6
:achthemen Marc Buanama Francis Raas Falka Schröter seilbrücke, deren ursprünglicher Ent- wurf einen Bau nicht nur der Pfeiler sondern auch des Decl<l{onstruktion und der Pylone in Beton vorsah. Nach Eröffnung der Ausschreibung im Juli 2000 wurde im Oktober die Baukonzession an den Konzern Eif- tage mit seiner Tochter Eiffel erteilt, die einzige Bietergemeinschaft, die eine alternative Lösung mit Deck- konstru1{tion und Pylonen in Stahl vorgeschlagen hat. Dieser Konzern hat das Recht, diese mautpflichtige Brücke über einen Zeitraum von 78 Jahrenzu nutzen. Baubeginnwar Ok- tober 2001. Die Gesamtbauzeit be- trug 38 Monate. Am 16. Dezember 2004 konnte das Viadukt dem Ver:' kehr übergeben werden. Im Süden des französischen Massif Centralewurde am 16. Dezember 2004 das große Viadukt von Millau, eine 2460 m lange Multi-Schrägseilbrücke, dem Verkehrübergeben. Dieses Bauwerk umfaßtsechs Hauptfeldera 342m länge sowie zwei Randfelder von je- weils 204 m länge. Der Stahlüberbau wird aus einer orthotropel) Kastenkonstruktion von 27,75 m Breite mit einer maximalenBauhöhevon 4,20m gebildet, die wegen der auftre- tenden Windbelastungenaerodynamisch optimiert wurde. Sieben stählerne Pylone hal- ten über jeweils 2 x 11Schrägseilbündel diese Deckkonstruktion in einer Höhe bis zu 270m über dem Fluß Tarn, somit die höchste Brücke der Welt, die mit einer Gesamt- bauhöhevon 343 m sogar den Pariser Eiffelturmüberragt. The Millau Viaduct -Steel construction. fabrication and erection with high-strength fine grain steel. l&h of December2004 the Millau Viaduct, a 2460 m lang multi cable- stayed bridge, was opened of traffic in the Southernpart of the French Massif Centrale mountains. This bridge comprises 6 main spansof 342m lef1gth respectively and two side spansof 204m length respectively. The steel superstructure consists of an ortho- tropic box deck of 27.75 m width and a maximum height 0(4.20 m aerodynamicallyopti- mised due to the enormous wind loads in the va/ley.The deck is fixed to the 7 steel py- Ions via 22 stay cables per pylon in a height of up to 270m above the river Tarn.Thusthis viaduct represents the highest bridge in world with a total height of 343 m, even more than the Eiffel Towerin Paris. 1 Einleitung Um die regelmäßige Überlastung der einzigen geschlossenen französischen Nord-Süd-Autobahnverbindung über Dijon-Lyon-Valence zu reduzieren, beschloß der französische Staat im Jahre 1980 den Bau einer weiteren Nord-Süd-Trassevon Paris über Cler- mont-Ferrand nach Montpellier. Südlich von Clermont-Ferrand tritt dieseTrasse in das Gebirge des Mas- sif Centrale ein, wobei Paßhöhen bis 1100 m Höhe überquert werden (Bild 1). Bis zuletzt stellte das weite Tal des Flusses Tarn das letzte natür- liche Hindernis zur Schließung der Autobahn dar. Das Viadukt von Mil- lau hat die Aufgabe, diese letzte Lücke zu schließen. Nach Ausschreibung einesWett- bewerbs, an dem fünf Kooperationen von Architektur- und Ingenieurbüros teilnahmen, einigte man sich im Juli 1996 auf den Bau einer Multi-Schräg- 313 @ Ernst & Sohn Verlag tür Architekturundtechnische Wissenschaften GmbH & Co. KG.Berlin.Stahlbau 74(20051. Heft 5

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:achthemen

Marc BuanamaFrancis RaasFalka Schröter

seilbrücke, deren ursprünglicher Ent-wurf einen Bau nicht nur der Pfeilersondern auch des Decl<l{onstruktionund der Pylone in Beton vorsah.Nach Eröffnung der Ausschreibungim Juli 2000 wurde im Oktober dieBaukonzession an den Konzern Eif-tage mit seiner Tochter Eiffel erteilt,die einzige Bietergemeinschaft, dieeine alternative Lösung mit Deck-konstru1{tion und Pylonen in Stahlvorgeschlagen hat. Dieser Konzernhat das Recht, diese mautpflichtigeBrücke über einen Zeitraum von 78Jahren zu nutzen. Baubeginn war Ok-tober 2001. Die Gesamtbauzeit be-trug 38 Monate. Am 16. Dezember2004 konnte das Viadukt dem Ver:'kehr übergeben werden.

