gestei-gert, indem wir 50 Millionen Euro draufgelegt haben.Dabei hat uns der Haushaltsausschuss in Herzlichkeit be-gleitet, wofür wir ausdrücklich danken. Das ist eine sehrgute Sache.

Dass wir damit eine Strategie verfolgen, die Raum fürNeues schafft, wird ein interessanter neuer Schritt sein.So stellt das Wirtschaftsministerium Überlegungen zumBereich „Innovation und Normung“ an. Das ist ein neuerstrategischer Bereich, wo etwas zusammengeführt wird.Zudem wird über die öffentliche Nachfrage nachge-dacht, über Einstiegsprogramme in die Forschung fürden Mittelstand und branchenübergreifende Wettbe-werbe innerhalb der IGF.

(Ulrike Flach [FDP]: Es soll nicht nachden-ken! Es soll agieren!)

Das Ministerium setzt in unterschiedlichen Bereichenneue Paradigmen.

Das Faszinierende an dem Forschungshaushalt ist,dass mir manche Programme aus der Zeit vor der deut-schen Einheit bekannt sind. Das ist nicht unbedingt Aus-druck einer Innovationskraft. Programme müssen neuentstehen. Sie müssen aber auch sterben können.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Frei lebt, wer sterben kann, Freunde! Wir müssen alsodarangehen, Freiraum für Neues zu schaffen. Ideen sindda.

Bei den Fragen, auf die wir noch keine Antworten ha-ben, ist auch unsere hochverehrte Opposition zur kon-struktiven Mitarbeit herzlich eingeladen ist: Wie kom-men wir dahin, dass der Mittelstand, dass ein jungesUnternehmen sein Produkt schneller auf den Markt brin-gen kann? Frau Bulmahn hat zu Recht gesagt, dass wirdas Volk der Erfinder sind. Beim Europäischem Patent-amt haben wir im letzten Jahr 23 800 Patente angemel-det, die Amerikaner 32 700; Amerika ist aber sehr viel

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Dr. Heinz Riesenhuber

größer als wir. In Erfindungen sind wir gut. Wie aber be-kommen wir die PS auf die Straße? Wie setzen wir dasum?

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wie kommen wir besser in den Markt? Wie helfen wirden Start-ups, zu verstehen, dass sie nicht nur einentüchtigen Buchhalter brauchen – der ist immer sehr be-deutend –, sondern dass sie einen Betriebswirt, einenWirtschaftler mit Biss und Unternehmungsgeist als Part-ner brauchen? Sie brauchen nicht nur den genialen Inge-nieur, der zum Kunden geht, sich rausschmeißen lässt,wieder hingeht, wieder rausgeschmissen wird und dannendlich, wenn der Kunde so genervt ist, dass er es nichtmehr aushält, den Auftrag bekommt. Davon leben dieUnternehmen. Sie leben nicht von Erfindungen in Pa-pierform. Es geht darum, lebenden Menschen zu helfen,den Sprung in den Markt zu schaffen. Sie müssen denentsprechenden Geist entwickeln und den Biss und dieEntschlossenheit haben, dies umzusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe liberale Freundinnen und Freunde, wir sind hiernicht die Technologieschmiede. Wir schaffen die Vo-raussetzungen. Es geht hier um das Private-Equity-Ge-setz und die Frage der Besteuerung der Venture-Capital-Fonds. Es geht darum, die Schwierigkeiten für die Busi-ness Angels zu überwinden. Ich bestehe nicht darauf,das an der Wesentlichkeitsgrenze der Beteiligungen fest-zumachen; es gibt andere Modelle. Wesentlich aber ist,dass wohlhabende Leute, die es in unserem Lande Gottsei dank gibt, die Lust an etwas Neuem haben, die injunge Unternehmen investieren und sie mit Rat und Geldbegleiten wollen, sich voll engagieren, und nicht nur inForm einer Beteiligung in Höhe von 1 Prozent; dafürkämpft niemand. Der Mensch kämpft nur fürs eigeneGeld, wenn er in der Wirtschaft tätig ist. Das ist gut so.Erhard sprach von der List der Marktwirtschaft, die denEgoismus des Einzelnen zur Weisheit des Erfolges um-wandelt.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege, wir würden Ihnen noch furchtbar gerne

sehr lange zuhören.

Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU): Dann tun Sie das.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das geht leider nicht. Das kann ich nicht zulassen,

Herr Kollege Riesenhuber.

Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU): Hochverehrte Frau Präsidentin, dann muss ich leider

alle grundsätzlichen Aussagen, die noch ausstehen, aufdie nächste Debatte verschieben.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

In der grundsätzlichen Diskussion, die wir hier füh-ren, habe ich mit Freude festgestellt, dass viele von derFußballweltmeisterschaft Kenntnis genommen haben.Es ist jetzt üblich – das ist auch prima –, damit die Re-den zu beschließen. Dies habe ich von den Kollegen ge-lernt.

Einen heimlichen Wunsch möchte ich in diesem Zu-sammenhang äußern: Wenn die Begeisterung und dieFreude, wie sie sich in den Sätzen „Wir sind Deutsch-land“, „Wir sind stolz auf das, was wir können“, „Wirwollen die Besten sein“ ausdrückt, nicht nur eine Sachedes Sports, sondern auch eine Sache der Unternehmen,der Wissenschaft und der Start-ups ist, wenn die Leutenicht neidisch auf eine Leistung sind, sondern stolz aufdas, was sie erreicht haben, wenn dies nicht ein Gegen-stand der Abneigung, sondern des Respekts und derFreude ist, weil das uns alle voranbringt, dann haben wireine andere Welt. Deshalb lasst uns Fußball spielen!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-plan 09 – Bundesministerium für Wirtschaft und Tech-nologie – in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? –Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzel-plan 09 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beiGegenstimmen der Oppositionsfraktionen angenommen.

Zusatzpunkt 8. Interfraktionell wird Überweisung derVorlage auf Drucksache 16/1672 an die in der Tagesord-nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Siedamit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist dieÜberweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.19 auf:

Einzelplan 32

Bundesschuld

– Drucksache 16/1321 –

Berichterstattung:Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme Carsten Schneider (Erfurt)Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Anja Hajduk

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen daher gleich zur Abstimmung über denEinzelplan 32 – Bundesschuld – in der Ausschussfas-sung. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-gen? – Der Einzelplan 32 ist mit den Stimmen der Koali-tion bei Gegenstimmen der Fraktionen der Oppositionangenommen.

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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich rufe Tagesordnungspunkt I.20 auf:

Einzelplan 33

Versorgung

– Drucksache 16/1324 –

Berichterstattung:Abgeordnete Anja Hajduk Jens Spahn Bettina Hagedorn Dr. Claudia Winterstein Roland Claus

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Abstimmung über die Beschlussempfehlung desHaushaltsausschusses zu dem Einzelplan 33 – Versor-gung. Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Be-schlussempfehlung auf Drucksache 16/1324 unter Nr. 2,den Einzelplan 33 aufzuheben.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist eine revolutionäre Veränderung!)

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmender Fraktionen der Linke, der SPD, der CDU/CSU undder FDP bei Enthaltung der Grünen angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt I.21 auf:

Einzelplan 60

Allgemeine Finanzverwaltung

– Drucksache 16/1323 –

Berichterstattung:Abgeordnete Otto Fricke Jochen-Konrad FrommeCarsten Schneider (Erfurt)Dr. Gesine Lötzsch Anja Hajduk

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über denEinzelplan 60 – Allgemeine Finanzverwaltung – in derAusschussfassung. Es liegt ein Änderungsantrag derFraktion Die Linke vor, über den wir zuerst abstimmen.Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-sache 16/1893? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der SPD, desBündnisses 90/Die Grünen, der CDU/CSU und der FDPbei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt.

Wer stimmt für den Einzelplan 60 in der Ausschuss-fassung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – DerEinzelplan 60 ist mit den Stimmen der Koalition bei Ge-genstimmen der Fraktionen der Opposition angenom-men.

Ich rufe Tagesordnungspunkt I.22 auf:

Haushaltsgesetz 2006

– Drucksachen 16/1325, 16/1326 –

Berichterstattung:Abgeordnete Steffen Kampeter Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Anja Hajduk

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wäre aber schön!)

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über dasHaushaltsgesetz 2006 in der Ausschussfassung. Werstimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Das Haushaltsgesetz 2006 ist mit den Stimmen der Ko-alitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Oppositions-fraktionen angenommen..

Abstimmung über die Beschlussempfehlung desHaushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch dieBundesregierung über den Finanzplan des Bundes 2005bis 2009; das sind die Drucksachen 16/751, 16/1348 und16/1327. Der Ausschuss empfiehlt auf Drucksache16/1327, den Finanzplan des Bundes 2005 bis 2009 zurKenntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschluss-empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen vonSPD, CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen der Frak-tion Die Linke

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Gegen die Kenntnisnahme! Das ist Ignoranz!)

und Enthaltungen der Grünen angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt II auf:

Dritte Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2006(Haushaltsgesetz 2006)

– Drucksachen 16/750, 16/1348, 16/1301 bis16/1313, 16/1319 bis 16/1321, 16/1323, 16/1324,16/1325, 16/1326 –

Berichterstattung:Abgeordnete Steffen Kampeter Carsten Schneider (Erfurt)Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Anja Hajduk

Es liegen drei Entschließungsanträge der Fraktion derFDP, ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linkesowie zwei Entschließungsanträge der Fraktion desBündnisses 90/Die Grünen vor, über die wir nach derSchlussabstimmung abstimmen werden. Ich weise da-rauf hin, dass wir später über das Haushaltsgesetz sowieüber den Entschließungsantrag der Fraktion Die Linkenamentlich abstimmen werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich gebe zunächst das Wort der Kollegin UlrikeFlach, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Ulrike Flach (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Finanzminister hat am Dienstag eine philosophischeVorlesung gehalten. Seine Philosophie ist, dass der guteund wohlmeinende Staat am besten weiß, wie man mitdem Geld der Bürger umgeht. Wer auf die hohen Steuer-lasten der Bürger hinweist, zeichnet, so Steinbrück, einZerrbild eines irrsinnigen Steuerstaates. Laut Karl-Bräuer-Institut lag die Belastung der Einkommen mitSteuern und Abgaben 2005 bei 51,5 Prozent. Bis 2009wird diese Quote auf 53 Prozent steigen. Wenn ein Staatseinen Bürgern über die Hälfte des Einkommens ab-nimmt, dann ist das vielleicht nicht irrsinnig, aber es istin jedem Falle unsinnig.

(Beifall bei der FDP)

Ihr Kronzeuge, den Sie, Herr Steinbrück, als fiskali-sches Vorbild preisen, ist der ehemalige Finanzministerder USA, Robert Rubin. Rubinomics ist das, was Sieals eine Politik der doppelten Tonlage verstehen, eineKombination aus Steuererhöhungen und Sparmaßnah-men, wie sie Rubin 1995 bis 1999 in den USA ange-wandt hat.

Zum Erfolg des Finanzministers Rubin, Herr Stein-brück, gehören aber auch einige Wahrheiten, die Sie indiesem Zusammenhang wohlweislich nicht nennen: Ru-bins Amtszeit war die Zeit der Hightech- und Internet-blase, in der beinahe täglich Unternehmen an die Börsegingen. Damit hatte auch die Clinton-Administration üb-rigens nicht gerechnet, die 1993 sogar ein Konjunktur-programm geplant hatte, aber nicht durchsetzen konnte.Die Börse trieb das Wachstum massiv an, über RubinsAmtszeit hinaus bis zum Jahr 2000.

In Deutschland aber haben wir seit Jahren niedrigeWachstumsraten, sogar negative Wachstumsraten. Wirhaben keinen Börsenhype, sondern sinkende Einkom-men im Vergleich zu vielen EU-Ländern. Darauf wollenSie jetzt diese massive Steuererhöhung packen? Dassdas die Konjunktur mit Sicherheit schwächt, zu dieserVoraussage brauchen wir noch nicht einmal – das kannman mit dem einfachen Bleistift rechnen – die unzähli-gen Expertenmeinungen der vergangenen Wochen.

(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])

Übrigens, Herr Steinbrück, ist auch Herr Rubin mehrals skeptisch, was die Übertragung seiner Maßnahmenauf Deutschland angeht. Der „Spiegel“ hat im Juni 2005Robert Rubin befragt, ob die Situation, die er 1995 inden USA vorfand, mit der in Deutschland vergleichbarsei. Seine Antwort darauf scheinen Sie nicht registriertzu haben; sie war sehr einfach und sehr klar: Nein. Nein,sagte er, die Situation war vollkommen anders. Die USAhatten zwar ein erhebliches Haushaltsdefizit, aber wirwaren eine Gesellschaft mit flexiblem Arbeitsmarkt undder Bereitschaft zum Wandel. – Das ist der Punkt, HerrSteinbrück. Was Deutschland denn tun solle, um aus derKrise herauszukommen, wurde er weiter gefragt. Rubinsagte dazu:

Deutschlands Arbeitsmarktgesetze sind sehr res-triktiv, die Sozialleistungen sehr hoch. Und Sie

– die Deutschen –

haben sicherlich ein demografisches Problem. Dassind Punkte, die Sie angehen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Das aber heißt, wenn schon Robert Rubin Ihr Vorbild ist,dann bitte mit aller Konsequenz: Der Arbeitsmarktmuss dereguliert werden und die hohen Sozialstandardsmüssen auf den Prüfstand. Das ist genau die Politik, dieIhnen die Liberalen seit vielen Jahren empfehlen, die Sieaber – vor allen Dingen Sie von der Linken – ständig alsgesellschaftliche Horrorvision angeprangert haben.

(Beifall bei der FDP – Volker Schneider [Saar-brücken] [DIE LINKE]: Stimmt!)

Herr Steinbrück, Rubinomics ist nichts für Deutsch-land, zumindest nicht für ein Deutschland mit einer Re-gierung, an der die SPD beteiligt ist. Es fehlt Ihnen undder großen Koalition ein langfristiges gemeinsames Re-formkonzept. Unsere demografische Entwicklung ist– anders als in den USA – eine tickende Zeitbombe fürdie deutschen Sozialsysteme. Sie aber vertändeln dieZeit – gerade wieder – mit mühsam errungenen Kompro-missen der Koalitionsrunden, von deren Ergebnis nochnicht einmal Ihr eigenes Ministerium überzeugt ist, wiewir tagtäglich in den Zeitungen lesen können.

Das Fazit Ihres ersten Aufschlags auf der bundespoli-tischen Bühne, Herr Steinbrück, ist frustrierend.

(Beifall bei der FDP)

Der größten Steuererhöhung in der bundesdeutschen Ge-schichte steht nur Ihre verbale Strategie zur Rückfüh-rung der Strukturprobleme auf der Ausgabenseite gegen-über. Solange dem so ist, Herr Steinbrück, ist jederSchluck aus der Steuerpulle eine kurzfristige Maß-nahme, die nur die Symptome lindert. Auf die Erfolgevon Herrn Rubin werden Sie wohl sehr lange wartenmüssen.

(Beifall bei der FDP – Bernhard Brinkmann[Hildesheim] [SPD]: Der größte Steuererhöherwar die FDP!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Nächster Redner ist der Kollege Joachim Poß, SPD-

Fraktion.

Joachim Poß (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kollegin Flach, was uns beide, insbesondere Sieaber von Herrn Steinbrück, grundsätzlich unterscheidet,ist: Während wir in der wirtschaftlichen, der sozialenund der finanziellen Realität konkret ansetzen und dieseschrittweise verbessern wollen, sind Ihre Vorschlägenichts anderes als Wunsch und Wolke und haben mit derwirtschaftlichen, der sozialen und der finanziellen Reali-tät in diesem Land nichts zu tun; das ist Ihr Ansatz. Dasunterscheidet Sie von der großen Koalition. Währendwir realitätstüchtig sind und versuchen, uns dem schwie-rigen Veränderungsprozess zu stellen, äußern Sie nurWünsche, die Sie nicht erfüllen könnten – das wissen Sie

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Joachim Poß

selber –, wenn Sie in der Regierungsverantwortung wä-ren. Einen solchen Politikansatz sollten Sie den Wähle-rinnen und Wählern eigentlich nicht zumuten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, Sie haben in Herrn Rubin im Verhältniszu Peer Steinbrück zu viel hineininterpretiert. HerrSteinbrück hat nie behauptet, dass die heutige Situationin Deutschland mit der in den USA im Jahre 1995 ver-gleichbar ist.

(Ulrike Flach [FDP]: Er hat uns letztes Mal noch Clinton empfohlen!)

– Nein. Die Clinton-Administration hat zusammen mitder Fed nach den riesengroßen Defiziten aus derReagan-Ära die richtigen Antworten auf die gegebeneökonomische Situation gefunden. Aber wir müssen dierichtigen Antworten auf die Situation in der Bundesrepu-blik Deutschland finden, und zwar unter anderem vordem besonderen Hintergrund der Überwindung der deut-schen Teilung. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen sind die Zahlen und Fakten, die HerrSteinbrück am vergangenen Dienstag genannt hat, durchdie Studien zum Beispiel der OECD und des Internatio-nalen Währungsfonds gedeckt. Ich weiß daher nicht, wieSie dazu kommen, seine Angaben in Abrede zu stellenund sich dabei auf den Bund der Steuerzahler zu beru-fen. An Ihrer Stelle wäre ich bei dem etwas vorsichtiger,liebe Kollegin Flach.

Wir verkennen nicht, dass es in den letzten Jahren ge-rade in der Haushaltspolitik erbitterte Kämpfe zwischenCDU/CSU einerseits und den Regierungsparteien SPDund Bündnis 90/Die Grünen andererseits gegeben hat,und zwar insbesondere darüber, wie in haushaltspoliti-scher Hinsicht auf die fast vierjährige wirtschaftlicheStagnation in Deutschland reagiert werden sollte. Aberumso erfreulicher ist, dass man nun zu erfolgreicher Zu-sammenarbeit zusammengefunden hat, in deren Mittel-punkt die realistische Auseinandersetzung mit den kon-kret zu lösenden Problemen steht. Dafür gebührt denObleuten Carsten Schneider und Steffen Kampeter stell-vertretend für ihre Arbeitsgruppen aller Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dank gebührt auch dem Sekretariat des Haushaltsaus-schusses und den Fachleuten des Bundesfinanzministe-riums für ihre wie immer gute Unterstützung. Ohne siewäre das alles nicht möglich gewesen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowiebei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN)

Durch die Beratungen und Beschlüsse im Haushalt-ausschuss konnte der Bundeshaushalt 2006 wetterfestergemacht werden. Ein guter Teil der globalen Minderaus-gaben konnte aufgelöst werden, was dem Etat von vorn-herein mehr Treffsicherheit gibt. Die Steuerschätzungvon Mai, die die Budgetansätze bei den Steuereinnah-men bestimmt, hat die interne Steuerschätzung des Bun-

desfinanzministeriums vom Januar bestätigt, ja sogarübertroffen. Denn die Wirtschaft in Deutschland entwi-ckelt sich Gott sei Dank 2006 bisher sehr erfreulich.

Überschattet wurden die Haushaltsberatungen übermehrere Wochen durch eine – wie ich fand, etwas über-flüssige – aufgeregte Debatte über die Kosten derGrundsicherung für Arbeitsuchende. Es war deshalb gut,dass Franz Müntefering als der zuständige Fachminister,der über den besten Einblick in die komplizierte Materieverfügt, am 2. Juni vor der Bundespressekonferenz dieDinge zurechtgerückt und dargelegt hat, wo wir beiHartz IV stehen. Insbesondere hat er richtig gestellt,dass es bei Hartz IV in den letzten Monaten keine Kosten-explosion gegeben hat.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Steinbrück spricht immer vom Haushaltsrisiko!)

„Kostenexplosion“ ist eine Begrifflichkeit, die, aus wel-chem Grund auch immer, allein dem Ziel dient, das ge-meinsame Projekt der Grundsicherung für Arbeit-suchende insgesamt zu diskreditieren.

Dabei müsste doch jedem verständigen Menschenklar sein, dass die knapp anderthalb Jahre, die es dasArbeitslosengeld II jetzt gibt, für eine fundierte Beurtei-lung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und So-zialhilfe nicht ausreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es handelt sich immerhin um eine der größten Sozial-reformen in der Geschichte der BundesrepublikDeutschland mit sehr schwierigen Umstellungen für alleBeteiligten. Deswegen sage ich auch mit Blick auf denKoalitionspartner, womöglich auf Politiker, die sich jetztnicht hier im Raum befinden, die aber Generalrevisionund anderes mehr fordern – das sage ich insbesondere inRichtung NRW –, dass sie sich etwas Puste für die langeStrecke aufbewahren sollten, die noch vor uns liegt. DieUmstellung ist wirklich für alle Beteiligten sehr schwie-rig. Auch der Bundesrechnungshof, der sehr sachlichMängel aufgezeigt hat, hat keine Generalrevision odereine grundlegende Neugestaltung der Grundsicherunggefordert.

Was wir in der Koalition hierzu vereinbart haben, istsachgerecht. Wir machen das Fortentwicklungsgesetz,dem der Bundesrat am 7. Juli hoffentlich zustimmt. Daswird die Kostensituation erheblich verbessern. Wir ha-ben im Haushalt 2006 Vorsorge für den Fall getroffen,dass es doch zu höheren Ausgaben für das Arbeitslosen-geld II kommen sollte. Der Haushaltsausschuss hat be-schlossen, sich in der zweiten Jahreshälfte der beobach-teten Vollzugsdefizite gezielt anzunehmen.

Das alles sind, glaube ich, die richtigen Schritte. DasGanze wird dann im Herbst im Zusammenhang mit denThemen Kombilohn, Mindestlohn und Niedriglohnbe-reich diskutiert werden. Denn wir dürfen nicht verges-sen: In vielen Fällen stellt das Arbeitslosengeld II eineAufstockung von Lohn und Gehalt oder sonstigen Ein-künften dar.

Ich bin mir sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen:Wenn wir gegen Jahresende die Beratung des Bundes-

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haushaltes 2007 abschließen, werden wir alle nötigenMaßnahmen ergriffen haben, damit die Kosten für dasArbeitslosengeld II und Hartz IV nicht die haushaltspoli-tischen Ziele unterlaufen,

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig, Herr Kollege!)

die sich die Koalition aus SPD und CDU/CSU gesetzthat.

Der Bundeshaushalt 2006 ist ein Übergangshaushalt.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Von der Pest zur Cholera!)

So haben wir es in der Koalitionsvereinbarung festge-legt. In diesem Jahr nehmen wir bewusst eine hohe Net-tokreditaufnahme des Bundes hin, weil wir nicht durchzusätzliche harte Einschnitte in Investitionen und nach-fragewirksame Sozialleistungen die gute Entwicklungder deutschen Wirtschaft beeinträchtigen wollen. In die-sem Haushalt 2006 läuft das 25-Milliarden-Euro-Impulsprogramm der Regierung – bzw. 37-Milliarden-Euro-Impulsprogramm mit Länderanteil – an, mit derFortführung der CO2-Gebäudesanierung, mit zusätzli-chen Mitteln für die Forschung und die Verkehrsinfra-struktur und mit der steuerlichen Absetzbarkeit zum Bei-spiel von Handwerkerleistungen.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Schuldenfinanziert!)

Davon, lieber Kollege Koppelin, profitiert die mittel-ständische Wirtschaft massiv; das ist wichtig für die Be-schäftigung in der mittelständischen Wirtschaft.

(Beifall bei der SPD)

Es wäre gut, wenn Sie bei Ihrer traditionellen Verbin-dung zum Mittelstand diese Botschaft mit vertretenwürden. Denn wir brauchen zusätzliche Beschäftigungim Mittelstand.

(Beifall bei der SPD)

Unser Kalkül ist klar und einleuchtend. Wir, das heißtBund und Länder, tun in einem Wirtschafts- und Finanz-pakt alles, damit sich die Wirtschaft in Deutschland indiesem Jahr so gut und stabil entwickelt, dass die ausGründen der Konsolidierung notwendige Mehrwert-steuererhöhung nicht zu der befürchteten konjunkturel-len Delle führt. Wenn man sich die aktuelle Wirtschafts-entwicklung vorurteilsfrei anschaut – da stelle ich nichtauf die gegenwärtig gute Stimmung durch die WM ab;es gibt andere Anzeichen –, kommt man zu dem Ergeb-nis, dass es diese Delle so nicht geben wird. Das ist auchdie aktuelle Einschätzung des Ifo-Instituts. Die OECDhat sich ebenfalls in diesem Sinne geäußert.

Ich habe Verständnis für das Verhalten der Opposi-tionsparteien. Das ist das übliche Oppositionsritual. Mankann nicht erwarten, dass die Opposition den Weg derRegierung vernünftig und angemessen findet, schon garnicht, wenn dieser Weg vernünftig und angemessen ist.So ist es nun einmal.

(Beifall bei der SPD – Abg. Jürgen Koppelin[FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage –Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]:

Jetzt kommt die Stimme der Vernunft! DieStimme der FDP!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Poß, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Koppelin?

Joachim Poß (SPD): Ja, natürlich; gern.

Jürgen Koppelin (FDP): Herr Kollege Poß, erinnere ich mich richtig, dass Sie

vor der Bundestagswahl zur damaligen Forderung derUnion, durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer umzwei Prozentpunkte eine Senkung des Beitragssatzes fürdie Arbeitslosenversicherung zu finanzieren, eine Pres-seerklärung herausgegeben haben – ich lese Ihre Presse-erklärungen immer mit großem Interesse –, in der Siedargelegt haben, dass die Erhöhung um zwei Punktenicht ausreichen wird, sondern dass man dafür mehrbrauchen wird? Jetzt versuchen Sie, das gleiche Ziel mitder Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt zu er-reichen. Können Sie mir sagen, warum Sie das damals soerklärt haben, heute in der Regierungspolitik aber nichtentsprechend handeln?

Joachim Poß (SPD): Zunächst einmal finde ich es gut, dass Sie meine Pres-

seerklärungen lesen, Herr Kollege Koppelin.

(Otto Fricke [FDP]: Sie doch auch seine!)

– Das kann ich jetzt leider nicht bestätigen.

(Ulrike Flach [FDP]: Sie sollten sie aber lesen!)

Ich finde das ganz gut, weil man so voneinander lernenkann.

