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Deutschland Quarterly Update 1/2017

Deutschland - clydeco.com · haben. In ihrem Artikel fasst Christina Terplan “lessons learned” der bisherigen Cyber-Schadensfälle zusammen und gibt damit wertvolle Tipps für

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DeutschlandQuarterly Update1/2017

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Deutschland Quarterly

Liebe Leserin, Lieber Leser, Wir freuen uns über Ihr Interesse an unserem ersten Quarterly Update im Jahr 2017 und dürfen dies zum Anlass nehmen, Ihnen für das noch neue Jahr Glück und Erfolg zu wünschen.Das Jahr 2017 ist durch eine Vielzahl großer Herausforderungen und Unsicherheiten gekennzeichnet. Politisch sorgt die neue Trump-Administration für Schlagzeilen. Zusammen mit dem sich konkreter abzeichnenden Brexit erhöht dies den Druck auf Deutschland, die Europäische Union und deren andere Mitgliedsstaaten, Antworten und Lösungen mit Blick auf den zunehmenden Protektionismus zu finden. Für die Versicherungswirtschaft bringt dies weitere Herausforderungen mit sich. So gilt es etwa, Vorsorge für den Fall zu treffen, dass zukünftig im Verhältnis des Vereinigten Königreichs zur Europäischen Union Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit entfallen. In regulatorischer Hinsicht gibt es allerdings auch positive Entwicklungen. Hervorzuheben ist etwa das zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika getroffene Abkommen, das wechselseitig das Rückversicherungsgeschäft erleichtert. Dazu berichten wir in diesem Newsletter.

Traditioneller Jahresauftakt für alle mit Haftpflicht zusammenhängenden Themen war das Euroforum im Januar in Hamburg. Dort standen eine Vielzahl von Themen auf der Tagesordnung, die auch uns in unserer täglichen Praxis beschäftigen – von Fragen rund um die Produkthaftpflichtversicherung bis zur D&O-Versicherung und beispielsweise dem damit regelmäßig verbundenen Strafrechtsschutz. Wir selbst haben mit einem Vortrag zu internationalen Haftungstrends beigetragen, mit dem wir insbesondere Risiken im Zusammenhang mit behördlichen Verfahren, die Frage des Bußgeldregresses aus Sicht des englischen und amerikanischen Rechts wie auch neue Entwicklungen bei Class Actions und Massenklagen behandelt haben. Mit Blick auf Deutschland ist insoweit der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für eine neue Musterfeststellungsklage hervorzuheben. Auch dies ist Gegenstand dieses Newsletters.

Daneben standen beim Euroforum die Cyber-Versicherung sowie die für März angekündigten Musterbedingungen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Vordergrund. Dies ist ebenfalls ein Thema, mit dem wir uns zusammen mit unseren Kollegen insbesondere in den USA, in England sowie an den anderen kontinentaleuropäischen Standorten intensiv befassen und gezielt Know-how und Erfahrung aufbauen, um unseren Mandanten bei Schadensfällen zur Seite zu stehen.

Im Vordergrund der Schadenspraxis stehen dabei die USA. Wir freuen uns vor diesem Hintergrund, unsere Kollegin Christina Terplan aus unserem Büro in San Francisco für einen Beitrag in diesem Quarterly Update gewonnen zu haben. In ihrem Artikel fasst Christina Terplan “lessons learned” der bisherigen Cyber-Schadensfälle zusammen und gibt damit wertvolle Tipps für den Umgang mit Schadensszenarien auch in anderen Ländern.

In eigener Sache freuen wir uns, dass unser noch junges Büro weiterhin große Unterstützung aus dem Kreis unserer Mandanten erfährt. Dem tragen wir mit weiterem personellem Ausbau Rechnung: Seit Januar und Februar begrüßen wir mit Stephan Bär und Julian Lesser zwei neue juristische Mitarbeiter. Julian Lesser beginnt parallel zu seiner Tätigkeit eine Promotionsarbeit zur Cyber-Versicherung und wird diesen Bereich für uns wissenschaftlich weiter aufarbeiten. Ab März begrüßen wir mit Amrei Zürn zudem eine neue Rechtsanwältin. International sind die Büroeröffnungen von Clyde & Co Ende Januar in Chicago und Washington D.C. hervorzuheben. Clyde & Co setzt damit auch in den USA die Expansion mit dem Ziel fort, ein umfassendes Beratungsangebot für unsere Mandaten aus der Versicherungswirtschaft anzubieten und die Position als weltweit führende Kanzlei in diesem Bereich auszubauen.

Zu guter Letzt dürfen wir Sie als Save-the-Date auf unseren Financial Lines Day am 01.06.2017 in München und am 02.06.2017 in Düsseldorf hinweisen. Einladungen folgen zeitnah. Wir freuen uns auf hoffentlich viele Gäste und wünschen Ihnen eine interessante Lektüre!