Im Süden des französischen Massif Centrale wurde am 16. Dezember 2004 das großeViadukt von Millau, eine 2460 m lange Multi-Schrägseilbrücke, dem Verkehr übergeben.Dieses Bauwerk umfaßt sechs Hauptfelder a 342 m länge sowie zwei Randfelder von je-weils 204 m länge. Der Stahlüberbau wird aus einer orthotropel) Kastenkonstruktion von27,75 m Breite mit einer maximalen Bauhöhe von 4,20 m gebildet, die wegen der auftre-tenden Windbelastungen aerodynamisch optimiert wurde. Sieben stählerne Pylone hal-ten über jeweils 2 x 11 Schrägseilbündel diese Deckkonstruktion in einer Höhe bis zu270 m über dem Fluß Tarn, somit die höchste Brücke der Welt, die mit einer Gesamt-bauhöhe von 343 m sogar den Pariser Eiffelturm überragt.

The Millau Viaduct -Steel construction. fabrication and erection with high-strengthfine grain steel. l&h of December 2004 the Millau Viaduct, a 2460 m lang multi cable-stayed bridge, was opened of traffic in the Southern part of the French Massif Centralemountains. This bridge comprises 6 main spans of 342 m lef1gth respectively and twoside spans of 204 m length respectively. The steel superstructure consists of an ortho-tropic box deck of 27.75 m width and a maximum height 0(4.20 m aerodynamically opti-mised due to the enormous wind loads in the va/ley. The deck is fixed to the 7 steel py-Ions via 22 stay cables per pylon in a height of up to 270 m above the river Tarn. Thus thisviaduct represents the highest bridge in world with a total height of 343 m, even morethan the Eiffel Tower in Paris.

1 Einleitung

Um die regelmäßige Überlastung dereinzigen geschlossenen französischenNord-Süd-Autobahnverbindung überDijon-Lyon-Valence zu reduzieren,beschloß der französische Staat imJahre 1980 den Bau einer weiterenNord-Süd-Trasse von Paris über Cler-mont-Ferrand nach Montpellier.Südlich von Clermont-Ferrand trittdiese Trasse in das Gebirge des Mas-sif Centrale ein, wobei Paßhöhen bis1100 m Höhe überquert werden(Bild 1). Bis zuletzt stellte das weiteTal des Flusses Tarn das letzte natür-liche Hindernis zur Schließung derAutobahn dar. Das Viadukt von Mil-lau hat die Aufgabe, diese letzteLücke zu schließen.

Nach Ausschreibung eines Wett-bewerbs, an dem fünf Kooperationenvon Architektur- und Ingenieurbürosteilnahmen, einigte man sich im Juli1996 auf den Bau einer Multi-Schräg-

313@ Ernst & Sohn Verlag tür Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG. Berlin .Stahlbau 74 (20051. Heft 5

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Sämtliche Brückenpfeiler ruhenauf einem mitteltiefen Gründungs-system, gebildet aus einer rechtecki-gen Sohle von 3,5 bis 5 m Kanten-maß, das auf einer vierschächtigenTiefgründung von 5 mm Durchmes-ser und einer Tiefe von 9 bis 16 mruht.

2.2 Pylone und Seile

Bild 2. Längsschnitt der Brücke [lJFig.2. Longitudinal section 01 the bridge [lJ

2 Allgemeine Baubeschreibung

Nach technischen wie auch architek-tonischen Überlegungen wurde einemöglichst leichte und elegante Bau-form der Brücke angestrebt, um dieBeeinträchtigung der Landschaft sogering wie möglich zu halten. DasAusmaß der Bodenberührung war zuminimieren.