Ich habe damals nicht nur eine Presseerklärung he-rausgegeben.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Leider wahr!)

Es waren in dem Zusammenhang sehr wahrscheinlich20. Es gab auch noch andere öffentliche Erklärungen.Diesen Erklärungen habe ich nichts hinzuzufügen.

Sie wissen, Kollege Koppelin, dass beginnend im Ok-tober/November deutlich wurde: Wir haben es in einemganz bestimmten Bereich des Arbeitsmarkts mit einemstarken Kostenanstieg gegenüber den ursprünglichenEinschätzungen zu tun. Außerdem haben wir in derKoalition einen Wirtschafts- und Finanzpakt vereinbart.Wenn man aus den Fehlern der Vergangenheit lernenund sich nicht gegenseitig blockieren will, dann gehörtdazu, dass Bund und Länder konstruktiv zusammenwir-ken und dass auch beide handlungsfähig sein müssen.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Aber Sie haben sich damals verrechnet!)

Das gilt auch für die öffentlichen Haushalte von Bundund Ländern. Dieser Situation ist die Erhöhung derMehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte geschuldet. Hinzu

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Joachim Poß

kommt eine Erhöhung um einen Punkt zur Finanzierungder Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversi-cherung.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Aber Sie haben damals erklärt, das gehe nicht!)

Was ich in meiner Presseerklärung dargestellt habe,ist in der Tat, dass die Rechnung, die von der damaligenOpposition im Zusammenhang mit der angepeiltenMehrwertsteuererhöhung und der Arbeitslosenversiche-rung vorgelegt wurde, nicht zutrifft. Dem habe ich auchjetzt nichts mehr hinzuzufügen.

Ich hoffe, es ist klar geworden: Einen Punkt verwen-den wir zur Senkung des Beitragssatzes für die Arbeits-losenversicherung und jeweils einen Punkt für die Län-derebene und für den Bund.

Vor einem möchte ich warnen, Herr Koppelin. Wiedie letzten Jahre gezeigt haben, kann man durch Krisen-gerede und Schwarzmalerei viel an wirtschaftlicher Zu-versicht und guter Perspektive kaputtmachen. Deutsch-land ist kein Sanierungsfall. Wir haben bei denöffentlichen Finanzen Sanierungsaufgaben. Natürlich– das muss man ganz deutlich sagen – haben wir Sanie-rungsaufgaben. Aber deswegen wird Deutschland nichtzum Sanierungsfall.

Heribert Prantl hat gestern in der „Süddeutschen Zei-tung“ bestechend präzise formuliert:

Mit Katastrophalisierungs-Rhetorik … kann mandie Menschen nicht zum Mitmachen gewinnen.Motivation wird so nicht geschaffen.

Man muss hier auch die Wirtschaftsverbände kriti-sieren, die nämlich kein gutes Spiel treiben. Egal was dieRegierung macht – nie ist das für die Wirtschaftsver-bände in Ordnung und genug; nie ist ihres Erachtens dieSituation in Deutschland so, dass Unternehmen Anreizhätten, zu investieren, nie sind die Wirtschaftsverbändemit dem zufrieden, was die Regierung macht. Das war inden letzten Jahren so und das geht jetzt weiter. Die Ver-bände sind offensichtlich nicht flexibel genug, sich um-zustellen. Daher frage ich die Herren vom BDI, von derBDA und von den anderen Verbänden: Wie erklären Siesich die exorbitanten Gewinne, die deutsche Unterneh-men seit geraumer Zeit wieder einfahren? Ist das nichtGrund genug, zu investieren? Insofern sind die Wirt-schaftsverbände nichts anderes als Lobbyisten für Ein-zelinteressen und so verhalten sie sich auch. Das gleicheMuster findet man hier im Bundestag bei der FDP. Des-wegen komme ich auf Ihr dickes „Sparbuch“ auch nichtzu sprechen.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Schade!)

Nur an einer Stelle sind Ihre Änderungsanträge sehrernst zu nehmen. Sie haben vorgeschlagen, die Einglie-derungshilfe und die Verwaltungskosten bei der Grund-sicherung in einem Ausmaß zu kürzen, das nur denSchluss zulässt: Die FDP will die Bundesagentur fürArbeit zerschlagen. Sie will den Ausstieg des Staatesaus der Förderung und Vermittlung von Langzeitarbeits-losen. Das ist ein Politik- und Staatsverständnis, das

meilenweit von unserem entfernt ist. Dazu wird Ihnenniemand von uns die Hand reichen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Haushalt2006 ein wichtiger Schritt zu dem Ziel ist, das die großeKoalition gemeinsam erreichen will, nämlich stabilesund andauerndes Wirtschaftswachstum, das sich endlichin einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit nie-derschlägt. In der Folge soll es eine nachhaltige Rück-führung der viel zu hohen öffentlichen Verschuldung aufallen Ebenen des Staates geben.

Um dieses Ziel zu erreichen, beschließen wir nächsteWoche ein Steueränderungsgesetz, mit dem wir steuer-liche Vergünstigungen reduzieren wollen. Das wird unsÄrger einbringen. Denn viele Betroffene werden dieMaßnahmen nur schwer akzeptieren. Diese Maßnahmensind aber notwendig und den strukturellen Problemender öffentlichen Haushalte geschuldet.

In dem Gesetz, das wir in der nächsten Woche verab-schieden, ist eine Zusatzabgabe vorgesehen. Menschenmit sehr großer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sol-len damit einen angemessenen Beitrag zur Finanzierungdes Staates leisten und ihrer gesellschaftliche Verantwor-tung gerecht werden. Mit diesem Aufschlag auf dieEinkommensteuer für Höchstverdiener wird kein einzi-ger Steuerpflichtiger aus Deutschland vertrieben. Einegegenteilige Behauptung wäre absoluter Humbug. DieSpitzenverdiener unseres Landes sind auch in Deutsch-land geblieben, als es vor einigen Jahren noch einenSpitzensteuersatz in Höhe von 53 Prozent gegeben hat.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin

Winterstein?

Joachim Poß (SPD): Gerne.

Dr. Claudia Winterstein (FDP): Herr Poß, ich habe eine Frage zum Thema Eingliede-

rungsmaßnahmen. Sie haben gerade gesagt, dass es unsdarum gehe, die entsprechenden Strukturen zu zerschla-gen. Stimmen Sie mir zu, dass im letzten Jahr 3,5 Mil-liarden Euro für die durchgeführten Maßnahmen ausge-geben wurden? Sind Sie der Meinung, dass letztes Jahrall das, was in Bezug auf Eingliederungsmaßnahmen ge-laufen ist, eine Katastrophe war?

Wie beurteilen Sie die Situation in diesem Jahr? Indiesem Jahr sind in den ersten vier Monaten 1,4 Milliar-den Euro für diese Maßnahmen ausgegeben worden.Sind Sie der Meinung, dass in den ersten vier Monateneine völlig unzureichende Arbeit im Bereich der Einglie-derungsmaßnahmen geleistet worden ist und dass es da-her die Notwendigkeit gibt, in den nächsten Monaten alldas noch einzubringen, was einzubringen man im letztenJahr und in den ersten vier Monaten dieses Jahres ver-säumt hat?

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Joachim Poß (SPD): Zunächst einmal will ich sagen, dass ich die Zahlen

nicht bestreite, Frau Kollegin. Ich habe im Zusammen-hang mit diesem Thema nur dargestellt, in welchem Pro-zess wir uns befinden. Sie wollen etwas anderes; Ihr Ge-neralsekretär Niebel hat auch nie einen Hehl darausgemacht. Sie wollen die Zerschlagung der Bundesagen-tur für Arbeit. Insofern sind diese Anträge für Sie Mittelzum Zweck. Darauf wollte ich hinweisen.

(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das ist eine Unterstellung!)

Ich möchte aber keine Diskussion darüber unterbinden,wie man die Maßnahmen noch effizienter gestaltenkönnte.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege, die Frau Kollegin Winterstein möchte

noch eine zweite Zwischenfrage stellen.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sie haben doch noch Redezeit!)

Joachim Poß (SPD): Aber natürlich.

Dr. Claudia Winterstein (FDP): Ich kann Ihre Ausführungen nicht so stehen lassen

und möchte daher nachhaken. Ganz konkret: Es geht umdie Summe in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, die letztesJahr ausgegeben wurde. Sie haben für dieses Jahr imHaushalt 6,5 Milliarden Euro für diesen Bereich ange-setzt. Ich möchte von Ihnen gerne wissen, ob Sie derMeinung sind, dass die von uns vorgeschlagene Kürzungum 3 Milliarden Euro sinnvoll ist. Wir haben uns vorges-tern anhören müssen, dass wir diejenigen seien, die denLangzeitarbeitslosen Geld wegnehmen wollten, wasaber nicht der Fall ist. Sind Sie der Meinung, dass dieArbeitsagenturen letztes Jahr ihre Arbeit ordentlich ge-macht haben, dass diese Arbeit in diesem Jahr daher ingleicher Weise fortgeführt werden sollte und deswegender Ansatz in Höhe von 3,5 Milliarden Euro völlig aus-reichend ist?

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ist er nicht!)

Joachim Poß (SPD): Die Mängel, die im letzten Jahr zu verzeichnen wa-

ren, wurden von niemandem geleugnet. Ich denke, dassHerr Müntefering auf diesen Punkt in der Fachdebatteeingegangen ist.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Nein!)

Aber das heißt doch nicht, dass wir die Perspektive fürdie Langzeitarbeitslosen verkürzen sollten, indem wirIhrem Antrag folgen.

Ich komme aus einem Wahlkreis, in dem das Problemder Arbeitslosigkeit leider eine sehr große Rolle spielt.Herr Müntefering und ich haben uns vor einiger Zeit mitden Verantwortlichen vor Ort getroffen. Das Geld wird

dort dringend gebraucht. Deswegen geben wir den betei-ligten Akteuren das Geld, das in diesem Jahr zur Be-kämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit gebraucht wird,und nichts anderes.

Im Übrigen ändert das nichts an der Aussage, die ichvorhin getroffen habe. Ihr Generalsekretär Niebel hat nieeinen Zweifel daran gelassen, dass Sie die Agentur zer-schlagen wollen. Sie sollten sich dann auch hier dazu be-kennen.

(Widerspruch bei der FDP)

Bis zur Sommerpause, meine Damen und Herren,werden Eckpunkte für die Unternehmensteuerreformvorgestellt werden, auf die sich CDU/CSU und SPDschon im Koalitionsvertrag verständigt haben. Die Zieledieser Unternehmensteuerreform sind anspruchsvoll.Der Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschlandsoll nach außen und auch nach innen gestärkt werden,mit entsprechend positiven Wirkungen auf Wachstumund Beschäftigung.

Die steuerlichen Gestaltungsspielräume, die viele Un-ternehmen, wie wir wissen, immer noch nutzen, um imInland erzielte Gewinne steuersparend ins Ausland zuverlagern, müssen eingedämmt werden, um die Steuer-basis der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig zu si-chern. Das sehen auch alle Länderfinanzminister so.

Ein weiteres Ziel ist die weitgehende Rechtsform-und Finanzierungsneutralität.

Sehr wichtig ist auch der Erhalt bzw. die Sicherungder in den letzten Jahren immer solider gewordenenSteuerbasis der Kommunen. Daran sollten wir alle inte-ressiert sein, denn jeder von uns erlebt in seinem Wahl-kreis vor Ort, in welch schwieriger finanzieller Lage sichimmer noch viele Kommunen befinden.

Schließlich muss die Reform so gestaltet sein, dass siedie öffentlichen Haushalte nicht überfordert.

Im Bundesfinanzministerium wurde in den letztenWochen und Monaten sehr intensiv darüber beraten, wieein Konzept aussehen könnte, das diese vielen, nicht im-mer konfliktfreien Ziele vernünftig unter einen Hutbringt. Peer Steinbrück hat dabei ganz wichtige Markengesetzt; diesen stimme ich ausdrücklich zu.

Ich halte es genauso wie Peer Steinbrück für richtig,nicht den weitgehenden Systemänderungen zu folgen,die die Stiftung Marktwirtschaft und der Sachverständi-genrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichenEntwicklung vorgeschlagen haben. Das Steuerrad lässtsich nicht dauernd neu erfinden. Es muss aber anerkanntwerden: Beide Institutionen haben eine respektable Ar-beit geleistet und viele wertvolle Überlegungen ange-stellt. Ich glaube allerdings, die von beiden Institutionenbehaupteten starken positiven Wirkungen ihrer Vor-schläge beruhen mehr auf Wunschvorstellungen als aufbelastbaren Ableitungen und Prognosen. Zudem habenwir zur Kenntnis zu nehmen, dass Bund, Länder undKommunen durch Fehlbeträge in zweistelliger Milliar-denhöhe belastet würden. Das können wir uns definitivnicht leisten.

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Joachim Poß

Ich begrüße außerdem ausdrücklich, dass der Bundes-finanzminister die Gewerbesteuer auch weiterhin für ei-nen unverzichtbaren Bestandteil der Kommunalfinanzenwie auch der Unternehmensbesteuerung hält.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe das genauso, da ich nach wie vor keine Alterna-tive sehe, um den Kommunen eine vergleichbare finan-zielle Sicherheit und damit auch Planungssicherheit zugeben.

Es liegt in der Natur der Sache, dass es bei diesemsehr komplexen Thema unterschiedliche Sichtweisengibt. Am nächsten Sonntag wird sich der Koalitionsaus-schuss mit dem Thema befassen. Ich hoffe, dass dieÜberlegungen des Bundesfinanzministers zu einer Re-form der Unternehmensbesteuerung führen, die weitrei-chende Zustimmung findet.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort dem

Kollegen Franz Müntefering.

Franz Müntefering (SPD): Ich wollte den Kollegen Poß ansprechen und deutlich

machen, dass ich völlig mit dem übereinstimme, was erbezüglich des Titels Eingliederungshilfen bei den Ar-gen gesagt hat. Das, was Teile des Hauses dazu gesagthaben – das ist ja auch eben wieder geschehen –, geht ander Lebenswirklichkeit völlig vorbei.

Wir haben den Argen bisher 85 Prozent der Einglie-derungshilfen zur Verfügung gestellt. Dieses Geld habensie eingeplant. Damit wurden bisher eine ganze Reihevon Eingliederungsmaßnahmen für die betroffenen Ar-beitslosen finanziert. Eine Kürzung des Titels, wie voneinigen gewollt, um 3 Milliarden Euro würde dazu füh-ren, dass unmittelbar und sofort jede diesbezügliche Tä-tigkeit in den Argen eingestellt werden müsste. Ange-sichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt dürfte dasnicht in unserem Sinne sein. Deshalb lehnen wir das mitEntschiedenheit ab und deshalb hat Herr Poß Recht,wenn er deutlich macht, dass das nicht geht.

Was die Koalition hier vorgesehen hat, ist verantwort-bar, denn es führt dazu, dass 1,1 Milliarden Euro vonden insgesamt 10 Milliarden Euro, die für Verwaltungund Eingliederung zur Verfügung stehen, gesperrt sindund das auch bleiben, falls die Auszahlungsbeträge24,4 Milliarden Euro übersteigen sollten. Mit den jetztzur Verfügung gestellten 85 Prozent – so viel ist das inetwa – werden wir die in diesem Jahr anstehenden Auf-gaben erfüllen können. Es ist Aufgabe der Argen, dafürzu sorgen, dass die Menschen wieder an den Arbeits-markt herangeführt werden. Deshalb ist es gut, dass sichdie Koalition sehr pragmatisch verhalten hat.

Die Streichung von 3 Milliarden Euro würde die Ar-beitslosen dramatisch treffen. Das wollen wir nicht. Ichbitte den Deutschen Bundestag ganz dringend, an der

Stelle konsequent zu bleiben und dafür zu sorgen, dassdie 6,5 Milliarden Euro mit der Sperrung von 1,1 Mil-liarden Euro bestehen bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Der Kollege Poß wollte noch antworten!)

– Der Herr Kollege Poß wollte nicht antworten; das hater mir signalisiert. Deswegen gebe ich das Wort der Kol-legin Dr. Gesine Lötzsch, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats! SPDund CDU/CSU streiten bis aufs Messer, wer für den Sa-nierungsfall Deutschland die Verantwortung trägt.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ist es Schuld der Regierung Kohl oder der RegierungSchröder?

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Sie ha-ben einen großen Beitrag dazu geleistet!)

Ich glaube, wir können uns schnell darauf einigen, dasses an beiden Regierungen gelegen hat. Ich finde es ge-genüber den Sozialdemokraten nicht gerecht, wenn dieVerantwortung alleine auf die Schröder-Regierung redu-ziert wird; denn die große Koalition gab es schon unterder Regierung Schröder. Die Gesundheitsreform, dieSteuerreform und die Hartz-Reformen waren das Ergeb-nis einer ganz großen Koalition von CDU, CSU, SPDund den Grünen.

(Beifall bei der LINKEN – Jochen-KonradFromme [CDU/CSU]: Wie war das denn mitMecklenburg-Vorpommern im Bundesrat? –Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Vergessen Sie die Regierung Honeckernicht!)

Wer sich die Ergebnisse dieser Reformen anschaut,muss feststellen, dass sie alle grandios gescheitert sind.Die Gesundheitsreform 2004 hat die Mitglieder derKrankenkassen nicht entlastet, sondern weiter belastet.Die Lohnnebenkosten wurden nicht gesenkt, die Kran-kenkassenbeiträge steigen weiter und die Patienten müs-sen bei Medikamenten, Behandlungen und Kranken-hausaufenthalten kräftig zuzahlen. Die Menschen sinddurch diese Reform nicht gesünder, die Patienten dafürärmer geworden. Die Gesundheitsreform hat sich nur fürdie großen Pharmakonzerne wirklich gelohnt. Die Tatsa-che, dass die Kassen jetzt 2 Milliarden Euro mehr fürPillen als für Honorare ausgeben, ist wirklich ungesund.

Übrigens wurde mit der Gesundheitsreform auch be-schlossen, dass die Vorstände der Krankenkassen abMärz 2004 ihre Gehälter veröffentlichen müssen. Bisheute weigern sich 17 Kassenvorstände, diese gesetzli-

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Dr. Gesine Lötzsch

che Pflicht zu erfüllen. Die Regierung ist untätig. Dabeistellt die Veröffentlichung für diese Vorstände gar keineGefahr dar, da das Kassenmitglied gar nicht vergleichenkann, ob sich der eigene Vorstand über alle Maßen selberbedient. Der Bundesanzeiger, der für die Veröffentli-chung dieser Vorstandsgehälter zuständig ist, hat gegen-über dem Wissenschaftlichen Dienst des Parlaments er-klärt, dass eine Gesamtübersicht über die Einkünfte derVorstände aus finanziellen Gründen nicht möglich sei.

Ist es nicht erstaunlich, dass es der Bundesagentur fürArbeit gelingt, 5 Millionen Arbeitslose zu überwachen,es aber den Aufsichtsbehörden der Krankenkassen bis-her nicht gelungen ist, eine Übersicht über die Gehältervon knapp 260 Kassenvorständen zu erstellen? Das istdoch ein Widerspruch bzw. eine Schieflage.

(Beifall bei der LINKEN)

Das von mir in Auftrag gegebene Gutachten zeigt, dassdie Gehälter der Kassenvorstände in vielen Fällen ebennicht dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsam-keit entsprechen. Einige Vorstände und Aufsichtsräte derKrankenkassen verwechseln offensichtlich Selbstver-waltung mit Selbstbedienung.

Ich habe Ihnen das so ausführlich dargestellt, um zuzeigen, dass unterschiedliche Messlatten angelegt wer-den.

Eine unterschiedliche Messlatte verwendet die Bun-desregierung auch bei der Steuerpolitik. Diese Koalitionhat mit der Steuerreform die Staatsfinanzen in eineschwere Krise getrieben; denn die zerrütteten Staatsfi-nanzen sind kein Naturereignis, das über uns gekommenist, sondern das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall bei der LINKEN)

Die rot-grüne Regierung hat die Steuern um über50 Milliarden Euro gesenkt. Insbesondere große Unter-nehmen wurden durch diese Steuerreform begünstigt.

(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]:Falsch! Immer noch nicht begriffen! –Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie will und kann esnicht begreifen!)

Hinzu kommt, dass viele große Unternehmen clevereSteueranwälte beschäftigen, die mit allen Mitteln versu-chen, die zu zahlenden Steuern zu minimieren. Die Steu-ergesetzgebung bietet dafür nicht nur Schlupflöcher,sondern Scheunentore, durch die kofferweise das Geldam Fiskus vorbei in Sicherheit gebracht werden kann.Im letzten Jahr haben Steuerprüfer allein von Großunter-nehmen Steuernachzahlungen in Höhe von 10,87 Mil-liarden Euro gefordert. Nach Aussage der Bundesregie-rung haben diese Unternehmen immer noch zu wenigSteuern gezahlt. Das Problem sind fehlende Steuerprü-fer. Ist es nicht eine unglaubliche Unverfrorenheit undein Ausdruck von Undankbarkeit, wenn die Arbeitgeber-verbände unentwegt niedrige Steuern fordern, die Regie-rungen dem immer wieder nachkommen und die Groß-unternehmen trotzdem versuchen, 10 Milliarden Euro ineinem Jahr zu unterschlagen? Das ist Sozialbetrug aufganz hohem Niveau.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu diesem Steuerbetrug habe ich von unserem Fi-nanzminister übrigens noch nichts gehört. Vielleicht sagter in seiner sich anschließenden Rede etwas dazu. HerrSteinbrück schickt lieber eine Steuersenkung in Höhevon 8 Milliarden Euro hinterher.

(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Woher wissen Sie das?)

Der Finanzminister hat sich über eine Forderung un-serer Fraktion empört und gesagt, wir wollten 1 Mil-liarde Euro zusätzlicher Haushaltsmittel ausgeben. Siebezeichnen unsere Forderungen als utopisch. Das sindsie natürlich nicht, vorausgesetzt, Sie, Herr Steinbrück,würden Ihren Job gut machen und endlich die Steuer-schulden der großen Unternehmen eintreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht aber nicht nur um die großen Unternehmen.Ein ehemaliger Angehöriger der bayerischen Finanzver-waltung bedankte sich für die Rede, die ich am Dienstagim Bundestag gehalten habe.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Er schrieb mir – ich darf zitieren –:

In den 15 Jahren als Finanzbeamter konnte ich ge-nügend Einblicke in unsere Strukturen gewinnen.Ich erinnere mich an folgendes Beispiel: Ehemannhöherer Beamter und Jurist, 500 000 DM Jahres-einkommen; Ehefrau Fachärztin für Kieferorthopä-die, 1,5 Millionen DM Jahreseinkommen. BezahlteSteuern 0 DM.

Am Interessantesten war es im Finanzamt Starn-berg. Dort waren ganze Steuerbezirke mit Verlust-einkünften verseucht. Ins Finanzamt gegangen, denOffenbarungseid geleistet und anschließend im Ja-guar zur Yacht am Starnberger See davongebraust!

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Höhe-rer Beamter mit 500 000, wo ist das denn?)

Die Fälle, von denen hier berichtet wird, sind keineEinzelfälle.

Das Finanzvermögen privater Haushalte wuchs imvergangen Jahr um 180 Milliarden Euro auf insgesamt4,26 Billionen Euro. Seit 1990 hat sich das Geldvermö-gen der Bundesbürger verdoppelt. Es ist nur sehr unter-schiedlich verteilt. Die unteren 50 Prozent der Haushalteverfügen über lediglich 4 Prozent des Nettovermögens,während die oberen 10 Prozent der Haushalte über47 Prozent verfügen. Das ist eine Schieflage, die nichthinzunehmen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Regierung wirkt wie ein Verstärker. Sie machtReiche noch reicher und Arme noch ärmer. Damit spaltetsie unsere Gesellschaft.

Auch die dritte große Reform, die Arbeitsmarktre-form, ist, was entsetzlich ist, grandios gescheitert. Wirhaben nicht mehr versicherungspflichtige Arbeitsplätze,sondern weniger. Dafür haben wir einen dramatischenAnstieg bei den Minijobs, von denen keiner leben kann.

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Dr. Gesine Lötzsch

Nach Angaben des Instituts der deutschen WirtschaftKöln leben 17 Prozent der Niedriglohnbezieher in Haus-halten, deren Einkommen unter der Armutsgrenze liegt.Knapp 4 Millionen Menschen bekommen weniger als7,50 Euro pro Stunde für Ihre Arbeit. In den alten Bun-desländern sind 6 Prozent der Beschäftigten im Niedrig-lohnsektor tätig, im Osten Deutschlands sind es20 Prozent. Wir brauchen endlich einen gesetzlichenMindestlohn, damit ein Mensch von seiner eigenen Ar-beit in Würde leben kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Drei große Reformen sind grandios gescheitert. DerStaat steckt in einer schweren Finanzkrise, aber die Re-gierenden machen einfach weiter. In der DDR nannteman in den 80er-Jahren diese Art Wirklichkeitsverwei-gerung und Selbstherrlichkeit das Politbürosyndrom.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Da sind Sie ja Expertin!)

– Genau. – Davor kann ich Sie nur warnen; denn diesesSyndrom ist gefährlich und die schwierige Behandlungist keine Kassenleistung.

(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]:Die haben eine Menge Schaden angerichtet!Den Schrott, den wir von Ihrem Politbüro ge-erbt haben, müssen wir erst einmal wegräu-men!)

Die Kanzlerin wurde auf einer Veranstaltung desBundesverbandes der Deutschen Industrie vom Präsi-denten des BDI für ihre Regierungsleistung heftig kriti-siert. In manchen Punkten teilt die Linke sogar die Auf-fassung des BDI. Die Mehrwertsteuererhöhung ist außerWahlbetrug natürlich auch ökonomischer Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist die größte Steuererhöhung in der GeschichteDeutschlands.

Sie wird die Schwarzarbeit kräftig befördern. Nacheiner Studie des renommierten SchwarzmarktexpertenFriedrich Schneider beträgt das Gesamtvolumen derdeutschen Schattenwirtschaft 346 Milliarden Euro. Dasentspricht fast 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Inden USA macht die Schattenwirtschaft – so Ergebnisseder Forschung – nur 7,5 Prozent des Bruttoinlandspro-dukts aus. Durch die Mehrwertsteuererhöhung wird sichdas Volumen der Schwarzarbeit um 5 Milliarden Euroerhöhen. Das können Sie in wissenschaftlichen Untersu-chungen nachlesen. Das heißt, die Einnahmen werdennicht in der Höhe fließen, wie sie sich der Finanzminis-ter verspricht, weil ein Teil der Menschen von der Bun-desregierung wieder in die Schwarzarbeit abgedrängtwird. So wird der Finanzminister wieder zum Schatten-minister.