Henning Schaloske & Tanja Schramm

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Editorial 2

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Deutschland Quarterly

Lessons learned on cyber issues Clyde & Co’s San Francisco cyber team has advised our insurer clients since the first breach notification law was passed in California in 2003. The team has acted as coverage and monitoring counsel on over 2,500 data breaches, ranging from matters involving lost laptops impacting a handful of individuals to high profile malware attacks impacting millions of people around the globe.

The United States is a definitely a step ahead of other jurisdictions with respect to cyber matters. While American breach events are the most widely known, breach events occur regularly outside of the United States but are simply not made public. This is expected to change with the passage of the General Data Regulation Protection (GDRP). Under GDRP, breach events in Europe will become public, and as a result, more costly.

One thing our insurance clients are often surprised to learn is that handling a cyber claim is very different than other types of insurance claims. When setting up cyber insurance policies and claims handling protocols, we advise our clients to consider the following:

1. When a cyber event is reported to an insurer, oftentimes very little information is known about the event. In many instances, the insured does not know for certain whether the event was an actual breach or the potential number of impacted records. For example, it is quite common for an insured to report a malware attack and not know when the attack first began, how it occurred, what systems were potentially compromised, or how many records may have been affected, etc.

2. Even when an investigation is completed, there is a possibility that the date the attack first occurred and the impact of that attack will not have been fully determined. Hackers are experts at covering their tracks. This can be an issue for evaluating coverage as oftentimes the date of the attack is critical to confirming or disclaiming coverage.

3. Cyber events are frequently multi-faceted and do not follow a clean timeline. At the same time an insured is investigating a data breach event, it may also be incurring crisis management costs, business interruption losses, and responding to third party claims. Accordingly, various expenses, such as legal and computer forensic fees, may potentially fall under more than one insuring agreement.

4. Timing is critical – an insured will need to obtain the insurer’s immediate approval in order to engage the necessary breach response vendors. Vendors that need to be retained immediately include privacy counsel and a forensic consultant. These vendors will oftentimes need to be retained before the insurer is able to complete its coverage investigation and issue a formal coverage position.

5. Establish relationships with breach response vendors before an event takes place. First and foremost, this ensures that the insurer can recommend qualified vendors. We’ve unfortunately witnessed situations where a vendor has botched the investigation/breach response effort, which makes the breach response more expensive and also potentially increases the liability exposure for third party claims. In addition, once a breach is reported, it is exceedingly difficult to negotiate favorable pricing given the urgency of the situation.

6. Be prepared for coverage issues to arise. Common coverage issues that we come across include the application of the Retroactive Date, pre-tender costs, remediation costs, and whether response costs are “reasonable” (for example, if the insured wants to set up a call center to answer customer questions, is a 24 hour/7 day a week call center a “reasonable” cost?).

None of the above issues are insurmountable – rather we tell our clients to view each of these issues as opportunities for them to have their cyber claims handling approach be stronger than the competition.

Christina Terplan ist Partnerin bei Clyde & Co in San Francisco und berät Versicherer insbesondere in den Bereichen Cyber, Technology und Intellectual Property.

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Lessons learned on cyber issues 4

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Cyber: Product and value chain developmentIncreased prevalence of hacking and data losses highlight the growing importance of cyber risks. Increased sophistication of the cyber value chain e.g. forensics and crisis support

Developing technology Enhanced quality of life through intelligent technology such as driverless cars, drones, telematics, and 3D printing and crash forensics

Cyber: Regulation led demand Increased regulation will drive product demand and risk maturity

Opponent Based Strategy & AnalysisIn place for volume claims with similar insight platforms being developed for non-volume business lines

Automated Document Recovery & Predictive Coding In place using machine learning technology for discovery purposes involving analytical searching and concept clustering

InsurTech: Growth Growing prominence of InsurTechs backed by insurer venture capitalists and the incorporation of digital and data functions into insurers

Blockchain testingBlockchain early adopters in Fin Tech, Litigation and likely to be followed soon by InsurTech

Internet of Things: Data harvesting Unparalleled real time data gathering and aggregation from smart devices creating new risk insights, products and pricing

Case management system: MatterSphereOur new case management system that enables our current systems to work seamlessly together and can be integrated with both client and claims systems, providing real time case updates

Digitalisierung – interne und externe Perspektiven Genauso wie bei unseren Mandanten aus der Versicherungswirtschaft stehen die mit den Schlagwörtern Digitalisierung und Industrie 4.0 verbundenen Themen bei uns ganz oben auf der Agenda. Damit sind eine Reihe von Zielen verbunden, insbesondere: höchste Qualität und Effizienz durch die Nutzung neuer Technologien zur Unterstützung unserer Mandanten und unserer eigenen Abläufe im Rahmen unserer Beratungsdienstleistungen, das Erkennen und Verstehen neuer Risiken und die Entwicklung entsprechender Lösungen in Zusammenarbeit mit unseren Mandanten wie auch deren Begleitung bei der Transformation ihrer Geschäftsmodelle. Das folgende Schaubild zeigt Themen und Initiativen, die wir im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes und als globaler Partner der Versicherungswirtschaft teils zusammen mit weiteren Institutionen verfolgen, auf. Ein Beispiel mit konkretem Nutzen für unsere Mandanten ist unser neues Case Management System. Bei Interesse vertiefen wir diese Themen gerne mit Ihnen.