Bei einer Gesamtlänge von2460 m ist das Bauwerk leicht ge-laÜmmt in einem Radius von20000 m. Das Gefälle von Nord nachSüd beträgt 3,025 Ofo (Bild 2). Derdurchlaufende Deckträger, der aus Si-cherheitsgründen aber zum Schutzgegen seitliche Winde mit schwerenSchutzplanl{en ausgestattet ist, setztsich aus zwei Randfeldern von jeweils204 m sowie sechs Feldern von je342 m zusammen und überquert denFluß Tarn in einer Höhe bis zu 270 m.

Die Wahl eines stählernen Fahr-bahndecks ergab sich aus den Vor-aussetzungen eines schmalen seilver-spannten Überbaus, der den in einersolchen Höhe vorkommenden Wind-böen möglichst wenig Angriffsflächebieten sollte. So ist die Brücke fürWindlasten bis zu einer Geschwindig-keit von 205 km/h ausgelegt, für dieHorizontal- und Vertikalverschiebun-gen von 60 bzw. 85 mm errechnetwurden.

Die sieben stählernen Pylone wurdenals längs ausgerichtete, auf den Kopfgestellte "Y" ausgebildet, die in derVerlängerung der aufgespaltenenOberteile der Brückenpfeiler liegen.Die Verbindung zwischen Pylon undÜberbau erfolgt durch einen Stahl-Querriegel in der Fahrbahnplatte aufHöhe der bei den pfeilerfußpunkte.

Die Gesamthöhe der pfeiler(Bild 4) beträgt 87 m. Die Beine derY-Elemente weisen eine Höhe von 38 mauf und sind in Form von zwei versteif-ten Stahlbaukästen mit Abmessungenvon 3,50 m in Querrichtung und4,75 m in Längsrichtung ausgeführt.Die Querabmessungen der 49 m ho-hen Masten ist identisch mit denen derPylonbeine; ihre Längsabmessungenvariieren zwischen 9,70 m an der Basisund 2,40 m an der Spitze.

Die an den Pylonen befestigtenVerbände von zweimal 11 Schrägsei-len bestehen aus 45 bis 91 Litzen von150 mm2 Querschnittsfläche. Die Lit-zen sind verzinkt, gewachst und indi-viduell durch hochdichtes Polyure-than geschützt. Insgesamt kommen1500 t Seile zur Anwendung.

schiedliche Höhen auf: 94,50 m;244,96 m; 221,05 m; 144,21 m;136,42 m; 111,94 m; 77,56 m. DerQuerschnitt der Pfeiler ist über dieganze Höhe veränderlich, um den aufsie wirkenden MomentenbelastungenRechnung zu tragen (Bild 3). Wäh-rend in Längsrichtung der Brückeihre Abmessung relativ konstantbleibt (zwischen 16 und 17 m), vari-iert die Breite in Querrichtung zwi-schen 10 m an der Spitze und 27 man der Basis des höchsten Pfeilers.Auch im geteilten Abschnitt schwanktdie Breite dieser Pfeiler parallel zurAchse des Viadukt zwischen 5 m ander Spitze und 8,60 m an der Basis.Diese Form erlaubt einen besserenAbtrag von Wärme dehnungen an den

Pfeilerspitzen.Die geteilten Pfeilerspitzen wur-

den über ihre gesamte Höhe mit Hilfevon acht Spanngliedem vorgespannt,um die Dichte an passiver Bewehrungund damit das Ausmaß an passiverRiß bildung zu reduzieren.

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2.1 Brückenpfeiler8.,:...NDie Brückenpfeiler im unteren Ab-

schnitt wurden als monolithische 80-litärpfeiler in Kastenbauweise konzi-piert, die sich im oberen Abschnittetwa 90 m unterhalb der Fahrbahnaufteilen, um die aus der Aneinander-reihung großer 8tützweiten resultie-renden beträchtlichen Biegemomenteaufzufangen. Entsprechend der To-pographie weisen die Pfeiler unter-

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Bild 3. Konstruktion der Brückenpfeiler [1]Fig.3. Construction of the piers [1]

314 Stahlbau 74 (2005), Heft 5

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-2 seitliche Aufsätze a 2,15 m Breite,die den 3,20 m hohen Windschutz tra-gen.