Meine Damen und Herren, die Kanzlerin erklärteDeutschland vor den Arbeitgebern zum „Sanierungs-fall“. Gemeint ist eigentlich etwas anderes. Es ist eineunnötige Anbiederung an die Arbeitgeber. Wenn dieKanzlerin den „Sanierungsfall Deutschland“ ausruft,dann wissen die Bürgerinnen und Bürger, was das be-

deutet. Das bedeutet Personalabbau, Kürzung von sozia-len Leistungen und weniger Geld, dafür aber immermehr Arbeit für die Menschen.

Ich habe den Eindruck, diese Regierung hat Angst vorden Herausforderungen. Sie hat nämlich Angst, sich mitden wirklich Mächtigen in diesem Land anzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie hat Angst, diese immer ungerechtere und unsozialereGesellschaft wieder ins Lot zu bringen.

Durch diesen Haushalt, über den wir heute abzustim-men haben, wird nichts besser, aber vieles schlechter ge-macht. Darum lehnen wir als Linksfraktion den Haushaltentschieden ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Hartmut Koschyk[CDU/CSU]: Wir hätten etwas falsch gemacht,wenn Sie zustimmen würden!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Ramsauer, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer dieseHaushaltsdebatte in den letzten vier Tagen genau ver-folgt hat, dem hat sich ganz deutlich gezeigt, dass wiralle miteinander über Partei- und Fraktionsgrenzen hin-weg Verantwortung für unser Land tragen. Durch dieseDebatte wurde uns auch nahe gelegt, unsere Rivalitätenüber Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg hinter dieserVerantwortung für unser Land zurückzustellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Deutschland ist ein starkes Land. Das hat sich nichtnur auf dem grünen Rasen, sondern auch durch all seineAnlagen in der Wirtschaft gezeigt – tüchtige Arbeitneh-mer, tüchtige Unternehmer und tüchtige Erfinder mitForschergeist –, wie der Kollege Riesenhuber am Endeseiner Rede mit einer großartigen Conclusio festgestellthat. Deswegen habe ich kein Verständnis dafür, dass dieOppositionsredner – ich nenne jetzt nur einmal den Kol-legen Brüderle und die Kollegin Dückert – den Wirt-schaftsminister schlechtreden. Eine solche Unkultur gibtes in keinem anderen Land.

(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck[Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denkann man gar nicht starkreden!)

– Herr Kollege Beck, der Sie die Kolleginnen und Kolle-gen in diesem Hause regelmäßig schikanieren, Sie habenüberhaupt keine Berechtigung, anderen Ratschläge zugeben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Dr. Peter Ramsauer

So, wie Sie Ihr Amt als Parlamentarischer Geschäftsfüh-rer ausüben, kann ich das Wort schikanieren nur unter-streichen. Das ist eine Schande.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegin Dückert, es mutet schon komisch an, dassausgerechnet Sie dem deutschen Wirtschaftsminister einZeugnis ausstellen wollen.

(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Das gibt’s doch gar nicht!)

Wie ernst die Grünen diese Haushaltsdebatte nehmen,zeigt sich zum Beispiel daran, dass sich der ehemaligeVorzeigegrüne Joschka Fischer das letzte Mal vor überdrei Wochen in diesem Haus hat sehen lassen, nämlicham 1. Juni 2006.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist aber auch kein Verlust!)

In dieser Woche war er überhaupt nicht hier. Das ist al-lerhand. Ich muss allerdings auch einmal etwas Positivessagen: Ich kann nur dazu gratulieren, dass er sich, wieman heute der Presse entnehmen kann, demnächst ausdiesem Hause verabschiedet.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ein guter Tag für Deutschland!)

Herr Brüderle – er ist gerade nicht da –, ich finde esauch recht merkwürdig, dass sich die FDP hier darübererregt, dass die Mehrwertsteuer erhöht wird, während siedie zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen in den Län-dern, in denen sie mitregiert, sehr gerne einheimst. Daspasst auch nicht sehr gut zusammen.

(Ulrike Flach [FDP]: Wo denn?)

– Sie freuen sich über diese zusätzlichen Einnahmen.

(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen!)

Frau Kollegin Dückert, das Allerbeste ist, dass ausge-rechnet Sie als Vertreterin der Grünen danach fragen,wie viel Wachstum notwendig sei, um eine zusätzlicheBeschäftigung in diesem Land zu erzeugen. Das fragtausgerechnet Ihre Partei, für die immer das Schlimmste,was es überhaupt gibt, wirtschaftliches Wachstum war.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Sie haben das nicht verstanden! –Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Sie sind von vorgestern!)

Wir haben nicht nachgelassen, zu begründen, dass esohne wirtschaftliches Wachstum nun einmal nicht geht.Deshalb haben Sie uns immer als Zukunftsverweigererhingestellt und gesagt, die Zukunft liege im Nullwachs-tum.

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir lernfä-hig!)

Inzwischen hat sich gezeigt, dass das verheerend war.Die letzten sieben Jahre Ihrer Regierungsbeteiligung wa-ren verheerend für dieses Land.

(Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/CSU])

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Ramsauer, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Dückert? – Bitte.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Ramsauer, –

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Ich habe zwar nicht Ja gesagt, aber meinetwegen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – ich wollte Sie fragen, ob Ihnen entgangen ist, dass

ich mit dem Hinweis auf die Wachstumsprognosen von1,8 bis 2 Prozent für dieses Jahr und dem Hinweis aufdie monatlich steigenden Steuereinnahmen den Wirt-schaftsminister gefragt habe, ab welcher Wachstums-rate er schamesrot wird, wenn er die Störung desgesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes ausruft. Beidiesen Wachstumsraten wird er es ja noch nicht.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie hat Art. 115 des Grundgesetzes nicht begriffen!)

Ich wollte Sie weiterhin fragen, ob es Ihnen nichtpeinlich ist,

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wo ist die Frage?)

dass der Wirtschaftsminister der BundesrepublikDeutschland in diesem günstigen konjunkturellen Um-feld die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-wichtes ausruft?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Ich könnte Ihre dritte Frage auch gleich aufrufen. Ich

kann Ihnen nur eines sagen: Bevor Sie sich über die an-geblich schlimmen Zustände in unserem Land beklagen– Sie haben als die Bankrotteure von einst überhauptkein Recht dazu –, sollten Sie vielmehr dem deutschenWirtschaftsminister Rückendeckung geben,

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)

wenn er sich beispielsweise beim Ausbildungspakt mitaller Energie dafür einsetzt, dass wir zusätzliche Lehr-stellen bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit würden Sie denjenigen, die jetzt noch eine Lehr-stelle suchen, viel mehr helfen als mit dem theoretischenUnfug, den Sie hier dozieren. Geben Sie dem Wirt-schaftsminister lieber Rückendeckung in diesen wichti-gen Fragen. Gestern hat der Wirtschaftsminister dieSituation im Wirtschaftsministerium eindeutig darge-stellt. Die Situation ist ermutigend. Daher sollten wir

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ihm nicht in den Rücken fallen, sondern ihm gefälligsthelfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich appelliere natürlich auch an die Wirtschaft – dassage ich als Unternehmer und als gelernter Handwerks-meister –, über den momentanen Bedarf hinaus auszubil-den und die fertig Ausgebildeten später auch einzustel-len. Denn die Lehrlinge von heute sind die Fachkräftevon morgen. Wenn man in der Welt einigermaßen vielherumgekommen ist, dann weiß man, dass kein Berufs-ausbildungssystem dieser Welt mehr gerühmt und alsModell herangezogen wird als das deutsche duale Aus-bildungssystem.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Das ist den tüchtigen Meisterinnen und Meistern imHandwerk und in der Industrie und den Lehrern in denberufsbildenden Schulen zu verdanken, die ausbilden,die ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihr Können an diejunge Generation weitergeben.

Wir sollten auf das großartige Potenzial in diesemLande stolz sein und nicht darüber nörgeln. Wir solltenes rühmen und loben,

(Beifall bei der CDU/CSU)

damit die Menschen in der Wirtschaft die entsprechendeMotivation erfahren und sehen, welchen Rückhalt sie indiesem Parlament, in der großen Koalition und bitteschön auch in der Opposition haben.

Damit bin ich beim Thema Stimmung. Reden wir dieStimmung doch nicht schlecht.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen Sie!)

Es ist einige Male betont worden, dass sich anhand derWeltmeisterschaft zeigt, dass wir Deutsche, obwohlviele im Ausland uns das nicht zutrauen, uns über unsereErfolge auch freuen können.

(Jürgen Koppelin [FDP]: „Sanierungsfall“!)

Wir sollten stolz darauf sein und uns darüber freuen,dass die Stimmung in der Wirtschaft steigt. Ich habe alsDiplomkaufmann gelernt, dass die Stimmung und diePsychologie die halbe Miete in der Wirtschaft sind.

(Beifall bei der CDU/CSU – (Jürgen Koppelin [FDP]: „Deutschland ist ein Sanierungsfall“!)

Wenn wir sie schlechtreden, dann sind wir selber da-ran schuld, dass sie nicht gut ist. Es kann aufwärts gehenund wir haben die Fähigkeiten und die Kraft dazu.

Mit dem Wachstum geht es aufwärts. Die Binnenkon-junktur ist belebt. Wir haben eine sehr positive Entwick-lung der Steuereinnahmen. Wir haben eine positive Ent-wicklung auf den Arbeitsmärkten.

(Ulrike Flach [FDP]: Weiß die Kanzlerin das auch?)

Das ist ein Erfolg der neuen Bundesregierung und keineFortentwicklung der Politik der alten Bundesregierung.

Frau Kollegin Dückert, auch das kann ich Ihnen noch alsAntwort zurufen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Ramsauer, gestatten Sie eine weitere

Zwischenfrage des Kollegen Bonde? Ich wäre Ihnen ver-bunden, wenn Sie dies mit einem lauten und deutlichenJa bekunden würden und nicht nur mit einem Handzei-chen.

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Ja.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, darf ich Ihrem Aufruf, diese Republik

nicht schlechtzureden, entnehmen, dass Sie die Äuße-rung der Bundeskanzlerin Merkel, Deutschland sei einSanierungsfall, nicht teilen?

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Frohen Mutes sanieren wir!)

Haben Sie sozusagen mit Ihrer Kritik an der Oppositiondie Bundeskanzlerin gleich mit gemeint? Vielleicht kön-nen Sie uns etwas genauere Auskunft dazu geben, wiedas zusammenpasst.

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Als große Überschrift haben wir über unseren Koali-

tionsvertrag den Dreiklang aus Sanieren, Reformierenund Investieren gesetzt.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Von wegen! Abkassieren!)

Uns war immer klar, dass wir in die Zukunft unseresLandes investieren müssen.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Sie haben das Abkassieren vergessen!)

Hier bewahrheitet sich der kluge Spruch eines Philoso-phen, der einmal gesagt hat: Die Stärke einer Periode be-misst sich nicht daran, was in ihr geerntet wird, sonderndaran, was in ihr ausgesät wird.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Genau! Wirsind nämlich keine frustrierten Sanierer, son-dern wir machen das frohen Mutes!)

Auch die Stärke der großen Koalition wird sich eines Ta-ges daran messen lassen, was wir aussäen. Wir werdenauch aussäen. Die Grünen haben sieben Jahre lang ge-erntet. Die Folgen können wir heute spüren. Wir säenwieder aus. Darauf können Sie sich verlassen. Jetzt dür-fen Sie sich wieder setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke[FDP]: Oh! Was für ein heftiger Applaus beider SPD!)

Besonders froh bin ich, dass wir uns in unserem letz-ten Koalitionsgespräch am vergangenen Sonntagabendgegenseitig fest versichert haben, dass der Haushalt des

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Jahres 2007, der vom Kabinett im Juli dieses Jahres be-schlossen wird und schon in wenigen Wochen in dieerste Beratung geht, wieder dem Art. 115 des Grundge-setzes und den Maastrichtkriterien genügen wird.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Ach was! Das glau-ben Sie doch selbst nicht! – Ulrike Flach[FDP]: Da sind wir wirklich einmal gespannt!)

Ohne solide Staatsfinanzen ist keine solide und nachhal-tige Staatsentwicklung möglich. Herr FinanzministerSteinbrück, im Namen meiner Fraktion betone ich nocheinmal, dass Sie unseren Rückhalt haben und sich aufuns verlassen können.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Das klingt ja wie eine Drohung!)

Finanzpolitische Solidität ist ein Markenzeichen derPolitik der Union.

(Ulrike Flach [FDP]: Ich dachte, Sie wollenauch Art. 115 erfüllen! Wenn Sie nur dieMaastrichtkriterien einhalten, ist das ein biss-chen wenig!)

In diesem Zusammenhang möchte ich gerne einStichwort aufgreifen, das meine beiden Vorredner ge-nannt haben: Die Entwicklung bei Hartz IV bzw. beimArbeitslosengeld II versetzt uns alle in Sorge.

(Otto Fricke [FDP]: Was ist denn nun mit Art. 115, Herr Kollege?)

Heute wurde die Meldung verbreitet, dass die Ausgabenfür Hartz IV in den ersten fünf Monaten dieses Jahres,verglichen mit demselben Zeitraum des Vorjahres, von10,2 Milliarden Euro auf über 11,5 Milliarden Euro ge-stiegen sind. Das entspricht einer Steigerung von13,3 Prozentpunkten. Wir sind uns alle einig, dass das sonicht weitergehen darf. Egal ob eine Generalrevisionoder einzelne Korrekturen gefordert werden, sicher ist,

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Dass sich et-was ändern muss!)

dass wir die Dinge so, wie sie gegenwärtig sind, nichttreiben lassen können. Herr Finanzminister, das wissenwir.

Von Teilen der Opposition wird argumentiert, es seizutiefst ungerecht und sozialer Kahlschlag, wenn manhier Korrekturen vornimmt.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Jetzt spricht er wohlvon der Opposition in der SPD! Uns kann ernicht meinen!)

Ich dagegen frage: Ist es denn ungerecht, von einemHartz-IV- bzw. ALG-II-Empfänger zu verlangen, dass erim Rahmen seiner Fähigkeiten einen Beitrag zur Bewäl-tigung seiner Lebenssituation leistet?

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Wie gerecht ist es – das ist ein konkreter Fall aus einemKrankenhaus in meinem Wahlreis –, dass einem Hartz-IV-Empfänger, der ins Krankenhaus kommt, auf Kosten desSteuerzahlers bzw. des Krankenhauses sofort ein Fern-

sehgerät freigeschaltet wird, während sich die Oma, dieim Zimmer neben ihm liegt und keine Hartz-IV-Empfän-gerin ist, das Freischalten des Fernsehers nicht leistenkann, weil sie das Ganze von ihrer geringen Rente selbstbezahlen muss? Ist das sozial gerecht? Ich halte das füralles andere als gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In der gleichen Agenturmeldung steht eine interes-sante Zahl: Die Unterkunftskosten – darin sind natürlichauch die Heizkosten enthalten – sind im erwähnten Zeit-raum um 300 Millionen Euro gestiegen, von 1,3 Milliar-den Euro im Vorjahr auf jetzt mehr als 1,6 MilliardenEuro. Ist es sozial gerecht, dass der Arbeitnehmer durchdie Steuern, die er zahlt, die Heizkostensteigerungen, zudenen es aufgrund des starken Winters kam, für denHartz-IV-Empfänger mitfinanziert, dass er aber die Er-höhung der Heizkosten, die bei ihm selbst anfallen, ausseinem eigenen Netto zu tragen hat? Auch das halte ichnicht für sozial gerecht.

Was sollen wir eigentlich einem Arbeitnehmer sagen,der mit erhöhten Heizkosten konfrontiert ist und seineSteuern zahlen muss, warum aus seinen Steuern für dieHartz-IV-Empfänger die Kostenfreiheit für Heizkostengetragen wird? All das passt hinten und vorne nicht zu-sammen. Seien Sie also vorsichtig mit der Behauptung,dass es von vornherein unsozial sei, hier Korrekturenvorzunehmen. Denken Sie auch an die Schwachen in un-serer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Beifall bei der FDP)

– Ich danke für den Beifall der Liberalen. Es tut mir imHerzen weh – ich bin nämlich mindestens so liberal wieSie auf der rechten Seite –,

(Ulrike Flach [FDP]: Das erschreckt uns jetztaber! – Weitere Zurufe von der FDP: Jetzt gehtes los! – Oh, oh!)

dass solche Querschüsse oft ausgerechnet von Ihnenkommen. Dennoch freue ich mich über Ihren Beifall.Deshalb habe ich von Teilen der Opposition gesprochen.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Die Opposition in der SPD wahrscheinlich!)

Wir müssen auch – das sage ich jetzt an die Adresseder Grünen und der Linken – auf diejenigen sozialSchwachen in unserer Gesellschaft schauen, die ihre Fa-milien von ihrem eigenen Einkommen ernähren undnicht von Transferzahlungen!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD und der FDP)

Das ist ausgewogene Sozial- und Wirtschaftspolitik.

Mit Blick auf die großen Reformvorhaben der kom-menden Monate sage ich: Ich bin froh, dass wir in derkommenden Woche – mit Sicherheit, möchte ich sagen –der Föderalismusreform zum Durchbruch verhelfenwerden. Sie ist ein großartiger Meilenstein und zeigt,dass die große Koalition, dass diese Regierung wirklichhandlungsfähig ist und Weichen für die Zukunft unseres

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Landes stellen kann. Wir müssen jetzt mit dem gleichenElan, meinetwegen auch mit der gleichen Verbissenheitim Detail, die uns manchmal große Schwierigkeiten ge-macht hat, den zweiten Teil der Föderalismusreform an-packen: die Neuregelung der Finanzströme. Das war einAnliegen der FDP, es ist aber natürlich auch ein Anlie-gen von uns. Es mag schon sein, dass es hier und damanchmal schwierig wird. Wenn es nach meiner Frak-tion geht, und das ist auch meine persönliche Meinung,dann könnte man bei diesem zweiten Teil der Föderalis-musreform das Gespräch über eine Länderneugliederungnoch einmal aufnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn ich weiß nicht, ob das, was wir uns in Deutschlandauf diesem Gebiet leisten, mit Blick in die weite Zukunftder Weisheit letzter Schluss ist. Man denke an die Neu-gliederung des Länderfinanzausgleichs, in dessenRahmen die Probleme zwischen Geber- und Nehmerlän-dern zur Sprache kommen werden. Man wird sich fra-gen, ob man sich kleine – sehr kleine – Länder auf Dauerleisten kann. Als Beispiel kann ich am unverdächtigstenBerlin und Brandenburg nennen. Leider ist diese Fusiongescheitert. Aber wir sollten nicht nachlassen, auch hierzu Fortschritten zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deutschland kann sich darauf verlassen, dass wir inden kommenden Wochen zu einer vernünftigen Grund-lage für die Gesundheitsreform kommen. Es ist eineganz wichtige Botschaft und kann, bei allen Einspa-rungsanstrengungen, in der öffentlichen Debatte nichtoft genug gesagt werden: Wenn wir uns Spitzenmedizinin unserem Lande auf Dauer leisten wollen, wird die – soformuliere ich es gerne – Veranstaltung „Gesundheit“insgesamt nicht billiger, sondern eher teurer. Ich habemir bei einer interessanten Diskussion in dieser Wochewieder einmal von einem jungen Menschen ernsthaft an-hören müssen – nicht hier in Berlin, sondern woanders –,ob es denn sein müsse, dass man einem über 80-JährigenMenschen noch teure Operationen angedeihen lässt.Meine Damen und Herren, über solche Sichtweisen binich empört! Denn es ist zutiefst inhuman, solche medizi-nischen Möglichkeiten, die es vor 20, 30 Jahren nochnicht gegeben hat, den Menschen zu verweigern – auchwenn sie sehr teuer sind. Diese Leistungen müssen füralle erhalten bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn wir sie durch Einsparungen am anderen Endenicht finanzieren können, müssen wir klar Ja sagen zudem Preis, den wir für die Spitzenmedizin, welche wirden Menschen bieten, zahlen müssen. Das ist der Preisfür mehr Gesundheit, für größere Lebensfreude und fürein längeres Leben.

Dazu sage ich in aller Deutlichkeit: Ich glaube, bei ei-nem Gesamtausgabenvolumen der gesetzlichen Kran-kenversicherungen von ungefähr 145 Milliarden Eurosind im ersten Anlauf sicherlich noch nicht alle Einspa-rungsmöglichkeiten ausgereizt. Die Kollegen in der Ar-

beitsgruppe arbeiten mit unglaublicher Energie und miteinem wahnsinnigen Zeiteinsatz.

(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Super!)

Ihnen muss man auch einmal ganz herzlich danken! Siearbeiten nicht nur unter der Woche fast Tag und Nacht,sondern auch samstags und sonntags.

Ich möchte Sie ermuntern, alles daran zu setzen, dasswir bei diesem Volumen zu größeren Einsparungen alsden jetzt absehbaren 2 Milliarden Euro kommen. Esmuss bei einem Volumen von 145 Milliarden Euro mög-lich sein, an dauerhaften Einsparungen mehr als 2 Mil-liarden Euro herauszuholen. Die Menschen in unseremLande fühlen sich massiv betroffen, wenn ständig von ir-gendwelchen Steuererhöhungen zusätzlich zu den be-reits beschlossenen Belastungen gesprochen wird. Wirmüssen den Menschen das Signal geben, dass rigorosesSparen das allererste Mittel ist.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern?

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Sparen geht vor Belastungserhöhungen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Eduard Oswald [CDU/CSU]:Wir wollen ihn gerne weiter hören!)

Ich komme zum Schluss. Da die Schlussrunde auchimmer die Gelegenheit zum Dank ist, möchte ich michfür die gute Zusammenarbeit in der Führung der großenKoalition herzlich bedanken.

(Beifall des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU] – Zurufe von der FDP: Oh! – JürgenKoppelin [FDP]: Davon lesen wir jeden Tag inder Zeitung!)

– Ja, die Zusammenarbeit in der Führung der großenKoalition klappt ganz hervorragend.

Ich möchte mit einem Wort schließen, das PeterStruck in seiner Etatrede am Mittwoch geprägt hat: Wiralle sind zum Erfolg verdammt. Daran arbeiten wir imSchweiße unseres Angesichts.

(Otto Fricke [FDP]: An der Verdammung?)Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat die Kollegin Anna Lührmann,

Bündnis 90/Die Grünen.

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Auch ich möchte mich zu Beginn meinerRede bedanken, und zwar beim Sekretariat des Haus-haltsausschusses, das uns während der Beratungen groß-artig unterstützt hat.

(Beifall im ganzen Hause)

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Anna Lührmann

Herr Kollege Ramsauer, Ihrem Dank an die großeKoalition kann ich mich aber nicht anschließen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. PeterRamsauer [CDU/CSU]: Das erwartet auch kei-ner von Ihnen! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das hätte uns auch erschreckt!)

Das sage ich nicht aus reiner Oppositionsrhetorik heraus,weil das von der Opposition nun einmal erwartet wird.Vielmehr kann ich mir eine Regierungspolitik vorstellen,für die ich mich bedanken und die ich auch unterstützenwürde. Ein Beispiel wäre, wenn morgen die Zeitungentiteln könnten: Wir sind Weltmeister! Noch nie hat eineRegierung so wenig Schulden gemacht. Noch nie hateine Regierung so stark in Zukunft investiert. – Gäbe eseine solche Überschrift in den Zeitungen, würde ich diePolitik der großen Koalition unterstützen.

Leider, Herr Ramsauer, sieht die Realität anders aus.Die Koalition hat viel angekündigt. Doch geblieben sindnur geplatzte Seifenblasen und die Überschrift: Wir sindWeltmeister! Noch nie hat sich eine Regierung vorge-nommen, so viele neue Schulden aufzunehmen und aufKosten der künftigen Generationen zu leben. – Das istein Armutszeugnis, finde ich.

Der Haushalt, über den wir hier in der Schlussrundereden, sieht ganz bewusst die Aufnahme von 38 Milliar-den Euro neuer Schulden vor. Das sind 7 MilliardenEuro mehr als 2006. Das ist die höchste Nettokreditauf-nahme, die sich je eine Regierung bei der Einbringungeines Haushaltes vorgenommen hat,

(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Bei der Einbringung!)

obwohl die wirtschaftliche Entwicklung so positiv istwie seit sechs Jahren nicht mehr und die Steuereinnah-men sprudeln wie seit Jahren nicht mehr. Das zeigt, HerrRamsauer, dass Sie kein Recht haben, hier von Haus-haltskonsolidierung und einer Sparpolitik zu reden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das hat er selbstverständlich!)

Sie sind ziellos und nehmen sich nicht einmal vor, zusparen; denn Sie haben es in den Haushaltsberatungennoch nicht einmal versucht.

Besonders enttäuscht bin ich von den Kolleginnenund Kollegen der großen Koalition im Haushaltsaus-schuss.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Als uns Herr Steinbrück den Regierungsentwurf vorge-legt hat, bin ich davon ausgegangen, dass Sie danachnoch einmal verstärkte Anstrengungen zum Sparen un-ternehmen, wie das die Pflicht – daran liegt seine Ehre –eines jeden Haushälters ist. Schließlich müssen wir da-rauf achten, dass Mittel für vernünftige Aufgaben sosparsam wie möglich eingesetzt werden.

(Ulrike Flach [FDP]: Nur 100 Milliönchen!)

Genau das haben Sie uns auch angekündigt, Herr Kam-peter. Ich darf Sie aus dem „Handelsblatt“ vom10. März 2006 zitieren – vielleicht hören Sie mir dannauch zu –:

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Gerne, Frau Lührmann!)

Wir werden uns stärker in die Planungen der Ein-zeletats einmischen, als dies früher üblich war.

(Ulrike Flach [FDP]: Hört! Hört!)