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Blockchain impact on claims handlingBlockchain impact on claims handling enabling automatic payouts and reducing fraud

Clyde Scope PortalOur secure client portal used for document storage and accessibility

Adopted technology Mainstream adoption of new technologies changing the shape of risks and claims requirements

InsurTech: Integration Presence of ‘digital garages’ and innovation labs within insurers to drive forward change and incubate ideas

Future technologies New and emerging technologies such as robotics, nano technology and molecular printing

InsurTech: Collaboration Development of consortiums and forums to create knowledge-exchange platforms to foster synergies among market players in a collaborative, open and transparent manner

Internet of Things: Personalisation of insuranceReal time and personalised insurance products enabled though smart technology, leading to changes in risk and product profiles and business models

Internet of Things: Risk prevention and claims avoidanceProtection based models shifted to more sophisticated preventative models that facilitate loss mitigation

Innovation Lab Participation and collaboration in innovation labs and industry consortiums

Integrated MI & Financial SystemsImplementation of 3E, a new generation finance and billing system

Global litigation document discovery system Being implemented across the firm, bringing efficiencies and cost savings across all offices

Integrated Clyde Scope Portal & MatterSphere with web based access for clientsDevelopment and implementation of a new generation of client extranets/portals

Partnerships with academic institutions and the IDFWorking with leading universities on the application of computer science to enhance our products and services, and the way we operate; and with the Insurance Development Forum, a UN and World Bank sponsored body that aims to optimise the use of insurance and risk management to build greater resilience in the world

Artificial IntellegenceIntroduction of document content analysis and machine based learning

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RECHTSPRECHUNG Bundesgerichtshof: Übernahme von Privatgutachterkosten durch Versicherer steht Geltendmachung im Kostenfestsetzungsverfahren als eigene Kosten der Partei nicht entgegen.Am 25.10.2016 beschloss der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, dass die angefallenen Kosten für die Inanspruchnahme eines Privatgutachters im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können, auch wenn die entsprechenden Aufwendungen von einem hinter der Partei stehenden Versicherer getragen werden.1

Die Klägerin nahm einen Zahnarzt wegen eines Behandlungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht und das Berufungsgericht wiesen die Klage zurück. Im Berufungsverfahren legte der Beklagte mehrere gutachterliche Stellungnahmen vor. Der Privatgutachter erschien zudem als Zeuge zum Verhandlungstermin. Im Kostenfestsetzungsverfahren begehrte der Beklagte unter anderem die Festsetzung der Kosten für den Privatgutachter. Dieser Antrag wurde vom Landgericht sowie vom Beschwerdegericht zurückgewiesen mit der Begründung, die Kosten seien nicht ihm, sondern seinem Haftpflichtversicherer entstanden.

Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass für Kosten, die mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts verbunden sind, es einer Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht entgegensteht, dass die Kosten nicht bei der Partei selbst entstanden sind, sondern von ihrem Haftpflichtversicherer getragen wurden. Dies sei dadurch gerechtfertigt, dass die Übernahme der Prozesskosten durch den Versicherer allein dem Versicherungsnehmer dient und nicht etwa den Prozessgegner des Versicherungsnehmers von Kostenrisiken entlasten soll. Für die Kosten eines Privatgutachters habe nichts anderes zu gelten, sofern die Kosten auch erstattungsfähig wären, wenn sie der Versicherungsnehmer als Partei selbst aufgewendet hätte.

Der Bundesgerichtshof verwies die Beschwerde des Beklagten zurück an das Oberlandesgericht Köln.

Bundesgerichtshof: Anwaltshaftung zu Gunsten von Vertretungsorganen des beratenen MandantenAm 21.07.2016 wies der Bundesgerichtshof die Schadensersatzklage des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus gegen eine Rechtsanwaltskanzlei ab.2

Die Kanzlei hatte das Land Baden-Württemberg 2010 beim Rückkauf der EnBW-Anteile vom französischen Stromerzeuger Électricité de France (EDF) beraten. Mappus hatte das Geschäft ohne Mitwirkung des Landtages abgewickelt und hierbei nach Auffassung des Staatsgerichtshofs verfassungswidrig gehandelt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten ein. Mappus forderte Schadensersatz in Höhe von etwa einer halben Million Euro aufgrund fehlerhafter Beratung.

Der Bundesgerichtshof folgte nun der Ansicht der Vorinstanzen und wies den Vorwurf der Klage zurück. Er entschied, dass dem ehemaligen Ministerpräsidenten kein Schadensersatz zustehe, da dieser nicht in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages falle. Vielmehr sei der Anwaltsvertrag zwischen der Kanzlei und dem Land Baden-Württemberg als Mandantin zustande gekommen, so dass Mappus persönlich überhaupt nicht von der Kanzlei beraten wurde.