Das Fahrbahndeck setzt sich auseinem trapezförmigen Stahlkastenvon bis zu 4,20 m Höhe mit orthotro-pen Platten aus 12 bis 14 mm dickenStahlblechen unterhalb der Überhol-spur und 14 mm Blechdicke unter-halb der Schwerlastspur zusammen.In Querrichtung wird die Aussteifungder Fahrbahntafel durch Querver-bände im Abstand von 4,17 m gebil-det. Die Längsversteifung besteht ausTrapezhohlsteifen, die durch dieQuerverbände geführt werden. Senk-rechte Stege im Abstand von 4 m ver-steifen die Brücke über ihre gesamteLänge.

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3 Stahlbau des Überbaus

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JBild 4. Konstruktion der PyloneFig. 4. Construction 01 the pylons

2.3 Stahl-Deckkonstruktion

Die Decl<konstrul{tion ist über eineArt Kugelgelenk mit den Pfeilern ver-bunden. Um ein etwaiges Abheben beiErreichen von Grenzzuständen derGebrauchstauglichkeit zu vermeiden,sind die Auflagerpunkte mit Hilfe vonSpanngliedern an den Brückenpfei-

lern verankert. Insgesamt setzt sichdie Deckkonstruktion aus den folgen-den funktionellen Elementen zusam-men (Bild 5):-2 x 2 Fahrspurena 3,50 m Breite-2 Standstreifen a 3 m Breite-2 Randstreifen im Innern almBreite-1 Mittelstreifen von 4,50 m Breite

Der Querschnitt des Stahlüberbauswurde in Hinblick auf die Fertigungs-möglichkeiten in den Werkstätten so:'wie die Transportkapazitäten opti-miert. Wie Bild 6 zeigt, setzt er sichaus den folgenden Elementen zusam-men:-ein Mittelkasten (Höhe: 4,20 m,Breite: 4,00 m) mit Blechdickden biszu 80 mm-mit Hohlsteifen längs ausgesteiftenVerbindungspanelen von 3,70 m bis4,20 m Breite-zwei seitlichen Kästen von 3,84 mBreite-queraussteifenden Verbänden alsUPN -Profil.

Die Fertigung des Überbaus teiltsich auf die folgenden Schritte auf:-Fertigung der Einzelpaneie desMittell<astens, der Verbindungspaneiesowie der seitlichen Kästen in derFertigungsstätte Lauterbourg im El-saß (Bild 7)-Transport der Verbindungspaneieund der seitlichen Kästen direkt zurBaustelle sowie der Einzelteile desmittleren Kastens nach Fos-sur-Meran der französischen Mittelmeerküste-Zusammenbau des Mittelkastens inder Werkstatt in Fos-sur-Mer und an-schließender Transport zur Baustelle.

Um die dargestellten Fertigungs-schritte in dem gesetzten Zeitplanumzusetzen, wurden am StandortLauterbourg umfangreiche Investitio-nen durchgeführt:-eine Plasmaschneidanlage mit ei-ner Schnittgeschwindigkeit von bis zu

1,80 m/min

315Stahlbau 74 (2005). Heft 5

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~Bild 6. Fertigungselemente des ÜberbausFig. 6. Fabrication units 01 the steel deck

Mit Sondertransporten werdendie Elemente zur Baustelle gebracht.Die Einzelteile des Mittelkastens wer-den zum Zusammenbau in die Werk-statt Fos-sur-Mer überführt und dortauf zwei eigens dafür konstruiertenHaltevorrichtungen zusammengesetztund verschweißt. Nach 100 %Schweißnahtkontrolle und Abmes-sungsüberprüfung werden die 15 bis22 m langen Kastenelemente mit ei-nem Bauteilgewicht von bis zu 90 tzur Baustelle nach Millau transpor-tiert. Im Mittel werden drei solcherKastenelemente pro Woche ausgelie-fert.

-ein Zwei-Kopf-Schweißroboter-eine lasermetrische Vermessungs-anlage-Transportsysteme mit 160-t-Portal-kran.

S 460 M/ML zur Anwendung, für diesieben Pylone noch einmal rund4600 t. Der höherfeste Feinkornbau-stahl S 460 M/ML wurde dabei inDicken bis 80 mm für den Mittelkastensowie angrenzende VerbindungspaneIesowie für die Pylone eingesetzt. Dabeifand die Güte S 460 M (d. h. nachge-wiesene Kerbschlagarbeit von 40 J bei-20 °C) Anwendung bis zu einer Dickevon 50 mm; darüber kam die tieftem-peraturzähe Güte S 460 ML (nachge-wiesene Kerbschlagarbeit von 27 J bei-50 °C) zum Einsatz.