Interessant! Die Überschrift lautete übrigens: „Haushäl-ter wollen Steinbrück toppen“. Die „Frankfurter Rund-schau“ titelte: „Haushälter wollen stärker sparen“. Dabeizitiert die Zeitung auch Sie, Herr Kollege Schneider.

Den ganzen März und April über habe ich gedacht,wir Grüne müssten uns im Haushaltsausschuss richtiganstrengen, weil die große Koalition noch ordentlicheSparvorschläge vorlegen würde. Aber was ist dabei he-rausgekommen? Bei einer Nettokreditaufnahme vonüber 38 Milliarden Euro brüsten Sie sich jetzt damit,dass Sie 100 Millionen Euro zusätzlich einsparen.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wow!)

Das ist ein Witz. Sie haben noch nicht einmal versucht,mehr einzusparen. Deshalb haben Sie auch kein Recht,uns etwas über Haushaltskonsolidierung zu erzählen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wahrheit ist: Die große Koalition ist eine Koali-tion der teuren Kompromisse. Ich will das an einemBeispiel illustrieren. Es kann auch in einer Ehe vorkom-men, dass sich die Partner nicht darauf einigen können,wo sie ihren Wohnsitz nehmen wollen. In diesem Fallkönnte eine Lösung darin bestehen, Schulden aufzuneh-men, um zwei Wohnsitze unterhalten zu können. Das istzwar ziemlich absurd, aber nach dieser absurden Logikfunktioniert die große Koalition.

Ich will das am Beispiel des BND-Umzuges illustrie-ren. Von der SPD und großen Teilen der CDU wurde derUmzug des BND nach Berlin vorgeschlagen. Zurzeitwird der Bau eines teuren neuen Gebäudes – die Kostendafür betragen etwa 500 Millionen Euro – geplant. DieCSU wollte den BND verständlicherweise in Pullachhalten,

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Da bleibt erauch! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Da ister schon!)

damit Bayern davon weiter profitiert.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Wie sieht die Lösung der großen Koalition aus? Weilsie sich nicht zwischen Berlin und Bayern entscheidenkann, unterhält sie künftig BND-Sitze an beiden Stand-orten und belastet damit den Steuerzahler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Das ist keine solide Haushaltspolitik. Es zeigt, dass Sienicht in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Aufgabevon Pullach war doch nie vorgesehen! Daswissen Sie eigentlich!)

Ich will ein zweites Beispiel anführen, das die Zer-strittenheit deutlich macht: Sie können sich nicht einmalauf eine Analyse einigen, wie es um Deutschland steht.Frau Merkel spricht vom „Sanierungsfall Deutschland“.Herr Poß hingegen wirft jedem Besserwisserei vor, deretwas Vergleichbares sagt.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Da hat sich Herr Poß vergriffen!)

Wenn Sie sich nicht einmal auf eine Analyse einigenkönnen, dann ist der Ehekrach vorprogrammiert. Er wirdauch schon sichtbar. Ich bitte Sie, diesen Ehekrach nichtauf dem Rücken des Landes auszutragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es zwischen Fachpolitikern Streit gibt, ist es ei-gentlich die Aufgabe eines Finanzministers, diesen zuschlichten und haushaltspolitische Prioritäten zu setzen.

Herr Steinbrück, Ihre Rede vom vergangenen Diens-tag hat gezeigt, dass Sie das nötige Selbstbewusstseinhaben und es sich durchaus zutrauen würden, Streit inder Koalition zu schlichten und für ein Regierungspro-gramm zu sorgen. Sie haben in Ihrer Rede am Dienstaggesagt:

Glauben Sie nicht den Zeitungsartikeln; glaubenSie mir!

In derselben Rede haben Sie zwei Punkte angespro-chen. Zum einen haben Sie festgestellt, dass die Ein-sparvorschläge der Grünen in Höhe von 6 Milliar-den Euro nicht realisierbar seien. Zum anderen habenSie ausgeführt, dass die zusätzliche Nettokreditauf-nahme im Wesentlichen durch das neue Wachstums- undInnovationsprogramm begründet sei.

Ich kann aber belegen, dass Einsparungen in Höhevon 6 Milliarden Euro möglich sind, ohne beim Wachs-tums- und Innovationsprogramm auch nur 1 Cent zukürzen. Um das zu verdeutlichen, will ich fünf Punktenennen, auf die sich unsere Änderungsanträge beziehen.Wir haben vorgeschlagen, in fünf großen Blöcken imHaushalt Einsparungen vorzunehmen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Unterschla-gen Sie aber bitte auch nicht die Minderein-nahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro!)

Zunächst sollten wir – das haben auch Herr Schneiderund Herr Kampeter ursprünglich vorgeschlagen – dieSteuermehreinnahmen zur Konsolidierung des Haushal-tes nutzen. Des Weiteren schlagen wir Einsparungen imVerteidigungsetat und bei der Steinkohle vor. Beim Sub-ventionsabbau gehen wir weiter als Sie. Darüber hinaussehen wir zusätzliche Ausgabenkürzungen vor. Inner-halb dieser fünf großen Blöcke ergeben sich Einspar-möglichkeiten in Höhe von 6 Milliarden Euro.

Lassen Sie mich näher auf die einzelnen Blöcke ein-gehen. Erstens. Wir haben die Steuermehreinnahmenin Höhe von ungefähr 1,5 Milliarden Euro in den Haus-halt eingestellt.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt, aber wir haben auch Mindereinnahmen!)

Wir Grüne haben zudem hinsichtlich der Steuerminder-einnahmen Verschiedenes vorgeschlagen; zum Beispiellehnen wir die Kürzung der Regionalisierungsmittel ab.Damit kommen wir insgesamt auf mögliche zusätzlicheSteuermehreinnahmen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro,die wir für die Haushaltskonsolidierung nutzen wollen.

Zweitens. Unsere Kürzungsvorschläge im Verteidi-gungsbereich

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Was machenSie da mit den Mindereinnahmen? Unterschla-gen Sie die?)

ermöglichen Einsparungen in Höhe von ungefähr1,2 Milliarden Euro. Alle Kürzungsvorschläge beziehensich auf unsinnige Rüstungsvorhaben, die noch aus derZeit des Kalten Krieges stammen und nicht durchgeführtwerden sollten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Warum haben Siediese Ausgaben nicht in den letzten siebenJahren gekürzt?)

Wir halten es für sinnvoller, eine schlagkräftige Berufs-armee aufrechtzuerhalten.

Über den dritten Punkt – die Steinkohlesubventio-nen – haben wir schon im Zusammenhang mit demWirtschaftsetat gestritten. Wenn Sie hier endlich IhreHausaufgaben machen würden und wegen des gestiege-nen Weltmarktpreises für Steinkohle auch weniger anSubventionen zahlen würden, könnten wir Einsparungenin Höhe von 800 Millio-nen Euro erzielen. Darum küm-mern Sie sich aber nicht. Sie trauen sich nicht, weil Siebei diesem Thema zu zerstritten sind.

Der vierte Bereich ist der Subventionsabbau; das istimmer ein sehr wichtiger Bereich. Wir haben deshalbzum Haushaltsbegleitgesetz eine ganze Reihe von Vor-schlägen mit Einsparungen in einer Größenordnung von1,3 Milliarden Euro gemacht, die alle realisierbar wären.Sie können sich die Vorschläge ansehen. Es geht darinzum Beispiel um die Ausnahmen bei der Ökosteuer, dasHerstellerprivileg in der Mineralölwirtschaft und diePendlerpauschale. Allein in diesem Jahr könnten wir da-durch 1,25 Milliarden Euro einsparen. Im Jahr 2009wird sich dieser Betrag sogar auf 5 Milliarden Euro er-höhen. Wenn Sie unseren Vorschlägen gefolgt wären,hätten Sie in den nächsten Jahren einen viel größeren fi-nanzpolitischen Handlungsspielraum.

Der fünfte Kürzungsvorschlag in Höhe von ungefähr1,4 Milliarden Euro bezieht sich auf alle Einzelpläne. Esgeht um die Einsparung der Staatssekretäre, die Sie zu-sätzlich eingestellt haben, um Einsparungen von Perso-nalkosten, Kosten für Geschäftsbedarf, Trennungsgelder,Bewirtschaftungskosten sowie Kosten für Öffentlich-keitsarbeit, Dienstreisen, Mieten, Verbrauchsmittel und

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Sachverständige. Das alles sind Posten, bei denen Kür-zungen möglich wären. Das ist solide belegt, auch mitUnterstützung des Bundesrechnungshofes.

Ich fasse zusammen: Wenn Sie den Mut gehabt hät-ten, zu konsolidieren, dann hätten Sie die Möglichkeitdazu gehabt. Wir haben Ihnen konkrete Vorschläge dazuunterbreitet, die realisierbar wären. Sie haben sich abernicht getraut, zu konsolidieren. Sie haben es noch nichteinmal versucht. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie unse-ren Anträgen im Haushaltsausschuss zugestimmt hätten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Beste kommt aber noch, meine Damen und Her-ren. Wir haben es nicht nur geschafft, konkrete Kür-zungsvorschläge mit einem Volumen von 6 MilliardenEuro zu machen, die dazu geführt hätten, die Nettokre-ditaufnahme um 6 Milliarden Euro zu reduzieren. Wirhaben es auch geschafft, Vorschläge für einen Zukunfts-haushalt vorzulegen, also Vorschläge für Investitionen inWachstum und Zukunft. Ich will Ihnen auch dafür einigekonkrete Beispiele nennen.

Wir haben erstens ein Konzept einer Kinderbetreu-ungskarte vorgelegt, das es ermöglicht, jedem Kind un-ter drei Jahren in Deutschland einen Kinderbetreuungs-platz zur Verfügung zu stellen. Dieses Konzept ist auchgegenfinanziert. Ich nenne Ihnen die Voraussetzungen:Erstens muss ein Rechtsanspruch für einen Kinderbe-treuungsplatz für die unter 3-Jährigen eingeführt wer-den, und zwar jetzt. Wir dürfen damit nicht bis 2008warten, wie es die große Koalition vielleicht vorhat. –Zweitens darf nicht nur darüber geredet werden, dasEhegattensplitting zu kappen, wie es Teile der CDU ma-chen, um dieses Thema dann vielleicht irgendwann ein-mal für ihr Grundsatzprogramm zu verwenden. Wirmüssen es jetzt kappen. Die dadurch generierten Mehr-einnahmen in Höhe von mehr als 5 Milliarden Euro wol-len wir investieren. – Die dritte Voraussetzung ist, einGeldleistungsgesetz zu schaffen. Dadurch würde den El-tern das Geld wie beim Wohngeld direkt zur Verfügunggestellt werden. – Jede Familie mit Kindern unter dreiJahren würde dann eine Kinderbetreuungskarte bekom-men, mit der sie vor Ort in die Einrichtung ihrer Wahlgehen kann. Dabei ist egal, ob sie eine anerkannte Tages-betreuung wählt oder eine Kinderkrippe. Durch unserePolitik hätten die Eltern etwas Konkretes. Das kann manvon Ihren Ansätzen wirklich nicht behaupten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne setzen mit unserem Zukunftshaushalt einedeutliche Priorität im Bereich der Familie.

Eine zweite Priorität setzen wir im Bereich der Ent-wicklungszusammenarbeit. Wir bekennen uns zu demZiel, zu dem sich Deutschland international verpflichtethat, nämlich 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis2015 für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Dashaben wir auch mit konkreten Anträgen im Haushalts-ausschuss belegt. Alle Vorschläge sind gegenfinanziert.Sie hätten ihnen zustimmen können. Wir tun also nichtnur etwas für die Familien in Deutschland, sondern auch

für die internationale Gerechtigkeit und damit auch fürunsere Interessen in der Welt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein dritter Bereich, in dem wir unsere Priorität in derHaushaltspolitik setzen, ist die ökologische Moderni-sierung. Hier mussten wir zunächst einmal durch einenÄnderungsantrag einen Ihrer Kahlschlagvorschläge zu-rückweisen. Sie kürzen die Regionalisierungsmittel fürden öffentlichen Personennahverkehr. Ich habe es ganzkonkret bei mir vor Ort im Rhein-Main-Verkehrsver-bund gesehen: Da fallen Züge aus; da werden Preisedrastisch erhöht.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das kann doch überhaupt nicht sein!)

– Das geschieht. – All das wird dazu führen, dass nochweniger Leute sich dafür entscheiden, den öffentlichenPersonennahverkehr zu nutzen. Das zeigt, dass Sie unserAnliegen, dass wir mehr Verkehr auf der Schiene brau-chen und den Leuten Alternativen zum Auto bieten müs-sen, nicht ernst nehmen. Deshalb wollen wir diese Kür-zungen zurücknehmen.

Wir haben konkrete Gegenfinanzierungsvorschlägedazu vorgelegt. Das heißt, Sie brauchen diese Kürzun-gen gar nicht vorzunehmen, sondern könnten an andererStelle sparen. Aber dazu fehlt Ihnen offenbar der Mut.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist doch sehr mutig, was wir machen, oder nicht?)

Sie tragen dies lieber auf dem Rücken der kleinen Leuteaus, die auf den öffentlichen Personennahverkehr ange-wiesen sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Hinblick auf eine ökologische Modernisierung ha-ben wir als einen weiteren Punkt neue Programme zurErforschung der Grundlagen erneuerbarer Energien undzur Erforschung von Speichertechnologien beantragt,damit wir vom Öl unabhängig werden. Auch hierzu lie-gen konkrete Gegenfinanzierungsvorschläge vor. All dassind Sachen, die machbar sind.

Auch in einem anderen Punkt wollen wir Ihre Kahl-schlagpolitik beenden. Sie wollen die Integrationsmit-tel kürzen. Da zeigt sich noch einmal, was die große Ko-alition eigentlich ist. Frau Böhmer erzählt uns allenimmer, die große Koalition sei die Koalition, die etwasfür Integration in Deutschland tue. Gleichzeitig kürzenSie die Mittel für Integrationskurse um 32 Prozent. Dasist ein Skandal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir haben Ihnen vorgemacht, wie man den Haushaltstärker konsolidieren könnte – das heißt, wir wollen6 Milliarden Euro weniger Schulden aufnehmen – undwie man gleichzeitig im Haushalt –

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Frau Kollegin!

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Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – ich komme damit zum Schluss – Prioritäten für die

Zukunft setzen kann. Wir haben Ihnen dazu konkreteAnträge vorgelegt. Wir haben im Haushaltsausschuss in400 Anträgen Vorschläge gemacht, die umsetzbar sind.Wir wollen deutlich weniger Schulden und mehr Investi-tionen in die Zukunft. Die große Koalition hingegenplant eine Nettokreditaufnahme, –

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Frau Kollegin, schauen Sie bitte einmal auf Ihre Uhr!

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – die noch nie so groß gewesen ist. Das ist eine große

Koalition der verpassten Chancen. Deshalb würde ichSie bitten, unserem Entschließungsantrag und nicht demHaushalt der großen Koalition zuzustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Peer

Steinbrück.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetender CDU/CSU – Jürgen Koppelin [FDP]: Jetztkriegen wir unsere Zeugnisse!)

Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: Herr Koppelin, Sie sind in dieser Beziehung gar nicht

gefährdet.

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Jürgen Kop-pelin [FDP]:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Ich möchte mich zunächst sehrherzlich bei den Koalitionsfraktionen für die Unterstüt-zung der finanzpolitischen Strategie der Bundesregie-rung, die in vielen Beiträgen, auch namentlich an mich,den zuständigen Minister, gerichtet, zum Ausdruck kam,bedanken.

(Vorsitz: Präsident Dr. Norbert Lammert)

Mir ist sehr bewusst, dass diese finanzpolitische Strate-gie der Bundesregierung trockenes Brot ist. Sie ist unterden obwaltenden Bedingungen nicht beifallheischend.Sie löst keine Begeisterung aus. Aber mit Blick auf an-dere infrage kommende Strategien ist sie weniger schäd-lich.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Mir ist in dieser Debatte insbesondere klar geworden,dass die Opposition kein eigenes schlüssiges, überzeu-gendes finanzpolitisches Konzept dagegenstellen kann.Sie klagen an; Sie üben punktuelle Kritik. Das ist Ihr gu-tes Recht; aber Sie ziehen sich darauf zurück. Insofernsind Ihre Beiträge vornehmlich aus der Rolle definiert,in der Sie sind: in der Opposition.

Dass Sie dabei insbesondere die Mehrwertsteuer-erhöhung zum Gegenstand Ihrer Vorhaltungen machen,ist verständlich. Ich bin dafür, dass wir da ganz redlichmiteinander umgehen. Zur Redlichkeit gehört: Weite

Teile meiner Partei und weite Teile der Union sind in Sa-chen Mehrwertsteuer mit einer anderen Position in denBundestagswahlkampf gegangen. Ich für meinen Teil– all diese Zitate können Sie gerne wiederholen – habekeine Mühe, zuzugeben, dass auch ich eine Bewertungvorgenommen habe, die auf die Konjunkturschädlichkeitabhob. Aber es wäre genauso redlich, wenn Sie vor demHintergrund der Lage, in der wir uns befinden, ersatz-weise für die Mehrwertsteuererhöhung etwas vorschla-gen würden,

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

was weniger Verwerfungen und geringere schädliche Ef-fekte für Wachstum und Beschäftigung in der Bundesre-publik Deutschland hätte.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Diesem Anspruch auf Redlichkeit werden Sie nicht ge-recht. Dieses ständige Hinweisen auf die Mehrwertsteu-ererhöhung ist irgendwann einmal ermüdend und auchnicht mehr originell.

Insofern wäre ich dankbar dafür, wenn wir in der Tatin einen Wettbewerb über alternative finanzpolitischeStrategien eintreten könnten. Ich höre Ihnen gerne zu,auch deswegen, um dazuzulernen für den Fall, dass Sieetwas anbieten, was für die wirtschaftliche und beschäf-tigungspolitische Entwicklung in der BundesrepublikDeutschland erkennbar nicht mit den Nachteilen verbun-den ist, die es bei einer Mehrwertsteuererhöhung unab-weisbar gibt.

Ich möchte hinzufügen, dass manche dieser Effekte inmeinen Augen unnötig dramatisiert werden, auch vonden wissenschaftlichen Expertisen in der Bundesrepu-blik Deutschland. Die Bundesregierung ist umzingeltvon Expertisen und Gutachten zu Wachstumsraten, zurInflationswirkung von Mehrwertsteuererhöhungen undzu Wachstumsimplikationen von Mehrwertsteuererhö-hungen. Diese Expertisen und Gutachten haben eineBandbreite, in der man sich kaum noch zurechtfindenkann.

Dass die Opposition an den wirtschafts- und finanz-politischen Realitäten nicht vorbeikommt, möchte ich inden Vordergrund stellen. Sie werden zugeben müssen– zu diesem Analyseergebnis kommen auch viele unver-dächtige Protagonisten, nicht nur die Bundesregierungselber –, dass wir vornehmlich – ich sage mit Absicht:vornehmlich – ein strukturelles Einnahmeproblem imBundeshaushalt und übrigens auch in vielen Länder-haushalten haben. Es ist festzustellen, dass keine Konso-lidierung der öffentlichen Haushalte ohne mehr Wachs-tum gelingen wird. Wir werden allerdings umgekehrtauch kein nachhaltiges Wachstum ohne erhebliche Kon-solidierungsanstrengungen bekommen. Beides bedingtsich gegenseitig.

Ich bin mir auch sicher, dass wir – zusätzlich zu mehrWachstum, das wir brauchen – gleichzeitig, um die öf-fentlichen Haushalte zu konsolidieren, unabweisbar un-sere sozialen Sicherungssysteme robuster machen müs-sen: gegen Konjunkturverläufe, gegen die Erosion der

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Bundesminister Peer Steinbrück

sozialversicherungspflichtigen Arbeits- und Beschäfti-gungsverhältnisse, gegen die Demografie.

Wir werden, wie ich glaube, insbesondere auch Ver-besserungen auf dem Arbeitsmarkt erzielen müssen,um die öffentlichen Haushalte instand zu setzen und inZukunft mehr als bisher zu finanzieren.

Die Konsolidierungsvorschläge der Opposition – ichhalte daran fest, Frau Lührmann – sind nicht realitäts-fest; sie sind wirklichkeitsfremd. In vielen Beiträgen vonbeiden Seiten der Koalition ist dies belegt worden.Selbstverständlich ist beim Verteidigungshaushalt nichtsdrin; bei den Eingliederungshilfen ist auch nichts drin.Auch Ihr Hinweis auf die Steinkohle und die Weltmarkt-preisentwicklung ist hinfällig. Sie müssten wissen, dasses längst eine Justierung und Koppelung an die Welt-marktpreisentwicklung gibt; man muss allerdings ersteinmal die Berechnungen haben, die ich in meinem Bei-trag am Dienstag dargelegt habe, ehe man dann auch dieKohlebeihilfen nachjustieren kann.

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Das haben Sie doch in der Hand!)

Insofern sind die Summen, die Sie in Aussicht stellen,absolut irreal.

(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Sie wollen doch nicht!)

Wenn Sie, Frau Lührmann – um darauf einzugehenund hier keinen falschen Eindruck zuzulassen –, sagen,die Bundesregierung könnte nicht belegen, dass die Er-höhung der Nettokreditaufnahme vom letzten Jahr aufdieses Jahr – dass sind ungefähr 7 bis 8 Milliarden Euromehr – durch das Wachstums- und Impulsprogramm be-legt ist, dann kann ich nur sagen: 3,5 Milliarden Eurodieses Aufwuchses von 8 Milliarden Euro gehen zurückauf die gezielte, vorsätzliche Politik dieser Bundesregie-rung, Wachstum und Beschäftigung über ein solches Im-pulsprogramm zu finanzieren. Das ist der Beginn des25-Milliarden-Euro-Programms, das auf Länderseiteund auch im Bereich privater Investitionen die Multipli-katorwirkungen haben wird, die ich Ihnen dargelegthabe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir brauchen eine strukturelle und nachhaltige Ver-besserung der öffentlichen Haushalte. Insofern sind auchAd-hoc-Eingriffe, wie sie in dem berühmten Buch be-schrieben werden, das von Herrn Koppelin immer hoch-gehalten wird, damit es mit aufs Foto kommt,

(Abg. Jürgen Koppelin [FDP] hält ein Buchmit dem Titel „Liberales Sparbuch 2006“hoch)

nicht das, was wir brauchen.

(Ulrike Flach [FDP]: Sie müssen aber anfan-gen!)

Wir brauchen nicht solche Ad-hoc-Eingriffe in beste-hende Verträge und Erfüllungsansprüche, wie sie insbe-sondere von der FDP vorgeschlagen werden, sondern

wir brauchen ein langfristig nachhaltiges Muster, um un-sere öffentlichen Haushalte zu konsolidieren.

Wir bringen diese Konsolidierung zusammen voran.Ich möchte deutlich bestätigen, was Herr Poß sagte: Die-ser Haushalt 2006 – so ist die Koalition angetreten – istgerade mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung einHaushalt des Überganges.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Von Pest zu Cholera!)

– Herr Koppelin, „Pest und Cholera“, „Marx undMurks“, „Gammelfleisch“: Das sind die Begriffe, die Sieund Herr Brüderle in den letzten Tagen geprägt haben.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Das sitzt aber tief!)

Einem besonderen intellektuellen Anspruch folgen dieseBegriffe nun auch nicht. Irgendwann ermüdet das einbisschen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir kennen uns schon seit mehreren Jahrzehnten. Ichhätte eigentlich gedacht, dass Ihr Selbstanspruch ein bis-schen höher ist, als nur mit „Gammelfleisch“ und „Pestund Cholera“ zu operieren. Es ist auch nicht erkennbar,dass Sie uns inhaltlich etwas entgegenzusetzen haben.Herr Brüderle hat hier zwei Büttenreden abgeliefert,nicht mehr. Das ist in Ordnung, die haben Unterhal-tungswert, darüber kann man sich freuen – aber mehrauch nicht.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Und Sie machen ei-nen auf Oberlehrer!)

– Ja, wenn man so etwas sagt, dann kommen Sie mit„Oberlehrer“. Das ist auch ein bisschen einfach.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Ich nehme es zurück! Schulrat!)

Sie möchten offensichtlich kritisieren, aber ich be-zeichne Sie nicht als Oberlehrer. Sie müssen aber nichtglauben, ich würde einfach nur meine Wange hinhalten,damit Sie kritisieren können. Nein, das muss schon et-was interessanter sein. Florettfechten dürfen wir auch.Das mit dem Oberlehrer schminken Sie sich einmal ab.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU –Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:Basta!)

Das wird nach einer gewissen Zeit auch langweilig.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das war der Oberlehrer!)

– Ja, dann sehen Sie das eben so. Ich kann damit leben,meine Familie auch.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und derCDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]:Wir im Übrigen auch ganz gut!)

Wir betreiben im Jahre 2006 eine behutsame Konsoli-dierung. Wir steigen ein mit 2,5 Milliarden Euro, durchKürzungen und auch durch den Abbau von Steuerver-günstigungen. Wir geben gleichzeitig, wie ich mehrmalsdargelegt habe, einen Impuls, der sich in den Folgejah-

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Bundesminister Peer Steinbrück

ren fortsetzt. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir mitdem Haushaltsplanentwurf 2007, der in wenigen Ta-gen dem Kabinett vorgelegt wird, auf den angekündigtenKurs einschwenken. Wir werden zum Beispiel die Netto-kreditaufnahme vom derzeit vorgesehenen Niveau vonknapp über 38 Milliarden Euro auf 21 Milliarden bis22 Milliarden Euro herunterschrauben. Wir sind in derLage, mit dem Haushalt 2007 die Regelgrenze desArt. 115 des Grundgesetzes einzuhalten. Wir werden un-seren an Brüssel adressierten Ankündigungen Rechnungtragen. Wir werden deutlich unter der 3-Prozent-Grenzebleiben. Dieser Kurs wird sich in den Haushaltsjahren2008 und 2009 fortsetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das sind wichtige konstitutive Ziele, denen sich allesunterzuordnen hat. Darauf werden auch der Haushalts-planentwurf und die mittelfristige Finanzplanung, diedas Kabinett voraussichtlich am 5. Juli beschließen wird,ausgerichtet.

(Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Kann ich Ihnen behilflich sein, Frau Hajduk?