Die Karlsruher Richter begründeten ihr Urteil damit, dass ein Anwaltsvertrag nur Schutzwirkung zugunsten Dritter haben könne, sofern der Dritte mit der Leistung des Anwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommt, der Mandant ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten hat, dies dem Anwalt erkennbar und der Dritte schutzbedürftig ist. Diese Voraussetzungen seien im Fall Mappus nicht gegeben.

1. BGH, Beschl. v. 25.10.2016 – VI ZB 8/16.2. BGH, Urt. v. 21.07.2016 – IX ZR 252/15.

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Rechtsprechung 8

Bundesgerichtshof: Risikoausschluss für Enteignungsangelegenheiten in der RechtsschutzversicherungAm 20.07.2016 befasste sich der Bundesgerichtshof erneut mit der Thematik griechischer Staatsanleihen.3

Der Kläger begehrte von seinem Rechtsschutzversicherer eine Deckungszusage für eine Klage gegen die Hellenische Republik wegen des durch den sogenannten Greek Bondholder Act angeordneten Zwangsumtausches von Anleihen. Er führte an, die Umschuldung stelle einen enteignungsgleichen Eingriff dar und verstoße gegen die Griechische Verfassung, die Grundrechtecharta der Europäischen Union, das Völkergewohnheitsrecht sowie gegen den ordre public.

Nachdem der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 08.03.2016 die Zulässigkeit von Klagen von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Hellenische Republik vor deutschen Gerichten abgelehnt hatte, sah der Versicherer zunächst keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die Klage und lehnte die Deckung ab.4

Der Bundesgerichtshof folgte jedoch der Argumentation des Berufungsgerichts und entschied, dass der Anspruch des Klägers seine Grundlage in einem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis hat und somit unter das versicherte Risiko fällt. Die Klausel in den Vertragsbedingungen, nach der für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Enteignungs-, Planfeststellungs-, Flurbereinigungs- und im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten kein Rechtsschutz besteht, greife hier nicht. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde der Begriff Enteignung typischerweise im Zusammenhang mit körperlichen Gegenstanden verwendet. Aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen ergebe sich keine andere Interpretation.

Bundesgerichtshof: Unwirksamkeit einer Vereinbarung zu Vorauszahlungen auf den Handelsvertreterausgleichsanspruch Am 14.07.2016 entschied der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, dass eine Bestimmung in einem Handelsvertretervertrag, wonach ein Teil der vom Handelsvertreter laufend zu zahlenden Provisionen auf den künftigen Ausgleichsanspruch anzurechnen sei, im Zweifel unwirksam ist.5

Der Kläger, Betreiber einer Versicherungsagentur, machte gegen die Beklagte, seine ehemalige Versicherungsvertreterin, einen Provisionsrückzahlungsanspruch wegen von ihr vermittelter, stornierter Versicherungsverträge geltend. Der zuvor von den Parteien geschlossene Handelsvertretervertrag sah eine Bestimmung vor, nach der zusätzlich zu den Provisionen eine monatliche Vorauszahlung an die Versicherungsvertreterin auf einen eventuell fällig werdenden Ausgleichsanspruch anzurechnen sei. Nach etwas weniger als einem Jahr wurde dieser Vertrag mittels eines Aufhebungsvertrages beendet. Dieser sah vor, dass die Beklagte einen Teil der erhaltenen Vorauszahlungen zurückerstattete, was auch geschah. Gegen den in erster Instanz geltend gemachten Provisionsrückzahlungsanspruch rechnete die Beklagte hilfsweise einen Gegenanspruch aus der ihrer Ansicht nach rechtsgrundlosen Rückzahlung der Vorauszahlung auf.

Das Berufungsgericht entschied, dass für eine wirksame Aufrechnung die erforderliche Gegenforderung der Beklagten fehle, da diese keinen Anspruch auf Rückzahlung des in Folge des Aufhebungsvertrags gezahlten Betrags habe. Der Bundesgerichtshof gab der Revision der Beklagten statt. Er stellte fest, dass eine Vertragsbestimmung in einem Handelsvertretervertrag, wonach ein Teil der dem Handelsvertreter laufend zu zahlenden Vergütung auf den künftigen Ausgleichsanspruch angerechnet werden soll, im Zweifel gegen die zwingende Vorschrift des § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB verstoße und daher in der Regel gemäß § 134 BGB nichtig sei. Eine solche Bestimmung sei nur dann rechtswirksam, wenn die Parteien auch ohne die Anrechnungsabrede keine höhere Provision vereinbart hätten, als dem Teil der Gesamtvergütung entspricht, der nach Abzug des abredegemäß auf den Ausgleichsanspruch anzurechnenden Teils verbleibt. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt beim Unternehmer.

Zudem widerspreche es dem Schutzzweck des § 89b Abs.4 Satz 1 HGB, der den Handelsvertreter vor benachteiligenden Abreden schützen will, wenn ein Ausgleichsanspruch, der erst mit Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses entsteht, bereits im Voraus ausgeschlossen wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit gelte die zwingende Vorschrift des § 89b Abs.4 Satz 1 HGB auch dann, wenn der Handelsvertreter im Einzelfall dieses gesetzlichen

3. BGH, Urt. v. 20.07.2016 – IV ZR 245/15.4. BGH, Urt. v. 08.03.2016 – VI ZR 516/14.5. BGH, Urt. v. 14.07.2016 – VII ZR 297/15.