Thermomechanisch gewalzteFeinl{ombaustähle sind nach DINEN 10113-3 genormt und werdendurch eine spezielle Kombination vonWalzen und Wärmebehandlung her-gestellt, die dem Stahl eine besondersfeine Gefügestru1{tur verleiht (:Bild 8).In der Folge können Grobbleche mitStreckgrenzen bis zu 500 MPa erzeugtwerden, ohne auf umfangreiche Legie-rungsgehalte zurückzugreifen. So ver-gleicht Tabelle 1 die chemische Zu-sammensetzung eines im Brückenbauüblichen S 355 J2 G3 mit dem norma-lisierten Feinkornbaustahl S 460 N

Die angelieferten Bleche in Brei-ten von bis 4200 mm werden auf derPlasma-Brennschneidanlage mit ei-ner Überlänge von 25 mm zurechtge-schnitten. Zur Berücksichtigung derSchrumpfungsbehinderung währenddes Aufschweißens der Hohlsteifenwird ferner ein Fertigungsaufmaß von1 mm pro Steife in der Breite berück-sichtigt. Ferner erfolgt eine Hartmar-kierung mit allen zur Verfolgung not-wendigen Daten sowie eine Positio-nierung der Hohlsteifen.

Die Hohlsteifen werden mit zwei2-Kopf-Schweißrobotern im UP-Ver-fahren mit Doppeldraht auf die ver-spannten Deckbleche geschweißt.Danach werden die Quersteifen auf-gesetzt und mit einem Schweißrobo-ter mit zwei Köpfen im MAG-Verfah-ren mit dem Deckblech und denHohlsteifen verschweißt. Danach wer-den die Schweißnähte mit verschie-denen Verfahren überprüft, die Ab-messungen lasermetrisch kontrolliert.Abschließend erfolgt eine erste Be-schichtung der Elemente.

Die seitlichen Verbindungspa-neie sowie die Seitenkästen werdenin Längen von 20 bis 24 m und einemBauteilgewicht von 40 t direkt zurBaustelle transportiert.

Insgesamt waren mehr als2000 LKW-Transporte notwendig.

4 Verwendete Stahlsorten

Für die Deckkonstruktion kamen rund36000 t Grobblech hauptsächlich inden Stahlgüten S 355 K2 G3 und

@ TM (Luftkühlung)

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Bild 8. Herstellung und Gefügestruktur der thermomechanisch gewalzten Stähle

im Vergleich zu normalisierten StählenFig. 8. Fabrication and grain structure 01 thermomecanically rolled steel in com-

parison to normalised steel

Bild 7. Fertigung in der Werkstatt

LauterbourgFig. 7. Fabrication in the Lauterbourg

workshop

316 Stahlbau 74 (2005). Heft 5

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Tabelle 1. Chemische Zusammensetzung verschiedener Stähle (Maximalwertenach Norm sowie typische Produktionswerte bei 50 mm Erzeugnisdicke)Table 1. Chemical composition 01 various steel grades (maximum values accord-ing to the standard and typical analyses at 50 mm plaste thickness)

S460NLNorm typ.Ana.

S 460 ML

Norm typ.Ana.S 355 J2 G3

Norm typ. Ana

;?:0,20

~0,60

~ 1,70

~ 0,030

~0,025

~0,05

~ 0,20

~ 0,10

~0,80

~0,30

~ 0,70

0,17

0,45

1,65

0,012

0,005

~ 0,16

~0,60

~ 1,70

~ 0,030

~ 0,025

~0,05

~ 0,12

~0,20

~0,45

~0,60

~0,60

0,08

0,46

1,65

0,011

0,002

~ 0,04

~0,22

~ 0,55

~ 1,60

~0,035

S 0,035

0,17

0,45

1,50

0,018

0,015

C

Si

Mn

p

S

Nb

V

Mo

Ni

Cr

Cu

B

CE

Pcm

CET

0,17

0,190,23

0,17.s 0,035

beit- Temperatur- Übergangskurve zeigt.Weiterführende Literatur zu diesenStählen findet sich in [3] bis [5].