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre sehr nett!)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Wie ich sehe, gibt es schon eine bilaterale Verständi-

gung darüber, dass der Minister eine Zwischenfrage derKollegin Hajduk zulässt.

Bitte schön.

Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: Wenn ich jetzt Nein sagen würde, Herr Präsident, was

würde dann passieren?

Präsident Dr. Norbert Lammert: Zu spät. Ich habe die Zwischenfrage damit zugelas-

sen.

(Heiterkeit)

Bitte, Frau Hajduk.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Behilflichkeit schafft manchmal Fakten, Herr Minis-

ter. – Sie haben gerade einige Zielstellungen des dem-nächst vom Kabinett zu entscheidenden Haushaltsplans2007 dargelegt. Sie haben deutlich gemacht, dass danndie Regelgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes einge-halten werden soll. Im Hinblick darauf gibt es aber– wenn man die diesjährige Nettokreditaufnahme vonüber 38 Milliarden Euro zugrunde legt – die erheblicheDifferenz von rund 17 Milliarden Euro. Darf ich Sie fra-gen – Sie haben ja die Absicht, strukturelle Fortschritteim Haushalt zu erzielen –, in welcher GrößenordnungSie bei entsprechend geringerer NettokreditaufnahmePrivatisierungseinnahmen benötigen? Es wäre fair, wennSie diese Frage beantworteten; denn dann könnte mansehen, ob Ihnen eine strukturelle Konsolidierung gelingt

oder ob Sie in erheblichem Maß auf Einmaleinnahmenangewiesen sind, wie beispielsweise die Erlöse aus Pri-vatisierungen, die 2006 noch nicht realisiert wurden,oder die vorzeitigen Schuldenrückzahlungen Russlands,Stichwort „Windfall-Profits“. Liege ich mit meiner An-nahme richtig, dass Sie auf Einmalmaßnahmen angewie-sen sind, wenn Sie es schaffen wollen?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: Sie liegen insofern richtig, als die Senkung der Netto-

kreditaufnahme auf folgenden wichtigen Säulen ba-siert: Die erste Säule sind Haushaltskürzungen. Diezweite ist der Abbau von Steuersubventionen. Die drittesind in der Tat Einmaleffekte. In welcher Dimension siesich bewegen, kann ich Ihnen auswendig nicht sagen.Ich kann mich aber erinnern, dass ich dem Haushaltsaus-schuss dazu Rede und Antwort gestanden habe. DieKoalition hat zudem ein Finanztableau für die Verteilungder Einmaleinnahmen beschlossen; das ist weitestge-hend bekannt. Sie hat gezielt vereinbart, die Einmalein-nahmen nicht kurzfristig in den Jahren 2006 und 2007,sondern eher in den Folgejahren einzusetzen. Ich glaube– das ist aus der Hüfte geschossen; ich kann das nichtnotariell beglaubigen lassen –, dass im Jahr 2007 Priva-tisierungseinnahmen mit einem Volumen von über6 Milliarden Euro eingeplant sind. Wie Sie sicherlichwissen, sind diese nicht Maastricht-relevant, sondern nurim Hinblick auf die Regelgrenze des Art. 115 desGrundgesetzes relevant.

Was die aktuellen Entschuldungsaktivitäten im FalleRusslands betrifft, so war immer ein bestimmter Betrageingeplant, der – das haben wir nicht vergessen – un-schädlich ist. Die Aries-Operation haben sicherlich ei-nige in diesem Haus noch gut bzw. schlecht in Erinne-rung; ich weiß es nicht so genau. Nach weiter gehendenEinigungen mit Russland, die nach den jüngsten Sitzun-gen des Pariser Clubs nicht ausgeschlossen sind, könntees zu weiteren vorzeitigen Tilgungen kommen. DieseMittel müssten aber für die Bedienung von Verpflichtun-gen eingesetzt werden, die wir an anderer Stelle haben,und können nicht eins zu eins für den Haushalt gehobenwerden. Genauere Zahlen zu der Verteilung der Einmal-einnahmen im Rahmen dessen, was ratsam ist, öffentlichzu machen, gebe ich gerne im Haushaltsausschuss. Siekönnen sich sicherlich vorstellen, dass vorzeitige An-kündigungen von Vermögensveräußerungen negativeAuswirkungen auf den Preis haben, den ich für denHaushalt und die Bundesrepublik Deutschland erzielenmöchte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frau Hajduk, ich möchte Ihrer am vergangenenDienstag gemachten Äußerung, dass die Bundesregie-rung regungslos verharre – das erinnert mich ein biss-chen an den Begriff „rückholbare Endlagerung“ –,

(Heiterkeit des Abg. Steffen Kampeter [CDU/CSU])

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Bundesminister Peer Steinbrück

eine Aufzählung aller von der Bundesregierung be-schlossenen Maßnahmen, die der Haushaltsverbesse-rung dienen, entgegenhalten, auch wenn ich Gefahrlaufe, Sie zu langweilen.

Insgesamt gibt es bis 2009 Verbesserungen für denBundeshaushalt in einer Größenordnung von 80 Milliar-den Euro und für den gesamtstaatlichen Haushalt in ei-ner Größenordnung von 117 Milliarden Euro, worauf dieLänder und die Kommunen zwingend angewiesen sind.Die meisten Beiträge, auch in der Bundesratssitzung inder letzten Woche, in der es unter anderem um das Haus-haltsbegleitgesetz ging, rankten sich um dieses Thema;für die überwiegende Anzahl der deutschen Länder istes von erheblicher Bedeutung, was der Deutsche Bun-destag beschließt, damit sie das bereits im Aufstellungs-verfahren berücksichtigen und die Regelgrenze ihrerjeweiligen Landesverfassung einhalten können. Umge-kehrt hat die Schuldenpolitik der Länder – bzw. haben,positiv betrachtet, die Spielräume, die sie auch durch Be-schlüsse des Deutschen Bundestages erhalten – eine er-hebliche Auswirkung darauf, wie wir uns mit Blick aufdas Maastrichtkriterium weiter aufstellen können.

Deshalb ist die eine oder andere Stimme in manchenLändern doch etwas verwunderlich gewesen, die sichmassiv gegen die politischen Nachteile einer Mehrwert-steuererhöhung gewendet, aber die jeweiligen haushalts-wirksamen Vorteile sehr gerne in Anspruch genommenhat, wozu auch ein früherer FDP-Landesfinanzministergehörte. Jener hatte bereits im Vorgriff auf eine Bundes-ratssitzung, von der er gar nicht wusste, ob er dabei seinkann, die mit der Mehrwertsteuererhöhung verbundenenMehreinnahmen in seinen Haushaltsplan eingestellt.

(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Unerhört!)

Da kann man nur sagen: Der Mann hat eine gehörigePortion Pragmatismus, jedenfalls mehr als seine hiesigenParteikollegen im Bundestag.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich darf, Frau Hajduk, auf das Bild des regungslosenVerharrens zurückkommen. Nur, um noch einmal dar-zustellen, was diese Bundesregierung in haushalts- undfinanzpolitischer Hinsicht in wenigen Monaten gemachthat: Gesetz zur Abschaffung der Eigenheimzulage – ver-kündet; Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofort-programm – verkündet; Gesetz zur Beschränkung derVerlustverrechnung – verkündet; Gesetz zur steuerlichenFörderung von Wachstum und Beschäftigung – verkün-det; Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuer-gestaltung – verkündet; Steueränderungsgesetz 2007 –gerade in der parlamentarischen Beratung; Investitions-zulagengesetz 2007 – wird gerade parlamentarisch bera-ten; Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Ein-führung der Europäischen Gesellschaft – wird imKabinett wahrscheinlich am 5. oder 12. Juli verabschie-det;

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Quantität und Qualität sind zwei unter-schiedliche Dinge!)

SGB-II-Änderungsgesetz – verkündet am 30. März, trittvoraussichtlich am 1. Juli in Kraft; SGB-II-Fortentwick-lungsgesetz.

Vor diesem Hintergrund zu behaupten, wir befändenuns in einer regungslosen Verharrung oder die Bundes-regierung würde nichts tun, ist Agitation und Propa-ganda. Jedenfalls ist es eine Kritik, die uns erkennbarnicht treffen muss.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will abschließend sagen, Frau Flach: Ihre ganzeRede baute sich auf der These auf, Herr Rubin sei meinVorbild.

(Ulrike Flach [FDP]: Das haben Sie am Diens-tag doch selbst gesagt!)

– Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe Herrn Rubineingeladen und war daran interessiert, mit ihm, und übri-gens mit vielen anderen, zu debattieren. Die Veranstal-tung wurde von vielen sehr positiv kommentiert; dennwir können von dem lernen, was die Amerikaner in den90er-Jahren in der Clinton-Administration gemacht ha-ben, in einer ganz ähnlichen Situation wie der, in der wirheute sind.

(Ulrike Flach [FDP]: Nein, eben nicht!)

– Doch, wir sind in einer sehr ähnlichen Situation. – InAmerika ist es durch eine Kombination von Steuererhö-hungen innerhalb von fünf Jahren gelungen, das irrsin-nige Haushaltsdefizit von, glaube ich, fast 350 Milliar-den Dollar abzubauen und einen Überschuss von fast20 oder 30 Milliarden Dollar zu erzielen.

Niemand hat behauptet, dass das eins zu eins auf dieBundesrepublik Deutschland übertragbar sei.

(Ulrike Flach [FDP]: Doch, Sie selbst!)

– Nein, das ist nicht der Fall. Das ist ein Pappkamerad,den Sie aufbauen müssen, um draufhauen zu könnenoder um ein Bild zu haben. – Unter dem Strich bleibt,dass es sinnvoll ist, so einem Mann einmal zuzuhörenund von ihm zu lernen.

(Ulrike Flach [FDP]: Dagegen haben wirnichts! – Jürgen Koppelin [FDP]: Sogar Ihnenhören wir zu!)

Nichts anderes war der Grund, einen solchen Mann ein-zuladen.

Für mich war beeindruckend, dass Ihr Fraktionskol-lege Herr Solms in einem seiner Beiträge einen verfas-sungsrechtlichen Diskurs zum Ehegattensplitting ge-macht hat. Ich hätte mich gefreut, wenn er einenähnlichen verfassungsrechtlichen Diskurs über denArt. 115 Grundgesetz gemacht hätte – als kundiger The-baner. Dass er der Bundesregierung vorwirft, vorsätzlicheinen verfassungswidrigen Haushalt vorzulegen, zeigt,dass er den Art. 115 weniger kennt als die einschlägigenverfassungsrechtlichen Bestimmungen im Grundgesetzbzw. die einschlägige Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts zum Ehegattensplitting.

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Bundesminister Peer Steinbrück

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Alles dumme Jungen außer Steinbrück!)

– Das hatten wir eben schon von Ihrer Fraktion, HerrWesterwelle; da waren Sie noch nicht da.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Doch! – Jür-gen Koppelin [FDP]: Er war da! – Weitere Zu-rufe von der FDP: Doch!)

Der Begriff Oberlehrer fiel schon.

Trotzdem darf man als Regierungsmitglied daraufhinweisen, dass es schon ein starkes Stück ist, wenn ge-sagt wird, da werde vorsätzlich ein verfassungswidri-ger Haushalt vorgelegt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man sich dagegen wehrt und von Ihnen nur diesesEcho bekommt, dann ist das zu dünn, Herr Westerwelle;da muss schon etwas mehr kommen.

Die Bundesregierung wird verfassungsrechtlich sehrgut begründen können, dass diese Kreditaufnahme zurAbwehr eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts nachArt. 115 Grundgesetz durchaus möglich, durchaus er-laubt und damit keineswegs verfassungswidrig ist.

Im Übrigen wäre ich an Ihrer Stelle etwas vorsichtig.Ich knüpfe damit an den ersten Teil meiner Einlassungenvom Dienstag an, die jedenfalls in Teilen – ob bewusstoder eher fahrlässig, sei dahingestellt – missverstandenworden sind. Ich bin nicht so sicher, ob es vor dem Hin-tergrund dessen, dass wir in unseren öffentlichen Redendie Selbstachtung und auch die Achtung der Politiker inder öffentlichen Wahrnehmung nicht beschädigen soll-ten, richtig ist, sich gegenseitig voreilig Verfassungs-bruch vorzuwerfen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich thematisiere die Bereitschaft, sich in der Ge-schwindigkeit gegenseitig Lüge und Betrug, Tricksereiund Verfassungsbruch vorzuwerfen. Ich versuche, mirvorzustellen, wie das auf diejenigen wirkt, die sehen,wie wir wechselseitig miteinander umgehen.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Sehr wahr! – OttoFricke [FDP]: Das gilt aber auch für falscheVersprechungen!)

Vielleicht könnten wir uns dann doch darauf verständi-gen, dass eine solche Bemerkung, in diesem Fall vonHerrn Solms, von mir kritisch hinterfragt werden darf,ohne dass ich mir gleich dieses Echo einhandele, HerrWesterwelle.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ist es nicht der Mühe wert, darüber nachzudenken odersich einmal sehr viel ernsthafter darüber auszutauschen,vielleicht auch von diesem Pult und von der Position desZuhörers aus?

(Jürgen Koppelin [FDP]: Aber dann nicht im-mer den Schulrat machen!)

– Das kenne ich alles schon.

Der Haushalt 2006 ist ein Haushalt des Übergangs.Die Bewährungsprobe für die Bundesregierung kommtmit dem Haushalt 2007. Ihr werden wir uns in wenigenTagen stellen. Ich werde Ihnen und anderen nicht inAussicht stellen können, dass die nächsten Haushalts-operationen weniger schwierig werden.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das brauchen Sie auch nicht!)

Die Haushaltsproblematik wird uns in dieser Legislatur-periode durchgängig beschäftigen. Wenn wir sie bewälti-gen wollen, müssen wir uns, was wir auch den Bürgerin-nen und Bürgern dieses Landes abverlangen, denRealitäten stellen. Dazu möchte ich auch und gerade dieOppositionsfraktionen einladen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort hat nun der Vorsitzende des Haushaltsaus-

schusses, der Kollege Otto Fricke für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Otto Fricke (FDP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Als Erstes darf ich als Ausschussvorsitzender dan-ken, nicht nur dem Finanzministerium für seine Zuar-beit, nicht nur den Kolleginnen und Kollegen imAusschuss für die umfangreiche Arbeit, nicht nur denMitarbeitern der Kolleginnen und Kollegen und derFraktionen, sondern insbesondere auch – das sage ichjetzt einmal so – meinem Haushaltssekretariat, das harteArbeit geleistet hat.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir hatten acht Sitzungen, über 50 Stunden netto Ta-gungszeit, oft bis spät abends. Wir hatten auch das Haus-haltsbegleitgesetz zu beraten. Wir hatten – das möchteich an dieser Stelle einmal festhalten; das ist in der Ge-schichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie vor-gekommen; Herr Steinbrück, da sehen Sie die Ernsthaf-tigkeit des Disputs dann doch – 1 300 Änderungsanträgeim Haushaltsverfahren. Das zeigt, dass man als Opposi-tion zumindest versucht, an bestimmten Stellen anzuset-zen.

Ein kleiner Hinweis noch, Herr Steinbrück: Wir wer-den wieder erleben, dass Sie manche der Vorschläge derOpposition, die Sie jetzt noch kritisieren, im Jahr 2007auf einmal aufgreifen werden, weil Sie sie – leider einJahr zu spät – als richtig erkennen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. GesineLötzsch [DIE LINKE])

Ich danke auch dem Kabinett und insbesondere derBundeskanzlerin. Alle sind im Haushaltsausschuss ge-wesen. Es war das erste Mal seit Helmut Kohl imJahre 1997, dass – in dem Fall – eine Bundeskanzlerinan der Beratung teilgenommen hat. Ich denke, dass das

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3888 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

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Otto Fricke

im Verhältnis von Exekutive und Legislative angemes-sen war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich hoffe, dass neben allem Streit die Zusammenarbeitauch weiterhin gut funktionieren wird.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPDund dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowieder Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Was ist die besondere Bedeutung von Haushaltspoli-tik? Was ist das Spezielle an der Haushaltspolitik imVergleich zu anderen Politikfeldern? Haushaltspolitik istnicht pure Buchhalterei, wie der Kollege Wieland hiergesagt hat. Herr Wieland, Sie sollten mit Ihren Haushäl-tern vielleicht einmal ein bisschen darüber reden. EinHaushälter, der nicht weiß, um welche politischen In-halte es geht, ist kein guter Haushälter.

Es zählen im Haushalt nicht Wünsche, nicht gute Ab-sichten, geschweige denn Wolkenkuckucksheime undschon gar nicht Ideologien. Es zählen im Haushalt dietatsächlichen Zahlen und das, was mit diesen tatsächli-chen Zahlen passiert. Wie sind die tatsächlichen Zahlen?Das ist das, worum es eigentlich geht. Es geht nicht umirgendwelche Versprechungen, Wünsche oder Ähnli-ches, sondern um Fakten.

Die Zahlen zum Zeitpunkt der Verabschiedung sinddie folgenden: Die Neuverschuldung beträgt 38,2 Mil-liarden Euro. Letztes Jahr betrug sie noch 22 MilliardenEuro. Im Übrigen stieg diese Zahl im Vollzug noch auf31,2 Milliarden Euro. Die Ausgaben betragen 261,6 Mil-liarden Euro. Das sind 7,3 Milliarden Euro mehr als imletzten Jahr. Auch da gab es im letzten Jahr einen An-stieg im Vollzug. Wenn das mit dem Vollzug so weiter-geht, dann fürchte ich, dass es dieses Jahr noch schlim-mer wird, als es sich zur Mitte dieses Jahres darstellt.

Man könnte der Meinung sein, dass Sie es wenigstensbei den Investitionen schaffen, ein wenig erfolgverspre-chende Zahlen vorzulegen. Doch bei den Investitionensinkt der Anteil von 9,0 auf 8,9 Prozent. Das ist zwar nureine Differenz von 0,1 Prozentpunkten. Trotzdem kannman sagen, dass dies kein Zeichen dafür ist, dass eswirklich nach oben geht.

(Beifall bei der FDP)

Was bedeutet das? Wir sind uns alle einig, dass derVertrag von Maastricht, selbst in seiner völlig aufge-weichten Form, gebrochen wird. Wir erfüllen mit demHaushalt, der heute mit Koalitionsmehrheit beschlossenwird, die Maastrichtkriterien nicht.

Herr Steinbrück, bevor wir zu falschen Exegesenkommen, möchte ich sagen: Wir verletzen mit diesemHaushalt die Regelgrenze in Art. 115 Grundgesetz.

(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])

Man sollte sich nicht rühmen, eine Regel der Verfassungzu verletzen. Auch wenn man es im Detail ziseliert,bleibt es dabei: Es ist eine Verletzung der Regel.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir nutzeneine Regel! Das ist keine Verletzung der Ver-fassung!)

– Herr Kollege Kampeter, das ist der Unterschied zwi-schen mir als Juristen und Verfassungspatrioten und Ih-nen:

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Mich stört es, wenn eine Regel der Verfassung verletztwird. Mich stört es auch, wenn auf eine Ausnahme zuge-griffen werden muss. Das ist der Unterschied in unsererArgumentation.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aber das ist keine Verfassungsverletzung!)

– Das habe ich eben nicht gesagt, Herr Kollege Kampe-ter.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Danke schön, Herr Oberlehrer!)

– Es war nur ein kleiner Hinweis auf das, was ich gesagthabe.

Diese Koalition hat eine Zweidrittelmehrheit in bei-den Kammern. Sie kann alle Möglichkeiten der Ge-schäftsordnung nutzen, Gesetze zu beschleunigen. Teil-weise wird die Geschäftsordnung in nicht geradeparlamentarisch einwandfreier Weise angewandt. DieFrage lautet: Wer, wenn nicht die große Koalition mit ih-rer großen Mehrheit, könnte die Haushaltsproblemewenn schon nicht sofort, so doch relativ schnell lösen?

(Jörg Tauss [SPD]: Geduld!)

– Herr Tauss, gerade Sie reden von Geduld!

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derCDU/CSU)

Verehrte Frau Bundeskanzlerin und verehrte Koalitio-näre, Sie haben jetzt, also am Anfang der Legislaturperi-ode, die Möglichkeit, die notwendigen Maßnahmen aufden Weg zu bringen, auch wenn sie schmerzhaft sind.Ich muss leider konzedieren, dass Sie Angst vor demWähler haben. Denn immer wenn man die Wahrheit un-geschminkt ausspricht, führt das zunächst einmal zu ei-ner Abstrafung durch den Wähler. Ich frage Sie: Wann,wenn nicht jetzt, wo es so wenige Wahlen gibt, ist esmöglich, Reformen auf den Weg zu bringen? Wie, wennnicht auf ehrliche Weise, soll man die notwendigen Maß-nahmen begründen? Diese sind kurzfristig zwarschmerzhaft. Aber langfristig gesehen versprechen sieHeilung im weitesten Sinne.

Sie tun nichts. Warum tun Sie nichts? – Weil immernoch ein großer grüner Graben zwischen diesen beidenFraktionen besteht.

(Beifall bei der FDP)

Sie können sich noch nicht einmal darauf verständigen,ob Deutschland ein Sanierungsfall ist. Selbst das ge-lingt Ihnen nicht.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3889

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Otto Fricke

Frau Bundeskanzlerin, ich will Sie jetzt einmal einwenig vor Ihrem Koalitionspartner in Schutz nehmen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie haben Recht: Deutschland ist ein Sanierungsfall.Liebe Kollegen von der SPD, wenn der Wirtschafts- undder Finanzminister eine Störung des gesamtwirtschaftli-chen Gleichgewichts wiederholt feststellen, dann kannman nicht mehr behaupten, dass Deutschland kein Sa-nierungsfall sei. Die Feststellung, dass das gesamtwirt-schaftliche Gleichgewicht gestört ist, zeigt, dass in die-sem Land weiterhin ein enormer Sanierungsbedarfbesteht.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Grund, warum Sie es so nicht schaffenkönnen, ist, dass Sie bei den Ausgaben nicht so kürzenkönnen, wie Sie bei den Steuererhöhungen draufsat-teln. Eine Rekordsteuererhöhung haben Sie schon verab-schiedet. Weil die Steuererhöhungen der SPD so gut ge-fallen, versuchen Sie – so liest man in den Zeitungen;man kann es fast als einen sportlichen Wettbewerb anse-hen –, diese Steuererhöhung noch zu toppen. Denn imZuge der Gesundheitsreform wollen Sie die nächste Re-kordsteuerreform durchsetzen. Ich bin wirklich ge-spannt, ob Sie es schaffen, an dieser Stelle die Steuerein-nahmen um weitere 40 Milliarden Euro zu erhöhen.

Weil das Haushaltsjahr 2006 quasi schon zu Endegeht, möchte ich etwas zu dem Haushalt 2007 sagen,mit dem der Finanzminister viel Arbeit hat. Ich habemanchmal das Gefühl, er arbeitet sich eher an uns ab,weil er im Moment über die internen Kämpfe in der Öf-fentlichkeit nichts sagen kann.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will kurz auf folgenden Punkt hinweisen: Wir ha-ben trotz der zusätzlichen Steuereinnahmen ein Problemmit Blick auf Art. 115 des Grundgesetzes. Nach derFinanzplanung haben wir gegenwärtig eine Differenzvon 1,3 Milliarden Euro. Aber es gibt doch die Risikenbei den Unterbringungskosten im Zusammenhang mitHartz IV. Wir haben die Probleme im Gesundheitssys-tem und bei den Zinsen.

Ein kurzer Hinweis zu Zinsen und Inflation: Selbst-verständlich wird die Mehrwertsteuererhöhung Auswir-kungen auf die Preissteigerung haben. Über die Höhekönnen wir uns streiten, aber es wird sie geben. Ange-sichts einer Inflationsrate von über 2 Prozent in Europabedeutet das, dass sie auch im nächsten Jahr über2 Prozent liegen wird. Was heißt das? Die Zinsen wer-den steigen. In diesem Zusammenhang ein Hinweis fürKundige: Wenn die Zinsbelastung des Bundes um0,11 Prozentpunkte steigt – das kann man kaum darstel-len –, dann muss der Bund 1 Milliarde Euro mehr proJahr an Zinsen zahlen. Bei einer Steigerung um0,15 Prozentpunkte wäre schon die Lücke zwischenNeuverschuldung und Investitionen geschlossen; damitwäre alles vorbei. Ich rede hier natürlich vom Steigender durchschnittlichen Zinsbelastung des Bundes und

nicht vom Anstieg der Zinsraten. Herr Minister, Siekönnten einmal das Gremium für Kreditfinanzierung be-suchen und sich das dort ausrechnen lassen.

Herr Steinbrück, ich glaube Ihnen, auch aufgrundmeines christlichen Menschenbildes, dass Sie sparenwollen. Das geht aber nicht auf dem Wege, wie Sie essich vorstellen. Da helfen auch keine Ausführungen wie:Der Staat sind wir alle. Das erinnert mich ein wenig an:L’État c’est moi. Nein, ich glaube, die Postulierung einerDeutungshoheit der Regierung bezüglich der Frage, wasrichtig oder falsch ist, die leider auch Herr Ramsauer be-anspruchte, ist nicht der richtige Weg. Verwechseln Siebitte nicht das Wohl des Staates mit dem Wohl der Re-gierung.

(Beifall bei der FDP)

Herr Steinbrück, Niederlagen fügt Ihnen doch nichtdie Opposition zu. Diese fügt Ihnen Nadelstiche zu, dievielleicht unangenehm sind. Aber wir stellen nicht dieMehrheit. Niederlagen fügen Ihnen andere zu, nämlichdie, die die Mehrheit stellen. So sagt Herr Münteferingden Kommunen einfach einmal zu, dass sie etwas mehrals 3 Milliarden Euro zusätzlich für die Wohngeldzah-lungen bekommen. Wie viel sie im nächsten Jahr be-kommen, steht noch gar nicht fest. Darauf bin ich ge-spannt. Frau Merkel erzielt eine tolle Einigung aufeuropäischer Ebene; diese kostet aber letztlich jedes Jahr1 Milliarde Euro mehr. Frau von der Leyen braucht einehalbe Milliarde mehr für das Erziehungsgeld,

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

Frau Schmidt will bei der Gesundheitspolitik so lächelnwie unter Eichel und denkt sich, irgendwo werde sie dasGeld schon herbekommen, selbst wenn weniger ge-raucht werden sollte. So wird das jetzt wohl auch wiederpassieren. Die Länder schaffen es, dass die vorgesehe-nen Kürzungen für den Nahverkehr nicht so stark ausfal-len, und der Außenminister hat gestern gesagt, natürlichhätte er gerne möglichst viel Geld für die auswärtigeKulturpolitik.

(Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Applaus kommt von allen Fachpolitikern der Koalitions-parteien. Aber auch das fällt am Ende wieder auf Sie,Herr Steinbrück, zurück.

Ganz besonders deutlich machte in diesem Zusam-menhang eine Wortmeldung des Kollegen Brandner vonder SPD, wie man eigentlich denkt. Nachdem festgestelltwurde, dass bei den Kommunen die Einnahmen sprudeln– das stimmt ja auch –, kam eine wunderschöne Erklä-rung: Diese Einnahmen sollten nicht zur Rücklagenbil-dung oder zum Sanieren benutzt werden, sondern ausge-geben werden. Genau das passiert im Moment: JedesMal, wenn diese Regierung mehr Geld einnimmt, kom-men sofort Politiker und sagen, sie wüssten genau, wofüres dauerhaft ausgegeben werden kann.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Das Allerbeste kommt nun: Andrea Nahles, die imMoment leider nicht da ist, sagt:

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3890 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

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Otto Fricke

Wir nehmen über die Mehrwertsteuererhöhung …eine deutliche Masse mehr an Steuern ein.

– „Masse“ ist in diesem Zusammenhang wirklich einschöner Begriff.

Wir werden wahrscheinlich zum ersten Mal dieMaastrichtkriterien erfüllen. Dann haben wir ei-gentlich eine ganz solide Basis für den Haushalt2007.

Herr Steinbrück, wer trotz der bevorstehenden massivenSteuererhöhungen sagt, es reiche aus, die Maastricht-kriterien zu erfüllen, sich aber nicht um die Vorschriftender Verfassung kümmert, der fällt in den Andrea-GrabenIhrer Haushaltspolitik.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her-ren, zum Abschluss noch ein kurzer Hinweis: Das Wortvom Haushalt als Schicksalsbuch der Nation bewahr-heitet sich in diesen Tagen immer mehr. Nicht umsonstspricht man ja im Zusammenhang mit dem Haushaltauch von Wahrheit und Klarheit. Ich will nicht bestrei-ten, dass wir noch die Möglichkeit haben, umzusteuern.Aber bei einer Gesamtverschuldung des Bundes von ge-genwärtig rund 900 Milliarden Euro, also dem Vierfa-chen der Jahresbruttoeinnahmen, muss doch irgendwannjeder einsehen, dass es zum Umsteuern nicht reicht, dasRad ein bisschen zu drehen, sondern dass es nötig ist, esmehrfach umzudrehen. Das müssen Sie tun. Die Koali-tion sagt, dies sei ein Haushalt des Übergangs. Wir alsFDP fürchten, das ist ein Haushalt des Niedergangs. Wirhoffen, dass Sie dennoch die Kraft finden, mit IhrerMehrheit und Ihren Möglichkeiten Ihre Verantwortungwahrzunehmen, den Niedergang zu stoppen und dafür zusorgen, dass dieses Land – das hat es nämlich verdient –weiter blühen und gedeihen kann.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall beiAbgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort erhält nun der Kollege Norbert Barthle für

die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Norbert Barthle (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Derzeit spricht das ganze Land überFußball, was mich als Sportler sehr freut. Dennoch willich daran erinnern, dass schon am 1. Juli in Straßburg die93. Tour de France beginnt. Bis wir in die Sommerpausegehen, wird schon die Hälfte der Etappen vorbei sein.Wir Politiker üben uns derzeit in einer anderen Disziplin.Auf Neudeutsch würde man sie Budgeting nennen. Wirhaben gerade einmal die erste Etappe hinter uns. In we-nigen Minuten wird der Haushalt 2006 hier verabschie-det werden.

Es war kein ganz leichtes Stück Arbeit, das wir hinteruns haben. Es hat ganz schön geschlaucht. Vor allem dieBergetappen haben geschlaucht. Koalition und Opposi-tion haben gemeinsam durch zumindest größtenteilssachliche Arbeit dazu beigetragen, dass dieser Haushaltverabschiedet werden kann. Schon in wenigen Wochenwerden wir uns dem Haushalt 2007 widmen dürfen. Esist sicherlich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass diekommenden Haushalte noch wesentlich ambitionierterausfallen werden müssen als der diesjährige.

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Was du heute kannst besorgen, das ver-schiebe nicht auf morgen!)

Bevor ich auf diesen Haushalt zu sprechen komme,will ich auf die Opposition eingehen. Frau KolleginLührmann, Sie haben wissentlich unterschlagen, dasswir in diesem Haushalt Mehrausgaben für den Ar-beitsmarkt in Höhe von 4 Milliarden Euro etatisiert ha-ben. Das hätte die Neuverschuldung absenken können.Sie haben wissentlich unterschlagen, dass wir auch Min-dereinnahmen zu gewärtigen haben. Das haben wir indiesem Haushalt berücksichtigt. Das unterscheidet die-sen Haushalt von denjenigen, für die Sie Verantwortunggetragen haben. Damals wurden nämlich immer Nach-tragshaushalte eingebracht,

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

bei denen die Neuverschuldung wesentlich höher war alsim Entwurf. Das machen wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir sind seriös! Abgewatscht!)

Man kann feststellen, dass die Grünen offensichtlichsehr gerne die sieben Jahre ihrer Regierungsverantwor-tung vergessen und sich in der Opposition sehr wohl füh-len.

Noch ein Wort zur FDP. Die Art und Weise, wie dieFDP das Thema Mehrwertsteuererhöhung gemeinsammit ihren Truppen in den großen Medien traktiert, ärgertmich schon etwas. Ich würde mir von Ihnen etwas mehrEhrlichkeit und Pragmatismus erwarten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Anständigkeit vor allem!)

Bereits in der Debatte am Dienstag haben der Finanz-minister Steinbrück und der Kollege Westerwelle dieKlingen gekreuzt und sich gegenseitig Wahlkampfaussa-gen vorgehalten. Das hilft uns nicht weiter. Selbstver-ständlich hat die SPD gegen die Mehrwertsteuererhö-hung polemisiert, selbstverständlich hat sie unsereehrliche Wahlkampfaussage angegriffen. Aber genausowie sich die SPD der Kraft der Realität gebeugt hat, hät-ten Sie von der FDP beim Blick in die strukturellen Ab-gründe dieses Haushalts und der kommenden Haushalteeiner Mehrwertsteuererhöhung zugestimmt. Davon binich ganz fest überzeugt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihr gespaltenes Verhalten – einerseits das auf Bundes-ebene, andererseits das auf der Ebene der Länder, in

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3891

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Norbert Barthle

denen Sie mitregieren – erweckt den Eindruck des Unse-riösen. Der Gipfel des Klamauks war der Brief des Kol-legen Brüderle an die Mittelständler der Union. Das warwirklich der Höhepunkt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nur noch ein Wort zu Ihrer schönen Aktion mit dem„Sparbuch“: Vielleicht stecken darin manche richtigenVorschläge.

(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP])

Aber darin steckt auch viel Quatsch. Ich will ein Beispielherausgreifen. Sie schlagen vor, im Einzelplan 20 – Bun-desrechnungshof – die Mittel für Dienstreisen um15 Prozent zu kürzen. Wenn wir die fleißigen Prüfer desBundesrechnungshofs an ihre Sessel ketten, wenn wiraus den fleißigen Bienen, die im Land Prüfaufträgewahrnehmen, Sesselfurzer machen, dann können wir dieStellen gleich streichen. Das wäre kontraproduktiv zu al-len Einsparanstrengungen. Es bleibt dabei: In diesemBuch steckt viel Unsinn. Es steckt viel darin, was nichtsorgfältig ausgearbeitet wurde. Damit sei auch dieses ge-sagt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zurück zum Haushalt. Hauptziel dieses Haushalts istdie Haushaltssanierung. Das ist das Ziel, das sich diegroße Koalition auf die Fahne geschrieben hat. MeineVorredner haben schon darauf hingewiesen: Wir wollendie Stabilitätskriterien des Maastrichtvertrages und dasVerfassungsgebot des Grundgesetzes ab 2007 wiedereinhalten. Die Inanspruchnahme der Ausnahmemöglich-keit, die der Art. 115 des Grundgesetzes vorsieht, darfselbstverständlich nicht zur Regel werden. Kurzum: Wirhaben es mit einem Übergangshaushalt zu tun. Das isteine Zwischenetappe. Die schweren Bergetappen liegenbis 2009 noch vor uns.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit die Frage auf-werfen, warum wir eigentlich sparen, warum wir, auchmit unpopulären Maßnahmen – sie stecken zum Beispielim Haushaltsbegleitgesetz; Finanzminister Steinbrückhat vorhin alle aufgezählt –, die Neuverschuldung absen-ken wollen. Wir, die Abgeordneten der großen Koalition,müssen sparen, weil wir unser Verhalten vor unserenKindern und Enkelkindern ansonsten nicht rechtfertigenkönnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wenn wir das Thema Generationengerechtigkeiternst nehmen, dann führt an diesem steinigen Weg nichtsvorbei. An jedem Wochenende, wenn ich heimkomme,werde ich persönlich daran erinnert; denn dann sehe ichmeine 14- und 9-jährigen Buben. Ich mag mir ehrlichgesagt nicht vorstellen, dass sie mir in 20 Jahren einmaldie Frage stellen: Warum hast du es zugelassen, dasssich die Verschuldungsspirale immer weiter dreht, wo dudoch an der zuständigen Stelle politische Verantwortunggetragen hast? Niemand von uns darf zulassen, dass esdazu kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der SPD)

Wir wissen doch genau: Wenn Schulden für nicht inZukunft wirkende Leistungen gemacht werden, werdenGestaltungsspielräume für die nachrückenden Genera-tionen reduziert. Die Konsequenzen, die daraus folgenwürden, wären dramatisch. Das Zentrum für Europäi-sche Wirtschaftsforschung und die Bertelsmann-Stiftunghaben mit ihrem Schuldenmonitor aufgezeigt, dass sichdie Schulden bis 2010 verdoppeln und bis 2020 sogarfast vervierfachen würden, wenn wir die Politik der Vor-jahre fortsetzen würden. Insofern ist ein Umsteuern drin-gend notwendig.

Die Situation ist heute schon bedrückend. Allein derBund zahlt jeden Tag 100 Millionen Euro für Schulden-zinsen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sichvor, welche Verkehrsprojekte man zum Beispiel mit den100 Millionen Euro, die zurzeit jeden Tag allein fürSchuldenzinsen ausgegeben werden, machen könnte.Das heißt, dass nicht erst unsere Kinder die Lasten derPolitik der Vorjahre tragen, sondern uns schon heute dieFolgen der in den Vorjahren entstandenen Verschuldungdrücken. Wir müssen Subventionen selbst dann kürzen,wenn wir sie richtig finden, wie zum Beispiel die Eigen-heimzulage. Wir müssen Mittel für Investitionen stre-cken und Sozialleistungen deckeln.

Schon heute zahlen wir alle, Junge und Alte, Gesundeund Kranke, Arbeitnehmer und Arbeitslose, für die Ver-säumnisse der Vorjahre. Deshalb ist es bedrückend, dassdie neuen Schulden, die wir in diesem Jahr aufnehmen,gerade einmal ausreichen – Kollege Schneider hat das inder Eingangsrede schon erwähnt –, um die Zinslast deralten Schulden abzudecken.

Deshalb gibt es meines Erachtens keine andere Kon-sequenz, als an den Schuldenabbau heranzugehen. Wennwir die unsichtbare Verschuldung – ich meine die Ren-ten- und Pensionsansprüche –, über die wir selten spre-chen, weil sie in den öffentlichen Haushalten nicht aus-gewiesen ist, hinzurechnen, dann wird noch klarer, wiedringlich die Aufgabe ist. Es bleibt nur eine Schlussfol-gerung: Wir dürfen das Ziel, mit jeder Form der Neuver-schuldung grundsätzlich Schluss zu machen, niemalsaufgeben. Langfristig gesehen müssen die Einnahmendie Ausgaben bestimmen und nicht umgekehrt.

Bayern hat gezeigt, dass es machbar ist, die Neuver-schuldung mit einem engagierten Vorgehen zurückzu-führen. Baden-Württemberg folgt diesem Beispiel undwill dieses Ziel in fünf Jahren erreichen.

(Jörg Tauss [SPD]: Große Klappe!)

Deshalb wird auch auf unserer Ebene immer wieder derVorschlag geäußert, ein Verschuldungsverbot grundge-setzlich zu verankern. Ich meine, mittelfristig sollten wirdas angehen. Das wäre ein Zeichen des Vertrauens in diePolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sehr vernünf-tig!)

Allerdings muss man auch sagen, dass die Konsolidie-rung der Haushalte nur gelingt, wenn Bund, Länder undGemeinden zusammen an einem Strang ziehen. Wir alle

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3892 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

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Norbert Barthle

wissen, was passiert, wenn Landesregierungen ebennicht diese Disziplin aufbringen und nicht dort kürzenund streichen, wo es wehtut. Deshalb freut es mich, dasseine neue Bewegung in die Diskussion kommt; dennexternen Druck erhalten die Länder im Gegensatz zu an-deren Gebietskörperschaften nicht. Dem Bund schautdie EU-Kommission auf die Finger – Stichwörter:Maastricht und Strafzahlungen – und auf die Gemeindenachtet die kommunale Finanzaufsicht, während die Län-der nur ihren Wählerinnen und Wählern verantwortlichsind. Deshalb begrüße ich es sehr, dass die Diskussionüber einen nationalen Stabilitätspakt wieder aufge-kommen ist. Ich lobe ausdrücklich den sächsischen Mi-nisterpräsidenten Georg Milbradt, der diese Debatte an-gestoßen hat und mit Nachdruck vorantreibt.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Ich meine, es ist an der Zeit, dass auch wir, diesesHohe Haus, uns mit diesem Thema beschäftigen. Wersonst, wenn nicht wir, die große Koalition mit diesenMehrheiten im Bundestag und im Bundesrat, sollte dieKraft haben, ein solches Vorhaben anzustoßen? Seit derdeutschen Wiedervereinigung wissen wir doch, wie engZeitfenster für solch große Vorhaben sein können. Las-sen Sie uns also die Gelegenheit nutzen und dies tun. Ichmeine, wenn wir dies engagiert anpacken, dann könntedaraus sogar eine der historischen Leistungen der großenKoalition dieser Legislaturperiode erwachsen. Ich plä-diere dafür.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zu den langfristigen Problemen, die ich aufgezeigthabe, kommt noch die demografische Entwicklung, diewir alle kennen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass inZukunft eine schrumpfende Zahl von Mitbürgern diederzeit immer noch steigenden Lasten der Vergangenheitabtragen muss. Auch dadurch wird die Situation ver-schärft. Gleichzeitig müssen wir natürlich auch die der-zeit bestehenden Haushaltsrisiken in unserer Finanz-und Haushaltspolitik beachten. Lassen Sie mich noch ei-nige Beispiele nennen.

Die Eckpunkte der geplanten Gesundheitsreform wer-den demnächst offen gelegt. Ich bin überzeugt davon,dass das nicht ohne Auswirkungen auf die Haushaltebleiben wird. Auch bei Hartz IV lauern noch Gefahren,auf die wir im Laufe dieses Jahres vermutlich noch wer-den eingehen müssen. Die Zinsausgaben, die allein indiesem Jahr bei 40 Milliarden Euro liegen, unterliegenselbstverständlich Zinsschwankungen. Ich will mir nichtvorstellen, was passieren würde, wenn wir nur 1 Prozenthöhere Zinsen zahlen müssten.

Mein Fazit: Die Haushälter der großen Koalition, aberauch das gesamte Parlament, wir alle – das Haushalts-recht ist ja das Königsrecht des Parlaments –, haben beider Erstellung der Haushaltsentwürfe für die kommen-den Jahre eine große Verantwortung zu tragen.

Durch die Beratungen haben wir in diesem Haus-halt 2006 neue Schwerpunkte gesetzt. Wir haben denEntwurf der Bundesregierung bearbeitet und – das sollteman auch nicht verschweigen – die Neuverschuldung re-duziert. Herr Kollege Fricke, daneben haben wir die In-

vestitionsquote erhöht. Das ist die Leistung der Parla-mentarier, die ich einmal ganz bewusst benennenmöchte.

(Otto Fricke [FDP]: Ihr habt die Summe er-höht, nicht die Quote!)

Außerdem haben wir strukturell umgesteuert. Wir habendie Versorgungsleistungen des Bundes dezentralisiert,also wieder den einzelnen Häusern zugewiesen. Ich binüberzeugt, dass sich auch dies positiv auf die Haushalts-disziplin auswirken wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deshalb komme ich zu dem Resümee, dass diesegroße Koalition ihre erste große Bewährungsprobe, dieAufstellung des 06er-Haushalts, bestanden hat. Das gibtuns Mut und Kraft, die noch schwierigere Aufgabe derAufstellung des 07er-Haushaltes engagiert anzugehen.

An dieser Stelle möchte ich dann doch gerne wiederauf den Fußball zurückkommen: Genauso geschlossen,entschlossen und zuversichtlich, wie die gesamte deut-sche Fangemeinde hinter der deutschen Nationalmann-schaft steht, werden wir Großkoalitionäre auch hinter Ih-nen, verehrter Herr Finanzminister Steinbrück, undhinter unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel stehen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

wenn es darum gehen wird, die ganzen Partikularinteres-sen abzuwehren und solide Haushalte vorzulegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich erteile nun dem Kollegen Gunter Weißgerber,

SPD-Fraktion, das Wort.

Gunter Weißgerber (SPD): Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Peter Struck

sprach diese Woche davon, dass es für ihn eine völligneue Erfahrung sei, in einer großen Koalition Haushalts-beratungen durchzuführen. Ich muss sagen: Es gibt hierim Plenum einige Kollegen, die diese Erfahrung schoneinmal gemacht haben. In der letzten frei gewähltenVolkskammer kam es auch zu Haushaltsberatungen. Eskam zu einer ersten Lesung. Es kam auch zu Haushalts-ausschussberatungen. Aber zur zweiten und dritten Le-sung ist es nicht mehr gekommen. Die deutsche Einheitkam dazwischen. Das war gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Anders als damals werden wir unseren Haushalt ins Ge-setzblatt bringen.

(Ulrike Flach [FDP]: Sehen wir einmal!)

Vor dem Hintergrund der Reformen der letzten Jahreund der falschen Behauptungen, wir betrieben eine unso-ziale Politik, habe ich mir einige Ausgabeposten desersten gesamtdeutschen Bundeshaushaltes angesehen.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3893

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Gunter Weißgerber

1991 veranschlagte das Arbeits- und Sozialministeriumrund 45 Milliarden Euro. Heute sind es 120 MilliardenEuro. Für diesen Bereich betrug der Etat 1991 rund21 Prozent an den damals rund 209 Milliarden Euro Ge-samtausgaben des Bundeshaushalts. Für 2006 liegt derAnteil bei 46 Prozent an den jetzt 261,7 Milliarden EuroGesamtausgaben des Bundeshaushalts. Wer von einemunsozialen Staat spricht und es eigentlich besser weiß,der führt die Menschen bewusst hinter die Fichte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Für Verkehr und Bau wurden 1991 22 MilliardenEuro eingeplant. Für 2006 rechnen wir mit 24 MilliardenEuro. Eigentlich müssten wir die 3,3 Milliarden Euroaus dem Investitionsförderungsgesetz hinzurechnen, diedie Länder seit 2003 überwiesen bekommen. Dann lägenwir bei 27 Milliarden Euro. Auch das ist eine Steigerungauf sehr hohem Niveau.

1991 sah der Etat des Verteidigungsministeriums– der immer eine Fundgrube für Finanzierungsvor-schläge ist – 27 Milliarden Euro vor. Heute rechnen wirmit 24 Milliarden Euro. Das ist eine klare Absenkung.Gemessen an den weltweit hinzugekommenen Aufgabenin diesem Bereich kann nur von einer gewaltigen Konso-lidierung und Effizienzsteigerung gesprochen werden,an der zwei SPD-Verteidigungsminister maßgeblich be-teiligt waren.

(Beifall bei der SPD)

Die Zinsen für die Bundesschulden sollten sich 1991auf 26 Milliarden Euro belaufen. Für 2006 rechnen wirmit 39 Milliarden Euro. Wir alle wissen, dass wir in derSchuldenfalle sitzen.

Für die deutsche Einheit sind noch immer die Investi-tionen in die Verkehrsinfrastruktur von besondererBedeutung. 2019 läuft der Solidarpakt aus. Bis dahinmüssen endgültig alle Verkehrsprojekte „Deutsche Ein-heit“ realisiert sein. Spätestens 2019 müssen die ostdeut-schen Bundesländer – dann ohne zusätzliche Hilfen – diegleichen Chancen wie die westdeutschen Länder haben.Zur Chancengleichheit trägt eine ausgezeichnete Ver-kehrsinfrastruktur maßgeblich bei. Das ist eine Binsen-weisheit.

Gut zu hören, dass der Bundesverkehrsminister in-zwischen sogar davon ausgeht, dass das finanziellschwierigste Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, dieSchienenverbindungen 8.1 und 8.2 Nürnberg–Erfurt–Halle/Leipzig, bereits bis 2017 realisiert sein könnte. Vo-raussetzung hierfür ist allerdings, dass von den 4,3 Mil-liarden Euro, die nach den Genshagener Beschlüssenzum Rahmenplan Verkehr 2006 bis 2010 zusätzlich be-reitgestellt werden, auch für diesen Streckenausbau Mit-tel zur Verfügung stehen.

Am Beispiel meiner Region Leipzig-Halle lässt sichder Chancenzuwachs für eine infrastrukturell entwi-ckelte Region bereits heute leicht nachvollziehen. BMW,Porsche und DHL sind nach Leipzig gekommen, weildie Verkehrsinfrastruktur hier bereits jetzt hervorragendist und sie im Vollzug der VDE-Projekte ausgezeichnet

werden wird. Natürlich können auch etliche andere ost-deutsche Regionen ebenso beispielhaft herangezogenwerden. Mit dieser guten Infrastruktur sind selbstver-ständlich noch lange nicht alle Probleme gelöst. Dochergeben sich auf der Grundlage einer modernen Ver-kehrsinfrastruktur große Chancen und Möglichkeiten.

Auf Ostdeutschland bezogen muss dies heißen: LiebeLandsleute im Westen und im Osten der Republik,möchtet ihr in Zukunft auch ostdeutsche Geberländer imgesamtdeutschen Länderfinanzausgleich versammelt se-hen? Dann nehmt die Lasten noch einige Zeit in Kauf.Gemeinsam schaffen wir in der Republik das, was derFußball derzeit in der Fußballwelt schafft: ein sympathi-sches gesamtdeutsches Gefühl.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Innerdeutsch haben wir noch eine Aufgabe vor uns,die es endlich und endgültig zu erledigen gilt. Ich meinedie SED-Opfer-Entschädigung, in der Öffentlichkeitauch als Opferrentendiskussion bekannt. Das ist eher einThema für den Haushalt 2007. Allerdings haben wir ge-rade den 17. Juni hinter uns gebracht, mit allen dazuge-hörigen Diskussionen. Ich denke, die betroffenen Men-schen erwarten auch diesbezüglich ein Signal.

Richtig ist: Seit 1990 wurde in diesem Bereich vielgetan. Wir haben die Haftentschädigung, den Ausgleichberuflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Ver-folgung und vieles andere geregelt. Viele SED-Opfer le-ben dennoch unter sozial schwierigeren Verhältnissen alsihre früheren Drangsalierer. Das darf nicht so bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Deshalb haben wir uns innerhalb der Koalition daraufverständigt, dieses Defizit endlich aus der Welt zu schaf-fen. Ob es letztlich auf eine Opferrente, einen Zuschlagnach Bedürftigkeit oder eine andere Lösung hinauslau-fen wird, werden unsere Diskussionen und die parlamen-tarischen Beratungen ergeben. Ich sage aber noch ein-mal: Wir werden das bis zum Ende dieses Jahresgemeinsam regeln.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Der Bundeshaushalt 2006 ist ein realistischer Haus-halt. Er ist ein Haushalt des Übergangs. Er bietet dieGrundlage zur weiteren Konsolidierung der Staatsfinan-zen und zur Einhaltung der Maastrichtdefizitgrenze abdem Jahr 2007, eventuell schon ab 2006.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Letzter Redner in der Haushaltsdebatte ist der Kol-

lege Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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3894 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

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Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Zunächst möchte ich mich beim Sekretariat undbeim Haushaltsminister dafür bedanken, dass man unsso fleißig zugearbeitet hat. Wie Sie wissen, geht in derPolitik nichts ohne die fleißigen Bienchen im Hinter-grund.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Politik beginnt mit der Betrachtung der Realität, ganzegal, wie man sie beschreibt; das gilt für uns alle. Täg-lich können wir Meldungen zur Kenntnis nehmen, in de-nen es heißt, dass sich die wirtschaftliche Situation ver-bessert. Der Abbau der Arbeitsplätze ist gestoppt.Offensichtlich sind wir aus der Negativspirale herausge-kommen. Das heißt nicht, dass wir schon dort sind, wowir sein möchten. Aber immerhin haben wir den Nega-tivtrend gebrochen. Das ist ein Zeichen für einen Stim-mungswandel in unserem Land. Auch das gehört zurBetrachtung der Realität.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wichtig für die Schaffung von Wachstum sind ausge-glichene öffentliche Finanzen. Das lehrt uns die Wissen-schaft und das zeigt der Blick in andere Länder. Nurdann, wenn beides gewährleistet ist, kann es zu einerAufwärtsentwicklung kommen. Genau das ist die Dop-pelaufgabe, die sich uns zur Stunde stellt: auf der einenSeite die Sanierung der Haushalte, auf der anderen Seitedie Pflege der Binnenkonjunktur; der Export läuft ohne-hin gut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Leider können wir diese zwei Ziele nicht, wie uns man-che Wissenschaftler empfehlen, nacheinander angehen,sondern wir müssen sie gleichzeitig in Angriff nehmen.Deshalb haben wir Schwierigkeiten.