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Schutzes nicht mehr bedarf oder wenn die Vereinbarung nur wenige Tage vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen wird.

Oberlandesgericht Köln: Erschöpfung der Deckungssumme; Verteilungsverfahren und Befriedigungsvorrecht des GeschädigtenIn einer Entscheidung vom 08.11.2016 nahm das Oberlandesgericht Köln zu der Frage Stellung, wann einem Berufshaftpflichtversicherer die Berufung auf den Einwand der Erschöpfung der Deckungssumme nach Treu und Glauben verwehrt sein kann.6

Der Kläger, ein überörtlicher Träger der Sozialhilfe, machte im Wege der Einziehungsklage einen von ihm gepfändeten Freistellungsanspruch eines Gynäkologen wegen eines Behandlungsfehlers gegenüber dem Beklagten als dessen Haftpflichtversicherer geltend. Der Gynäkologe unterhielt beim Beklagten eine Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte mit einer Deckungssumme in Höhe von DM 2 Millionen.

Das Landgericht Köln hatte den beklagten Haftpflichtversicherer zur Erstattung derjenigen Kosten des Sozialträgers verurteilt, zu deren Zahlung der Versicherungsnehmer wegen des von ihm begangenen Geburtsfehlers verurteilt worden war. Gegen dieses Urteil reichte der Beklagte Berufung ein.

Das Oberlandesgericht Köln stellte fest, dass der Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers im Wege der Pfändung und Überweisung auf den Kläger übergegangen ist. Diesem Anspruch könne der Beklagte den Einwand der Erschöpfung der Deckungssumme gemäß § 156 III VVG a.F. wegen des vorliegenden Befriedigungsvorrechts der Geschädigten selbst nach § 116 IV SGB X entgegenhalten. Dieser Einwand stellt sich aus Sicht des Senats auch nicht als treuwidrig i.S.d. § 242 BGB dar. Der Beklagte hat die Ansprüche des Klägers nicht in verantwortlicher Weise dadurch entstehen lassen, dass er das Verteilungsverfahren ohne ersichtlichen Grund über nennenswerte Zeit hinausgezögert hat. Vielmehr beruht die bisher unterbliebene Auszahlung der Deckungssumme darauf, dass die weiteren Entschädigungsansprüche der Geschädigten bislang nicht konkret beziffert worden sind und dass zudem Vergleichsverhandlungen über eine Abfindungssumme geführt werden.

Der Senat betonte, dass die Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben, stets

unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen seien. Nach einer umfassenden Interessenabwägung habe sich der Beklagte nicht pflichtwidrig verhalten, sondern war berechtigt, den Ausgang desw Haftpflichtverfahrens zwischen der Geschädigten und dem Schädiger abzuwarten und nicht selbst die Ansprüche der Geschädigten zu ermitteln und zu beziffern.

Oberlandesgericht München: Darlegungs- und Beweislast des Versicherers für AusschlussgründeIn einem Teilurteil vom 20.07.2016 stellte das Oberlandesgericht München klar, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgeführten Ausschlussgründe beim Prospekthaftpflichtversicherer liegt.7

Die Parteien stritten einerseits über die Pflicht ehemaliger Vorstandsmitglieder zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verstoßes gegen Rechtspflichten und andererseits über die Einstandspflicht eines Versicherers aus einem zwischen dem Versicherer und der Klägerin geschlossenen Prospektversicherungsvertrag.

Die Klägerin nahm die ehemaligen Vorstandsmitglieder wegen fährlässiger Verletzung der Rechtspflicht zur ordnungsgemäßen Information des Kapitalmarkts und den Versicherer auf Erfüllung einer Deckungspflicht aus dem Prospektversicherungsvertrag in Anspruch. Die Klage wurde zunächst vom Landgericht München I abgewiesen.

Der beklagte Versicherer trug vor, die Deckung sei aufgrund der Kenntnis der Klägerin von der Fehlerhaftigkeit des Prospekts ausgeschlossen. Zudem müsse sich die Klägerin die Vorteile, die sie aufgrund der Fehlerhaftigkeit des Prospektes erlangt habe, gemäß den Vertragsbedingungen auf die Leistungspflicht des Versicherers anrechnen lassen.

Das Berufungsgericht sprach der Klägerin nun einen Deckungsanspruch gegenüber dem Versicherer zu. Zum einen hätte der Versicherer nicht hinreichend darlegen können, dass die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgeführten Ausschlussgründe vorlägen. Die Verletzung eines Vergleichsverbotes, die zu einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers hätte führen sollen, konnte durch den Versicherer nicht nachgewiesen werden.