Höherfeste Peinkombaustählefinden im französischen Brückenbauseit 1993 Anwendung und haben sichinzwischen zu einem Standardpro-dukt insbesondere für deh' Groß-brückenbau etabliert. So greifen auchzwei Neubrückenbauten in unmittel-barer Nachbarschaft des Viaduc deMillau, die Brücke Verrieres und dieBrücke Les Garrigues, auf dieseStahlsorten zurück; letztere sogar mitBlechen in einer Rekorddicke von120 mm.

0,50

0,28

0,34

0,39

0,19

0,26

0,42

0,26

0,32

Ko hlensto ffä qui val ente:CE = C + Mn/6 + (Cr + Mo + V)/5 + (Ni + Cu)/15Pcm = C + Si/30 + (Mn + Cu + Cr)/20 + Ni/60 + Mo/15 + V /10 + 5BCET= C + (Mn + Mo)/10 + (Cr+ Cu)/20 + Ni/40

ren äußert. Unter entsprechenden Be-dingungen kann sogar ganz auf einVorwärmen verzichtet werden (Bild 9).

Gute Schweißeigenschaften sowieeine hohe Bauteilsicherheit werdenaber auch dadurch erzielt, daß die fein-körnige Komstrulctur auch in hohenZähigkeiten des Stahles resultiert, wieBild 10 im Vergleic~ der Kerbschlagar-

5 Montage5.1 Montage des Decks vor Ort

An den beiden Widerlagern wurdenzwei Vormontageplätze eingerichtet,an denen die Komponenten desStahldecks zusammengeschweißtwurden. Jeder Vormontageplatz von171 m Länge ist mit einer Einhau-sung und einem 90-t-Portalkran aus-gestattet und gliedert sich in jeweilsdrei Teile für das Zusammen-schweißen des Mittelkastens, dasVerbinden mit den seitlichen Ele-menten sowie einen für die Ausrü-stung mit dem Windfang sowie denabschließenden Korrosionsschutz.Pro Vormontageplatz kommen bis 7SSchweißer zum Einsatz. Stumpfstößewerden ultraschallgeprüft, Kehlnähtemit Magnetpulverprüfung. Im Inne-ren des Kasten wird der Schweißpro-zeß MAG- Fülldraht (vereinzelt auchInnershield) benutzt; von außen zu-gängliche Nähte werden mit einemUP-Tandem-Verfahren verschweißt

(Bild 11).

und dem thermo mechanisch gewalz-ten Feinkombaustahl S 460 M. Sokann ein S 460 M trotz der höherenFestigl{eiten durchaus niedrigere Koh-lenstoff.iquivalente als ein S 355 J2 G3aufweisen.

In der Folge ergibt sich eine hoheSchweißeignung dieses Stahles, diesich in niedrigen VorwänIltemperatu-

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Blechdicke in mm

Bild 9. Vorwärmtemperaturen für S 460 M nach SEW 088 [2JFig.9. Preheating temperatures foT S 460 M according to SEW 088 [2J

317Stahlbau 74 (2005!. Heft 5

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Bild 13. Überblick Anfang Mai 2004Fig. 13. Panorama beginning of Mai 2004

Bild 11. VormontageplatzFig. 11. Pre-assembling at site

5.2 Taktschieben des Decks

Das Deck wird in Einheiten von171 m vorgeschoben. Dazu sind zwi-schen den pfeilern Hilfsstützen in-stalliert, die nach der Montage wiederentfernt werden. Die Hilfsstützen be-stehen aus Stahlrohrbauten mit einerquadratischen Grundfläche von 12 mKantenlänge, die bei ei,ner Höhe biszu 175 m nach dem Teleskopverfah-ren errichtet werden.

Insgesamt wird die Brücke vonder Nordseite um 717 m vorgescho-ben, von der Südseite um 1743 m. EinVerschieben kann dabei bei Windge-schwindigl{eiten bis zu 85 km/h aufHöhe der Fahrbahntafel stattfinden.

Während des Taktschiebens istder Kragarm des Decks mit einem hy-draulisch höhenjustierbaren Vorbau-schnabel von 59 m Länge ausgerüstet.Ferner wird die Steifigkeit des I<rag-arms dadurch gewährleistet, daß diePylone an den beiden Spitzen schonvor dem ersten Verschub auf das Deckmontiert'wurden, dieses mit provisori-schen Seilen halten und mit einge-schoben werden (Bilder 12 und 13).