Ich will deutlich beschreiben, wo wir stehen: DieAusgaben betragen 262 Milliarden Euro, die ordentli-chen Einnahmen 193 Milliarden Euro. Das heißt, es feh-len 69 Milliarden Euro. Wer jetzt meint, wir könntendiese Lücke in einem Schritt schließen, der muss sich dieAusgaben vergegenwärtigen: 80 Milliarden Euro für dieRente, 38 Milliarden Euro für den Arbeitsmarkt,40 Milliarden Euro für die Zinsen und 24 MilliardenEuro für die Bundeswehr. Der Block, den man noch be-einflussen kann, hat eine Größenordnung von 79 Milliar-den Euro. Die bestehende Lücke ist fast genauso groß.Deswegen können wir uns diesem Ziel nur in Schrittennähern. Genau das tut die Koalition.

Der Finanzminister hat vorhin aufgezählt, welcheMaßnahmen wir schon auf den Weg gebracht haben.Aber es darf nicht so bleiben, dass wir wie in der Ver-gangenheit jeden fünften Euro für Kreditzinsen ausge-ben. Das ist, als würde man sich zu Hause das Butterbrotauf Kredit kaufen und am nächsten Tag nicht wissen,wie man ihn abzahlen soll. Das kann nicht gut gehen.Deshalb muss das geändert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich kann man sich immer darüber streiten, aufwelchem Wege man das am besten erreichen kann. Da-her haben wir dazu eine Anhörung durchgeführt. In die-ser Anhörung wurde keine Alternative zu unseren Vor-schlägen genannt. Sie wurden allenfalls kritisiert. Werdie Mehrwertsteuererhöhung kritisiert, der muss aberauch sagen – das gehört zur vollen Wahrheit –, dass derreduzierte Mehrwertsteuersatz nicht angehoben wird unddass zwei Drittel der Ausgaben der Haushalte mit gerin-gem Einkommen von der Mehrwertsteuererhöhungüberhaupt nicht berührt werden, weil es sich dabei umAusgaben für solche Güter handelt, auf die entweder derreduzierte Mehrwertsteuersatz zu zahlen ist oder dieüberhaupt nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Auchdas muss gesagt werden, wenn man die Mehrwertsteuer-erhöhung kritisiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Aus diesem Grund hat das Ifo-Institut festgestellt, dassdie Mehrwertsteuererhöhung die Konjunktur nicht nach-haltig schädigen wird. Deswegen ist dies ein verantwort-licher Schritt.

Die Opposition kritisiert, dass wir die Nettoneuver-schuldung nicht so stark gesenkt haben, wie wir das vor-hatten. Nehmen Sie bitte schön zur Kenntnis, dass unsallein während des Beratungsverfahrens 4 MilliardenEuro an zusätzlichen Ausgaben ins Haus gehagelt sind,die wir nicht einfach so kompensieren konnten. Sie be-klagen, der Haushalt sei verfassungswidrig; wir sehendas übrigens nicht so. Auch Ihre Vorschläge hätten denHaushalt, in Summe, nach Ihrer Lesart nicht verfas-sungsgemäß gemacht. Wir hätten dieses Ziel also garnicht erreichen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Kritiker ist je-mand, der sehr böse wird, wenn dem Publikum etwas ge-fällt, was er nicht mag – genau deswegen schimpft dieOpposition so auf uns ein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder SPD – Ulrike Flach [FDP]: Und was solldas sein, Herr Fromme?)

Herr Koppelin, Sie haben uns ein Sparbuch über-reicht. Zunächst war ich groß in Sorge, ob sich der Fi-nanzminister nicht ganz schnell beim Bundestagspräsi-denten melden muss, weil er ein Geschenk von Wertbekommen hat. Aber auf Ihrem Sparbuch war leidernichts drauf, weswegen wir damit zur Sanierung nichtsanfangen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von derFDP, schauen wir uns doch einmal Ihre Sparvorschlägean: Sie schlagen zum Beispiel vor, bei den Rüstungsaus-gaben zu kürzen, wohl wissend, dass dann eine Vertrags-strafe fällig würde. Was macht das denn für einen Sinn?Man müsste diese Strafe zahlen, hätte aber nicht einmaldas Gut, das man so später wenigstens verkaufen kann.

Frau Lührmann, Sie haben die Frage der Subventio-nierung der Steinkohle angesprochen. Wer hat denn denrechtskräftigen Bescheid ausgestellt, sodass wir heute

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3895

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Jochen-Konrad Fromme

nicht so stark kürzen können, wie wir das eigentlichmöchten? Das waren doch Sie: als Sie noch mit an derRegierung waren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Fromme, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Koppelin?

(Zurufe: Nein! – Hartwig Fischer [Göttingen][CDU/CSU]: Jochen, mach dich nicht unbe-liebt!)

Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Aber bitte.

Präsident Dr. Norbert Lammert: Im Übrigen bitte ich all die Kollegen, die offenkundig

keine Zwischenfrage stellen wollen, nicht durch unnöti-ges Herumstehen diesen falschen Eindruck zu erwecken.

(Heiterkeit)

Bitte schön.

Jürgen Koppelin (FDP): Kollege Fromme, Sie haben etwas zu den Vorschlä-

gen der FDP zur Kürzung bei den Rüstungsausgaben ge-sagt. Darf ich Sie daran erinnern, dass gleich lautendeAnträge von der Union ein Jahr zuvor gestellt wordensind?

Würden Sie bitte auch noch etwas zu unseren 60 An-trägen sagen – original CDU-Anträge –, die wir schon inder Oppositionszeit gemeinsam gestellt haben und dieSie jetzt abgelehnt haben? Sind unsere Anträge etwa un-solide gewesen?

Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Aber Herr Kollege Koppelin! Wir befinden uns doch

in genau derselben Situation wie Ihre Parteifreunde inNordrhein-Westfalen:

Erstens. Zwischen dem Zeitpunkt, als wir die Anträgegestellt haben, und heute hat sich die Lage an vielenPunkten stark verändert.

(Lachen bei Abgeordneten der FDP)

So habe ich eben schon von den zusätzlichen Aufwen-dungen für den Arbeitsmarkt in Höhe von4 Milliarden Euro gesprochen, die uns überrascht haben.

Zweitens muss man doch sehen: Wenn man in der Re-gierung ist, kann man nicht alle Dinge machen, die sichbei idealistischer und vordergründiger Betrachtung inder Opposition leicht angehen lassen.

(Ulrike Flach [FDP]: Oh!)

Es gab einmal einen Spruch in der Werbung: Mühe al-lein reicht nicht. – Genau so ist es mit Ihrem Sparbuch.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben ge-spart: Wir haben bei den Verwaltungsausgaben des Bun-des, die 15 Milliarden Euro betragen, 1 Milliarde Euroweggenommen – und das in einem Jahr! Das ist ein har-ter Einschnitt gegenüber unserem Personal. Wenn daskeine Sparmaßnahme ist, dann weiß ich auch nicht! Wirhaben die Versorgungsaufwendungen bewusst in dieEinzeletats aufgenommen, weil wir für mehr Transpa-renz sorgen wollen, damit sparsamer mit diesen Dingenumgegangen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Kollege Döring, Sie haben hier kritisiert, dassdie Länder bei den Regionalisierungsmitteln gar nicht sostark einsparen könnten, wie wir das ursprünglich vorge-sehen haben. Da kann ich nur sagen: Das kann nur Län-dern passieren, die auf dem Baum geschlafen haben. SeitJahren gibt es eine Diskussion über die Angemessenheitder Regionalisierungsmittel. Seit Jahren haben die Län-der diese Revision verzögert: weil sie wussten, sie be-kommen zu viel. Im Übrigen haben die Länder dieKoalitionsvereinbarung begleitet. Sie wissen also seit ei-nem Dreivierteljahr, was auf sie zukommt. Deswegenkann das so kein Argument sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Leider können wir den Haushalt nicht so sanieren,Herr Kollege Koppelin, wie Sie das in Ihrem Verspre-cher am Mittwoch zum Ausdruck gebracht haben. Siehaben erklärt: Geld können wir nicht drucken; denn da-für brauchen wir den Minister. – Wir können eben keinGeld drucken, weil wir keine Inflation herbeiführen wol-len. Deswegen müssen wir diesen Haushalt durch Ein-sparungen solide finanzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Koalition ist gerade einmal sieben Monate amWerk. Ich erinnere alle, die jetzt ungeduldig werden, anFolgendes: Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Mankann nicht alles gleichzeitig erledigen. Wir wollen dieDinge nacheinander solide angehen, und zwar Schritt fürSchritt. Die Liste, die der Finanzminister vorhin vorgele-sen hat, war schon deutlich und beachtlich.

Aber man muss auch sehen: Das Wahlergebnis, dasuns eine große Koalition beschert hat, hat uns natürlichauch einen Zustand beschert, der nicht ganz einfach zuhandhaben ist. Hier stehen sich zwei ordnungspolitischeAnsätze gegenüber, die nur sehr schwer miteinander zuvereinbaren sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Die eine Seite will mehr Staat und die andere Seite willweniger Staat. Hier zu einem Kompromiss zu kommen,ist schwierig. Deswegen dauert manches länger, als wiruns das selber vorstellen. Aber das hat der Wähler soentschieden.

(Jürgen Koppelin [FDP]: Nein, das hat der Wähler so nicht entschieden!)

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3896 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

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Jochen-Konrad Fromme

Darüber dürfen wir uns nicht beklagen, sondern wirmüssen das zur Kenntnis nehmen und damit entspre-chend umgehen.

Geld erwerben, erfordert Klugheit. Geld bewahren,erfordert eine gewisse Weisheit. Geld schön auszugeben,ist eine Kunst. – Dieser Haushalt ist ein kleiner Schrittauf diesem Weg. Ich lade alle ein, uns auf diesem Wegzu folgen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Schlussabstimmung über dasHaushaltsgesetz 2006; Drucksachen 16/750, 16/1348,16/1301 bis 16/1313, 16/1319 bis 16/1321 und 16/1323bis 16/1326. Mir liegt gemäß § 31 der Geschäftsordnungeine persönliche Erklärung des Kollegen Dr. Peter Dan-ckert, SPD-Fraktion, zu dieser Schlussabstimmung vor.

Ich weise schon jetzt darauf hin, dass nach dieser na-mentlichen Abstimmung noch einige Abstimmungen zuEntschließungsanträgen, darunter eine weitere namentli-che Abstimmung, folgen werden.

Ich bitte die Schriftführer und Schriftführerinnen dievorgesehenen Plätze einzunehmen, damit wir zunächstdie Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2006durchführen können.

Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimmkarte nicht abgeben hat? Dann bitte ich, das jetztzu tun. – Ich sehe niemanden, der noch mit letzter An-strengung an eine Urne strebte. Dann schließe ich dieAbstimmung und bitte die Schriftführerinnen undSchriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Er-gebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gege-ben.1)

Ich bitte jetzt einen kleinen Augenblick um Aufmerk-samkeit, damit wir die wenigen verbleibenden Abstim-mungen mit einem hinreichenden gemeinsamen Ver-ständnis, worum es eigentlich geht, in Ruhe durchführenkönnen. Es gibt eine Reihe von Entschließungsanträgender FDP-Fraktion sowie der Fraktion Die Linke und derFraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Für den Entschließungsantrag der Fraktion Die Linkeist namentliche Abstimmung beantragt worden. Ich lassezunächst über die anderen Entschließungsanträge ab-stimmen und dann über den Antrag der Fraktion DieLinke.

Entschließungsantrag der FDP-Fraktion auf Druck-sache 16/1874. Wer möchte diesem Entschließungsan-trag zustimmen? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältsich der Stimme? – Der Entschließungsantrag ist mitMehrheit abgelehnt.

Entschließungsantrag der FDP-Fraktion auf Druck-sache 16/1903. Wer für diesen Entschließungsantrag

1) Ergebnis Seite 3897 A

stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist auch dieser Ent-schließungsantrag abgelehnt.

Entschließungsantrag der FDP-Fraktion auf Druck-sache 16/1904. Wer für diesen Entschließungsantragstimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch dieserAntrag ist mit einer großen Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zu zwei Entschließungsanträgen derFraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Wer stimmt fürden Entschließungsantrag auf Drucksache 16/1883? – Werstimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – DerAntrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag auf Druck-sache 16/1884? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältsich der Stimme? – Auch dieser Entschließungsantrag istabgelehnt.

Wir kommen dann zu dem Entschließungsantrag derFraktion Die Linke auf Drucksache 16/1875. Auch zudiesem Antrag ist namentliche Abstimmung beantragt.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit in-zwischen hoffentlich entleerten Abstimmungsurnen dieVoraussetzung für eine nicht wiederholungsbedürftigezweite namentliche Abstimmung zu schaffen.

Ich weise schon jetzt darauf hin, dass ich nach Ab-schluss dieser Abstimmung bis zur Vorlage der Ergeb-nisse die Sitzung unterbrechen werde. Weitere Abstim-mungen sind dann nicht mehr durchzuführen.

Sind alle Urnen besetzt? – Das scheint der Fall zusein. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Gibt es noch eine Kollegin oder einen Kollegen, derseine Stimmkarte nicht abgeben konnte? – Das scheintnicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die zweite na-mentliche Abstimmung und bitte die Schriftführerinnenund Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.2)

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe derbeiden Abstimmungsergebnisse.

(Unterbrechung von 13.14 bis 13.20 Uhr)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich begrüße alle anwesenden Kolleginnen und Kolle-gen auf das Herzlichste. Ich bitte um Verständnis, dassich im Interesse einer Beschleunigung der verbleibendenSitzung nicht jeden einzeln begrüße.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das würde nicht lange dauern!)

– Das war glücklicherweise kein Antrag, sondern einZwischenruf, der natürlich seinen verdienten Nieder-schlag im Protokoll findet.

Die beiden Abstimmungen sind wie folgt ausgegan-gen.

2) Ergebnis Seite 3899 C

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3897

(A) (C)

(B)

Präsident Dr. Norbert Lammert

Ich teile zunächst das von den Schriftführerinnen undSchriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichenSchlussabstimmung über den von der Bundesregierungeingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststel-lung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr

2006 mit. Abgegebene Stimmen 558. Mit Ja haben ge-stimmt 409, mit Nein haben gestimmt 149, Enthaltungenkeine. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ein roter Tag für Deutschland!)

(D)

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 558;davon

ja: 409nein: 149

Ja

CDU/CSU

Ulrich AdamIlse AignerPeter AlbachPeter AltmaierThomas BareißNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtClemens BinningerCarl-Eduard von BismarckRenate BlankPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerWolfgang Börnsen

(Bönstrup)Wolfgang BosbachKlaus BrähmigMichael BrandHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeMonika BrüningGitta ConnemannLeo DautzenbergHubert DeittertAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttMaria EichhornGeorg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustEnak FerlemannHartwig Fischer (Göttingen)Dirk Fischer (Hamburg)Axel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)Jochen-Konrad Fromme

Dr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Peter GauweilerDr. Jürgen GehbNorbert GeisEberhard GiengerMichael GlosRalf GöbelDr. Reinhard GöhnerJosef GöppelDr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersKarl-Theodor Freiherr zu

GuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtUda Carmen Freia HellerMichael HennrichBernd HeynemannErnst HinskenRobert HochbaumKlaus HofbauerFranz-Josef HolzenkampJoachim HörsterAnette HübingerHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Hans-Heinrich JordanAndreas Jung (Konstanz)Dr. Franz Josef JungBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterAlois KarlBernhard KasterSiegfried Kauder (Villingen-

Schwenningen)Volker KauderEckart von KlaedenJulia KlöcknerJens KoeppenKristina Köhler (Wiesbaden)Manfred KolbeNorbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina Krogmann

Johann-Henrich Krummacher

Dr. Hermann KuesAndreas G. LämmelDr. Norbert LammertKatharina LandgrafDr. Max LehmerPaul LehriederIngbert LiebingEduard LintnerPatricia LipsDr. Michael LutherStephan Mayer (Altötting)Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFriedrich MerzMaria MichalkHans MichelbachPhilipp MißfelderDr. Eva MöllringMarlene MortlerCarsten Müller

(Braunschweig)Stefan Müller (Erlangen)Bernward Müller (Gera)Hildegard MüllerBernd Neumann (Bremen)Henry NitzscheMichaela NollDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard OswaldHenning OtteRita PawelskiDr. Peter PaziorekUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippDaniela RaabThomas RachelDr. Peter RamsauerPeter RauenEckhardt RehbergKatherina Reiche (Potsdam)Klaus RiegertFranz RomerJohannes RöringKurt J. RossmanithDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckAlbert Rupprecht (Weiden)Peter RzepkaAnita Schäfer (Saalstadt)Hermann-Josef ScharfDr. Wolfgang SchäubleDr. Annette Schavan

Dr. Andreas ScheuerKarl SchiewerlingNorbert SchindlerGeorg SchirmbeckBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Andreas Schmidt (Mülheim)Ingo Schmitt (Berlin)Dr. Andreas SchockenhoffDr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianKurt SegnerBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerJens SpahnErika SteinbachChristian Freiherr von StettenGero StorjohannAndreas StormMax StraubingerThomas Strobl (Heilbronn)Lena StrothmannMichael StübgenAntje TillmannDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffGerhard WächterMarco WanderwitzKai WegnerMarcus WeinbergPeter Weiß (Emmendingen)Ingo WellenreutherKarl-Georg WellmannAnette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschElisabeth Winkelmeier-

BeckerMatthias WissmannDagmar WöhrlWolfgang ZöllerWilli Zylajew

SPD

Dr. Lale AkgünGregor AmannGerd AndresNiels AnnenIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldErnst Bahr (Neuruppin)Doris BarnettKlaus BarthelSören Bartol

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3898 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Dr. Norbert Lammert

Sabine BätzingDirk BeckerUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergUte BergPetra BierwirthLothar Binding (Heidelberg)Volker BlumentrittKurt BodewigGerd BollmannDr. Gerhard BotzKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann

(Hildesheim)Edelgard BulmahnMarco BülowUlla BurchardtMartin BurkertDr. Michael BürschChristian CarstensenMarion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannDr. Carl-Christian DresselElvira Drobinski-WeißGarrelt DuinDetlef DzembritzkiSebastian EdathySiegmund EhrmannHans EichelPetra ErnstbergerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagPeter FriedrichSigmar GabrielMartin GersterIris GleickeGünter GloserRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnKerstin GrieseGabriele GronebergAchim GroßmannWolfgang GrotthausWolfgang GunkelHans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannAlfred HartenbachMichael Hartmann

(Wackernheim)Nina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksPetra HeßGabriele Hiller-Ohm

Petra Hinz (Essen)Gerd HöferIris Hoffmann (Wismar)Frank Hofmann (Volkach)Eike HovermannKlaas HübnerChristel HummeLothar IbrüggerBrunhilde IrberJosip JuratovicJohannes KahrsUlrich KasparickDr. h.c. Susanne KastnerUlrich KelberChristian KleimingerAstrid KlugDr. Bärbel KoflerKarin KortmannRolf KramerAnette KrammeErnst KranzNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerDr. Hans-Ulrich KrügerJürgen KucharczykHelga Kühn-MengelUte KumpfDr. Uwe KüsterChristine LambrechtChristian Lange (Backnang)Dr. Karl LauterbachWaltraud LehnHelga LopezGabriele Lösekrug-MöllerDirk ManzewskiLothar MarkCaren MarksKatja MastHilde MattheisMarkus MeckelPetra Merkel (Berlin)Ulrike MertenDr. Matthias MierschUrsula MoggMarko MühlsteinDetlef Müller (Chemnitz)Michael Müller (Düsseldorf)Gesine MulthauptFranz MünteferingDr. Rolf MützenichThomas OppermannHolger OrtelHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßChristoph PriesDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeMechthild RawertSteffen Reiche (Cottbus)Maik ReichelGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-

HanewinckelWalter Riester

Sönke RixRene RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth (Esslingen)Michael Roth (Heringen)Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)Anton SchaafAxel Schäfer (Bochum)Bernd ScheelenDr. Hermann ScheerMarianne SchiederOtto SchilyUlla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)Dr. Frank SchmidtHeinz Schmitt (Landau)Carsten Schneider (Erfurt)Olaf ScholzOttmar SchreinerReinhard Schultz

(Everswinkel)Swen Schulz (Spandau)Ewald SchurerFrank SchwabeDr. Angelica Schwall-DürenDr. Martin SchwanholzRolf SchwanitzRita Schwarzelühr-SutterWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltAndreas SteppuhnLudwig StieglerRolf StöckelChristoph SträsserDr. Peter StruckJoachim StünkerDr. Rainer TabillionJörg TaussJella TeuchnerDr. h.c. Wolfgang ThierseJörn ThießenFranz ThönnesHans-Jürgen UhlRüdiger VeitSimone ViolkaDr. Marlies VolkmerHedi WegenerAndreas WeigelPetra WeisGunter WeißgerberGert Weisskirchen

(Wiesloch)Lydia WestrichDr. Margrit WetzelAndrea WickleinDr. Dieter WiefelspützEngelbert WistubaDr. Wolfgang WodargWaltraud Wollf

(Wolmirstedt)Heidi WrightUta ZapfManfred ZöllmerBrigitte Zypries

Nein

CDU/CSU

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

FDP

Jens AckermannDr. Karl AddicksChristian AhrendtDaniel Bahr (Münster)Uwe BarthErnst BurgbacherPatrick DöringMechthild DyckmansJörg van EssenUlrike FlachOtto FrickePaul K. FriedhoffHorst Friedrich (Bayreuth)Dr. Edmund Peter GeisenHans-Michael GoldmannMiriam GrußJoachim Günther (Plauen)Dr. Christel Happach-KasanBirgit HomburgerMichael KauchDr. Heinrich L. KolbHellmut KönigshausGudrun KoppJürgen KoppelinHeinz LanfermannSibylle LaurischkHarald LeibrechtIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerMichael Link (Heilbronn)Markus LöningPatrick MeinhardtJan MückeBurkhardt Müller-SönksenDetlef ParrCornelia PieperGisela PiltzJörg RohdeFrank SchäfflerDr. Konrad SchilyMarina SchusterDr. Max StadlerFlorian ToncarChristoph WaitzDr. Guido WesterwelleDr. Claudia WintersteinDr. Volker WissingHartfrid Wolff (Rems-Murr)Martin Zeil

DIE LINKE

Hüseyin-Kenan AydinKarin BinderDr. Lothar BiskyHeidrun BluhmEva Bulling-SchröterDr. Martina BungeRoland ClausSevim DagdelenDr. Diether Dehm

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3899

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(B)

Präsident Dr. Norbert Lammert

Werner DreibusDr. Dagmar EnkelmannKlaus ErnstWolfgang GehrckeDiana GolzeDr. Gregor GysiHeike HänselLutz HeilmannHans-Kurt HillCornelia HirschDr. Barbara HöllUlla JelpkeDr. Lukrezia JochimsenDr. Hakki KeskinKatja KippingMonika KnocheJan KorteKatrin KunertOskar LafontaineMichael LeutertUlla LötzerDr. Gesine LötzschDorothee MenznerKornelia Möller

Kersten NaumannWolfgang NeskovicDr. Norman PaechPetra PauBodo RamelowElke ReinkePaul Schäfer (Köln)Volker Schneider

(Saarbrücken)Dr. Herbert SchuiDr. Ilja SeifertDr. Petra SitteFrank SpiethDr. Kirsten TackmannAlexander UlrichJörn WunderlichSabine Zimmermann

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kerstin AndreaeVolker Beck (Köln)Cornelia BehmBirgitt Bender

Matthias BerningerGrietje BettinAlexander BondeEkin DeligözDr. Thea DückertDr. Ursula EidHans Josef FellJoseph Fischer (Frankfurt)Kai GehringKatrin Göring-EckardtAnja HajdukBritta HaßelmannWinfried HermannPeter HettlichPriska Hinz (Herborn)Ulrike HöfkenBärbel HöhnThilo HoppeUte KoczySylvia Kotting-UhlFritz KuhnRenate KünastUndine Kurth (Quedlinburg)Markus Kurth

Monika LazarDr. Reinhard LoskeAnna LührmannJerzy MontagKerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiBrigitte PothmerClaudia Roth (Augsburg)Krista SagerElisabeth ScharfenbergChristine ScheelIrmingard Schewe-GerigkDr. Gerhard SchickRainder SteenblockSilke Stokar von NeufornHans-Christian StröbeleDr. Harald TerpeJürgen TrittinWolfgang WielandJosef Philip WinklerMargareta Wolf (Frankfurt)

fraktionslos

Gert Winkelmeier

(D)

Nun das von den Schriftführerinnen und Schriftfüh-rern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Entschließungsantrag der AbgeordnetenDr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Roland Clausund anderer namentlich aufgeführter Mitglieder sowieder Fraktion Die Linke zur dritten Beratung des von der

Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzesüber die Feststellung des Bundeshaushaltsplans. Abge-gebene Stimmen 556. Mit Ja haben gestimmt 50, mitNein haben gestimmt 506, Enthaltungen keine. Damit istdieser Entschließungsantrag abgelehnt.