6. OLG Köln, Urt. v. 08.11.2016 – 9 U 55/16.7. OLG München, Teilurt. v. 20.07.2016 – 7 U 3728/14.

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Rechtsprechung 10

Zum anderen sei eine Klausel in den Vertragsbedingungen, wonach bei der Leistungspflicht des Versicherers solche Vorteile in Abzug gebracht werden sollen, die eine versicherte Person im Zusammenhang mit der vorgeworfenen Pflichtverletzung erlangt haben soll, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.

Oberlandesgericht Köln: Unwirksamkeit der Klauseln über die Leistungsfreiheit des Versicherers bei vorsätzlichem Handeln des SchädigersAm 07.06.2016 entschied das Oberlandesgericht Köln zugunsten eines Versicherungsnehmers, dass die Klausel eines Versicherers über dessen Leistungsfreiheit bei vorsätzlichem Handeln des Schädigers unwirksam ist.8

Der Kläger verlangte aus einer Forderungsausfallversicherung Entschädigungsleistungen für eine Schadensersatzforderung gegen einen Schädiger, die dieser nachweisbar nicht realisieren konnte. Der Versicherer lehnte die Deckung unter Verweis auf die Versicherungsbedingungen ab und berief sich auf seine durch Vorsatz des Schädigers begründete Leistungsfreiheit. Der Kläger vertrat die Auffassung, ein vorsätzliches Handeln des Schädigers führe nicht zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers.

Das Landgericht Köln sowie das Oberlandesgericht Köln folgten der Auffassung des Klägers. Das Berufungsgericht stellte fest, dass eine derartige Klausel in den Versicherungsbedingungen, die sich nicht konkret auf einen Risikoausschluss wegen vorsätzlichen Handelns des Schädigers bezieht, sondern lediglich auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen verweist, intransparent und unwirksam sei.

Zudem betonte das Oberlandesgericht, dass eine Regelung in den Versicherungsbedingungen, die den Anspruch des Versicherungsnehmers trotz Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen noch an eine einseitige Anerkenntnis des Versicherers knüpft, eine überraschende Regelung i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB darstelle, die den Versicherungsnehmer in unangemessener Weise benachteiligt.

Auch eine Regelung, die den Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, bereits vor Leistung des Versicherers seine Ansprüche an diesen abzutreten, stelle eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sei daher unwirksam.

8. OLG Köln, Urt. v. 07.06.2016 – 9 U 244/15.

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AKTUELLE ENTWICKLUNGEN BaFin veröffentlicht Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo).Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 25.01.2017 nach dreimonatiger Konsultation ein Rundschreiben zu den aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo) veröffentlicht (Rundschreiben 2/2017).

Die BaFin legt mit den Hinweisen in ihrem Rundschreiben verschiedene Mindestanforderungen anhand des reformierten Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und der Delegierten Verordnung zur Solvency II-Richtlinie aus. Die im Rundschreiben dargelegte Auslegung ist im Sinne einer Selbstverpflichtung für die BaFin verbindlich, was eine einheitliche Anwendung der Vorschriften gegenüber allen Versicherungsunternehmen und -gruppen gewährleistet. Das Rundschreiben basiert auf dem Ansatz, dass der Vorstand eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens die Gesamtverantwortung für eine ordnungsgemäße und wirksame Geschäftsorganisation trägt, wozu auch die Entwicklung einer für das Unternehmen angemessenen Risikokultur gehört.

Ein zentraler Aspekt der MaGo ist das Proportionalitätsprinzip. Danach sind die Anforderungen auf eine Weise zu erfüllen, die der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität der durch die Tätigkeit des Versicherers entstehenden Risiken entspricht. Damit knüpft das Proportionalitätsprinzip an das individuelle durch die Größe und Mitarbeiterzahl bestimmte Risikoprofil eines Unternehmens an. Hierbei ist nicht sämtlichen Risiken Rechnung zu tragen – die MaGo beziehen sich vielmehr auf “wesentliche Risiken” und setzen hierfür Wesentlichkeitsgrenzen für die Bereiche versicherungstechnisches Risiko, Marktrisiko, Kreditrisiko, Liquiditätsrisiko und operationelles Risiko.

Die Anforderungen an das Governance-System gelten auf Ebene einer Versicherungsgruppe entsprechend. Hinzu kommen verschiedene gruppenspezifische Anforderungen. Insbesondere müssen sich das für die Erfüllung zuständige und die gruppenzugehörigen Unternehmen etwaigen Spannungen mit gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Vorgaben bewusst sein und angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Erfüllung aller Anforderungen sicherzustellen.

Schließlich trifft das Rundschreiben auch umfassende Hinweise zu den für Versicherungsunternehmen wesentlichen Fragen der Zulässigkeit und den Anforderungen an das Outsourcing.

Die BaFin berücksichtigt bei der Auslegung der Mindestanforderungen insbesondere auch erste Erfahrungen aus der Aufsichtspraxis unter Solvency II. Das Rundschreiben trat am 01.02.2017 in Kraft.