Am Bau Beteiligte:Bauherr -Konzessionär: CompagnieEiffage du Viaduc de MillauEntwurf: Michel VirlogeuxArchitekt: Norman PosterVorentwurf: SETRAStatik: Greisch, EEG Simescol, Tha-leg E et C, Serf, STOA Eiffage, ArcadisBauausführung in ARGE (Leitung):Eiffage TPBetonbau: Eiffage ConstructionStahlbau (federführend):Eiffel Construction MetalliqueStahl-Grobblech: '

AG der Dillinger Hüttenwerke

literatur

Der eigentliche Vorschub ge-schieht mit einem Verband von 64Hydrauliksystemen in einer Frequenzvon 600 mm pro Bewegung, die4 min dauert. Sämtliche hydraulischeVerschiebebewegungen werden übereinen Zentralrechner synchronisiert.

Außer an den Randpfeilern ent-spricht das Verschiebeniveau der end-gültigen Höhelage des Decks. Dage-gen befinden sich die Verschiebelager5,40 m und die Verschiebehöhe aufden Randpfeilern 4,80 m über dieserEndhöhe, so daß die Rückführungauf die Endhöhe durch eine in Längs-richtung doppelt geschwungene Lini-

enführung erfolgt.Nachdem im April 2004 die Ver-

einigung der bei den Deckteile über derTarn stattgefunden hat, wurden dierestlichen Pylone mit einem Stückge-wicht von 650 t zusammengeschweißt,mit Hilfe eines Seil-Einzugssystems inPosition gebracht und mit dem Deckverschweißt. Abschließend wurden dieSchrägseilkabel angebracht und dieHilfsstützen entfernt.

6 Schlußbemerkung

Im vorliegenden Beitrag wurde übereines der größten europäischen Stahl-brückenprojekte der letzten Jahre be-richtet. Nicht nur hat die großeBrücke von Millau einige Baurekordegebrochen -in Fertigung und Mon-tage konnte ein hohes Niveau derSerienfertigung zur wirtschaftlichenaber auch terminlichen Optimierungerreicht werden. So wurde die Brückeeinen Monat vor dem ursprünglichgeplanten Eröffnungstermin arn16. Dezember 2004 dem Verkehrübergeben. Durch die längere Amorti-sierung des Projekts mit einer Maut-gebühr pro PKW von rund 4,90 ~ proÜberfahrt (6,50 ~ im Sommer)konnte so auch der wirtschaftlicheBetrieb des privat finanzierten Pro-jekts sichergestellt werden.

[1] Buonomo, M., Servant, C., Virlogeux,M., Cremer, J.-M., de Ville de Goyet, \1:,Del Fomo,J.-Y:: Description du projet etconstucution de l'ouvrage. BulletinPonts Metalliques 23 (2004), OTUA,S.46-61.

[2] Verein Deutscher Eisenhüttenleute:Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 088,Schweißgeeignete Feinkornbaustähle,Richtlinien für 4ie Verarbeitung beson-ders für das Schmelzschweißen. Düs-seldorf: Verlag Stahleisen, Oktober1993.

[3] Hubo, R., Schröter, F.: Thermome-chanisch gewalzte Stähle -Hochlei-stungsprodukte für einen effizientenStahlbau. Bauingenieur 76 (2001),S. 459-463.

[4] Hever; M., Schröter, F.: Modern steel-High performance material for highperformance bridges. 5th InternationalSymposium on Steel Bridges, März2003, Barcelona, pp. 80-91.

[5] Hanus, F. E.: Flammrichten thermo-mechanisch gewalzter Baustähle.Schweißen und Schneiden 46 (1994),Heft 4, S. 248-257.

Autoren dieses Beitrages:Dipl.-lng. Marc Buonomo und Francis Roos,Eiffel Construction Metallique, Route deMotherne, F -67630 lauterbourg, Dr.-lng. Falko

Schröter, AG der Dillinger Hüttenwerke,Postfach 1580,0 -66748 Dillingen/Saar

Bild 12. Blick auf das nördlicheWiderlager Anfang Mai 2004Fig. 12. Norlhem abutment beginningof Mai 2004