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 556;davon

ja: 50nein: 506

Ja

DIE LINKE

Hüseyin-Kenan AydinKarin BinderDr. Lothar BiskyHeidrun BluhmEva Bulling-SchröterDr. Martina BungeRoland ClausSevim DagdelenDr. Diether DehmWerner DreibusDr. Dagmar EnkelmannKlaus ErnstWolfgang GehrckeDiana GolzeDr. Gregor GysiHeike HänselLutz Heilmann

Hans-Kurt HillCornelia HirschDr. Barbara HöllUlla JelpkeDr. Lukrezia JochimsenDr. Hakki KeskinKatja KippingMonika KnocheJan KorteKatrin KunertOskar LafontaineMichael LeutertUlla LötzerDr. Gesine LötzschDorothee MenznerKornelia MöllerKersten NaumannWolfgang NeskovicDr. Norman PaechPetra PauBodo RamelowElke ReinkePaul Schäfer (Köln)Volker Schneider

(Saarbrücken)Dr. Herbert SchuiDr. Ilja Seifert

Dr. Petra SitteDr. Kirsten TackmannAlexander UlrichJörn WunderlichSabine Zimmermann

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Winfried Nachtwei

fraktionslos

Gert Winkelmeier

Nein

CDU/CSU

Ulrich AdamIlse AignerPeter AlbachPeter AltmaierThomas BareißNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannVeronika Bellmann

Dr. Christoph BergnerOtto BernhardtClemens BinningerCarl-Eduard von BismarckRenate BlankPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerWolfgang Börnsen

(Bönstrup)Wolfgang BosbachKlaus BrähmigMichael BrandHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeMonika BrüningGitta ConnemannLeo DautzenbergHubert DeittertAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttMaria EichhornGeorg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustEnak Ferlemann

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3900 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Dr. Norbert Lammert

Hartwig Fischer (Göttingen)Dirk Fischer (Hamburg)Axel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)Jochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Peter GauweilerDr. Jürgen GehbNorbert GeisEberhard GiengerMichael GlosRalf GöbelDr. Reinhard GöhnerJosef GöppelDr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersKarl-Theodor Freiherr zu

GuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtUda Carmen Freia HellerMichael HennrichBernd HeynemannErnst HinskenRobert HochbaumKlaus HofbauerFranz-Josef HolzenkampJoachim HörsterAnette HübingerHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Hans-Heinrich JordanAndreas Jung (Konstanz)Dr. Franz Josef JungBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterAlois KarlBernhard KasterSiegfried Kauder (Villingen-

Schwenningen)Volker KauderEckart von KlaedenJulia KlöcknerJens KoeppenKristina Köhler (Wiesbaden)Manfred KolbeNorbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter Krings

Dr. Martina KrogmannJohann-Henrich

KrummacherDr. Hermann KuesAndreas G. LämmelDr. Norbert LammertKatharina LandgrafDr. Max LehmerPaul LehriederIngbert LiebingEduard LintnerPatricia LipsDr. Michael LutherStephan Mayer (Altötting)Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFriedrich MerzMaria MichalkHans MichelbachPhilipp MißfelderDr. Eva MöllringMarlene MortlerCarsten Müller

(Braunschweig)Stefan Müller (Erlangen)Bernward Müller (Gera)Hildegard MüllerBernd Neumann (Bremen)Henry NitzscheMichaela NollDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard OswaldHenning OtteRita PawelskiDr. Peter PaziorekUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippDaniela RaabThomas RachelDr. Peter RamsauerPeter RauenEckhardt RehbergKatherina Reiche (Potsdam)Klaus RiegertFranz RomerJohannes RöringKurt J. RossmanithDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckAlbert Rupprecht (Weiden)Peter RzepkaAnita Schäfer (Saalstadt)Hermann-Josef ScharfDr. Wolfgang SchäubleDr. Annette SchavanDr. Andreas ScheuerKarl SchiewerlingNorbert SchindlerGeorg SchirmbeckBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Andreas Schmidt (Mülheim)Ingo Schmitt (Berlin)

Dr. Andreas SchockenhoffDr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianKurt SegnerBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerJens SpahnErika SteinbachChristian Freiherr von StettenGero StorjohannAndreas StormMax StraubingerThomas Strobl (Heilbronn)Lena StrothmannMichael StübgenAntje TillmannDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffGerhard WächterMarco WanderwitzKai WegnerMarcus WeinbergPeter Weiß (Emmendingen)Gerald Weiß (Groß-Gerau)Ingo WellenreutherKarl-Georg WellmannAnette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschElisabeth Winkelmeier-

BeckerMatthias WissmannDagmar WöhrlWolfgang ZöllerWilli Zylajew

SPD

Dr. Lale AkgünGregor AmannGerd AndresNiels AnnenIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldErnst Bahr (Neuruppin)Doris BarnettKlaus BarthelSören BartolSabine BätzingDirk BeckerUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergUte BergPetra BierwirthLothar Binding (Heidelberg)Volker BlumentrittKurt BodewigGerd BollmannDr. Gerhard BotzKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann

(Hildesheim)Edelgard Bulmahn

Marco BülowUlla BurchardtMartin BurkertDr. Michael BürschChristian CarstensenMarion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannDr. Carl-Christian DresselElvira Drobinski-WeißGarrelt DuinDetlef DzembritzkiSebastian EdathySiegmund EhrmannHans EichelPetra ErnstbergerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagPeter FriedrichSigmar GabrielMartin GersterIris GleickeGünter GloserRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnKerstin GrieseGabriele GronebergAchim GroßmannWolfgang GrotthausWolfgang GunkelHans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannAlfred HartenbachMichael Hartmann

(Wackernheim)Nina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksPetra HeßGabriele Hiller-OhmPetra Hinz (Essen)Gerd HöferIris Hoffmann (Wismar)Frank Hofmann (Volkach)Eike HovermannKlaas HübnerChristel HummeLothar IbrüggerBrunhilde IrberJosip JuratovicJohannes KahrsUlrich KasparickDr. h.c. Susanne KastnerUlrich KelberChristian KleimingerAstrid KlugDr. Bärbel Kofler

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3901

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Dr. Norbert Lammert

Karin KortmannRolf KramerAnette KrammeErnst KranzNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerDr. Hans-Ulrich KrügerJürgen KucharczykHelga Kühn-MengelUte KumpfDr. Uwe KüsterChristine LambrechtChristian Lange (Backnang)Dr. Karl LauterbachWaltraud LehnHelga LopezGabriele Lösekrug-MöllerDirk ManzewskiLothar MarkCaren MarksKatja MastHilde MattheisMarkus MeckelPetra Merkel (Berlin)Ulrike MertenDr. Matthias MierschUrsula MoggMarko MühlsteinDetlef Müller (Chemnitz)Michael Müller (Düsseldorf)Gesine MulthauptFranz MünteferingDr. Rolf MützenichThomas OppermannHolger OrtelHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßChristoph PriesDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeMechthild RawertSteffen Reiche (Cottbus)Maik ReichelGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-

HanewinckelWalter RiesterSönke RixRene RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth (Esslingen)Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

Anton SchaafAxel Schäfer (Bochum)Bernd ScheelenDr. Hermann ScheerMarianne SchiederOtto SchilyUlla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)Dr. Frank SchmidtHeinz Schmitt (Landau)Carsten Schneider (Erfurt)Olaf ScholzOttmar SchreinerReinhard Schultz

(Everswinkel)Swen Schulz (Spandau)Ewald SchurerFrank SchwabeDr. Angelica Schwall-DürenDr. Martin SchwanholzRolf SchwanitzRita Schwarzelühr-SutterWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltAndreas SteppuhnLudwig StieglerRolf StöckelChristoph SträsserDr. Peter StruckJoachim StünkerDr. Rainer TabillionJörg TaussJella TeuchnerDr. h.c. Wolfgang ThierseJörn ThießenFranz ThönnesHans-Jürgen UhlRüdiger VeitSimone ViolkaDr. Marlies VolkmerHedi WegenerAndreas WeigelPetra WeisGunter WeißgerberGert Weisskirchen

(Wiesloch)Lydia WestrichDr. Margrit WetzelAndrea WickleinDr. Dieter WiefelspützEngelbert WistubaDr. Wolfgang Wodarg

Waltraud Wollf (Wolmirstedt)

Heidi WrightUta ZapfManfred ZöllmerBrigitte Zypries

FDP

Jens AckermannDr. Karl AddicksChristian AhrendtDaniel Bahr (Münster)Uwe BarthErnst BurgbacherPatrick DöringMechthild DyckmansJörg van EssenUlrike FlachOtto FrickePaul K. FriedhoffHorst Friedrich (Bayreuth)Dr. Edmund Peter GeisenHans-Michael GoldmannMiriam GrußJoachim Günther (Plauen)Dr. Christel Happach-KasanBirgit HomburgerMichael KauchDr. Heinrich L. KolbHellmut KönigshausGudrun KoppJürgen KoppelinHeinz LanfermannSibylle LaurischkHarald LeibrechtIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerMichael Link (Heilbronn)Markus LöningPatrick MeinhardtJan MückeBurkhardt Müller-SönksenDetlef ParrCornelia PieperGisela PiltzJörg RohdeFrank SchäfflerDr. Konrad SchilyMarina SchusterDr. Max StadlerFlorian ToncarChristoph WaitzDr. Guido WesterwelleDr. Claudia Winterstein

Dr. Volker WissingHartfrid Wolff (Rems-Murr)Martin Zeil

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kerstin AndreaeVolker Beck (Köln)Cornelia BehmBirgitt BenderMatthias BerningerGrietje BettinAlexander BondeEkin DeligözDr. Thea DückertDr. Ursula EidHans Josef FellJoseph Fischer (Frankfurt)Kai GehringKatrin Göring-EckardtAnja HajdukBritta HaßelmannWinfried HermannPeter HettlichPriska Hinz (Herborn)Ulrike HöfkenBärbel HöhnThilo HoppeUte KoczySylvia Kotting-UhlFritz KuhnRenate KünastUndine Kurth (Quedlinburg)Markus KurthMonika LazarDr. Reinhard LoskeAnna LührmannJerzy MontagKerstin Müller (Köln)Brigitte PothmerClaudia Roth (Augsburg)Krista SagerElisabeth ScharfenbergChristine ScheelIrmingard Schewe-GerigkDr. Gerhard SchickRainder SteenblockSilke Stokar von NeufornHans-Christian StröbeleDr. Harald TerpeJürgen TrittinWolfgang WielandJosef Philip WinklerMargareta Wolf (Frankfurt)

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-ordnung.

Wie versprochen wünsche ich Ihnen allen, stellvertre-tend auch für diejenigen, die leider nicht mehr dabei seinkönnen, ein besonders schönes Wochenende, verbundenmit der ausdrücklichen Hoffnung, dass die Ereignisse inden Stadien und außerhalb der Stadien die außergewöhn-lich freundliche, wenn nicht euphorische Stimmung,

über die wir uns in den ersten beiden Wochen so gefreuthaben, in die nächste Woche retten.

Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 28.Juni 2006, 13 Uhr, ein.

Alles Gute!Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluss: 13.22 Uhr)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3903

(A) (C)

(B)

Anlagen zum Stenografischen Bericht

Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten

(D)

Abgeordnete(r)entschuldigt biseinschließlich

Bär, Dorothee CDU/CSU 23.06.2006

Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 23.06.2006

Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 23.06.2006

Bollen, Clemens SPD 23.06.2006

Brunnhuber, Georg CDU/CSU 23.06.2006

Evers-Meyer, Karin SPD 23.06.2006

Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 23.06.2006

Fischbach, Ingrid CDU/CSU 23.06.2006

Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 23.06.2006

Götz, Peter CDU/CSU 23.06.2006

Haustein, Heinz-Peter FDP 23.06.2006

Heinen, Ursula CDU/CSU 23.06.2006

Herrmann, Jürgen CDU/CSU 23.06.2006*

Hilsberg, Stephan SPD 23.06.2006

Höger-Neuling, Inge DIE LINKE 23.06.2006

Hoff, Elke FDP 23.06.2006

Dr. Hoyer, Werner FDP 23.06.2006*

Klose, Hans-Ulrich SPD 23.06.2006

Kolbow, Walter SPD 23.06.2006

Dr. Lamers (Heidelberg), Karl

CDU/CSU 23.06.2006*

Maurer, Ulrich DIE LINKE 23.06.2006

Meierhofer, Horst FDP 23.06.2006

Niebel, Dirk FDP 23.06.2006

Otto (Frankfurt), Hans-Joachim

FDP 23.06.2006

Runde, Ortwin SPD 23.06.2006

Schauerte, Hartmut CDU/CSU 23.06.2006

Schmidt (Nürnberg), Renate

SPD 23.06.2006

Tillmann, Antje CDU/CSU 23.06.2006

Dr. Troost, Axel DIE LINKE 23.06.2006

* für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-sammlung der NATO

Anlage 2

Erklärung

des Abgeordneten Wilhelm Josef Sebastian(CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmungüber den Antrag: Neubesetzung des Amtes desKoordinators für die deutsch-russische zwi-schengesellschaftliche Zusammenarbeit (39. Sit-zung, Zusatztagesordnungspunkt 2)

In der Ergebnisliste ist mein Name nicht aufgeführt.Mein Votum lautet Nein.

Anlage 3

Erklärung

des Abgeordneten Herbert Frankenhauser(CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmungüber den Änderungsantrag der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Beratungdes Entwurfs eines Gesetzes über die Fest-stellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006);Einzelplan 06 – Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums des Innern (40. Sitzung, Tagesord-nungspunkt I.11)

In der Ergebnisliste ist mein Name nicht aufgeführt.Mein Votum lautet Ja.

Anlage 4

Erklärung

des Abgeordneten Dr. Peter Danckert (SPD) zurnamentlichen Abstimmung über den Entwurfeines Gesetzes über die Feststellung des Bundes-haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006(Haushaltsgesetz 2006) (Tagesordnungspunkt II)

Ich stimme dem Bundeshaushalt zu, allerdings mitder Maßgabe, dass ich schärfstens die Kürzung der

Vogelsänger, Jörg SPD 23.06.2006

Wieczorek-Zeul, Heidemarie

SPD 23.06.2006

Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 23.06.2006

Abgeordnete(r)entschuldigt biseinschließlich

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3904 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

(A) (C)

(B) (D)

Mittel für das Sonderförderprogramm „Goldener PlanOst“ kritisiere. Hier hat der Haushaltsausschuss unter Ver-stoß gegen die Koalitionsvereinbarung (III.9) die Kürzungder Mittel von 2 Millionen Euro im Haushaltsentwurf auf2 Millionen Euro beschlossen. Dies bedeutet keine Fort-setzung des Sonderförderprogramms, sondern eine unzu-lässige Kürzung. Dem Bundesminister des Innern, Dr.Wolfgang Schäuble, danke ich für seine Bemühungen, dasProgramm von 3 auf 4 Millionen Euro aufzustocken.

Anlage 5

Erklärung

des Abgeordneten Gerald Weiß (Groß-Gerau)(CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmungüber den Entwurf eines Gesetzes über die Fest-stellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) (Ta-gesordnungspunkt II)

Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt. Mein Vo-tum lautet Ja.

Anlage 6

Erklärung

des Abgeordneten Winfried Nachtwei (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab-stimmung über den Entschließungsantrag derFraktion DIE LINKE zu dem Entwurf einesGesetzes über die Feststellung des Bundeshaus-haltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haus-haltsgesetz 2006) (Tagesordnungspunkt II)

Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt. Mein Votumlautet Nein.

Anlage 7Amtliche Mitteilungen

Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat mitSchreiben vom 31. Mai 2006 mitgeteilt, dass sie den Ent-wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Was-serverbandsgesetzes auf Drucksache 16/681 zurückzieht.

Die Fraktion Die Linke hat mit Schreiben vom20. Juni 2006 mitgeteilt, dass sie den Antrag Elterngeldsozial gestalten auf Drucksache 16/1681 zurückzieht.

Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai2006 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu-stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 desGrundgesetzes nicht zu stellen:– Gesetz über die Weitergeltung der aktuellen Ren-

tenwerte ab 1. Juli 2006– Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozia-

len Entschädigungsrechts und des Gesetzes übereinen Ausgleich von Dienstbeschädigungen imBeitrittsgebiet

– Gesetz zur Änderung und Bereinigung des Las-tenausgleichsrechts

– Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek(DNBG)

– Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Ein-spruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes

– Gesetz zur Änderung des Ölschadengesetzes undanderer schifffahrtsrechtlicher Vorschriften

– Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung– Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die

Luftaufsicht und die Luftfahrtdateien– Gesetz zur Änderung des Buchpreisbindungsge-

setzes– Gesetz zu dem Übereinkommen vom 8. Dezember

2004 über den Beitritt der Tschechischen Repu-blik, der Republik Estland, der Republik Zypern,der Republik Lettland, der Republik Litauen, derRepublik Ungarn, der Republik Malta, der Repu-blik Polen, der Republik Slowenien und der Slo-wakischen Republik zu dem Übereinkommenüber die Beseitigung der Doppelbesteuerung imFalle von Gewinnberichtigungen zwischen ver-bundenen Unternehmen

– Gesetz zu dem Abkommen vom 2. März 2005 zwi-schen der Bundesrepublik Deutschland und derRepublik Jemen zur Vermeidung der Doppelbe-steuerung von Luftfahrtunternehmen auf demGebiet der Steuern vom Einkommen und vomVermögen

– Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommenvon 2001 über die zivilrechtliche Haftung fürBunkerölverschmutzungsschäden

Der Bundesrat hat in seiner 823. Sitzung am 16. Juni2006 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzustim-men:– Gesetz zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes

und des Rinderregistrierungsdurchführungsge-setzes

Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie-ßung gefasst:

Der Bundesrat unterstützt, wie er es schon in derStellungnahme zum Gesetzentwurf (Bundesratsdruck-sache 936/05 (Beschluss)) zum Ausdruck gebracht hat,die Entlastung der Unternehmen von statistischen Be-richtspflichten. Dabei ist aber auch die Deregulierung inder Verwaltung mit einzubeziehen.

Um die Umsetzung des Gesetzes praktikabel zu ge-stalten, wird die Bundesregierung daher dringend gebe-ten, möglichst umgehend eine Änderung der Viehver-kehrsverordnung einzuleiten, um zukünftig die Meldungdes Merkmals „betriebliche Produktionsrichtung“ durchdie Rinder haltenden Landwirte in das HIT-Datenerfas-sungssystem (Herkunftssicherungs- und Informations-system Tier) zu ermöglichen.

Eine Meldung des Merkmals „betriebliche Produk-tionsrichtung“ durch die zuständigen Behörden wird,selbst wenn sie nur übergangsweise erforderlich wäre,weder für praktikabel noch für verwaltungsökonomischvertretbar gehalten.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006 3905

(A) (C)

(B) (D)

Der Bundesrat hat in seiner 823. Sitzung am 16. Juni2006 ferner beschlossen, den nachstehenden Gesetzenzuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen:– Haushaltsbegleitgesetz 2006 (Haushaltsbegleitge-

setz 2006 – HBeglG 2006)– Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das

Branntweinmonopol und von Verbrauchsteuerge-setzen

– Gesetz zur Modernisierung des Schuldenwesensdes Bundes (Bundesschuldenwesenmodernisie-rungsgesetz)

– Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EGdes Europäischen Parlaments und des Rates vom21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote(Übernahmerichtline-Umsetzungsgesetz)

– Gesetz zur Einführung der Europäischen Genos-senschaft und zur Änderung des Genossenschafts-rechts

– … Gesetz zur Änderung der Bundesnotarord-nung

– Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans desERP-Sondervermögens für das Jahr 2006 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2006)

– Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 146 der Inter-nationalen Arbeitsorganisation vom 29. Oktober1976 über den bezahlten Jahresurlaub der See-leute

– Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 166 der Inter-nationalen Arbeitsorganisationen vom 9. Oktober1987 über die Heimschaffung der Seeleute(Neufassung)

– Gesetz zu dem Vertrag vom 27. Mai 2005 zwi-schen dem Königreich Belgien, der Bundesrepu-blik Deutschland, dem Königreich Spanien, derFranzösischen Republik, dem GroßherzogtumLuxemburg, dem Königreich der Niederlandeund der Republik Österreich über die Vertiefungder grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, ins-besondere zur Bekämpfung des Terrorismus, dergrenzüberschreitenden Kriminalität und der ille-galen Migration

– Gesetz zur Umsetzung des Vertrags vom 27. Mai2005 zwischen dem Königreich Belgien, derBundesrepublik Deutschland, dem KönigreichSpanien, der Französischen Republik, dem Groß-herzogtum Luxemburg, dem Königreich der Nie-derlande und der Republik Österreich über dieVertiefung der grenzüberschreitenden Zusam-menarbeit, insbesondere zur Bekämpfung desTerrorismus, der grenzüberschreitenden Krimi-nalität und der illegalen Migration

– Gesetz zu dem Übereinkommen über das Rechtder nichtschifffahrtlichen Nutzung internationa-ler Wasserläufe

– Gesetz zu dem Protokoll vom 17. Juni 1999 überWasser und Gesundheit zu dem Übereinkommenvon 1992 zum Schutz und zur Nutzung grenz-

überschreitender Wasserläufe und internationa-ler Seen

Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse habenmitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu dennachstehenden Vorlagen absieht:

Haushaltsausschuss

– Unterrichtung durch den Präsidenten des Bundesrech-nungshofesBericht nach § 99 BHO zur Finanzierung der Bundes-schienenwege – Drucksachen 16/840, 16/992 Nr. 2 –

Ausschuss für Arbeit und Soziales

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung über die gesetzliche Ren-tenversicherung, insbesondere über die Entwicklungder Einnahmen und Ausgaben, der Nachhaltigkeits-rücklage sowie des jeweils erforderlichen Beitragssatzesin den künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154SGB VI (Rentenversicherungsbericht 2004)und Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungs-bericht 2004– Drucksache 15/4498 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesanstalt für Arbeit über die Erfah-rungen mit den Instrumenten der leistungsorientiertenBezahlung sowie mit der Gewährung von Leistungszu-lagen und der Festsetzung von Leistungsstufen nach§ 391 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch– Drucksachen 15/4800, 16/480 Nr. 1.6 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungNationaler Strategiebericht Alterssicherung 2005– Drucksache 15/5571 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung über die Beschäftigungschwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienstdes Bundes– Drucksachen 15/5921, 16/480 Nr. 1.12 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung über die Situation behin-derter und schwerbehinderter Frauen und Männer aufdem Ausbildungsstellenmarkt– Drucksachen 15/5922, 16/480 Nr. 1.13 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung über den Stand vonSicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über dasUnfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bun-desrepublik Deutschland im Jahre 2004– Drucksachen 16/319, 16/480 Nr. 1.33 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeitmoderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt– Drucksache 16/505 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung über die gesetzliche Ren-tenversicherung, insbesondere über die Entwicklung

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3906 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Juni 2006

(A) (C)

(B) (D)

der Einnahmen und Ausgaben, der Nachhaltigkeits-rücklage sowie des jeweils erforderlichen Beitragssatzesin den künftigen 15 Kalenderjahren (Rentenversiche-rungsbericht 2005 )undGutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungs-bericht 2005 und zum Alterssicherungsbericht 2005– Drucksache 16/905 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungErgänzender Bericht der Bundesregierung zumRentenversicherungsbericht 2005 (Alterssicherungs-bericht 2005)und Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungs-bericht 2005 und zum Alterssicherungsbericht 2005– Drucksache 16/906 –

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

– Unterrichtung durch die BundesregierungRaumordnungsbericht 2005– Drucksache 15/5500, 15/5634 Nr. 1.2, 16/820 Nr. 47 –

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht zum Ausbau der Schienenwege 2005– Drucksachen 15/5972, 16/480 Nr. 1.25 –

Ausschuss für Kultur und Medien

– Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur-politik 2004– Drucksachen 15/6007, 16/413 Nr. 1.1 –

Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse habenmitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das EuropäischeParlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-tung abgesehen hat.

Auswärtiger AusschussDrucksache 16/1101 Nr. 1.1Drucksache 16/1475 Nr. 1.3Drucksache 16/1475 Nr. 1.5Drucksache 16/1475 Nr. 1.7Drucksache 16/1475 Nr. 2.7Drucksache 16/1475 Nr. 2.8

RechtsausschussDrucksache 16/722 Nr. 1.2Drucksache 16/722 Nr. 1.12Drucksache 16/820 Nr. 1.10Drucksache 16/820 Nr. 1.11Drucksache 16/820 Nr. 1.17Drucksache 16/820 Nr. 1.40Drucksache 16/1101 Nr. 2.3Drucksache 16/1207 Nr. 1.2Drucksache 16/1207 Nr. 1.4Drucksache 16/1207 Nr. 1.5

FinanzausschussDrucksache 16/1475 Nr. 1.1Drucksache 16/1475 Nr. 2.3Drucksache 16/1475 Nr. 2.4Drucksache 16/1475 Nr. 2.26

Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieDrucksache 16/150 Nr. 1.25Drucksache 16/150 Nr. 2.141Drucksache 16/150 Nr. 2.179Drucksache 16/150 Nr. 2.204Drucksache 16/150 Nr. 2.257Drucksache 16/629 Nr. 2.26Drucksache 16/901 Nr. 2.23Drucksache 16/901 Nr. 2.27Drucksache 16/993 Nr. 2.4Drucksache 16/993 Nr. 2.13Drucksache 16/1101 Nr. 2.22Drucksache 16/1207 Nr. 1.8Drucksache 16/1207 Nr. 1.13Drucksache 16/1207 Nr. 1.14Drucksache 16/1475 Nr. 2.34

Ausschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungDrucksache 16/629 Nr. 2.17Drucksache 16/629 Nr. 2.32Drucksache 16/993 Nr. 2.5Drucksache 16/993 Nr. 2.14Drucksache 16/993 Nr. 2.10

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitDrucksache 16/150 Nr. 2.223Drucksache 16/993 Nr. 2.12

Ausschuss für Bildung, Forschung und TechnikfolgenabschätzungDrucksache 16/150 Nr. 2.34Drucksache 16/150 Nr. 2.116Drucksache 16/288 Nr. 1.6Drucksache 16/288 Nr. 2.26

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionDrucksache 16/150 Nr. 1.15Drucksache 16/150 Nr. 1.22Drucksache 16/150 Nr. 1.40Drucksache 16/150 Nr. 1.64Drucksache 16/150 Nr. 2.20Drucksache 16/150 Nr. 2.24Drucksache 16/150 Nr. 2.62Drucksache 16/150 Nr. 2.89Drucksache 16/150 Nr. 2.98Drucksache 16/150 Nr. 2.261Drucksache 16/288 Nr. 2.15Drucksache 16/288 Nr. 2.16Drucksache 16/288 Nr. 2.17Drucksache 16/288 Nr. 2.19Drucksache 16/288 Nr. 2.37Drucksache 16/419 Nr. 2.21Drucksache 16/629 Nr. 2.4Drucksache 16/820 Nr. 1.63Drucksache 16/901 Nr. 1.6

Ausschuss für Kultur und MedienDrucksache 16/481 Nr. 1.18Drucksache 16/481 Nr. 1.19

Berichtigung zum Protokoll der 36. Sitzung vom 19. Mai 2006

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und VerbraucherschutzDrucksache 16/1207 Nr. 2.21 wird aus der Anlage 19 gestrichen

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ISSN 0722-7980