Referentenentwurf zur Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebs-RichtlinieDas Bundeskabinett hat am 18.01.2017 den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Insurance Distribution Directive (IDD) ins deutsche Recht beschlossen. Die europäische Richtlinie ist bereits im Februar 2016 in Kraft getreten und soll mit ihrer Umsetzung die Vermittlerrichtlinie von 2002 ablösen.

Der am 21.11.2016 veröffentlichte Referentenentwurf, welcher nun vom Bundeskabinett beschlossen wurde, sieht Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und in der Gewerbeordnung (GewO) vor. Von zentraler Bedeutung ist die Stärkung des Verbraucherschutzes durch Ausweitung der Aufsicht über vertriebsbezogene Tätigkeiten von Versicherungsunternehmen und -vermittlern. Erfasst sind alle Vertriebsbereiche. Mit Blick auf den Online-Vertrieb ist etwa der Wegfall der Bereichsausnahme bei den Beratungspflichten (§ 6 Abs. 6 VVG) hervorzuheben.

Eine Neuerung bringt der Entwurf insbesondere hinsichtlich der verschiedenen Vermittlertätigkeiten. Neben den Versicherungsvertreter und den Versicherungsmakler tritt künftig der Honorar-Versicherungsberater. Zukünftig wird es zudem eine klare Trennung zwischen Provisions- und Honorargeschäft geben. Versicherungsvermittler sollen grundsätzlich keine Provision erhalten dürfen. Anders als im Referentenentwurf zunächst vorgesehen, soll im Gewerbe- und Industriegeschäft jedoch die Vermittlung von Versicherungen gegen Honorar auch weiterhin erlaubt sein; eine Anpassung, die wohl nicht zuletzt der umfassenden Kritik – insbesondere der Branchenverbände – geschuldet ist, auf die der Referentenentwurf gestoßen ist. Ebenso kritisiert wird die Beibehaltung des Provisionsabgabeverbots, mit dessen Abschaffung die meisten Experten gerechnet hatten.

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Die Versicherungsvertriebsrichtlinie muss bis zum 23.02.2018 in nationales Recht umgesetzt werden. Geplant ist bereits ein Beschluss des Bundestags über das nationale Umsetzungsgesetz im Sommer 2017.

Referentenentwurf zur Einführung der MusterfeststellungsklageDas Bundesjustizministerium beabsichtigt die Einführung einer Musterfeststellungsklage als Verfahren zum kollektiven Rechtsschutz. Dies geht aus einer Anfang Dezember 2016 erschienenen Antwort der Bundesregierung zu einer Kleineren Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Der Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas stieß zunächst auf viel Gegenwind seitens der CDU/CSU-Fraktion. Diese bekannte sich nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt gegen die Telekom vom 30.11.2016 jedoch auch zu einer Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes für Verbraucher.

Die Pläne sehen keine Massenklagen vor, wie sie in den USA möglich sind, sondern eröffnen vielmehr die Möglichkeit für qualifizierte Einrichtungen wie Verbraucherverbände oder Industrie- und Handelskammern, zugunsten von mindestens zehn Betroffenen zentrale Ansprüche feststellen zu lassen. Diese Einschränkung soll “amerikanische” Verhältnisse verhindern und zudem zu einer Stärkung der Vergleichsbereitschaft beitragen. Kernstück des Gesetzes ist die Einführung eines beim Bundesamt für Justiz geführten elektronischen Klageregisters für Musterfeststellungsklagen, in dem geschädigte Verbraucher ihre Ansprüche gegen eine Gebühr von zehn Euro eintragen lassen und Informationen zu den jeweiligen Verfahren abrufen können.

Allein dies lässt bereits erahnen, dass der Referentenentwurf im Wesentlichen vom Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) inspiriert ist. Geplant ist jedoch, die Vorschriften in die Zivilprozessordnung (ZPO) einzugliedern.

Bislang befindet sich der Referentenentwurf noch in der Abstimmungsphase und soll anschließend veröffentlicht werden.

BaFin führt elektronisches Meldesystem zum Schutz für Whistleblower einSeit Juli 2016 können Hinweisgeber mutmaßliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) melden. Bislang war dies nur postalisch, per E-Mail, per Telefon oder persönlich möglich. Seit dem 01.01.2017 können sich sogenannte Whistleblower nun auch über

ein elektronisches System melden. Dieses System wahrt zum einen die Anonymität des Hinweisgebers, aber ermöglicht es der BaFin zum anderen auch mit diesem in Kontakt zu treten. Die Finanzaufsicht möchte damit die Rahmenbedingungen für potenzielle Hinweisgeber verbessern und somit die Hemmschwelle senken.

BaFin genehmigt Basler-DealDie Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die Bestandsübertragung der Basler Leben AG auf die Frankfurter Lebensversicherung AG nach 15-monatiger Prüfung genehmigt. Die Frankfurter Leben erwirbt damit 128.000 Lebensversicherungsverträge mit Kapitalanlagen im Wert von EUR 1,72 Milliarden. Auch 87 Mitarbeiter der Basler Leben wechseln nach Vollzug der Transaktion zur Frankfurter Leben und betreuen dort die Verträge weiter. Für die Kunden soll die Übertragung auf diese Weise möglichst wenige spürbare Konsequenzen haben.

Die Frankfurter Leben, hinter der die BHF-Bank und der chinesische Investor Fosun stehen, tritt mit Genehmigung des Deals nun ins Run-Off-Geschäft ein. Eine weitere Übernahme von mehr als 320.000 Verträgen der ARAG Leben wird zurzeit von den Experten der BaFin geprüft.

Der Basler-Deal unterstreicht die weiter zunehmende Bedeutung des Run-Off-Geschäfts.

GDV veröffentlicht im März Cyber-Bedingungen Ob im Zusammenhang mit den US-Wahlen oder mit den Hackerangriffen Ende 2016 auf ThyssenKrupp und die Deutsche Telekom, Cyberangriffe sind zurzeit in aller Munde. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stellt am 28.03.2017 im Rahmen der Cyber-Security-Konferenz mit unverbindlichen Musterbedingungen ein Konzept vor, das es Versicherern ermöglichen soll, Cyberpolicen insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen anzubieten. Es bleibt abzuwarten, ob die Musterbedingungen zu einer Vereinheitlichung der Cyber-Versicherungen in Deutschland führen werden.

EU und USA einigen sich auf Kapitalerleichterungen für VersichererNach mehr als 20 Jahren haben die USA und die Europäische Union ihre Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen erfolgreich abgeschlossen. Die nun getroffene Vereinbarung wird erhebliche Erleichterungen für US-Rückversicherer in Deutschland mit sich bringen.

Aktuelle Entwicklungen 12

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Das deutsche Versicherungsaufsichtsrecht sieht in Umsetzung der Solvency II-Richtlinie vor, dass die generelle Erlaubnis- und Niederlassungspflicht für Versicherer aus Drittstaaten nicht für solche Unternehmen gilt, die ausschließlich das Rückversicherungsgeschäft in Deutschland betreiben wollen. Diese Ausnahme gilt unter den Voraussetzungen, dass Versicherungsunternehmen von ihrem Sitz im Ausland in Deutschland ausschließlich das Rückversicherungsgeschäft betreiben und dass die Europäische Kommission nach Art. 172 Abs. 2 oder 4 der Richtlinie 2009/138/EG entschieden hat, dass die Solvabilitätssysteme für Rückversicherungstätigkeiten in dem Drittstaat dem in der Richtlinie beschriebenen System gleichwertig sind. Dies gilt bisher grundsätzlich für Bermuda, die Schweiz und Japan.

Das neue bilaterale Abkommen soll nun auch für Rückversicherer aus den USA eine weitgehend gleiche Behandlung schaffen und insbesondere die Möglichkeit eröffnen, auch ohne Sitz im Inland das Rückversicherungsgeschäft zu betreiben. Neben der Rückversicherung betrifft das Abkommen auch noch zwei andere Bereiche der Versicherungsaufsicht: zum einen soll die Hauptaufsicht künftig im Heimatland des Versicherer liegen. Zum anderen planen die europäischen und US-amerikanischen Aufsichtsbehörden eine engere und effizientere Kooperation.

Bevor das Abkommen in Kraft tritt, muss es im nächsten Schritt noch vom Europäischen Parlament und vom US-Kongress genehmigt werden.

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INSIGHT: CLYDE & CONewsClyde & Co eröffnet Büros in Chicago und Washington, D.C.Clyde & Co ist weiterhin auf Expansionskurs in den USA. Nach der Eröffnung des Büros in Miami im Juli letzten Jahres wurden nun weitere Standorte in Chicago und Washinton D.C. gegründet. Die neuen Teams werden von insgesamt zehn Insurance und Litigation-Partnern geleitet und beraten nationale und internationale Versicherer und Unternehmen insbesondere in den Bereichen Financial & Professional Lines und D&O.

Die US-amerikanische Praxis besteht nun aus 50 Partnern und mehr als 200 Legal Professionals und ist an acht Standorten vertreten, darunter New York City, San Francisco und Atlanta.

TeamStephan Bär und Julian Lesser haben zu Beginn des Jahres als Wissenschaftliche Mitarbeiter nach dem 1. bzw. 2. Staatsexamen in unserem Team angefangen. Julian Lesser promoviert zum Thema der Cyber-Versicherung und wird uns insbesondere bei der Arbeit in diesem Bereich unterstützen.

Im März nimmt Amrei Zürn ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin/Associate in unserem Team auf.

VeranstaltungenSave the Date: Unsere Financial Lines Days finden am 01.06.2017 in München und am 02.06.2017 in Düsseldorf statt.

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Insight: Clyde & Co 15

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375+partners, over 1,400 lawyers and 3,300+ staff

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*Associated offices

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AmericasAtlanta Caracas Chicago Miami Montreal New Jersey Newport Beach New York Rio de Janeiro* São Paulo San Francisco Toronto Washington, DC

Middle East/AfricaAbu Dhabi Cape Town Dar es Salaam Doha Dubai Johannesburg Riyadh

40+off ices across 6 continents

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J367310 - March 2017

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